PROJECT
des CODICIS FRIDERICIANI MARCHICI,
oder eine, nach
Sr. Königl. Majestät von Preussen Selbst vorgeschriebenem Plan entworfene
Cammergerichts- Ordnung, nach welcher alle Processe in einem Jahr durch drey
Instantzen zum Ende gebracht werden sollen und müssen: nebst dem Project einer
Sportul-Ordnung und eines Pupillen-Collegii. Es ist auch derselben der Anhang,
in welchen alle seit der Publication und Einführung ergangene Ordnungen,
Edicten, Mandaten, Rescripten und Resolutionen, wodurch der Cod. Frid. und die
Tribunal- und Pupillen-Ordnung eine Erklärung, Abänderung, Erläuterung oder
Zusatz erhalten, und wo solche befindlich nach der Ordnung der Tituln und
§phorum angeführet sind, beygefüget worden. Nebst einem Register. Königsberg
und Mitau, Bey Johann Jacob Kanter, der königl Academie der Wissenschaften,
Buchhändler. 1766.
(III) Vorrede. Nachdem Se. Königliche Majestät in Preussen (et)c. wahrgenommen,
das eines Theils bey einer jeden Provintz eine besondere Process-Ordnung, und
besonderer Modus Procedendi eingeführet sey, welches Anlaß gegeben, daß Dero
Ministri, weil Sie so viele verschiedene Ordnungen nicht im Gedächtniß behalten
können, wegen der aus denen Provintzen einlaufendenKlagen Rückfragen zu halten,
und die Col-legia mit Berichten, die Partheyen abermit unnöthigen Kosten zu
beschweren genöthiget worden.
Anderen
Theils auch die Erfahrung gezeiget, daß diese Ordnungen mit so vielen
(IV) Vorrede.
unnöthigen Formalitaeten, auch andern zur Weitläuftigkeit Anlaß gebenden Umständen angefüllet seyn, daß von denen Processen fast kein Ende mehr abzusehen gewesen (et)c.
So haben Se. Königl. Majestät, aus höchst eigener Bewegung, nicht allein allergnädigst gut gefunden in allen Dero Provintzen einen gleichförmigen Process einzuführen, sondern Sie haben auch selbst einen in der Vernunft gegründeten General-Plan formirt, wodurch alle Processe in allen Instantzen in einem Jahr zum Ende gebracht werden können, und müssen ; zugleich auch die Execution dieses Plans Dero Groß-Cantzler von Cocceji anbefohlen und aufgetragen.
Se. Königl. Majestät haben in Pommern, wo
die meiste Processe schwebten, und die größte Confusion war, den Anfang der
Reforme gemacht, woselbst in 8 Monat an die 2400. alte Processe abgethan
worden, von neuen Processen aber keiner, der über ein Jahr alt ist, nunmehro
übrig bleibt.
(V) Vorrede.
Se. Königl. Majestät haben ferner befohlen eine Process-Ordnung in Pommern nach Dero Plan zu verfertigen, welches auch in dem Project des Codicis Fridericiani Pomerancini bewerckstelliget worden.
Nachdem nun solchergestalt Se. Königl. Majestät in Pommern Dero allergerechteste Intention , die Processe in einem Jahr in allen Instantzen zum Ende bringen, völlig erreichet, so haben Sie vorgedachten Dero Groß-Cantzler allergnädigst befohlen, die Justitz auch in Dero Chur- und andern Marchen gleichfals nach sothanen Plan einzurichten, welches auch mit so glücklichen Success geschehen, daß bey den Cammer-Gericht in 8. Monaten die mehreste Processe gäntzlich abgethan, und zum Ende gebracht, die wenige übrige mehrentheils zum Spruch instruirt seyn, und in 4. Monat gleichfals ge endigt werden sollen.
Von denen neuen Processen, welche nach der Reforme im Monat September angefangen,
(VI) Vorrede.
und nach dem neuen Königl. Plan tractirt worden, seyn wenig mehr vom Sept. Octob. und November übrig, und ist da her kein Zweifel, daß Ihro Königl. Majestät Dero gerechte Intention alle Processe in ei nem Jahr zu endigen, auch künftig alhier er reichen werden.
Es haben auch dieser Einrichtung die Deputirten der Land-Stände, nemlich der wegen seiner Wissenschaft, Erfahrung und Redlichkeit bekante Land-Rath von Otterstedt, und der gleichfals geschickte Geheimde Rath von Berg, auf Königl. Ordre beygewohnet, den dem Land, und denen Unterthanen, daraus entspringenden Nutzen wahrgenommen, und ihre Approbation schriftlich be zeuget.
Weil aber bey denen Chur- und Märckischen
Provintzen besondere Landes-Verfassungen, verschiedene Arten von
Jurisdictionen, auch andereInstantzen vorhanden seyn (insonderheit nachdem die Remedia
auch aus der Neumarck hieher verwiesen worden: )
(VII) Vorrede.
So haben allerhöchst gedachte Se. Königliche Majestät nöthig gefunden, ein besonderes Projekt eines Codicis Fridericiani Marchici verfertigen zu lassen, worin zwar eben derselbe Modus procedendi beybehalten, aber die Collegia in eine andre Ordnung gebracht, und was bey dem in Eilverfertigtem Codice Pomeranico vergessen, suppliret worden, welcher Codex allen Provintzen künftig zum Modell dienen soll.
Damit aber diese General-Process-Ord nung
auf einen soliden, und beständigen Fuß gesetzt werden möge; so haben Se.
Königl. Majestät diese Ordnung bloß als ein Project zu drucken befohlen,
worüber dem Collegio, denen Land-Ständen, und einem jeden frey stehen soll
binnen Jahres-Frist Monita zu verfertigen, und solche einzuschicken, wor auf zu
seiner Zeit behörige Reflexion gemacht und dieselbe mit denen Deputirten derer
Stände de concert regulirt werden sollen.
([VII = VIII) Vorrede.
Weil aber unterdessen die neue Einrichtung nicht aufgehalten werden kann, so ha ben Sr. Königl. Majestät die Collegia interim, und bis zu Einlaufung und Regulirung derer Monitorum, angewiesen, nach diesem Project zu verfahren.
Berlin, den 3ten April, 1748.
(1) Erster Theil.
Tit. I.
Von Unseres Hof- und Cammer-Ge richts-Bestellung, und vom Richterli chen Amt überhaupt.
§. I. Unser Cammer-Gericht soll aus drey Senaten bestehen: deren Membra bey der mit nächstem zu beschehenden wirklichen Einrichtung ernennt, und zugleich auch deren Berrichtung regulirt werden soll:
§. 2. Bey diesen Senaten sollen auch gewisse Referendarii und Auscultatores gesetzt werden, damit sich junge Leute zur Justitz -Pflege qualificiren, und die Praxin bey dem Collegio erlernen können.
§. 3. Weil alles an denen Praesidenten und Directoren gelegen, und nimmermehr eine gute und redliche Justitz-Pflege zu hoffen ist, wann die Chefs ihre Rathe und Advocaten nicht übersehen, die Unordnungen ändern, auch alle Chicanen coupieren können; So wollen Wir keine andere, als bekannte, solide, und solche Personen, welche schon eine Zeit lang in Justitz-Collegiis gesessen, derer Rechte und Landes-Verfassung kundig, in Praxi geübet, auch nebst der Gelehrsamkeit die gehörige Aktivität und Authorität besitzen, zu diesen wichtigen Aemtern annehmen.
Wir wollen aber bey Vergebung dieser
Chargen Uns daran, ob dieser oder jener Vice-Praesident oder Director oder Rath
der nächste in der Ordnung sey, gar nicht binden:
(2) Erster Theil. Tit. I.
Allermassen Wir keinem Vice-Praesidenten oder Rath ein Recht in diese Chargen zu ascendiren zugestehen ; sondern Uns nach Gefallen die Besetzung derselben vorbehalten.
Und wann Wir auch schon einem oder dem andern eine Exspectantz auf diese Aemter verleihen, wollen Wir doch daran nicht gebunden seyn, vielmehr soll dieselbe als sub- & obrepirt gehalten werden.
Damit Wir aber auch von der Capacität derer Praesidenten und Directoren völlig versichert seyn mögen ; So sollen dieselben (wann sie nicht schon vorhin die Proben, welche von einem Cammer-Gerichts-Rath erfordert werden und von welchem jetzo gleich gehandelt werden soll, ausgestanden) sich dem examini rigoroso unterwerfen.
Vid. C.C. le a. 1755. N. 82. & 15.
§. 4. Wann eine Raths-Stelle bey dem Cammer-Gericht erledigt worden, und sich einige Candidaten, sie mögen Referendarii oder Fremde seyn, darzu angeben, so sollen dieselben
1) Bey Unserm Cammer-Gericht in Berlin öffentlich Aus denen schwersten Materiis derer Landes-Rechten einen Morgen, und
2) Des andern Tags aus der Proceß-Ordnung examinirt werden. Hiernächst
3) Wann sie wohl bestanden, (dann wann es ihnen an der Theorie oder Praxi fehlet, sollen sie auf erfolgten Bericht ohne weitere Untersuchung abgewiesen werden,) müssen sie überdem eine Probe-Relation aus einer weitläufigen und wichtigen Sache verfertigen: Worbey ihnen zugleich
4)Ein Correferent zugegeben werden soll, welcher des Condidati Relation controlliren muß.
5) Diese beyde Relationes müssen in pleno verlesen, hiernächst über die Capacität des Candidati auf End und Pflicht votirt, und das darüber gehaltene Protocoll dem Ministre, zu dessen Departement die Provintz gehöret, zum ferneren Vortrage eingeschicket
(3) Erster Theil. Tit. I.
werden. Es ist aber nicht genung, daß nach der bisherigen Gewohnheit berichtet werde, daß dergleichen Candidati Hofnung von sich geben, daß sie durch ihre Application sich künftig qualificiren möchten: Weil Wir Unsere Justitz Collegia mit Leuten besetzt wissen wollen, welche die gehörigen Qualitäten schon haben, nicht aber mit solchen, die die Capacität erst erhalten sollen.
6) Es muß aber ein jeder Candidat, welcher sich zu dergleichen Charge angiebt, vor dem Examine 10 Rthlr. erlegen, welche in die Sportul-Casse gebracht Werden sollen.
7) Wenn jemand sich durch einen andern Weg, als Wir hierin vorgeschrieben, in das Cammer-Gericht einschleichen solte, oder wohl gar von dem Examine und der Probe-Relation Dispensation suchen und erhalten würde, muß das Collegium denselben nicht recipiren, sondern den Unsern Ministern, vom Justitz-Departement Vorstellung thun, und, daß es wider den von Uns selbst vorgeschriebenen Plan laufe, berichten.
Solte alsdenn dem ohngeacht dessen Reception dem Collegio anbefohlen werden, so soll der Rath niemahls darbey sicher seyn, sondern das Rescript für sub- & obrepirt gehalten, und derselbe über kurtz oder lang nicht allein dimittirt, sondern auch angehalten werden alles was er an Besoldung und Sporteln erhalten, nebst dem Duplo dem Fisco zu erstatten.
§. 5. Im übrigen wollen Wir zwar bey
Besetzung derer erledigten Stellen in denen Justitz-Collegiis Unserer Länder auf
die Referendarios vor Fremden reflectiren, wann sie gleiche Capacität mit
diesen haben. Wir wol len aber nicht daran gebunden seyn, sondern Uns die Er
setzung der ledigen Stellen hierdurch ausdrücklich reserviren, allermassen
dieselbe unter dem Vorwand, daß sie schon
(4) Erster Theil. Tit. I.
bey dem Collegio mit gearbeitet, sich daher kein Recht anmassen sollen noch können.
§. 6. Es sollen keine Referendarii angenommen wer den, wann sie nicht zuforderst bey dem Cammer-Gericht , jedoch ohne Kosten, öffentlich examiniret worden, und in Theoria & Praxi eine ziemliche Wissenschaft erlangt, auch eine Probe-Relation abgestattet haben.
Wann das Cammer-Gericht hievon Pflicht-mäßigen Bericht erstattet, und das Protocoll mit denen Votis einschicket, wollen Wir wegen deren Reception nähere Verordnung ergehen lassen.
§. 7. Wir wollen auch keinen Auscultatorem in das Collegium admittiren, als welcher wenigstens 20 Jahre alt, von gutem Herkommen, und guter Conduite ist, auch seine Studia in jure auf einer Königlichen Universität absolviret, und dieserwegen ein gutes von der gantzen Juristen-Facultät, und zwar von Singulis unterschriebenes Zeugniß erhalten, anbey zu seiner Subsistentz einige Mittel hat.
Wann der Candidat diese Umstände bescheiniget, muß derselbe gleichfalls öffentlich bey dem Cammer-Gericht examiniret werden: Und wann sich einige Profectus bey ihm finden, wollen Wir auf erfolgten Bericht Unsere Willens-Meinung wegen dessen Reception eröfnen.
§. 8. Weil Wir auch zu denen Pronotoriat- und Secretariaten künftig keine andere, als gelehrte und geschickte Leute, welche allenfalls die vom Hofe aus erforderte Berichte legaliter und cum rationibus verfertigen können, annehmen wollen; So sollen diejenigen, welche sich zu diesen Chargen melden, eben so wie die Rathe die Probe ausstehen, und überdem die in einem Tag abgefaßte schriftliche Decreta extendiren.
§. 9. Die Registratores müssen gleichfalls
etwas vom Jure und dem Process verstehen, daher das Cammer-Gericht dieselben
darüber examiniren, und von deren Capacité berichten, auch davor stehen muß.
(5) Erster Theil. Tit. I.
§. 10. Zu Canzellisten sollen keine angenommen noch vorgeschlagen werden, welche nicht von bekannten ehrlichen Eltern gebohren, eine gute Erziehung, und eine ver nünftige Ausführung haben, zugleich aber auch eine gute und leserliche Hand schreiben, und einen lateinischen Terminum verstehen, d. i. die Classen durchgegangen seyn.
§. 11. Es ist aber bey der Bestellung dieser Secretarien, Registratoren, und Canzellisten Unser ernstlicher Wille, daß wenn die Eltern von dieser Profession gewesen, und ihre Kinder darzu angezogen haben, diese jederzeit fremden praeferirt, und Uns in Vorschlag gebracht werden sollen.
§. 12. Die Canzeley-Diener, die Bothenmeister und die Bothen können zwar von dem Präsidenten vorgeschlagen werden, er muß aber keine andere, als abgedanckte, oder blessirte Unter-Officierer, deren gute Conduite von dem Regiment, wo sie gestanden, attestirt wird, und die lesen und schreiben können, in Vorschlag bringen, und wenn sich dergleichen nicht finden, wollen Wir auf erhaltene Nachricht dem Collegio dieselbe zuschicken.
§. 13. Und da in dem Land-Tags-Recess de Anno 1653. enthalten, daß denen Einheimischen billig der Vorzug vor denen Ausländischen im Cammer-Gericht gebühre: (wiewohl die Fremden nicht gnzlich davon ausgeschlossen,) als lassen Wir es nochmals dabey bewenden.
§. 14. Vorgedachtem Unserm Cammer-Gericht ertheilen Wir hierdurch eine vollkommene Macht und Autorität, an Unserer Statt, und in Unserm allerhöchsten Nahmen alle dahin gehörige Justitz-Sachen, (nebst denen dahin verwiesenen Consistorial-Processen,) wie dieselbe beschaffen seyn mögen, zu entscheiden, und zur gebührenden Execution zu bringen (et)c.
Sie müssen aber die Processe, auf ihre
theuregeleistete Pflicht auf alle rechtliche Art, und nach dieser Ordnung, zu
verkürtzen, und dieselbe durch alle Instantzen in einem Jahr zum Ende zu
bringen suchen ; allen Menschen ohne Ansehen der Personen, Grossen und Kleinen,
Reichen
(6) Erster Theil. Tit. I.
Armen, gleiche und unpartheyische Justitz administriren, so wie sie gedencken solches vor dem gerechten Richterstuhl GOttes zu verantworten, damit die Seufzer der Wittwen und Waysen, auch anderer Bedrängten, nicht auf ihr und ihrer Kinder Haupt kommen mögen.
§. 15. Sie sollen auf keine Rescripta, wenn sie schon aus Unserm Cabinet herrühren, die geringste Reflexion machen, wann darin etwas wider die offenbare Rechte sub- & obrepirt worden, oder der strenge Lauf Rechtens dadurch gehindert und unterbrochen wird: Sondern sie müssen nach Pflicht und Gewissen weiter verfahren, jedoch von der Sache Bewandniß so fort berichten.
Insbesondere aber soll Unser Cammer-Gericht und andere Gerichte, in allen Sachen und Rechtlichen Handlungen zwischen Unserm Fisco an einem, und zwischen Unsern Vasallen und Unterthanen am andern Theil, es sey der Fiscus selbst Actor, oder einem andern zur Assistentz gegeben, lediglich die Justitz, als auf welche sie geschworen und beeidigt seyn, zum Augenmerck haben, und auf keine wider die Justitz lauffende Verordnungen reflectiren, weil ihnen solche Verordnungen, so wenig als Unser etwa vorgeschütztes Interesse zu keiner Entschuldigung dienen soll. Im übrigen wollen Wir Unsere Gerichte auf die von Uns aus höchsteigener Bewegniß, weiter ergangene Erklärung (wovon in dem Titul von denen Fiscalischen Processen gehandelt werden soll) verweisen.
Conf. pr. oltr. S. 41. 10.
§. 16. Gleichwie Wir von wohlgezogenen und
vernünftigen Räthen nicht vermuthen, daß dieselbe ihre GOtt und Uns schuldige
Pflicht dergestalt vergessen, und sich durch Geschencke und Versprechungen,
oder durch Animosität, Freund- oder Feindschaft werden bewegen lassen, die
Justitz zu verkaufen, oder eine offenbare Ungerechtigkeit zu begeben ; als
wollen Wir, wann Uns dergleichen vorgebracht würde, Uns sofort nicht zu einigem
Mißtrauen, viel weniger zu einer Ungnade gegen sie bewegen lassen, sondern sie
zuforderst darüber, zulänglich hören und vernehmen.
(7) Erster Theil. Tit. I.
§. 17. Würde sich aber nach genauer Untersuchung finden, daß jemand sich durch Gift und Gaben habe bestechen lassen, so soll derselbe, er sey hohen oder niedrigen Standes, als infam cassirt werden, und was er empfangen dem Fisco mit Beyfügung des Dupli anheim fallen. Wobey Wir Uns ausdrücklich vorbehalten, nach Beschaffenheit der Sachen und Umstände, den Richter mit Leib, und wohl gar mit Lebens-Strafe zu belegen.
§. 18. Der Advocat oder Procurator, welcher die Geschencke offerirt, oder seiner Parthey solche zu geben anräth, oder das Praesent wircklich einliefert, soll ewig zur Karre gebracht, oder auch, dem Befinden nach, gar am Leben gestraft werden.
§. 19. Wann ein anderer Unterhändler darunter gebraucht wird, derselbe soll mit einer starcken Geld-Busse, oder mit zeitlicher Festungs-Arbeit belegt werden.
§. 20. Wann ein fiscalischer Bedienter davon einige Nachricht erhält, und einige nicht ungegründete Vermuthungen vorhanden seyn, muß er solches dem Präsidenten bey Strafe der Cassation anzeigen, welcher Uns immediate davon, wann die Denunciation einigen Grund hat, berichten soll.
§. 21. Damit aber denen Richtern kein Vorwand übrig bleibe die Corruptiones zu bemänteln, so wollen Wir nicht allein wirckliche angenommene Geschencke darunter begreifen; Sondern wann auch dergleichen nur versprochen, oder pro promovenda Justitia, oder nach ausgesprochenen Urthel pro studio & labore, oder unter was für einem Praetext es geschehe, offeriret und angenommen werden. Ja wann sie auch nur in esculentis & potulentis bestehen.
§. 22. Unter die Corruptionen wollen Wir
auch verstehen, wann des Richters Frauen, Kinder, oder nahen Unverwandten,
etwas offerirt wird, es mag in Geld, Geldes Werth, oder einigen Beneficiis
bestehen.
(8) Erster Theil. Tit. I.
§. 23. Derjenige, welcher die Corruption wircklich angebracht, soll Sachfällig declariret, und nicht weiter gefragt werden, ob die Sache recht oder unrecht sey: Welches auch statt haben soll, wann schon die Sententz zur Execution gebracht, und einige Zeit nachher die Corruption entdecket worden; und soll der gewinnende Theil ohne weiteres Verfahren zur Restitution angehalten werden.
§. 24. Es soll auch demjenigen, der den Process verlohren hat, wann er einige Indicia einer Corruption an die Hand gehen kann, frey stehen, binnen 3 Tagen, nachdem das End-Urthel zu seiner Wissenschaft gekommen, dem Gegentheil und dessen Advocato, praevio juramento calumniae den Eyd dahin zu deferiren, daß er weder durch Gift und Gaben, noch durch Versprechungen einiger Erkenntlichkeit an die Richter, oder derer Angehörige und Freunde, noch durch andere verbotene Wege das obsigliche Urthel erhalten habe.
§. 25. Wann der Regierung und deren Membris, zwar keine Corruption, wohl aber eine aus Animosität begangene offenbahre Justitz imputiret wird, und bey der Untersuchung solches wahr befunden wird, so soll der Richter eben so wie vorhin geordnet ist, als ein Meineidiger bestraft werden. Im Fall aber die Ungerechtigkeit aus einer Ignorantz herrühret, soll der Rath dimittirt werden, und demjenigen, welcher über das Unrecht geklagt, die Kosten des Processes zu erstatten schuldig seyn.
§. 26. Weil aber die Unschuld auch sicher seyn, und von rechtschaffenen und unbefleckten Richtern alle Verunglimpfung abgelehnet werden muß; so soll es mit denen, welche denen Richtern dergleichen Corruption, oder sonst eine andere vorsetzliche offenbahre Ungerechtigkeit ohne Grund imputiren, und dieselbe nicht bescheinigen, folgendergestalt gehalten werden.
Wann es eine bürgerliche und nicht in
dignitate constituirte Person ist, die dem Richter einer Corruption oder
(9) Erster Theil. Tit. I.
vorsetzlichen Ungerechtigkeit ohne vorhergehende Bescheinigung beschuldiget, oder demselben ohne dergleichen Indicia das Juramentum victoriae deferiret, so soll dieselbe zur Karren gebracht, deren Advocat, auch der das Memorial unterschrieben, und der Concipient, welcher das Memorial verfertiget, mit gleicher Strafe belegt werden.
Wann es aber ein Edelmann, oder eine andere mit einem vornehmen Amt bekleidete Person ist, soll dieselbe von denen Revisoribus der Acten, wann der Richter unschuldig befunden wird, pro infami declariret werden, folglich ihres Amts verlustig gehen, dem Richter einen öffentlichen Wiederruf thun, und noch darzu nach ihrem Vermögen bis 2000 Rthlr. Geld-Strafe geben; und behalten Wir Uns bevor das Jus talionis befundenen Umständen nach noch weiter zu extendiren.
Allermassen nicht genung(!) ist auf blosse Muthmassungen einen in Eyd und Pflicht stehenden Richter eines Meineides zu beschuldigen, oder demselben den Eyd über seine Ehrlichkeit zu deferiren, wann der Kläger keine Indicia der Corruption und Ungerechtigkeit bey der Hand hat, noch solche vorlegen kan.
§. 27. Wann Fremde dergleichen Ehren-rührige Beschuldigungen in ihren Schriften vorgeben, sollen die Ober und Unter-Gerichte Macht haben, dieselbe, wann sie unter ihrer Bothmäßigkeit anzutreffen seyn, so lange in Person zu arrestiren, bis dasjenige, was wider sie erkannt ist, zur Execution gebracht worden;
Wann sie aber weder unter ihrer
Bothmäßigkeit anzutreffen seyn, noch auf richterliche Citation erscheinen,
sollen sie in der Haupt-Sache nicht weiter gehöret, und auf des Gegentheils
Ansuchen per Requisitoriales verlanget, und wann dieselbe verweigert wird, dem
Befinden nach derer Namen an den Galgen geschlagen werden.
(10) Erster Theil. Tit. I. II.
Wie übrigens die wider die Unter-Gerichte geführte ungegründete Klagen zu bestrafen, davon soll unten Part. Tit. §. gehandelt werden.
§. 28. Würde auch jemand Unserm Cammer-Gericht, als welches in so weit Unsere Statt verwaltet, sich widersetzen, oder die dazu verordnete Räthe schmähen, übel angreiffen und austragen, auch sonst den gebührenden Respect ausser Augen setzen, so soll dasselbe befugt seyn gegen die Uebertreter und Frevler fiscum zu excitiren, und durch Urthel und Recht sich selber Recht zu verschaffen.
Wegen Visitation der Justitz Collegien vid.
Cont. Constit. de anno 1754 N. 34.
§. 29. Schließlich muß in Abwesenheit des Praesidenten der zweyte oder Vice-Praesident ; in dessen Abwesenheit aber der vositzende Rath das Directorium führen.
Tit. II.
Zu welcher Zeit das Cammer-Gericht gehalten werden soll: und von denen Feriis.
§. 1.
Es soll bey dem Cammer-Gericht viermahl Gerichts-Tag in der Wochen gehalten werden; nemlich den Montag, Mittwoch, Freytag und Sonnabend.
§. 2. In denen drey ersten Tagen, wird alles was gerichtlich verhandelt werden muß, vorgenommen; den vierten Tag, nemlich des Sonnabends, werden die Verhöre, die in der Wochen übrig geblieben, continuiret, und die Verhörs-Bescheide und Urthel, auch andere Sachen, welche in der Wochen nicht haben referiret werden können, vorgetragen und expediret, wovon die Ordnung unten P. II. Tit. vorgeschrieben wird.
§. 3. An denen Sonn- Fest- und Buß-Tagen, sollen keine gerichtliche Handlungen vorgenommen werden, es wäre denn, daß wegen Insinuation der Testamentorum, Interposition und Introduction der Appellationen, oder
(11) Erster Theil. Tit. II. III.
andern Fatalien halber. auch wegen Arreste. und sonst. die Sache keinen Verzug leiden wolte. Wie denn auch Contracte. Gedinge. Verträge und Vergleiche. auch andere willkührliche Handlungen. die keiner gerichtlichen Solennität bedürfen. sonderlich nach verrichtetem Gottesdienst. wohl mögen errichtet und vollzogen werden.
§. 4. Es soll auch das Cammer-Gericht in der Oster- Pfingst- und Christ-Woche jedesmahl 14 Tage. und in der Erndte vier Wochen. nemlich vom 20sten Julii bis den 20sten Augusti. geschlossen seyn.
§. 5. In diesen Ferien können nicht allein schriftliche Supplicata übergeben. sondern auch Tutores und Curatores bestellet. auch in Wechsel- und andern Sachen. welche eine schleunige Expedition erfordern. Verhöre angesetzet. und was Unser Präsident und Räthe sonst vor nöthig erachten. veranlasset werden.
Zu dem Ende müssen die gegenwärtigen Räthe in den Wochen. und zwar des Mittwochs. einmahl zusammen kommen. und die ihnen distribuirte Memorialien. auch ex Actis verfertigte Relationes referiren. und was sonst vorkommen möchte. abthun.
§. 6. Die Erndte-Ferien sollen nicht allein denenjenigen. welche damit wircklich beschäftiget. sondern auch denen. so damit nicht occupirt seyn. zu statten kommen.
§. 7. Die Partheyen können sich auch in andern nicht excipirten Fällen der Ferien begeben. und sich in den Process einlassen.
Tit. III.
Von dem Amt derer Cammer-Gerichts-Präsidenten
§. 1.
Zuforderst haben Wir zu Unsern Präsidenten das feste Vertrauen. dieselben werden sich selbst zum Vorbild und Exempel vorstellen. auf gute Administration der Justitz
(12) Erster Theil. Tit. III.
mit allen Fleiß Acht haben. wo Sie vermercken. daß etwas verordnet aber gehandelt würde. so wider dieselbe liefe. oder zur Zerrüttung dieser Unserer Ordnung und der Land-üblichen Rechte. oder zu Beschwerung Unserer Unterthanen. oder fremden litigirenden Leute. ausschlagen könnte. denselben steuren.
Zu dem Ende müssen die Präsidenten bey dem Vortrage der Memoralien. und Ablesung derer Relationen auf die etwa vorgehende Abusus Achtung geben. solche notiren; mit dem Collegio. wie solchen abzuhelfen. überlegen. auch. wenn es nöthig. durch einen gemeinen Bescheid denen Advocaten solches kund thun-Und wider diese Ordnung durchaus keine Mißbräuche einschleichen lassen. oder Wir werden Uns an sie halten.
§. 2. Und weil künftig bey denen 3 Senaten auch 3 Präsidenten oder Directores bestellet werden sollen. so werden Wir deren Verrichtungen. und wie weit ein Senatus dem andern subordinirt seyn soll. nachher declariren.
§. 3. In denen Gerichts-Tagen muß der erste Präsident des Cammer-Gerichts alle Morgen praecise um 8 Uhr auf dem Cammer-Gericht sich einfinden. denen Audientzen vom Anfange bis zum Ende beywohnen. und sich ausser wichtigen Ursachen nichts davon abhalten lassen; Es sollen auch Unsere Präsidenten niemahls ohne Unsere allergnädigste höchsteigenhändige Permission verreisen. welches Wir ihnen. jedoch nur in denen Ferien so dann verstatten wollen.
§. 4. Der erste Präsident muß ferner auch dahin sehen. daß die Räthe und Subalternen zu rechter Zeit bey der gesetzten Strafe erscheinen; Im übrigen aber in genere darauf Achtung geben. daß ein jeder sein Amt nach Anleitung der vorgeschriebenen Ordnung thue. gestalten er die Säumige privatim. oder. wann es nöthig im Collegio ermahnen; wann dieses aber nicht helfen will. immediate an Uns berichten soll. Immassen Se. Königl. Majestät wann Klage über die Bedienten geführet wird. und
(13) Erster Theil.Tit. III.
der Präsident solche nicht abstellet. oder nicht davon berichtet. sich an ihn halten werden.
§. 5. Er muß das Cammer–Gerichts-Siegel in guter Verwahrung unter seinem Schloß halten. dasselbe in keiner anderen als in denen Cammer-Gerichts-Sachen gebrauchen. oder gebrauchen lassen; die Siegelung aber in seinem Hause durch den Bothenmeiter. Canzellisten. oder die geschworne Canzeley-Diener verrichten lassen; Alles was unter diesem Siegel ausgefertiget wird, muß er unterschreiben. oder. wann er verhindert wird. solches dem zweyten Präsidenten. und in dessen Entstehung dem vorsitzenden Rath nebst dem Siegel anvertrauen.
§. 6. Wann Rescripta oder Cabinets(-)Ordres einlaufen. muß der Präsident dieselbe nicht blos ad Acta legen. sondern solche sofort dem Collegio publiciren. und dahin sehen. daß dasjenige. was Wir darin anbefohlen haben. schleunig expediret und zur Execution gebracht werde. Wann schon kein Memorial darbey übergeben wird.
Wann etwa Bericht darin erfordert wird. muß der Präsident nach beschehener Publication den Referenten sofort benennen. und davor sorgen. daß die Acta demselben noch denselbigen Tag zu Abfassung des Berichts zugestellet werden.
Und damit der Präsident wissen könne. ob das Befohlene zur Execution gebracht. oder der etwa erforderte Bericht abgestattet sey; so muß er sich eine besondere Tabelle der eingelauffenen Refcripten verfertigen. und 1) die Namen der Partheyen. 2) das Datum. und 3) Praesentatum. 4) contenta rescripti. und 5) den Decernenten. oder wann Bericht erfordert wird. den Referenten notiren (et)c.. Diese Tabelle muß er beständig in dem Collegio vor sich liegen haben. und. wann der Bericht verlesen und approbiret worden. vor die Expedition sorgen. auch 6) wenn solches geschehen. und 7) der Bericht gesiegelt und auf die Post gegeben worden. dieses gleichfalls in die Tabelle eintragen.
(14) Erster Theil. Tit. III.
Es muß aber der Präsident darauf Achtung geben. daß auch demjenigen. was vermöge des Decreti anbefohlen worden. nachgelebt werde; maßen nicht genug ist. wenn z. E. von denen Unter-Gerichten Bericht darüber erfordert. oder der Parthey injungirt wird. dem Rescripto ein Genügen zu thun (et)c. sondern er muß dahin sehen. daß allen dergleichen Verordnungen ein Terminus sub poena inferirt werde. binnen welchem Paritio docirt. oder der Bericht eingeschicket werden soll-Bis dahin muß der Präsident die Tabelle nicht weglegen.
Wann die Unter-Richter oder Partheyen hierunter säumig seyn. muß der Präsident die Strafe sofort beytreiben.
§. 7. Wann Klage über das Verfahren des Cammer-Gerichts und dessen Decreta geführet wird. insonderheit wenn es Officier und Soldaten betrift. muß der Präsident Acta selber nachsehen. und die Kläger umständlich mit Rationibus bescheiden; Wann sie sich mit Gleich und Recht nicht begnügen wollen. sondern das Cammer-Gericht weiter importuniren,. muß er dem Commandeur des Regiments davon Nachricht geben. und wann dieser dem Kläger keinen Einhalt thut. an Uns immediate berichten.
§. 8. Wann über eine mündliche oder schriftliche Relation votirt wird. muß der Präsident die Vota darüber colligiren. und bey dem Jüngsten anfangen.
Wann einmahl per majora der Schluß gemacht worden. soll nicht leicht aufs neue votirt werden; es wäre dann. daß der Präsident. oder einer von denen Räthen. einen neuen in votando entweder gar nicht. oder nicht genugsam erörterten Umstand angemercket hätte. welchenfalls. insonderheit wann die Sache wichtig und vota discrepantia seyn. noch einmahl herum gefragt werden kann und soll.
Wann Vota paria seyn. so behält diejenige Meynung. welcher der Präsident beytritt. den Vorzug. Im Fall aber der Präsident bedenklich finden solte. wegen Wichtigkeit
(15) Erster Theil. Tit. III.
und Dunkelheit der Sache. sein Votum decisivum zu ertheilen. steht ihm frey einen dritten Referenten zu benennen. welcher in pleno nochmahl referiren muß-da dann das Urthel als dann juxta majora abgefaßt. bey dem Senat verlesen. und von allen Räthen unterschrieben werden muß.
§. 9. Er muß jedem ein freyes Votum verstatten. und dahin sehen. daß keiner dem anderen in seiner Ordnung obloquire. und in die Rede falle; sondern daß einer gegen den andern sich aller gebührenden Bescheidenheit gebrauche-Würde sich aber jemand unterstehen sich anzüglicher und schimpflicher Reden zu gebrauchen. soll der Präsident dieserwegen. und wer den Anfang dazu gemacht. immediate an Uns berichten.
Wann die Räthe und Gerichts-Bediente unter sich in Streit und Uneinigkeit gerathen. soll keiner mit dem andern in Wortstreit sich einlassen. oder denselben zur Rede stellen. sondern derjenige. welcher sich offendiret zu seyn vermeynet. soll dem Präsidenten solches anmelden. welcher entweder allein. oder mit Zuziehung ein paar Räthe. den Streit in Gute beylegen. oder in deren Entstehung dahin sehen muß. daß kein Scandalum und Verhinderung in denen gerichtlichen Verrichtungen daraus entstehe-Wann solches nicht zu hindern. muß der Präsident die Sache dem Collegio übergeben und rechtlich darüber erkennen lassen.
§. 10. Von Privat-Informationen der Partheyen müssen sowohl der Präsident. als übrige Membra Collegii. sich enthalten-Um so vielmehr. da jetzo die Processe beschleuniget werden sollen. folglich dem Collegio die ohnedem benöthigte Zeit durch dergleichen mündliche Informationes entzogen wird. Dahingegen einer jeden Parthey und deren Sachwalter frey stehet. durch ein pro Memoria über die Protraction der Justitz bey dem Präsident sich zu beschweren. oder sonst seine Nothdurft schriftlich vorzustellen,
(16) Erster Theil. Tit. III.
welcher darauf Acta selber nachsehen. und dem Befinden nach remediren muß.
§. 11. In denen Ferien muß der Präsident die gegenwärtige Räthe anhalten. daß sie einen Tag in der Wochen zusammen kommen. und die unterdessen eingelauffene Sachen (welche in denen Ferien distribuirt werden sollen) vortragen. und decretiren. die fertige Relationes ablesen. auch die Verhöre. worinnen periculum in mora. abwarten müssen.
§. 12. Der Präsident muß das Distributions(-)Buch beständig in der Audientz vor sich liegen haben. und nachsehen. ob auch die Relationes in der gesetzten Zeit verfertiget. und die Urthel publiciret werden. und sodann die Sache durchstreichen; Widrigenfalls aber sich nach der Ursache der Verzögerung erkundigen. und die Säumige zu ihrer Schuldigkeit anhalten.
§. 13. Er muß sich alle Monath die neue eingelaufene Processe. so weit dieselbe noch nicht abgethan seyn. vorlegen lassen. Eine jede Sache besonders nachsehen. und examiniren. ob der Process von denen Advocaten von Anfang recht instruiret worden-ob. und von wem. die Sache verschleppt werde-ob die Sache. insonderheit wann sie eine Kleinigkeit betrift. nicht zu vergleichen sey: (et)c. Er muß dem Befinden nach denen Advocaten und Decernenten. wenn sie etwas versehen haben. solches ex officio anzeigen. und die erstere anweisen. wie sie die Sache beschleunigen. und zum Ende bringen sollen.
§. 14. Er muß vor allen Dingen auf die Depositen-Casse ein wachsames Auge haben. alle Monath dieselbe durch ein paar Räthe visitiren. und darüber ein Protocoll halten lassen. auch nach Anleitung der Constitution von denen Depositis. vor deren Sicherheit sorgen.
§. 15. Der erste Präsident muß weiter davor sorgen. daß die Protonotarii und Secretarii die Sachen denselben oder des andern Tages expediren. und dem decernirenden Rath zur Revision zufertigen. den Aushang der expedirten
(17) Erster Theil. Tit. III.
Sachen richtig verfertigen. und die Insinuationes nicht aufgehalten werden.
Er muß auch die Anstalt machen. daß die einlaufende Memorialien ihm von dem Registratore desselben Tages. nebst denen Distributions-Büchern vorgelegt werden-damit er die eingelaufene Supplicata. und geschlossene Acta ohne Aufenthalt distribuiren könne.
Bey der Distribution muß der erste Präsident einen vor dem andern nicht praegraviren. und wann er wegen besonderer Umstände die Ordnung ändern muß. so ist er schuldig dahin zu sehen. daß bey der folgenden Distribution demjenigen. welcher übergangen worden. eine andere Sache an deren Stelle zugeschrieben werde.
§. 16. Es muß der erste Präsident auch hauptsächlich auf die Advocaten genaue Achtung geben. daß sie in gehörigen Schrancken gehalten werden. und von ihnen dasjenige. worzu Wir die Advocaten unten Tit. 14 §. 1. seq. angewiesen. genau beobachtet. dieselbe auch. wenn sie dagegen handeln. mit denen darauf gesetzten kleinen Strafen belegt werden. allermassen der Präsident davor stehen soll.
Im Fall einer oder der andere von denen Advocaten die ihm vorgeschriebene Pflicht nicht beobachtet. soll der Präsident solches im Collegio vortragen. da dann. wann das Collegium davon berichtet. der Advocat sofort. ohne weitere Untersuchung der Ursache. dimittiret werden soll.
§. 17. Die Advocaten müssen alle Jahr dem ersten Präsidenten eine Tabelle von ihren Processen. und wie weit solche gekommen. einliefern.
§. 18. Es muß auch der erste Präsident der Chicane derer fiscalischen Bedienten Einhalt thun. und dahin sehen. daß sie Unserer Ordnung wegen der Fiscale und derer fiscalischen Processe. überall nachleben.
Er muß auch den Advocatum Fisci anhalten. daß er alle Monath die eingelaufene Listen derer fiscalischen Processe ihm zustellen müsse-Diese Listen muß der Präsident sorgfältig
(18) Erster Theil. Tit. III.
examiniren. und nachsehen. ob nach der Criminal-Ordnung in denen specificirten Sachen verfahren sey.
Im Fall einer oder der ander sein Amt nicht thut. muß der Präsident davon berichten. da dann der säumige Fiscalis gleichfalls dimittiret werden soll.
§. 19. Die Präsidenten müssen auch auf die Unter-Gerichte fleißig Achtung geben. und sich erkundigen. ob die Justitz daselbst kurtz und gut. und ohne grosse Kosten administriret werde. Gestalten die Räthe. wann Sachen per appellationem von denen Unter-Gerichten an das Cammer-Gericht gelangen. bey ihren Relationen solches jederzeit genau anmercken. und dem Präsidenten anzeigen müssen. ob in dem modo procedendi eine Irregularität sich herfür thue; da dann durch ein besonderes Rescript der Unter-Richter zu mehrerer Regularität angewiesen. und nach Befinden gestraft werden soll.
§. 20. Alles was zu Beförderung der Justitz gereichen kan. müssen Unsere Präsidenten bey allen Audientzen fleißig anmercken. insonderheit die Missbräuche. welche bey denen Processen einschleichen. oder welche ihnen von denen Räthen und Subalternen angezeigt werden. notiren. und die Remedur besorgen; allenfalls aber. und wenn sie nicht remediren können. und wann eine Aenderung in einem und andern Punct zu machen. mit dem Collegio solches überlegen. und davon berichten.
§. 21. Es müssen also die Präsidenten in genere Recht und Gerechtigkeit handhaben. alle Passionen und Neben-Absichten bey Seite setzen. den Armen sowohl als denen Reichen. ohne Ansehen des Standes. insonderheit aber gegen die Membra Collegii. prompte Justitz administriren. auch vor Gift und Gaben sich hüten-weshalb dieselbe auf dasjenige. was oben in Tit. 1. §. 18. & seq. versehen ist. verwiesen werden.
§. 22. Weil auch einige Tabellen zu gewissen Zeiten nach der bisherigen Gewohnheit zu verschiedenen Zeiten eingeschickt werden müssen. so muß der Präsident davor sorgen.
(19) Erster Theil. Tit. III.
I. Daß alle Jahr im Januario Uns zugefertiget werden
1) Die gewöhnliche Process-Tabellen.
2) Die Tabelle von denen Depositen.
3) Die Tabelle von denen Getauften und Gestorbenen. Und um Trinitatis
4) Die Liste betreffend die Straf-Gelder.
II.. Alle Quartal
1) Die Liste der abgethanen und verglichenen Processe, wie viel noch vorhanden, und von welchem Jahr, auch wer die Advocaten seyn.
Die Criminal- und Fiscalische Tabellen
Und III. Alle Monath
1)Eine Tabelle von denen in denen Audientz-Tagen erschienenen und abwesenden Räthen.Von denen neu eingelauffenen Processen.
§. 23. Schließlich muß der Präsident bey Antretung seines Amts sich mit nachfolgenden Eyd verbindlich machen
Ich N. N. gelobe und schwere dem Allerdurchlauchtigsten. Großmächtigsten König und Herrn. Herrn Friderich König in Preussen. Marggrafen zu Brandenburg. Obersten Hertzog in Schlesien (et)c. (et)c. Meinem allergnädigsten Könige und Herrn (et)c. Nachdem Seine Königl. Majestät mich zum Präsidenten des Cammer-Gerichts allergnädigst bestellet und angenommen. daß Sr. Königl. Majestät ich will getreu. gehorsam und gewärtig seyn. Dero Bestes wissen und fördern. Schaden und Nachtheil aber nach Vermögen warnen und abwenden; so will ich auch Meinem Präsidenten-Amt Inhalts der neuca Process-Ordnung getreulich und redlich vorstehen. nach gemeinen beschriebenen Rechten. ehrbaren und guten Ordnungen. Begnadungen. Statuten und Gewohnheiten. sofern dieselbe vorkommen und beglaubet werden. meinem besten Verstande nach. männiglichen hohen und niedrigen Standes. ohne Ansehen der Personen. gerne hören. gleich urtheilen,
(20) Erster Theil. Tit. III. IV.
mich weder Furcht, Dräuung, Gewalt, Befehl, eigene Geschäfte. Liebe. Neid. Freund- oder Feindschaft. Gabe oder andere Sachen. in was Nahmen es immer geschehen möchte. nicht bewegen lassen. auch mit niemanden einigerley Anhang im Urtheilen suchen noch machen. von Partheyen. so für Gericht zu handeln oder zu thun haben. oder andern ihrentwegen kein Geschenck. Gabe. Nutzung. durch mich selbst oder andere nehmen. oder in meinem Nahmen nehmen lassen. keiner Parthey rathen oder Warnung thun. die Heimlichkeiten der Rathschläge und Gerichts den Partheyen oder andern. für oder nach der Urthel nicht eröffnen. die Sachen und Urthel böser Meynung nicht verziehen. sonsten auch auf die Mängel bey dem Gerichte fleißige Aufmerckung haben. dieselbe abschaffen. die zum Gerichte und in der Cantzley verordnete Personen zu fleißiger Abwartung ihres Amts fleißig ermahnen. und anhalten. das Siegel. so Seine Königliche Majestät mir anvertrauen. in guter Verwahrung halten. und davor sorgen wolle. daß alle Processe in einem Jahr. so viel es nach menschlichem Vermögen geschehen kan. zum Ende gebracht werden; daß ich auch sonsten alles thun und verrichten will. was einem aufrichtigen getreuen Cammer-Gerichts-Präsidenten gebühret und wohl anstehet; alles getreulich und sonder Gefährde. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum (et)c..
Tit. IV.
Von dem Amt des zweyten Präsidenten.
§. 1.
Der zweyte Präsident führet das Praesidium in dem zweyten Senat. und. wann der erste Präsident abwesend ist. oder sonst verhindert wird. auch in dem ersten Senat.
(21). Erster Theil. Tit. IV.
§. 2. Er muß des
Morgens um 8 Uhr auf dem Cammer-Gericht sich einfinden, und ohne Unsere eigenhändige
Permission nicht verreisen.
§. 3. Dieser
zweyte Präsident muß auch die ihm von dem ersten Präsidenten zugeschriebene
Memorialien und Relationes, gleich denen Räthen, mit übernehmen.
§. 4. Wann die
schriflichen Memoralien in pleno vorgetragen worden, muß sich der zweyte
Präsident nebst seinem Senat in die Neben-Stube verfügen, da dann die in
der vorigen
Audientz vorgekommene Sachen referirt, die Bescheide verfertiget, die
schrifftliche Relationes verlesen: und die fertige Urthel publicirt werden.
§. 5. Wann die
Advocaten mit dem Constitutioniren bey dem ersten Senat fertig, und sich zum
mündlichen Vortrag melden, muß der zweyte Präsident dieselbe sofort admittiren,
und die Partheyen ad Protocollum verfahren lassen, wie solches unten P. T. §.
vorgeschrieben ist.
§. 6. Es muß
auch der zweyte Präsident Achtung geben, daß die Räthe seines Senats die ihnen
distribuirte Acta zu rechter Zeit referiren, solche mit behörigem Fleiß
ausarbeiten, und daß dieselbe, so bald sie fertig, publicirt werden.
§7. Damit aber
der Präsident wissen möge, was für Sachen dem zweyten Senat distribuiret
worden, und das der Achtung geben könne, daß die Urthel zu gehöriger Zeit
referirt werden, so soll ihm alle Woche eine Specification sothaner
distribuirten Sachen, und verordneten referenten, von dem Registratore
verschlossen zugesandt werden.
§. 8. Der zweyte
Präsident muß bey seiner Reception eben den Eyd abschweren, welcher dem ersten
Präsidenten Tit. praec. §. fin. vorgeschrieben worden.
(22) Erster Theil. Tit V. VI.
Tit. V.
Von dem Amt des
Directoris bey dem dritten Senat.
§. 1.
Weil in dem
dritten Senat alle Criminal- Bagatel- und zum Hoff-Gericht gehörige Sachen,
tractirt werden, so muß der Director bey diesem Senat alles beobachten, was dem
ersten Präsidenten vorgeschrieben worden.
§. 2. Er
distribuirt auch die einlauffende Memorialien, wie auch die in prima instantia
geschlossene Acta unter die Räthe, welche auf dasjenige was Tit. seq. wegen der
Räthe verordnet ist, verwiesen werden.
§. 3. Von diesem
Senat gehen die Remedia an den zweyten Senat; worvon unten weiter gehandelt
werden soll.
Tit. VI.
Von dem Amt
derer Cammer-GerichtsRäthe.
§. 1. Unsere CammerGerichtsRäthe sollen des Morgens praecise um 8 Uhr auf dem KammerGericht erscheinen, oder 8 Gr. in die ArmenBüchse erlegen, zu welchem Ende die Sessions-Listen monathlich eingeschickt werden sollen. Sie müssen auch bis zum Ende in der Audientz bleiben, und währender Session nicht ohne wichtige Ursachen aus der Audientz-Stube gehen, noch sich mit denen Advocaten oder anderen bereden.
Wann sie wegen
Kranckheit nothwendiger Weise, oder anderer erheblichen Ursachen nicht
erscheinen können, müssen sie die Ursache dem Präsidenten schriftlich anzeigen,
und an Eydes statt solche den gleicher Strafe bekräftigen.
(23) Erster Theil. Tit. VI.
Wann sie aus
unseren Residentzien verreisen wollen, müssen dieselbe
Unsere eigenhändige Permission darüber einholen. In denen Ferien aber können
sie solche von Unserem Geheimten Etats-Rath fodern. In beyden Fällen aber müssen
sie niemahls verreisen, ehe und bevor sie alle Sachen ausgearbeitet, und die
bey sich habende Acta von siche gegeben haben.
§. 2. Die
Memorialien, welche ihnen distribuiret werden, müssen die Räthe mit Bedacht zu
Hause lesen, mit denen Acten (welche zu dem Ende jederzeit beygefüget werden)
conferiren, die Contenta auf einem besonderen Zettel extrahiren, das Decret
darunter schreiben, und des anderen Tages in pleno daraus vortragen, die
Supplicanten auf alle und jede Puncte klar und deutlich bescheiden, auch, wann
sie nach dem angeführten Umständen etwas unrecht bitten, dieselbe was sie thun
sollen anweisen, und wann wider die Acta und Jura geschrieben wird, die
Partheyen und den Advocaten mit Gelde, oder Gefängniß bestrafen.
§. 3.
Insonderheit müssen die Räthe auf die libellos actionum genau Achtung geben, ob
die Sache nach der denen Advocaten gethanen Vorschrift instruiret, die
Vollmacht besorget, die Documenta beygeleget, und die Conclusion auf die
Praemissa recht eingerichtet seyn: Wann solches nicht geschehen, müssen sie den
Libellum mit der gewöhnlichen Bestrafung zurück geben, und den Kläger, wie er
allenfalls seine Aktion anstellen müsse, anweisen.
§. 4. Auf
diejenige Memoralien, worinn die Fiscaele anfragen, ob eine General- oder
Special- Inquisition anzustellen, müssen die Räthe mit besonderer Behutsamkeit
die Resolutiones abfassen, die Qualitatem denunciationis, und die darin
enthaltenen Indicia, genau und gewissenhaftig examiniren, und sich überall nach
dem fiscalischen Reglement (vid. Tit. 13. §. 1. seq.) achten.
§. 5. Wann
Remedia von denen Unter-Gerichts-Bescheiden gesucht werden, muß der Decernente
nicht sofort
(24) Erster Theil. Tit. VI.
ein Communicetur darauf verordnen, oder die Justification abwarten; sondern, wann nach dieser Ordnung die Remedia nicht statt finden, den Provocanten schlechterdings abweisen, und den Advocaten in 10. bis 20. Rthlr Strafe condemniren.
Wie dann auch, wann die Sache sich zu denen Remediis nur ad effectum devolutivum qualificirt, dem Unterrichter, welcher die Execution fortzusetzen gehalten ist, kein Einhalt geschehen muß.
Gleiche
Bewandniß hat es mit denen Appellationen, welche an das Tribunal gelangen:
dergestalt, daß wann jemand in verbothenen Fällen, oder welche keinen Effectum
devolutivum haben, appellirt, das Collegium non attenta appellatione mit der
Execution verfahren, jedoch sofort dem Tribunal die Ursache anzeigen soll.
§. 6. Wann aus denen Memorialien sich hervorthut, daß der Gegentheil dagegen gehöret werden muß, und die Umstände so beschaffen, daß bey einem anzusetzenden Verhör die Sache, als zu weitläufig, loco oralis oder zum schriftlichen Verfahren verwiesen werden dürfte, so soll der Decernente zu Ersparung der Zeit keinen Terminum ansetzen, sondern sofort, nach Beschaffenheit der Sachen, dieselbe loco oralis von 3. zu 3. oder von 8. zu 8. (et)c. Tagen, oder zum schriftlichen Verfahren von 3. zu 3 Wochen verweisen, und zwar mit der Formul:
Communicetur dem
Gegentheil, cum mandato wie gebethen, eventualiter aber seine Exceptiones
binnen 3. 8. oder 14 Tagen (et)c. a die insinuationis einzubringen, und haben
alsdann beyde Theile binnen gleicher Zeit zu schliessen.
§. 7. Bey dem
Constitutioniren, oder mündlichen Vorträgen derer zur Instruction des Process
gehörigen Memorialien, müssen die Räthe auf den Vortrag der Advocaten genau
Achtung geben, auch so viel nöthig davon annotiren, daß die Decerta legaliter
darauf verfertiget werden. Vid. Part. II. Tit. 3. §. 1. seq. p. 71
(25) Erster Theil. Tit. VI.
§. 8. Wann die von denen Advocaten geschehene mündliche Propsition alterioris indaginis ist, und eine nähere Untersuchung bedarf, und daher auf Verhör provocirt wird, oder dergleichen ex officio zu veranlassen nöthig ist; So soll (wie vorhin bey denen schriftlichen Decretis versehen) entweder per decretum ein kurtzer Terminus angesetzt, oder, wann sie weitläuftig zu seyn scheinet, loco oralis verwiesen werden, und zwar mit diesem Formular:
Weil die Sache
eine nähere Untersuchung bedarf, wird dieselbe loco oralis von 3. zu 3. Tagen
(et)c. verwiesen.
§. 9.
Hauptsächlich aber müssen bey denen mündlichen Verhören die Räthe desjenigen
Senats, wohin die Sache gehöret, das Protocoll mitführen, auch keine allotria
tractiren, noch andere Sachen lesen; vielweniger aufstehen, herumgehen, oder
mit denen Advocaten und andern sich unterreden.
§. 10. Die Räthe sollen in ihren Votis nicht nach ihrem, vielleicht irrigen, Gewissen und Gutdüncken, sondern auf des Landes Rechte, Constitution, Abschiede, Mandat, Land- und Religions-Frieden und Unsern LandesOrdnungen, LandtagsAbschiede, ehrbare Statuta und Gewohnheiten, auch gemeine und sonderbare Unserer Vorfahren und unsere gegebene Privilegia und Begnadigungen, die für sie gebracht werden, vermöge und nach Weisung ihres Eydes (et)c. Urthel und Bescheide aussprechen, und sollen weder Furcht noch Dräuen, Gewalt, Befehl, Geschäfte oder andere Sachen, von wem und in was Nahmen solches immer geschehen möchte, sich davon verhindern lassen, sondern jedermänniglich, wes Standes oder Condition er sey, Armen und Reichen, ohne Neben-Absichten, nach Eyd und Pflicht gleichmäßiges Recht wiederfahren lassen.
Im Fall einer
von den Räthen in Abfassung der Urthel sich nicht nach denen vorgeschriebenen
Rechten achten, sondern sich öffentlich in seinen Votis der Singularität oder
Eigensinnigkeit gefährlicher Weise und pertinaciter befleissen,
(26) Erster Theil. Tit. VI.
seine Meynung contra majora quovis modo zu behaupten und durchzutreiben suchen, auch Vota zu captiren oder zu erlangen extra judicium sich bemühen, oder auch sonst seinem Amt dieser Unserer Ordnung gemäß nicht genung thun würde, denselben wollen Wir bey Unserem CammerGericht nicht dulden, sondern davon abweisen.
Wann bey dem
Constitutioniren, Vehören oder schriftlichen Relationen jemanden eine Strafe
dictirt wird, muß derjenige, welchem das Strafbuch aufgetragen wird, solche
sofort in das Strafbuch eintragen, auch wann sie wieder aufgehoben oder
remittirt wird, solches dabey notiren.
§. 11. Damit
auch die wenige Räthe nicht mögen abgehalten werden, alle ihre Application auf
die Administration der Justitz zu wenden, so wollen Wir sie mit allen
Commissionen, welche nicht loco judicii expediret werden können, verschonen,
imgleichen dieselbe mit keinen Vormundschaften, Curateln, Beyständen
Unmündiger, Witwen und anderer Personen beladen: Wie Sie sich auch von selbst
davon entschlagen müssen, es wäre denn, daß sie vermöge der Rechte angebohrener
Verwandschaft halber, sich damit zu beladen schuldig.
§. 12. Welcher
Rath einer Parthen mit Bluts-Freundschaft oder Schwägerschaft in quarto gradu,
secundum computationem civilem, zugethan, oder wegen eines bey der Sache
habenden Interesse, z. B daß er sein Mitbelehnter wäre, oder seine nächste
Anverwandten eine gleiche Sache hätten, daß er eventualiter die Eviction
praestiren müste, oder wann er mit der Parthey in öffentlicher Feindschaft
stünde (et)c. muß sich von selbsten bescheiden, daß er sich seines Voti
enthalten, und wann die Sache vorgetragen wird, einen Abtritt nehmen müsse.
Dahero denen Parthen und denen Sachwaltern frey stehet bey Zeiten und in
Geheim, dem Präsidenten mit Benennung der Ursache solches anzuzeigen, welcher
den Rath anweisen soll sich des Voti zu enthalten.
(27) Erster Theil. Tit. VI.
Wann aber der Rath causam recusationis läugnen solte, muß der Präsident die Sache näher untersuchen, und dieselbe allenfalls an das Collegium bringen, welches causas recusationis summarie und in einem praeclusivischen Termino hören, auch den Recusanten, wann das Collegium causas recusationis nicht gegründet finden sollte, nachdrücklich bestrafen muß, wogegen kein Remedium verstattet werden kan.
Es soll aber
unter die Causas recusationis die blosse Oblatio ad juramentum
perhorrescentiae, oder der Vorwand, daß der Rath ihm vorher nicht nach Gefallen
decretiret oder Bescheid ertheilet habe, nicht gerechnet werden.
§. 13. Damit auch allerley Nachrede und erdacht vermieden werden möge, so sollen die Räthe, und andere Verwandte des Gerichts, mit denen Partheyen und Advocaten keine tägliche und verdächtige Gemeinschaft und Familiarität haben; noch sich mit ihnen von rechtshängigen Sachen in Disputation und Rede einlassen, oder von ihnen einige Privat-Information einziehen: auch niemanden, der rechtshängige Sachen hat, in Dienste nehmen.
Es soll auch keinem
Rath erlaubt seyn wann von einem Urthel appellirt wird, bey der höhern Instantz
die Schriften zu verfertigen, weil er dadurch leicht zu einer in priori
instantia vorgegangen Corruption Anlaß geben könte.
§. 14. Die Räthe müssen sich in allen Sachen, welche zu des Cammer-Gerichts Cognition gehören, bey Strafe der Cassation, alles Advocirens und Consulirens enthalten, es wäre dann, daß die Sache sie selbst, oder diejenige, die ihnen mit Bluts-Freundschaft und Schwägerschaft in dem vorhin angesetzten Grad zugethan seyn, angehe, welchenfalls ihnen unverbothen ist, denenselben mit Rath an die Hand zu gehen.
Jedoch daß sie
sich alsdann und in solchen Fällen aller Function und Verrichtung in judicio
enthalten.
(28) Erster Theil. Tit. VI.
§. 15. Die Räthe
und alle andere Gerichts-Personen sollen alles, so im Rath gehandelt, votirt,
und beschlossen wird, und zu jemanden Praejustitz gereichet, bis in ihr Grab
geheim und verschwiegen halten: Und wann jemand überführet würde, daß er, was
einer oder der andere votiret hat, offenbaret hätte, (worüber derjenige, der
einige Nachricht davon erhalten und sich dessen geäussert, eydlich vernommen
werden soll) so muß der Präsident solches immediate an Uns berichten, und
darüber Verhaltungs-Befehle erwarten.
§. 16. Desgleichen sollen sie die Acta und die gerichtliche Händel, so ihnen zu referiren gegeben worden, für ihre Frauen, Diener und Haus-Gesinde nicht liegen lassen, sondern in geheimen Acht- und Verwahrung halten, damit niemand dazu komme, und die Partheyen und Advocaten, wer die Referenten seyn, oder wie das Urthel lauten werde, vor Eröfnung desselben eine Erfahrung und Wissenschaft erlangen mögen.
Sie sollen auch keine Acta über Feld nehmen, wann sie verreisen, sondern dem Registratori alle bey sich habende Acta vermittelst einer Specification bey 5 Rthlr. Strafe einliefern.
Wie dann auch
niemand Acta ad referendum ohne vorhergehende Distribution an sich nehmen, auch
diejenige, die ihm einmahl distribuiret worden, ehe er sie referiret, nicht
wieder weggeben muß.
§. 17. Wann eine Sache, welche zum ordentlichen Schrift-Wechsel verwiesen worden, distribuiret wird, muß der Referent binnen 14 Tagen solche endigen; oder vor jeden Tag 1 Fl. in die Sportul-Casse erlegen; Er wäre dann, daß die Sache ehr weitläuftig und wichtig wäre, auf welchem Fall der Präsident ihm noch 8 Tage Dilation geben kann.
Im Fall die Räthe durch rechtmäßige Vorfälle abgehalten würden, die Relation in der gesetzten Zeit zu verfertigen, müssen sie sofort die Ursachen dem Präsident anzeigen
(29) ErsterTheil. Tit. VI.
und solche an Eydes statt bekräftigen, da ihnen alsdann noch einige Tage verstattet werden sollen.
Wann aber die Verhinderung lang währen solte, muß der Präsident einem von denen Referendariis die Relation zu verfertigen anbefehlen, demselben aber, wann kein Correferent bennenet ist, einen anderen Rath beyfügen.
Die ihnen zugetheilte Acta müssen die Räthe mit Fleiß verlesen, die Acta keinem anderen Assessori, vielweniger einem Fremden zu Verfertigung der Relation hingeben, oder deren Bedencken erfordern.
Diejenige Sachen, welche loco oralis verwiesen seyn, müssen nach geschehener Distribution binnen 8 Tagen sub eadem poena expediret, und das Urthel verfertiget werden.
Mit dem Modo referendi muß es auf die Weise, wie unten Part. II. Tit. 6. §. 6. vorgeschrieben ist, verfahren werden.
So bald die
schriftliche Relationes fertig seyn, muß der Rath solche dem Präsidenten
zuschicken, um das Praesentatum darauf zu setzen.
§. 18. Die Bescheide und Urthel müssen die Räthe über alle und jede streitige Puncten klar und deutlich abfassen, damit denen Partheyen alle Gelegenheit benommen werde, Declarationem sententiae zu suchen, anbey die Rationes decidendi denselben jederzeit inseriren. Wann aber die Sache zum ordentlichen Schrift-Wechsel verwiesen worden, müssen die Rationes decidendi auf einem besondern Bogen beygefüget, und, im Fall auf einen Eyd erkannt würde, die Formula juramenti jederzeit der Sententz mit inseriret werden.
§. 19. Wann aus
denen Acten referiret wird, müssen die übrigen Räthe fleißig zuhören, keine
andere Sachen vornehmen, das Factum und die Haupt-Rationes dubitandi &
decidendi notiren, damit sie auf ihren geleisteten Eyd ihr Votum mit reinem
Gewissen ertheilen können; Und muß der Praeses Senatus hauptsächlich darauf
Achtung geben.
(30) Erster Theil. Tit. VI.
§. 20. Wann eine Sache zum Votiren herum gehet, muß kein Rath dieselbe über 3 Tage bey sich behalten, oder vor jeden Tag 1 Flr. in die Sportul-Casse erlegen; auch zu dem Ende den Tag, wann er Acta erhalten, und wann er sie wieder weggeschicket, auf das Votum notiren.
§. 21. Die Räthe müssen sich hüten, daß sie Unsere Unterthanen nicht mit unnöthigen Processen fatigiren, oder ihre Creditores und andere Kläger mit ungegründeten Exceptionibus, Incident-Puncten und Chicanen aufhalten: Weil Wir denenjenigen, welche gesetzt seyn andern Recht zu schaffen, die Chicane zu coupiren, und die Processe zu beschleunigen, nimmermehr verstatten werden in ihren eigenen Sachen (wie bisher geschehen) auf eine unerlaubte Art den Gegentheil herum zuführen, sondern, wann Wir Nachricht davon erhalten, sollen dieselbe sofort ihrer Dienste erlassen, und der Präsident, daß er denenselben keinen Einhalt gethan, zur Verantwortung gezogen werden.
Damit aber denen
Räthen alle Gelegenheiten zu Chicaniren um desto mehr benommen werden, so
stehet einer jeden Parthey frey in dergleichen Sachen die Klage bey Unserm
Geheimen Justitz-Rath einzubringen, oder, wann Sie Beklagte ist, um Remission
der Klage dahin zu bitten.
§. 22. Wann es
aber mit einem Rath (die Präsidenten [et]c. eingeschlossen) dahin kommt, daß er
von vielen Schuldnern belanget wird, und derselbe ein Moratorium suchet, oder
die Sache sich zum Concurs anlässet, soll es sofort an Uns berichtet, und er
dem Befinden nach seines Amtes erlassen werden, weil es so bedencklich als
gefährlich ist, dergleichen Leuten die Justitz in Händen zu lassen.
§. 23. Wann ein
Rath wahrnimmt, daß ein Process in Confusion oder zur Weitläuftigkeit gerathen
möchte, stehet ihm frey die Advocaten oder die Partheyen selbst vorzufordern,
denenselben die unvermeidlichen Suiten und Kosten des Processes vorzustellen,
sie zur Güte oder wenigstens zum Compromis zu bewegen, allenfalls dieselbe
(31) Erster Theil. Tit. VI.
anzumahnen, daß sie die Incident-Puncte coupiren, und die Sache so viel möglich ad definitivam instruiren sollen.
§24. Die Räthe müssen auf die Unter-Gerichte fleissig Acht haben, und sorgen, daß die Justitz bey denenselben kurtz und ohne grosse Kosten administriret werde. Zu welchem Ende die Räthe bey denen einlaufenden Actis primae instantiae die Mängel anmercken, und wann die Sache daselbst ohne Noth weitläuftig gemacht oder verschleppet worden, die Advocaten und Richter zu besserer Beobachtung ihrer Pflicht anhalten, auch dem Befinden nach mit einer Strafe belegen müssen.
Wann von denen Unter-Gerichten Berichte erfodert werden, müssen die Räthe solche mit Bedacht durchlesen, sich nicht zu viel darauf verlassen, sondern dieselbe mit denen Beschwerden conferiren, und ob diese genugsam elidirt seyn, nach Eyd und Pflicht examiniren, zugleich auch die Kläger cum rationibus bescheiden.
Im Fall auch sonst Klagen gegen die Unter-Gerichte wegen protrahirter oder denegirter Justitz, oder wegen übermäßiger Sportuln geführt werden solten, müssen die Räthe, wann sie es nöthig finden, und die Sache von einiger Wichtigkeit ist, Acta abfodern, solche nachsehen, und entweder den Richter, wann er schuldig, oder den muthwilligen Kläger, wann er zur Ungebühr geklagt, bestrafen.
§25. Weil die Sportuln, welche bishero die Präsidenten, Räthe, und Subalternen bey denen hiesigen Justitz-Collegiis genossen, billig unter die hauptsachliche Ursachen der verfallenen Justitz gerechnet werden können; so finden Wir nöthig, dieselbe alle aufzuheben, und eine besondere Casse zu errichten, worein alle Sportuln, sie mögen Nahmen haben wie so wollen, (als Siegel-Groschen, Succumbentz-Gelder, Urthels- Confirmations- Concessions- Dispensations- Commissions Gebühren, item Arrhae, und was bey Versiegelung, Inventirung, Ueberreichung der Testamenter, Abhörung der Zeugen (et)c. gegeben wird, und alle Expeditions-Gebühren, wie sie in der Sportul-Ordnung
(32) Erster Theil. Tit.VI.
enthalten, kleine Strafen [et]c.) eingebracht werden sollen, weil Wir Unsern Bedienten zulängliche Besoldungen reichen lassen.
Die Copialien müssen nicht mit in den Kasten geleget, sondern denen Cantzellisten bey der Einlieferung der Gelder zugestellet, und die Gebühren von der Rechnung abgeschrieben werden.
Denen fremden Partheyen kan dieses nicht zu statten kommen, sondern dieselbe müssen, ehe von ihnen eine Klage angenommen wird, einen tüchtigen Caventen schaffen, welcher vor die Cantzley-Gebühren stehen muß, und von welchem der Land-Reuter, wann er auf erhaltene Nachricht binnen 14 Tagen die Gebühren nicht bezahlet, dieselbe abfordern kan.
Wann der Advocat sich selbst zum Caventen angiebt, soll er zwar angenommen werden, er muß aber weder Pfand noch baares Geld zur Caution dafür nehmen.
Es stehet auch der fremden Parthey frey eine gewisse Summe, (welche sich aber niemahlen über 20 Rthlr. belaufen soll,) zu deponiren, wovon die Sportuln alle Monath genommen werden können; worüber Rechnung geführet, und das Residuum bey Strafe doppelter Erstattung dem Fremden ohne die geringste Chicane restituiret werden soll.
§26. Schließlich müssen sich die Cammer-Gerichts-Räthe bey Antretung ihres Amts mit folgendem Eyd verbindlich machen:
Ich N. N. gelobe und schwere dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten König und Herrn, Herrn Friderich, Könige in Preussen, Marggrafen zu Brandenburg, Obersten Herzog in Schlesien (et)c (et)c. meinem allergnädigsten Könige und Herrn (et)c. Nachdem Se. Königl. Majestät mich zu Dero Cammer-Gerichts-Rath bestellet und angenommen, daß höchstgemeldter Sr. Königl. Majestät will ich getreu, hold und gewärtig seyn, Dero Bestes und Frommen in allen befördern, Schaden und Nachtheil aber warnen,
(33) Erster Theil. Tit. VI.
und nach meinem besten Vermögen abwenden, den gerichtlichen Audientzien beywohnen, wann es die Noth erfordert, und von dem Cammer-Gericht begehret wird, in der Raths-Stube aufwarten, Acta, Supplicationes, und was mir sonsten unter die Hand gegeben, oder vom Präsidenten aufgetragen wird, mit Fleiß lesen, extrahiren, getreulich referiren, dabey alleine Gott, die Gerechtigkeit und Billigkeit für Augen haben, nach denen beschriebenen Rechten, ehrbaren und guten Ordnungen, Begnadigungen, Statuten und Gewohnheiten, sofern dieselben fürkommen und begläubigt werden, meinem besten Verstande nach, männiglichen hohes und niedriges Standes gleich urtheilen, mich weder Furcht, Dräuung, Neid, Gabe, Freundschaft oder andere Sachen, in was Nahmen das immer geschehen möchte, nicht bewegen lassen, auch mit niemand keinerley Anfang oder Beyfall in Urtheilen suchen noch machen, von den Partheyen, so für mir zu Rechten oder zu handeln haben, oder von ihrentwegen keine Geschencke, Gabe, oder Nutzung durch mich selbst oder andere nehmen, oder in meinen Nutz nehmen lassen, unter was Gestalt oder Schein das geschehen möchte: keiner Parthey rathen oder Warnung thun, die Heimlichkeiten oder Rathschläge des Gerichts den Partheyen oder andern, für oder nach dem Urthel aus Vorsatz nicht verzögern, und was mir sonsten von Sr. Königl. Majestät wegen, von denen verordneten Präsidenten und Directoren anbefohlen und committiret wird, mit getreuem Fleiß verrichten, auch dahin mit sehen wolle, dass alle Processe in einem Jahr, so viel es nach menschlichem Vermögen geschehen kan, zum Ende gebracht werden; und sonsten alles das thun, was einem getreuen Cammer-Gerichts-Rath Inhalt der Ordnung oblieget und gebühret, auch sonsten wohl anstehet: alles getreulich und sonder Gefährde. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum (et) c.
(34) Erster Theil. Tit. VII.
Tit. VII.
Vom Amte derer Referendarien und Auscultatoren.
§. 1.
Wir haben nöthig gefunden, wegen der jetzo geringen Zahl der Räthe bey einem jeden Senat zwey Referendarios, halb adelichen halb bürgerlichen Standes zu setzen. (Vid. Tit. I. §. 3)
§. 2. Diese Referendarien sollen bey dem Constitutioniren und denen Verhören die Protocolla führen, und die Decreta darunter schreiben, wovon das eine denen Acten beygelegt werden soll.
Und stehet es lediglich bey dem Präsidenten, wem er dieses aufzutragen gut findet; allermassen derjenige, welcher sich hierunter unwillig erweiset, sofort dimittiret werden soll.
§. 3. Wann die Menge der geschlossenen Sachen zu groß ist, oder einer von denen Referenten durch Kranckheit, oder Abwesenheit, verhindert wird, seine Relation ex actis zu verfertigen, so stehet dem Präsidenten frey die Referendarios mit zur Arbeit zu ziehen, auch die Memorialien denenselben zum Vortrag zuzuschreiben.
§. 4. Weil die Cammer-Gerichts-Räthe mit auswärtigen Commissionen nicht beladen werden sollen, so müssen diese Referendarii (wann in der Nähe des Orts keine Rechtserfahrne Land-Räthe, Bürgermeister, Syndici &c. fürhanden, als welche zu Ersparung der Kosten für andern dazu zu adhibiren seyn) dazu gebraucht werden.
§. 5. Es sollen diese Referendarii kein Votum, auch keinen Carakter noch Rang eines Cammer-Gerichts-Raths (wann sie solche nicht vorher gehabt, oder besonders erhalten) haben. Jedoch soll ihnen der Rang für allen Subalternen verstattet seyn.
(35) Erster Theil. Tit. VII. VIII.
§. 6. Ausser diesen Referendariis haben Wir auch nöthig gefunden, bey einem jeden Senat zwey Auscultatores, halb adelichen halb bürgerlichen Standes, ohne Titul und Rang zu bestellen, welche sich zur künftigen Beförderung qualificiren, und nebst der Theorie auch die Praxin zu lernen suchen müssen: Welche der Präsident auch bey dem Protocolliren oder Eintragung derer Urthel gebrauchen kan.
§. 7. Wann diese Auscultatores sich eine Zeitlang geübet, und das Collegium von deren Capacität versichert ist, stehet dem Präsidenten frey, dieselbe bey geringeren Sachen und Commissionen, auch bey Distribution der Memorialien mit zu gebrauchen.
§. 8. Beyde sowohl die Referendarii als Auscultatores, müssen an Eydes statt versprechen, verschwiegen zu seyn, und in denen ihnen aufgetragenen Sachen nach denen Rechten, und dieser Ordnung, zu handeln und zu verfahren.
Tit. VIII
Von dem Amt derer Protonotarien und Secretarien.
§. 1.
Die Protonotarii und Secretarii müssen alle Morgen um 8 Uhr, bey 1 Fl. Strafe auf dem Cammer-Gericht sich einfinden, und ohne Erlaubniß nicht davon gehen, auch nach geendigter Audientz sich jederzeit in die Verhör-Stube verfügen, und nachsehen, ob noch einige decretirte Sachen vorhanden seyn.
§. 2. Sie müssen was auf die Memorialien decretiret worden, ungesäumt extendiren, sich nach dem Decret richten, darinn aus Gunst oder Mißgunst nicht zu weit gehen, nichts auslassen, auch von dem Ihrigen nichts hinzuthun, die Memorialien mit Fleiß lesen, die Contonta recht erwegen, darnach das Concept formiren, den Punct,
(36) worüber suppliciret wird, deutlich im Rescript benennen, folgends was geschrieben revidiren und nachsehen, denen Partheyen was decretiret ist vor der Ausfertigung nicht zeigen, und die expedirte Sachen verschlossen denen Räthen zur Revision, dem Präsidenten aber zur Versiegelung zusenden.
Erster Theil. Tit. VIII.
§. 3. Die Decreta müssen sie nicht zu Hause, sondern auf dem Cammer-Gericht entweder desselben Morgens, oder wann sie nicht fertig werden können, des Nachmittags expediren, und die Extensiones mit eigener Hand ad acta schreiben; auch die Zeit, wann die Expedition zur Mundirung hingegeben worden, auf die Expedition notiren.
§. 4. Sie müssen sich in Sachen, die sie oder ihre Verwandten angehen, oder worin sie zuvor advocirt haben, alles Expedirens und anderer gerichtlichen Handlungen enthalten, und solche dem anderen Secretario überlassen.
§. 5. Wie sie dann auch bey Strafe der Cassation keine Correspondentz in Process-Sachen mit den Partheyen unterhalten, vielweniger denenselben mit Consiliis an die Hand gehen, Supplicationes machen, vor sie sollicitiren (et)c. vielweniger vor die Räthe Relationes verfertigen, oder deren Vota, und andere Geheimnisse des Cammer-Gerichts, jemand entdecken sollen.
§. 6. Ueber alle expedirte und gesiegelte Verordnungen müssen Sie ein accurates Register halten, und des Morgens vor der Audientz in der Parten-Cammer einen Zettel anheften, und daraus die expidirte Sachen verzeichnen.
Es seyn die Advocaten schuldig solche in continenti auszulösen und an sich zu nehmen: Nach geendigter Audientz aber mussen die unabgelöste Sachen sofort unter die Bothen distribuiret werden, welche solche denen Advocaten auf deren Kosten insinuiren sollen: die expedirte Verordnung aber müssen keinen als recipirten Advocaten, und deren bekandten Bedienten, abgefolget werden. Wann
(37) Erster Theil. Tit. VIII.
auch schon andere ausser denen Partheyen auslösen wollen.
§. 7. Auch müssen sie jederzeit die Taxe der Gerichts-Gebühren auf die Extension setzen; über jede Sache ratione der Gebühren richtige Rechnung halten, alle Wochen die Gelder in Gegenwart des Controlleurs in den Sportul-Kasten legen, und alle Monath denen Deputirten Rechnung darüber ablegen.
§. 8. Wann die Protonotarii und Secretarii finden solten, daß der Decernent nicht über alle Puncten verordnet, oder daß sonst etwas wegen einiger ihnen bekannten Umständen dabey zu erinnern wäre; so stehet ihnen frey dieserwegen bey dem Decernenten anzufragen, und ratrione expeditionis näheren Verhaltungs-Befehl einzuholen.
§. 9. Die Protonotarii und Secretarii müssen sich alle Tage zusammen thun, und diejenige Sachen, welche zum Verhör verwiesen werden, in einen richtigen Tage-Zettul bringen, die Termine, nachdem die Partheyen weit oder nahe wohnen, ansetzen, und niemahls mehr als höchstens 10 Verhöre auf einen Tag verzeichnen, auch kein Verhör über 3 Wochen ohne Noth hinaus setzen. Im übrigen aber die armen, geistliche, und fiscalische Sachen voran setzen.
Wann eine Parthey prorogationem termini bittet, muß die Sache aus dem Tage-Buch sofort gelöschet, und ein ander Verhör, wann es wegen Kürtze der Zeit geschehen kan, an deren Stelle angesetzt werden.
§. 10. Was die Cantzellisten mundiren, müssen die Protonotarii und Secretarii nachsehen, und die Copeyen collationiren, die decretirte Schriften aber denselben Tag in die Registratur remittiren, damit dieselbe sofort ad acta geheftet werden können.
§. 11. Die Protonotarii und Secretarii müssen sich eines geziemenden Cantzeley-Styli gebrauchen, imgleichen die Titulatur wohl in Acht nehmen, und die Aufschriften also einrichten, daß ein jeder wissen könne, ob der Befehl
Erster Theil. Tit. VIII.
(38) ihn angehe, oder an einen andern gerichtet sey: Wie dann die Advocaten angewiesen worden, die Vor- und Zunahmen der Partheyen und ihre Bedienungen, so viel möglich, in ihren Memorialien anzumercken.
§. 12. Wann ihnen von denen Partheyen etwas zu vidimiren oder zu collationiren übergeben wird, müssen sie die Collation mit gehörigem Fleiß verrichten, und unter der Abschrift mit eigener Hand die Richtigkeit attestiren, und dafür stehen; worauf das Regierungs-Siegel beygefüget werden soll.
§. 13. Wann von denen Partheyen Briefe und Siegel oder andere Schriften produciret werden, müssen sie solche wohl verwahren, auch denen Advocaten auf ihr Begehen eine Recognition darüber ertheilen.
§. 14. Die Protonotarii und Secretarii müssen die Deposita in richtiger Ordnung halten, und überall sich nach dem Depositen-Edict achten.
§. 15. Die fiscalische Sachen, müssen an Seiten des Fisci unentgeldlich ausgefertiget werden: Was aber fiscalische Sachen seyn, davon soll unten P. IV. T. 5. §. 12. weiter gehandelt werden. vid. & P. I. Tit. 13. p. 35.
§. 16. Die Protonotarii und Secretarii müssen alle Specificationes, welche eingeschickt werden sollen, und oben P. I. T. 3. §. 22. benannt seyn, verfertigen.
Im übrigen auch alle und jede, wegen erkannter Strafe an die General-Strafe-Casse, oder Haupt-Poenalien-Casse ergehende Original-Ordres, jedesmahl in Copia Unserm General-Fiscal zufertigen, in der Ordre, wo der Debent wohnhaft, deutlich anführen, und die Original-Ordre ohne Entgeld und ex officio dem Rendanten selbst zusenden.
§. 17. Sie müssen auch für die Expeditiones nichts vor sich nehmen, sondern mit ihrem, aus der Sportul-Casse ihnen destinirtem Quanto zufrieden seyn. Und wann sich äussern sollte, daß die Secretrarii hierwider gehandelt, und von Partheyen, welche Processe haben, per directum vel indirectum, unter was für Praetext es sey,
(39) Erster Theil. Tit. VIII.
wann es auch pro promovenda expeditione, oder die Sache zu recommandiren geschicht, ein Geschencke nehmen würden, oder dasjenige, was sie vor Versiegelung, Aufnehmung der Testamente (et)c. bekommen, nicht getreulich zur Sportul-Casse einliefern; sollen dieselbe als Perjuri ohne alle Gnade cassiret, und sie sowohl, als der Donator und die Unterhändler, überdem mit einer ansehnlichen Geld-Strafe belegt werden.
§. 18. Wann wider Vermuthen eine Feuers-Brunst in dem Cammer-Gericht oder dessen Gegend vorfallen solte, müssen die Protonotarii, Secretarii, Registratores, Cantzellisten, und Bothen sich sofort in denen Archiven einfinden, und vor deren Rettung alle mögliche Sorge tragen.
§. 19. Die Protonotarii und Secretarii sollen sich mit nachfolgendem Eyd verbindlich machen:
Ich N. N. gelobe und schwere dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten König und Herrn, Herrn Friedrich, Könige in Preussen, Marggrafen zu Brandenburg, obersten Hertzog in Schlesien (et)c. (et)c. meinem allergnädigsten Könige und Herrn (et)c. Nachdem Se. Königl. Majestät mich zu einem Protonotario (Secretario) bey Dero Cammer-Gericht allergnädigst bestellet und angenommen, daß höchtstgemeldter Sr. Königl. Majestät ich will getreu, gewärtig und gehorsam seyn, Dero Königlichen Hauses Nutzen schaffen und befördern, Schaden und Nachtheil aber verhüten, und meinem besten Vermögen nach abwenden. Ich will auch meinem aufgetragenem Amt mit getreuem Fleiß obliegen, der Partheyen Fürträge, Urkunde, Briefe, welche aufzunehmen mir aufgetragen wird, getreulich protocolliren, die Verordnungen, welche zu meinem Departement gehören, mit aller Sorgfalt expediren, und anders so gerichtlich einbracht, bey dem Gerichte wohl verwahren, dieselbige, oder derer Abschriften ohne Befehl des Gerichts-Verwalters, oder so dessen Stelle vertreten
(40) Erster Theil. Tit. VIII. IX.
möchte, niemand geben, noch sonst was die Partheyen angehet, eröfnen noch lesen lassen, alle Heimlichkeiten des Raths und Gerichts gäntzlich verschweigen, keiner Parthey, wider die andere Warnung thun, Nachricht geben noch rathen, von den Partheyen oder von andern ihretwegen in Rechts-hängenden Sachen, oder so meines Wissens bald Recht-hängig werden möchten, kein Geschenck noch Gaben nehmen, oder von den Meinigen, oder anderen für mich oder die Meinigen nehmen lassen, unter was Praetext oder Schein das geschehen möchte, an der Besoldung, so mir verordnet, mich genügen lassen, darüber nichts nehmen, noch jemand entweder selbst oder durch meine Bediente oder Schreiber mit Gerichts-Gebühren übersetzen, und sonsten alles das thun und lassen, was einem getreuen Cammer-Gerichts-Protonotario (Secretario) nach Inhalt der Cammer-Gerichts-Ordnung wohl anstehet und gebühret; Alles getreulich und sonder Gefährde. So wahr mir Gott helffe durch Jesus Christum (et)c.
Tit. IX.
Von dem Amt des Registratoris
§. 1.
Weil Wir nöthig gefunden einen eigenen Registratorem bey dem ersten und zweyten Senat des Cammer-Gerichts zu bestellen, so ist von dessen Qualitaet und wie er beschaffen seyn muß, oben gehandelt worden.
§. 2. Es soll der Registrator über die Acta eine vollständige richtige Registratur halten, auch dieselbe in guter Ordnung verwahren, damit die Acta allemahl, wann sie gefordert werden, so fort bey der Hand seyn können.
§. 3. Auf der Cammer-Gerichts-Cantzeley muß er täglich Vor- und Nachmittags des Morgens vor 8 Uhr und
(41) Erster Theil. Tit. IX.
des Nachmittags von 3 bis 6 Uhr und im Winter bis 5 Uhr, es seyn Gerichts-Tage oder nicht, auch in denen Ferien (die Sonn- Fest- und Buß-Tage allein ausgenommen) aufwarten, und ohne des Präsidenten Erlaubniß, nicht wegbleiben noch verreisen.
§. 4. Alle Memorialien, libelli actionum, und worauf sonst schriftliche Resolutiones erfodert werden, müssen nicht denen Präsidenten und Räthen, sondern dem Registratori allein übergeben werden, welcher sofort den Tag, da die Schrift praesentirt worden, und wann fatalia darinnen lauffen, auch die Stunde darauf notiren, die übergebene Schriften in sein Buch verzeichnen, derer Beylagen eintragen, und was einmahl überschrieben worden, bey der Strafe der Cassation nicht wieder zurück geben muß.
§. 5. Bey Uebergebung derer Memorialien (et)c. muß der Registrator Achtung geben, ob sie aufgehöriges Stempel-Papier geschrieben, oder ob ein recipirter Advocat solche unterschrieben habe: Wann solches nicht geschehen, muß er ersteren Falls die Schrift wieder zurück geben, auf den andern Fall aber dem Präsidenten solche besonders zuschicken: welcher damit wie unten Tit. §. versehen, damit verfahren muss.
$. 6. Zu denen praesentirten Memorialien müssen sie sofort die dahin gehörige Acta aufsuchen, die Memorialien selbst aber dem Präsidenten durch den Bothenmeister zur Distribution zusenden, und wann solche zurück kommen, nebst denen parat liegenden Acten denen Räthen zum decretiren zusenden.
§. 7. Wann die Memorialien von denen Räthen vorgetragen und decretirt, von denen Protonotariis aber expedirt worden, muß der Registrator dieselbe ohnverzüglich ad acta heften, in den Rotulum eintragen und foliiren: Wann Acta manca gefunden werden, und die Schuld an dem Registratore liegt, muß derselbe jedesmahl 2 Rthlr. zur Sportul-Casse bezahlen.
(42) Erster Theil. Tit. IX.
Vor das Heften der Acta aber, weil solches ein Stück seines Amts ist, kann er keine Gebühren fodern.
§. 8. In denenjenigen Sachen, worinn Verhör angesetzt worden, muß der Registrator denen Räthen desselben Senats die dahin einschlagende Acta des Tags vorher zusenden, damit sie nach gehaltenem Verhör mit desto mehrerem Grund von der Sache referiren können.
§. 9. Wann eine Sache loco oralis verwiesen, und darinn geschlossen worden, muß er die Acta denselben Tag dem Präsidenten zur Distribution vorlegen.
§. 10. Wann schriftlich verfahren, und duplicando oder sonst geschlossen worden, auch die inrotulation geschehen, muß er sorgen, daß Acta überall complet noch desselben Tages distribuirt, und zu dem Ende dem Präsidenten vorgelegt werden.
§. 11. In denenjenigen Sachen, welche auf eingebrachte Justification, durch einen Neben-Bescheid zum ferneren Verfahren verwiesen werden, muß der Registrator, wann in causa concludirt ist NB. die Nahmen derer vorigen Referenten in dem Distributions-Buch beyfügen: Weil dieselben Acta denen vorigen Referenten wieder distribuirt werden müssen.
§. 12. Der Registrator muß die Distributions-Bücher alle Montag dem Präsidenten vorlegen, um Nachfrage zu halten, ob alle Sachen zu behöriger Zeit referirt und abgethan worden: Nach der Audientz aber müssen die Bücher dem Registratori wieder verschlossen zurück gegeben werden.
§. 13. Im übrigen muß der Registrator seine Registratur sowohl, als alle und jede Acte in guter Ordnung halten.
Er muß bey dem Anfang seines jeglichen Process eine richtige Rubric darüber verfertigen, und
1) Das Datum der eingelauffenen Klage oben an setzen.
2) Die Nahmen und Zunahmen der Partheyen, nebst ihrer Qualtiät (vid. infr. Tit. §. ) item.
3) Die Nahmen derer Advocaten und Substituten benennen.
(43)
Erster Theil. Tit. IX.
4)
Das Objectum litis deutlich exprimiren.
5)
Das Folium, wo die Vollmachten liegen, wie auch
6)
Wo die Bescheide und Urthel zu finden, notiren.
7)
Gleich anfangs den Rotulum einrichten.
8)
Acta foliiren.
9)
Den ersten Decernenten, ( welcher perpetuus decernens bleiben soll,) notiren,
auch
10)
In was vor einer Instantz die Sache schwebet,
nachtragen.
§.
14. Da auch öfters einerley Personen gantz verschiedene Sachen, so gar keine
Connexion mit einander haben, vor Unserm Cammer-Gericht verhandeln, so muß der
Protonotarius solche gleich anfangs sorgfältig separiren, eine jede Sache
besonders heften, und den Punct, worauf die Sache ankommt, mit behöriger Behutsamkeit
auf der Rubric notiren.
§.
15. Wann neue Sachen einkommen, welche keinen Process inferiren, als
requisitoriales, confirmationes &c. dieselbe müssen nicht auf die
Process-Listen gesetzt, sondern in eine besondere Registratur gebracht werden.
§.
16. Würden sich auch Acta dergestalt vergrössern, daß dieselbe nicht wohl in
ein Volumen zu heften, so sollen mehrere Volumina, so viel deren nöthig seyn
möchten, daraus gemacht, und jedes derselben numerirt werden.
Insonderheit
soll in denen Concurs-Processen eines jeden Creditoris liquidation, und darauf
folgende Schriften, besonders geheftet, foliirt, und mit einem besondern Rotulo
versehen werden.
§.
17. Der Registrator muß bey Strafe der Cassation keinem Advocaten, auch keinem
fiscalischen Bedienten einige Acta ohne des Präsidenten schriftliche Permission
mit nach Hause geben. Wann sie auf schriftliche Ordre abgefolget werden, muß
der Registrator solches, und wie viel Volumina es gewesen, in ein besonderes
Buch notiren, den Advocaten der Fiscalem, wie bald er Acta zu remittiren
vermeynet, befragen: nach verflossener Zeit die
(44)
Erster Theil. Tit. IX.
Acta
zurücke fodern, und wann er sie nicht erhalten kan dem Präsidenten solches
anzeigen.
Es
müssen auch denen Räthen keine Acta ohne Zettel abgefolgt werden, es sey dann,
daß ihnen Acta zum decretiren, referiren, oder votiren, zugestellt worden; Wann
sie auch auf ihre Zettel, insonderheiten bey Commissionen, Acta erhalten,
müssen sie auf ihren geleisteten Eyd nach dem Gebrauch Acta ohnverzüglich
wieder in der Registratur remittiren, welches auch vornehmlich die fiscalische
Bedienten, wann die ihnen aufgetragene Untersuchung zu Ende, bey 5 Rthlr.
Strafe beobachten müssen.
§.
18. Wann die Partheyen oder derer Sachwalter einige Acta, sie mögen alt oder
neu seyn, zu ihrer Information vorgelegt zu haben verlangen, soll ihnen
ohnverweigerlich darunter gewillfahret werden: doch müssen sothane Acta von
ihnen in die Neben-Stube, in Gegenwart eines Cantzley-Bedienten, durchgesehen,
und das nöthige daraus extrahirt, oder um die Copey gebethen werden.
§.
19. Weil aber öfters Acta bey dem Constitutioniren oder sonst währender
Audientz gefodert werden, so muß der Registrator nach geendigter Session sich
selbst in die Audientz-Stube verfügen, und die daselbst befindliche Acta
verliehren, dem Präsidenten Nachricht davon ertheilen.
§.
20. Die Abschieds-Bücher derer Präsidenten und Räthe müssen von Jahren zu
Jahren wohl verwahrt werden, damit keines abhanden kommen möge, und müssen
Unsere Räthe, wann sie dergleichen verlangen, solche gegen einen Schein abholen
lassen.
§.
21. Wann von denen Partheyen Briefe, Siegel und andere Schriften, welche bis
zum Spruch bey denen Acten behalten werden müssen, producirt werden, muß der
Registrator dieselbe so lang in guter Verwahrung halten, auch denen Partheyen,
wann sie es verlangen, auf ihr Begehren eine Recognition ertheilen.
§.
22. Der Registrator muß alle Monath seine Registratur nachsehen, die abgethane
Sachen reponiren, eine
(45) Erster Theil. Tit. IX.
Specification
darüber verfertigen, und solche dem Präsidenten, nebst denen jeden Monath neu
eingelauffenen Sachen, wie auch publicirten Sententzen, zusenden.
§.
23. Er muß, wann inrotulatio actorum verordnet wird, solche in seiner Gegenwart
geschehen lassen, ein richtiges Protocoll darüber halten, welches die
gegenwärtige Advocaten unterschreiben müssen. Wann einer oder der andere, oder
beyde, in dem angesetzten Termino ausbleiben, müssen Acta in contumaciam
vorgelegt werden.
§.
24. Der Registrator muß keine Attestata oder Copeyen ohne des Präsidenten
Vorwissen ertheilen.
§.
25. Er muß auch nicht leiden, daß eine Parthey oder deren Advocaten,
vielweniger deren Bediente sich in der Registratur einfinden und Acta
nachsuchen dürfen. Im Fall auch diese mit dem Registratore oder mit denen Cantzley-Bedienten
zu sprechen hätten, muß solches in der Neben-Stube geschehen.
§.
26. Wann Feuers-Gefahr auf dem Cammer-Gericht oder in der Nachbarschaft
vorhanden, muß er auf die Rettung der Registratur bedacht seyn.
§.
27. Schließlich muß der Registrator sich mit folgenden Eyd verbindlich machen:
Ich
N. N. gelobe und schwere zu GOtt dem Allmächtigen einen cörperlichen Eyd.
Nachdem Se. Königl. Majestät in Preussen mich zu einem Registratore bey denen beyden
Senaten des Cammer-Gerichts bestellet und angenommen, daß ich Sr. Königl.
Majestät will getreu, gewärtig und gehorsam seyn, Dero, und Dero Königl. Hauses
Nutzen und Bestes suchen und befördern, Schaden und Nachtheil nach meinem
Vermögen abwenden; will auch meinem Amt treulich vorstehen, die mir anvertraute
Registratur in behöriger Ordnung halten, die Acta ohne des Präsidenten oder
Collegii Vorwissen niemand extradiren, noch Copeyen davon ertheilen; die
einlaufende Memoralien vorgeschriebener maßen praesentiren, und dem Präsidenten
(46) Erster Theil. Tit. IX.
zur Distribution
vorlegen, wann sie decretirt und extendirt seyn, so fort ad Acta heften, die
Rubriquen richtig verfertigen: die Abschieds-Bücher alle Jahr zusammen suchen
und wohl verwahren, keine Sportuln vor mich machen oder Praesenten nehmen,
sondern mich an der mir vermachten Besoldung begnügen (et)c. und sonst alles
thun, was mir in der Cammer-Gerichts-Ordnung vorgeschrieben worden, und was
sonst einem ehrlichen Registratori zu thun oblieget, so wahr (et)c.
Tit.
X.
Von
denen Cantzellisten.
§.
1.
Die
Cantzellisten müssen alle Tage um 8 Uhr bey 8 Sr. Strafe sich auf dem
Cammer-Gericht einfinden, und vor geendigter Session nicht weggehen, auch des
Nachmittags von 3 bis 4 Uhr wieder herauf kommen.
§.
2. Dieselbe müssen alle Befehle, Citationes, und alles was unter dem Siegel
ausgefertiget wird, selber rein und correct schreiben, und solche gebührend
collationiren.
§.
3. Sie fertigen auch die Copeyen aus, und schreiben auf jeder Seite 24 Zeilen,
und in einer Zeile 12 Syllaben, müssen auch die Buchstaben nicht zur Ungebühr
extendiren.
§. 4. Was die Cantzellisten nicht
schreiben, müssen sie durch die Uns mit Eyd und Pflicht verwandte Copisten
abschreiben lassen: Worzu Leute, welche eine leserliche und correcte Hand
schreiben können, und einen lateinischen Terminum verstehen, genommen, und mit
Eydes-Pflicht dahin belegt werden sollen, daß sie der Ordnung nachleben, und
dasjenige was ihnen zu schreiben anvertrauet, geheim halten wollen.
§. 5. Was die Copisten abschreiben, müssen die
Cantzellisten auf ihre Pflicht revidiren, und, daß es collationiret, darunter
schreiben.
(47) Erster Theil. Tit. X.
§. 6. Die Cantzellisten und Copisten
sollen alles in der Cantzellisten-Stube schreiben, und nichts mit nach hause
nehmen. Wann es aber die Nothdurft erfodert, insonderheit bey kurtzen Tagen,
daß sie ausserhalb schreiben müssen, sollen ihnen nicht die gantze Acta,
sondern allein das Stück so zu copiiren nach Hause zu nehmen verstattet werden.
§. 7. Sie müssen auch denen
Partheyen den Inhalt derer Decretorum ohne Veranlassung (außer denen
abschläglichen Decretis) vor der Ausfertigung nicht communiciren, noch bey
Strafe der Cassation ihnen dergleichen Original-Verordnung in die Hände geben.
Wann der Bothenmeister durch
Kranckheit oder sonst behindert wird, daß er die Sieglung nicht abwarten könte,
sollen der Protonotariorum jüngste Cantzellisten, und zwar ein jeder diejenige
Sachen, so der Protonotarius oder Secretarius expedirt zur Siegelung bringen,
und solche verrichten.
§. 8. Wenn die Expedienda mundirt
seyn, müssen die Cantzellisten zu ihrer Justification das Datum und die Stunde,
wann sie die Sache empfangen, und dem Secretario wieder eingeliefert, unter das
Concept notiren.
§. 9. Kein Cantzellist soll über die
Schreib-Gebühren einiges Geschencke, es mag Nahmen haben wie es will, wann es
ihnen auch gutwillig offeriret wird, nehmen: keiner Parthey dienen, noch vor
dieselbe sollcitiren: und wann sich dergleichen Verdacht äußern solte, muß der
Präsident sich sorgfältig darnach erkundigen, da dann der Schuldige cassirt,
und überdem an Geld oder am Leibe gestraft werden soll.
§. 10. Die Cantzellisten sollen mit
folgendem Eyd belegt werden:
Ich N. N. schwere zu Gott (et)c. daß
ich meinem Amte mit Lesen, Schreiben, ingrossiren und copiiren, treuen Fleisses
obseyn, darinnen keine Gefährde gebrauchen, die Heimlichkeit des
Cammer-Gerichts, als abgefassete
(48) Erster Theil. Tit. X.
Urthel, Decrete, Rescripte, dann
auch eingebrachte Kundschaft, Protocolle, Cammer-Gerichts-Handlung und
Schriften niemand eröfnen, oder anders als der Ordnung gemäß lesen lassen noch
ohne Erlaubniß des Cammer-Gerichts davon Copey geben, weniger von den Votis der
Beysitzer, so ich deren kundig, Nachricht ertheilen, deswegen und sonst auch
kein Geschencke von jemand fodern, heischen oder nehmen, im übrigen alles thun,
was einem getreuen Cantzellisten wohl anstehet, getreulich und ohne Gefährde.
So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum (et)c.Tit. XI..
Von denen Cantzley-Dienern, oder
Bothenmeistern.
§. 1.
Die Cantzley-Diener oder
Bothenmeister müssen von ehrlichen Herkommen und bekandter guter Aufführung
seyn, auch aus abgedanckten Unter-Officieren, welche lesen und schreiben
können, gewählet und vorgeschlagen werden. Sie müssen die Cantzley-Stube rein
halten, und alle Morgen vor 8 Uhr entweder selbst oder durch einen Bothen sich
bey dem Präsidenten melden, ob etwas zu verrichten sey von ihnen vernehmen,
auch praecise um 8 Uhr sich auf der Rath-Stube einfinden.
§. 2. Derselbe soll denen zu
jederzeit verordneten Cammer-Gerichts-Präsidenten und Räthen insgesammt, mit
allem Fleiß, Treue, und Gehorsam gewärtig seyn, sie ehren und respectiren.
§. 3. Die ordinaire und
extraordinaire Audientzien, Commissiones, und was sonst vorgehen möchte, muß er
von Anfang bis zum Ende abwarten, damit er, wann Acta verlangt werden, bey der
Hand seyn möge: bey
(49) Erster Theil. Tit. XI.
Verlesung derer Relationen aber, und
votiren derer Räthe, muß er vor der Thüre aufwarten.
§. 4. Die Parthen, oder deren
Bothen, soll er aus Vorsatz nicht aufhalten, sondern so viel immer möglich zur
Abfertigung befördern.
§. 5. Wann auch gerichtliche Acta,
bey Verhören und Commissionen, auf Befehl des Präsidenten und Cammer-Gerichts-Räthe , von denen Protonotariis abzufordern nöthig, soll er
solche selbst abholen, und wenn Bescheide darauf ergangen, die Acta denenselben
in ihre Cammern wieder bringen.
§. 6. So ofte Proclamata und andere
Patente anzuschlagen, soll solches durch ihn bestellet werden, und muß er
selbige zu rechter Zeit an gehörige Oerter bringen, auch darauf verzeichnen,
wenn dieselbe angeschlagen, und wieder abgenommen worden. Wenn er hierunter
etwas versäumet, muß er die dadurch verursachte Kosten ex propriis erstatten.
§. 7. Ferner soll er auch dasjenige,
was ihm zugestellet werden möchte, mit Fleiß aufheben und verwahren, und
darüber eine richtige Designation verfertigen und halten.
§. 8. Wann ihm auch anbefohlen wird,
jemanden vor Unser Cammer-Gericht zu laden, oder sonst etwas Gerichts halber
anzuzeigen, soll er dem von Stund an nachkommen, und darunter nichts versäumen:
und muß er, was er also bestellet, und auf dem Original Supplicato nebst
Bericht, wie, und wann solches verrichtet , auch was er an Gebühren erhalten,
verzeichnen, und das Original dem Prozonotario causae sofort ad acta geben,
desjenigen Theil aber, welchem etwas befohlen wird, Abschrift von dem
Supplicato und der Verordnung lassen.
§. 9. Denen Parthen, und derer
Sachbedienten, soll er mit gutem Glimpf und Bescheidenheit begegnen, niemanden
mit verdrießlichen harten Worten anfahren, noch abweisen, weniger von
denenselben über die ihm gesetzte Gebühren was abfodern, sondern sich daran
begnügen lassen.
(50) Erster Theil. Tit. XI.§. 10. Da auf Unserm Cammer-Gericht an Schreibmaterialien, Holtz und dergleichen etwas mangeln wolte, hat er solches bey Zeiten anzumelden, und sich zu bemühen genugsamen Vorrath davon anzuschaffen.
§. 11. Bey Anfange derer Audientzien
hat er aus dem Tage-Buch die Parthe laut und vernemlich abzulesen, und welche
gegenwärtig anzuzeichnen, auch nach Endigung eines jeden Verhörs die Parthe
nach der Ordnung aufzurufen.
§.12. Die Tage-Zettel wegen der in
der folgenden Woche angesetzten Verhöre soll er des Sonnabends von denen
Protonotariis anfordern.
§. 13. Ben denen Audientzien hat er
Acht zu geben, daß durch der Parthen lautes Reden, oder hin und herlaufen,
Unser Präsident und Räthe an Aufmercksamkeit, und die Advocati am Vortrag nicht
gehindert werden, und wann die Parthe abgetreten, muß er niemanden unangemeldet
in das Audientz-Gemach kommen lassen.
§. 14. Er selbst aber muß währendem
protocolliren, und Ablesung derer Relationen, Unsern Präsidenten und Räthen
durch Vorlegung der Acten ohnerfordert nicht beschwerlich fallen, sondern die
Acta, so oft die Parthe abtreten, ihnen zustellen.
§. 15. Nach geendigter Audientz soll
er niemand ins Gemach lassen, noch verstatten, daß die auf der Tafel vorhandene Sachen von jemand durchgesehen werden.
§. 16. Weil ihm auch die Decreta am
ersten zu Händen kommen, und ihm nicht allein deren Inhalt, sondern auch
diejenige Räthe, welche decretiret und contrasignirt, wissend sind, hat er
solche Verordnungen sofort dem Protonotario und Secretario, in dessen
Expedition sie gehören, zuzustellen, damit solches denen Parthen oder
Sach-Bedienten nicht vor der Zeit kund werden möge.
§. 17. Wie er sich denn übrigens
alles solicitirens vor ein oder das andere Theil, auch alles correspondirens so
wohl selbst als durch die Seinigen enthalten, den Parthen,
(51) Erster Theil. Tit. XI.
von demjenigen, was bey dem Collegio vorgehet, nicht das geringste offenbaren, keiner Parthey der andern zum Schaden rathen, dieselbe warnen, oder sonst ihnen etwas entdecken, keine Geschencke von denen Partheyen, ausser den gesetzten Gebühren nehmen, insonderheit mit den arrestirten Personen keinen Umgang haben, noch ihnen einige Nachricht zubringen muß.
§. 18. Nachdem ihm auch der Schlüssel zur Audientz-Stube anvertrauet, soll er bey Zeiten sich daselbst einfinden, damit, wann die Räthe kommen, solche offen seyn möge, und auf ihn nicht dürfe gewartet werden; auch hat er das Gemach wohl zu verwahren, und auf Feuer und Licht, und was sonst Schaden thun kan, gute Acht zu geben, das Gemach auch reinlich, und in guter Ordnung zu halten.
§. 19. Welches er auch bey denen angesetzten Commissionen dergestalt zu beobachten, und so oft solche zu halten, den Tag vorhero von dem Protonotario causae die zur Commission gehörige Acta, ohne besondere Gebühren deshalb von denen Parthen zu begehren, abzuhohlen, und solche denen Commissariis in Termino vorzulegen hat.
§. 20. Die Acta, welche von Unserm Präsidenten zu Abfassung der Urthel, oder Relationen, zum votiren herum zu tragen ihm übergeben werden, hat er sofort in das Kästlein, wozu ein jeder Rath einen Schlüssel hat, einzuschliessen, und also bestellen zu lassen; auch muß er bey Verlust seines Dienstes von denen Votis derer Räthe, denen Parthen, oder deren Sach-Bedienten, noch sonst jemand nicht die geringste Nachricht ertheilen.
§. 21. Mit denjenigen Sachen, welche die Protonotarii oder Secretarii ausgefertiget, soll er so wohl am Gerichts- und andern Tagen, ausser den Sonn- Fest- und Buß-Tagen um 4 Uhr allemahl bey Unsern Präsidenten sich einfinden, insonderheit aber bey der Siegelung selber erscheinen, und weder Commissiones noch sonsten etwas sich davon abhalten lassen, auch ehe die Siegelung geendiget,
(52) Erster Theil. Tit. XI.
nicht davon gehen, damit selbige nebst der Revision und Subscription ungesäumt erfolgen möge, worauf er solche sofort in die Cantzeley bringen muß, auf daß die Partheyen mit der Ausfertigung nicht aufgehalten werden.
§. 22. Was der Präsident bey der Siegelung ihm befiehlet, soll er sich sofort aufzeichnen, und des andern Tages dem Präsidenten Nachricht von dessen Bestellung geben.
§. 23. In denen Ferien lieget ihm ob, alle einkommende Sachen täglich aus der Cammer-Gerichts-Cantzley abzufordern, und solche selbst, und nicht durch andere, dem Präsidenten zum distribuiren, und denen Räthen zum decretiren ins Haus zu bringen; nach erfolgten Decretis aber, selbige ohne einzige Säumniß in die Cantzley zur Expedition hinwieder zu liefern, und soll ihm wegen dieses extraordinairen Herumtragens vor jedes Supplicatum 3 Gr. gegeben werden.
§. 24. Wann in denen Ferien dem Bothenmeister selbst ein Memorial zugestellet wird, muß er solches zuförderst dem Protonotario übergeben, um es zu praesentiren, und Acta darzu aufzusuchen, hiernechst aber selbiges dem Präsidenten zur Distribution vorlegen. Es muß aber der Bothenmeister die Memorialien deshalb nicht liegen lassen, weil er seine 3 Gr. nicht bekommen, denn es müssen diese, wie andern Gebühren, allenfals von den Patronis Causae beygetrieben werden.
§. 25. Wolte auch jemand sonst in Sachen die keinen Verzug leiden, ausser denen gewöhnlichen Gerichts-Tagen, durch den Bothenmeister eine Verordnung suchen, sollen ihm vor jedes Supplicatum, so er dergestalt herum träget, gleichfals 3 Gr. gereichet werden.
§. 26. Ausser diesem soll der Bothenmeister, wann er nicht selbst die Memorialia zur Verordnung herum trägt, von keinem Supplicato, unter keinerley Vorwand, etwas zu fordern befugt, sondern wann er dawieder handeln solte, jedesmahl 2 Rthlr. Strafe zu erlegen schuldig seyn.
(53) Erster Theil. Tit.XI.
§. 27. Dafern auch, welches Gott abwende, in der Nachbarschaft des Cammer-Gerichts Feuer entstehen solte; muß er sofort daselbst sich einfinden, und auf gute Anstalt, allenfals auch auf Wegbringung derer daselbst vorhandenen Sachen, bey Zeiten bedacht seyn, wobei die Bothen bey unausbleiblicher schwerer Strafe, ihm nach allen ihren Vermögen an die Hand zu gehen schuldig seynd.
§. 28. Schließlich, dafern sich die Bothen, wie es sich gebühret, nicht verhalten, oder einer derselben mit Tode abginge, hat er solches Unsern Präsidenten und Räthen zeitig anzumelden, damit auf dem ersten Fall gehörige Veranstaltung gemachet, auf dem letztern Fall aber die ledige Stelle mit einem tüchtigen Bothen hinwieder von Unserm Cammer-Gericht versehen werden könne.
§. 29. Wann des Morgens die Advocati die decretirte Sachen nicht abfordern sollen, muß der Bothenmeister des Nachmittags die rückständige zu sich nehmen, und durch die Bothen denen Partheyen insinuiren, welche die Gebühren von denen Advocaten fodern müssen.
§. 30. Unser Bothenmeister und Cantzeley-Diener soll geloben und schweren, seinem Amt mit allem treuen Fleisse vorzustehn, die Briefe, wie ihm befohlen, getreulich zu bestellen, auch andere Unseres Cammer-Gerichts Befehle mit Fleiß und getreulich auszurichten, was ausgerichtet wieder anzusagen, auf das Gericht und Audienz gut aufmercken zu haben, Unserm Cammer-Gericht verwandte Personen zu ehren, ihnen gehorsam und gewärtig zu seyn, niemand ohne Befehl in die Raths-Stube über die da liegende Briefe und Acta gehen zu lassen, als dem es Amts halber zustehet. Und, wann er des Raths oder Gerichts Heimlichkeit und Rathschläge erfahren würde, dasselbe zu verschweigen, die Partheyen daraus nicht zu warnen, oder denselben zu rathen, von den Partheyen über seinen gewöhnlichen und gebührlichen Lohn nichts
(54) Erster Theil. Tit. XI. XII.
zu nehmen, und und sonst alles andere zu thun und zu lassen, das einem getreuen Cantzeley-Diener seines Amts halben, Inhalt dieser Ordnung und sonst gebühret, alles ungefährlich. So wahr (et)c..
Tit. XII.
Von den Cammer-Gerichts- und Fiscal-Bothen.
§. 1.
Die bey Unserm Cammer-Gericht bestellte Bothen, deren Vier an der Zahl, sollen ihrer Pflicht gemäß, im Lande, und in hiesigen Residentzien, die Insinuationes derer Befehle getreulich und fleißig verrichten.
§. 2. Was ihnen sonst anbefohlen wird, müssen sie gebührend thun, und zu dem Ende bey Unserm Cammer-Gericht allemal aufwarten, damit sie, wann ihnen etwas anzubefehlen, bey der Hand seyn mögen.
§. 3. Bey denen Insinuationen haben sie sich überall guter Bescheidenheit zu gebrauchen, und um ein Recipisse anzuhalten, bey dessen Verweigerung aber müssen sie ihrem abgestatteten Eyde gemäß, gewissenhaft, davon die Ursach dem Protonotario, oder Secretario Causae bey ihrer Zurückkunft anzeigen, auch zugleich berichten, an welchem Tage, und wem eigentlich die Insinuation geschehen, auch was ihnen geantwortet, und dabey sonst begegnet, imgleichen was sie an Gebühren bekommen, welches dann Unsere Protonotarii und Secretarii mit allen Umständen, unter den Befehls-Copeyen zu verzeichnen haben.
§. 4. Da sie von jemand ausser Unserm Cammer-Gericht wolten verschicket werden. sollen sie gehalten seyn sich deshalb zuförderst bey denen Protonotariis und Bothen-Meister
(55) Erster Theil. Tit. XII.
zu melden, und ohne deren Erlaubniß nicht abzuweichen; auch haben diese dahin zu sehen, daß alllezeit jemand von denen Bothen alhie zur Stelle sey.
§. 5. Ueber ihr Salarium und Lohn soll ihnen vor jede Meile in Unserm hiesigen Landen 3
Gr. und an Wartgeld täglich 8 Gr. gereicht werden, womit sie sich begnügen müssen.
§. 6. Weil Wir auch zu denen fiscalischen Sachen einen eigenen Bothen bestellet, so muß derselbe auf Erfordern, was in hiesigen Residentzien an dergleichen Sachen zu insinuiren, annehmen, und gehörigen Orts richtig abgeben, auch davon jedesmal dem Protonotario oder Secretario, der die Ausfertigung hat, Bericht abstatten.
§. 7. Wann die Befehle gesiegelt werden, hat der Fiscal Bothe dieselbe aus der Cammer-Gerichts- Cantzley abzuholen, und demjenigen fiscalischen Bedienten, dem die Sache gehöret, ungesaumt zuzubringen, und wegen der Insinuation dessen Veranlassung zu gewärtigen.
§ .8. Möchte der Fiscal-Bothe Kranckheit wegen verhindert werden, so sollen die andere anwesende Bothen desselben Stelle zu vertreten so lange schuldig seyn, damit bey denen fiscalischen Sachen nichts verabsäumet werde.
§. 9. Im übrigen verstehet sich von selbsten, daß der Fiscal-Bothe die fiscalische Sachen von der Post abhohlen, oder zurück tragen, und zu Ende alle Morgen und Mittag sich bey dem General-Fiscal einfinden, auch wann etwas ungebührliches vorfällt, solches treulich melden muß.
Wie er dann auch, wann ihm befohlen wird die Partheyen mündlich zu citiren, solches sofort bewerckstelligen, über die Insinuationes recipisse erfodern, allenfals solches selbst schriftlich unter denen Concepten notiren, bei denen Verhören; und Untersuchungen aufwarten, und was nöthig bestellen, dahingegen, wann Kosten bezahlt werden, keine Gebühren auch mit gewärtigen muß.
§. 10. Sonsten soll täglich, sowohl bey denen Gerichts- als andern wie auch Sonn- und Feyer- Tagen einer von denen
(56) Erster Theil. Tit. XII. XIII.
alhier sich befindenden Bothen, bey Unserm Präsidenten, oder in dessen Abwesenheit bey dem nachsitzenden Rath, in seinem Hause aufwarten, und zur Bestellung derjenigen Sachen so ihm anbefohlen werden sich bereit halten, und haben die Bothen hierunter zu wechseln, worauf der Bothen-Meister fleißige Achtung haben muß.
Insonderheit sollen sie bey entstehendem Feuer auf dem Cammer-Gericht, oder in der Nachbarschaft, sich ohnverzüglich daselbst einfinden, und Hülfe leisten.
§. 11. Wir wollen auch endlich die Cammer-Gerichts-Bothen in Unserm besondern Schutz genommen haben, und wann jemand sich unterfangen solte bey Insinuation, oder andern ihren Amts-Geschäften, sich mit Worten, oder Thätlichkeit an ihnen zu vergreifen, soll Unser Cammer-Gericht solches in summarische Cognition ziehen, und dem Befinden nach diejenige so überführet werden ernstlich bestrafen.
§. 12. Uebrigens sollen dergleichen Bothen geloben und schweren, daß sie ihrem Amte getreulich obliegen, dasjenige was ihnen die Präsidenten, Räthe, Secretarii, und der Bothenmeister, in gerichtlichen Handlungen befehlen werden, treulich ausrichten. Die Insinuationes mit behöriger Sorgfalt verrichten, und an Gebühren nicht das geringste mehr als was ihnen der Ordnung verschrieben worden, fodern und nehmen wollen, so wahr (et)c.
Tit. XIII.
Von dem Amt des Advocati Fisci, und übrigen Fiscaelen.
§. 1. Wir haben zur Beobachtung der fiscaelischen Sachen in Unsern Residentzien, und bey denen daselbst befindlichen Collegiis, unter der Direction eines General-Fiscals,
(57) Erster Theil. Tit. XIII.
einen Adjunctum Fisci, wie auch andere Justitz- und Cammer-Fiscaele allergnädigst bestellet, welchen allerseits oblieget ihren Bestallungen, und was ihnen darinnen vorgeschrieben, auch sonst ihre Pflicht und Amt zu Beförderung Unseres Nutzens und Abwendung allen Schadens und Nachtheils erfodert, aufs treulichste und fleißigste nachzukommen, und auf alle und jede strafbare Unthaten so wieder göttliche und gemeine beschriebene Rechte, wie auch Unsere Landes-Constitutiones ergangene Edicta und Befehle geschehen, sorgfältig acht zu halten.
§. 2. Es sollen aber hinführo keine andere als rechtschaffene, in denen Rechten und Praxi wohlerfahrnen Leute, welche sich zuvor, wie andere Advocati, durch ein Examen qualificirt haben, angenommen, und zu deren Annehmung Unser General-Fiscal innhalts Unserer Verordnung vom 20. Jul. 1733. mitgezogen werden.
§. 3. Wie Wir zu Unserm General-Fiscal das Vertrauen haben, daß er denen andern Fiscaelen ein Vorbild der Legalitaet, des Fleisses, der Moderation, der Unpartheylichkeit, und aller guten Ordnung seyn, und ihnen mit guten Exempel überall vorgehen werde; Also sind schon vorhin, und werden ferner sämtliche Fiscaele, sowohl hier als in den Provintzien, an ihn verwiesen, dergestalt, daß sie seinen Verfassungs-mäßigen Anordnungen ohne alle Weigerung sich unterziehen, was er unter ihnen von fiscalischen Sachen austheilet, oder ihnen aufträget, und von ihnen fodert, treulich und ohne Aufschub ausrichten, und nach deren Vollführung ihm davon ohngefordert Bericht abstatten, auch wenn er sie zu convociren nöthig findet, unausbleiblich erscheinen müssen.
§. 4. Sie sollen auch, da er nach seinem generalen Amt von allen vorfallenden fiscalischen Sachen Wissenschaft haben, und deshalb ihm Communication davon geschehen muß, demselben, wann ihnen von Collegiis immediate eine fiscalische Untersuchung, oder Process, oder Assistentz aufgetragen worden, oder was sie sonst
(58) Erster Theil. Tit. XIII.
auszurichten haben, nicht weniger von allen erheblichen Contraventions-Fällen Unserer Verordnungen, und Gerechtsamen, sonderlich auch, wann sie darinn bey den Provincial-Collegiis und Unter-Gerichten kein Gehör finden könten, und wann sie worüber nach Hofe berichten, von Zeit zu Zeit Nachricht geben; über zweifelhafte und schwere Fälle sich bey ihm Raths erhohlen, und sonst seines Beystandes zu Beobachtung Rechtens und baldiger Endschafft der Sachen bedienen.
§. 5. Alle Unsere Fiscaele sollen hauptsächlich auf die Unsere Landes-Hoheit, höchste geistliche und weltliche Jurisdiction, Gräntzen, Domainen und sämtliche Regalia angehende Sachen, wie auch auf Unsere Jura und Privilegia fiscalia sorgfältige Achtung geben, und dahin sehen, daß solche Uns nicht entrissen und geschmälert, und wann sie jemand anzufechten sich unterstehen solte, bey denen Collegiis, wohin sie gehören, gründlich behauptet und vertheidiget werden; Zu welchem Ende sowohl Unser General-Fiscal beständig darauf bedacht seyn, und, wann es nöthig, bey Uns und Unsern höchsten Collegiis mit keinen Vorstellungen darüber einkommen, und sonst sein erfodert Bedencken jedesmahl prompt abfassen wird; als auch der Adjunctus Fisci, und die ältesten und erfahrensten Fiscaele, den Process in dergleichen wichtigen Sachen bey den Collegiis zu führen, mit dem General-Fiscal davon zu communiciren, und ihm ihre Sätze, Manual-Acten und Bedenken, so oft es nöthig und er es verlanget, vorzulegen, auch ohne sein, oder der Collegiorum Wissen, und ohne es ihnen zu melden, niemahls litem zu contestiren, noch weniger Sachen vor sich abzuthun, und liegen zu lassen haben.
§. 6. Insonderheit muß der Adjunctus Fisci bey denen Sachen, die an das Ober-Appellations-Gericht gedeyhen, Unsere Gerechtsame, und daß dem Privilegio de non appellando nicht zuwieder gehandelt, auch die dazu gelangende fiscaelische Sachen wohl ausgeführet werden, gute
(59) Erster Theil. Tit. XIII.
Obacht haben; und nach Gelegenheit daselbst, wie auch bey dem Cammer-Gericht, und mit dem geschicktesten Cammer-Fiscal die bey dem Geheimen Justiz-Rath vorkommende fiscaelische Prozesse führen, dem General-Fiscal bey grossen und wichtigen Untersuchungen benöthigten Falls assistiren, und sonst in dessen Abwesenheit und Behinderungen die fiscaelische Sachen dirgiren; die anderen Fiscaele aber sollen die übrigen Sachen und die Inquisitiones verrichten, welche ihnen von denen Collegiis oder dem General-Fiscal committiret werden.
§. 7. Alle Fiscaele müssen ferner und zwar von selbsten, ohne zuvor excitatoria deshalb zu erwarten, darauf acht haben, daß, wann Unsern Constitutionen, Ordnungen, Edicten und Patenten nicht gebührend nachgelebet wird, die Contravenienten zur Verantwortung gezogen, und, wann sie es verdienet, in gebührende Strafe genommen werden;
§. 8. Zu welchem Ende dieselbe die Gesetze, Constitutiones, Edicte und Patente sich genau bekannt und ein Register davon zu machen, besonders auch von unsern Rescriptis, welche ihnen vom General-Fiscal communiciret werden, Abschriften zu ihrer Nachricht zu nehmen, und von allen, jedoch ohne die fiscalischen Sachen mit ihren eigenen zu meliren, dienliche Sammlungen zu halten haben; wie dann auch der General-Fiscal mit darauf zu sehen hat, daß nach Unserer Verordnung vom 7ten Jul. 1734. bey denen Collegiis von denen Edicten und Rescripten ordentliche Bücher mit vorangesetzten Designationen fortgeführet werden.
§. 9. Diejenigen Fiscaele, welche bey besondern Collegiis oder zu besondern Sachen bestellet sind, müssen sich auch besonders angelegen seyn lassen, die bey solchen Collegiis vorfallende, oder dergleichen besondere Sachen in Obacht zu halten; und solchemnach die bey Justiz-Collegiis bestellte Fiscaele, die Fiscalia in Civil- Criminal- und Lehens-Sachen und drauf gerichtete Constitutiones
(60) Erster Theil. Tit. XIII.
und Gesetze, sonderlich auch die Vormundschafts- Hypothequen- Concurs- und Wechsel- Ordnungen, Banqueroutier-Stempel- und andere Edicta, als von muthwilligen und unbefugten Supplicanten und Sollicitanten, unzuläßigen Wucher, Geldleihen der Minderjährigen (et)c. fleißig vor Augen haben.
§. 10. Die Cammer-Fiscale müssen auf die Städte- und Ämter-Sachen, und welche die Dominialia, die Steuerbarkeit, das Brau-Wesen, die Forsten und Jagden (so ferne dazu nicht besondere Jagd-Fiscaele angenommen sind, welche sich nach den Jagd- und Forst- Ordnungen und denen besondern wegen Auslegung der Jagden, und was zu hohen und niedrigen, zur Wildbahn, zu Gehägen u. s. w. gehört, ergangene Rescriptis richten müssen) ferner auf die Intraden, Cassen, Cämmereyen, Colonisten, Woll- und andere Manufacturen, die Policey, Vorspann, und andere Generalia, imgleichen die Cautiones der Rendanten, die Contracte mit den Pächtern u. s. w. angehen, samt denen dahin einschlagenden General- und Special- Verordnungen, Privilegien, Reglements &c. ihr Augenmerk halten, und selbigen gehörig nachgehen.
Wann sie wegen Unserer Gerechtsamen, oder Sachen von schleuniger Expedition, etwas vorzustellen, oder ein Gutachten abzugeben haben so schriftlich abzufassen und ad Acta kommen zu lassen bedenklich, oder zu weitläuftig fallen möchte, so sollen sie bey denen Collegiis zum mündlichen Vortrag verstattet, und über bedenkliche Sachen so wohl bey deren Anfang als Fortgang mit Ihnen mündlich conferiret, ein Protocoll darüber gehalten, und solches besonders asserviret werden; massen überhaupt keine fiscaelische Gutachten an jemanden communiciret, noch zu den ordinairen Acten gelegt werden müssen.
§. 11. Die bey den Consistoriis besonders verordnete Fiscaele müssen die in Kirchen- und Schul-Sachen ergangene und sonst zu geistlichen Sachen gehörige Verordnungen,
(61) Erster Theil. Tit.XIII.
gen, als wegen der Stipendien, Residentzien der Canonicorum, ruchloser Schriften, insbesonderheit wegen Administration der piorum corporum, und daß weder die Patroni, Curatores, und Vorsteher, die Gelder derselben selbst zinsbar an sich nehmen, noch die Administratores ohne Caution zugelassen, die Abnahme der jährlichen Rechnungen nicht unterlassen, noch sonst denen darüber abgefaßten Reglements zuwieder gehandelt werde, und was sonst ihnen von denen Consistoriis aufgetragen wird; die Medicinal-Fiscaele aber die Contraventiones wieder die Medicinal-Ordnung, und daß sowohl solche baldigst abgemacht, als auch die deshalb dictierte Strafen beygetrieben und abgegeben werden, fleißig wahrnehmen.
§. 12. Sämtliche Fiscaele müssen im übrigen gemeinschaftlich auf alle Fiscalia und Edicta, sie mögen in vorbenandten oder andern Sachen, als wegen der Müntzen und des Silbers, der Posten, der Zölle, der Trauer, der grossen Hazard Spiele, des Reisens ausser Landes, der Verpflegung der Armen, der fremden Calender u. s. w. sehen, und sonst sonderlich, worin die fiscalische Vigilantz nahmentlich in den Edicten befohlen, ihre Attention richten, auch benöthigten Falls einer dem andern, wann es in dessen Amt, oder Collegium wobey er bestellet ist, besonders einschläget, davon Nachricht ertheilen; keiner aber von Ihnen, vornehmlich in anderer Fiscaele Abwesenheit oder Behinderung, einer fiscalischen Sache, so ihm von Unsere Collegiis oder dem General-Fiscal aufgetragen wird, er mag sonst dazu specialiter bestellt seyn oder nicht, sich entziehen, sondern vielmehr einer den andern, sie seyn allhier oder in denen Provintzien, zu Unserm Dienst behülflich seyn.
§. 13. Die Processe welche die Fiscaele, es sey in Inquisitions- oder Civil Sachen zu führen haben, sollen sie kurz und deutlich, doch daß die Substantialia Processus wohl beobachtet werden, fassen, und solche auf alle Weise beschleunigen. Damit wir aber dessen um so mehr
(62) Erster Theil. Tit. XIII.
versichert seyn, sollen diejenige, welche Inquisitiones und Untersuchungen unter Händen haben, den ersten Tag eines jeden Monaths sowohl dem Collegio committenti, als hier in Loco dem Minister des Justitz-Departements, nach der unterm 7ten Mart. 1745. ergangenen Verordnung, eine Specification von solchen Sachen, und was sie dabey gethan, bey 5 Rthlr. unausbleiblicher Strafe abgeben. Diese Specification soll darauf jedesmahl dem General-Fiscal zugeschickt und von selbigen, was er dabey zu erinnern hat, denen Fiscaelen selbst angedeutet, und von diesen bewürcket, nöthigenfals aber davon an Uns von ihm berichtet werden.
§. 14. Von denen fiscalischen Civil Processen hingegen, sollen sie alle halbe Jahr zu Ende des Monaths Junii, und des Monaths Decembris, dem Collegio vor welchem die Sachen schweben, und dem General-Fiscal eine Process-Tabelle abgeben; sowohl der Präsident des Collegii, oder wem selbiger solches aufträgt, als der General-Fiscal müssen solche nachsehen, und was sie dabey zu erinnern haben den Fiscalen zufertigen; da denn dieser denen Erinnerungen abzuhelfen schuldig: der General-Fiscal aber muß bey den Anfang jeden Jahrs, mit Einsendung einer General-Tabelle der allhier und in denen Provintzien schwebenden fiscalischen Processe an Uns berichten
§. 15. Die Tabelle von denen Inquisitions-Processen und Untersuchungen soll dergestalt eingerichtet seyn, daß nebst generaler Anzeigung vor welchem Collegio, oder wo sonst die Sachen schweben, und welcher Fiscal die Sachen führet, darin unter davon zu machenden Columnen angemercket werden.
1. Wer, und von was vor Condition der Inquisit sey, wieder welchen eine Inquisition oder Untersuchung beranlasset worden.
2. Worin das Verbrechen oder Objectum Inquisitionis, bestehe.
(63) Erster Theil. Tit. XIII.
3. Wann die Inquisition oder Untersuchung ihren Anfang genommen.
4. Was bisher von Zeit zu Zeit dabey geschehen.
5. Wie weit es damit gekommen, und ob sie sich woran aufhalte.
6. Ob und was darin erkannt worden; wovon zugleich Sententia, oder wann sie weitläuftig, ein Exact daraus beyzulegen.
7. Ob und wann Acta zur Confirmation oder fernern Verfügung eingeschickt.
8. Was darauf ergangen, und wie sie gäntzlich zu Ende und zur Execution gebracht seyn.
§. 16. In Civil-Sachen aber muß ausser der gedachten General-Anzeige die Tabelle enthalten:
1. Mit wem Fiscus litigiret.
2. Was das Objectum litis sey; als welches, wann die Sache zum erstenmahl aufgeführet wird, so zulänglich und deutlich exprimiret werden muß, daß davon eine generale Idée zu machen stehet.
3. Wann die Sache angefangen, und was bishero darinn geschehen.
4. Ob und was in der ersten Instantz erkannt; welches copeylich, oder, wann die Sententz weitläufig, in einem Extract daraus beyzulegen.
5. Ob und in was für Instantz sie jetzo schwebet, und wie weit sie gekommen.
6. Was zuletzt erkannt, und wie solches zur Execution gebracht.
Die übrigen aber müssen in den Tabellen die Processe, so bey diesem oder jenem Collegio geführet werden, von einander gesondert werden.
§.17. Wie auf die fiscalische Processe, also ist auch auf die fiscalische Strafen von unserm General-Fiscal genaue Aufmercksamkeit zu führen, und müssen sich die Fiscaele, oder wann einer der andere nach unserer General-Verordnung vom 4ten May 1731. insbesondere
(64) Erster Theil. Tit. XIII.
dazu bestellet wäre, derselbe sich, nach der bereits den 18. May, 1724. geschärften Verordnung, angelegen seyn lassen, daß die verwürckte und erkannte fiscalische Strafen jedesmahl halb bezahlet, oder ohne Ansehen der Person beygetrieben, und gehörigen Orts richtig in Edictmäßigen Münz-Sorten und franco abgeliefert werden, sie selbst aber müssen, wie bereits durch die Declaration vom 22. April 1728. verfüget, keine Geld-Strafen in Empfang nehmen und an sich behalten.
§. 18. Was von Strafen vorfällt, haben sie jährlich zweymahl die Listen, einmahl zu Ende des Decembris, das anderemahl um Trinitatis, eine dem Collegio, wo sie vorgefallen, die andere dem General-Fiscal, bey 10 Rthlr. Strafe, mit Beylegung eines Attestes vom Receptore der Strafe, daß soviel und nicht mehr vorgekommen, ohnerinnert einzuschicken, auch, wann unterdessen eine zur General-Straf-Casse abgegeben oder eingesandt, solches jedesmahl dem General-Fiscal zu melden, damit nicht über bereits bezahlte Sachen von neuen Verordnungen ausgebracht werden.
§.19. Solche Straf-Listen sind nach folgenden Ueberschriften unter abgesonderten Columnen einzurichten, daß nebst generaler Anzeigung des Collegii, wo sie erkannt, verzeichnet werde:
1. Das Quantum der Strafe.
2. Das Datum oder Publicatum der Sententz oder Verordnung, worinn sie festgesetzet.
3. Der Nahme und Condition dessen, dem sie auferleget.
4. Zu was vor Sache, und warum.
5. Ob und wenn sie bezahlet oder remittiret: Wobey das Quantum zu wiederholen; Was aber im Rest bleibet, darf nicht wiederholet werden, weil es schon aus der ersten Numer, wann solcher Rest unter bezahlten oder remittirten nicht abgeschrieben, erhellet.
(65) Erster Theil. Tit. XIII.
6, Die Quota, so der Fiscal erhalten; Und sind zugleich die Latera zu summiren, und hinten abzuschliessen.
7. Zu was vor einer Casse die Strafe geflossen.
§. 20. Keine Strafe muß aus der Liste eher weggelassen werden, als bis sie würcklich abgetragen, und sind deshalb die rückständigen Reste allemahl in der neuen Liste aus den vorigen Jahren bis zur Tilgung mit aufzuführen.
§. 21.Weil einige Strafen zur Renthey in der Provintz, andere aber zur General-Straf-Casse gehören, und zu der letztern Casse Inhalts der Verordnung vom 10. Sept. 1731 und 6. Nov. 1733 diejenige Strafen fliessen, welche bey Hofe erkannt und verordnet, oder wann daselbst eine Leibes-Strafe in Geld-Strafe, (als deren ein Jurisdictionarius sub praetextu fructuum jurisdictionis, weil derselbe kein Jus aggratiandi hat, sich nicht anmassen kan,) verwandelt worden, (et)c. so müssen die zur General-Straf-Casse gehörige Strafen, welche ein Fiscal zu betreiben hat, in seiner Straf-Liste mit aufgeführet, von den übrigen Strafen separiret und voran gesetzet, auch dafür gesorget werden, daß solche Strafen nicht zu den Rentheyen, sondern zur General-Straf-Casse, wie unterm 19. Febr. 1732. schon verordnet, eingeschicket, und wegen Separirung der zu Renthey und zur General-Straf-Casse fliessenden Strafen der Verordnung vom 3. Octobr. 1736. nachgegangen werde.
§. 22. Wie zu denen General-Cassen-Strafen auch die bey Unserm Tribunal erkannte, oder daselbst sonst übliche Strafen gehören; so müssen solche, wann deren Beytreibung einem Fiscal in der Provintz oblieget, oder committiret ist, gleichfalls sowohl fleißig beygetrieben, und franco eingeschickt, als in der Liste mit verzeichner, und davon keine Quota zurück behalten werden.
§. 23. Die Quota gebühret sich nur in denen Sachen, worinn der Fiscal den Process selbst geführet und gearbeitet,
(66) Erster Theil. Tit. XIII.
nicht aber, wenn er nur eine sonsct festgesetzte Strafe beyzutreiben hat; doch soll ihm in diesem Fall der säumige Schuldner, weil er durch seine Saumseligkeit sich solches selbst verursachet, die desfalls zu verfertigende Aufsätze und Sollicitationes bezahlen.
§. 24. Zur Quota wird dem Fiscal regulariter decima zugestanden, es wäre ihm dann in seiner Bestallung ausdrücklich ein mehreres verschrieben, alsdann es dabey sein Bewenden hat.
In Fällen, dadurch ein Denuncianten-Theil statt findet, muß solches, ehe Quota fiscalis gerechnet wird, nach Unserer Declaration vom 16. Mart. 1725. zuförderst abgezogen werden.
§. 25. Damit die Straf-Sachen in richtiger Ordnung gehalten und geführet werden, so ist bey jedem Collegio, wie Wir bereits in dem allgemeinen Edict vom 31. Julii, 1722. und dem fiscaelischen Reglement vom 20. August ej. a.verfügt, ein ordentliches Straf-Buch, welches jederzeit auf dem Sessions-Tische liegen muß, und worinn auf einer Seite die dictirten, auf der anderen die comminirte Strafen aufzuführen, unter folgenden Rubriquen zu halten; und zwar was die dictierten betrift:
1. Das Quantum der Strafe.
2. Wem eine Strafe dictirt.
3. In qua Caula, und warum.
4. Quo dato, und ob per Decretum oder Sententiam solche dictirt.
5. Ob und wem sie hernach remittiret.
6. Wenn sie bezahlert.
Bey den commmirten aber n. 4.statt dictiert, comminirten, und n. 5.statt remittirt, ob und wann sie festgesetzet, verzeichnet; in den obern Senaten aber ein besonders Straf-Buch geführet werden.
§. 26. Solche Strafen muß jedesmahl derjenige Rath, welcher das Decret abgefaßt, wodurch sie dictiret, commmiret, hernach festgesetzt oder auch remittirt worden, in
(67) Erster Theil. Tit. XIII.
das Straf-Buch eintragen; die Strafen aber, so per Sententiam dictirt werden, muß der Protonotarius nach deren Publication hineinschreiben, und derselbe, wenn solches nicht jemand anders specialiter committiret, sowohl die Strafen bey deren Bezahlung in Empfang nehmen, und wann sie eingekommen, ins Straf-Buch notiren, als auch solche gehörigen Orts prompt abliefern, und um Trinitatis dem Rath vom Collegio, welchen die fiscalische Sachen zur Aufsicht untergeben, in Beyseyn des Advocati fisci die Rechnung davon vorlegen, und deren Richtigkeit von beyden unterzeichnen lassen; Im übrigen aber muß sonderlich wegen der Poenal-Mandaten das vorangeführte Edict vom 31. Jul. 1722. befolget werden. Auf eben diese Weise soll es auch mit denen kleinen Strafen, welche wegen nicht gehaltener Ordnung zur Sportul-Casse fliessen, (massen die übrige Strafen dem Fisco anheim fallen und demselben, wie mehrmahls verordnet, zugesprochen werden müssen,) gehalten, und von selbigen ein besonderes Buch geführet werden.
§. 27. Um Trinitatis jeden Jahres aber muß ein Specification der fiscalischen Strafen, sowohl zum Justitz-Department, als an unser General-Directorium, wie auch ein Exemplar davon an Unsern General-Fiscal nach Unsern unterm 24. Mart.1735. abgelassenen und noch den 19. Maji, 1744. renovirten Verordnung eingesandt, auch künftig dahinter notiret werden, was an Abschoß, erblosen Gütern, Confiscationen, u. d. g. das Jahr über gefallen und wohin solches geflossen und abgeliefert worden. Wie Wir es dann ferner dabey lediglich besenden lassen, was Wir wegen Annotirung der Strafen und Abgebung deren Listen vob Unsern geheimten Krieges- und übrigen Cantzeleyen verfüget, und dem General-Fiscal unterm 6. Nov. 1733. per speziale Rescriptum intimiren lassen.
§. 28. Dieses fifealische Straf:Buch muß der Advocatus Fifei und übrige Fifeaele fleißig und wenigstens
(68) Erster Theil. Tit.XIII.
alle Woche nach geendigter letzten Session nachsehen, und, was erkannt ist, einfordern, allenfalls solche ohne langwierige Nachsicht executive beytreiben; nicht weniger darauf fleißig vigiliren, daß die in den Poenal-Mandatis comminirte Strafen entweder festgesetzet und entrichtet, oder durch eine anderweitige rechtliche Verordnung wieder aufgehoben werden.
§. 29. Es ist schon vorhin und noch unterm 18. Febr. 1743.verordnet, daß einem Membro Collegii die Aufsicht auf die Beschleunigung der fiscalischen Sachen, sowohl was die Strafen, als Processe und Abgebung der Tabellen von selbigen betrift, aufgetragen werden solle, wobey es denn ferner sein Bewenden hat; und hat der Präsident mit darauf Acht zu geben, daß, wo es noch nicht geschehen, ein Membrum Collegii dazu und zum beständigen Decernenten ernennet werde, und der Ernannte an seiner Pflicht es hierunter nicht ermangeln lasse, sondern einschleichende Nachläßigkeiten und Unordnungen dem Collegio jedesmahl zu nachdrücklicher Abstellung anzeige, zu dem Ende die abgegebene Process- und Straf-Listen genau examinire, darüber nöthige Monita mache, und davor sorge, daß die noch restirende Starfen beygetrieben werden, auch darauf Acht habe, daß alle Jahr um die geordnete Zeit die Strafe und Depositen-Tabellen nach Hofe richtig eingesandt werden.
Es soll auch allezeit bey Verfertigung der Depositen-Tabellen und Berechnung der Competenz-Gelder der Adjunctus Fisci, oder sonst bey dem Collegio bestellter erster Fiscal mit zugezogen werden, und derselbe sowohl die Acta als sonst mit nachsehen, ob die deponirte Gelder unter der Verordneten sichern Verwahrung gehalten werden, und in dem Depositen-Kasten vorhanden, oder richtig, und wohin sie ausgethan, auch die Competenz-Gelder accurat berechnet, und daß die Depositen-Tabelle nach der erneuerten Verordnung vom 18. Nov. 1743. zu rechter Zeit eingeschickt werden, als davon erwehnter Fiscal
(69 Erster Theil. Tit.XIII.
jedesmahl bey Einsendung seiner Straf-Listen an den General-Fiscal mit zu berichten hat.
§. 30. Wie die fiscalischen Strafen nicht ohne Grund erkannt werden müssen, also sind auch selbige nicht ohne sehr erhebliche Ursach, welche jederzeit beyzufügen, wieder zu erlassen; noch weniger ist darüber ein Verhör oder Verfahren, am wenigsten aber gar ein Remedium oder Appellation zu verstatten, wenn die Strafe nicht über 10. Rthlr. betrift, oder dieselbe wegen nicht beobachteter oder übertretener Ordnung auferleget worden; Wie Wir dann darüber unterm 22. Martii, 1744. mit mehrerem verfüget haben.
§. 31. Wann jemand die ihm dictierte Strafe binnen 4.Wochen nicht selbst, wie er zu thun schuldig seyn soll, erleget, soll dem Executori ein Mandatum zur Executions-Ankündigung zugefertiget, und zugleich darinn aufgegeben werden, daß wann der Debent in der zu bestimmenden Zeit nicht bezahlet, er ohne Rückfrage die würckliche Execution darauf verrichten, und sodann die Strafe abliefern, sich auch die Executions-Gebühr jedesmahl davor bezahlen lassen solle. Und wenn Unter-Gerichte die Strafe beyzutreiben aufgegeben wird, muß solches eben so durch seine Diener verfahren lassen, und die Strafe längstens binnen 6. Wochen einschicken, oder gewärtigen, daß solche von selbigen ex propriis sollen bezahlet, und durch den Land-Reuter des Creyses beygetrieben werden.
Daferne aber eine Strafe inexigible wäre, ist solches sofort anzuzeigen, und per Atteftata oder sonst gehörig zu bescheinigen: worauf sodann dieselbe niedergeschlagen, und wegen deren Aenderung in eine andere Strafe zugleich anderweite Verfügung geschehen soll.
§.32. Ueber die auf die Contravention der Ordnungen gesetzte Strafen und deren Erlegung müssen der Advocatus Fisci und Fiescaele genau vigiliren, Acta selbst zuweilen darüber nachsehen, und wenn sie vermercken, daß
(70) Erster Theil. Tit. XIII.
ein Advocatus und Parthey, oder selbst ein oder anderes Membrum Collegii der Ordnung zuwider handelten, muß der Advocatus Fisci solsches dem Praesidenten zu Remedirung melden.
§. 33. Solten auch andere zu den juribus fiscalibus gehörige Fälle vorkommen, von welches etwas, als von Abschoß und Nachsteuer, Confiscationibus, haereditatibus caducis und dergleichen zu unsern Cassen fliesset; so haben Fiscaele solches hinter ihren fiscaelischen Straf-Listen jedesmahl ordentlich mit anzuzeigen, und die von Uns unterm 27. Martii, 1744. allergnädigst verwilligte Quotam von solchen durch ihren Fleiß betriebenen Sachen nach wie vor zu gewärtigen.
§. 34. Hauptsächlich aber muß der Adjunctus Fisci, oder andere der jedem Collegio bestellter erster Fiscal, sein Augenmerck dahin richten, daß dieser neuen Process-Ordnung nachgelebet werde, zu welchem Ende er sich alle Tage in denen Audientzen einfinden, von Anfang bis zum Ende da bleiben, und Achtung geben muß, ob etwas gegen die Ordnung, und wider ein in Jure fundirtes Interesse Fisci verhandelt oder vorgetragen werde.
§. 35. Insonderheit muß er auch bey Publicirung derer Sententzien Acht haben, ob und weme vom Collegio zugleich nomine Fisci, (wie das Collegium allezeit bey vorkommenden Umständen ex officio zu thun gehalten, und nicht zu übergehen hat,) etwas erkannt, oder dem Fisco vorbehalten worden, oder ob bey dem Vortrag derer Advocaten, oder sonst in Schriften und Acten, etwas vorkomme, so in das fiscalische Interesse einschlägt, worüber sodann dem Fiscali Terminum auszubringen jederzeit freygelassen seyn muß.
§. 36. Wann das Collehium dem Fisco per
sententiam, oder andere Verordnung, etwas aufträgt, und es dienen verschiedene
Fiscaele bey demselben, soll es allezeit den Fiscal nahmentlich ausdrücken, der
die Sache übernehmen, respiciren und ausrichten soll.
(71)
Erster Theil. Tit. XIII.
§. 37.
Im Fall er etwas Unanständiges von einem Membro Collegii, oder Subalternen,
wahrnehmen oder erfahren solte, muß er solches dem Präsidenten in geheim
anzeigen, und die Remedur suchen.
§. 38.
Wann auf einen oder den andern einiger Verdacht, insonderheit bey
fiscalischen Sachen, einer Corruption
fallen solte, muß er dem Präsidenten sofort Nachricht davon geben, welcher die
Sache untersuchen, und allenfalls die Partey eydlich darüber befragen muß.
§. 39.
Dahingegen wollen Wir Unserm Advocato Fisci Unsern mächtigen Schutz angedeihen
lassen, und gegen ihn niemals ohngehörter Sache etwas verfängliches
verordnen.
§. 40.
Die übrigen Fiscaele müssen gleichfalls auf Unsere Regalien und alle
auszustehende Befugnisse und Gerechtsame genaue Achtung geben, Unsern Nutzen
und Frommen ihrem äussersten Vermögen nach suchen und befördern, Schaden,
Nachtheil und Gefahr verhüten, und demselben überall vorzukommen suchen.
§. 41.
Wann jemand von denen Fiscaelen zur Untersuchung, und auf Commission, oder zur
Abhörung der Zeugen in Inquisitionibus und fiscalischen Processen, in die
Städte und Aemter verschicket wird, muß er darinn nach den vorgeschriebenen
Ordnungen legal verfahren, was ihm aufgetragen prompt expediren, und nicht erst
einige Wochen damit warten; imgleichen, wann er sich in seinen Acten auf eine
nicht überall bekannte Special-Verordnung
bezieht, solche, wie unterm 20. Mart. 1728. befohlen, zur Nachricht des
Urthelsfassers selbigen copeylich beylegen, auch die Acta, Rotulos und
Berichte, höchstens binnen 8. Tagen nach verrichteter Commission, bey Verlust
seiner Gebühren, abgeben; übrigens gemäß Unserer Verordnung vom 22. Aug. 1742.
nicht bey den Parteyen selbst, weil daher leicht Verdacht einer Parteylichkeit
entstehet, Quartier und Obdach nehmen.
(72) Erster Theil. Tit. XIII.
§. 42.
Er soll dabey denen Rathhäusern und in denen Gerichten und Aemtern gelegentlich
nachfragen und nachsehen, ob die Justitz nach Vorschrift unserer Ordnungen, und
besonders in den Aemtern nach dem Reglement vom 28. Aug. 1728. gebührlich
verwaltet, ordentliche Gerichts-Tage gehalten, die Vormundschaften, Deposita,
Acta und Registraturen in gehöriger Ordnung geführet, und dasjenige, was Wir
dieser letztern halber in dem Reglement vom 21ten Jul. 1723. vorgeschrieben,
und darauf Acht zu haben denen Fiscaelen unterm 31ten Jan. 1742. specialiter
befohlen haben, überall beobachtet werde; Nicht weniger muß er ob die Edicta
und Patente, in Policey- und andern gemeinen Sachen ordentlich in Bücher
gesammlet und aufbehalten, ob, wann, und wie sie publiciret, auf selbigen (wie
solches allezeit geschehen muß) notiren, und, wie sie befolget werden, anmercken,
als worüber, und wie er es gefunden, er ein Memoriale halten, und solches bey
seiner Zurückkunft vorlegen, auch ihn unbenommen seyn soll, wider die
Unter-Obrigkeiten, so Unsern Edicten nicht nachgehen; Terminum auszubringen.
§. 43.
Alle Gerichts-Bediente, und ein jeder Unterthan, ist schuldig, wann sie von
denen begangenen Delictis und strafbaren Verbrechen einige Nachricht erhalten,
Unserm Officio fisci bey ihrem End und Pflichten, ohne Ansehen der Person,
Nachricht davon zu ertheilen.
Doch
müssen die Gerichte und Magisträte es nicht erst auf die Fiscaele ankommen
lassen, sondern wann die Uebertreter unter ihrer Jurisdiction stehen, selbst
ihren Pflichten und Unsern Gesetzen nach gegen selbige verfahren, und nur in
andern Fällen, da der Uebertreter ihnen nicht unterworfen, aber es sonst die
Umstände erfordern, sich an das Officium fisci wenden; in übrigen aber dem
Officio fisci überall hülfliche Hand leisten, und wann der General-Fiscal etwas
selbst, oder durch andere, an sie gelangen lässet, oder zu erinnern findet,
solches in gebührliche Erwegung nehmen, und das Nöthige sofort remediren.
(73)
Erster Theil. Tit. XIII.
§. 44.
Wann die denunciirte Verbrechen an solchen Orten begangen werden, wo denen
Unter-Gerichten in Criminalibus die Jurisdiction zustehet, müssen die Fiscaele
sich der Cognition enthalten, auch, wann ihnen aus Versehen eine Untersuchung
an solchen Orten committiret
wird,
bey Verlust der Gebühren solches anzeigen, folglich denen von Adel nicht in
ihre Gerichte greifen, und wann sie jemand von dessen Unterthanen nöthig haben,
dieselbe darum requiriren; es wäre dann, daß aus besondern Ursachen von Uns ein
andres verordnet würde. Jedoch müssen sie Achtung geben, daß bey denen
Unter-Gerichten rechtlich verfahren, die aus denen Provintzen, imgleichen von
denen Alt- und Ucker-Märckischen Ober-Gerichten Quartal wie auch die von denen
Unter-Gerichten einlaufende monathliche Listen (welche aber nicht, wie bisher
geschehen, so obenhin, sondern deutlich zu fassen, und insonderheit allemahl
darin genau zu exprimiren, was erkannt, und wie es zur Execution gebracht
werden müssen) dem Officio fisci communiciret, nicht weniger vom hiesigen
Hof-Gericht nach wie vor alle Monath, und von dem Stadt-Gericht alle Wochen die
Gefangen-Listen an Uns und dem General-Fiscal, vermöge Unserer Verordnung vom
9. Jan. 1733. richtig abgeliefert werden; wie sie dann auch auf solche
Processe, Inhalts der Ordre vom 4.Sept. 1737, wohl Acht geben müssen.
Es wird
aber denen Unter-Richtern, insonderheit denen adelichen Obrigkeiten auf dem
Lande, hierdurch ernstlich anbefohlen, rechtsverstandige, gewissenhafte und
geschworne Gerichts-Verwalter zu halten, oder wenigstens in Criminal-Sachen
dergleichen Personen zu gebrauchen, wohl verwahrte Gefängnisse zu haben, und
die Inquisitions-Processe legaliter instruiren und beschleunigen zu lassen,
weil sie sonst nicht allein aller Gebühren verlustig erkannt, sondern dem
Befinden nach bestraft, oder ihrer Jurisdiction verlustig erkläret werden
sollen.
(74)
Erster Theil. Tit. XIII.
§. 45.
Kein Officialis Fisci soll in Sachen, welche das Interesse Fisci directe oder
indirecte angehen, dem Gegentheil advocando dienen; auch, wenn in einer Sache,
die er würcklich bedienet, nachhero ein fiscalisches Interesse sich hervor thäte,
muß er alsofort davon abstehen, und sie einem andern überlassen.
§. 46.
Officiales fisci müssen auch keinesweges Sachen unter dem Praetext, daß sie
fiscalisch seyn, an sich ziehen, und dem Gegentheil dieselbe dadurch schwerer
machen.
§. 47. Wann
eine Sache, wobey Fiscus interessiret ist, auf Commission gerichtet wird, muß
der Fiscalis vigiliren und erinnern, damit sie Fortgang habe, die Commission
gehalten, und unverzüglich geendiget werde.
Wann die
Commission hierunter säumig ist, muß er solches dem Collegio anzeigen.
§. 48.
Wann Acta nachzusehen, so sollen sie denen Fiscaelen von dem Gericht vorgelegt,
aber niemahlen mit nach Haus gegeben werden; es wäre dann, daß sie eine
ordentliche und weitläuftige Deduction ex Actis verfertigen müsten: Auf solchen
Fall sollen ihnen Acta geheftet und foliiret gegen einen Schein abgefolget, und
solches von dem Präsidenten befohlen, auch weitläuftige Rotuli Testium, welche
nicht sogleich abgeschrieben werden können, auf einige Tage in Originali
mitgegeben werden.
§. 49.
Nicht weniger sollen den Fiscaelen, nach Unserer Verordnung vom 10. Jul. 1740.
wann fiscalische Sachen nach Hofe geschickt, oder davon an Uns berichtet
worden, die darauf ergangene Decisa und Resolutiones abschriftlich
zugefertiget, und solches bey Einlaufung dergleichen Sachen vom Decernenten mit
darauf verordnet, auch, zu was für einen Departement solche eingesandt,
angezeigt werden, damit sie solche nöthigenfalls urgiren können; Wie es dann im
übrigen dabey bewendet, daß dem General Fiscal nach Unsern bereits unterm 22.
Dec. 1716. ergangenen Rescript von Unsern Edicten die nöthige
(75)
Erster Theil. Tit. XIII.
Exemplarien,
und von General-Ausschreiben eine Abschrift, (wie solches die expedirende
Secretarien unter den Concepten zugleich anzumercken haben,) zugestellet, auch
was der General-Fiscal sonst zu Unserm Dienst und seinem Amt aus dem Archiv und
Cantzeleyen, oder den Registraturen derer Collegiorum, auch Ober- und
Unter-Gerichten, nöthig hat, jedesmahl gegen seinen Zettel communiciret, Acta
aber zum Nachsehen demselben niemahls verweigert, und denen andern Fiscaelen
ebenfalls hierunter nach ihrer Nothdurft an die Hand gegangen werden solle.
§. 50.
Wir wollen auch, daß Unsere Collegia,
gleich wie sie selbst auf die Aufrechthaltung Unserer Constitutionen und Edicten vornehmlich bedacht, und Custodes legum seyn, und bey deren Contravention die Fiscale selbst
excitiren müssen; also auch selbige darinn den Fiscaelen alle gebührende
Assistentz leisten, sie auf ihre Vorstellungen jedesmahl deutlich bescheiden,
denen juribus & privilegiis fiscalibus sich nicht zuwider bezeigen, noch
sich eigenbeliebige Declarationes Unserer Edicten anmassen, ihre Cantzeleyen zu
prompter Expedition der fiscaelischen Sachen, Abschriften der Sententzien, und
was Fiscus sonst bedarf, anhalten, und denselben unter dem wichtigen Vorwand
der Auslösung keine Verzögerung, noch sonst verstatten sollen, daß die Fiscaele
von jemand, auch selbst nicht von Räthen des Collegii, und in den Registraturen
und Cantzeleyen, ungeziemend angegriffen, denenselben übel begegnet, sie
verunglimpfet, und wegen Beobachtung ihres Amts verfolget werden; wie Wir von
diesen allen bereits im dem Edict vom 22. Dec. 1716. und der Verordnung vom 7.
Jul. 1717. und 8. May 1735. Versehung gethan, und zugleich verordnet haben,
daß, wann der General-Fiscal was zu erinnern hat, solchem von denen Collegiis
abgeholfen werden solle.
(76)
Erster Theil. Tit. XIII.
§. 51.
In fiscaelischen Sachen sollen sie mit niemanden transigiren, noch von dem
Process abstehen; sondern, wann sie die Sache darnach beschaffen finden,
Verhaltungs-Befehle von dem Cammer-Gericht darüber einholen.
§. 52.
Wann die Partheyen in Sachen, da der Fiscus interessiret ist, sich vergleichen,
so kan solcher dem Interesse Fisci nicht praejudiciren, sondern demselben
bleibt sein Recht über kurz oder lang vorbehalten.
§. 53.
Die Fiscaele müssen niemahls ohne schriftliche Anzeige der Ursache, und des
Präsidenten schriftlicher Einwilligung verreisen, auch sich alsdann jedesmahl,
wie bereits in dem vorigen fiscalischen Reglement de Anno 1722. und sonst
öfters verordnet, bey dem General-Fiscal melden, ihm ihre Commissoriale
vorzeigen, bey der Zurückkunft aber, wie die Sache ausgefallen, anzeigen.
Wann sie
die Bewilligung erhalten, müssen sie, bey 2 Rthlr. Strafe, einen Substitutum
bestellen, und denselben zulänglich über alle Sachen instruiren, welcher in
ihren Nahmen denen Audientzen beywohnen, und bey dem Constitutioniren die
Nothdurft beobachten könne, damit der Lauf des Processes dadurch nicht aufgehalten
werde.
§. 54.
Es sollen aber solche Verschickungen von Unserm Collegiis nicht ohne Noth
veranlasset, sondern von selbigen dahin gesehen werden, daß die Magisträte und
Beamte tüchtige Justitiarios oder Secretarios und Actuarios halten, welche eine
Untersuchung instruiren können, damit es solchergestalt der öftern Verschickung
des Fiscaele nicht bedürfe.
Wann die
Fiscaele Berichte und andere Sachen einschicken, müssen sie zum Nachtheil
Unseres Post-Interesse keine Privat-Sachen mit einschliessen, und unter dem
fiscalischen Siegel, nach der Verordnung vom 9. Febr. 1734. niemahls andere,
als fiscalische Sachen, bey Vermeidung der nachdrücklichsten Beahndung,
Post-Frey abgehen
(77)
Erster Theil. Tit. XIII.
lassen,
und solches zugleich auf denen Briefen und Paqueten notiren.
§. 55.
Im übrigen müssen die Fiscaele alles, was ihnen von Unsern Geheimnissen
anvertrauet wird, oder sie sonst erfahren möchten, bis in ihre Grube, ohne
Unterscheid, sie bleiben in unsern Diensten, oder nicht, verschwiegen halten.
§. 56.
Vor diese ihre Mühwaltung haben Wir ihnen nicht allein eine gewisse Besoldung
beygeleget, sondern ihnen zugleich die Freyheit verstattet, in Privat-Sachen zu
advociren; Wie sie denn auch von denen erkannten Strafen einen Theil zu hoffen
haben, wann auch schon die Strafe ex capite gratiae remittiret werden solte,
als in welchem Fall, wann die Strafe über 10 Rthlr. gewesen, der Bestrafte ihm
die Quotam bezahlen soll.
Es ist
aber dieses von denen caducirten Lehnen, und andern wegen Verbrechen
eingezogenen Gütern, auch Strafen, so über 1000 Rthlr. belaufen, nicht zu
verstehen, sondern Wir wollen denenselben bloß eine Discretion davon zuwenden.
§. 57.
Wann sie in denen Königl. Aemtern die Diaeten und Vorspann erhalten, können sie
dieserwegen dem Inquisito nichts anrechnen; Sonst aber haben sie die Bezahlung
ihrer Gebühren praevia liquidatione & moderatione per Sententiam von denen
Schuldigen, wann sie des Vermögens, zu erheben.
§. 58.
Im übrigen wollen Wir auch denen Hof- und übrigen
Fiscaelen Unsern Königl. Schutz gegen alle Gewalt und Unrecht angedeihen
lassen.
§. 59.
Schlußlich müssen sich die Fiscaele mit nachfolgendem Eyd verbindlich machen:
Ich N.
N, gelobe und schwere, daß, nachdem der Allerdurchlauchtigste, (et)c. (et)c.
mein allergnädigster König und Herr, mich zu Dero Advocato und Hof-Fiscal bey
dem Chur-Märckischen Cammer-Gericht bestellet und angenommen, Deroselben ich
getreu, gehorsam
(78)
Erster Theil. Tit. XIII.
und
gewärtig seyn, Dero Bestes wissen und befördern, Schaden und Nachtheil aber
warnen, und nach Vermögen abwenden, ferner alle und jede fiscalische Sachen, so
mir aus allerhöchstgemeldter Seiner Königl. Majestät Cammer-Gericht anbefohlen,
und mir sonst kund werden, mit getreuen Fleisse und meinem besten Verstande
nach treiben, fordern und fortsetzen, auch emsig dahin trachten wolle, daß alle
Maleficia, Verbrechungen, Criminal- und Poen-Fälle, darin auch ohne einige
Anklage der Partheyen, Amts-wegen zu procediren sich gebühret zur gerichtlichen
Cognition und Strafe gezogen werden, zu welchen Behuf ich jederzeit, was ich in
Erfahrung bringe, dem königlichen Cammer-Gericht getreulich denunciiren und
berichten, auch von Ihr desfalls Verordnung erwarten will, auch Inhalt der
neuen Cammer-Gerichts-Ordnung und üblichen Rechten verfahren, die verwirckte
Strafen zur Execution befördern, daß selbige in die Land-Renthey gebührlich
eingeliefert werden, dem Präsidenten auch alle Quartal, oder zum längsten alle
halbe Jahre eine richtige Specification der fiscalischen Processe zur Nachricht
einhändigen, sonsten aber kein Geschenke, Gift oder Gaben annehmen will, oder
durch andere nehmen lassen: in meinem Amte will ich ohne Ansehen der Persohnen,
Freund- oder Feindschaft, Gunst oder Ungunst, aufrichtig und gleich durchgehen,
auch alles andere thun was einem ehrlichen und getreuen Advocato und
insbesondere einem Fiscali gebühret, auch der neuen Cammer-Gerichts-Ordnung
gemaß ist. So wahr mir GOtt helfe durch JEsum Christum (et)c.
(79)
Erster Theil. Tit. XIV.
Tit.
XIV.
Von
denen Advocaten.
§. 1.
Es sollen
künftig bey Unserm Cammer-Gericht nicht mehr als zwölf Advocaten, inclusive der
Fiscaele beybehalten, die andere aber alle von dem Praxi bey diesem neuen
Collegio dispensiret werden.
§. 2.
Diejenige Advocaten, welche nicht in Berlin, sondern in andern Städten wohnen,
und als Cammer-Gerichts-Advocaten vorhin recipirt gewesen, sollen künftig bey
dem Cammer-Gericht keine Praxin treiben, und keine Schriften weiter
unterschreiben, sondern sie müssen ihre Partheyen anweisen, einen von denen
nunmehr bey dem Cammer-Gericht bestellten Advocaten anzunehmen, und durch
denselben die Nothdurft schrift- und mündlich vorstellen zu lassen. Und wenn
ein Cammer-Gerichts-Advocat die von andern concipirte Schrift unterschreibt,
und übergiebt, muß es damit wie unten §. 18. seqq. versehen, gehalten werden.
Es
stehet aber denen Provincial-Advocaten bis auf fernere Verordnung frey, in
denen Städten und Aemtern, wo es herkommens, den Praxin zu treiben und
fortzusetzen.
§. 3. Es
müssen auch die Magistraete und andere Corpora, ihre Schriften durch einen
Cammer-Gerichts-Advocaten unterschreiben, und durch denselben künftig bey dem
constitutioniren die mündliche Vorträge thun, und den Process instruiren
lassen: Es bleibt aber dabey, daß die Magistrat-Persohnen, wie bishero gebräuchlich
gebräuchlich (!) gewesen, die Satz-Schriften, welche sie durch ihre Syndicos
verfertigen lassen, auch selbst unterschreiben müssen.
§. 4.
Und weil die Beschleunigung der Processe hauptsächlich auf die Advocaten
ankommt, so wollen Wir
(80)
Erster Theil. Tit. XIV.
künftig
keine als geschickte, gelehrte und in praxi erfahrne Personen, (welche
wenigstens 4 Jahr bey einem Unter-Gericht practisiret, oder so viel Jahre bey
einem tüchtigen Advocaten gearbeitet, und Schriften verfertiget haben, und ein
von dem gantzen Gericht unterschriebenes, oder auf Eyd und Pflicht von dem
Advocaten ausgestelltes Attest, von ihrer bisherigen Praxi und guten Conduite,
produciren müssen) bey denen Ober-Gerichten annehmen.
Es
sollen auch keine Leute von verächtlichen und armseeligen Herkommen, auch nicht
leicht Handwercker Kinder zu Advocaten angenommen werden, weil dergleichen
Leute keine Mittel haben sich eine gute Theorie zu erwerben.
Diese
Canditaten sollen a) in Berlin zwey Tage hinter einander bey Unserm
Cammer-Gericht, in Gegenwart aller Räthe, Advocaten, und anderer gelehrten
Leute (zu welchem Ende es in denen Zeitungen, und Intelligentz–Blätter kund zu
machen) aus der Theoria Juris, und den 3ten Tag aus der Churmärckischen
Process-Ordnung examiniret, und zwey Räthe dazu von dem Praeside benannt
werden.
b) Soll
ihnen eine wichtige Sache zu Verfertigung einer Probe-Relation zugestellet,
einer von denen Examinatoren zum Correferenten ernannt, und beyde Relationes in
pleno verlesen werden.
c) Und
weil es bey einem Advocaten zugleich auf einen guten deutliche, und kurtzen
Vortrag ankommt; so soll ihm eine wichtige Sache mündlich vorzutragen, und zu
defendiren aufgetragen werden.
d) Wann
dieses alles geschehen, muß das Collegium über des Competenten Capacité, und
wie er in allen 3en Stückten bestanden, sein Gutachten auf seinen Uns
geleisteten Eyd, ohne Ansehung der Persohn abstatten, und das Protocoll, worin
die Vota singulorum notirt werden
(81) Erster Theil. Tit. XIV.
den ufsen, beyfügen, da Wir denn wegen dessen Reception oder Abweisung das benöthigte verfügen werden.
c) Wenn jemand zum Examine admittirt werden soll, muß er 10 Rthlr. erlegen, welche, er mag angenommen oder abgewiesen werden, der Sportul-Casse zufliessen sollen.
f) Bey denen Unter-Gerichts-Advokaten brauchet es bloß eines Examinis aus der Theoria Juris, und der Prozess-Ordnung, wie auch, daß er Hofnung von sich gebe, durch längere Uebung sich zur Advocatur tüchtig zu machen. Es werden auch pro examine nicht mehr als 5 Rthlr. zur Sportul-Casse gegeben.
§. 5. Es müssen die Advocati, bey Strafe der Cassation, keine andere Aemter und Handthierungen, in specie aber keine Justitiariate, oder Commissiones auf dem Lande annehmen, auch in keinem anderen Judicio als bey dem Cammer-Gericht denen Partheyen patrociniren.
§. 6. Es soll bey einer jeden Sache nur ein Advocatus (nebst dessen Substituto) gebraucht werden, und wann dieser sich einmahl ad Causam legitimiret, soll kein anderer bey 5 Rthlr. Strafe wissentlich ein Memorial in derselben Sache verfertigen, oder unterschreiben.
§. 7. Es muß auch kein Advocat denen Partheyen sein Patrocinium ohne wichtige Ursache (worunter aber die Furcht vor Menschen nicht gerechnet werden kan) versagen, sondern auf der Parthey Anhalten dazu bey 20. Rthlr. Strafe angehalten werden.
§. 8. Wie dann auch derjenige Advocat, der in prima InstantiaVollmacht angenommen, in allen Instantzen das Patrocinium continuiren, und, wann es nöthig, bey denen Ober-Gerichten einen andern Advocaten substituiren muß.
§. 9. Die Advocaten müssen auch nicht mehr Sachen annehmen, als sie bestreiten können; würden sie sich aber damit überhäufen, und ihren Partheyen dadurch etwas versäumen, sollen sie zur Ersetzung des Schadens angehalten werden.
(82) Erster Theil. Tit. XIV.
Wie denn auch, wann eine Sache zu schwer ist, und über ihre Spehram steiget, solche von sich abweisen müssen, oder wann etwas dabey versehen ist, vor den Schaden stehen.
§. 10. Die Advocaten müssen nicht promiscue alle vo(r)kommende Sachen annehmen, noch sich auf die ihnen zugefertigte Infomation verlassen, sondern 1) von der Parthey selbst, nach denen bey der Sachen vorkommenden Umständen, Erkundigung einziehen, und zu dem Ende
2) Die Documenta und Beweisthümer, worauf sich die Klage gründet, auf das sorgfältigste examiniren.
3) Wann sich die Documenta auf andere Schriften referiren, solche einfodern.
4) Wann der Beweis durch Zeugen geführt werden müste, sich nach deren Zahl, Nahmen, Wohnung und Qualitaet erkundigen. Oder,
5) Der Parthey an die Hand geben, wie sie den Beweis anschaffen solle, und müsse.
6) Die Parthey befragen, was etwa der Gegentheil vor Exceptiones einwenden möchte (et)c. Item
7) Ob mehrere Interessenten seyn, welche zu Anstellung der Klage der Klage concurriren müssen, oder ob
8) Von Seiten des Beklagten mehrere Interessenten vorhanden, welche mit citirt werden müssen, ferner und
9) Ob der Kläger unmündig oder sonst eines Curatoris benöthiget, auch ob unter den Litis Consorten Pupillen und Minores vorhanden, welchenfalls die Tutoria und Curatoria angeschaft werden müssen.
Item, ob der Beklagte und dessen Consorten in solchem Zustand sich befinden: damit die Tutores und Curatores gehörig citirt (?), oder wann sie noch nicht bevormundet seyn, der Kläger um deren Bestellung anhalten könne.
(83) Erster Theil. Tit. XIV.
10) Ob der Kläger zur Caution pro reconventione & expensis oder de judicio sisti &c angehalten werden könne, da dann zu deren Praestierung bey Zeiten Anstalt gemacht werden muß (et)c.
11) Ob das Forum gegründet. Ueber welche Umstände
12) Der Advocat ein richtiges Protocoll halten, oder wann hiernächst durch Versäumung dieser Nachfrage der Process aufgehalten werden solte 2 bis 5 Rthlr. Strafe erlegen.
13) Wann der Advocat solchergestalt die völlige Instruction eingenommen, muß er hauptsächlich eine Vollmacht von allen Interessenten sich anschaffen, und bey 5 Rthlr. keine Action ohne sothane Vollmacht ansteilen. (Vid. Tit. seq. §. 1.) derselben die Tutoria und Curatoria in Copia Vidimata beylegen, und jederzeit einen Substitutum darinn benennen. Und
14) Darauf den Libellum gehörig verfertigen, und mit Beylegung aller Documenten übergeben. Vid. Part. III. Tit. VI. § 3. & seq.
§. 11. Gleichergestalt muß des Beklagten Advocat sich nicht an die ihm zugefertigte Information binden, vielweniger sich auf dieselbe verlassen, sondern so viel möglich die Parthey selber examiniren, und dieselbe befragen
1) Was sie für Exceptiones gegen die Kläger einzuwenden vermeine, auch
2) Wie sie die Exceptiones zu erweisen gedencke, zu dem Ende muß Er die Documenta nachsehen, sich wegen der Zeugen, deren Nahmen, Wohnung und Qualitaet, wann dergleichen vorhanden, erkundigen, und alles, was zum Beweis gehöret, zur Hand schaffen oder der Parthey an die Hand geben. Item
3) Sich nach denen Interessanten, welche etwa adcitiret werden müsten, nicht weniger
4) Ob einem Tertio lis zu denunciren, oder
(84) Erster Theil. Tit. XIV.
4) Gegen den Kläger einer Reconvention anzustellen nöthig, sorgfältig sich erkundigen; Anbey
6) Vor allen Dingen eine richtige Vollmacht sich anzuschaffen, und, wie solche einzurichten, der Parthey an die Hand geben.
§. 12. Wann des Actoris oder Rei Advocat die Parthey nicht mündlich zu examiniren Gelegenheit hat, und in der ihm zugefertigten Information die Sache nicht vorbeschriebner massen instruiret ist, muß er die Action nicht eher anstellen, bis er eine nähere, und völlige Information erhalten.
Beyde Advocati müssen auch die Partheyen befragen, ob sie in Casum einer wiedrigen Sententz Remedia einwenden sollen, weil Se. Königl. Majestät die Remedia pro salvando jure abgeschaft wissen wollen, welche öfters bloß dieserwegen eingewandt werden.
§. 13. Wann die Advocaten in ihrem Gewissen überzeugt seyn, daß die Sache offenbahr unrecht ist, müssen sie dieselbe nicht annehmen, sondern die Partheyen von ihrem Fürnehmen abrathen, ihnen die schwere Process-Kosten, die Verletzung ihres Gewissens, und die Erwerbung des göttlichen Zorns, auch der richterlichen Strafe zu Gemüthe führen; sich selbst aber durch die Hofnung des Salarii nicht zum offenbahren Meineid verleiten lassen.
Wann sie aber auch einigermassen zweifelhaft anscheinen möchte, müssen sie suchen die Sache unter sich zu vergleichen, oder mit Bewilligung der Partheyen auf einen Rath des Collegii compromittiren.
Im Fall ein Advocat einen zweifelhaften, und weit aussehenden Process, ehe er zu der letzten Instanz kommt, vergleichet, sollen demselben so viel als die ganze Instantz austragen würde, dafür in der Rechnung passiret werden.
Es muss aber der Advocat jederzeit, wann die Sache verglichen wird, oder sonst durch Bezahlung der Process geendiget worden, solches bey Verlust seiner Gebühren bey dem Constitutioniren anzeigen, und zugleich seine
(85) Erster Theil. Tit. XIV.
Gebühren liquidiren, damit die Acta reponirt, und aus der Process-Liste gelöschet werden können.
§. 14. Weil nun von dieser Instruction die gantze Beschleunigung des Processes dependiret, allermassen die Advocaten, wann sie gleich Anfangs eine völlige Information erhalten, und daher nicht nöthig haben unnöthige Incident-Puncten und daraus folgende interlocutorias zu veranlassen, aber Dilationes zur Einholung einer näheren Instruction, und zu Verfertigung ihrer Schriften, (wozu sie die Materialien schon bey der Hand haben) zu suchen, oder durch Recocta die Schriften in der zweyten und dritten Instantz zu vergrößern; So soll ein jeder Advocat auf des Präsidenten Verlangen, seine Privat Acten zu produciren schuldig seyn, damit dieser daraus ersehen könne, ob der Advocat vor angestellter Klage diese Vorschrift beobachtet, und ein richtiges Protocoll darüber gehalten habe; Wann solches nicht geschehen, und der Process dadurch verzögert worden, muß der Advocat mit 5. bis 10 Rthlr. bestrafet, und dem Befinden nach gar cassiret werden.
§. 15. Weil Wir aber auch wahrgenommen, daß alle Unsere nachdrückliche Edicte, wegen Beschleunigung der Processe, keinen Effect daher gehabt, weil die Advocaten von einer jeden Schrifft und Verhör sich die Gebühren bezahlen lassen, und daher durch unzähliche Memoralien, Incident-Puncten, Verhöre, Restitution-Gesuche, den Process zu verlängern, gesucht haben: so haben Wir kein kräftiger Mittel gefunden, die Advocaten im Zaum zu halten, als deren Gebühren usque ad finem litis auszusetzen.
Wir wollen auch unter solchen Gebühren begreiffen die Cantzeley-Gebühren, welche die Advocaten, besage der oben Tit. VIII. §. 6. gemachten Verordnung, vorzuschiessen schuldig seyn.
§. 16. Wir befehlen also allen und jeden Advocaten, bey Vermeidung der unnachbleiblichen Cassation, keine
(86) Erster Theil. Tit. XVI.
Gebühren, sie mögen Nahmen haben, wie sie wollen wenn es auch unter dem Nahmen eines Anlehns, Geschencks, Caution &c. versteckt werden wolte, von einer Parthey anzunehmen, vielweniger de quota litis zu pacisciren, sondern es soll damit folgendergestalt gehalten werden:
§. 17. Bey einer jeden Instantz muß der Advocat bey Uebergebung seiner letzten Schrift, sub poena amissionis, seine Gebühren, (auch diejenige, die er bey Commissionen, und wegen der immediate eingegebenen Memoralien praetendirt,) specificiren. Der Referent muß diese Specification mit denen Acten conferiren, alle überflüßige und unnöthige Kosten vorbey gehen, und solche in dem Urthel, sowohl erster, zweyter, als dritter Instantz, moderiren; die Bezahlung soll nicht eher, bis nach völlig geendigtem Process, erfolgen.
§. 18. Welcher Advocat seine Gebühren gar nicht specificiret, soll deren verlustig erkläret, die Gebühren aber ex officio taxiret, und der Sportul-Casse zuerkannt werden.
§. 19. Weil aber zu vermuthen, daß der Advocat, welcher seine Gebühren nicht liquidiret, solche schon auf eine oder andere Art musse erhalten haben, so stehet dem Judicio frey, ihm sowohl, als der Partey, den Eyd darüber zu deferiren. Wann also der Advocat, entweder vor oder nach geendigter Sache, sein Honorarium ohne vorhergegangene richterliche Ermeßigung fordern, oder, wann es ihm auch ultro von der Partey finita finita lite offeriret wird, annehmen würde, soll er nicht allein dem Fifco quadruplum erstatten, sondern sofort seines Amts erlassen werden.
§. 20. Im Fall auf die blosse Justifications-Schrift in der zweyten und dritten Instantz confirmatorie gesprochen wird, muß der Richter die Gebühren vor diese Schrift ex officio determiniren.
§. 21. Wann auch die Advocaten über die in der Sportul-Ordnung ferstgesetzte Gebühren etwas fordern, oder
(87) Erster Theil. Tit. XIV.
dasjenige, was sie angeben, nicht verrichtet haben, sollen sie auch derer übrigen Gebühren verlustig gehen.
§. 22. Bey Moderation derer Gebühren muß der Referent in jeder Instantz darauf Achtung geben, ob der Advocat redlich gehandelt, und eine gerechte, oder wenigstens zweifelhafte Sache defendiret habe; oder aber, ob die Sache offenbar ungegründet, ob er die Remedia widerrechtlich ergriffen, und unnöthige Incident-Puncte formiret, auch die Schriften mit vielen Recoctis und unnöthigen Allegationen weitläuftig gemacht habe. Ersternfalls soll dem Advocaten ohne höchstnöthige Moderation das liquidirte Quantum passiret werden; Letzernfalls aber soll dessen Honorarium, nebst dem Duplo, jedesmahl der Sportul-Casse zugesprochen werden, und soll von dergleichen Sententzen kein Remedium statt haben.
§. 23. Weil aber diese Verordnung bloß auf Unsere Unterthanen, gegen welche Executio wegen des Honirarii parat ist, gerichtet ist; also können fremde Kläger sich dieser Beneficii nicht gebrauchen, sondern dieselbe müssen dem Advocaten entweder einen zulänglichen Vorschuß thun, oder einen tüchtigen Caventen bestellen, und ist kein Advocat schuldig, bis solches geschehen, das Patrocinium zu übernehmen.
Wann ein Cavent bestellet worden, muß der Land-Reuter nach Ablauf der vier Wochen, nachdem der Cavent zur Bezahlung ermahnet worden, das schuldige Honorarium von demselben abfordern.
§. 24. In Process- und Justitz-Sachen soll kein Memorial, welches nicht von einem recipirten Advocaten unterschrieben ist, bey dem Cammer-Gericht angenommen, sondern solches sofort von dem Registratore dem Präsidenten zugestellet werden.
§. 25. Und gleichwie Wir aus höchst-eigener Bewegung, besage Unsers Edikts vom 26. Jun. 1747. declariret haben, daß, wann Wir dergleichen nicht unterschriebene Memoralien oder Briefe an Unsere Ministres oder
(88) Erster Theil. Tit. XIV.
Collegia remittiren, nichts darauf resolviret werden solle Also müssen Unsere Justitz-Collegia sich allerdings danach achten; In beyden Fällen aber sich nach dem Concipienten erkundigen, und gegen denselben nach Anleitung des folgenden §. 28. verfahren.
§. 26. Am wenigsten aber soll einige Reflexion gemacht, oder etwas decretiret werden auf Briefe und Vorstellungen, so an die Präsidenten gerichtet werden, wann sie schon auf Stempel-Bogen geschrieben seyn: Wie Wir denn auch Unseren Präsidenten und Räthen hierdurch ernstlich verbieten, auf dergleichen Anschreiben jemanden, es sey wer es wolle, zu antworten.
§. 27. Es ist aber keiner Partey verboten, durch ein Schreiben, oder Billet, bey dem Präsidenten um Beschleunigung der Sachen zu bitten; welchenfalls der Präsident die Acta nachsehen, und ex officio remediren muß.
Wie denn auch der Partey frey stehet, wann sie von denen Räthen, oder anderen Gerichts-Bedienten einen rechtmäßigen Verdacht hätte, solche Ursachen des Verdachts dem Praesidi in geheim, oder, wann es vergeblich, durch ein Memorial dem Collegio mit Glimpf und Bescheidenheit anzuzeigen. Vid. P. I. Tit. VI. §. 12.
§. 28. Weil aber die Supplicanten öfters vorgeben, daß kein Advocat ein Memorial verfertigen, oder ein schon verfertigtes und ihnen vorgelegtes Memorial unterschreiben wolle, (et)c. und aber hart seyn würde, insonderheit arme Parteyen aus Mangel des Patrocinii öfters in justa Causa hülflos zu lassen; so haben Wir folgende Verordnung in dergleichen Fall zu machen nöthig gefunden:
1) Wann ein Supplicant, welcher vorhin einen Advocaten, es sey in der Unter- oder Ober-Instantz, gehabt, klaget, daß dieser nicht weiter dienen, oder kein Memorial verfertigen, oder das ihm vorgelegte nicht unterschreiben wolle, so soll dem Adocaten per Decretum anbefohlen werden, die Ursache das von anzuzeigen; welches Decret ohne Extension
(89) Erster Theil Tit. XIV.
dem Supplicanten zur Bestellung mitgegeben werden muß: Und ist der Advocat schuldig, bey 2. Rthlr. Strafe, dem Collegio die Ursache binnen einer gewissen ihm zu determinirenden Zeit auf Eyd und Pflicht anzuzeigen.
Wann 2) über den Advocaten selbst geklaget wird, deß er die Remedia nicht interponirt, oder sonst etwas bey der Sache versäumet habe, muß der Präsident einen Rath committiren, die klangende Partey zu examiniren, Acta nachzusehen, (welche dem Befinden nach avocirt werden sollen,) und nach Eyd und Pflicht davon zu berichten, da dann, wann die Klage gegründet ist, der Partey ein anderer Advocat ex officio zugegeben werden soll.
3) Wann der Supplicant vorher keinen Advocaten gehabt, und über eine Verordnung oder Zumuthung derer Gerichte, es sey in der Ober- oder Unter-Instanz, sich beschweret, kein Advocat aber dienen, oder das ihm vorgelegte Memorial unterschreiben wolte; so soll der Präsident dem Supplicanten einen Advocaten anweisen, und diesem per Decretum ohne Extension anbefehlen, die Partey gegen die Gebühren zu examiniren, derselben, befundenen Umständen nach, entweder zu dienen, oder Ursache, warum solches nicht geschehen könne, auf Eyd und Pflicht anzuzeigen.
4) Wann eine Parthey solche Umstände anführet, deren Wahrheit der Adavocat nicht wissen kan, sondern dieser, aus Mangel der Information, was ihm die Partey vorsagt, glauben muß, insonderheit wann periculum in mora ist, so wollen wir denen Advocaten erlauben, in dergleichen Sachen (wann nur nichts contra jura notoria, oder zur Verunglimpfung des Richters und der Partey gesucht wird,) gegen die Gebühr Memoralien zu verfertigen; Sie müssen aber alsdenn von dem Supplicanten einen
(90) Erster Theil. Tit. XIV.
eigenhändigen Revers dem Memorial, welches sie auf dessen Vorstellung verfertiget, oder unterschrieben, beyfügen, des Inhalts:
Daß alles, was er dem Advocaten vorgesagt, oder in dem ihm vorgelegten Memorial enthalten, der Wahrheit gemäß sey, und wann er unrecht habe, sich der richterlichen Bestrafung unterwerfen wolle.
Wobey er zugleich den Nahmen des Conicipienten, wann ein anderer das Memorial gemacht, an Eydes statt anzeigen, der Advocat aber ohne diese Anzeigung das Memorial nicht unterschreiben muß.
Worauf das Cammer-Gericht bloß ein Rescriptum justitiae ertheilen, und benöthigten Falls eventualiter Bericht erfordern, niemahlen aber den Lauf der Justitz hemmen muß.
Der Unter-Richter muß dem Querulanten, wann er es verlangt, bey 2 Rthlr. Strafe, ein Recipisse ertheilen, binnen 8 Tage den Bericht, wann er erfodert wird, ex officio abzustatten; sonst aber dem Querulanten cum rationibus beschreiben.
5) Wann das Cammer-Gericht aus denen Berichten derer Advocat oder Unter-Gerichte findet, daß der Supplicant contra Acta & Jura etwas gesucht, oder sich ohne Grund wider die Gerichte beschweret habe, so soll die Partey und der fremde Concipient, jeder mit 10 Rthlr. Strafe, oder 14 tägiger Gefängniß bey Wasser und Brodt, beleget, und die Execution ohne Anstand realisiret, auch nöthigen Falls denen Unter-Gerichten solche zu realisiren anbefohlen werden.
Wann sich 6) jemand, nachdem er mit Grund beschieden worden, wieder meldet, muß er zuforderst das
(101) Erster Theil. Tit. XIV.
wann sich dergleichen Casus findet, das Officium Fisci excitiren, oder an Uns immediate berichten müssen.
Jedoch wird hierdurch ein rechtmäßiges Patrocinium der Bedrängten niemand verboten, oder abgeschnitten.
§. 56. Wann ein Advocat bestraft wird, und innerhalb 8. Tagen die Strafe nicht von selbst erleget; so soll dieselbe absque Monitorio durch den Cantzley-Diener, und wann er solche sofort nicht bezahlet, durch den Land-Reuter abgefodert werden.
§. 57. Es muß auch kein Advocat bey Strafe der Cassation sich unterstehen, diese Strafe von der Parthey wieder zu fordern, oder zu nehmen. Und soll dem Fiscal frey stehen, die Parthey allenfals eydlich darüber zu vernehmen.
§. 58. Wegen der Corruptionen werden die Advocaten auf dasjenige, was oben P. I. T. I. §. 22. versehen, nochmahls verwiesen.
§. 59. Wann schließlich jemand ex incuria, negligentia, vel ignorantia advocati eine an sich gerechte Sache verliehrt, so sollen die Referenten, wann sich solches ex actis äussert, denen Partheyen den Regress gegen die Advocaten Ratione Interesse vorbehalten; und ihnen Assistentiam Fisci verstatten, auch solchenfals die Gerichts-Gebühren-Stunden (= stunden).
§. 60. Schließlich soll ein jeder Advocat seinerseits sich angelegen seyn lassen den Process in einem Jahr in allen Instantzen zu endigen.
Wann bey dem Ende des Jahrs sich finden sollte, dass noch einige Processe übrig geblieben, so Wollen Wir eine Commission veranlassen, welche die übrig gebliebenen Acta examiniren, und wer daran Schuld sey berichten solle; da dann entweder das Cammer-Gericht, oder der decernirende Rath, oder die Parthey und deren Advocat, die Kosten bezahlen, und diejenige, die an der Verzögerung Schuld haben, dimittirt werden sollen.
(102) Erster Theil. Tit. XIV. XV.
§. 61. Damit aber die Advocaten destomehr sich mögen angelegen seyn lassen, diese Unsere gerechte, und zum Soulagement Unserer Unterthanen gereichende Intention zu befolgen, so soll ein jeder Advocat mit folgendem Eyd belegt werden:
Ich N. N. schwere zu Gott einen cörperlichen Eyd, daß ich wissentlich keine offenbahre ungerechte Sache annehmen noch defendiren, auch zu solchem Ende keine Klage, ohne vorher die in dieser Ordnung vorgeschriebene Information und Instruction vornehmen, anfangen, und nichts was der Wahrheit zuwieder ist, anführen, vielweniger vorsetzlich etwas leugnen wolle: daß ich auch in zweifelhaften Sachen denen Partheyen die Güte anrathen, oder dieselbe zu einem Compromiss disponiren wolle. Daß ich ferner keine Gebühren neque directe, neque per indirectum, als wenn der Process völlig zum Ende, und derselbe per Judicata decidiret worden, fordern oder nehmen wolle. Daß ich ohne die höchste Noth keine Dilationes fordern, auch die Prosse (= Processe) durch unnöthige und dilatorische Incident-Puncten nicht verzögern, sondern so viel an mir liegt, dieselbe in einem Jahr zum Ende bringen wolle. Daß ich, wann ich hiergegen vorsetzlich und wissentlich handele, als ein Meyneydiger mich der in denen Rechten darauf gesetzten Strafe unterwerfen, und diese neue Gerichts-Ordnung alle Jahr einmahl mit Bedacht durchlesen wolle. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum (et)c.
Tit. XV.
Von Vollmachten derer Advocaten.
§. 1.
Weil kein Advocatus eine Klage anstellen soll, ehe und bevor er eine richtige Vollmacht erhalten, so hat es dabey sein Bewenden.
(103) Erster Theil. Tit. XV.
Wann aber eine Sache vorkommen solte, wo periculum in mora ist, und der Advocat die Vollmacht nicht sobald beyschaffen kan, so soll die Klage zwar angenommen werden: Es muß aber der Advocat de rato caviren, und in dem ersten Termin eine Vollmacht übergeben, wann er solches nicht thut, soll er mit seiner Klage nicht weiter gehöret, sondern dem Kläger die Kosten ex propriis zu bezahlen angehalten, überdem auch als Falsus procurator angesehen, und bestraft, ihm auch keine weitere Dilation zu Beybringung der Vollmacht ertheilet werden.
Derjenige Advocat, der einmahl eine Vollmacht angenommen, muß den Process in allen Instantzen fortsetzen, und wann die Sache an die höhere Judicia devolviert wird, einen andern Advocaten daselbst bey 10 Rthl. Strafe substituiren, oder gewärtigen, daß ihm einer ex officio, und zwar auf seine Kosten substituirt werde.
§. 2. Es sollen aber bey denen Unter-und Ober-Gerichten, auch Commissionen, keine andre als gedruckte Vollmachten (davon das Stück 6 Gr. kostet, und worinn alle nöthige Clausuln enthalten seyn) bey 10 Rthlr. fiscalischer Straffe angenommen und gebraucht, auch, bey Vermeidung gleichmäßiger Straffe, pro extensione solcher gedruckten Vollmacht von denen Clienten, es sey einer oder mehr litis Consorten, nicht mehr als 4 Gr. gefordert und genommen werden.
§. 3. Wer sich dieser Vollmacht bedienet, muß solche eigenhändig unterschreiben, und mit seinem gewöhnlichen Pettschafft bedrucken, und falls er mit keinem eigenen Pettschafft versehen, oder ein andres gebrauchet, soll er solches bey der Unterschrifft zugleich melden, auch diese, wann vielerley eines Nahmens, mit Ausschreibung des Vornahmens exprimiren.
Wann es Pupillen (et)c. betrifft, müssen auch die tutoria und curatoria in vidimata copia beygelegt werden.
(104) Erster Theil. Tit. XV.
§. 4. Wann einem Advocaten ein Blanquet zur Betreibung einer Sache unterschrieben und gesiegelt zugeschickt wird, ist es genug, wann eine gedruckte Vollmacht dem Blanquet beygelegt wird.
§. 5. Diejenige, so des Schreibens unerfahren, sollen, wie ohne dies auch andern frey stehet, vor dem Richter, wo die Sache angefangen, oder auch vor einem andern Gerichte, daß sie den N. N. zu ihrem Bevollmächtigten bestellet hätten, erklären, darüber unter der geruckten Vollmacht eine Registratur verfertigen lassen, und solche übergeben.
Sie können auch von einem Notario und zwey Zeugen ein Attest, wegen des constituirten Bevollmächtigten, unter der Vollmacht ausstellen lassen.
§. 6. Wann von einem Magistrat Vollmacht zu ertheilen, soll genug seyn, wann solche mit des Raths gewöhnlichen Siegel bestärcket, auch von drey, oder, wann so viel nicht vorhanden, von zwey Raths-Membris unterschrieben wird.
§. 7. Die Syndicate aber, oder Vollmachten, welche von Communen in Städten und Dörfern ausgestellet worden, sollen keine Kraft haben, wo sie nicht von dem meisten Theil, und wenigstens 2/3 der Gemeinde entweder gerichtlich, oder in Beyseyn eines recipirten Notarii unterschrieben worden.
§. 8. Bey denen Stiftern soll das Syndicat mit des Collegii Siegel bedruckt und von dem Decano oder in dessen Abwesenheit von dem Seniore unterschrieben, bey denen Clöstern aber mit deren Siegel befestiget, und von dem Abt oder Probst, nebst denen beyden ältesten Conventualen, unterzeichnet, und alle und jede Syndicate bey Communen in Städten und Dörfern auf der Einwohner Erben und Erbnehmern, bey deren Collegiis aber auf die Nachfolger im Amt gerichtet werden: dagegen aber ist die renunciatio beneficiorum excussionis & divisionis nicht nöthig.
(105) Erster Theil. Tit. XV.
§. 9. Wann Gülden oder Gewercke ein Mandatum geben wollen, müssen die sämtliche Altmeister solches unterschreiben, und der Gewercke Siegel darbey fügen.
§. 10. Wann mehrere Vermünder divisis officiis, oder einer nur ad certas causas bestellt, können sie absonderlich erscheinen, auch Anwälde oder Actores constituiren.
Wann sie aber conjunctim bestellt worden, müssen sie zugleich ihrer Pflegbefohlenen wegen vor Gericht handeln, oder einer dem andern genugsame Vollmacht auftragen, oder zusammen einen Actorem bestellen: Es wäre dann mit Anlegung eines Arrestes, oder sonst, periculum in mora, als in welchem Fall auch, wann einer von denen Vormündern ausserhalb Landes verreiset, oder andre erhebliche Ursachen verfallen, ein Vormund allein, und sub cautione rati wegen seines Neben-Vormunds zugelassen wird.
§. 11. Es sollen die Tutores und Curatores, zu Vermeidung aller Streitigkeiten, für ihre Pupillen und Minderjährige alle Actus specialis mandati, (die gerichtliche Transactiones .allein ausgenommen,) ohne deren Zuziehung vorzunehmen, imgleichen Actores allein.zu constituiren Macht haben: Und wird der Minderjährigen Unterschrift, wann sie gleich majorennitati proximi seyn, hierzu nicht erfodert, jedoch hat dergleichen Actorium,sobald der Vormund verstorben, oder dessen Vormundschaft sich sonst geendiget, weiter keine Kraft.
Gleiche Bewandniß hat es auch in diesem allen mit denen Curatoribus.absentium & furiosorum und dergleichen Personen.
§. 12. Wann ein Advocat ein Mandatum generale erhalten, und die Parthey verschiedene.Processe hat, so muß das Original zu einer Sache, zu denen andern aber copiae vidimatae gelegt, zugleich die Acta, bey welchen sich das Original befindet, benannt.werden.
(106) Erster Theil. Tit. XV.
§. 13. Wenn jemand für seinen Vater, Sohn, Bruder, Schwester, Ehefrau, oder andere im ersten und zweyten Grad cognationis & affinitatis verwandte Personen, im Gericht ohne Vollmacht erscheinen, soll er, wann er de rato caviret, admittirt werden.
Welches auch also zu halten, wenn in einer Klage viele Consortes sich unterschreiben, und einer, der majorenn ist, allein für die abwesende Consorten handeln will: Massen dieser sub cautione de rato ohne Mandat gehöret werden soll. Und ist in beyden Fällen genug, wann der Advocatus sich in deren Nahmen legitimiret.
Welches auch bey denen Syndicaten derer Gemeinden, wann solches etwa nicht zureichend wäre, und Cautio de rata offerirt würde, statt haben soll.
Es wäre denn, daß ein speciale Mandatum erfordert werde; weil in diesen Fällen sowohl von denen Conjunctis personis, als von allen Consorten und Interessenten ein besonderes Mandatum nöthig ist.
Ein Special-Mandat wird zu folgenden Gerichts-Händeln erfodert
a) Einen Real- und Personal-Arrest auszuwürcken.
b) Restitutionem in integrum in der Haupt-Sache, (nicht aber in Incident-Puncten) zu suchen.
c) Zu compromittiren.
d) Juramenta zu remittiren, oder pro praestitis zu halten. item, Eyde in des Pupillen Seele
abzuschweren.
e) Documenta pro editis oder Pro recognitis zu halten.
f) Copeyen vor Originalien zu recognosciren.
g) Ueber die Haupt-Sache zu transigiren.
h) Liti zu renunciren.
J) Gelder (ausser was Process-Kosten betrift) einzuheben und darüber zu quittiren.
Wann ein Advocat eine Klage über ein Objectum litis anstellt, wo speciale mandatum erfodert wird, und
(107) Erster Theil. Tit. XV.
solche nicht zugleich beygelegt, soll er jederzeit mit 5 bis 10 Rthlr. Strafe belegt werden. In Arrest(-)Sachen kann er, wann periculum in mora ist, sub cautione de rato zugelassen werden.
Für Kinder, die noch unter väterlicher Gewalt seyn, kann ein Vater im Gericht erscheinen, oder auch einen Bevollmächtigten constituiren, auch alle Actus, welche sonst ein speciale Mandatum erfodern, expediren. Es wäre dann, daß ihnen wegen ihres Muttertheils, oder sonst, ein absonderlicher Curator bestellt worden auf welchem Fall dieser seine Pflegbefohlene in Sachen, dazu er verordnet ist, vor Gericht zu vertreten hat.
§. 14. Ein jeder Advocat ist schuldig bey 5 Rthlr. Strafe in der Vollmacht einen Substitutum zu benennen, welcher die Substitution durch seine Unterschrift annehmen und bekräftigen muß, damit bey dem Constitutioniren die Vorträge, oder wann der Advocat verstirbet, die Sache dadurch nicht aufgehalten werde. Es stehet aber denen Partheyen frey diesen Substitutum nach Gefallen zu ändern, wenn sie nur zugleich einen andern benennen.
§. 15. Wann ein Advocat klagt, daß er keinen Substitutum bekommen könne, muß ihm einer ex Officio zugegeben werden, weil dem Publico daran gelegen, daß aus Mangel des Substituti die Processe nicht liegen bleiben.
Es müssen aber diese Substituti eine accurate Liste von denen Processen, worinn sie substituirt seyn, in der Audientz bey sich haben, damit dieselbe, wann bey dem constitutioniren etwas vorgetragen wird, sofort antworten können.
§. 16. Weil die gedruckte Vollmachten zugleich auf die Erben gerichtet seyn, so folget von selbsten, daß bey denen Processen nach Absterben der Parthey keine Reassumtio nöthig sey. (Vid. P. 3. T. 15. §. 1. )
§. 17. Kein Advocat soll seinem Mandato ohne wichtige Ursache, und vorhergehende richterliche Erkänntniß,.
(108) Erster Theil. Tit. XV.
wider der Parthey Willen, renunciren, massen, der Renunciation ohngeacht, der Advocat so lange pro Mandatario gehalten werden soll, bis darüber erkannt wird.
Wann die Renunciation vor gültig erkannt wird, muß die Parthey binnen vier Wochen einen andern Mandatarium bestellen, unterdessen aber liegt dem Substituto ob, den Process nach wie vor zu besorgen.
Wann die Parthey binnen vier Wochen keinen neuen Mandatarium bestellet, soll ein anderer ex officio benannt werden.
§. 18. Denen Partheyen ist erlaubt ihr Mandatum zu revociren, sie müssen aber auch zugleich einen andern Mandatarium bevollmächtigen; so lang diesesn nicht geschieht, muß der vorige Mandatarius und dessen Substitus, ohngeacht der Revocation, den Process fortsetzen.
§. 19. Wann ein Advocat solchergestalt sich den Process entschlägt, kann er dem Gegentheil in derselben Sache nicht dienen noch rathen, vielweniger, was ihm an Heimlichkeiten anvertrauet worden, offenbahren. In andern Sachen aber, die mit der vorigen keine Connexion haben, ist ihm wider diejenige, denen er gedienet, oder noch dienet, sich gebrauchen zu lassen unverbothen.
§. 20. Wann ein Falsus Mandatarius, dem die Sache gar nicht, oder doch nicht von allen Interessenten aufgetragen worden, eine falsche Vollmacht producirt, so ist die Sache in den Stand wieder zu setzen, worinne sie in dem Anfang gewesen; dergleichen Falsus Mandatarius aber, wann er nicht ratione futuri eine richtige Vollmacht, und ratione praeteriti völlige Ratihabition herbey schaft, mit einer Geld-Busse von 10 Rthlr. oder sonst Willkührung zu bestrafen, auch zu Erstattung derer dem Gegentheil verursachten Kosten anzuhalten.
§. 21. Wann derjenige, vor welchem de rato cavirt worden, (Vid. supr. §. 13. ) was in dem Gericht geschehen, nicht genehm halten will, muß der Cavente dem Gegentheil alle Unkosten erstatten: die Sacheraber kommt.
(109) Erster Theil. Tit. XVI.
intuitu dessen, vor welchem cavirt worden, in den Stand, wie sie vor angestellter Action gewesen.
Tit. XVI.
Von dem Advocato der Armen und der Soldaten.
§. 1.
Unter die Armen werden diejenige gerechnet, welche über ihren höchst-nöthigen Unterhalt, nicht so viel im Vermögen haben, daß sie die Process-Kosten davon bezahlen können.
§. 2. Und dieses ihr Unvermögen müssen sie vermittelst folgenden Eydes bekräftigen;
Ich N. N. schwere (et)c. daß ich an aller meiner liegenden und fahrenden Haabe, Gütern, oder Schulden so viel nicht vermag, daß ich die zu meiner Sachen gehörige nothdürftige Expeditiones, auch meinen Advocaten und Procuratoren ihre Mühe nicht bezahlen noch belohnen kan, auch um Leistung willen dieses Eydes meine Haab und Güter gefährlicher Weise nicht veräussert, noch andern übergeben habe, und, so ich meine Sachen mit Recht erhalte, oder sonsten zum bessern Vermögen komme, daß ich alsdann einem jeden nach seiner Gebühr ehrliche Zahlung thun will, getreulich und ohngefährlich: Als mir Gott helfe durch sein heiliges Wort. (et)c.
§. 3. Und braucht es also keines weitern Gezeugniß seiner Obrigkeit, oder sonst einer Bescheinigung noch richterlichen Erkänntniß, als wodurch die Sache wieder Unsere Intention nur aufgehalten wird.
§. 4. Bey gemeinen Soldaten und Unter-Officieren braucht es dieses Eydes gar nicht, weil ohndem bekandt daß sie von ihrem Sold keine Processe führen können.
(110) Erster Theil. Tit. XVI.
Es muß aber dieses Beneficium, nebst der Freyheit von Sportuln, denen Soldaten und Unter-Officieren nur alsdann zu statten kommen, wenn sie wegen ihrer eigenen Sachen (nicht aber wegen ihrer Eltern und Anverwandten) Klage führen.
§. 5. Wann jemand zu dem Armen-Recht gelassen zu werden verlanget, soll der Armen-Advocat zuförderst die Sache ausführlich examiniren, die Briefschaften mit Fleiß durchsehen, worauf die Sache ankommt, wohl erwegen, ein Protocoll darüber halten, und, wann er eine völlige Information, wie oben Tit. 14. §. 10. vorgeschrieben, eingenommen, dem Armen, so wie er es vor Gott nach seinem geleisteten Eyd verantworten kan, mit aller Treue assistiren.
§. 6. Dafern auch seine Nachläßigkeit denen armen Partheyen einiger Nachtheil und Schaden zuwachsen möchte, soll er deshalb ihnen gerecht zu werden verbunden seyn.
§. 7. Im Fall der Armen-Advocat die Sache so beschaffen findet, daß er mit gutem Gewissen solche zu defendiren sich nicht getrauet, soll er das gehaltene Protocoll dem Präsidenten nebst seinem Gutachten, (welches er an Eydes stat unterschreiben muß) einliefern: Da dann dieser dem Befinden nach den Supplicanten bedeuten, und zur Ruhe verweisen; oder, wann er noch einen Zweifel dabey findet, durch einen deputirten Rath den armen Kläger selber examiniren, und ob ihm zu helfen sey, untersuchen lassen muß.
§. 8. Würde eine arme Parthey wegen offenbahren Ungrundes ihrer Foderung abgewiesen, dieselbe aber sich nicht mit gleich und Recht begnügen, sondern Unsern Geheimten Etats-Rath, oder Se. königl. Majestät immediat behelligen, so soll dieselbe, wann sie die voran geführte Umstände verschwiegen, mit 14 tägigter bis 4 wöchentlicher Gefängniß halb bey Wasser und Brodt bestraft, und, wann sie abwesend, dessen Judici ordinario die Execution anbefohlen werden.
(121) Zweyter Theil. Tit. I.
Persohnen darauf decretiret; die im Collegio übergebene Memorialien aber mehrentheils zurück geleget, gar keine Resolution darauf ertheilet, und durch die dieserwegen vielfältig geführte Klagen die Acta mit unzähligen Memorialien überhäuft, die Processe verschleppet, und die Partheyen mit unerträglichen Kosten beschweret worden.
4) Daß auf Memorialien, worin einige Incident-Puncten vorgetragen worden, ohne den Gegentheil darüber zu hören durch einen Collegial-Schluß decretirt, und dieses Decretum vim Sententiae erhalten hat, wodurch unzehlige Appellationes entstanden.
5) Daß diejenige Sachen, welche propter periculum in mora ad Protocollum verwiesen worden, viele Jahre verzögert, und wann endlich die Sachen geschlossen gewesen, die Behörs-Bescheide und Urthel in Jahr und Tag nicht publicirt worden.
Endlich und (6) so hat auch dieses eine grosse Verzögerung bey der Justitz verursachet, daß Acta an auswärtige Universitaeten verschicket worden, wo mehrentheils schlechte, und in praxi unerfahrne Professores sich befinden, und von welchen so viel Nullitaet begangen worden, daß man die Urthel ab actis removiren, und Acta mit grossen Kosten der Partheyen, und Verschleppung der Justitz, anderweitig verschicken müssen: zu geschweigen, daß man unterweilen in Jahr und Tag die Urthel nicht zurück erhalten können.
§. 2. Weil nun aus diesen und vielen andern Unordnungen nicht anders erfolgen können, als daß die arme Unterthanen zum Raub der Richter und der Advocaten, folglich durch die unerschwingliche Kosten ruiniret werden müssen; zugeschweigen, daß von denen Processen kein Ende abzusehen gewesen. So haben wir denen unzähligen Klagen einmahl Ziel und Maaß setzen, alle diese
(122) Zweyter Theil. Tit. I. II.
ordnungen abstellen, und zu dem Ende Unserm Cammer-Gericht wegen aller vorbemeldeten Puncte folgende Ordnung vorschreiben wollen.
Tit. II.
Ordnung, wie es bey denen Sessionen in dem Cammer-Gericht gehalten, und was darin verhandelt werden soll.
§. 1.
Nachdem Wir das Cammer-Gericht in drey Senatus vertheilet haben, so müssen diese Senate an denen gesetzten Gerichts-Tagen Morgends früh um 8 Uhr auf dem so genannten Collegien-Haus sich einfinden.
§. 2. Der Erste, oder der unterste Senat versammlet sich in der Hof-Gerichts-Stube, und werden daselbst diejenige Sachen verhandelt welche P. I. Tit. V. demselben beygelegt worden: Es muß auch daselbst bey denen Sessionen, Vorträgen derer Memorialien, Verhören, Ablesung der schriftlichen Relationen (et)c. wie bey denen folgenden Senaten verfahren werden.
§. 3. Der Zweyte und Dritte Senat versammlet sich um gleiche Stunde in dem Audientz-Saal des Cammer-Gerichts. Und macht der erste Präsident den Anfang der Handlung mit Publication derer eingelaufenen Rescripten, und besorget nach der ihm P. I. T. 3. §. 6. ertheilten Vorschrift die Expedition.
§. 4. Wann solches geschehen, werden die schriftliche Memorialien, welche des Tags vorher denen Räthen dieser beyden Senaten distribuirt worden, in der Tit. seq. IV. vorgeschriebenen Ordnung vorgetragen.
§. 5. Gegen 9 Uhr müssen die Advocaten herein gefodert werden, und der Cantzley-Diener lieset den Tage-Zettel, worin die Sachen die denselben Tag tractiret werden, sollen enthalten seyn, ab, nemlich:
(123) Zweyter Theil. Tit. II.
1. Die Verhöre.
2. Die Eydes-Leistungen.
3. Die Relationes commissariorum, Rotulus testium, Testamenta &c. welche zu publiciren seyn.
4. Die Inrotulationes actorum.
5. Die fertige Behörs-Bescheide und Urthel, so publiciret werden sollen.
6. Güther und Häuser die gerichtlich verkauft werden.
§. 6. Wann ein Advocat bey dem Ablesen der Verhöre sich nicht meldet, soll er in diesem Termino nicht weiter gehöret werden, sondern er muß einen andern Terminum ausbringen, und dem Gegentheil die Contumacial-Kosten erstatten; Es wäre denn, daß er 1 Rthlr. In die Sportul-Casse erlegen wolte. Vid. P. 1. Tit. 13. §. 32.
§. 7. Nach abgelesenem Tage-Zettel wird contumacia derer ausgebliebenen Partheyen accusiret.
§. 8. Wann solches geschehen, werden diejenige Decreta, welche auf die Constitutions-Protocolla in der vorigen Session verfertiget worden, vorlesen (= verlesen).
§. 9. Nach Verlesung derer Decreten tragen die Advocaten diejenige Memoralien welche zum Constitutioniren, das ist, zur Instruction des Process gehören, mündlich vor, wovon Tit. seq. die Ordnung vorgeschrieben wird.
Unterdessen verfüget sich der zweyte Senat in die Neben-Stube, um die schriftliche Relationes welche zu dessen Departement gehören, zu verlesen, und die Bescheide oder Urthel darüber abzufassen.
§. 10. So bald die Advocaten mit dem Constitutioniren fertig seyn, muß der dritte Senat die Decreta darauf, nach Anleitung des Tit. seq. §. 6. verfertigen, auch nachher, wann noch einige Zeit übrig ist, die zu diesem Senat gehörige schriftliche Relationes verlesen und abthun.
(124) Zweyter Theil. Tit. II. III.
Die Advocaten aber verfügen sich zu dem zweyten Senat in die Neben-Stube, wo ihnen die fertige Bescheide und Urthel publicirt werden: wann solches geschehen, warten sie die mündlichen Behöre ab welche auf den Tag angesetzet worden, und worauf der zweyte Senat die Behörs-Bescheide entweder sofort, oder in der nächsten Audientz verfertigen und publiciren muß. Vid. Tit. seq. V.
§. 11. Bey dem Constitutioniren führet ein Rath oder Referendarius das Haupt-Protocoll und ein andrer Referendarius das Neben-Protocoll: welches Neben-Protocoll denen Acten beygeheftet werden soll.
§. 12. Des Sonnabends müssen der zweyte und dritte Senat, und zwar jeder in seinem Zimmer, die in der Woche übrig gebliebene Re- und Correlationes verlesen, und die Urthel verfertigen, auch was in der Wochen noch übrig geblieben, abthun. Vid. Part. 1. Tit. 2. §. 2.
Tit. III.
Von dem Constitutioniren oder mündlichen Verträgen derer Memorialien, welche zur Instruction des Process gehören.
§. 1.
Es hat die Erfahrung gezeiget, daß die Acta bey Unsern Justitz-Collegiis (a) mit unzähligen Memorialien überhäuffet worden, welche (b) die Partheyen öfters von Leuten so die Rechte und Praxin nicht verstehen, noch die Acta gelesen, verfertigen lassen, dahero die Petita mehrentheils contra jura & acta eingerichtet, und nachhero von geringen und elenden oder malitieusen Advocaten unterschrieben, auch solche (c) diesem oder jenem Rath zugestecket worden, welcher (d) öfters ohne genugsame Ueberlegung, oder aus Absichten darauf decretiret, da dann (e) nicht anders seyn können, als daß diese
(125) Zweyter Theil. Tit. III.
Decreta auf des Gegentheils Vorstellung wieder aufgehoben, und solchergestalt (f) Decreta contra Decreta ertheilet werden müssen: zu geschweigen, daß (g) die Verfertigung, Praesentirung, Expedirung und Insinuation eines jeden Memorials viele Zeit und Kosten erfordert,und daß (h) durch die unendliche Menge sothaner kostbaren Memorialien die Processe verewiget, und die Unterthanen durch die unerschwingliche Kosten ruiniret worden, insonderheit da (i) einige gewinnsüchtige Advocaten durch diesen Kunstgrif alle Verhöre wendig zu machen, und durch allerhand ungegründete Vorstellungen den Lauf der Justitz zu hemmen, und das Ende der Processe zu hindern gesucht haben.
§. 2. Diesem Unfug nun abzuhelfen, ordnen und wollen Wir, daß hinkünftig kein Memorial, welches zur Instruction des Processus gehöret, weiter schriftlich übergeben werden, sondern von denen Advocaten die Nothdurft in Gegenwart derer Räthe und übrigen Advocaten mündlich vorgetragen, und sochergestalt cum causae cognitione decretiret werden solle.
§. 3. Weil aber solches nicht geschehen kan bis beyde Theile ihre Mandatarios ad acta bestellet haben, so verstehet sich von selbsten, daß, ehe und bevor diese bestellet werden, alles schriftlich gesuchet, und dahero der Libellus actionis, und, wann der Gegentheil nicht erscheinet, oder das Verhör nicht abwartet, die Accusationes contumaciae schriftlich übergeben werden müssen.
§. 4. Wann aber der Gegentheil von seiner Seiten gleichsfalls einen Advocaten bestellet, so können beyde Advocati nichts weiter schriftlich übergeben, sondern sie müssen z. E. die Dilationes, Publicationes sententiarum & rotulorum testium, Executiones, und alles was zur Instruction des Processus gehöret, mündlich bitten, in specie müssen sie die Haupt-Schriften, wann loco oralis oder schriftlich verfahren wird, bey dem mündlichen Vortrag in duplo übergeben, auch das Original
(126) Zweyter Theil. Tit. III.
dem Collegio, die Copey aber dem Gegentheil zustellen.
§. 5. Wann ein Advocat etwas gegen den mündlichen Vortrag seines Gegentheils einzuwenden hat, muß er solches in continenti vorstellen, und die Ursachen, warum dem Petito nicht deferiret werden könne, kurtz anführen. Worauf der Implorante, wenn er es nöthig findet, mit wenigen repliciren, und der Implorante dupliciren kan.
§. 6. Wann der Vortrag von allen Advocaten geschehen, und dieselbe abgetreten, werden die Decreta von der ersten Senat, welcher die Vorträge ad protocollum genommen, verfertiget.
Er muß aber damit behutsam verfahren, und, wo das geringste Dubium darbey ist, Acta nachsehen: insonderheit muß allezeit, wann die Advocaten Dilation fordern, gefragt und nachgesehen werden ob es prima oder secunda sey. Weil die Dilationes, nachdem die Advocaten keinen Process ohne völlige Information zu haben annehmen sollen, nicht leicht verstattet werden müssen, wann auch schon der gegenseitige Advocat, und zwar öfters wider seine Pflicht, consentiret.
Wann sich auch nachhero finden solte, daß ein Advocat etwas wider die Rechte und Ordnung vorgetragen und erlanget hätte, so soll sowohl dieser, als der gegenseitige Advocat, welcher nicht contradiciret, mit 2 bis 5 Rthlr. Strafe belegt werden. Und liegt dem Präsidenten ob, bey monatlicher Revision der Acten darauf Achtung zu geben.
Die verfertigte Decreta werden in der nächsten Session publiciret. Vid. Tit. praec. §. 6.
§. 7. Das Haupt-Protocoll wird des Nachmittags denen Partheyen in der Parthey-Stube öffentlich in Gegenwart eines Cantzelisten vorgelegt, da dann einem jeden Advocaten frey stehet, Copiam von denen publicirten Decretis ohnentgeldlich zu nehmen, und seine Privat-Acte zu completiren.
(127) Zweyter Theil. Tit. III.
Wann sich aber ein Advocat des Decreti in seinen Schriften bedienen, und solches als eine Beylage anführen will, muß er es bey dem Protonotario suchen, und unter dessen Hand, gegen zwey zur Sportuln-Cassa zu erlegende Groschen, ausfertigen lassen.
§. 8. Da sich auch wohl zuträget, daß der Advocatus nicht in continenti auf des andern mündlichen Vortrag zu antworten vermag, weil er nöthig findet vorhero Acta nachzusehen, oder Information ratione novi facti von seinem Clienten einzuhohlen, oder der Substitutus in Abwesenheit des Advocati, eine Dilation zu antworten ad proximam bittet (et)c. So stehet bey dem Collegio, NB. wann die Decision sich nicht ex ipsis actis ergiebet, (welchenfalls das Collegium auf den Vortrag, ohne Erwartung der gegentheiligen Antwort, decretiren kan und muß,) demselben auf einen, zwey, oder mehr Gerichts-Tage Dilation zu geben.
Es verstehet sich also von selbsten daß kein Advocat sich in genere auf die Acta beziehen müsse.
§. 9. Wann auch bey dem Constitutioniren Sachen vorgetragen werden, welche weitläuftig und altioris indaginis seyn, wogegen viele Facta oder Exceptiones vorgestellet werden müssen (et)c. So stehet sowohl dem Kläger als dem Beklagten frey, auf Verhör, oder auf ein Verfahren loco oralis zu provociren; welches auch, wann die Sache ex ipsis actis nicht ihre abhelfliche Masse findet, nicht versagt werden kan. Wanu sich aber finden solte, daß der Advocat freventlicher Weise auf Verhör provocirt, und dadurch die Sache aufgehalten hätte, soll derselbe jedesmahl mit 2 bis 5 Rthlr. Strafe belegt werden.
§. 10. Wann sich jemand gegen das publicirte Decret graviret befindet, kan er in der nächsten Audientz nochmahlige Vorstellung dagegen thun, was aber alsdann resolviret wird, dabey soll es lediglich sein Bewenden haben, und solches vim judicati haben.
(128) Zweyter Theil. Tit. III.
§. 11. Weil nun bey diesem Constitutioniren nothwendig Acta bey der Hand seyn müssen, damit die Verordnungen, welche eine Nachsehung der Acten bedurfen, durch deren Mangel nicht ausgesetzet, und dadurch die von Uns intendirte Beschleunigung der Justitz nicht gehindert werden möge; So befehlen Wir Unsern Räthen, bey Vermeidung Unserer Ungnade, keine Acta mit nach Hause zu nehmen, und, wann ihnen ja einige zugeschrieben werden, jederzeit die Specification von denen Acten so sie bey sich haben, mit auf das Cammer-Gericht zu bringen, da ihnen dann das Protocoll, worauf decretiret werden soll, mitgegeben werden muß, damit sie in der nächsten Audientz den Vortrag daraus thun, und mit Publication des Decreti verfahren werden könne. Wie dann auch denen Secretarien und Cantzelisten hierdurch, bey willkührlicher Strafe, verbothen wird, einige Acta in ihrem Hause zu behalten, allermassen sie alles in der Cammer-Gerichts-Cantzeley expediren sollen und müssen. (Vid. supr. Part. I. Tit. 9. §. 3.)
Insonderheit müssen die Räthe welche die Güthe versuchen sollen, oder denen sonst Commission aufgetragen worden, keine Acta bey sich behalten, sondern, wann sie ja bey Versuchung der Güthe (et)c. die Acta nöthig haben, solche jederzeit aus der Registratur abfordern.
Denen Fiscaelen wird gleichfalls bey Strafe der Cassation verbothen, einige Acta aus der Registratur an sich zu nehmen; Wann aber ein Actus inquisitionis würcklich von ihnen verrichtet wird, und sie die Acta nothwendig dazu haben müssen; oder ihnen eine Deduction ex Actis zu verfertigen aufgetragen worden, sollen ihnen solche, praescitu Praesidis, gegen einen Schein auf eine kurtze und gewisse Zeit abgefolget werden, sie müssen aber sofort, wann der Actus vorbey, die Acta wieder in die Registratur bey 2 Rthlr. Strafe einliefern. (Vid. Part. I. Tit. 13. §. 42.)
(129) Zweyter Theil. Tit. III.
§. 12. Weil nun solchergestalt alle Memorialien, welche zur Instruction des Processus gehören, in einem Tag mündlich vorgetragen, decretiret, und ohne daß es denen Partheyen das Geringste kostet, publiciret werden; folglich keine Decreta contra Decreta, auch kein Aufenthalt durch die viele und kostbare Vorstellungen zu fürchten; So müssen Unsere Räthe bey der Pflicht, womit sie Uns verwandt seyn, auf diese Einrichtung genau halten, und nichts was derselben zuwieder ist verstatten.
§. 13. Gleichwie aber in denen Ferien die schriftliche Supplicata nothwendig verstattet werden müssen, also sollen dieselbe alsdann zugelassen, und es mit deren Distribution, Vortrag und Expedition, wie Tit. seq. versehen, gehalten werden.
§. 14. Damit es aber mit der Expedition derer in denen Feriis einlaufenden Sachen desto geschwinder zugehen möge, so sollen in denen grossen und kleinen Ferien die alsdann gegenwärtige Räthe alle Woche einmahl zusammen kommen, alle Memorialia nach der Tit. seq. vorgeschriebenen Ordnung vortragen, darauf decretiren, auch solche expediren und insinuiren lassen: In Wechsel- wie auch Arrest- und anderen Sachen wo periculum in mora, auch wann Declatio Sententiae gesucht wird, können in denen Ferien Verhöre angesetzet, die Executiones auch nach Anleitung Unserer in P. 1. Tit. 2. §. 5. geschehenen Declaration veranlasset werden.
Wie dann auch die Räthe, welche Relationes fertig haben, solche in denen Ferien verlesen müssen.
§. 15. Und weil diese Einrichtung erfordert, daß die sämtliche Advocati nothwendig an denen zum Constitutioniren verordneten Tagen auf der Regierung beysammen seyn müssen; Als ordnen und wollen Wir weiter, daß dieselbe in denen bemeldeten Tagen des Morgens um 8 Uhr, bey 1 Rthlr. Strafe zur Sportul-Casse, sich auf dem Cammer-Gericht einfinden, und ohne die höchste Noth nichts durch die Substitutos (welche wenige Information
(130) Zweyter Theil. Tit. III. IV.
von den Sachen zu haben pflegen) vortragen lassen.
Unterdessen stehet dem Collegio dennoch frey auf einseitigen Vortrag, wann sich die Resolution aus denen Actis ergiebet, ohnerwartet des Advocati oder Substituti Antwort, inspectis actis zu decretiren.
§. 16. Es müssen auch die Advocati für diesen mündlichen Vortrag keine Gebühren anrechnen, weil ihnen vor die Verhöre mehr als gebräuchlich gewesen passiret worden.
§. 17. Es verstehet sich im übrigen von selbsten, daß die ausser Berlin wohnende Advocaten und Fiscaele (wann sie nicht in prima Instantia in der Sache patrocinirt Vid. P. 1. T. 14. §. 40.) sich mit der Direction der Processe weiter nicht bemengen, sondern solche bey Strafe der Cassation denen in Unserer Residentz wohnenden Advocaten lediglich überlassen müssen. Wie denn auch die Räthe und andere Justitz-Bediente, it. die Magisträte und Unte-Gerichts-Advocaten, wann sie in ihren eigenen Sachen Processe führen, die Nothdurft bey dem Constitutioniren vortragen lassen müssen. Vid. Part. I. tit. 14. §. 2. (et) 3.
Tit. IV.
Von denen schriftlichen Memorialien, und wie es mit deren Distribution, Vortragung, Expedition, und Insinuation gehalten werden soll.
§. 1.
Weil viele Sachen vorfallen, welche nicht zur Instruction des Processes gehören, sondern auf Neben-Puncten ankommen; als editionem documentorum, praestationem cautionis, sequestrationem, attentata & c.
(211)
Dritter Theil. Tit. XIV.
Urtheil
nicht appelliren, noch der Appellation inhaeriren, weil ihm dieser Process
nicht angehet.
§. 7. Es
muß auch durch diese Intervention die Haupt-Sache zwischen dem Actore und Reo
nicht ausgesetzt, noch die Execution suspendirt werden.
Es wäre dann
daß der Intervenient sein Interesse sofort, und binnen dem Termino so zur
Execution verordnet Liquido darthun, und darneben eydlich erhärten könte, daß
er vorher von dem Haupt-Process oder von seinem Jure interveniendi keine
Wissenschaft gehabt; wiedrigenfalls wird dessen Vorwendens ohngeacht mit der
Execution billig verfahren, und derselbe ad separatum verwiesen.
Jedoch
kan der Richter nach Beschaffenheit der Umstände, und wann die Causa
Reconventionis nothdürftig bescheiniget worden, insonderheit wann es bewegliche
Güter betrift, welche leichtlich ausser Landes gebracht werden können, oder
sonsten an Seiten des Intervenienten ein Damnum irreparibile vorhanden, den
Kläger zu Bestellung zulänglicher Caution anhalten.
§. 8.
Welches auch bey denen Tutoribus, Curatoribus, Administratoribus, Parentibus
pro Liberis, & Maritis pro Uxoribus Intervenientibus statt haben soll.
§. 9. In
dem andern Fall stehet zwar dem Intervenienten frey ante vel post Litem
contestatam, auch sogar in der zweyten und dritten Instantz zu interveniren.
Wann es aber zum Schluß kommen, soll dieser Invention wegen der Spruch und die
Execution nicht aufgehalten, noch ein Verhör angesetzt werden.
Es kann
aber der Intervenient der von dem Beklagten eingewandten Appellation
inhaeriren, aber wegen seines Interesse die Appellation, wann der Beklagte
solche versäumet, einwenden.
§. 10.
Gleichwie nun dergleichen Intervenienten den Process in dem Stande annehmen
müssen wie sie solchen finden, also können dieselbe keine Exceptiones
dilatorias
(212)
Dritter Theil. Tit. XIV.
weiter
opponiren, vielweniger post publicata attestata weiteren Beweis führen.
§. 11.
Wann in der Haupt-Sache ein Terminus angesetzt worden, muß der Intervenient,
welcher einem Theil zu assistiren vermeinet, den Gegentheil zu der Intervention
gehörig citiren, und worin dieselbe bestehe deutlich anzeigen, wiedrigenfals,
und da er sich erst bey dem Verhör angeben sollte, das Gegentheil sich mit
demselben sofort einzulassen, wieder seinen Willen nicht verbunden ist.
§. 12.
Dafern auch die Gerichte aus wohlgegründeter Praesumtion wahrnehmen mögten, daß
eine Intervention, es sey solche Principalis oder Accessoria, etwa per
Collusionem oder zu eines oder des anderen Theils Hinderung, und zu
Veranlassung vergeblicher Weitläuftigkeiten, calumniose gesuchet würde; so ist
ein solcher Intervenient gar abzuweisen, oder auch nach Gelegenheit der
Umstände mit dem Juramento, nemlich, daß sein Suchen nicht gefährlicher Weise
sondern seines Interesse halber geschehe, ex Officio zu belegen, und zu dessen
Abschwerung bevor in der Sache weiter verfahren werde anzuhalten.
§. 13.
Würde sich auch hernachmahls finden daß die Intervention etwa aus Colusion,
oder sonsten calumniose zum Aufhalt der Sachen gesuchet worden: soll sowohl der
Interessent, als das Theil so daran mit Schuld hat, mit gebührender Strafe
angesehen werden.
§. 14.
Wann derjenige, welcher proprio Jure intervenirt, sein Interesse beyzubringen
und auszuführen nicht vermöchte, und also in Causa succumbirte, soll er, dem
Befinden nach, beyden Theilen die verursachte Unkosten erstatten.
(213)
Dritter Theil. Tit. XV.
Tit. XV.
Von der
Litis-Reassumtion, auch von der Zeit darin einer sich declariren muß ob er Erbe
seyn wolle, oder nicht.
§. 1.
Es seyn
bishero die Sachen dadurch sehr aufgehalten worden, weil der Advocat wann eine
Parthey verstorben vorgegeben, daß die Erben sich noch nicht erkläret, oder daß
dieselbe noch nicht bevormündet (et)c. und dahero nöthig sey die Reassumtion
des Processes abzuwarten: wie dann auch in diesen Fällen der Advocat öfters
vorschützet, daß er nähere Instruction von denen Erben, oder von dem Vormund
einholen müsse (et)c.
Weil
aber in denen gedruckten Vollmachten in specie auch derer Erben gedacht werden,
so braucht es derentwegen keiner Reassumtion, und kann daher der Process unter
dem Praetext, daß der Erbe noch nicht bevormundet, oder sich noch nicht
erkläret habe, nicht aufgehalten werden.
Da auch
ferner supponiret wird, daß die Advocaten keinen Process annehmen dürfen, ohne
vorher, und gleich anfangs, eine völlige Information von denen Partheyen zu
erfordern, folglich dieselbe nicht nöthig haben, nach Absterben der Parthey
eine weitere Instruction einzuholen; so kann auch der Process unter dem
Praetext, daß der Advocat Nachricht einziehen müsse, nicht aufgehalten werden.
§. 2.
Weil aber gleichwohl sich zutragen kann, daß die Advocaten wegen einiger neuen
sich eräugnenden Umstände den Process nicht fortsetzen können, sondern
genöthiget werden eine nähere Information einzuholen (welches sie allenfals auf
ihren Eyd nehmen müssen:) So kommen die Advocaten in denen vorangeführten
Fällen entweder die Information von denen nächsten Anverwandten,
(214)
Dritter Theil. Tit. XV.
welche
ex Lege Vormünder seyn, oder bey denen, welche Vormünder auszubitten schuldig
seyn, einziehen, welche solche nach ihrem besten Wissen ertheilen, und
benöthigtenfals die Briefschaften in Gegenwart der Gerichte des Orts eröfnen
und durchsuchen müssen.
Wie dann
auch der Erbe, welcher das Spatium deliberandi sich ausgebeten, auf gleiche
Weise die erfoderte Nachricht ohne Praejuditz zu ertheilen schuldig ist.
Wann
aber der Advocat solchergestalt die nöthige Nachricht nicht erhalten kann, muß
er einen Befehl an den Magistrat des Orts auswircken, daß derselbe ex Officio,
mit Zuziehung derer benandten Persohnen und Interessen, die verlangte
Nachrichten einziehen, zu dem Ende die Briefschaften entsiegeln, und solche
nachsehen solle.
Wann
keine Nachricht näher erfolget, muß der Process dem ohngeachtet fortgesetzet
werden. Und wann die benannte Personen säumig gewesen die Nachricht zu
ertheilen, und Schaden daher entstehet, müssen sie in Solidum davor haften.
§. 3.
Weil durch das in denen Rechten verstattete Spatium deliberandi die Processe
sehr aufgehalten werden können, so haben Wir hiedurch festsetzen wollen, daß
derjenige welchem eine Erbschaft ex quocunque Titulo zufallt, binnen 6 Wochen
(von dem Tag des Erblassers Absterben anzurechnen,) entweder ein solennes
Inventarium über dessen Vermögen, oder an statt dessen eine Specification, so
wie sich solche auf Erfordern endlich bestärcken könne, conscribiren solle und
müsse.
Nach
Ablauf dieser 6 Wochen sollen sich die Erben binnen 14 Tagen gerichtlich
erklären, ob sie die Erbschaft ohne Beding, oder cum Beneficio Legis &
Inventarii antreten wollen.
§. 4.
Würde jemand binnen den gesetzten 6 Wochen das Inventarium nicht conscribiren
und Gerichtlich übergeben, oder wann er auch solches gethan, binnen 14 Tagen
nachhero sich nicht erklären, soll derselbe nachgehends
(215)
Dritter Theil. Tit. XV. XVI.
mit keiner
weitern Declaration gehört, sondern pro Haerede, jedoch bloß cum Beneficii
Legis & Inventarii, gehalten werden.
§. 5.
Weil nun demjenigen, welcher in Contumaciam pro Haerede cum Beneficio Legis
& Inventarii declarirt worden, hiedurch kein sonderliches Praejuditz
zugezogen wird, so soll ihm niemahlen ein weiteres Spatium deliberandi, noch
jemahls Restitutio in integrum ob neglectam declarationem verstattet werden.
§. 6.
Wann jemand verstürbe, und dessen Erben wären abwesend, oder unbekandt; so
sollen die Gerichte des Orts der Haereditati Jacenti unterdessen einen
Curatorem bestellen, welcher schuldig binnen der gesetzten Zeit bey arbitrairer
Strafe das Inventarium zu conscribiren, und wann binnen der Zeit sich kein Erbe
meldet, entweder die Erbschaft cum Beneficio Legis & Inventarii antreten,
oder, wenn der Verstorbene notorie nicht solvendo ist, denen Creditoribus die
Erbschaft überlassen.
Und
dieser Curator ist alsdann gleichfals schuldig dem Advocato die verlangte
Nachricht zu ertheilen.
Tit.
XVI.
Von dem
Juramento Calumniae.
§. 1.
Der
Erfahrung hat gezeigt, daß die Processe auch durch das Juramentum Calumniae,
tum generale tum speciale, sehr aufgehalten werden: allermassen wann ein Theil
von dem andern diesen Eyd fordert, nicht allein der Haupt-Eyd etliche Monath
dadurch ausgesetzet, sondern öfters gar ein Process darüber erreget wird, ob er
den Eyd vor Gefehrde zu praestiren schuldig sey: zu geschweigen daß dergleichen
Eyde öfters bloß aus Gewohnheit gefodert und sonder Erwegung der Seelen-Gefahr
abgeschworen werden (et)c.
(216)
Dritter Theil. Tit. XVI.
§. 2.
Diesem Misbrauch nun abzuhelfen, ordnen und wollen Wir, daß künftig kein Theil
befugt seyn soll dem andern Theil das Juramentum Calumniae, sive generale sive
speciale zu deferiren.
§. 3.
Wir ordnen auch weiter, daß, wann ein Juramentum judiciale deferirt, und von
dem Gegentheil acceptirt wird, dieser den deferirten Eyd abschweren müsse, ohne
daß der Deferens das Juramentum Malitiae abzuschweren schuldig.
§. 4.
Und aus eben dieser Ursache wollen Wir alle Appellations-Eyde bey denen Unter-
und Ober-Gerichten abgeschafft wissen.
§. 5.
Damit aber der Partheyen Bosheit dennoch gesteuret werden; So ordnen und setzen
Wir hiermit, daß, wenn Unsere Ober- und Unter-Gerichte bey Pflegung der Güte,
und sonst durante processu wahrnehmen, daß die Partheyen oder deren Advocaten
die Wahrheit vorsetzlich verschweigen, oder verkehren, wieder die Acta reden
und schreiben, in einer klaren Sache ohne Grund processiren, undienliche
Weitläuftigkeit suchen, oder die Sache verschleiffen (et)c. Sie dieselben mit
dem Juramento Calumniae, und zwar zu jeder Zeit, es werde die Bosheit vor oder
nach der Litis-Contestation offenbahr, ex Officio, auch nur per Decretum, oder
per Resolutionem belegen sollen; von welchem Erkentniß niemahls einiges
Remedium verstattet werden soll. Es muß aber die Haupt-Sache dadurch nicht
aufgehalten werden.
§. 6.
Wann besagter Eyd ex Officio jemanden auferleget worden, ist der Gegner nicht
gehalten vorher de Malitia zu schweren, und stehet auch diesem nicht frey den
Eyd zu erlassen.
§. 7.
Würde der Kläger sich weigern das wegen seiner angestellten Klage ihm
zuerkandte Juramentum Calumniae in Termino abzuschweren, soll er mit seiner
Klage abgewiesen, und der Beklagte absolviret werden.
(217)
Dritter Theil. Tit. XVI.
Weigerte
er sich aber in Fortgang des Processes wegen eines und des andern Puncts
gedachtes Jurament abzulegen, soll er dieses Puncts halber nicht weiter gehöret
werden: welches dann in Ansehung des verweigernden Beklagten gleichfals statt
findet, derselbe auch dem Befinden nach bey angehenden Process, wegen
desjenigen worüber ihm das Juramentum Calumniae speciale von dem Gericht
auferlegt worden, pro confesso & convicto zu halten, und darnach ohne
Weiterung zu condemniren ist.
§. 8.
Würde bey Ausgang des Processes sich finden, daß eine Parthey oder ein Advocat,
ohngeacht dieses Eydes calumniose gehandelt, und er dessen ex Actis oder sonst
überführt werden könte; so soll bey denen Ober-Gerichten der Advocatus Fisci,
bey denen Unter-Gerichten aber der Richter selbst, denselben also fort in die
Inquisition nehmen, und der Übertreter als ein Meyneidiger nach Urtheil und
Recht bestraft werden.
§. 9. So
soll auch das Juramentum Calumniae, wann solches gleich würcklich abgeschworen,
das succumbirende Theil von Erstattung der Unkosten nicht befreyen.
§. 10.
Von Ablegung des Juramenti calumniae aber soll der Advocatus Fisci, und die
übrigen fiscaelischen Bedienten, wann sie wegen ihres Amts agiren oder belanget
werden, zwar befreyet seyn, aber doch nach Vorschrifft des fiscalischen
Reglements angesehen werden.
§. 11.
Auf den Fall da ein Advocatus einem Theile ex Officio zugegeben, oder in
Concursu Creditorum zum Litis Curatore bestellet worden, soll er gleichfals von
Ablegung solcher Eyde gäntzlich befreyet, jedoch seinem Advocaten-Eyd überall
nachzuleben schuldig seyn.
§. 12.
So wollen Wir auch, daß, wenn zwischen leiblichen Kindern und Eltern Streit
ist, die Juramenta Malitiae und Calumniae nicht statt haben sollen. Zwischen
Stieff-Eltern und Stieff-Kindern auch übrigen Verwandten aber, sollen dieselbe
zugelassen seyn.
(218)
Dritter Theil. Tit. XVI. XVII.
§. 13.
Wie es mit dem Juramento Calumniae wann es Communen, Minoren, Litis-Consorten
(et)c. auferlegt wird, gehalten werden solle, dieserwegen beziehen Wir uns auf
dasjenige was unten Tit. 30. §. 6. & 7. verordnet ist.
Tit.
XVII.
Von der
Caution oder vom Vorstand.
§. 1.
Es
pflegen die Beklagte von denen Klägerin öfters Cautionem de Lite prosequenda,
de judicio sisti, & judicatum solvi, item super reconventione, damnis,
& expensis zu fordern, und den Process dadurch aufzuhalten.
Es
pflegen auch im Gegentheil die Kläger von denen Beklagten cautionem de judicio
sisti & judicatum solvi zu verlangen, wann dieselbe wegen der Verschwendung
ihrer Güter, oder der Flucht halber, oder anderer Umstände wegen, sich
verdächtig machen: Dann ausser diesen Fällen ist der Kläger von dem Beklagten
Caution zu fordern nicht befugt.
Damit
nun die Cautiones nicht calumniose, und zu Verzögerung der Sachen mögen gesucht
werden; so soll es künftig folgendergestalt damit gehalten werden.
§. 2.
Wann der Beklagte fürchtet daß der Kläger, insonderheit wann es ein fremder
ist, ihm calumniose einen Process anhängen, nach einiger Zeit aber solchen
deferiren, oder, wann er künftig succumbirte, wegen seines Unvermögens keine
Erstattung der Kosten thun möchte, so kan er bitten den Kläger anzuhalten, daß
er Cautionem dahin bestellen müsse, daß er das Ende des Processus abwarten,
sich jederzeit auf Erfordern vor Gericht stellen, und, im Fall er der Sache
verlustig erkannt würde, dem Beklagten
(219)
Dritter Theil. Tit. XVII.
alle
verursachte und zuerkannte Kosten und Schäden erstatten wolle.
§. 3.
Wann auch ferner der Beklagte eine Gegenforderung gegen den Kläger zu haben
vermeinet; so stehet dem Beklagten frey cautionem pro reconventione damnis
& expensis zu fordern. Vid. supr. T. XIII. §. 18. & infra §. 7. &
23.
§. 4.
Dergleichen Caution kann sowohl in causis summariis als ordinariis gefordert
werden.
§. 5. Es
muß die Caution bald anfangs, und ante Litem Contestatam gesucht werden: Es
wäre dann, daß stante Lite jemand seine Güter verkauft, oder der Flucht und
anderer Umstände halber sich verdächtig machte.
Welches
auch von der Caution so von einem Bürgen bestellet worden, zu verstehen; wann
nemlich derselbe stante Processu seine Immobilia distrahirt, oder gar Inidoneus
wird, als auf welchem Fall neue Caution zu bestellen.
§. 6.
Wann diese Cautio ante Terminum gefodert wird, so muß Unser Cammer-Gericht das
Gesuch dem Gegentheil communiciren; welcher in dem in der Haupt-Sache
angesetzten Termino mit seiner Nothdurft gehöret werden soll: und muß gedachtes
Cammer-Gericht darüber, und wie weit solche gegründet, ohne Zulassung einer
Weitläuftigkeit erkennen.
Es muß
aber die eventualis Litis contestatio dadurch nicht aufgehalten werden.
§. 7.
Derjenige welcher von seinem Gegentheil Bestellung gewisser Caution verlanget,
muß dessen Ursachen anzeigen.
Wann der
Cautionem super reconventione begehret, muß er, insonderheit wann der Kläger
klare Hand und Siegel produciret, specifice worinn dieselbe bestehe anzeigen,
und solche mit Beylegung aller seiner Documenten und Nachrichten bescheinigen,
oder gewärtigen, daß er
(220) Dritter Theil. Tit.
XVII.
nicht damit gehört,
sondern ad separatum verwiesen werde. Add. P. 3. Tit. 13. §. 11.
§. 8. Wann derjenige von
welchem Cautio gefordert wird, unter Unserer Cammer-Gerichts-Jurisdiction mit
unbeweglichen Gütern angesessen ist, so kann keine besondere Caution von ihm
gefordert werden; wann auch schon einige nicht gar übermäßige Schulden darauf
haften.
Er muß aber gleichwohl
seinem Foro, daferne er deshalb einiges Privilegium und sonst anderswo als vor
Unserm Cammer-Gericht primam Instantiam hätte, zu renunciren schuldig seyn; auf
welchen Fall derjenige welcher die Caution gefordert hat in des Gegentheils
Güter jus tacitae hypothecae a tempore der erkannten Cautions-Leistung
überkommet.
§. 9. So sind auch ferner
die Besitzer jährlicher Hebungen von liegenden Gründen, ingleichen welche Güter
als Pfand-Schillinge besitzen, mit keiner Caution zu belegen.
§. 10. Was aber die
Creditores betrift so eine blosse Hypothec haben, wie auch die welche kostbare
bewegliche Sachen besitzen; Item diejenige welche in vornehmen Ämtern und
Dignitaeten stehen, (worunter auch Prediger und andere vornehme Geistliche
gehören) oder sonst guten Vermögens seyn, offenen Laden halten, ansehnliche
Kaufmannschaft treiben, deshalb hat Unser Cammer-Gericht, wann von dergleichen
Personen Caution gefordert wird, dem Befinden nach zu verordnen.
§. 11. So soll auch eine
Ehe-Frau, welche einen Fundum Dotalem ihrem Ehe-Manne zugebracht, imgleichen
der Maritus der solchen besitzet, von der Caution befreyet seyn.
§. 12. Desgleichen sollen
die Kirchen, Schulen, Hospitäler, und andere Pia Corpora mit Leistung der
Caution, sie sind Klagere oder Beklagte, unbeschweret bleiben.