Junkelmann, Marcus, Napoleon und Bayern – Eine Königskrone und ihr Preis. Pustet, Regensburg 2014. 224 S., 53 schwarzweiß Abb. und Karten sowie 20 Farbabb. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.

 

Marcus Junkelmann, der bereits 1985 eine Arbeit zu ‚Napoleon und Bayern‘ veröffentlicht hatte, legt nun unter gleichem Titel eine vollständige Neubearbeitung vor. Bereits der Umfang (jetzt 221, früher 397 S.) zeigt die Beschränkung des Themas, wie dies der Untertitel nahelegt. Der Autor, der in den vergangenen Jahren verschiedene historische Sachbücher veröffentlicht hat, die sich oft mit der Militärgeschichte der Römer befassten, verbindet einen gut lesbaren Stil mit prägnanten Aussagen, die kurz und überzeugend begründet werden. Die sparsamen Anmerkungen und das gut gewählte Literaturverzeichnis erlauben es, die Aussagen nachzuprüfen. Dieses Buch ist im Hinblick auf die Bayerische Landesausstellung 2015 im Armeemuseum in Ingolstadt eine begrüßenswerte Übersichtsdarstellung. Überzeugend sind an zahlreichen Stellen die Hinweise auf ein borusso-zentriertes Vorverständnis der Geschichte zu Napoleon belegt. Beispielhaft wird dies an den Auswirkungen des Reichsdeputationshauptschlusses gezeigt. Preußen vergrößerte sein Territorium durch diesen Akt um das Fünffache, ohne darüber viel Worte zu verlieren, Bayern wird demgegenüber als napoleonhörig dargestellt, da es in diesem Zusammenhang die Königswürde  von Napoleons Gnaden angenommen habe. Demgegenüber zeigt Junkelmann auf, in welchem Maße das Österreich der Habsburger mehrfach versuchte, sich Bayern in den Vielvölkerstaat einzuverleiben. Damit war die Anlehnung Bayerns an Napoleon eine Maßnahme des Selbstschutzes und der Garantie des Überlebens als selbständiger Staat. Die Hinwendung zu Napoleon im Vorfeld des österreichischen Einmarsches (1805) und die Zuwendung zu den Alliierten (Russland, Preußen, Österreich) (Oktober 1813) wurden in Verhandlungen vorbereitet, die im Privathaus des Grafen Montgelas in Bogenhausen geführt wurden. Bemerkenswert war es, dass die Abwendung von Napoleon durch diesen nicht als ein Akt des Verrats angesehen wurde, sondern als eine wohlüberlegte Maßnahme der Selbsterhaltung gewürdigt wurde. Der Kronprinz Ludwig, später König Ludwig I., der Napoleon skeptisch gegenüberstand, konnte zu keiner Zeit die Bemühungen seines Vaters, Wredes und Montgelas‘ beeinflussen. Allein während seiner kurzen Zeit als Statthalter in Innsbruck hatte er die Möglichkeit zu einer eingeschränkten selbständigen Regententätigkeit. Die neue Stellung Bayern bewies sich nach Napoleons erster Abdankung. Eugène de Beauharnais, Schwiegersohn des bayrischen Königs, nahm zu dieser Zeit ebenso wie andere emigrierte Bonapartisten, in Bayern Zuflucht. Einen von ihnen, Marschall Berthier, Napoleons Stabschef, der mit der Königsfamilie verschwägert war, stürzte Napoleons Rückkehr in so große Loyalitätskonflikte, dass er am 1. Juni 1815 in Bamberg durch einen Fenstersturz sich selbst tötete. Seine Totenfeier im Bamberger Dom und später die Überführung in die herzogliche Familiengruft in Tegernsee zeugten von den engen Banden, die überdauert hatten.

 

Kenntnisreich sind die Entwicklungen in den Territorien dargestellt, die zeitweise zu Bayern gehörten. Die Pfalz, die nach dem Wiener Kongress Bayern zugeschlagen wurde, war seit den 1790er Jahren Teil Frankreichs gewesen. Sie hatte davon daher durch ein verbessertes Verkehrssystem, Vorzugszölle und eine gute Verwaltung profitiert. In diesem Landesteil wurde der französischen Vergangenheit beim Übergang an Bayern nachgetrauert. Jedoch änderte die bayerische Regierung – entgegen ihrem üblichen nivellierenden Zentralismus – an den bisherigen Zuständen nichts und beließ sogar die gut organisierte Beamtenschaft im Amt. Der Code civil blieb ebenfalls, wie in den anderen linksrheinischen Territorien, in Kraft, so dass auch bayerische Gerichte noch lange nach Napoleon auf der Grundlage seiner Gesetzgebung Recht zu sprechen hatten. Für Tirol legt Junkelmann dar, dass der Übergang an Bayern diesem „Land im Gebirge“ große Vorteile gebracht hat, denn das Land war im Vergleich zu vielen Habsburger Territorien hinter der Entwicklung zurück geblieben. Vieles, was Bayern angelastet wurde, hätte auch Streit mit Wien ausgelöst, wenn Maßnahmen, die vor Auflösung des Heiligen Römischen Reichs nicht gemacht werden konnten, nach 1806 durch den Kaiser in Wien gemacht worden wären.

 

Die insgesamt sehr ausgewogene Schilderung der bayerischen Geschichte wird durch eine große Anzahl gut ausgewählter Abbildungen und Karten veranschaulicht. Das Itinerar Napoleons in Bayern erfreut alle Bearbeiter der örtlichen Geschichte, denen Details des Aufenthalts des kleinen Korsen in ihren Gemeinden aufbereitet werden. Die Gedenktafeln in zahlreichen Gemeinden zeugen noch jetzt von der Wertschätzung, die Napoleon als Förderer des modernen Bayern verdient.

 

Neu-Ulm                                                                                                       Ulrich-Dieter Oppitz