Deter, Gerhard, Zwischen Gilde und Gewerbefreiheit Band 1 Rechtsgeschichte des selbständigen Handwerks im Westfalen des 19. Jahrhunderts (1810-1869), Band 2 Rechtsgeschichte des unselbständigen Handwerks im Westfalen des 19. Jahrhunderts (1810-1869 (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 230, 1, 2). Steiner, Stuttgart 2015. 393, 482 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Nach dem kurzen Vorwort des Verfassers zeigte ihm die Beschäftigung mit dem Handwerksrecht im Rahmen seiner von Hans-Jürgen Teuteberg in Münster angeregten, 1986 abgeschlossenen Dissertation über Handwerksgerichtsbarkeit zwischen Absolutismus und Liberalismus – zur Geschichte der genossenschaftlichen Jurisdiktion in Westfalen im 18. und 19. Jahrhundert, dass die Frage nach den Wirkungen des Handwerksrechts des 19. Jahrhunderts bislang kaum gestellt und noch viel weniger beantwortet wurde. Um diese Lücke zu schließen, begann er während seiner Jahre als Mitarbeiter Heinz Holzhauers eine entsprechende Untersuchung, die entscheidend durch ein großzügiges Habilitationsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde.

 

Allerdinges verhinderte in der Folge seine herausfordernde Berufstätigkeit in dem wissenschaftlichen Dienst des deutschen Bundestags für längere Zeit die Fertigstellung. Der erste Band der Arbeit konnte aber im Sommersemester 2011 von der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Habilitationsschrift angenommen werden. Nach seinem Erscheinen erregte er unmittelbar das besondere Interesse eines sachkundigen Rezensenten, doch kann in Ermangelung eines verfügbaren Rezensionsexemplars zumindest vorläufig nur der Herausgeber in wenigen Sätzen auf das zweibändig ausgelegte Werk hinweisen.

 

Gegliedert ist es im ersten Band nach einer Einleitung über Gewerbefreiheit und Industrialisierung als Forschungsproblem der Rechtsgeschichte, das Forschungsziel, die Quellenlage und das methodische Vorgehen in sechs Teile und einen Rückblick. Behandelt werden dabei der Zusammenschluss selbständiger Handwerker (etwa in den Grafschaften Wittgenstein und den Regierungsbezirken Münster, Arnsberg und Minden), das Niederlassungsrecht, der Gewerbebetrieb, das Arbeitsrecht, das städtische und staatliche Finanzwesen und das Handwerk in der politischen und sozialen Umwelt. Insgesamt kann der Verfasser in seiner sorgfältigen detaillierten und durch einen Anhang abgerundeten Untersuchung zeigen, wie das (westfälische) selbständige Handwerk trotz des grundsätzlichen Scheiterns der Handwerksgesetzgebung Preußens die Zeit des Übergangs von der der älteren Zunft in die Gegenwart meisterte.

 

Der zweite, das unselbständige Handwerk betreffende Band beschäftigt sich eindringlich mit der gewerblichen Ausbildung. In diesem Rahmen untersucht der Verfasser die Handwerkslehre, die theoretische Fachbildung, das Prüfungswesen, das Wandern der Gesellen und die soziale Sicherung der Gesellen. Damit legt er zusammenfassend in einem stattlichen Werk einen festen Grund für weitere Untersuchungen über die Zusammenhänge von Wirtschaft und Recht im 19. Jahrhundert.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler