Enzyklopädie des Stiftungswesens in mittelalterlichen Gesellschaften. Band 1 Grundlagen, hg. v. Borgolte, Michael. De Gruyter Akademie Verlag, Berlin 2014. 713 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die als deutsches Wort erstmals um 950 belegte Stiftung ist im Ansatz bereits dem römischen Recht bekannt. Im Mittelalter wird die mildtätige Stiftung vor allem von der christlichen Kirche gefördert. Sie beruht im Kern darauf, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens mehr Vermögen hat oder gewinnt, als er möglichen Erben gewähren oder überlassen will.

 

Mit dieser an vielen Orten zu vielen Zeiten denkbaren Lage hat sich der Herausgeber seit vielen Jahrzehnten intensivst beschäftigt. Als eine wichtige Summe seiner Forschungen und Erfahrungen kann er nunmehr das Ergebnis eines vorzüglichen Experiments der kulturwissenschaftlichen Fächer fünfer Disziplinen vorlegen. Mit Hilfe großzügiger Mittel (Advance Grant) des European Research Council kann er durch Byzantinisten, Indologen, Islamwissenschaftler, Judaisten und Mediävisten ein systematisch aufgebautes Nachschlagwerk vorlegen, das die interkulturell-vergleichende Erforschung des mittelalterlichen Jahrtausends erproben und anregen will und kann, wobei der erste Band bereits anderthalb Jahre nach dem Arbeitsbeginn am 1. Juni 2012 in Druck gehen konnte.

 

Gegliedert ist das eindrucksvolle Werk im ersten Band in sechs Abschnitte. Sie betreffen den mittelalterlichen Sprachgebrauch und den modernen Begriff der Stiftung von interkulturellen Perspektiven über lateinische Christen, Muslime, Juden, und griechisch-orthodoxe Christen bis Indien, die Forschungsgeschichten, die Typologisierungen, die Periodisierungen, die Schriftzeugnisse und die Sachzeugnisse. Am Ende werden die Autoren und Siglen genannt, wird sehr ausführlich die verwendete Literatur aufgeführt und werden zahlreiche, vielfach farbige Abbildungen geboten, so dass sich durch dieses überzeugende Werk jedermann bestmöglich über die Grundlagen des Stiftungswesen verschiedener Gesellschaften zwischen Altertum und Neuzeit unterrichten kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler