Armer Konrad und Tübinger Vertrag im interregionalen Vergleich. Fürst, Funktionseliten und „Gemeiner Mann“ am Beginn der Neuzeit, hg. v. Hirbodian, Sigrid/Kretzschmar, Robert/Schindling, Anton (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen, Band 206). Kohlhammer, Stuttgart 2016. 382 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Im Jahre 1514 kam es im Südwesten des Heiligen römischen Reiches zu einem Aufstand des „armen Konrad“ und zu einem in Tübingen am 8. Juli von einem kaiserlichen Schiedsgericht getroffenen Schiedsspruch. In Erinnerung hieran veranstalteten  die Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, das Institut für geschichtliche Landeskunde und historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen und das Landesarchiv Baden-Württemberg in dem Vortragssaal des evangelischen Stiftes in Tübingen vom 10. bis 13. Juli 2014 eine öffentliche Tagung. Deren Ergebnisse stellt der vorliegende Band nunmehr der Allgemeinheit zur Verfügung.

 

Gegliedert ist er nach einer Einleitung der Herausgeber und Grußworten Boris Palmers und Christoph Palms in zwei Hauptteile. Sie betreffen einerseits örtlich vorreformatorische Agrarunruhen im interregionalen Vergleich und andererseits gesellschaftlich Funktionseliten zwischen gemeinem Mann und Fürst. Dazwischen eingefügt ist der Festvortrag Andreas Schmauders über Macht, Gewalt, Freiheit im Vertrag zu Tübingen von 1514.

 

Bei den vorreformatorischen Agrarunruhen werden nach einem Überblick Peter Blickles zu Figurationen spätmittelalterlicher Revolten Europas unter dem Stichwort coniuratio, Württemberg 1514, der Markgröninger Pfarrer Dr. Reinhard Gaißlin (mit einer Edition der Berichte des Vogtes Philipp Volland), der Elsass, Innerösterreich (1487-1515), Ungarn (1514) und Schweden im Spätmittelalter und in dem Reformationszeitalter angesprochen. Für die Stellung der Funktionseliten zwischen dem gemeinen Mann und dem Fürsten werden zu Württemberg die Eidgenossenschaft und Burgund verglichen. Die vielfältigen, von Niklas Konzen und Barbara Trosse unter fünf Gesichtspunkten (wechselseitige Bezüge und Beziehungen der Akteure, programmatischer bzw. ideologischer Hintergrund, Multikausalität der thematisierten Aufstände, Rolle der Funktionseliten sowie administrative und sozioökonomische Binnenstruktur bei unterschiedlichen Entwicklungswegen und Entwicklungsständen der jeweiligen Verwaltungen auf unterschiedlichen Ebenen) zusammengefassten, Württemberg in allgemeinere (europaweite) Entwicklungen einfügenden Erkenntnisse werden benutzerfreundlich durch ein von Abaúj bis Zwingli reichendes Register aufgeschlossen.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler