(Die öffentliche Zession des spanischen Reiches an Erzherzog Karl)

 

Wir LEOPOLD, von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser „zu allen Zeiten Mehrer des Reiches“, König „in Germanien“, von Ungarn, Böhmen, Dalmatien, Kroatien, Slavonien etc., Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, Brabant, Steier, Kärnten, Krain, Luxemburg, Ober und Nieder-Schlesien, von Württemberg und Teck, Fürst in Schwaben, Markgraf des Heiligen Römischen Reiches von Burgau, Mähren, Ober- und Nieder-Lausitz, Grafen „zu“ Habsburg, Tirol, Pfirt, Kyburg und Görz, Landgrafen „in“ Elsaß, Herrn „auf der Windischen Mark, zu“ Portenau und „zu“ Salins tun kund und zu wissen:

 

[1.] Nachdem durch den Tod des durchlauchtigsten und „großmächtigsten“ Fürsten und Herrn seligsten Angedenkens, weiland Karl II., Königs von Spanien und Indien, Unseres teuersten Bruders und Neffen, alle in seinem Besitz gewesenen Königreiche und Herrschaften an Uns nach Erbrecht gelangt sind, haben Wir indes ernstlich erwogen . . . . . . .

 

(Als Gründe werden nun ausführlich angegeben: 1. Alle Länder der Dynastie können nicht von einem Fürsten regiert werden; 2. Weder Leopold noch Joseph, „welchem als dem nach Uns Nächstberechtigten die Universalnachfolge nach Uns gebührt“, („ad quem post Nos omnis successio Nostra primo iure pertinet,“) können nach Spanien reisen, das seinen König dringend nötig hat; 3. Karl ist nach Alter und Geistesgaben zur Regierung der „ihm von Gott anvertrauten Völker“ schon tauglich; 4. Joseph hält Karls Vorteil für den eigenen; 5. Europa und Spanien wünschen Karl Einsetzung)

 

[2.]  Aus diesen also und anderen schwerwiegendsten Beweggründen übertrugen und übertragen, wiesen und weisen Wir an, im Namen der allerheiligsten „unzerteilten“ Dreifaltigkeit, mit Zustimmung, Bürgschaft und unter Mitwirkung Unseres geliebtesten erstgeborenen Sohnes, des durchlauchtigsten römischen und ungarischen Königs Joseph, kraft des „gegenwärtigen Briefes“, auf die allerbeste und möglichst verpflichtende Weise, an Unseren zweitgeborenen Sohn, den durchlauchtigsten Erzherzog Karl, und dessen Nachkommen, die aus rechtmäßiger Ehe stammen werden – nicht an wie immer legitimierte oder legitimierende – die ganze spanische Monarchie und alle zu ihr gehörigen wo immer gelegenen Königreiche und Länder samt Belgien, dem katholischen nämlich, das Unserem durchlauchtigsten Haus Österreich nach altem Recht gehört. Ihm und ihnen erteilen wir volle und absolute Gewalt, im eigenen Namen von all diesen Herrschaften Besitz zu ergreifen, sie zu besitzen, zu beherrschen und zu regieren in durchaus derselben Art und mit den Titeln und Vorrechten, mit denen der dahingeschiedene König Karl II. sie besessen, innegehabt, beherrscht und regiert hat oder besitzen, beherrschen und regieren konnte oder durfte und Wir selbst oder Unser geliebtester erstgeborener Sohn es hätte tun können oder dürfen.

 

[3.] Unversehrt sollen bleiben für wann immer eintretende Fälle Unseres ganzen durchlauchtigsten Hauses Recht und Ordnung der Nachfolge, aufrecht auch jedes Volkes Privilegien, die Wir allen durchaus gewahrt wissen möchten.

 

[4.] Auch behalten Wir Uns, Unseren Nachfolgern, den römischen Kaisern und Königen und dem heiligen römischen Reiche alle Rechte des Reiches auf jene Länder vor, welche (Unsere) Vorgänger die Könige von Spanien in welcher Eigenschaft immer vom Reiche empfangen und unter dessen Oberhoheit besessen haben und Unser Sohn, der durchlauchtigste König Karl III., empfangen und besitzen wird. Genau so, als wenn diese rechte hier besonders und einzeln ausdrücklich genannt worden wären, soll er darum sie alle zu wahren und je nach Ort und Zeit durch die Tat zu verwirklichen durchaus verhalten sein.

 

[5.]  Desgleichen ist es Unser Wille, und sprechen Wir ferner für diese Abtretung oder Übertragung folgendes als Bedingung aus: Unser teuerster Sohn, der durchlauchtigste König Karl III. soll alle Verträge genehm halten und sie sollen bereits für genehmigt angesehen werden, welche Wir zur Geltendmachung und Übertragung des spanischen Erbes aus ihn geschlossen haben oder eingegangen sind; zu deren Erfüllung soll er sich im eigenen Namen ausdrücklich verpflichten und als schon gebunden gelten. Auch soll er das von uns gegebene Versprechen tatsächlich einlösen und Uns wie Unseren Sohn, den römischen König Joseph, und dessen Nachkommen in dieser Hinsicht gegen Sorge und Schaden sicherstellen, gerade so, als wenn alle diese Vereinbarungen und Leistungen hier einzeln bezeichnet wären.

 

[6.] All dem zum Zeugnis und zur größeren Bekräftigung haben Wir gemeinsam mit Unserem geliebtesten Sohn, dem durchlauchtigsten römischen König Joseph, diesen „gegenwärtigen Brief“ eigenhändig unterschrieben, mit unseren Siegeln bekräftigt, Unserem teuersten Sohn Karl III., dem durchlauchtigsten König von Spanien und Indien, übergeben, von ihm hinwiderum einen anderen Brief über die Annahme empfangen, worin vorliegendes Instrument wörtlich inseriert ist. Um aber auch beider Inhalt immer zu beobachten und mit aller Macht zu verfechten, haben Wir unsere beiden Söhne für Uns und alle Unsere Nachkommen mit Kaiser- und Königswert und einem „körperlich“ geleisteten Eidesschwur möglichst feierlich Unsere Treue verpfändet, die niemals und in keiner Weise von Uns oder anderen gebrochen werden darf. Jeglicher Einspruch, von wem immer und wie immer beschaffen, jede allgemeinere oder spezielle Einrede, „Restitution, Dispensation und Absolution“ – auch durch den Papst – sowie andere Wohltaten des Gesetzes, der Gewohnheit oder bestimmten Menschen zukommende sollen für immer ausgeschlossen gelten. geschehen in Gegenwart der vornehmsten Würdeträgern Unseres Kaiserhofes und anderer Räte Unseres Geheimeren Staatsrates zu Wien am 12. September, seit der jungfräulichen Geburt im 1703.ten Jahre, Unserer Reiche: des römischen im 46.ten, des ungarischen im 49ten, des böhmischen jedoch im 47.ten.

 

[7.]  Und Wir, Joseph, von Gottes Gnaden Römischer König und König von Ungarn, Dalmatien, Croatien, Slavonien etc., Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, Brabant, Steiermark, Kärnten, Krain, Luxemburg, Ober- und Niederschlesien, von Württemberg und Teck, Fürst in Schwaben, Markgraf des Heiligen Römischen Reiches von Burgau, von Mähren, Ober- und Niederlausitz, Graf zu Habsburg, Tirol, Pfirt, Kyburg und Görz, Landgraf „in“ Elsaß, Herr auf der Windischen Mark, zu Portenau und Salins. Wir bezeugen und bekennen, daß all das oben Bezeichnete von Unserem durchlauchtigsten Herrn und hochgeehrtesten Vater ganz und gar mit Unserer Einwilligung, Zustimmung bei gleichzeitiger Zession beschlossen, geschehen und abgetreten worden ist. Auch stimmen wir dem zu und zedieren hiemit für Uns und Unsere Nachkommen auf jede best mögliche Weise. Hiebei geloben wir mit dem Worte ewiger Wahrheit und eines Königs, auch mit einem „körperlichen Eid“, alles und jedes aufs genaueste zu halten, dem niemals zuwider zu handeln oder dies anderen zu erlauben. Aufgehoben sollen hiebei sein: jegliche Einwendungen oder entgegen wirkende (Rechts)wohltaten, woher oder wie sie immer kommen mögen, selbst wenn nach Recht oder Gewohnheit eine besondere Erwähnung davon oder ein weiter gehender Verzicht darauf nötig gewesen wäre.
Wien, Tag und Jahr wir oben.

 

Leopold.

Joseph.

 

[8.] Anwesend waren:

[1.]  Seine Eminenz und Hoheit, Fürst, Herr Leopold von Kollonich, der heiligen römischen Kirche Kardinal, Erzbischof von Gran und Kalocsa, Primas des Königreiches Ungarn;

[2.]  Seine Hoheit, der hochwürdigste Fürst, Herr Christian August, Koadjutor des Erzbistums Gran, Bischof von Raab, herzog von Sachsen;

 

Die Hoheiten:

 

[3.]  Herr Ferdinand Fürst von Schwarzenberg, Obersthofmeister Ihrer Majestät, der Kaiserin, Ritter des goldenen Vlieses;

[4.]  Herr Theodor Fürst von Salm, Obersthofmeister des durchlauchtigsten römischen Königs;

[5.]  Herr Ferdinand Fürst von Lobkowitz, Obersthofmeister der durchlauchtigsten römischen Königin;

[6.]  Herr Anton Florian Fürst von Liechtenstein, Obersthofmeister des durchlauchtigsten Königs von Spanien, Ritter des goldenen Vlieses;

[7.]  Herr Eugen, Prinz von Savoyen und  Piemont, des kaiserlichen (Hof)kriegsrates Präsident und Feldmarschall, Ritter des goldenen Vlieses;

 

            Die hochgeborenen und Ihre Exzellenzen:

 

[8.]  Herr Ferdinand Bonaventura, Graf von Harrach, kaiserlicher Obersthofmeister, Ritter des goldenen Vlieses;

[9.]  Herr Wolfgang Graf von Öttingen, des hohen (Reichs-)Hofrats Präsident;

[10.]        Herr Johann Franz Graf von Würben (Wrbna), der geheiligten kaiserlichen Majestät als Königs von Böhmen oberster Kanzler, Ritter des goldenen Vlieses;

[11.]        Herr Johann Heinrich Fürst von Fondi, Graf von Mansfeld, Oberstkämmerer, Ritter des goldenen Vlieses;

[12.]        Herr Dominik Andreas Graf von Kaunitz, des heiligen römischen Reiches Vizekanzler, Ritter des goldenen Vlieses;

[13.]        Herr Wenzel Norbert Octavius Graf Kinsky, der geheiligten kaiserlichen Majestät im Königreich Böhmen Oberstkämmerer und königl. Hofmeister;

[14.]        Herr Georg Adam Graf von Martinitz, kaiserlicher Obersthofmarschall, Ritter des goldenen Vlieses;

[15.]        Herr Otto Ehrenreich, Graf von Abensperg und Traun, Landmarschall von Niederösterreich, Ritter des goldenen Vlieses;

[16.]        Herr Gotthard Heinrich Graf von Salburg;

[17.]        Herr Wenzel Adalbert Graf von Sternberg, der geheiligten kaiserlichen Majestät im Königreich Böhmen Oberst(land)richter und königlicher Hofmarschall;

[18.]        Herr Karl Maximilian Graf von Thurn und Valsássina, Statthalter der geheiligten kaiserl. Majestät in der Marktgrafschaft Mähren;

[19.]        Herr Julius Friedrich Graf Buccelleni, kaiserl. Hofkanzler;

[20.]        Herr Hermann Jakob Graf von Czernin, Landes-Chef im Königreich Böhmen;

[21.]        Herr Philipp Sigmund Graf von Dietrichstein, kaiserl. Oberststallmeister, Ritter des goldenen Vlieses;

[22.]        Herr Ferdinand Marchese degli Obizzi, kaiserl. Feldmarschall und Stadtkommandant von Wien;

[23.]        Herr Johann Volkhart Graf Concino, Obersthofmeister der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Elisabeth;

[24.]        Herr Leopold Donat Graf von Trautson, Oberstkämmerer des durchlauchtigsten römischen Königs (Joseph);

[25.]        Herr Albert de Longueval, Graf von Bouquoy, Ritter des Ordens von Calatrava;

[26.]        Herr Norbert Leopold Graf von Kolowrat vom Liebsteiner Zweig;

[27.]        Herr Alois Thomas Raimund Graf von Harrach, Kommandant der Gardeinfanterie;

[28.]        Herr Jakob Graf von Hamilton, der geheiligten kais. Majest. Landvogt in der Markgrafschaft Burgau;

[29.]        Herr Karl Joseph Graf von Paar, Pberstpostmeister in den Erbkönigreichen und –ländern;

[30.]        Herr Nikolaus Graf von Pálffy, Kommandant der Gardereiter, General- Feldmarschall-Leutnant;

[31.]        Herr Ferdinand Gobert Graf von Aspermont, General-Feldmarschall-Leutnant;

[32.]        Herr Gundakar Thomas Graf von Stahrnberg, Präsident der kais. Hofkammer;

[33.]        Herr Hugo Franz Graf von Königsegg, des Bistums Leitmeritz Koadjutor, Kanonikus der Erzdiözese Köln;

[34.]        Herr Johann Friedrich Freiherr von Seilern, und

[35.]        Herr von Franz Moles, Herzog von Pareto:

 

Sämtlich Staatsräte der geheiligten kaiserlichen Majestät. Der Wahrheit zum Zeugnis habe meinen Namen unterschrieben und mein Siegel aufgedrückt, ich, der geheiligten kaiserlichen Majestät Hofrat, Staatssekretär, Referendar, auch kraft kaiserlicher und erzherzoglicher Gewalt ernannter öffentlicher Notar, der ich bei allem als Augen- und Ohrenzeuge zugegen war.

 

Johann Ignaz Albrecht von Albrechtsburg.

 

 

 

 

König Karls III. öffentliche Annahme- Erklärung.

 

Wir KARL III., von Gottes Gnaden König von Kastilien, Leon, Arragonien, beiden Sizilien „zu“ Jerusalem, Navarra, Granada, Toledo, Valencia, Galicia, Majorica, Minorca, Sevilla, Sardinien, Cordova, Corsica, Murica, Jaen, Algarbia, Algéciras, Cadix, der Canarischen Inseln, der Ost- und West-Indischen Inseln und des festen Landes des Ozeanischen Meeres etc. Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, Brabant, Mailand, Athen und Naupaktus, Graf „zu“ Habsburg, Flandern, Tirol und Barcelona, Herr von Kantabrien und Molina:

[1.]  Wir machen kund allen Gegenwärtigen und Künftigen: Der durchlauchtigste, „großmächtigste und unüberwindlichste“ Fürst und Herr Leopold, Römischer Kaiser, „zu allen Zeiten Mehrer des Reiches“, Unser geliebtester und hochgeehrtester Herr und Vater hat gemeinsam mit dem durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Joseph, römischen und ungarischen König Unserem teuersten Bruder, beide aus gütiger und wohlwollender Liebe gegen uns, die spanische Monarchie, die ihnen durch den Tod des weiland durchlauchtigsten und „großmächtigsten“ Herrn Karl II. Königs von Spanien und Indien seligsten Angedenkens, nach Erbrecht angefallen war, und zugleich das katholische Belgien, als altes Erbgut Unseres „hochgeehrten“ Hauses, auf Uns übertragen, wie folgt:

 

[2.]  (Nun ist die voranstehende Zessionsurkunde 1 einschließlich der beiden Unterschriften ohne Zeugenreihe inseriert.)

 

 

[3.]  Wir haben hiemit die Abtretung selbst als auch die ihr beigefügten Bedingungen dankbarsten Herzens angenommen, nehmen sie hiemit an, geloben mit Königswort und schwören unter Berührung der hochheiligen Schrift für uns und alle Unsere Nachkommen: Wir und sie selbst werden alles und jedes aufs genaueste beobachten und getreuestens erfüllen, dem niemals zuwiderhandeln noch auch dulden, daß es von anderen geschehe; ferner werden wir, wenn eine weiter gehende oder zu erneuernde oder öfter zu wiederholende, wenn auch nicht nötige Bekräftigung von Uns oder von welchen Unserer Nachkommen immer und von Unseren Königreichen und Ländern wann immer gefordert würde, auch  diese leisten und dafür sorgen, daß sie möglichst feierlich ausgefertigt werde. Ausgeschlossen sollen hiebei ewig bleiben: jede wie immer geartete Beanständung, allgemeine oder besondere Einrede, „Restitution und Absolution“, welcher geistlichen oder weltlichen Gewalt immer, selbst der päpstlichen und alle andern entgegen wirkenden Rechtswohltaten, Mit Uns und Unseren Nachkommen möge des Allerhöchsten Segen stets ebenso sein, wie wir es für die Höchste Wohlfahrt und Blüte der Königreiche und Länder wünschen, die Uns von den Allerdurchlauchtigsten: Vater und Bruder in der gleichen Zuversicht freiwillig abgetreten worden sind.

 

[4.]  Geschehen in Gegenwart der vornehmsten Würdenträger des Kaiserhofs und anderer Räte des Geheimeren Staatsrates Seiner Majestät, zu Wien, am 12. September, seit Christi Unseres Herrn und Heilands Geburt im 1703.ten, Unserer Königreiche im ersten Jahr.

 

Karl.

Gegenwärtig waren:

 

(Nun folgt die Zeugenreihe und die notarielle Beurkundung bis „Albrechtsburg“ wörtlich wie oben am Schlusse der Urkunde 1, S. 24, Zeile 19, bis S. 26, Zeile 44.)

 

 

 

Der geheime „Familienvertrag“

 

Wir LEOPOLD machen kund und bezeugen zum ewigen Gedächtnis:

[1.]  Indem wir heute zusammen mit Unserem geliebtesten erstgeborenen Sohn Joseph, dem durchlauchtigsten römischen König und König von Ungarn, auf Unseren teuersten zweiten Sohn, den durchlauchtigsten Erzherzog, nunmehr König von Spanien und Indien, Karl III., die spanische Monarchie übertragen, die durch den Tod des weiland durchlauchtigsten  und großmächtigsten Königs von Spanien seligsten Angedenkens, Karl des Zweiten, an Uns gefallen ist, erscheint nichts wünschenswerter, als daß zum Wohle der ganzen Christenheit zwischen all Unseren Nachkommen beider Linien, die von Unseren beiden Söhnen abstammen werden, stete Eintracht für ewig gewahrt werde, die durch keinerlei Wirren infolge von Streitigkeiten oder Mißhelligkeiten erschüttert werden darf. Zur Erreichung dieses so heilsamen Zieles hielten wir es vor allem für nötig, zu eröffnen, was hinsichtlich der Ordnung wechselseitiger Nachfolge unser aller Wille immer war und noch ist, und zu deren gemeinsamer Befolgung Uns und Unsere Nachkommenschaft aufs stärkste zu verpflichten.

 

[2.]  Bei solchen Vorgehen werden wir indes nicht gerade die bisher in Spanien beobachtete Sukzessionsart verändern, sondern viel mehr deren Veränderung, welche in der freiwilligen Abtretung der spanischen Monarchie liegt, einigermaßen beschränken , deren Gesetzen gemäß hätte sie ja nach Uns Unserem erstgeborenen Sohn Joseph, dem durchlauchtigsten römischen König und dessen Nachkommen und vor Unserem zweiten Sohn, dem durchlauchtigsten König Karl, und dessen Nachkommen gebührt. Darum werden wir das Ganze derart anordnen, daß wir sowohl den allgemeinen Wünschen Europas Genüge tun als auch durch eine beiderseits gleiche Sukzession Unseres erstgeborenen Sohnes Nachkommenschaft zu williger Befolgung leichter vermögen, dadurch beide Linien enger vereinen und (daß wir) endlich die beste Handhabe oder Gelegenheit, wieder ähnliches Unheil zu erregen, von dem fast die ganze Welt früher oft erschüttert war und noch ist, soweit es in unserer Macht liegt, von der Wurzel aus auszurotten:

 

 

[3.]  Wir erklären also – gemäß dem Übereinkommen, das vor der Zession selbst als Hauptbedingung wiederholt worden ist, setzen fest und befehlen unter Unserer beiden durchlauchtigsten Söhne erneuter Einwilligung, Zustimmung und Annahme folgendes als Gesetz, das mit Gottes Segen für alle Ewigkeit gelten soll: In den Königreichen und Ländern der spanischen Herrschaft soll ebenso wie in Unseren anderen Erbkönigreichen und Ländern die Nachfolge solcher Männer unseres Blutes, die in männlicher Linie aus gesetzesmäßiger Ehe stammen – nicht der legitimierten – vor allen Frauen und deren Deszendenten, männlichen und weiblichen, welcher Linie oder welchen Grades sie immer seien, in Ewigkeit Vorzug haben und unter den künftigen Nachfolgern soll die Primogenitur-Regel fortwährend beobachtet werden. Zu beginnen hat solche Nachfolge: in den Herrschaftsgebieten, die bei Unserem Erstgeborenen, König Joseph, verbleiben, mit seinen Söhnen; in jenen (Herrschaftsgebieten) jedoch, die Unserem Zweitgeborenen, König Karl III., abgetreten worden sind, mit dessen männlicher Nachkommenschaft und eben dieselbe Ordnung ist, so lange es mit Gottes Gnade aus gesetzmäßiger Ehe geborene Männer der Mannsstammes beiderseits geben wird, in beiden Linien ununterbrochen fortzusetzen.

[4.]  Wenn aber, Gott sei davor, entweder Unser teuerster Sohn König Karl III. sterben sollte, ohne Söhne aus gesetzmäßiger Ehe gezeugt zu haben, oder wenn deren männliche legitime Nachkommen des Mannsstammes wann immer erlöschen sollten – gleichgültig, on weilbliche Deszendenten oder deren Kinder beiderlei Geschlechts noch am Leben sind oder fehlen – dann sollen die ganze spanische Monarchie und alle mit ihr verbundenen oder ihr untertänigen Königreiche und Länder an Uns und Unseren erstgeborenen Sohn oder dessen überlebende eheliche Kinder und Deszendenten, nicht an legitimierte, unmittelbar zurückgelangen (u. zw.) gemäß der in Unserem Erzhaus eingeführten und nunmehr aufs neue „befestigten“ Nachfolgeordnung: indes in folgender Weise: Wenn eheliche, von Unserem Sohne König Karl III. oder dessen legitimen Deszendenten stammende Frauen am Leben sein sollten, soll für sie in gebührender Weise gesorgt werden, wie es in Unserem Hause bisher Brauch war. Auch soll ihnen das Recht gewahrt bleiben, das ihnen gemäß der Erstgeburtsordnung wann immer wird zustehen können, sobald aus Unserem (Leopolds) Stamme, legitime männliche Sprossen und aus Unseres Erstgeborenen weibliche fehlen, welche jenen (karolinischen) überall und immer vorangehen (sollen).

[5.]  Wenn aber der gegenteilige Fall einträte – was Gottest Güte gleichfalls verhüte – daß Unser erstgeborener Sohn, der römische König  Joseph, ohne männliche, aus rechtmäßiger Ehe stammende Kinder verscheiden oder  unter seinen Nachkommen männliche legitime Deszendenten der Mannslinie fehlen sollten, dann haben auch in allen anderen Unseren Erbkönigreichen und –ländern, die bis dahin im Besitze Unseres erstgeborenen Sohnes oder von dessen männlichen legitimen Nachkommen sein werden, gemäß der Erstgeburtsordnung zu folgen: Unser Sohn König Karl oder wer unter den von ihm in der Mannslinie abstammenden ehelichen – nicht den legitimierten – männlichen Sprossen dann noch am Leben sein wird;  und rücksichtlich  der überlebenden Frauen wird das zu beobachten sein, was im voranstehenden Fall [4.] festgesetzt ist. In Unseren und Unserer Nachkommen sämtlicher Königreichen, Länder und Herrschaften, welcher Art immer, haben alle die Frauen beider Stämme samt ihren männlichen Deszendenten in Bezug auf die Nachfolge immer zurückzustehen hinter allen ehelich in der Mannslinie abstammenden beiderseitigen männlichen Sprossen – gleichgültig, welchen Grades oder welcher Linie.

 

[6.]  Inzwischen werden aber weder Unser Sohn König Karl selbst, noch seine Kinder oder Nachkommen welcher Art immer unter dem Titel, sei es von „Apanage“ oder von „Alimenten“, sei es unter einem anderen beliebigen Titel der Vorwand, irgend etwas anderes von Uns oder von Unserem erstgeborenen Sohn oder seinen Nachkommen fordern oder beanspruchen können oder dürfen, sondern sie sollen mit der so weitgehenden Abtretung oder Übertragung der spanischen Monarchie zufrieden sein und es sollen ebenso sehr er wie die ihm nachfolgenden Könige (Spanien) ihre Söhne, Brüder, Töchter und Schwestern selbst versorgen. Das Gleiche soll für Unseren Sohn König Joseph und seine Nachkommen rücksichtlich der abgetretenen spanischen Monarchie als gesagt gelten.

 

[7.]  Gewahrt soll hiebei überall bleiben des heiligen römischen Reiches und der römischen Kaiser und Könige „notorisches“ Recht auf Länder, Herrschaften und Gegenden, welche vom reiche abhängen.

 

[8.]  Mit all dem sollen jedoch keinerlei andere Vereinbarungen, Verfügungen, Gesetze oder Gewohnheiten Unseres „hochgeehrten“ Hauses und der ihm untertänigen Königreiche oder Länder in irgend einer Weise aufgehoben sein, wofern sie Unserer heutigen Abtretungs- oder Übertragungs-Erklärung und deren von Uns gesetzten unabänderlichen und notwendigen Bedingungen nicht zuwiderlaufen und aus diesem Grund und nur insoweit außer Kraft gesetzt sind; vielmehr sollen derartige Vereinbarungen, Verfügungen, Gesetze und Gewohnheiten in den übrigen Stücken durchaus, voll und ganz ihre Kraft behalten.

 

[9.]  Zur offenkundigeren Garantie und Bekräftigung von all dem haben Wir gemeinsam mit dem durchlauchtigsten römischen König Joseph diesen „gegenwärtigen Brief“ gleichzeitig mit der Abtretungs-Urkunde als deren Hauptbestandteil eigenhändig unterschrieben, mit Unseren Siegeln, mit Kaiser- und Königswort sowie „körperlich“ geleistetem Eid für Uns und all Unsere Nachkommen bestätigt und Unserem teuersten Sohn, dem durchlauchtigsten König Karl III. von Spanien, zur beiderseitigen ewigen Beobachtung übergeben, nachdem Wir seinerseits ein anderes „Instrument“, nämlich über die Annahme, worin auch diese Urkunde inseriert ist, erhalten haben. Nicht entgegen stehen, sondern abgeschafft und verboten sollen sein: alle Einwände, Einreden und zuwiderlaufende Rechtswohltaten: päpstliche, kaiserliche, königliche, landrechtliche und gesetzmäßige, alle möglichen, wo und welcher Art immer, die gegenwärtig zustehen oder künftig auftauchen oder wann immer vorzubringen oder anzuführen wären. Geschehen in Gegenwart der vornehmsten Würdenträger Unseres Kaiserhofes und der anderen Räte Unseres „Geheimeren“ Staatsrates zu Wien, am 12. September nach Unseres Herrn Geburt im 1703.ten Jahre, Unserer Reiche: des römischen im 46.ten, des ungarischen im 49.ten, des böhmischen aber im 47.ten.

 

[10.]       Und Wir Joseph . . .

 

bekennen: Alles, was diese Urkunde enthält, ist von dem „allerdurchlauchtigsten“ Kaiser und Herrn Unserem gütigsten Vater, vermöge Seiner höchsten Weisheit und väterliche Liebe zu seiner Familie verfügt worden und Wir sowie Unser teuerster Bruder, der durchlauchtigste König Karl von Spanien, haben einvernehmlich und beharrlich darum gebeten und dem willigst beigepflichtet. Dies auch auszuführen und zu verfechten, verbinden Wir Uns und Unsere Nachkommen mit Königswort und einem „körperlichen“ Eid in der möglichst beständigen Weise. Hinzugefügt oder wiederholt seinen in vollkommenster Form die oben bezeichnete oder sonst etwa nötige Verzichtleistung und Aufhebung aller zuwiderlaufenden Rechte und Ausflüchte. Urkund dessen dieser Brief, der von Uns unterschrieben und mit Unserem Siegel bekräftigt ist. Ort, Tag und Jahr wie oben.

 

Leopold.

Joseph.

(an dicker goldener Schnur hängende Holzbullen mit Siegeln wie bei Urkunde 1.)

 

[11.]       Gegenwärtig waren: die Hoheiten: . . .

Insgesamt der geheiligten kaiserlichen Majestät Staatsräte. Der Wahrheit zum Zeugnis habe meinen Namen unterschrieben und mein Siegel beigedrückt, ich als der geheiligten Majestät Hofrat, Staatssekretär und Referendar sowie kraft kaiserlicher und erzherzoglicher Gewalt ernannter öffentlicher Notar, der ich bei alle dem als Augen- und Ohrenzeuge zugegen war.

 

Johann Ignaz Albrecht von Albrechtsburg.

 

 

 

Geheime Annahme-Erklärung Karls.

 

Wir KARL III. von Gottes Gnaden . . . .

[1.] tun kund allen Gegenwärtigen und Künftigen: Nachdem Leopold . . .

 

(Das Vorangehende und das Folgende analog dem Abs. 1 der öffentlichen Urkunde 2, oben S. 27, Z. 16 ff.)

 

die spanische Monarchie und zugleich das katholische Belgien, ein altes Erbgut Unseres „hochgeehrten“ Hauses, auf Uns übertragen hat nach Inhalt, Art und Bedingungen, wie folgt:

 

 

 

[2.]  (Hier ist nun Leopolds und Josephs öffentliche Zessionsurkunde 1 wörtlich inseriert mit folgenden Schlussworten:

 

„Leopoldus mppria L. S. P.

Josephus mppria L. S. P. „

 

Ohne jede Zwischenbemerkung ist hierauf wörtlich inseriert die geheime Urkunde 3 als eigene contitio der Zession. Die Inserierung beginnt mit: „Nos Leopoldus . . .“ und endet so:

 

„Leopoldus mprria L. S. P.

Josephus mmpria L. S. P.“ Unmittelbar darauf folgt:)

 

[3.]  Haben Wir [KARL] die Zession selbst wie die beigefügten Bedingungen  . . .

(alles wörtlich wie in der öffentlichen Annahme-Erklärung Karls (Urkunde 2, Absätze 3 und 4 ganz.)

                     Karl.

 

                     Anwesend waren: . . .