Hudson, John, The Oxford History of the Laws of England. Band 2 871-1216. Oxford University Press, Oxford 2012. XXIII, 956 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Recht wurde vermutlich nicht in England erfunden und doch hat das angelsächsische Recht einen herausragenden Rang in der Welt. Er ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die englischen Könige in der frühen Neuzeit mit Hilfe ihrer Flotte zur wohl bedeutsamsten Kolonialmacht der Erde aufstiegen und zahlreiche Kolonien in allen Teilen der Welt an sich brachten. In ihnen setzte sich das auf angelsächsischer Grundlage begonnene, nach der Eroberung durch den Herzog der Normandie durch die anglonormannischen Richter des Königs zum Fallrecht geronnene Recht des reisenden Richters und der königlichen writs trotz des umfangreichen Verzichts auf das Gesetz weitgehend durch.

 

Die damit verbundene Entwicklungsgeschichte des englischen Rechtes entbehrte lange Zeit einer modernen wissenschaftlichen Bearbeitung. Diese bedauerliche Lücke will die Oxford History of the Laws of England erfreulicherweise schließen. Sie ist in der Planung auf dreizehn voluminöse Bände berechnet, die ohne strikte Chronologie mit dem Zeitpunkt ihrer Fertigstellung veröffentlicht werden können und sollen.

 

Als erster Band ist im Jahre 2003 von Richard R. Helmholz ein grundlegendes Werk über das kanonische Recht und die kirchliche Rechtsprechung vorgelegt worden. Dem stellte im gleichen Jahr John Hamilton Baker den Band 6 für die Zeit von 1483 bis 1558 zur Seite. 2010 konnten diesen vorzüglichen Beispielen die Bände 11, 12, und 13 über das 19. Jahrhundert (1820-1912, English legal system, private law, fields of development), bearbeitet von William Cornish, J. Stuart Anderson und  Keith Smith folgen.

 

Einen weiteren wichtigen Fortschritt bildet der vorliegende Band. Er stammt aus der Feder des als Professor für Rechtsgeschichte an der Universität von St Andrews und als William W. Cook Global Law Professor der Universität Michigan Law School tätigen Verfasser. Er betrifft den besonders wichtigen Übergang von den Angelsachsen zu den Normannen an der Wende vom Frühmittelalter zum Hochmittelalter.

 

Gegliedert ist er nach einer kurzen Einführung über die Geschichte des Rechtes und die Geschichte der Erörterung in drei Teile. Sie betreffen das spätangelsächsische England, das anglonormannische England und das angevinische England. Sachlich werden König und Recht, Gerichte, Verfahren, Land, bewegliche Güter, Diebstahl und Gewalt, Stand, Heirat und Familie behandelt und jeweils am Ende zusammengefasst.

 

Im zweiten Teil kommen die Forest Laws vom angelsächsischen England bis zum frühen 13. Jahrhundert hinzu. Im dritten Teil wird das Verfahren auf Streitigkeiten um Land eingeschränkt. Außerdem werden Vereinbarung und Verpflichtung, das Stadtrecht und die Magna Charta samt dem Common Law neu aufgenommen.

 

Im Anhang bietet der Verfasser einen Überblick über die Rechtsquellen. Dabei unterscheidet er zwischen Gesetzen und Rechtsbüchern, Writs und Urkunden, erzählenden Quellen und Official records. Zu Recht weist er darauf besonders hin, dass über diesen Gegenstand im Detail auch ein weiteres, gleich gewichtiges Werk geschrieben werden könnte.

 

Den Beschluss bilden eine Bibliographie der zitierten Werke, ein Index der Namen, Orte und außerrechtlichen Texte und ein Index der behandelten Gegenstände. Wer immer sich mit der englischen Rechtsgeschichte dieser Zeit befassen will, wird hierfür in diesem Band eine bestmögliche Grundlage finden. Möge die Weiterführung und Vollendung in gleichwertiger Weise möglichst bald gelingen.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler