Augspurg, Anita, Rechtspolitische Schriften. Kommentierte Studienbuchausgabe, hg. v. Henke, Christiane (= Rechtsgeschichte und Geschlechterforschung 16). Böhlau, Köln 2013. 423 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Anita Augspurg wurde in Verden an der Aller am 22. September 1857 als Tochter eines Rechtsanwalts geboren, arbeitete bis zur Volljährigkeit in der Kanzlei des Vaters mit und ließ sich danach für das Lehramt an höheren Schulen und im Schauspiel in Berlin ausbilden. Nach fünfjähriger Tätigkeit als Schauspielerin eröffnete sie mit einer Freundin das Fotostudio Hofatelier Elvira in München, das schließlich auch die Königsfamilie Bayerns als Kunden führen konnte, und wandte sich spätestens 1891 mit 34 Jahren der Frauenbewegung zu, studierte in Zürich Rechtswissenschaft und wurde die erste (über die Entstehung und Praxis der Volksvertretung in England) promovierte Juristin des Deutschen Reiches. Da sie 1923 mit ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann bei dem Innenminister Bayerns die Ausweisung Adolf Hitlers wegen Volksverhetzung beantragt hatte, wechselte sie nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in die Schweiz, wo sie am 20. Dezember 1943 starb.

 

Christiane Henke legte hierzu bereits im Jahre 2000 eine Darstellung von Leben und Gedanken Augspurgs vor. Seitdem befasste sie sich als freie Schriftstellerin intensiv mit den vielfältigen Werken der vielseitigen Vorkämpferin der deutschen Frauenbewegung. Texte und Kommentare kann sie in einem stattlichen Band gebündelt der Allgemeinheit zu Studienzwecken zur Verfügung stellen.

 

Gegliedert sind sie nach einleitenden Anmerkungen Stephan Meders in mehrere sachliche Abschnitte. Dabei beginnen die Texte zur Rechtslage der Frau 1889 mit einer Beschreibung der Photographie als Lebensberuf für Frauen, behandeln außer Bildung und Erwerb aber auch ethische, politische und soziale Aspekte, das Eherecht, das Bürgerliche Gesetzbuch, Sittlichkeitsvorstellungen im Strafrecht, Vereinsrecht, Versammlungsrecht Stimmrecht und andere Wahlrechte. Dem folgen einige friedenspolitische Texte, Nachrufe auf Kurt Eisner, Rosa Luxemburg und Gustav Landauer, Texte zur bayerischen Revolution und zum Recht der Weimarer Republik, die alle im Kommentarteil mit umfangreichen Anmerkungen versehen und zusammen mit einer biographischen Skizze und einem Werksverzeichnis (7 selbständige Werke, zahlreiche namentlich gezeichnete wie auch ungezeichnete Zeitschriftenartikel) durch drei hilfreiche Register der Personen, Sachen und Orte nutzerfreundlich aufgeschlossen sind.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler