Kurtz, Thorsten, Das Oberste Rückerstattungsgericht in Herford. Eine Untersuchung zu Vorgeschichte, Errichtung und Einrichtung eines internationalen Revisionsgerichts in Deutschland (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 1 Allgemeine Reihe, Band 23). De Gruyter, Berlin 2014. XIV, 242 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Rückerstattung scheint ein jüngeres deutsches Rechtswort für einen an sich einfachen Vorgang der Rückgabe eines Gutes oder Wertes von einem Nichtberechtigten an einen Berechtigten zu sein, wie er im Leben der Menschen unzählige Male erforderlich ist und auch geschieht. In einem losen Zusammenhang dürfte er sogar mit der restitutio in integrum des klassischen römischen Rechtes stehen, nach welcher der Prätor beispielsweise bei Betrug, Zwang oder geringem Alter die Wiederherstellung des früheren Zustandes verfügen konnte, wobei auch verfahrensmäßige Ausstrahlungen bedeutsam sein konnten. Dem entspricht in der spanischen Spätscholastik eine eigene Restitutionslehre.

 

Mit einem besonderen Teilaspekt der jüngeren Rechtsgeschichte beschäftigt sich die von Hermann Butzer betreute, an der Universität Hannover angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich in insgesamt drei Sachkapitel. Sie betreffen nach der von einer Ausstellung in den Jahren 2008 und 2009 ausgehenden, den Stand der Forschung und den Gang der Untersuchung schildernden Einleitung wesentliche Rechtsgrundlagen der Rückerstattung nach dem zweiten Weltkrieg (Militärregierungsgesetz Nr. 52 von 1945, Rückerstattungsgesetze der Jahre 1947 und 1949, Überleitungsvertrag von 1955), die Errichtung und Einrichtung des auf dieser Grundlage geschaffenen obersten Rückerstattungsgerichts und die Entwicklung seit 1956 samt dem Ende des Gerichts.

 

Im Ergebnis kann er am Schluss seiner umsichtigen Untersuchung feststellen, dass das Vorgängereinrichtungen weiterführende oberste Rückerstattungsgericht in Herford eine zentrale Institution der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg war, die für das Gebiet der Besatzungszonen der drei alliierten Westmächte in der Bundesrepublik Deutschland letztinstanzlich in allen Verfahren zu entscheiden hatte, in denen es um die Rückerstattung von zwischen dem 30. Januar 1933 und 8. Mai 1945 aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus weggenommenen bzw. zwangsweise weggebenen Vermögens ging. Obwohl es von dem 15. Dezember 1955 bis zu dem 23. Dezember 1990 fungierte, ist es nach Einschätzung des Verfassers selbst in Herford vergessen. Eine wissenschaftliche Lücke füllend stellt der Verfasser seine wesentlichen Züge nicht zuletzt auf der Grundlage eines Beitrags des langjährigen Geschäftsstellenleiters Edward Arthur Marsdens (geboren unter dem Namen Herbert Adolf Maas in Hamburg 1912 als Sohn jüdischer Eltern, 1934 emigriert, 1940 unter schützendem Namenswechsel in die Armee Großbritanniens eingetreten) dar, bewertet seine Leistung ansprechend als wesentlichen Beitrag für einen echten Rückabwicklungsprozess und bietet im Anhang schließlich bedeutsame Unterlagen  wie Kurzbiographien der sechs Präsidenten und der französischen, britischen, amerikanischen Richter.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler