(1) Zweyter Theil

des

Corporis Juris

Fridericiani,

das ist,

Sr. Königl. Majestät in Preussen

in der Vernunft und Landes-Verfassungen

gegründeten

Land-Rechts

worinn

das Römische Recht in eine natürliche Ordnung, und richtiges Systema, nach den dreyen Objectis Juris gebracht:

Die General-Principia, welche in der Vernunft gegründet sind, bey einem ieden Objecto festgesetzet, und die nöthigen Conclusiones, als so viel Gesetze, daraus deduciret:

Alle Subtilitäten und Fictiones, nicht weniger was auf den Teutschen Statum nicht applicable ist, ausgelassen:

Alle zweifelhafte Jura, welche in den Römischen Gesetzen vorkommen, oder von den Doctoribus gemacht worden, decidiret, und solcherstalt Ein Jus certum und universale in allen Dero Provintzen statuiret wird.

Mit Röm. Käys. Königl. Poln. und Chur-Sächs. wie auch Königl. Preuß. u. Chur-Brandenb. allergnädigsten Privilegiis.

Halle,

In Verlegung des Waysenhauses. Anno 1751.


(2) Avertissement.

Dieser zweyte Theil soll auf Sr. Königl. Majestät Befehl nicht höher als um sechszehn gute Groschen verkauft werden.


(3) Vorrede.

§. 1.

Nachdem in dem vorhergehenden Theil dieses Corporis Juris Fridericiani das erste Objectum juris, nemlich diejenigen Vorrechte, welche aus dem allgemeinen Zustand der Menschen, und aus der natürlichen Qualität der Personen (ex statu hominum, seu ex jure personarum) herrühren, beschrieben worden; so folget nunmehro in diesem zweyten Theil das andere Objectum juris, welches diejenigen Jura, die Haab und Güter afficiren, folglich den Menschen ein Dingliches Recht (jus in re) verschaffen, begreiffet.

§. 2.

Die Materien, die in diesem zweyten Theil tractiret werden, sind desto schwerer in gewisse Principia zu bringen, weil dieselben (ausser einigen wenigen Capitulis, nemlich de modis acquirendi dominii jure gentium, und de successione liberorum ab intestato) nicht aus der Vernunft, und den natürlichen Rechten, sondern aus Civil- und politiquen Ursachen herfliessen.

Da nun die meisten von diesen Dinglichen Rechten von dem Arbitrio der Römischen Gesetzgeber herrühren, von denselben aber darüber niemals ein ordentliches Systema formiret, sondern blosse Excerpta davon aus den Büchern der berühmtesten Rechts-Gelehrten colligiret, und ohne Ordnung und Connexion dem Corpore juris einverleibet worden: so hat es eine unsägliche Mühe gekostet, diesen durch das gantze Corpus Juris Romani zerstreueten Dinglichen Rechten (juribus in re) eine gewisse Form zu geben, solche in eine vernünftige Ordnung zu bringen, gewisse Principia festzusetzen, dieselben von den confusen Interpretationen der neuen Rechts-Gelahrten zu reinigen, die unnützen Subtilitaeten abzuschaffen, alles nach dem Zustand der Teutschen Länder einzurichten, und das Werck in die Teutsche Sprache zu versetzen.


(4) Vorrede.

§. 3.

Der sinnreiche Herr von Loen hat in seinen kleinen Schriften dieses Chaos der Römischen Gesetze gar wohl eingesehen, zugleich aber die Remedur dergestalt für unmöglich gehalten, daß er auch par maniere de miracle supponiret, daß die Providenz einen Souverainen erwecken müste, der die Qualität eines Alexanders, und die Weisheit eines Salomonis besitze, und der als ein anderer Alexander die Resolution haben müsse den Noeud Gordien aufzulösen, das ist, das confuse Römische Recht abzuschaffen; zugleich aber auch als ein anderer Salomon ein neues und vernünftiges Gesetz-Buch auszuliefern fähig sey.

§. 4.

Nun hat sich aber gleichwol dieses Miracle in den Preußischen Ländern wircklich zugetragen: Die Providenz hat der Welt zugleich einen Alexander und einen Salomon in der Person Unsers grossen Königes geschencket; Dieser unvergleichliche Monarch hat als ein zweyter Alexander den Zweifels-Knoten, welchen bishero niemand auflösen können, coupiret, und das seit 700 Jahren in Teutschland eingeführte confuse Römische Recht aufgehoben; zugleich aber auch, als ein anderer Salomon, ein neues Land-Recht aus den Aschen des in vielen Stücken nicht unvernünftigen Römischen Rechts verfertigen lassen.

§. 5.

Es wird aber nöthig seyn kürtzlich anzuführen, worinn das Römische Recht geändert, und auf was für einen Fuß die Dinglichen Rechte (Jura in re) durch dieses neue Land-Recht eingerichtet, von allen Römischen Antiquitaeten und Subtilitaeten gereiniget, und in eine natürliche und vernünftige Ordnung gebracht worden.

§. 6.

Erstlich hat man die Eintheilung der Dinge (rerum divisiones) kurtz und deutlich vorgestellet, und zu einer ieden Specie diejenigen Dinge, welche eigentlich dahin gehören, referiret, zugleich auch gezeiget, daß die Res, welche nullius genannt werden, wenig Nutzen mehr haben, nachdem dieselben durch die Verfassung des Teutschen Rechts zu den Regalien gezogen worden. (a)

Hiedurch ist die Confusion gehoben worden, die sich in dem Jure Romano gefunden, wo verschiedene General-Divisiones vorkommen, (b) welche

 

(a) Vid. Part. II. Tit. II. seq.

(b) Gajus theilet alle Dinge in res divini juris & humani juris. L. 2. ff. de Rer. div. Unter jene rechnet er res sacras, sanctas & religiosas: diese aber theilet er wieder in publicas & privatas, und nennt diejenigen publicas, welche nullius sind. ibid.

Der Kayser Justinianus führt eine gantz andre Theilung der Dinge an: Er sagt, daß alle Dinge entweder extra patrimonium nostrum, oder in patrimonio nostro seyn: Zu den ersteren rechnet er res communes, publicas, universitatis, & nullius: pr. Inst. de Rer. div.

Beyde divisiones sind vitieus: Die erste darum, weil die res sanctae und religiosae unter die res divini juris gerechnet werden, wohin sie gar nicht gehören. Dann die res sanctae, als die Märckte, Palais, öffentlichen Plätze, enthalten nichts, worinn dem göttlichen Wesen ein besonderes Recht zustehet: und die res religiosae gründen sich auf einen blossen Aberglauben; weil die Römer glaubten, daß die Seelen


(5) Vorrede.

beyde unvollkommen sind: Zu geschweigen, daß die Gesetze selbst unter sich nicht einig seyn, was zu einer ieden Specie referiret werden muß, allermassen dieselben eben dasselbe Ding bald zu den rebus communibus, bald zu den rebus publicis jure gentium, bald zu den rebus nullius gerechnet haben. (c)

§. 7.

Was ist nicht in dem Corpore juris Romani für eine Unordnung in Rangirung der Dinglichen Rechte zu finden? Es ist nicht eine Species juris in re, welche nicht durch unzehlige fremde Materien unterbrochen wird; so daß es unmöglich war, sich eine rechte Idee von den juribus in re zu machen und zu formiren: wie die Anmerckung sub (d) zeiget.

Hingegen hat man in diesem Land-Recht alle diese Rechte in einer Suite, und in einer vernünftigen Ordnung verhandelt, die Definitiones eines ieden Dinglichen Rechts klar und deutlich festgesetzet, und deren Causam, Subjectum, Objectum, Effectus und Modos finiendi mit der grösten Sorgfalt ausgeführet.

§. 8.

Bey dem ersten Dinglichen Recht, nemlich dem Dominio, hat man die modos acquirendi naturales von den modis acquirendi civilibus separiret, und die ersteren aus den principiis der natürlichen Rechte (welche die alten Römischen Rechts-Gelahrte aus dem Grunde verstanden) deduciret.

 

der Verstorbenen vergöttert würden, und daß diese Dii manes den Leib oder dessen Aschen nicht verliessen, welche daher, wenn der Leib nicht begraben wird, nicht ruhen könnten, oder, wann die Asche aus der Ruhe gesetzt wird, auf das äusserste beleidiget würden.

Dieserwegen hat man beyde Dinge zwar extra commercium singulorum gezehlet; nicht aber weil sie divini juris sind, sondern weil die res sanctae durch Poenal-Gesetze oder Sanctiones gegen alle violationes gesichert werden; und weil die Begräbnisse lege publica zu keinem andern Gebrauch, als zu Begrabung der Todten, gewidmet sind.

Des Justiniani Definition ist vitieus, weil dieselbe diejenigen Dinge, welche zu einer ieden Specie gehören, confundiret; indem er eines theils die res sacras, sanctas, & religiosas improprie zu den rebus nullius, hingegen die res, welche eigentlich nullius sind, und adespota genannt werden, unter die res publicas referiret; andern theils eben dasselbe Ding bald rem communem, bald publicam, bald nullius nennet.

(c) Vid. Grot. illustr. Libr. 2. cap. III. §. 9. lit. p.

(d) I. Die Materie de rerum divisione, welche das Fundament der Dinglichen Rechte ist, wird in dem Libr. I. Tit. 8. tractiret.

II. Die Modi acquirendi dominii jure gentium werden in Lib. XLI. Tit. 1. verhandelt.

III. Die Dominia Civilia sind dergestalt dispersiret, daß man sie kaum zusammen finden kan: a) De Emphyteusi wird in Lib. VI. Tit. 3. b) de Superficie in Libr. XLIII. Tit. 18. c) de Usucapione & praescriptione in Libr. XLI. Tit. 3. d) de actione Pauliana in Libr. XLII. Tit. 8. e) de Publiciana in rem actione in Libr. VI. Tit. 2. gehandelt.

IV. Die übrigen Jura in re werden gleichfalls in keiner ordentlichen Suite recensiret. a) Die Servitutes werden in Libr. VIII. und b) die Pignera in Libr. XX. expliciret.


(6) Vorrede.

In Ansehung der letztern hat man die Ursache angezeiget, warum die Römischen Gesetzgeber die Negotia, woraus nach den natürlichen Rechten nur eine Obligatio personalis herfliesset, zu einem Dominio civili declariret haben; Welche Verfassung auch, weil sie zur Verkürtzung der Processe abzielet, in diesem Land-Recht beybehalten worden. (e)

§. 9.

Die zwey folgenden Dinglichen Rechte, nemlich Servitus und Pignus, sind von dem Römischen Gesetzgebern aus einer gleichen ratione politica zu juribus in re declariret, und actio realis daraus verstattet worden, ob schon diese Negotia ihrer Natur nach nur eine Obligationem personae inferiren. Man hat aber auch in Ansehung dieser die Verfassung beybehalten, weil die sonst daher entstehende unvermeidliche Umschweife die Processe aufhalten würden. (f)

§. 10.

Was hat man nicht occasione dieser Dinglichen Rechte für alte verlegene und unnütze Römische Antiquitaeten und Subtilitaeten auf Universitaeten erlernen müssen, welche in der That zu dem Begriff der Rechte, wenn sie nach gewissen Principiis, und in gehöriger Ordnung wären vorgetragen worden, gantz füglich hätten weggelassen werden können.

Daher nicht zu verwundern ist, daß der Justinianus denenjenigen, welche die Jurisprudenz erlernen wollen, eine Zeit von fünf Jahren vorgeschrieben habe, (g) welche sie auf Universitaeten zubringen solten: Vielmehr ist zu verwundern, daß der Justinianus geglaubet, daß junge Leute bey dem von ihm vorgeschriebenen, und von aller Vernunft entfernten methodo docnedi, sich in fünf Jahren nur eine Idee von der Jurisprudenz haben machen können.

§. 11.

Um ein echantillon von demjenigen zu geben, was man bishero mit Verlust der Zeit und Kosten auf Universitaeten hat erlernen müssen, beziehet man sich auf das vierte Dingliche Recht, nemlich Haereditatem.

Mit was für Eifer und Sorgfalt pflegt man nicht den confusen und unnützen Originem & Progressum successionis ab intestato er Jugend einzuprägen? (h) Und wie viel unendliche Tractate

 

(e) Vid. Part. II. Lib. III. Tit. II.

(f) Vid. Part. II. Lib. II. Tit. VI. §. 7. & 8.

(g) Vid. Justiniani Digestorum Prooemium de ratione & methodo juris docendi ab antecessoribus. d. d. 17. Jul. 533.

(h) Auf den Universitaeten wird nach Anleitung des Juris Romani als eine von den wichtigsten Sachen dociret: a) daß die Leges XII. Tabb. nur die suos und legitimos seu agnatos zur Succession fähig gehalten haben: daß b) nachher durch das SCtum Tertullianum auch die Töchter zu ihrer Mutter Erbschaft auf gewisse Art admittiret worden: daß ferner und c) auch die Enckel durch das SCtum Orphitianum die Fähigkeit erlanget, ihrer Groß-Mutter zu succediren: worbey d) mit grosser Sorgfalt angewiesen wird, wie nach und nach noch einige andere particulir-successiones durch die folgenden Gesetze etabliret worden.

Weil aber e) noch viele andere von der Succession ausgeschlossen blieben, so wird weiter gezeiget, wie die Praetores hierunter remediret, und die noch übrigen, welche jure sanguinis zu der Erbschaft gehören, zur Succession berufen haben: und zwar f) die


(7) Vorrede.

sind nicht von den initiis und incrementis testamentorum geschrieben worden? (i)

§. 12.

Se. Königl. Majestät haben alle diese unnöthige Antiquitaeten bis auf den Namen ausgerottet, und die Successiones ab intestato nach der Vernunft und der natürlichen Billigkeit reguliret, die drey Ordines succedendi kurtz und deutlich beschrieben, alle Dubia, welche bey dieser Materie vorgekommen, decidiret (et)c. so daß ein ieder Mensch mit gutem Gewissen ignoriren kan, was SCtum Tertullianum, Orphitianum, Bonorum possessio &c. bedeute.

§. 13.

Bey der Successione Testamentaria ist noch ein viel mehrers zu erinnern, als bey der Successione ab intestato: Bey dieser letztern hat man bloß darauf bedacht seyn müssen, die alten verlegenen Jura auszurotten, weil der Justinianus in der No. 118. schon überall die ordines successionum nach der Billigkeit reguliret hat, welcher man auch in diesem Land-Recht gefolget ist: dahingegen man bey den Testamenten die Privat-Testamenta, Codicillos und Donationes mortis causa, item die Substitutiones tacitas, das Jus accrescendi, die Quartam Falcidiam und Trebellianicam &c. abschaffen müssen.

§. 14.

Es ist nicht zu leugnen, daß es für die Republic, und zur Beruhigung der Familien, am besten gewesen wäre, wann die Testamenta niemalen in der Welt wären bekannt gewesen, und wann die Erbfolge denenjenigen wäre überlassen worden, welche die Natur und Vernunft zu der Succession berufen, oder welche nach der Ordnung der Familien dazu qualificiret sind.

§. 15.

Es ist eine ohnstreitige Wahrheit, daß die Dispositiones testamentariae 1) der natürlichen Vernunft entgegen laufen: 2) nichts als Haß, Feindschaft, und Mißhelligkeiten unter den Familien anrichten: 3) mehrentheils durch Betriegereyen, Verleumdungen, Inductiones &c. errichtet

 

emancipirten Kinder durch das Edictum unde liberi: g) die suos, wenn sie nicht als sui succediren könten, durch das Edictum unde legitimi: h) alle Cognatos, ex ordine graduum, durch das Edictum unde cognati: i) endlich auch die Ehe-Leute ex Edicto unde vir & uxor.

Bey welcher Gelegenheit der studirenden Jugend expliciret wird, k) warum die Haereditas praetoria bloß bonorum possessio genannt worden: l) daß diese bonorum possessio entweder decretalis oder edictalis sey: m) welche letztere in extraordinariam & ordinariam getheilet wird: n) daß die extraordinaria entweder casum intestati (wovon die Edicta vorher angeführet worden) oder ein verfertigtes Testament supponire: o) daß die bonorum possessio edictalis ordinaria in dem letzten Fall entweder secundum oder contra tabulas testamenti statt habe (et)c.

Und obschon p) der Justinianus in der No. 118. die gantze Ordnung der Succession ab intestato auf eine gantz vernünftige Art reguliret hat, ist man dennoch genöthiget worden, alle diese unnütze und veraltete Jura auf Universitaeten zu lernen; insonderheit nachdem viele Rechtsverständige behauptet haben, daß die bonorum possessio auch heut zu Tage in Praxi noch einigen Nutzen habe.

(i) Thomasius de primis initiis successionis testamentariae apud Romanos, Idem, de sensu legis Decemviralis testamentariae.


(8) Vorrede.

werden: und 4) wegen der vielen erforderten Solennitaeten, und darbey vorkommenden Subtilitaeten, zu unendlichen Processen Anleitung geben.

§. 16.

Es streiten dergleichen Dispositiones mit den General-Principiis der natürlichen Rechte, und inferiren eine offenbare Contradiction. Allermassen eine solche Dispositio nicht bey des Testatoris Leben gelten kan, weil der Erbe die Disposition nicht agnosciret noch acceptiret; ohne dergleichen Acceptation aber niemand ex dispositione alterius ein Recht erlangen kan: Noch weniger kan sie nach des Testatoris Tode einige Gültigkeit erlangen, weil des Testatoris jus disponendi mit seinem Tode aufhöret, folglich der Erbe, weil keine Disposition vorhanden, nichts acceptiren kan: andere Ursachen zu geschweigen, welche an einem andern Ort ausführlich angeführet worden. (k)

§. 17.

Es zeiget die Erfahrung, daß durch dergleichen Testamenta mehrentheils denenjenigen, welchen die Natur und die Ordnung der Familie die Erbschaft destiniret hat, solche entweder gantz oder zum Theil entzogen werde; folglich dadurch nichts als unauslöschliche Feindschaften in den Familien verursachet werden.

§. 18.

Was gehen nicht für Betriegereyen bey Verfertigung der Testamente vor! Was hat eine Ehefrau nicht von einem brutalen Ehemann zu befürchten, wann sie sich wegert nach seinem Willen ein Testament zum Praejuditz ihrer Verwandten zu machen?

§. 19.

Was können nicht die Intriguen einer Ehefrauen zu wege bringen, wann sie ihren Ehemann in den letzten Stunden seines Lebens, da seine Lebens- und Gemüthskräfte schon abgenommen, zu Verfertigung eines letzten Willens durch ihre importune Sollicitationes und Thränen induciren will? Welchenfalls des Ehemanns Verwandte mehrentheils das Sacrifice davon seyn müssen.

§. 20.

Was insonderheit die Privat-Testamenta anbetrifft, so ist nicht auszusprechen, was für Inconvenientzien daher entstehen, und was für Betriegereyen dabey vorgehen.

Man will nicht anführen, daß ein falscher Testator suborniret werden könne, weil dergleichen Fälle rar sind, obschon es an Exempeln nicht fehlet. Sondern es lehret die tägliche Erfahrung, daß die Testamenta mehrentheils durch armselige und interessirte Notarios, Procuratores, und andere Umläufer, verfertiget werden: Es ist also nicht unbillig zu befürchten, daß diese gewinnsüchtige Leute mit denenjenigen, welchen alles an einem favorablen Testament gelegen, colludiren, und dem Testatori, wie er disponiren soll, suggeriren möchten: Zu geschweigen, daß sie die Worte des Testatoris nach ihrem Gefallen verdrehen, und wol gar wider die Intention des Testatoris etwas niederschreiben können.

 

(k) Dissert. Prooem. ad Grot. illustrat. XII. §. 296. junct. §. 421. seq.


(9) Vorrede.

§. 21.

Welche Inductiones und Suggestiones noch mehr auf dem Lande zu befürchten sind, wo die der Rechte unkundige und mehrentheils interessirte Priester dergleichen Actus dirigiren, und durch Hoffnung einigen Vortheils, oder aus Haß, Passion, oder andern Nebenabsichten, dem einfältigen Landmann an die Hand geben, wie sie zum Praejuditz der Kinder, Ehegatten, oder anderer Verwandten, ihren letzten Willen errichten sollen: worbey sie wol gar en faveur der Kirchen und der Priester etwas zu extorquiren pflegen.

§. 22.

Ueberdem ist ohnleugbar, daß unendliche Processe aus diesen Privat-Testamenten entstehen; weil so viele Solennitäten bey den verschiedenen Arten von Testamenten vorgeschrieben sind, und so viele Subtilitäten dabey beobachtet werden müssen, daß, wann nur der geringste Umstand fehlet, daraus ein Process entstehen kan. Insonderheit nachdem, wie vorgemeldet, die meisten Testamenta durch Ungelahrte, der Rechte unerfahrne Notarios, Procuratores, Priester, und andere Umläufer, verfertiget und dirigiret werden.

§. 23.

Diese Leute bilden sich ein, daß es eine so leichte Sache sey ein Testament zu verfertigen, und daß es genug sey, die äusserlichen und innerlichen Solennitäten zu wissen, (et)c. da das Hauptwerck auf die Dinge und Jura selbst, worüber der Testator disponiret, ankommet.

Derjenige, welcher eine solche Disposition dirigiren will, muß hauptsächlich wissen, wer befugt sey ein Testament zu machen: was für Personen zu Erben eingesetzet werden können: was eine Substitution sey, und wie dieselbe von dem Fideicommisso differire: (woraus so viele Processe, ob der Testator bloß substituiren, oder ein Fideicommiss habe constituiren wollen, entstanden sind.) Sie verstehen die intricate Materie der Conferendorum nicht, und können den Testatorem dieserwegen nicht bedeuten, noch demselben, wann er Legata vermacht, expliciren, was unter dem Legato der Alimente, des Vorraths, des Hausraths, eines bestellten Guts, generis, quantitatis, optionis &c. verstanden werde.

Wie kan ein solcher unerfahrner Mensch, wann der Testator einen Fundum oder andern Ort anweiset, woraus der Legatarius das Legatum nehmen soll, unterscheiden, ob er taxationis oder demonstrationis gratia beygefüget worden? (et)c. Welches doch zu unterscheiden nöthig ist, um die künftigen Streitigkeiten zu verhüten.

§. 24.

Es sind die Civil-Societäten so viele Jahre ohne dergleichen Testamenta bestanden, daß sie dieselben jetzo gar füglich hätten missen können: Aristoteles attestiret von seinen Zeiten, daß die Testamenta bey den meisten Völckern unbekannt gewesen. (l) Welches in specie von den Teutschen Tacitus bezeuget. (m)

 

(l) Aristot. Polit. Lib. 5. cap. 8. fin. & Hubert. Giphan. in comment. ad eund, scribit: apud plerasque gentes olim nullum fuisse Testamentorum usum.

(m) Tacit. de Mor. Germ. c. 20.


(10) Vorrede.

Nach dem Zeugniß des Plutarchi ist Solon der erste gewesen, welcher die Testamenta in Griechenland eingeführet hat. (n) Von den Griechen sind sie mit den Legibus XII. Tabb. zu den Römern gekommen. Und in dem XIIIten Seculo sind dieselben mit dem Corpore Juris Romani in Teutschlang und in die benachbarten Königreiche eingeschlichen.

Dieses ist gewiß, daß noch heut zu Tage bey allen Völckern, welche nach dem Licht der Natur leben, oder von den Römischen Gesetzen nichts wissen, nicht die geringste Spur einer solchen Disposition, welche erst nach dem Tode gelten soll, vorhanden ist.

§. 25.

Daher haben viele berühmte Rechtsgelahrte voriger Zeiten nicht ohne Grund behauptet, daß die Testamenta der Republic schädlich, ein Ruin der Familien, und eine Source von unendlichen Processen seyn; folglich billig aus der Societät verbannet werden solten. Wovon Boerius, Argentraeus, Bodinus, Tiraquellus, und andere, nachgesehen werden können. (o)

Diejenigen, welche den Testamenten noch das Wort gesprochen, haben insonderheit die Substitutiones nicht ohne Ursache als eine intricate, unbegreifliche, mit unendlichen und inextricablen Subtilitäten angefüllte Materie angesehen: so gar, daß einige behauptet, daß die Materia Substitutionum keinen, oder nur einen geringen Nutzen in praxi habe, und daher nicht nöthig sey, sich lange darbey aufzuhalten. (p)

Es kan auch nicht geleugnet werden, daß bey diesen Substitutionen so viele zweifelhafte Fragen entstehen, und daß dieselben mit so vielen Subtilitäten verwickelt seyn, daß den Advocaten Thür und Thor dadurch eröffnet wird, die Unterthanen mit Processen zu fatiguiren, und gantze Familien zu ruiniren. (q) Ein Zeugniß davon giebt uns der bekannte Baldus, welcher sich berühmet haben soll, daß er bloß durch seine Consilia über diese Materie 15000 Ducaten verdienet habe. (r)

 

(n) Struv. Synt. Jur. Civ. Tit. qui test. fac. poss. §. 3. ibique Muller.

(o) Muller. ad Struv. d. 1. §. 3. lit. y.

(p) Muller. ad Struv. Tit. de vulg. subst. §. 9. lit. n. & §. 37.

(q) Es wird nicht ohne Grund vorgegeben, daß die Substitutiones vielen Subtilitäten und inextricablen Schwierigkeiten unterworfen seyn.

Es sind 1) viele Arten von Substitutionen, deren iegliche ihre besondere requisita und formulam hat, nemlich 1) vulgaris, 2) pupillaris, 3) quasi pupillaris, und 4) militaris.

Es ist 2) bishero gestritten worden, ob diese Substitutiones unter einander tacite begriffen seyn; das ist, ob una expressa, die übrigen tacite darunter verstanden werden.

Es ist 3) gefragt worden, ob die Mutter auch solchergestalt substituiren könne.

Item 4) Ob auch der Testator in dem Testamento pupillari & quasi des Unmündigen oder Untüchtigen Mutter praeteriren, oder absque Causa exhaerediren könne.

Man disputiret, 5) ob dergleichen Testament, worin dem Pupillo oder dem Untüchtigen substituiret wird, ein oder zwey Testamenta oder Erbschaften seyn, auch was für Effecten hieraus folgen (et)c.

(r) Muller. dict. lit. n.


(11) Vorrede.

§. 26.

Nachdem aber fast in allen Christlichen Ländern die Verfertigung der Testamente als ein besonderes Kleinod der Unterthanen angesehen wird, und den meisten Menschen hart zu seyn scheinet, sie in die Nothwendigkeit zu setzen, daß sie ihren ungerathenen ruchlosen Kindern, oder unwürdigen Verwandten, ihr so sauer erworbenes Vermögen ab intestato hinterlassen sollen und müssen; so kan nicht geleugnet werden, daß die Billigkeit selbst auf einige Art erfordere, einem ieden Menschen frey zu lassen, ein wohlgerathenes Kind vor dem andern zu avantagiren, die Verwandten, welche sich durch ihre üble Conduite der Succession unwürdig gemacht, zu excludiren, und demjenigen, welcher dem Testatori bey seinem Leben Freundschaft erwiesen, oder ihm treu gedienet, ein Andencken zu überlassen; und zur Conservation seiner Familie Substitutiones und Fideicommissa zu veranlassen.

§. 27.

Bey diesen Umständen nun hat man auch die Testamenta und Substitutiones beybehalten, iedoch denselben solche Schrancken gesetzt, daß nicht leicht ein Betrug darbey zu befürchten ist, noch sonderliche Processe daher entstehen können.

§. 28.

Dann man hat Erstlich alle Privat-Testamenta, welche vorher von sieben Zeugen verfertiget werden müssen, item alle Privat-Codicille, nebst den Donationibus mortis causa, (welche eine Amphibie zwischen einem letzten Willen und unter einem actu inter vivos sind,) gäntzlich abgeschafft, und als eine ewige und beständige Regul festgesetzt, daß alle letzte Willen künftig gerichtlich verfertiget werden sollen.

Durch diese Anordnung werden alle Dispositiones, welche einen letzten Willen mit sich führen, gegen die Ignoranz, suggestiones, inductiones und andre Betriegereyen einiger Notarien, Procuratoren, Priester, und andrer Umläufer, in Sicherheit gesetzet, und eine grosse Menge von Processen dadurch vermieden.

§. 29.

Man hat auch Zweytens in diesem Land-Recht keine Meldung gethan von den Testamenten, welche nach den Römischen Rechten dem Principi offeriret werden könten; weil dergleichen Dispositiones vielen Inconvenientzien unterworfen sind, und Se. Königl. Majestät mit dergleichen Privat-Angelegenheiten sich zu bemengen Bedencken tragen.

§. 30.

Alle Requisita und Solennitäten, welche zu dergleichen gerichtlichen Testamenten erfordert werden, sind Drittens so deutlich vorgeschrieben, daß nicht leicht ein Irrthum, welcher die Testamenta und andere Dispositiones entkräften könte, dabey vorkommen kan.

Daher ist mit grossem Bedacht in diesem Land-Recht verordnet worden, daß, wann die Gerichte etwas versehen, und das Testament dadurch entkräftet wird, dieselbe allen, welchen etwas in dem Testament vermacht worden, in solidum das Interesse praestiren, und überdem cassiret werden sollen.


(12) Vorrede.

§. 31.

Viertens hat man die fatale Regul, daß niemand pro parte testatus, pro parte intestatus sterben könne, als eine unnütze Subtilität, woraus unendliche Schwierigkeiten entstehen können, aufgehoben, (s) und in den Fällen, wo die aditio zur Conservation der Legatorum nöthig, die Erbschaft ipso jure pro adita gehalten. (t)

§. 32.

Fünftens hat man die bey den Substitutionen obgeschwebte zweifelhafte Fragen klar und deutlich decidiret, und alle Substitutiones tacitas, als so viele unnöthige Subtilitäten, aufgehoben.

§. 33.

Sechstens hat man das unglückliche Jus accrescendi, wie auch die Falcidiam und Trebellianicam, als so viele Sourcen von Processen, abgeschafft.

§. 34.

Siebentens, die privilegirten Testamenta hat man mit besonderer Behutsamkeit beschrieben, und worinn deren Privilegium bestehe, deutlich angezeiget; auch eine gewisse Zahl dergleichen Testamenten festgesetzet.

§. 35.

Achtens, die schwere und confuse Materie de Legatis hat man in eine richtige Ordnung gebracht, die zweifelhaften Fragen decidiret, insonderheit aber, was durch die generale Benennung einiger Dinge verstanden werden müsse, mit aller Sorgfalt erkläret.

§. 36.

Man ist also bemühet gewesen, nach Sr. Königlichen Majestät Plan, und gerechten Intention, ein Jus certum & perpetuum zu constituiren, den Advocaten dadurch alle Gelegenheit zu chicanniren zu benehmen, die Processe zu coupiren, und den Unterthanen eine Glückseligkeit zu verschaffen, wornach sie so lange geseufzet, und worauf die benachbarten Länder zwar hoffen, solche aber schwerlich erlangen dürfen.

§. 37.

Schließlich hat man nöthig gefunden, die Sciagraphie, und den gantzen Conspectum der Dinglichen Rechte, (jurium in re) und in was für einer Ordnung dieselben tractiret worden, hie beyzufügen.

 

(s) Vid. Part. II. Lib. VII. Tit. IV. Art. I. §. 11.

(t) Vid. Part. II. Lib. VIII. Tit. II. §. 62.


(13) Ordnung des zweyten Theils des Land-Rechts.

Erstes Buch.

§. 1. Nachdem in dem ersten Theil diejenigen Vorrechte beschrieben worden, welche den Menschen in Ansehung einer der Person anklebenden Qualität, (ex statu hominum) zustehen, werden in diesem zweyten Theil die dinglichen Rechte (jura in re) beschrieben.

§. 2. In dem Tit. II. wird definiret, was ein Ding sey: wo zugleich von der Theilung der Dinge; (de rerum divisione) und in specie von der divisione rerum, quae sunt vel extra patrimonium singulorum, vel in patrimonio singulorum, gehandelt wird.

§. 3. Die andern divisiones rerum, in bewegliche und unbewegliche, item in cörperliche und uncörperliche Dinge, werden in dem Tit. III. beschrieben.

Zweytes Buch.

§. 1. Nachdem in dem vorhergehenden Buch in genere die Natur und Qualität der Dinge, auch deren verschiedene Arten und Eintheilungen, beschrieben worden; so wird in dem Tit. II. in genere von den dinglichen Rechten (de juribus in re) gehandelt, und gezeiget, daß nur vier dergleichen dingliche Recht durch die Gesetze festgesetzet worden, Dominium, Servitus, Pignus, & Haereditas.

§. 2. In dem Tit. III. wird das erste dingliche Recht, nemlich das Dominium oder Eigenthum, erkläret, und dessen definitio, causa, divisiones, subjectum, objectum, & modi finiendi an die Hand gegeben.

§. 3. In dem Tit. IV. werden die effectus dominii, insonderheit aber die daraus fliessenden Actiones, nemlich

Art. I. rei vindicatio,

Art. II. actio ad exhibendum,

Art. III. actio communi dividundo,

beschrieben.

§. 4. In dem Tit. V. werden die modi acquirendi dominii Jure Gentium expliciret; die modi acquirendi dominii Jure Civili aber auf das folgende Buch verwiesen.

Drittes Buch.

§. 1. Ausser den natürlichen modis acquirendi dominii, wovon in dem vorigen Buch gehandelt worden, haben die Civil-Gesetze, wegen einiger besondern Umstände, nöthig gefunden, den Besitzern eine Art von Eigenthum, oder ein ander dingliches Recht, zu verstatten, da ihnen sonst nach den natürlichen Rechten ein blosses Jus personale zustehen könte.

§. 2. In dem Tit. II. wird von dem Ursprung der Dominiorum Civilium, und anderer dinglichen Rechte, gehandelt.

§. 3. In dem Tit. III. wird gezeiget, wie das Dominium civile oder utile durch ein Erbenzins-Recht erlanget werde. (de Emphyteusi.)

§. 4. In dem Tit. IV. wird die Materie von der Oberfläche, (de superficie) und das daher entstehende Dominium civile oder utile, verhandelt.

§. 5. In dem Tit. V. wird gezeigt, wie das Dominium civile durch die Verjährung acquiriret werde, (de usucapione & praescriptione.)

§. 6. In dem Tit. VI. wird erkläret, wie die Creditores ein Dominium civile in den Dingen erlangen, welche der Debitor zu ihrem Praejuditz veräussert; und welche daher von dem Besitzer, welcher zu dem Betrug mit geholfen, zurückgefordert werden können. (de actione Pauliana.)

§. 7. In dem Tit. VII. wird beschrieben, wie derjenige, welcher in conditione usucapiendi, folglich nicht Dominus ist, dennoch pro domino civili in so weit gehalten werde, daß er, wann er den Besitz verlieret, das Ding von allen andern, welche es aus einem geringern Titul besitzen, vindiciren könne. (de Publiciana in rem actione.)

§. 8. In dem Tit. VIII. wird remissive gezeigt, daß das Dominium nach den Civil-Rechten auch durch eine Belehnung, durch Tradition eines Braut-Schatzes, und durch ein Testament oder letzten Willen, auch aus verschiedenen andern Ursachen, constituiret werde.


(14) Viertes Buch.

§. 1. Nachdem das erste dingliche Recht, nemlich das Eigenthum, und die modi solches zu erlangen und zu acquiriren, in dem vorigen Buch beschrieben worden; so folgt nunmehro in diesem vierten Buch das zweyte dingliche Recht, nemlich die Dienstbarkeit: (Servitus) deren Natur in genere in dem Tit. II. erkläret wird.

§. 2. In dem Tit. III. wird von der ersten Servitute personali, nemlich dem Nießbrauch, (de Usufructu) gehandelt, und zwar de vero Usufructu. Wann nemlich iemand ein fremdes Gut salva substantia rei, das ist, ohne daß das Ding durch den Gebruach consumiret wird, zu nutzen befugt ist.

§. 3. In dem Tit. IV. wird von dem quasi Usufructu gehandelt: wann nemlich der Nießbrauch in einem solchen Dinge constituiret wird, welches durch den Gebrauch consumiret werden kan.

§. 4. Weil aber ein Usufructuarius Caution zu bestellen schuldig ist, wird in dem Tit. V. gezeigt, wie und was für Caution derselbe bestellen müsse.

§. 5. Von dem Tage, wann der Ususfructus seinen Anfang nimt, und dem Fructuario ein dingliches Recht acquiriret wird, wird in dem Tit. VI. gehandelt.

§. 6. In dem Tit. VII. werden die Actiones, die aus dem Usufructu herfliessen, remissive angezeigt.

§. 7. In dem Tit. VIII. wird die zweyte Servitus personalis, nemlich die Servitus usus, erkläret.

§. 8. In dem Tit. IX. wird die dritte Servitus personalis, nemlich Servitus habitationis, beschrieben.

§. 9. In dem Tit. X. wird von den Servitutibus praedialibus in genere; in specie aber in dem Art. I. von den Servitutibus praediorum urbanorum: und in Art. II. von den Servitutibus praediorum rusticorum gehandelt.

§. 10. In dem Tit. XI. werden die Actiones erkläret, welche demjenigen gegeben werden, der die Servitut behauptet, und dieselbe vindiciret; oder demjenigen, der die Servitut negiret.

§. 11. In dem Tit. XII. werden die modi recensiret, wie die Dienstbarkeiten geendiget werden.

Fünftes Buch.

§. 1. Nachdem die beyden ersten dinglichen Rechte, nemlich das Dominium und die Servitutes, beschrieben worden; so folget nunmehro das dritte dingliche Recht, nemlich Pignus & Hypotheca, das ist, die Pfandschaften.

§. 2. In dem Tit. II. wird gezeiget, was Pignus oder Hypotheca sey; wo zugleich von deren Abtheilungen, wie dieselben constituiret werden, auch von deren Wirckung gehandelt wird.

§. 3. In dem Tit. III. wird von den stillschweigenden Pfändern oder Hypothequen, auch in welchen Fällen sie statt haben, remissive gehandelt.

§. 4. In dem Tit. IV. wird erkläret, in welchen Dingen ein Pignus oder Hypotheca bestellet werden könne.

§. 5. Von der Prioritaet der Pfänder und Hypothequen wird remissive in dem Tit. V. gehandelt: Und wie die Pfänder und Hypothequen, wann der Debitor nicht bezahlt, distrahiret werden können, wird in dem Tit. VI. beschrieben.

§. 6. In dem Tit. VII. werden die Modi, wie ein Pignus oder Hypothec aufgehoben und geendiget wird, recensiret.

Sechstes Buch.

§. 1. Unter die Jura in re, oder die dinglichen Rechte wird auch die Erbschaft (Haereditas) gerechnet. Wann nemlich iemanden eine Haeredität entweder ab intestato, oder ex testamento deferiret wird.

§. 2. In dem Tit. II. wird also von dem vierten dinglichen Recht, welches durch die Erbschaft (Jure haereditatis) erlanget wird; und von dem Ursprung der Erbschaften in genere gehandelt.

§. 3. In dem Tit. III. wird die Ordo succedendi ab intestato der Descendenten erkläret.

§. 4. Von dem Ordine succedendi ab intestato der Ascendenten handelt der Tit. IV.

§. 5. Der Tit. V. beschreibt den Ordinem succedendi ab intestato der Collateralen oder Seiten-Verwandten.

§. 6. In dem Tit. VI. wird gezeiget, wann die Witwe proprio jure ab intestato succedire. Und

§. 7. In dem Tit. VII. wann dem Fisco ab intestato die Erbschaft deferiret werde.


(15) Siebentes Buch.

§. 1. In dem vorhergehenden Buch ist gezeiget worden, wie iemand ein dingliches Recht durch Erbschaften, welche ab intestato deferiret werden, acquirire: Und daß diese Acquisition in der natürlichen Vernunft und Billigkeit gegründet sey.

In diesem siebenten Buch wird gezeiget, wie ein dingliches Recht durch Erbschaften ex testamento acquiriret werde, welcher Modus acquirendi aus dem Jure Civili seinen Ursprung hat.

§. 2. In dem Tit. II. wird von den Testamenten in genere gehandelt.

§. 3. In dem Tit. III. werden die äusserlichen Solennitäten, welche bey Verfertigung eines Testaments nöthig sind, beschrieben.

§. 4. In dem Tit. IV. wird von den innerlichen Solennitäten des Testaments gehandelt; nemlich von der Einsetzung der Erben, und in specie der Kinder und Eltern (de institutione haeredum, & speciatim liberorum & parentum.)

§. 5. In dem Tit. V. wird von der Enterbung der Kinder und Eltern gehandelt.

§. 6. In dem Tit. VI. wird angewiesen, wie die enterbten Kinder und Eltern das Testament rescindiren können; (per querelam inofficiosi testamenti) wo zugleich die Legitima beschrieben wird.

§. 7. In dem Tit. VII. wird von der Einsetzung des zweyten Erben gehandelt. (de substitutione tum vulgari, tum pupillari.)

§. 8. In dem Tit. VIII. wird die Materie von der fideicommissarischen Erbschaft erläutert. (de fideicommissaria haereditate.)

§. 9. In dem Tit. IX. werden die Testamenta conjugum reciproca erkläret.

§. 10. In dem Tit. X. wird von den Conventional-Erbschaften gehandelt.

§. 11. Die privilegirten Testamenta werden in dem Tit. XI. beschrieben; nemlich 1) die Soldaten-Testamenta; 2) die Testamenta zwischen Eltern und Kindern; 3) die zur Pest-Zeit verfertigten Testamenta.

§. 12. Die Codicilli werden in dem Tit. XII. abgeschafft, wann sie nicht gerichtlich geschehen. (de codicillis & clausula codicillari.)

§. 13. Und weil die Testatores ihren Dispositionen Conditiones beyfügen können, so wird von denselben in dem Tit. XIII. gehandelt. (de conditionibus institutionum.)

§. 14. Weil auch bey Eröffnung der Testamente einige Solennitäten nöthig sind, so werden dieselben in dem Tit. XIV. beschrieben. (testamenta quemadmodum aperiantur.)

§. 15. Von der Antretung der Erbschaft, und wie dieselbe verloren werde; Item von dem jure deliberandi, und beneficio inventarii, wird in dem Tit. XV. gehandelt.

§. 16. In dem Tit. XVI. wird angeführet, was die Kinder in die gemeine Erbschaft conferiren müssen. (de collatione & dotis collatione.)

§. 17. In dem Tit. XVII. wird gezeigt, wie die Testamenta annulliret und entkräftet werden.

§. 18. Wann dem Erben, er mag ab intestato oder ex testamento succediren, die Erbschaft streitig gemacht und vorenthalten wird, so hat er petitionem haereditatis, welche in dem Tit. XVIII. beschrieben wird.

§. 19. Wann nicht von der Erbschaft selbst, sondern wegen der Theilung der Erbschaft, oder eines Erbschafts-Stücks, die Frage ist, hat die Actio familiae erciscundae statt, wovon in dem Tit. XIX. gehandelt wird.

Achtes Buch.

§. 1. Nachdem in dem vorhergehenden Buch von den Testamenten gehandelt worden; so folgen nunmehr die Legata, welche nicht anders als in einem Testament verlassen werden können.

§. 2. In dem Tit. II. wird in genere gezeiget, was die Legata sind, und wie solche verlassen werden. (de Legatis.)

§. 3. Von den annuis Legatis, und von deren Wirckung, wird in dem Tit. III. gehandelt.

§. 4. In dem Tit. IV. wird gezeiget, was in dem Fall, wann die Servitutes personales legiret werden, darunter begriffen sey.

§. 5. In dem Tit. V. wird erkläret, was zu dem Legato der real- oder praedial-Servituten gehöret.

§. 6. In dem Tit. VI. wird gezeiget, wie ein Ehemann seiner Frauen den von ihr empfangenen Braut-Schatz praelegiren könne. (de dote praelegata.)

§. 7. Wie ein Testator seinem Debitori die Befreyung von seiner Schuld legiren könne, wird in dem Tit. VII. beschrieben. (de liberatione legata.)

§. 8. Was das Legatum für einen Effect habe, wann einem die Wahl und Option legiret wird, solches wird in dem Tit. VIII. erkläret. (de optione & electione legata.)

§. 9. Von dem Legato eines eingerichteten und bestellten Land-Guts, oder dessen Inventarii, und was darunter begriffen sey, wird in dem Tit. IX. gehandelt.


(16) §. 10. Was durch das Legatum des Goldes, Silbers, Geldes, Schmucks, und Kleider verstanden werde, wird in dem Tit. X. erkläret.

§. 11. In dem Tit. XI. wird declariret, was der Testator, wann er sein Haus-Geräthe (Supellectilem) legiret, dadurch verstanden habe.

§. 12. Was unter dem Legato des Vorraths (Penu legata) begriffen ist, wird in dem Tit. XII. beschrieben.

§. 13. Wann der Testator Getreide, Wein oder Oehl legiret, davon, und was der Testator darunter verstehe, wird in dem Tit. XIII. gehandelt.

§. 14. Wann der Testator dem Legatario den Unterhalt, (Alimenta) oder Speise und Tranck, (Cibaria) legiret, davon, und was dazu gehöre, wird indem (= in dem) Tit. XIV. gehandelt.

§. 15. Wann der Vater seinen Kindern das Peculium legiret, solches, und worin alsdann das Legatum bestehe, wird in dem Tit. XV. beschrieben.

§. 16. Weil auch der Testator den Legatis Conditiones, Demonstrationes, Causas, & Modos beyfügen kan, so wird diese Materie in dem Tit. XVI. erörtert.

§. 17. Und weil zu wissen nöthig, wann, und von welcher Zeit an, der Legatarius das Legatum acquirire, so wird von dieser Materie in dem Tit. XVII. gehandelt. (quando Dies legati cedat.)

§. 18. Da auch öfters die Praestirung des Legati auf eine Zeitlang ausgesetzet wird, gleichwol aber dem Legatario dieserwegen Sicherheit gestellet werden muß; so wird in dem Tit. XVIII. gemeldet, wie der Erbe die Sicherheit praestiren müsse. (ut legatorum nomine caveatur.)

§. 19. Endlich wird in dem Tit. XIX. gezeiget, wie die Legata aufhören, und entkräftet werden, nemlich: 1) Wann der Testator dem Legatario das Vermächtniß wieder wegnimmt, adimiret, und solches revociret: Art. I. 2) Wann das Legatum selbst corruiret: Art. II. 3) Wann des Testatoris Disposition zweifelhaftig ist: Art. III. 4) Wann das Legatum ipso jure null und nichtig ist: Art. IV. 5) Wann ein Legatum pro non scripto gehalten wird: Art. V. 6) Wann das Legatum dem Legatario dieserwegen, weil er sich des Legati unwürdig gemacht, entzogen wird: Art. VI. 7) Wann der Testator in der Person des Legatarii, oder in re legata, irret. Art. VII.


(2-1) Part. II. Libr. I.

Tit. I.

Von dem Inhalt des ersten Buchs.

§. 1.

Wir haben in dem ersten Theil dieses Land-Rechts in genere zum Grunde gesetzet, daß die gantze Definition der Gerechtigkeit darin bestehe, daß ein jeder Mensch dem andern das Seinige, das ist, was ihm nach den Rechten gehöret und gebühret, zueignen und tribuiren müsse. Vid. Part. I. pag. 8. §. 1.

§. 2.

Wir haben ferner determiniret, was einem jeden das Seinige sey, und gezeiget, daß alle Jura und Vorrechte, welche den Menschen zugehören, aus drey Haupt-Quellen herrühren: 1) Ex statu hominu. 2) Ex jure rerum. 3) Ex obligatione personae. Vid. Part. I. pag. 8. §. 2.

§. 3.

Nun haben Wir in dem ersten Theil diejenigen Vorrechte (jura) beschrieben, die den Menschen ex statu hominum zustehen, und welche denselben in Ansehung einer der Person anklebenden Qualitaet eigen sind. Worin das Erste Objectum Juris bestehet.

§. 4.

In diesem Zweyten Theil folgen diejenigen Rechte, welche den Menschen über Haab und Güter zustehen, woran sie ein dingliches Recht (jus in re) haben: welches dieserwegen ein dingliches Recht genannt wird, weil es das Ding, worauf die Menschen ein Recht sich anmassen, selber afficiret, dergestalt, daß derjenige, welchem dergleichen dingliches Recht zustehet, nach Gefallen davon disponiren, und das Ding von einem jeden Besitzer zurückfordern kan. Worin das Zweyte Objectum Juris bestehet.


(2-2) Part. II. Lib. I. Tit. I. II.

§. 5.

Ehe Wir aber zur Untersuchung dieser dinglichen Rechte schreiten, haben Wir in dem Tit. II. definiret, was ein Ding sey, und zugleich die verschiedenen Arten und Eintheilungen der Dinge erkläret (de rerum divisione.)

Und weil alle Dinge entweder ausser eines jeden Vermögen (extra patrimonium singulorum) oder in eines jeden Vermögen (in patrimonio singulorum) sind, so haben Wir diejenigen Dinge, die extra patrimonium singulorum sind, besonders auszuführen nöthig gefunden, weil nach deren Erklärung sich von selbsten ergiebt, daß ausser diesen alle andere Dinge in patrimonio singulorum seyn. Daher wird

1) Von den rebus sacris, Art. I.

2) Von den rebus religiosis, Art. II.

3) Von den rebus sanctis, Art. III.

4) Von den rebus communibus & publicis jure gentium, Art. IV.

5) Von den rebus universitatis, Art. V.

6) Von den rebus nullius, Art. VI.

gehandelt.

§. 6.

In dem Tit. III. wird die andere Eintheilung der Dinge, nemlich in bewegliche und unbewegliche; Item, in cörperliche und uncörperliche Dinge, erkläret.

Tit. II.

Was ein Ding sey, und von der Dinge verschiedenen Arten und Eintheilungen.

(De rerum divisione.)

§. 1.

Ehe und bevor Wir zur Ausführung der dinglichen Rechte schreiten, muß nothwendig erörtert werden, was durch die Dinge verstanden wird, und was vor ein Unterscheid unter den Dingen sey: Allermassen nach dem Unterscheid der Dinge auch verschiedene Jura daraus erfolgen.

§. 2.

Durch die Dinge (res) verstehen Wir Haab und Güter, welche den Menschen zu einem Gebrauch dienen können: Worunter auch die daraus fliessende Nutzungen, als Früchte, Zinsen, Interesse &c. nicht weniger die Obligationes, Actiones, und andere Jura, begriffen werden.

§. 3.

Alle Dinge, welche zum menschlichen Gebrauch gewidmet sind, sind entweder extra patrimonium singulorum, das ist, sie gehören nicht zu eines jeden Vermögen und Gütern, folglich haben singuli kein Recht daran. Oder sie sind in patrimonio singulorum, das ist, sie gehören zu eines jeden Vermögen und Gütern.

§. 4.

Dergleichen Dinge, die nicht in patrimonio singulorum sind, folglich nicht zu dem Vermögen und Gütern singulorum gehören, sind

1) Alle GOtt-geheiligte und consecrirte Dinge. (res sacrae.) Vid. Art. I.

2) Diejenigen Dinge, die zum Dienst der verstorbenen Cörper gewidmet sind. (res religiosae.) Vid. Art. II.


(2-3) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. I.

3) Diejenigen Dinge, welche zu beständigem publiquen Gebrauch gewidmet sind, und deren Mißbrauch durch Poenal-Gesetze verboten ist. (res sanctae.) Vid. Art. III.

4) Dinge, worin ihrer natürlichen Beschaffenheit nach kein dingliches Recht acquiriret werden kan, folglich deren Gebrauch allen Menschen gemein ist. (res communes.) Vid. Art. IV.

5) Solche Dinge, deren Eigenthum dem gantzen Volck, oder einer Gemeinde zustehet, wovon der Gebrauch singulis vorbehalten ist. (res publicae & universitatis.) Vid. Art. V.

6) Diejenigen Dinge, welche keinen Eigenthums-Herrn haben, folglich in keines Menschen Gewalt oder Gewahrsam sind, aber doch acquiriret werden können. (res nullius.) Vid. Art. VI.

Die drey ersten Dinge werden von den Römischen Gesetzgebern res divini juris, die übrigen aber res humani juris genannt. Von allen diesen Dingen soll nun besonders gehandelt werden.

Art. I.

Von den Dingen, welche zum göttlichen Dienst gewidmet und consecriret sind.

(De rebus sacris.)

§. 5.

Res sacrae sind diejenigen Dinge, welche immediate zum Gottesdienst gewidmet, und von der Landes-Obrigkeit, oder auf deren Befehl durch die Consistoria, eingeweihet sind. Hierunter gehören die Kirchen, Capellen, Altäre, Kelche, und andere zum immediaten Gottesdienst geheiligte Gefässe. Und diese Eigenschaft nimt in dem Moment ihren Anfang, da die Consecration geschehen.

§. 6.

Kein Privatus kan dergleichen Dinge heiligen oder consecriren, folglich ist kein Privatus befugt, Kirchen, Capellen, Altäre, (et)c. zu erbauen, wann nicht der Landes-Herr solches erlaubet.

§. 7.

Dergleichen geheiligte Dinge werden ausser allem menschlichen Commercio gesetzet, und daher auch res nullius genannt, weil sie nicht in patrimonium singulorum kommen können.

Sie können dahero nicht veräussert, verpfändet, legiret, noch eine Servitut darin constituiret werden.

Wann also iemand über einen solchen geheiligten Ort oder Ding disponiret, ist solche Disposition ipso jure null und nichtig; dergestalt, daß aus einem solchen Negotio weder der Werth, noch die eventualiter beliebte Conventual-Strafe gefordert werden mag. Es kan auch nachhero, wann etwan die Sache aufhöret geheiliget zu seyn, dergleichen Dispositio niemalen convalesciren.

Es können auch in der Kirche keine Gastmahle, oder andere Zusammenkünfte gehalten werden.

Ferner ist auch nicht erlaubt, an solchen consecrirten Orten etwas zu machen, oder, wann es auch schon zur Zierde gehöret, etwas zu bauen und zu ändern.

Jedoch können actus voluntariae jurisdictionis, welche die Pietaet und Ehrbarkeit zum Grunde haben, als Vergleiche, Verlöbnisse, Bestellung der Vormünder (et)c. auch in der Kirche (et)c. verrichtet werden.

Wann ein in Gemeinschaft stehendes Ding consecriret wird, hat die Societaet sofort ein Ende.


(2-4) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. I.

Dergleichen piae causae haben das Privilegium miserabilium personarum, und müssen summariter tractiret werden.

Daß aber diejenigen, welche eine Missethat begangen, in dergleichen Oertern Sicherheit finden sollen, ist ein Mißbrauch, welcher in Unsern Ländern schon längst gäntzlich abgeschafft worden.

§. 8.

Es haben die Gesetze, zur Sicherheit dergleichen consecrirten Oerter, verschiedene Actiones verstattet.

Dann wann 1) iemand dergleichen Oerter entheiliget, oder etwas davon entwendet, wird dadurch crimen publicum sacrilegii begangen; welches ein ieder zu rügen befugt ist.

Wann 2) iemand etwas an dergleichen Ort hinleget, immittiret, bauet, oder ändert, wodurch dem Ort eine Difformitaet oder andere Ungelegenheit zugezogen wird; so stehet einem ieden Menschen frey, das Interdictum: Ne quid in loco sacro fiat, anzustellen, und zu bitten, daß dem Beklagten inhibiret werde dergleichen zu thun, oder, wann der Anfang schon gemacht worden, dasselbe zu vollführen; Item daß ihm anbefohlen werde, das gemachte wieder wegzunehmen, alles in den vorigen Stand zu setzen, auch alle dadurch verursachte Schäden und Kosten zu erstatten.

Es hat auch dieses Interdictum statt, wann schon derjenige, welcher den Bau oder Aenderung angefangen, sich des Besitzes des verfertigten Werckes auf eine hinterlistige Art (dolo malo) entschlagen hat.

Unterdessen hindert dieses nicht, daß auch der Besitzer des neuen Werckes, oder des dahin gelegten Dinges, angehalten werden könne, das Gebäude, oder was dahin geleget worden, wegzunehmen, und alles wiederum in vorigen Stand zu setzen; dahingegen ihm frey stehet, seinen Regress gegen seinen Auctorem zu nehmen.

Endlich und 3) so werden die Injurien, welche an dergleichen consecrirten Orten evomiret werden, pro atrocibus gehalten, und daher mit einer geschärften Strafe beleget.

§. 9.

Von diesen consecrirten Dingen sind die res ecclesiasticae wohl zu unterscheiden, welche dem göttlichen Wesen nicht geheiliget sind, sondern zum Eigenthum der Kirchen, zu deren Fundation, Dotirung, und Sustentation gehören. Dergleichen Güter können mit Consens der Kirchen, oder anderer, so dabey interessiret sind, (und mit Approbation des Consistorii, wann es Immobilia betrift) aus rechtmäßigen Ursachen alieniret und der Werth wieder zum Besten der Kirche angewandt werden; es muß aber alles, wie solches geschehen, in ein ordentliches Instrument verfasset werden: welches auch bey Wäysenhäusern, Hospitälern und allen geistlichen Stiftern also observiret werden muß.

§. 10.

Dergleichen GOtt-geheiligte Dinge hören auf res sacrae zu seyn:

Erstlich, wann das Recht des Landes-Herrn, welcher das Ding einweihen lassen, aufhöret, dahero die Kirchen, wann sie in feindlicher Gewalt sind, nicht mehr sacrae bleiben.

Zweytens, durch die Secularisation, wann nemlich derjenige, der das Jus consecrandi gehabt hat, das Ding von diesem Band befreyet, und wiederum zum weltlichen Gebrauch destiniret.

Drittens, wann ein GOtt-geheiligtes Ding untergehet, z. E. wann geheiligte Gefässe zerbrochen, und nicht mehr gebraucht werden können. Wann aber in einer Kirche nicht geprediget wird, oder dieselbe eingefallen ist, bleibt doch der Platz geheiliget, und kan nichts davon genommen werden.

Es können aber Viertens dergleichen res sacrae niemalen durch eine Verjährung acquiriret werden.


(2-5) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. II.

Art. II.

Von den Dingen, welche zum Dienst der Todten gewidmet sind.

(De rebus religiosis.)

§. 11.

Unter diejenigen Dinge, welche extra patrimonium singulorum sind, worin folglich singuli kein Eigenthum erlangen können, werden auch Zweytens gerechnet res religiosae, das ist, die Grabstellen, worin die verblichene Cörper inferiret werden.

§. 12.

Wir setzen aber voraus, daß es in genere eine Nothwendigkeit sey, die menschlichen Cörper nach ihrem Tode an einem besondern Ort zu begraben, um das göttliche Ebenbild dadurch dem Raub der Thiere zu entziehen, und selbiges von den Thieren zu unterscheiden.

§. 13.

Es werden aber von dieser Nothwendigkeit ausgenommen:

1) Diejenigen, welche wegen grober Missethaten mit dem Tode bestrafet, und ohnbegraben auf dem Richt-Platz gelassen, oder auf den Schind-Anger geschleppet werden.

2) Diejenigen, welche, nachdem sie wegen einer groben Missethat überzeuget worden, oder solche bekannt haben, oder praevia tortura condemniret worden, sich selber im Gefängniß das Leben nehmen.

Es müssen aber die Urthelsfasser in diesen Fällen, wie es mit dem Cörper gehalten werden soll, iederzeit specifice erkennen.

Was 3) diejenigen betrift, welche einer von den dreyen im Römischen Reich recipirten Religionen nicht zugethan sind; so halten wir unbillig und unchristlich, dieselben ohnbegraben liegen, oder an einen unehrlichen Ort verscharren zu lassen. Dahero sollen dieselben eben sowohl, als die Heyden, die in Unsern Ländern versterben, auf den Kirchhöfen an einem besondern Ort, iedoch ohne Sang und Klang, begraben werden.

Gleichergestalt soll es mit denen gehalten werden, die sich aus Melancholie oder Kranckheit selber das Leben nehmen.

4) Die Mißgeburthen, welche keine menschliche Figur, noch menschlichen Verstand haben; Item die so genannte molae, oder massae sanguinis, werden bloß verscharret.

§. 14.

Es ist aber auch öfters nöthig, daß das Begräbniß wegen besonderer Umstände aufgeschoben werde: Wann nemlich

1) Ein bekannter Mensch schleunigen Todes verstirbet, und einige verdächtige Umstände sich darbey ereignen; item wann ein solcher Mensch auf einem öffentlichen Wege, oder im Wasser, todt gefunden wird, insonderheit wann sich einige Anzeigung eines gewaltsamen Todes bey demselben hervorthut (et)c.

In diesem Fall soll es den Gerichten des Orts sofort angezeiget werden, welche alle Umstände, insonderheit ob einige Zeichen genommenen Gifts, oder gehabten Vorsatzes, oder einer Kranckheit und Melancholie, oder einer Gewaltthätigkeit, vorhanden, examiniren müssen.

Wann er verwundet ist, muß der Cörper mit Zuziehung eines Medici, wann dergleichen in der Nähe zu haben, seciret, und, ob die Wunde lethal sey, genau untersucht,


(2-6) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. II.

allenfalls wegen der Thäter sorgfältige Erkundigung eingezogen werden. Wann solches geschehen, und keine verdächtige Umstände dabey vorkommen, muß der Cörper in der Stille begraben werden. Wann

2) Ein Fremder oder Unbekannter an einem Ort todt gefunden wird, kan er nicht begraben werden, ohne solches der Obrigkeit des Orts anzuzeigen; welche alle Umstände, das Alter, das Geschlecht, und andere remarquable Umstände des Leibes, nebst dessen Kleidung, (et)c. auch was bey ihm gefunden worden, durch die wöchentliche Zeitungen kund machen, den Cörper aber, wann keine verdächtigen Umstände dabey vorkommen, in der Stille auf den Kirchhof begraben lassen muß. Wann

3) Eine Frau, welche schwanger ist, verstirbet, kan sie nicht eher begraben werden, bis das Kind ausgeschnitten worden. Wie dann auch

4) Mit Begrabung der Todten en general nicht so schleunig verfahren werden muß; weil die Erfahrung zeiget, daß Leute, welche man vor todt gehalten, nach einigen Tagen wieder zu sich selber gekommen sind.

§. 15.

Nach den Römischen Rechten hat einem ieden frey gestanden, auf dem Seinigen die Todten zu begraben, und durch diese Einlegung eines Todten ist der Ort religiosus, das ist, allem weltlichen Gebrauch eximiret worden, daher sie auch die res religiosas unter die res nullius, die nicht in patrimonio singulorum sind, gerechnet haben.

Die Ursache war diese: Weil die Römer vermeinten, daß der Verstorbenen Seelen, welche sie Deos manes genannt, sich bey den Gräbern aufhielten, und durch die Beunruhigung der Gräber und der Cörper beleidiget würden.

Nachdem aber unter den Christen gewisse Oerter, nemlich die Kirchen und Kirchhöfe, zu Begrabung der Todten gewidmet worden; so sind diese Oerter zwar religiosi, nicht aber wegen der Gegenwart der Deorum manium, sondern, weil die angeführten Oerter auctoritate publica bloß zu diesem Gebrauch gewidmet, und daher allem andern weltlichen Gebrauch eximiret worden.

§. 16.

Hieraus folget von selbsten, daß, wann iemand seine Todten an einem Privat-Ort, er mag sein eigen seyn, oder einem andern zugehören, begräbet, der Ort dem patromonio des Eigenthümers nicht eximiret werde, weil er nicht auctoritate publica darzu gewidmet ist. Jedoch muß der Todte, wann es kund wird, auf richterlichen Befehl, und des Begräbers Kosten, wieder ausgegraben, und auf den ordentlichen Kirchhof hingebracht; der Begräber aber arbitrarie bestraft werden.

§. 17.

Alle Begräbnisse sind entweder publique Begräbnisse, nemlich die gemeine Kirchhöfe, oder privat-Begräbnisse, nemlich Familien- oder Erb-Begräbnisse.

§. 18.

Die publique Begräbnisse werden durch den Landes-Herrn, und dessen Consistoria einer ieden Gemeinde angeordnet und angewiesen, und brauchen keine Consecration.

Wann dahero iemand seinen Todten ausser seiner Parochie, auf einen fremden Kirchhof, begräbt, darf die Gemeinde des Orts solches nicht leiden, sondern wann jener sich mit dieser nicht abfindet, muß der Todte nach richterlicher Erkäntniß wieder ausgegraben, und auf jenes Kosten auf den Kirchhof seiner Parochie gebracht, der Begräber aber wegen seines Frevels bestraft werden.

Wolte aber iemand seinen Todten, mit Einwilligung der Gemeinde, auf einem fremden Kirchhof begraben lassen, steht ihm solches frey: Er muß aber alsdann dem Parocho domicilii die Jura Stolae bezahlen.


(2-7) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. II.

§. 19.

Die Familien- oder Erb-Begräbnisse werden entweder in den Kirchen und Kirchhöfen, oder an einem andern profanen Ort erbauet. Ersternfalls braucht es keiner Landesherrlichen Concession, weil die Oerter selbst, worauf dergleichen Erb-Begräbnisse angeordnet werden, schon publica auctoritate darzu gewidmet sind.

Auf den andern Fall wird die Landesherrliche Concession darzu erfordert, weil keinem Privato frey stehet, einen Ort dem Commercio der Menschen zu entziehen.

Es müssen aber alsdenn alle diejenigen consentiren, die ein Recht oder Interesse an diesem Ort haben, als Condomini, Lehns-Vettern, Usufructuarii, Hypothecarii &c. Jedoch ist genug, wann diese nachhero die gemachten Anstalten ratihabiren.

Wer einmal seinen Consens darzu gegeben, kan solchen nicht zurück ziehen, wann auch schon res integra ist.

Zu diesem Erb-Begräbniß haben nicht allein alle diejenigen ein Recht, welche zu der Familie gehören, folglich auch die enterbten Kinder; sondern überdem alle Fremde, welche ex Testamento wirckliche Erben worden, worunter auch die haeredes fiduciarii, nicht aber haeredes fideicommissarii gehören.

Wann jemanden bloß die Nutzung aller Güter per Testamentum vermacht worden, hat er kein Recht zu diesem Erb-Begräbniß.

Wann viele Interessenten eines Erb-Begräbnisses vorhanden sind; so kan ein jeder Interessent, auch wider der andern Willen, seine Todten darein begraben.

§. 20.

Dergleichen Begräbnisse, sie mögen publica, oder Erb-Begräbnisse seyn, werden dadurch dem Commercio, oder dem weltlichen Gebrauch der Menschen entzogen, und keine Privatus kan sich ein Eigenthum, so viel den weltlichen Gebrauch anlanget, an dergleichen Oertern anmassen.

Dieses verhindert aber nicht, daß dergleichen erbliche Grabmähler oder Begräbniß-Stellen in eben dieser Qualitaet, durch Dispositiones unter Lebenden oder Todten alieniret, und auf einen andern transferiret werden können, weil sie quoad usus religiosos allerdings in Commercio bleiben.

Es kan auch kein Todter ohne wichtige Ursache, und Approbation der Landes-Regierungen, aus dergleichen Begräbnissen herausgenommen, und an einen andern Ort transportiret werden.

§. 21.

Es sind den Begräbnissen, weil sie eine an sich favorable Sache sind, verschiedene Privilegia ertheilet worden. Dann es kan

a) Kein Cörper wegen Schulden, bey Verlust des Capitals, arrestiret werden.

Es kan auch b) keine Action gegen die Erben ex debito defuncti angestellet werden, als nach verrichtetem Begräbniß, und nach Verlauf 4 Wochen a die obitus.

c) Wann ein Kirchhof zu enge wird, können die Nachbarn angehalten werden, ihren Acker darzu zu verkaufen.

d) Wann zu Pest- oder Krieges-Zeiten, item wegen Ueberschwemmung, oder aus einer andern wichtigen Ursache, jemand verhindert wird zu seinem Grabmahl zu kommen, kan der Cörper durch die benachbarte Wiesen oder Aecker zu Grabe gebracht werden; Es muß aber der Guts-Herr darum ersucht werden. Wann

e) Jemand durch die Gewalt des Flusses (et)c. den Weg zu seiner Grabstelle verlohren, ist der Nachbar schuldig, demselben gegen Erlegung eines jährlichen Canonis (welchen der Judex allenfalls nach der Billigkeit determiniren muß) einen Weg darzu zu verstatten.

f) In allen diesen Sachen wird summariter verfahren, und hat keine Appellation dargegen, als quoad effectum devolutivum, statt.


(2-8) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. II.

§. 22.

Nachdem vorher gezeiget worden, daß dergleichen Begräbnisse bloß ex lege & destinatione dem weltlichen Gebrauch der Menschen eximiret werden; so folget von selbsten, daß diese gantze Exemtio aufhöre, wann dergleichen Kirchhöfe und Erb-Begräbnisse wieder zu andern weltlichen Gebräuchen verstattet werden, als:

1) Wann ein anderer Ort Consensu des Landes-Herrn darzu gewidmet, folglich der vorige Kirchhof zum Begräbniß der Todten nicht weiter gebraucht wird. Es müssen aber alsdann die Todten auf den neuen Kirchhof transportiret werden.

2) Wann ein Feind das Land erobert, weil des vorigen Landes-Herrn Anweisung und Destination, und dessen Recht, nunmehro aufhöret, und der Kirchhof ein locus privatus wird: wiewohl unter Christen, so viel möglich, die begrabenen Cörper geschonet zu werden pflegen.

§. 23.

Aus diesem Begräbniß-Recht entstehen verschiedene Actiones.

Dann I) so hat der jenige, welcher verhindert wird seinen Todten an dem Ort zu begraben, wo er solches zu thun berechtiget ist, actionem de religiosis.

Welche Actio aber nicht statt hat, a) wann der Verstorbene ein solches Delictum begangen, das ihn des Begräbnisses unwürdig macht Vid. supr. §. 13.

b) Wann der Verstorbene des Landes verwiesen, oder gar verbannet worden.

c) Wann jemand emancipiret worden, und die Rechte der Familie, folglich auch an dem Familien-Begräbniß, verlohren hat.

Dieses Recht wird aber durch die Verjährung nicht verlohren, wann nemlich jemand in 30. und mehr Jahren keine Todten in sothanes Familien-Begräbniß bringen lassen: Es wäre dann, daß er einesmals einen Todten daselbst habe begraben wollen, von dem Besitzer aber daran gehindert worden, und er oder seine Vorfahren 30. Jahr darbey acquiesciret hätten.

Wann jemand verhindert wird seinen Todten durch die öffentliche Land-Straffe, oder durch sonst einen Weg zu führen, wodurch er die Leiche zu führen berechtiget ist; so kann er gleichfalls sein Recht durch eben dieselbe actionem de religiosis schützen.

Es hat ferner diese actio de religiosis statt, wann jemand in eine fremde Grabstelle einen Todten wider des Besitzers Willen begraben hat: Weil derselbe alsdann angehalten werden kan, daß er oder seine Erben solchen wieder wegnehmen, und Schaden und Kosten bezahlen müssen.

II) Wann jemand einen Kirchhof oder ein Erb- und Familien-Begräbniß violiret, die Todten ausgräbt, oder dieselbe beraubet, Mausoleen niederreisset, die Leichsteine zerbricht, oder solche, wie auch die Creutze, aufgehängte Fahnen (et)c. wegnimt; Item wann er eine Wohnung auf das Begräbniß hinsetzet, oder etwas Unreines auf das Begräbniß wirft (et)c. kan der Besitzer des Begräbnisses den Thäter actione de sepulchro violato belangen, und denselben anhalten, alles auf seine Kosten in vorigen Stand zu setzen, auch alles Interesse zu erstatten. Wobey dem Fisco die Strafe reserviret wird.

Wann der Eigenthümer des Begräbnisses Bedencken hat die Sache selbst zu rügen, stehet ihm frey das Factum dem Officio Fisci zu denunciiren, welcher diese Action in seinem Namen anstellen kan.

Das Interesse wird nach der Qualitaet des Todten, nach Proportion des Thäters Malitz, folglich nach der Grösse der Injurien, und nach Proportion des dadurch erlittenen Schadens, aestimiret.

Wann der Cörper vorsetzlicher Weise übel tractiret worden, kan auch auf eine Leibes-Strafe erkannt werden.


(2-9) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. II.

III) Wann dergleichen Begräbnisse vi & armata manu violiret werden, hat die actio de vi et vi armata statt. Wovon in Parte III. gehandelt werden soll.

Es sind auch zu Beschützung des Besitzers verschiedene Interdicta vorhanden, als:

I) De mortuo inferendo. Wann nemlich derjenige, welcher in dem Besitz ist seine Todten an einen gewissen Ort zu begraben, daran verhindert wird; so kan er aus diesem Interdicto agiren, daß er bey dem Besitz geschützet, und dem Gegentheil verboten und inhibiret werde, ihn weiter daran zu verhindern. Wann er durch Gewalt oder mit gewaffneter Hand daran gehindert wird, concurriret die actio de vi et vi armata.

Und weil dem Publico daran gelegen, daß dergleichen Leichen nicht aufgehalten werden, so muß dieselbe an dem streitigen Ort, wann der Besitz nur einiger massen bescheiniget wird, so lange beygesetzet werden, bis in einem sub praejudicio anzusetzenden kurtzen Termino darüber erkant wird: Von welchem Erkäntniß in Possessorio kein Remedium statt haben soll.

Wann die Bescheinigung nicht in continenti beygebracht werden kan, stehet dem Klägre (!) frey, die Leiche an einen andern Ort beysetzen zu lassen, und nachhero actione in factum sein Recht in petitorio auszumachen.

Es hat auch dieses Interdictum de mortuo inferendo statt, wann iemand in dem Besitz gehindert wird, durch einen publiquen oder durch einen Privat-Weg die Leiche durchzuführen: Vermöge dieses Interdicti kan er bitten, daß er in dem Besitz den Todten durch diesen Weg durchzuführen oder zu tragen geschützet, und dem andern inhibiret werde, ihn weiter daran zu hindern.

Not. Wann eine fremde Leiche durch Unser Territorium geführet werden soll, kan solches ohne Unsere Concession nicht geschehen; daher kan derjenige, welcher solche Durchfahrt hindert, aus diesem Interdicto nicht belanget werden.

Wann aber eine Leiche nur aus einer Jurisdiction in die andre geführet wird, hat dieses Interdictum statt, und braucht es keiner Concession noch Requisition; Es darf auch den Kirchen derer Oerter, wodurch sie geführet wird, nichts bezahlet werden.

II) De sepulchro aedificando. Wann iemand in seinem Erb-Begräbniß etwas repariren oder bauen lassen will, oder wenn iemand zu Ehren seiner Eltern, Kinder, Verwandten und Gutthäter einen Stein auf das Grab legen, ein Epitaphium verfertigen wolte (et)c. und von einem andern daran gehindert wird; so kan der Kläger aus diesem Edicto agiren, und bitten, dem Beklagten zu inhibiren, daß er ihn an dem Bau oder Reparatur nicht weiter hindern soll.

§. 24.

Wann iemand zum Begräbniß eines Todten, welchen er zu begraben nicht schuldig gewesen, Kosten verwandt hat, kan er solche actione funeraria wieder fordern. Diese Action fliesset ex quasi Contractu her, weil durch dergleichen Factum das Negotium derer, welche den Verstorbenen zu begraben schuldig sind, utiliter geriret wird, folglich diese sich mit fremden Kosten bereichern würden: dahero diese Actio auch den Erben, und gegen die Erben verstattet wird.

§. 25.

Es ist aber diese Actio funeraria entweder directa, oder contraria.

Actio funeraria directa wird 1) in genere allen denenjenigen gegeben, welche auf das Begräbniß desjenigen, den sie zu begraben nicht schuldig sind, einige Kosten verwandt haben.

In specie aber wird sie 2) dem Ehemann gegeben, wann er seine Frau auf seine Kosten begraben lassen.

Ferner wird diese Actio 3) auch gegeben dem haeredi fiduciario, das ist, demjenigen Erben, welcher zwar instituiret ist, aber zugleich ersucht worden, einem andern,


(2-10) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. II.

(welcher haeres fideicommissarius genannt wird) die gantze Erbschaft zu restituiren; indessen aber den Testatoren auf seine Kosten begraben lassen.

Wie dann auch 4) durch eben diese Action eine Wittwe die Erstattung der zu ihres Mannes Begräbniß verwandten Kosten wieder fordern kan.

Um so viel mehr also kan 5) ein Legatarius, oder Usufructuarius omnium bonorum, die Begräbniß-Kosten repetiren, wann schon das Legatum in Absicht, daß der Legatarius das Begräbniß besorgen solle, vermacht worden.

Wann 6) ein vermeintlicher Erbe, welcher den Erblasser begraben, durch Urthel und Recht von der Erbschaft abgewiesen wird, kan er durch diese Action die Kosten gleichfalls wieder fordern.

Bey den Lehnsfolgern ist 7) ein Unterschied zu machen, ob der Sohn im Lehn succedire, oder ein Agnatus: In dem erstern Fall ist der Sohn, weil er zugleich Allodial-Erbe ist, schuldig die Begräbniß-Kosten zu tragen. In dem letztern Fall aber müssen die Allodial-Erben die Kosten übernehmen: Es wäre dann, daß

a) Das Allodium nicht zureiche; weil alsdann der Agnatus, bloß so viel die Nothwendigkeit erfordert, zulegen muß; oder

b) Der Agnatus ex Beneficio Defuncti in ein neues Lehn wäre eingenommen worden. In welchem Fall die Begräbniß-Kosten in subsidium aus dem Lehn, in so weit solches zureicht, genommen werden müssen. Im Fall

8) Jemand so arm ist, daß er nichts hat, wormit der Sarg angeschafft werden kan, muß das Geld aus der Kirche genommen, und wann die Kirche so viel nicht im Vermögen hat, eine Collecte von den sämtlichen Eingepfarrten gesammlet, und wann alsdann noch etwas fehlet, solches von dem Patrono des Kirchspiels zugeschossen werden.

Der Todtengräber muß in diesem Fall das Grabmahl umsonst verfertigen, und der Cörper muß von den Armen des Orts, welche von Almosen leben, oder wo keine vorhanden, von den Taglöhnern und Einliegern, welche die Obrigkeit darzu benennt, zum Grabe gebracht werden. Wann diese sich widersetzen, müssen andere für Geld gemiethet, und das Quantum von den Widerspenstigen mediante executione beygetrieben werden.

§. 26.

Diese Actio funeraria hat also statt gegen alle diejenigen, welche den Todten zu begraben schuldig sind: Folglich können daraus belanget werden

I) Des Defuncti Erben, dann weil der Todte aus seinem Vermögen begraben werden muß; so müssen billig diejenigen, welchen das Vermögen anheimfällt, die Kosten tragen.

Worbey wohl zu beobachten, daß weder Schulden, noch Legata von dem Vermögen abgezogen werden, sondern die gantze Massa haereditatis in computum kommen müsse, weil die Begräbniß-Kosten allen Schulden vorgehen.

II) Hat die Actio funeraria statt gegen den fideicommissarischen Erben, nicht aber gegen den Fiduciarium, welcher ersucht worden die Erbschaft einem andern zu restituiren; weil jener das Vermögen, woraus die Begräbniß-Kosten bezahlt werden müssen, besitzet. Es wäre dann, daß der Fiduciarius die Erbschaft nur pro rata restituirte, in welchem Fall derselbe pro rata zu den Kosten concurriren muß.

Diese Actio funeraria directa hat auch III) statt gegen den Ehemann, welcher den Dotem lucriret, und daher seine verstorbene Frau zu begraben schuldig ist.

Wann er den Braut-Schatz nur zum Theil lucriret, muß er pro rata die Kosten hergeben, das übrige müssen die Erben beytragen. Wann also der Mann 100 Rthlr. von dem Braut-Schatz lucriret, und die Erbschaft 300 Rthlr. austrägt, müssen die Erben zwey Theile, der Ehemann aber nur einen Theil der Kosten ertragen.


(2-11) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. II.

Es hat aber diese Regul einen Abfall, wann der Mann wegen der Frauen Ehbruch den Dotem behält, weil in diesem Fall der Ehemann eigentlich nichts lucriret, sondern der Braut-Schatz ihm in compensationem injuriae gelassen wird.

Wann der Maritus keinen Braut-Schatz erhalten, oder nichts daraus lucriret: so ist ein Unterscheid zu machen, ob die Frau etwas im Vermögen hat, oder arm ist: In dem erstern Fall müssen der Frauen Eltern, Verwandten, oder andere Erben die Kosten ertragen; auf den letztern Fall aber liegt dem Ehemann ob, die Begräbniß-Kosten ex propriis zu entrichten.

Gleichergestalt hat IV) diese Actio auch gegen des Verstorbenen Witwe statt, wann dieselbe entweder ex Testamento Mariti, oder ex Donatione propter nuptias lucriret, oder portionem statutariam erhalten: Und wird es in allen Stücken bey der Frauen eben als bey dem Manne gehalten.

Wann V) ein Sohn seinen Vater bloß in legitima zum Erben instituiret, ist der Vater nur pro rata legitimae schuldig zu den Begräbniß-Kosten zu concurriren.

§. 27.

Damit aber wegen der Kosten, was, und wie viel darunter gerechnet werden solle, kein Streit entstehen möge; so haben Wir durch ein besonderes Edict vom 27. Febr. 1747. festgesetzet:

1) Daß, wann iemand von Adelicher Herkunft, und dabey vornehmen Standes, oder der zugleich in hoher Bedienung und Character stehet, mit Tode abgehet, dessen Erben oder Erbnehmer auf sein Leichenbegängniß und Beerdigung ein mehrers nicht als Drey Hundert Rthlr. verwenden dürfen.

Stirbt 2) einer von Adel, der dergleichen Stand und Character nicht hat, dessen gesamte Beerdigungs-Kosten sollen sich nicht höher als Zwey Hundert Rthlr. belaufen.

Wann 3) Personen sterben, die zwar nicht von Adel sind, dennoch aber in einer considerablen Bedienung gestanden, oder wenigstens einen Hof-Raths-Character gehabt, oder sonst solcher Condition gewesen, die man gemeiniglich nicht zum Bürger-Stand rechnet, deren Begräbniß-Kosten werden höchstens auf Ein Hundert und Funfzig Rthlr. festgesetzet.

4) Alle übrige Personen aber, die mit Tode abgehen, und vorstehender Condition nicht gewesen, deren Begräbniß-Kosten sollen nach Proportion ihrer gehabten Profession und Herkommens, und zwar dergestalt eingerichtet werden, daß durchaus ein mehrers nicht als Ein Hundert Rthlr. darauf verwandt werden müsse.

5) Wann des Verstorbenen Vermögen nicht zureichet, und ein Concurs entstehet, so haben Wir in Unserm Codice Fridericiano Part. IV. Tit. IX. Classe 2. §. 53. verordnet, daß in eines von Adel Concurs nicht mehr als 50 Rthlr.; in eines vornehmen Bedienten bürgerlichen Standes Concurs eben so viel; in eines geringen Bedienten, item Kaufmanns oder Künstlers Concurs 30 Rthlr.; in eines gemeinen Bürgers Concurs 10 Rthlr. an Begräbniß-Kosten passiret werden sollen.

Daher müssen alle diejenigen, welche dergleichen Kosten verwandt, diese Summe pro rata ihrer Forderung unter sich theilen.

§. 28.

Wann iemand mehrere Kosten, als vorgeschrieben stehen, anwenden würde, sollen die Fiscaele fleißig darauf Achtung geben, und solches gehörigen Orts anzeigen, da dann die Uebertreter arbitrarie gestraft werden sollen: welches auch geschehen soll, wann schon der Verstorbene ein anders befohlen hätte. Und derjenige, der ein mehrers anwendet, als vorhin geordnet worden, muß ratione des Excessus mit seiner Action abgewiesen werden.

§. 29.

Weil Wir die Leichen-Gebühren in Unsern Restdentzien durch ein besonderes Edict unterm 3ten Jan. 1748. reguliret haben; so wollen Wir Uns lediglich darauf beziehen.


(1-12) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. II. III.

§. 30.

Wann iemand ein fremdes Begräbniß zu besorgen übernimt, und die Kosten aus der Erbschaft darzu genommen hat; so wird demjenigen, welcher den Todten zu begraben schuldig ist, Actio funeraria contraria gegeben.

Vermöge dieser Action ist der negotiorum gestor schuldig, Rechnung der verwandten Kosten abzulegen, solche zu justificiren, und reliqua zu praestiren, das ist, wann er etwas übrig behält, solches heraus zu geben.

§. 31.

Es cessiret aber die Actio funeraria,

1) Wann iemand aus Generositè oder Barmhertzigkeit, und nicht in der Intention die Kosten zurück zu fordern, den Todten begraben lassen: Weil aber solches in Dubio nicht praesumiret wird, so muß es auf das Jurament dessen, der die Kosten vorgeschossen, ankommen.

Wann Eltern und Kinder die Kosten auslegen; so ist die Vermuthung, daß solches animo donandi geschehe, wann nicht in specie ratione repetitionis protestiret wird.

Wann währendem Spatio deliberandi die Eltern oder Kinder die Begräbniß-Kosten vorschiessen, nachhero aber sich der Erbschaft entsagen, sind sie die Kosten zurück zu fordern befugt.

§. 32.

2) Cessiret die Actio funeraria, wann derjenige, welcher die Kosten verwandt hat, eine andre Action anstellen kan. Wann also a) der Defunctus, oder derjenige, welcher den Todten zu begraben schuldig ist, einem dritten committiret die Ausrichtung zu besorgen; so hat bloß Actio Mandati gegen denselben statt.

Wann b) ein haeres fiduciarius den Erblasser begraben lassen, und nach restituirter Erbschaft, die Kosten nicht von dem fideicommissarischen Erben zurückfordert, kan er solche von diesem nicht Actione funeraria repetiren, sondern er muß ihn Condictione indebiti belangen. Gleichergestalt

Wann c) ein Erbe die Kosten allein auslegt, muß er per actionem familiae erciscundae deren Erstattung von seinen Mit-Erben pro rata suchen (et)c.

Art. III.

Von den Dingen, welche dem Publico zum beständigen Gebrauch gewidmet sind, und deren Violation durch besondere Poenal-Gesetze verboten ist.

(De rebus sanctis.)

§. 33.

Unter die Dinge, welche extra patrimonium singulorum sind, haben die Römischen Gesetze Drittens die res sanctas gerechnet, das ist, diejenigen Dinge, welche zum perpetuirlichen öffentlichen Gebrauch gewidmet sind, (a) und deren Mißbrauch und Violation durch besondere Poenal-Befehle (per sanctiones, unde res sanctae dicuntur) verboten ist.

§. 34.

Dergleichen verpoente Dinge (res sanctae) sind die Stadt-Thore, Mauren und Wälle, die Königlichen Palläste, Statuae Principis, öffentliche Landstrassen, gemeine Plätze, Märckte, Justitz-Collegia, Rathhäuser, Kirchen (et)c.

 

(a) Leg 83. §. 5. verb obl. ibi: Sacram vel religiosam rem, vel usibus publicis in perpetuum relictam, ut forum, basilicum &c.


(2-13) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. III. IV.

§. 35.

Alle diese Dinge sind nicht in patrimonio singulorum, sondern das Eigenthum gehöret gleichsam dem Publico zu, zu dessen Gebrauch sie gewidmet sind: Daher kan niemand etwas an dergleichen Oertern bauen, ändern, darauf legen, werfen oder schütten (et)c. wodurch dem Ort eine Incommoditaet oder Difformitaet zugezogen wird.

Wann also iemand unter das Stadt-Thor, auf die Stadt-Mauren, auf die Wälle dergleichen etwas thäte, stehet einem ieden Unserer Unterthanen frey, ex interdicto: Ne quid in loco sancto fiat, zu agiren, und zu bitten, daß dem andern dergleichen zu thun verboten, oder, wann es schon geschehen, anbefohlen werde, das verfertigte Werck wieder wegzunehmen, und alles in den vorigen Stand zu setzen.

Es hat aber dieses Interdictum nicht statt, wann iemand in dergleichen Oertern etwas thut und veranlasset, welches zum Besten und Zierath des Orts gereichet: welchenfalls der Verfertiger bloß angehalten werden kan, das Werck, wann es verlanget wird, auf seine Kosten wieder wegzunehmen, und alles in den vorigen Stand zu setzen.

§. 36.

Hiernächst haben die Gesetze durch schwere Strafen für die Sicherheit dieser Dinge gesorget, weil diejenigen, die sich an dergleichen Dingen vergreiffen, mit schärferer Strafe beleget werden.

Wann also iemand an einem Thor, oder an der Stadt-Mauer, oder an einem Königlichen Pallast, an einer Statua Principis &c. vorsetzlich Schaden thut, ist dieses ein Crimen publicum, welches ein ieder actione de vi publica vindiciren kan.

Wann iemand etwas an dergleichen öffentlichen Oertern entwendet, hat nicht allein actio furti, sondern auch eine Criminal-Persecutio statt.

Wann iemand an einem solchen Ort injuriiret wird, werden die injuriae pro atrocibus gehalten, und der Injuriant kan auch criminaliter belanget werden.

§. 37.

Es werden auch gewisse Personen dieserwegen sanctae genannt, weil auf deren Beleidigung gleichfalls eine geschärfte Strafe gesetzet ist:

Hierunter gehöret Unsere Königliche Person und Familie, und werden diejenigen, welche sich daran vergreiffen, als rei laesae majestatis tractiret.

Es gehören auch eodem sensu unter die res sanctas die Königlichen Domestiquen, item, Obrigkeiten, Abgesandte, Eltern (et)c.

Art. IV.

Von den Dingen, deren Eigenthum nicht occupiret werden kan, deren Gebrauch aber gemein ist.

(De rebus communibus.)

§. 38.

Viertens gehören zu den Dingen, welche extra patrimonium singulorum sind, diejenigen Dinge, deren Eigenthum ihrer Natur nach nicht occupiret werden kan, und deren blosser Gebrauch allen Menschen gemein ist: dahero diese Dinge res communes, publicae jure gentium, oder auch wohl res nullius genannt werden, weil sie in keines Menschen Eigenthum kommen können.

§. 39.

Dergleichen res communis ist 1) die Luft; (Aer) 2) das fliessende Wasser; (aqua profluens) 3) das Meer, nebst dessen Grund und Ufer; (mare ejusque littora &


(2-14) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. IV.

alveus) 4) die offenbare Ströme und Flüsse, wie auch deren Grund und Ufer. (flumina publica eorumque repae (= ripae) & alvei.) 5) die Landstrassen. (viae publicae.)

§. 40.

Es ist also Erstlich und hauptsächlich unter die res communes zu rechnen die Luft (Aer.) Diese kan ihrer Natur nach nicht in eines Menschen Gewalt, Besitz, und Gewahrsam gebracht werden, und ist daher extra patrimonium singulorum.

Weil also die Luft keinen Herrn hat, welcher anderen deren Gebrauch verbieten könte, so folget von selbsten, daß nach den natürlichen Rechten deren Gebrauch allen Menschen gemein bleibe, und daher allen Menschen frey stehe, sich der Luft zu bedienen, dieselbe zu schöpfen, in die Luft, so hoch ein ieder will, auf dem Seinigen zu bauen, (wann auch schon dadurch dem Nachbar das Licht verbauet würde) ferner die Vögel, so in der Luft schweben, zu fangen (et)c.

Gleichwie aber einem Landes-Herrn frey stehet, diese den Menschen verstattete natürliche Freyheiten ob utilitatem publicam einzuschräncken; also haben Wir auch solches in folgenden zweyen Fällen gethan:

I) Wann iemand ohne Noth, oder aus blosser Malice, auf dem Seinigen ein Gebäude hinsetzen, oder solches erhöhen, und dadurch dem Nachbar sein Licht verbauen wolte; so halten Wir für unbillig, demselben seine Caprice oder Muthwillen zu verstatten, sondern es muß die Sache durch Unsere Bau-Collegia, oder, wo dergleichen nicht sind, durch die ordentliche Obrigkeit untersucht, und nach der Billigkeit entschieden werden.

II) Ist aus der Constitution des Käysers Friederichs bekannt, daß alle Adespota, oder Dinge, die keinen Herrn haben, folglich auch das in der Luft schwebende Gevögel, ad Regalia gehören: Und daher niemand ohne Unsere Einwilligung und Concession Vögel in der Luft fangen könne: wie solches in Unserer Jagd-Ordnung umständlich versehen ist.

§. 41.

Unter dergleichen gemeine Dinge (res communes) gehöret auch Zweytens das fliessende Wasser. (aqua profluens.)

Allermassen auch dieses seiner Natur nach wegen seiner beständigen Bewegung und Veränderung in keines Menschen Gewalt, Besitz und Gewahrsam gebracht werden kan, folglich extra patrimonium singulorum ist.

Weil also auch dieses fliessende Wasser keinen Herrn hat, so ergiebt sich von selbsten, daß nach den natürlichen Rechten ein ieder dieses fliessende Wasser gebrauchen, solches schöpfen, und sein Vieh dahin zur Träncke treiben könne.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß, wann iemand den Gebrauch dieses Wassers mit Unserer Bewilligung occupiret, und einen Theil davon in den Bezirck seines Guts eingeschlossen hat, der Eigenthümer nicht gehalten sey zu leiden, daß ein ieder in diesem Bezirck Wasser schöpfen, oder sein Vieh zur Träncke dahin treiben könne.

Von den Actionen, welche occasione des fliessenden Wassers gegeben werden, soll unten in dem dritten Theil gehandelt werden.

§. 42.

Drittens wird unter die res communes, folglich unter die Dinge, welche extra patrimonium singulorum sind, gezehlt das Meer, wie auch dessen Ufer und Grund, in so weit diese beyde Stücke zu dem natürlichen Gebrauch des Meers nothwendig sind. (mare & per hoc littora & alveus maris.)

Das Meer bestehet aus dreyen Theilen: a) aus dem See-Wasser; b) aus dem Ufer, welches das Wasser umschliesset; c) aus dem Grund und Boden, worauf das Meer ruhet.

Soviel das See-Wasser betrift, so kan solches noch weniger als aqua profluens in unsere Gewalt und Besitz gebracht werden: aber eben dieserwegen kan auch ein ieder Mensch sich längst Unsern Meer-Küsten des natürlichen Gebrauchs des Meers


(2-15) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. IV.

anmassen, welcher in der freyen Schiffahrt, und was diesem Gebrauch anhängig ist, bestehet.

Daher stehet einem ieden frey auf Unsern See-Küsten anzuländen, seine Schiffe auszubessern, Hütten auf dem Ufer zu bauen, Waaren auszuladen (et)c. wie dann auch ein ieder seinen Ancker in den Grund des Meers längst Unsern Ufern auswerfen kan.

Alle andere Nutzungen des Meers, welche nicht zur Schiffahrt gehören, haben Wir, so weit Unsere See-Küsten sich erstrecken, zu Unserem Gebrauch gewidmet, und zu Unsern Regalien gezogen; daher niemand sich unterstehen muß, sich sothanen Gebrauchs anzumassen, es wäre dann, daß Wir ihm solchen Gebrauch verliehen hätten.

Es kan also niemand längst Unsern See-Küsten fischen, weil Wir die Fischerey daselbst durch Unsere Beamten, Vasallen (et)c. selber exerciren, folglich die Fischerey schon occupiret haben.

Es kan niemand auf Unsern See-Küsten Häuser bauen, Grabmahle aufrichten, Bernsteine auflesen, Kalcksteine (welche in der Ost-See häufig ausgeworfen werden) samlen, gestrandete Sachen an sich nehmen (et)c. Weil sie nicht zum Gebrauch der Schiffahrt gehören.

Es kan auch niemand in den Grund des Meers Steine und dergleichen einsencken, und darauf bauen (et)c. Es kan niemand eine Insul, die in der See längst Unsern Küsten sich hervorthut, sich zueignen, noch etwas veranlassen, wodurch die Schifffahrt gehindert, oder das Ufer beschädiget wird.

Von denen Actionen und Interdicten, welche occasione des Meers verstattet werden, soll unten in dem dritten Theil gehandelt werden.

§. 43.

Viertens gehören ad res communes die offenbare Ströme und Flüsse, (flumina publica) wie auch deren Ufer und Gründe, (ripae & alvei) in so weit diese zum Gebrauch des fluminis publici nothwendig sind.

Flumina publica sind diejenigen Ströme, welche beständig Jahr aus Jahr ein fliessen, und niemalen gantz austrocknen, sie mögen schiffbar seyn oder nicht.

Diese offene Ströme differiren von den Privat-Flüssen, welche nicht beständig fliessen, sondern im Sommer zuweilen gantz austrocknen.

Die öffentlichen Flüsse und Ströme bestehen, wie das Meer, aus dreyen Stücken: a) aus dem Strom-Wasser; (aqua profluente) b) aus dem Ufer; (ripa) und c) aus dem Grund und Boden. (alveo.)

Nun ist schon vorhin angezeigt worden, daß niemand das Eigenthum des Flusses, so viel aquam profluentem betrift, erlangen, noch dasselbe in seine Gewalt und Gewahrsam bringen könne, folglich dessen Gebrauch allen Menschen gemein sey.

Daß auch ferner der Gebrauch des Ufers und des Grundes, in so weit beyde zum Gebrauch des Flusses nothwendig sind, einem ieden frey stehe, weil ohne das Ufer und den Grund niemand sich des Flusses bedienen kan.

Worin aber der gemeine Gebrauch der Flüsse, der Ufer und Gründe bestehe, ist oben schon gezeiget worden. Der Haupt-Gebrauch der schiffbaren Ströme bestehet in der Freyheit die Schiffahrt zu exerciren, welche sich in dem Jure transeundi gründet. Von welchen in §. seq. gehandelt werden soll.

Wir haben aber auch schon oben erinnert, daß, ausser der Schiffahrt und damit verknüpften Rechten, alle andere Nutzungen Unsern Regalien gewidmet, folglich in Ansehung Unserer Unterthanen nicht mehr res communes sind.

§. 44.

Die Privat-Flüsse, Bäche und Ströme differiren nicht von andern Privat-Gütern; folglich ist deren Gebrauch nicht allen Menschen gemein, sondern sie gehören einem ieden Privato, durch dessen Geheft ein solcher Bach fliesset, eigenthümlich zu. Wann also zwey Privati durch dergleichen Bach geschieden werden, und dem einen


(2-16) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. IV. V.

durch die Gewalt der Fluth etwas von seinem Ufer abgenommen, und dem Ufer seines gegen über liegenden Nachbars per alluvionem angewässert wird; so kan derselbe actione finium regundorum die vorigen Gräntzen wieder herstellen.

Von denen Actionen und Interdicten, welche in Ansehung der öffentlichen Ströme, wie auch deren Ufer und Boden, verstattet werden, soll unten Parte III. gehandelt werden.

§. 45.

Fünftens werden unter die res communes auch gerechnet die Landstrassen (viae publicae.)

Denn da das Durchzugs-Recht (jus transeundi) allen Menschen gemein ist, so kan keinem der Durchzug durch Unsere Lande, ohne wichtige, und Uns schädliche Ursache, versagt werden.

Zu dem Ende haben Wir nach dem Exempel anderer Völcker eine gemeine Landstrasse angewiesen, wodurch diejenigen, welche durch Unsere Lande gehen, frey und ohngehindert passiren können und müssen. (a)

Diese Landstrasse ist also extra patrimonium singulorum, folglich ist deren Gebrauch allen Menschen gemein: Niemand ist befugt andere an dem Durchzug zu hindern, niemand kan etwas thun und veranlassen, wodurch der Durchzug gehindert oder schwer gemacht wird.

Ausser diesem Durchzugs-Recht aber kan sich niemand ein Recht über die Landstrasse anmassen, noch z. E. Alléen darauf pflantzen (et)c. sondern die Landstrassen gehören in so weit zu Unsern Regalien.

Wann die Landstrasse verdorben und impracticable gemacht, und z. E. durch einen nahe belegenen Fluß überschwemmet wird, und ein neuer Alveus daselbst entstehet, können sich die Benachbarten nicht entbrechen, von ihrem Lande das benöthigte darzu herzugeben.

Wann dieser alte Weg nachher durch die Desertion des neuen Alvei wieder in den vorigen Stand gesetzet wird, und der Fluß seinen vorigen Lauf wieder nimt; so darf die einmal verlohrne Landstrasse nicht wieder dahin verleget, noch dem vorigen Besitzer sein Land wieder überlassen werden.

Der Effect von dieser gemeinen Landstrasse ist auch dieser, daß, wann ein Gut nach einer gewissen Hufenzahl verkauft worden, die Landstrasse nicht mit vermessen, noch dieselbe unter die Hufenzahl gerechnet werden könne; weil sie res communis ist, folglich zu dem Gut nicht gehöret.

Von dem Unterschied der Wege, auch was für Actiones und Interdicta wegen der Landstrasse verstattet werden, davon soll in dem dritten Buch gehandelt werden.

Art. V.

Von den Dingen, deren Gebrauch einer Gemeinde perpetuo gewidmet ist.

(De rebus universitatis.)

§. 46.

Unter die Dinge, welche extra patrimonium singulorum sind, werden auch Fünftens gerechnet res universitatis, das ist, solche Dinge, deren Eigenthum niemand zustehet, der Gebrauch aber allen und ieden, welche sich als ein Mitglied der Gemeinde und des Corporis qualificiren können, vergönnet ist.

§. 47.

Dergleichen res universitatis sind bey den Römern gewesen die öffentlichen Schaubühnen, die Renn-Plätze, die öffentlichen Bäder (et)c.

 

(a) L. 2. §. 21. Ne quid in loc publ.


(2-17) Part. II. Lib. I. Tit. II. Art. V. VI.

Nach Unsern Landes-Verfassungen werden zu dergleichen rebus universitatis gerechnet z. E. die Schützen-Plätze, die gemeine Weyde und Hütung (et)c.

§. 48.

Wann iemand an dem Gebrauch dieser Dinge gehindert wird, werden ihm Interdicta verstattet, wovon unten im dritten Theil gehandelt wird.

Art. VI.

Von den Dingen, welche keinen Herrn haben.

(De rebus nullius.)

§. 49.

Unter die Dinge, welche extra patrimonium singulorum sind, gehören auch Sechstens die res nullius.

§. 50.

Res nullius werden genannt, welche entweder noch niemals in eines Menschen Eigenthum gewesen, oder, wann sie einen Herrn gehabt, solchen wieder verloren haben: Jedoch dergestalt beschaffen sind, daß sie occupiret werden, das ist, in patrimonium singulorum kommen können.

§. 51.

Dergleichen res nullius sind I) alle wilde Thiere, sie mögen in der Luft, in dem Wasser, oder auf der Erden gefunden werden.

II) Alle Dinge, welche niemals einen Herrn gehabt, und in keines Menschen Gewalt und Besitz iemalen gekommen sind: als wann z. E. das Meer Bernsteine oder andere köstliche Steine (et)c. auswirft.

III) Wann ein Ding einmal occupiret gewesen, des Eigenthümers Recht aber aufhört; als wann derselbe ohne Erben stirbt, folglich haereditas vacans ist, item

IV) Res pro derelicto habitae, das ist, solche Dinge, welche der Eigenthümer wegwirft oder abandonirt, und solche nicht mehr in seinem Vermögen haben will: oder wann er ein Ding verlieret, und keine Hoffnung hat solches wiederum zu erlangen.

Es wird also res pro derelicta nicht gehalten, a) wann iemand nicht weit vom Strand Schiffbruch leidet, und dessen Gut einige Zeit hernach an den Strand geworfen wird, oder wann er willens ist solches durch die Taucher (urinatores) auffischen zu lassen.

b) Gleiche Bewandniß hat es, wann der Eigenthümer das Schiff zu salviren sein Gut nahe an dem Strand in die See wirft. Wie dann auch dasjenige Ding, welches der Eigenthümer aus seiner Kutschen verlieret, nicht pro derelicto gehalten, sondern erst durch eine ordentliche Praescription von dem Finder acquiriret wird.

c) Wann also iemand dergleichen ausgeworfene, schiffbrüchige, oder verlorne Güter an sich nimmt, kan der Eigenthümer solche vindiciren, und wann der Finder solche dem Eigenthümer auszuliefern sich weigert, desnelben (= denselben) actione furti belangen.

V) In genere alle bona vacantia und adespota.

§. 52.

Ob aber, und wie weit diese res nullius nach den Verfassungen Unserer Länder a singulis occupiret und acquiriret werden; davon soll Libr. II. Tit. V. Art. I. gehandelt werden.

§. 53.

Nachdem Wir nun diejenigen Dinge untersucht, welche extra patrimonium singulorum sind: worin folglich singuli kein dingliches


(2-18) Part. II. Lib. I. Tit. III.

Recht haben, so folget von selbsten, daß alle andere Dinge, welche nicht unter den vorhergemeldten Articuln begriffen werden, in patrimonio singulorum sind.

§. 54.

Auf was für Art aber die Dinge in patrimonium singulorum gelangen, und wie das Eigenthum derselben acquiriret werde, davon soll in den folgenden Büchern gehandelt werden.

Tit. III.

Von dem Unterscheid der cörperlichen und uncörperlichen, item beweglichen und unbeweglichen Dinge.

(De rebus corporalibus & incorporalibus &c.)

§. 1.

Ausser dem Unterscheid der Dinge, welche extra patrimonium singulorum, und welche in patrimonio singulorum sind, werden Zweytens die Dinge getheilet in cörperliche und uncörperliche Dinge. (in res corporales & incorporales.)

§. 2.

Cörperliche Dinge (res corporales) werden diejenigen Dinge genannt, welche leiblich und begreiflich sind, die man ihrer wesentlichen Art und Natur nach sehen, berühren, und angreifen kan, als z. E. ein Haus, ein Thier, Gold, Silber (et)c.

§. 3.

Uncörperliche Dinge, welche ohnleiblich und unbegreiflich sind, die man nicht sehen, noch anrühren, noch mit der Hand greifen kan, als Gerechtigkeiten, (Jura) Gerichtbarkeit, (Jurisdiction) Verbindungen, (Obligationes) Dienstbarkeiten, (Servitutes) Rechtliche Klagen, (Actiones) Erbschaften, (Jus haereditarium) wann iemand obligiret wird Quantitatem zu erstatten. (et)c.

Dann obschon das Objectum aller dieser uncörperlichen Dinge leiblich ist, so ist doch das Recht solche zu besitzen, zu fordern (et)c. etwas, welches nicht berührt noch angegriffen werden kan.

§. 4.

Es können also diese res incorporales an und für sich nicht tradiret und überliefert werden, weil niemand dieselbe sichtlich anzeigen noch anrühren kan, sondern dergleichen Gerechtigkeiten allein im Gemüth und Willen besessen werden. Daher die Gesetze eine quasi traditionem erfunden haben.

§. 5.

Es kan derjenige, welchem dergleichen uncörperliche Dinge zustehen, nicht pro possessore gehalten werden: weil zu einer wahren Possession eine cörperliche Ergreiffung erfordert wird, sondern er wird quasi possessor, und dessen Besitz quasi possessio genannt. Daher auch dergleichen Dinge nicht vindiciret, noch usucapiret werden können, sondern es ist dieserwegen durch die Gesetze die rei vindicatio utilis und die praescriptio eingeführet worden.


(2-19) Part. II. Lib. I. Tit. III.

§. 6.

Drittens werden die Dinge getheilet in bewegliche und unbewegliche Dinge.

Bewegliche Dinge sind, welche ihrer Natur und Eigenschaft nach bewegt und getragen werden können, als Gold, Silber, Kleinodien, baares Geld, Hausgeräthe, Früchte, welche abgenommen oder eingesammlet sind, und in genere alles, was man bewegen und tragen kan.

§. 7.

Unbewegliche Dinge sind, welche in einem Grundstücke bestehen, oder einem Grundstück ankleben als Haus, Hof, Aecker, Wiesen, Teiche, item Früchte, so noch auf den Bäumen hängen, oder in der Erde stehen.

§. 8.

Unter diese unbeweglichen Dinge gehören auch diejenigen beweglichen Stücke, welche von dem Eigenthums-Herrn zum ewigen Gebrauch eines unbeweglichen Dinges gewidmet sind; als eingemauerte Brau-Kessel, Familien-Stücke und Gemählde, welche ausdrücklich der Familie gewidmet und destiniret sind, jährliche Renthen, unablösliche Zinsen und Pächte (et)c.

§. 9.

Uncörperliche Dinge sind ihrer Art und Natur nach weder beweglich noch unbeweglich, sondern sie folgen der Qualitaet desjenigen Dinges, welchem sie ankleben. Wann also z. E. die Obligation ein bewegliches Stück zum Grunde hat, so wird die Obligation und daher rührende Action unter die beweglichen Dinge gerechnet: wann aber die Obligation und Action ein unbewegliches Ding betrift, so werden dieselbe vor unbewegliche Dinge gehalten. Solchergestalt sind alle jährliche Renthen, welche aus einem unbeweglichen Gut entrichtet werden, item unablösliche Pächte, und darüber ausgestellte Verschreibungen, unbeweglich.

Part. II. Libr. II.

Tit. I.

Was in diesem zweyten Buch des zweyten Theils verhandelt wird.

§. 1.

Nachdem Wir in dem vorhergehenden Buch in genere die Natur und Qualitaet der Dinge, auch deren verschiedene Arten und Eintheilungen beschrieben, so wird in dem Tit. II. in genere von den dinglichen Rechten (de juribus in re) gehandelt, und gezeiget, daß nur vier dergleichen dingliche Rechte durch die Gesetze festgesetzet worden, als Dominium, Haereditas, Servitus, & Pignus.

§. 2.

In dem Tit. III. wird das erste dingliche Recht, nemlich das Eigenthum, erkläret, und dessen definition, causa, divisiones, subjectum, objectum, & modi finiendi an die Hand gegeben.


(2-20) Part. II. Lib. II. Tit. I. II.

§. 3.

In dem Tit. IV. werden die effectus dominii, insonderheit aber die daraus fliessende Actiones, nemlich 1) rei vindicatio, 2) actio ad exhibendum, 3) actio communi dividundo, beschrieben.

§. 4.

In dem Tit. V. werden die modi acquirendi dominii jure gentium expliciret; die modi acquirendi dominii jure civili aber auf das folgende Buch verwiesen.

Tit. II.

Von den dinglichen Rechten in genere.

(De jure in re.)

§. 1.

Ein dingliches Recht wird Erstlich erlanget durch das Eigenthum. (ex dominio.)

Zweytens durch die Erbschaften. (ex haereditate.)

Drittens durch die Dienstbarkeit. (ex servitute tum praediali, tum personali.)

Viertens durch die Verpfändung und Hypothecirung eines Dinges. (ex pignore.)

§. 2.

Dann obschon einige die Possession unter die jura in re rechnen, so ist solches ein Irrthum, weil in der materia possessionum gar nicht de jure rei, sondern bloß de facto possessionis gefragt wird, folglich das daher entstehende Recht ex obligatione personae, & variis causarum figuris herrühret. Wie in Parte III. gezeiget werden soll.

§. 4.

Es können auch die ex statu hominum herfliessende jura nicht unter die jura in re gezehlet, noch die actiones praejudiciales unter die Actiones reales gerechnet werden, weil in diesem objecto juris gar nicht de rebus, folglich nicht de jure rerum, sondern bloß von der Qualitaet und Zustand der Menschen und daher fliessenden Rechten gehandelt wird.

§. 5.

Es gehören auch die actiones restitutoriae nicht zu den dinglichen Rechten: weil durch diese Actiones nicht das Ding selber gefordert oder vindiciret, sondern nur ein negotium validum rescindiret wird.

§. 6.

Am wenigsten können die actiones in rem scriptae unter die jura in re gerechnet werden, weil sie keinen effectum juris in re haben, ausser daß die Actiones aus besondern Ursachen gegen den Besitzer angestellet werden können.

§. 7.

Wir wollen von dem Dominio den Anfang machen. Von den Erbschaften aber in Libr. III. & IV. Von den Dienstbarkeiten in Libr. V. und von den Verpfändungen und Hypothequen in Libr. VI. handeln.


(2-21) Part. II. Lib. II. Tit. III.

Tit. III.

Von dem ersten dinglichen Recht, welches aus dem Dominio, oder dem Eigenthum, herrühret.

§. 1.

Das erste dingliche Recht rühret ex dominio her, das ist, aus dem Eigenthum, welches die Menschen über die Dinge erhalten haben, und welches nicht anders ist, als eine Macht und Gewalt, nach Gefallen von einem Dinge zu disponiren.

§. 2.

Die Causa dieses Dominii oder Eigenthums gründet sich in der natürlichen Vernunft: Dann da von Natur alle Dinge nullius sind, das ist, keinen Herrn haben, und niemand sich ein Eigenthum darüber anmassen kan; so stehet einem ieden Menschen frey dieselbe zu ergreifen, und in seine Macht, Gewalt und Gewahrsam zu bringen, weil niemand ein Recht hat ihn daran zu verhindern.

Wann also iemand mit der Intention ein Ding ergreifet, um solches in seiner Gewahrsam zu behalten, so erlanget er dadurch das Eigenthum, folglich eine Macht und Gewalt nach Gefallen davon zu disponiren.

§. 3.

Es wird aber das Egenthum (dominium) getheilet 1) in generale vel speciale. Zu der ersten Art gehöret das Eigenthum, welches Uns, als Landes-Herrn, über alle diejenigen Dinge zustehet, welche keine Herren haben, und welche zu den Regalien gezogen worden; iedoch improprie dominium genannt werden, weil sie auch ohne Ergreifung des Besitzes Uns zugehören. Speciale dominium ist, was ein ieder als sein eigen besitzet.

2) Ist das Dominium vel directum vet utile. Directum wird genannt, wann iemand das blosse Eigenthum behält, die Nutzung desselben aber auf einen andern transferiret. Utile hat derjenige, welchem der Genuß eines Guts von dem domino directo auf lange Jahre verstattet wird, als in emphyteusi, feudo &c. oder wann sonsten die Gesetze einem Negotio die Kraft eines Dominii beylegen.

3) Wird das Eigenthum getheilet in verum vel fictum. Verum dominium ist, wann iemand wahrer Dominus ist, und ex justo titulo ein Ding erlanget hat. Fictum dominium ist, wann die Gesetze ein Dominium fingiren, wo keines ist: dergleichen z. E. den Creditoren zustehet in denen Dingen, welche der Debitor zu deren Praejuditz veräussert.

4) Endlich wird auch das Dominium getheilet in naturale & civile. Jenes stehet den Frauen zu, welche ein unbewegliches Gut in dotem gegeben. Dieses dem Marito, welchem der Braut-Schatz in dergleichen Gut constituiret worden.

§. 4.

Natürlicher Weise kan kein Eigenthum eines Dinges acquiriret werden, als durch dessen Ergreifung und Apprehension, weil das Dominium eine Macht nach Gefallen davon zu disponiren inferiret, welche ohne Effect seyn würde, wann das Ding niemals in unserer Gewalt und Gewahrsam gewesen wäre; Daher mit Recht gesagt wird, daß die Dominia aus dem Besitz und Possession der Dinge ihren Ursprung haben, und daß das Eigenthum niemalen durch blosse Pacta erlangt werden könne.


(2-22) Part. II. Lib. II. Tit. III.

§. 5.

Alle Menschen, welche ihrer Vernunft mächtig sind, können das Eigenthum (dominium) erlangen und acquiriren. Daher Rasende, Blödsinnige, Kinder und Minderjährige (et)c. vor sich dergleichen Eigenthum nicht acquiriren können, sondern die Vormünder und Curatores müssen dabey concurriren. Vid. supr. Part. I. p. 130. §. 4.

§. 6.

Das Dominium wird acquiriret entweder jure gentium, das ist, durch einige modos, welche in der Vernunft gegründet sind; oder jure civili, das ist, durch einige modos, welche die Civil-Gesetze eingeführt haben. Von den ersten wird in dem folgenden Tit. V. Von den andern in dem Libr. III. & IV. gehandelt, wohin Wir Uns beziehen.

§. 7.

Es kan das Eigenthum (dominium) regulariter in allen Dingen erlangt und acquiriret werden.

Es werden aber ausgenommen 1) die uncörperlichen Dinge, welche ihrer Natur nach nicht ergriffen und possedirt werden können. Vid. Tit. seq. Art. 1.

2) Unter den cörperlichen Dingen werden ausgenommen diejenigen, welche a) von Natur nicht in unsern Besitz und Gewahrsam kommen können, als Aer, Aqua profluens, Mare, & Flumina publica; b) die Dinge, welche durch die Gesetze dem Commercio der Menschen entnommen sind, als res sacrae und religiosae; c) diejenigen, welche bloß salvo usu juris gentium occupiret werden können, und welche res communes genannt werden, als Littora, Ripae, Alvei; d) diejenigen Dinge, worinnen bloß der Usus singulis verstattet wird, als in rebus universitatis.

§. 8.

Die Wirckungen (effectus) dieses Eigenthums sollen in dem folgenden Titul beschrieben werden.

§. 9.

Das Dominium höret auf, und wird geendiget, 1) wann der Eigenthümer verstirbt, und keine Kinder hinterlässet: dann wann er Kinder hinterlässet, succediren dieselbe ipso jure in das Eigenthum und dessen Besitz, und haben daher nicht nöthig die Erbschaft anzutreten.

2) Wann der Eigenthümer das Ding oder Gut alieniret, und auf einen andern mit seinem Willen transferiret.

3) Wann er das Ding oder Gut derelinquiret, und solches in seinem Vermögen nicht weiter haben will; als z. E. wann er Geld unter das Volck auswirft.

Es ist aber das Ding nicht pro derelicto zu halten, a) wann iemand seine Sachen nicht wohl verwahrt, und dieselbe dadurch der Begierde fremder Leute exponiret. b) Wann aus einer fahrenden Kutsche ein Ding oder Gut verloren wird. c) Wann bey entstehendem Sturm das Schiff in einem öffentlichen Strom (in flumine publico) untergeht, oder die Waaren ausgeworfen werden. d) Wann auf dem Meer wegen befürchtenden Schiffbruchs nicht weit vom Lande Waaren ausgeworfen werden, oder das Schiff selber Schiffbruch leidet. (Ein anders ist, wann sich dergleichen in der Mitte des Meers zuträgt.)

Wenn also in allen diesen Fällen iemand wissentlich dergleichen Dinge dem Domino vorenthält, wird er als ein Dieb angesehen und gestrafet.

4) Wann das Ding oder Gut gar verloren gehet, und vernichtiget wird.

5) Wann der Feind ein Ding raubet, und solches in seine Gewahrsam, das ist, über seine Gräntzen bringt.

Es ist aber das Eigenthum dergleichen von dem Feinde geraubten Dinges nicht gäntzlich verloren, weil die Hoffnung solches jure postliminii wieder zu erhalten übrig bleibt. Daher dann auch wegen dieser Hoffnung der Eigenthümer das geraubte Gut durch ein Testament legiren, und die Erben auch solches in die Theilung bringen können. Vid. infr. Tit. V.


(2-23) Part. II. Lib. II. Tit. III. IV.

6) Wann ein Ding oder Gut, welches Unsere Unterthanen von dem Feinde erbeutet, von diesem Feinde, ehe es in unser Gewahrsam gebracht worden, wieder abgenommen wird. Vid. infr. Tit. V.

7) Wann die Gestalt und Form eines Dinges oder Guts (Species) dergestalt geändert wird, daß dasselbe eine andere Form und Gestalt gewinnet, und die vorige Species nicht wieder hergestellet werden kan.

Dann durch diese neue Form und Gestalt wird das vorige Ding geändert, und gleichsam consumiret und exstinguiret, folglich ist bey der neuen Specie nichts, was der vorige Herr vor das Seinige angeben kan; Die neue Species ist res nullius, und existirt erst facto facientis, folglich gehört sie demjenigen zu, der sie in seinem Namen verfertiget hat. Vid. infr. Tit. V. Art. II.

Weil aber derjenige, welcher aus einer fremden Materie eine neue Speciem gemacht, sich mit eines andern Schaden bereichern würde, so kan der Herr der Materie deren Werth wieder fordern, oder, wann die neue Species wieder in den vorigen Stand hergestellet werden kan, actione ad exhibendum die Separation der Materie fordern, und solche zugleich vindiciren.

Aus diesen Principiis erhellet die Ursache, a) warum durch die Specification, Confusion, Commixtion, und Accession einer fremden Materie, das Recht und Eigenthum des Domini materiae aufhöre. b) Warum der Eigenthümer einer crustae, plantae, arboris &c. wann sie auf einen fremden Boden transferiret worden, und Wurtzeln fassen, das Dominium verliere. c) Warum der Eigenthümer eines Baumes oder Landes das Dominium der Früchte verliere, wann ein Fremder die Früchte vom Baum abpflücket, oder von dem Acker einerndtet. d) Warum der Eigenthümer eines Ackers, wann durch Ueberschwemmung des Flusses ein neuer Alveus darauf constituiret wird, das Eigenthum des Ackers verliere, nicht aber, wann der Acker bloß, obschon in perpetuum, inundiret wird.

Es gehen aber nicht allein die Dominia durch die Aenderung der Speciei verloren, sondern auch die jura in re, wovon in dem Titul von dem Niesbrauch (de Usufructu) gehandelt werden soll.

8) Es wird auch das Dominium verloren, wann ein Ding oder Gut iemanden durch judicata abgesprochen wird, wann schon des Richters Urthel wider die Recht läuft; weil beyde Theile in des Richters Decision consentiret haben.

9) Wann ein wildes Thier, welches iemand gefangen, sich der Banden erlediget, und seine natürliche Freyheit wieder sucht, so hört das Eigenthum des Capienten auf, sobald er das Wild aus dem Gesichte verlieret. Vid. infr. Tit. V. Art. I.

Wann also ein anderer dergleichen Thier nachher fänget, kan der vorige Herr solches nicht vindiciren.

10) Wann ein wildes aber zahm gemachtes Thier, (fera mansuefacta) welches gewohnt ist wieder zu kehren, eine geraume Zeit sich verlieret, und alle Hoffnung der Zurückkunft aufhöret, so hat das Eigenthum gleichfalls ein Ende.

Dergleichen gezähmtes Wild cediret gleichfalls Occupanti. Vid. infr. ibid.

11) Es wird auch das Eigenthum durch die Verjährung verloren. Vid. Lib. III. Tit. V.

Tit. IV.

Von den Wirckungen des Eigenthums.

(De effectu Dominii.)

Wo zugleich von den aus dem Eigenthum fliessenden Actionen a) de rei vindicatione, b) de actione ad exhibendum, c) de actione communi dividendo gehandelt wird.


(2-24) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. I.

§. 1.

Wir haben in dem vorhergehenden Titul §. 8. die Wirckungen des Eigenthums (effectus dominii) ausgesetzt, von welchen in diesem Titul gehandelt werden soll.

§. 2.

Der Haupt-Effect des Eigenthums ist Erstlich, daß der Herr und Eigenthümer des Dinges ein dingliches Recht daher erlange, vermöge dessen er nach Gefallen von dem Dinge disponiren, folglich solches veräussern, consumiren und durchbringen kan, in so weit sothane Freyheit durch Unsere Gesetze nicht eingeschrenckt ist.

Zweytens, daß aus dem Dominio verschiedene Actiones entspringen, als: 1) Rei vindicatio; 2) Actio ad exhibendum, welche praeparatoria der ersten ist; 3) Actio de communi dividendo. Von deren ieden nunmehro ins besondere gehandelt werden soll.

Art. I.

Von der Rei vindicatione.

§. 3.

Die Rei vindicatio ist eine Actio realis, welche dem Eigenthümer eines cörperlichen Dinges gegen denjenigen verstattet wird, welcher sothanes Ding besitzet; wodurch der Besitzer angehalten wird, sothanes Ding dem Eigenthümer cum omni causa zu restituiren.

§. 4.

Diese Actio ist vel directa, vel utilis. Die Rei vindicatio directa gründet sich in dem wahren Eigenthum, (in dominio directo) und wird bloß demjenigen gegeben, welcher wahrer Herr des Dinges ist.

Es wird also die directa actio den Eigenthümern nicht gegeben, welche durch Unsere Gesetze nur ein dominium utile oder fictum erhalten haben; weil diesen rei vindicatio utilis verstattet wird, wovon unten §. fin. gehandelt werden soll.

Wann auch iemand mit fremden Geld in seinem Namen ein Ding kaufet, kan der Herr des Geldes das Ding nicht vindiciren, weil nicht gefragt wird, cujus pecunia, sondern cujus nomine das Ding oder Gut gekauft worden.

Jedoch sind gewisse Fälle, worin alsdann die rei vindicatio utilis verstattet wird, welche unten §. fin. angeführt werden.

§. 5.

Wann ein Ding oder Gut verschiedenen Personen verkauft worden, wird derjenige pro domino gehalten, welchem das Ding zuerst vere oder ficte tradiret worden; und dieser allein kan das Ding vindiciren, wann auch schon a) derselbe nichts darauf bezahlt, oder b) der Verkaufer nachher das Ding einem andern tradiret, und dieser das gantze Kauf-Pretium bezahlet hat.

§. 6.

Es wird nicht praecise erfordert, daß der Kläger zur Zeit der Litis Contestation das Eigenthum des Dinges, welches er vindiciren will, gehabt habe, sondern es ist genug, wann er solches tempore judicati acquiriret hat; massen der Besitzer alsdann demselben nicht mehr exceptionem non competentis dominii opponiren kan.

§. 7.

Wann aber der Besitzer negiret, daß der Kläger Dominus des Dinges sey, so muß dieser sein Eigenthum erweisen, und den Titulum, woher er solches erlanget, anführen.

Es wird aber nicht pro titulo gehalten, 1) wann iemand vorhin bloß im Besitz des Dinges gewesen, wann nicht zugleich causa possidendi angeführet wird. Es ist auch


(2-25) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. I.

2) kein zulänglicher Titul, wann er erweiset, daß ihm das Ding tradiret worden, wann er nicht zugleich darthut, daß diese Traditio aus einem rechtlichen Titul (ex causa dominii translative) geschehen sey; Am wenigsten aber hilft 3) der Titul, wann die Traditio gar nicht erfolget ist.

§. 8.

Es muß der Kläger ferner erweisen, daß auch derjenige, von welchem er das Gut oder Ding bekommen, solches ex justo titulo erlanget habe. Wann also der Testator ein Ding legiret, woran ein anderer einen Anspruch macht, kan der Legatarius solches nicht vindiciren, wann er das Eigenthum des Testatoris nicht erweiset.

§. 9.

Es ist aber nicht nöthig praecise den Titulum zu benennen, sondern es ist genug, wann der Kläger durch triftige Indicia und Praesumtiones erweiset, daß er oder seine Vorfahren von vielen Jahren her das Ding quaestionis als das Ihrige besessen haben.

Unterdessen ist dem Kläger dennoch anzurathen, den Titulum specifice anzuzeigen, und zu benennen; weil sich sonst zutragen könte, daß, wann er mit der generalen Benennung des Tituli abgewiesen wird, hernach aber einen Special-Titul erweisen wolte, er nicht weiter damit gehöret, sondern exceptione rei judicatae repelliret werden könte, weil unter der General-Benennung des Dominii alle Tituli begriffen sind.

Dahingegen derjenige, welcher einen Special-Titul allegiret, und durch Urthel und Recht abgewiesen wird, nachher ex alia causa, und aus einem neuen Titul, agiren kan.

§. 10.

Diese Rei vindicatio kan gegen niemand angestellet werden, als der das Ding besitzet; und ist genug, wann der Beklagte das Ding vor publicirter Sententz besitzet.

Es ist aber gleich viel, ob der Beklagte das Gut in seinem Namen (naturaliter) oder in eines andern Namen (civiliter) besitze; Dahero die Rei vindicatio auch gegen einen Pächter, Depositarium, Commodatarium &c. und gegen einen ieden Detentorem, der gar keinen Titul hat, statt findet.

§. 11.

Es werden aber auch pro possessoribus gehalten, I) welche das Ding oder Gut dolo, oder lata culpa, das ist, aus einer groben Ignorantz, veräussert, und sich dadurch des befürchtenden Anspruchs entschlagen wollen.

Ein anders ist, wann iemand bona fide ein fremdes Ding oder Gut alieniret.

§. 12.

Es werden auch II) die Erben pro possessoribus gehalten, nicht allein wann sie selber mala fide das ererbte Gut alieniret haben, sondern wann sie auch solches bona fide gethan, aber lis mit dem Defuncto schon contestiret worden.

§. 13.

Ferner und III) werden diejenigen pro possessoribus gehalten, welche sich wissentlich liti offeriren; wenn sie nemlich entweder das Ding gar nicht, oder in eines andern Namen besitzen, und dennoch litem contestiren.

Nach beschehener Litis-Contestation können sie nicht mehr, daß sie das Ding nicht besitzen, vorgeben, sondern sie müssen das Gut cum omni causa dem Kläger abtreten.

Wann der wahre Dominus pendente lite interveniret, muß der Besitzer dem Kläger alle verursachte Kosten erstatten: Wann er aber finita causa interveniret, muß dadurch die Executio nicht gehindert werden; und der Dominus muß alsdann mit dem Kläger und ietzigem Possessore sein Recht ausführen.

§. 14.

Wann der Beklagte negiret, daß er das Ding besitze, muß der Kläger solches erweisen; Wann der Beklagte überführet wird, daß er das Ding besitzet, muß er ohne weitern Proceß dem Kläger das Ding einliefern, und hiernächst sein Recht mit demselben separatim ausführen, zugleich auch den Beweis übernehmen.


(2-26) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. I.

§. 15.

Wann ein Eigenthümer gegen einen, der ein Ding in eines andern Namen besitzet, diese Action anstellet, so kan sich der Besitzer durch Benennung seines Auctoris von dem Proceß entledigen; und muß alsdann der Kläger seine Action gegen den Nominatum anstellen, wann auch schon der Besitzer ein anderes dingliches Recht daran hat, z. E. ein Jus servitutis, hypothecae &c.

Wann aber 1) derjenige, welcher nomine alieno besitzet, ein Dominium utile an dem Ding hat, und jure feudi, protimiseos &c. das Gut besitzet, wird er durch Benennung seines Auctoris nicht liberiret, sondern er muß litem contestiren: Wie dann auch, 2) wann der Besitzer einer Hypothec, Servitut &c. von einem andern wegen sothaner Gerechtsame in Anspruch genommen wird, derselbe sich nominatione auctoris nicht losmachen kan, sondern litem contestiren, und sein eigenes Recht defendiren muß.

In beyden Fällen aber kan der Besitzer seinem Auctori, von dem er causam hat, litem denunciiren.

§. 16.

Wann viele Herren des Guts sind, muß der beklagte Besitzer alle mit Namen und Zunamen, auch mit Anzeigung ihres Characters und Wohnung, benennen.

§. 17.

Diese Benennung aber muß vor der Litis-Contestation geschehen: Wann der Besitzer solches hernach thut, muß er dem Beklagten die verursachte Kosten erstatten: und wann er das Urthel abwartet, muß er entweder das Gut cum fructibus abtreten, oder, wann der Dominus sich alsdann meldet, die Aestimation bezahlen, und jura cessa von dem Kläger nehmen; weil er sich imputiren muß, daß er, da ihm frey gestanden sich durch Benennung seines Auctoris von der Klage zu entledigen, den Kläger amusiret, und in Kosten gesetzet hat.

§. 18.

Derjenige, welcher seinen Auctorem benennet, darf nicht erweisen, daß der Auctor Dominus sey, sondern bloß daß er causam von ihm habe, und in dessen Namen das Gut besitze.

§. 19.

Der Kläger muß den benannten Auctorem citiren, und mit ihm die Sache ausmachen. Im Fall er nicht erscheinet, und auch in dem zweyten Termino ausbleibt, muß der Besitzer dem Kläger das Gut abtreten, und der benannte Auctor, wann er Contumaciam purgiren will, muß solches in separato thun.

§. 20.

Wann der nominirte Auctor leugnet, daß er Dominus des Dinges sey, muß der Besitzer sofort das Gut cum fructibus perceptis & percipiendis dem Kläger einräumen.

§. 21.

Derjenige, welcher ein Ding oder Gut vindiciret, muß solches umständlich beschreiben: und 1) wann es ein unbeweglich Stück betrift, den Namen des Besitzers, die Hufen- oder Morgen-Zahl, die Lage (et)c. anzeigen. Wann die Stücke mit andern confundiret, und die Grentzen nicht angezeiget werden können, der Besitzer aber gleichwol die fremden Aecker besitzet, so muß durch eine Vermessung, sumtibus succumbentis, ausfündig gemacht werden, ob der Beklagte über die in seinem Lehn-Brief, Catastris &c. befindliche Hufen-Zahl ein mehrers besitze. Wann solches ausfündig gemacht wird, muß der Richter ex aequo & bono dem Kläger den fehlenden Acker, und zwar halb an gutem und halb an schlechtem Land, anweisen.

Wann 2) ein beweglich Gut vindiciret wird, muß dessen Qualitaet und Quantitaet mit allen Umständen beschrieben, und zwar bey einem Thier auch dessen Geschlecht, und Farbe; bey einem Gefäß auch die Species, ob sie von Gold, Silber (et)c. sey; bey Kleidern auch die Farbe, und die Qualitaet &c. bey gezehltem Gut auch die Anzahl; bey rohen Materien, auch die Art der Materie, das Gewicht (et)c. angezeiget werden.


(2-27) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. I.

Es muß auch 3) der Kläger anzeigen, ob er das gantze Gut oder nur einen Theil davon vindicire.

§. 22.

Es hat die Rei vindicatio auch gegen die Erben des Besitzers statt, in so weit sie das Gut besitzen. Vid. infr. §. 29.

Wann also unter vielen Erben nur einer das Gut besitzet, kan die Rei vindicatio gegen ihn allein angestellet werden.

§. 23.

Durch diese Action werden bloß die eintzele und cörperliche Dinge (res singulares & corporales) vindiciret, ohne Unterscheid, ob sie beweglich oder unbeweglich sind.

Es hat also die Rei vindicatio nicht statt, a) wann eine universitas jurium in Anspruch genommen wird, als eine Erbschaft, eine Heerde, oder anderes Corpus: b) in uncörperlichen Dingen, wann nemlich eine Gerechtigkeit in Anspruch genommen wird, weil dergleichen jura nicht possediret werden. Wann aber ein Ding, welchem dergleichen jura ankleben, vindiciret wird, folgen dieselben dem Dinge nach, weil dieses cum omni causa restituiret werden muß.

Es können auch c) nicht vindiciret werden dergleichen Dinge, welche ausser dem Gebrauch der Menschen (extra commercium) sind; noch d) diejenigen Dinge, welche eine andere Form und Gestalt (novam speciem) gewonnen. Vid. §. fin.

§. 24.

Der Effect dieser Action ist, daß der Besitzer dem Kläger und Eigenthümer das Ding cum omni causa restituiren müsse, worbey iedoch ein Unterscheid zu machen unter einem bonae und unter einem malae fidei possessore.

§. 25.

Ein bonae fidei possessor, welcher nicht anders weiß, als daß das Ding sein eigen, und er nach Gefallen davon zu disponiren befugt sey, muß dem Kläger restituiren

I. Das Ding selber mit allen Accessionen; als den hangenden und noch im Felde stehenden Früchten, dem Anwachs (et)c.

Wann er es veräussert hat, folglich solches nicht mehr besitzet, darf er den erhaltenen Werth dem Kläger nicht restituiren; wann er auch schon einen höhern Preis erhalten, als der Ankauf gekostet, sondern der Eigenthümer muß gegen den Besitzer agiren.

Wann aber der Kläger von dem Besitzer das Ding nicht erhalten kan, (vielleicht weil er es verloren) so erfordert die Billigkeit, daß derjenige, der das Gut veräussert, dasjenige, was er über seinen ausgelösten Kauf-Schilling erhalten, dem Kläger und Eigenthümer heraus gebe.

II. Muß der bonae fidei possessor dem Kläger die gehobenen Früchte und Nutzungen, (worunter auch der gefundene Schatz begriffen ist,) in so weit dieselben noch wircklich vorhanden sind, oder aus welchen der Besitzer locupletior worden, restituiren: keinesweges aber muß er die andern fructus perceptos, am wenigsten aber die percipiendos, welche er nemlich geniessen können, erstatten.

Es ist auch wegen dieser Früchte kein Unterscheid zu machen, ob sie naturales, civiles oder industriales sind: Massen der Besitzer alle diese Früchte, wann er sie verzehret hat, und nicht locupletior dadurch geworden, lucriret: Weil er in den rechtlichen Gedancken gestanden, daß er von seinen Früchten nach Gefallen disponiren können; daher die vernünftige Vermuthung ist, daß er dieselbe nicht würde verzehret haben, wann er geglaubet hätte, daß sie ihm nicht zugehören, und er solche künftig restituiren müsse.

Wann der Besitzer die Früchte, wodurch er locupletior gemacht worden, binnen der gesetzten Zeit usucapiret oder praescribiret hat, können auch diese von dem Besitzer nicht wieder gefordert werden.


(2-28) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. I.

Wann der bonae fidei possessor fremdes Geld auf Zinsen ausgethan, wird es mit den Zinsen, wie mit den Früchten, gehalten.

Derjenige, welcher diese Action anstellt, hat nicht nöthig in specie der Früchte (et)c. Meldung zu thun, sondern dieselben werden ipso jure mit in judicium deduciret; und der Richter ist schuldig darüber mit zu erkennen, es mag der Besitzer in bona oder mala fide seyn.

III. Es ist aber ein bonae fidei possessor nicht schuldig den Schaden und die deteriorationes, welche an dem Dinge oder Gut geschehen, zu restituiren, weil er geglaubt, daß es sein Gut sey, welches er zu negligiren und zu verderben befugt ist.

IV. Am wenigsten ist der bonae fidei possessor schuldig, wann das Ding casu verloren gegangen, dafür zu stehen, res enim perit domino.

§. 26.

V. Wann ein bonae fidei possessor Kosten auf das Ding, welches er restituiren soll, verwendet, so ist ein Unterscheid zu machen, ob die impensae nothwendig, (necessariae) oder nützlich, (utiles) oder üppig (voluptuariae) seyn.

Was 1) die impensas necessarias betrift, das ist, welche zur Conservation des Dinges verwandt werden, dieselben ist der Besitzer zu deduciren wohl befugt, wann sie auch schon nicht mehr vorhanden sind, und kan er sich dieserwegen des juris retentionis bedienen.

2) Die nützlichen, aber nicht nothwendigen Kosten, (impensas utiles) kan der Besitzer gleichfalls wieder fordern, wann die Melioration noch existiret. Es kan aber der Besitzer sich nicht des juris retentionis bedienen, sondern er muß separata actione gegen den Dominum agiren.

3) Diejenigen Kosten aber, welche der Besitzer bloß zu seinem Plaisir verwandt, und zur Zierde des Guts gemacht, (impensas voluptuarias) kan der Besitzer nicht deduciren, sondern es steht ihm bloß frey solche wegzunehmen, wann es ohne Beschädigung des Dinges geschehen kan. Wann also der Besitzer z. E. die Stuben bemahlen lassen, kan er die Mahlerey nicht auslöschen. Im übrigen ist nicht darauf zu reflectiren, ob das Gut etwa wegen dieser Melioration höher verkauft oder verpachtet werden könne.

Wolte der Kläger und Eigenthümer dergleichen impensas voluptuarias, (welche dem Besitzer wegzunehmen frey stehen) beybehalten, ist der Besitzer schuldig solche stehen zu lassen; und muß er sich mit dem Werth, was dergleichen Meliorationes, wann sie weggenommen werden, kosten würden, begnügen: welches durch artis peritos ausfündig gemacht werden muß.

Wann aber ein bonae fidei possessor, welcher mit Bewilligung des Eigenthümers ein Ding oder Gut besitzet, dergleichen impensas voluptuarias mit Consens des Eigenthümers verwendet, so hat er auch dieser Kosten halber das jus retentionis, und darf das Ding nicht eher restituiren, bis ihm die verwandte Kosten erstattet worden.

Wiewol diese Regul ihren Abfall hat, 1) wann der Eigenthümer keine Macht hat zu consentiren, als wann er minor ist. 2) Wann ein Ehemann mit Bewilligung seiner Ehefrau in re dotali dergleichen üppige Kosten verwendet hat: In welchem Fall der Ehemann, wann dos vindiciret wird, dergleichen Kosten weder deduciren, noch die Verbesserung wegnehmen kan.

Im Fall ein bonae fidei possessor ohne Abzug der Meliorationen das Gut dem Eigenthümer abtrit, kan er nachhero actione in factum, oder condictione sine causa dieselben zurück fordern, weil der Eigenthümer sich mit fremdem Gut nicht bereichern kan.

Wann der bonae fidei possessor in Anspruch genommen, und lis contestiret worden, hört er zwar auf bonae fidei possessor zu seyn, er kan aber ratione praeteriti bloß als ein bonae fidei possessor obligiret und angehalten werden.

Wenn per sententiam ein Liquidum in Ansehung der Früchte, Meliorationen und Kosten vestgesetzet (!) worden, kan die Restitutio des Dinges durch die eingewandte


(2-29) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. I.

Remedia nicht aufgeschoben, sondern denselben bloß quoad effectum devolutivum deferiret werden.

§. 27.

Ein malae fidei possessor, welcher wissentlich ein fremdes Ding oder Gut ohne des Eigenthümers Einwilligung besitzet, ist zu weit mehrerem verbunden.

Es wird aber pro malae fidei possessore gehalten 1) derjenige, welcher wissentlich, daß das Gut nicht sein eigen sey, solches veräussert, folglich das Ding nicht mehr besitzet.

2) Wann iemand, welcher bona fide ein fremdes Gut oder Ding besitzet, in Anspruch genommen, und Lis contestiret wird, so fängt er von der Zeit an, da lis contestiret worden, in mala fide zu seyn.

Wann er also zwar in Anspruch genommen, aber lis nicht contestiret wird, hört er dadurch nicht auf bonae fidei possessor zu seyn: und wann der Kläger nachher den Process reassumiret, und litis contestario erfolget, kan der Beklagte ratione praeteriti nicht pro malae fidei possessore gehalten werden.

3) Derjenige, welcher wissentlich ein fremdes Gut an sich kauft, wird pro malae fidei possessore gehalten, wann er auch schon solches sub hasta, oder auf öffentlichem Jahr-Marckt erkauft, oder declariret, daß er dem Eigenthümer solches restituiren wolle, daher er nicht einmal das ausgelegte Kauf-Pretium wieder fordern kan.

Es leidet aber diese Regul einen Abfall, 1) wann der Käufer das Ding, welches sonst würde verloren gegangen seyn, dadurch conserviert hat; als, wann iemand ein Ding, welches dem Eigenthümer geraubt, oder von dem Feind weggenommen worden, ankauft. 2) Wann das Kauf-Pretium in des Klägers Nutzen verwandt worden; oder 3) Wann der Kläger selbst zu Erhaltung des Dinges etwas hätte anwenden müssen, als wann z. E. der Käufer eines gestohlenen Pferdes zum Futter etwas ausgeleget hat (et)c.

§. 28.

Ein solcher malae fidei possessor ist schuldig, I) dem Kläger das Ding selber mit seinen Accessionen zu restituiren.

Wann er das Ding veräussert hat, ehe es von dem Eigenthümer in Anspruch genommen, und Lis contestiret worden, muß er dem Kläger den wahren Werth des Dinges erstatten, wozu dem Kläger Rei vindicatio utilis verstattet wird. Wann die Veräusserung nach der Litis Contestation geschehen, muß der Beklagte alles Interesse praestiren, welches der Dominus juramento in litem bestärcken kan: und wird in diesem Fall die rei vindicatio directa continuiret.

Ueberdem kan auch der Kläger den neuen Besitzer des Dinges belangen, und ohnerachtet er den Werth schon erhalten, das Ding selbst von diesem vindiciren.

II) Ist der malae fidei possessor schuldig, alle Früchte, nicht allein diejenigen, die noch wircklich vorhanden sind, sondern auch die er schon wircklich consumiret hat, item die er hauswirthlich hätte geniessen können, sie mögen naturales, civiles, oder industriales seyn, zu restituiren. Welches auch geschehen muß, wann er schon das Gut gekauft, oder unter einem andern titulo oneroso an sich gebracht hat. Es hat auch die Usucapion in dergleichen percipirten Früchten nicht statt.

Aus diesem Grunde muß er auch die Zinsen bezahlen, wann er wissentlich fremdes Geld an sich genommen, wann er auch schon dasselbe nicht auf Zinsen ausgethan hat.

Jedoch ist der malae fidei possessor befugt, die zur Conservation des Dinges verwendete, folglich die nothwendige Kosten (impensas necessarias) zu deduciren, zu welchem Ende ihm auch das jus retentionis zu statten kommt. Es wäre dann, daß er das Gut gestohlen, geraubt, oder sonst den Besitz auf eine gewaltsame Weise ergriffen hat. In welchem Fall er gar keine Kosten deduciren noch fordern kan.

Die nützlichen Kosten (impensas utiles) ist der malae fidei possessor zu deduciren nicht befugt, sondern es steht ihm bloß frey solche wegzunehmen, wann es ohne Schaden des Dinges geschehen kan.


(2-30) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. I.

Die bloß zur Ueppigkeit und zum Plaisir verwandte Kosten ist der Eigenthümer und Kläger zu erstatten nicht schuldig: und kan der malae fidei possessor solche weder deduciren, noch separata actione fordern, sondern es steht ihm bloß frey, solche zurück zu nehmen, wann es ohne Schaden des Dinges oder Guts geschehen kan.

Wann er solches unterlässet, und das Ding, ohne sich die Wegnehmung ausdrücklich vorzubehalten, dem Kläger tradiret, wird ihm auch dieses nicht weiter verstattet.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß ein ieder Besitzer, er mag ein bonae oder malae fidei possessor seyn, schuldig sey, von den gehobenen Früchten, (in so weit solche dem Kläger restituiret werden müssen) Rechnung abzulegen; folglich der Kläger befugt sey, solche mit den Meliorationen, welche der Besitzer fordern kan, zu compensiren, und nicht schuldig sey diese dem Besitzer zu erstatten, als in so weit dieselben die gehobene Nutzung übersteigen.

Ein anders ist, wann der Besitzer befugt gewesen die Früchte aus dem Dinge oder Gut zu geniessen; daher eine Ehefrau, welche nach geendigter Ehe den Dotem repetiret, die von dem Marito währender Ehe gehobene Früchte mit den von demselben beschehenen Meliorationen nicht compensiren kan; wie dann auch aus eben diesem Grunde der fideicommissarische Erbe dem haeredi fiduciario, welcher binnen der Zeit, da er zu restituiren noch nicht schuldig gewesen, Meliorationes gemacht, keine exceptionem compensationis, wegen der von ihm gehobenen Früchte, opponiren kan.

III) Wann der malae fidei possessor das Ding dolo vel lata culpa verdirbt, und demselben Schaden zufügt, muß er dem Kläger den Schaden und alles Interesse, praevio juramento in litem, ersetzen.

Wann das Ding levi culpa des Besitzers Schaden leidet, darf er nur den wahren Werth, (welchen der Kläger erweisen muß) erstatten.

Wann das Ding durch einen blossen Zufall beschädiget wird, kan der Besitzer zu keiner Ersetzung angehalten werden, es wäre dann, daß der Zufall nicht würde existiret seyn, wann der Besitzer das Ding gleich Anfangs seinem rechten Herrn restituiret hätte.

Wann aber der Besitzer durch einen Diebstahl, oder Raub, oder auf eine andere gewaltsame Art, das Ding oder Gut erlangt hätte, muß er allezeit den Casum praestiren, und alles Interesse, praevio juramento in litem, dem Kläger erstatten.

IV) Wann das Ding oder Gut bey dem malae fidei possessore gar verloren gehet, wird es eben so gehalten.

§. 29.

Wann der malae fidei possessor verstorben, und das Ding oder Gut auf dessen Erben kommt, so sind dieselben, wann sie gleichfalls in mala fide sind, eben so wie ihr Erblasser verbunden.

Wann aber der Erbe in bona fide ist, so muß ein Unterscheid gemacht werden, ob mit dem Verstorbenen malae fidei possossore lis contestiret worden, oder nicht. In dem ersten Fall wird der in bona fide seyende Erbe eben wie der Erblasser (weil durch die Litis-Contestation mit demselben quasi contrahiret worden) obligiret. Jedoch mit dem Unterscheid, daß gegen dergleichen Erben nicht in litem geschworen werde. In dem andern Fall kan der Erbe nicht weiter angehalten werden, als dasjenige zu erstatten, worinn er facto defuncti locupletior worden.

Wann der verstorbene malae fidei possessor, nachdem Lis contestiret worden, das Gut veräussert, ist der Erbe, wann er schon in bona fide ist, in solidum verbunden: Wann Lis mit dem Defuncto noch nicht contestiret gewesen, ist der Erbe nicht weiter, als in so weit er durch die Veräusserung seines Erblassers locupletior worden, gehalten.

Im Fall der Erbe selbst das angeerbte Gut veräussert, so kan er, wann er in bona fide ist, gar nicht durch diese Action belanget werden: wann er aber in mala fide ist, oder Lis mit ihm contestiret worden, wird gegen ihn, wie gegen einen ieden malae fidei possessorem, verfahren.

§. 30.

Die Rei vindicatio utilis (vid. supr. §. 4.) gründet sich nicht in dem Dominio


(2-31) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. I.

directo, sondern in solchen Dominiis, welche durch die Civil-Gesetze darzu declariret sind, und dieserwegen actionem realem mit sich führen.

Hierunter gehören 1) die Dominia utilia, oder das Eigenthum, welches die Gesetze dem Superficiario, Emphiteuticario, Vasallo, wie auch dem Cessionario, wann er proprio nomine agiret, gegeben haben.

2) Die Dominia ficta: wann nemlich die Debitores in fraudem Creditorum etwas von ihrem Vermögen veräussern: oder wann ein non dominus, der in conditione usucapiendi ist, die Possession verlieret: In beyden Fällen wird fingiret, als ob die Debitores, oder der non dominus, Eigenthümer seyn; daher dieselbe actionem realem erlangen, welche aber nicht rei vindicatio utilis, sondern von ihren Auctoribus, in dem ersten Fall actio Pauliana, in dem letzten Fall aber Publiciana in rem actio genannt werden.

3) Das Dominium civile, welches der Maritus in dem Braut-Schatz, in so weit er in immobilius bestehet, erlanget.

4) Diejenigen Dominia, welche aus einer besondern Billigkeit und aequität durch die Civil-Gesetze effectum dominii erhalten: als a) Wann ein Vormund oder Curator, oder ein Administrator der geistlichen Stiftungen und der Kirchen, oder die Administratores der Städte-Cassen, etwas nomine proprio mit der Unmündigen, Minderjährigen, geistlichen Stiftern, und der Städte Geld kaufen. Welches auch b) ratione der in Diensten stehenden Soldaten statt hat, wann ein Tertius mit deren Geld in seinem eigenen Namen etwas acquiriret. c) Wann ein Maritus mit dem Gelde, welches die Frau ihm geschenckt hat, etwas kauft, nachhero aber ausser den Stand gesetzet wird den Braut-Schatz zu restituiren. In diesem Fall wird die Frau in subsidium pro domina des mit ihrem Gelde erkauften Guts gehalten, folglich kan sie, wann es noch bey ihm existiret, solches rei vindicatione utili vindiciren. d) Andere Casus werden in dem Cod. Frid. Part. IV. pag. 292. §. 44. angeführet. e) Ausser diesen specifice benannten Fällen soll weiter kein Dominium, folglich auch keine Rei vindicatio utilis, statt haben.

§. 31.

Derjenige, welcher rei vindicationem utilem anstellen will, darf nicht das Dominium, sondern nur dasjenige erweisen, woraus ihm das praetendirte Recht zusteht; Daher in Publiciana erwiesen werden muß, daß die alienatio in fraudem creditorum geschehen sey; der Cessionarius muß erweisen, daß ihm das Ding cediret sey; der Emphyteuticarius, daß ihm das Erbzinsrecht verschrieben und tradiret sey (et)c.

§. 32.

Im übrigen hat in Ansehung der rei vindicationis utilis alles dasjenige statt, was in directa wegen Restitution des Dinges, der Früchte, und der Meliorationen (et)c. auch was insonderheit wegen Obligation der Erben vorhin verordnet worden.

§. 33.

Wann dem Kläger durch Urthel und Recht das Eigenthum zuerkannt worden, muß ihm das Gut mit allen Pertinentzien sofort eingeräumt, und ihm allenfalls durch die Execution, nach Anleitung des Codicis Fridericiani, darzu verholfen werden.

Wann das Eigenthum in re mobili bestehet, muß ihm das Ding in loco judicii tradiret, und, wann das Gut an einem andern Ort befindlich, auf Kosten des Beklagten, wann dieser es verlanget, dahin gebracht werden.

Wann ein unbeweglich Gut restituiret werden soll, verstehet sichs von selbsten, daß solches in loco rei sitae geschehen müsse.

§. 34.

Wann der Besitzer das Gut nicht restituiren will, muß dem Eigenthümer der Werth, praevio juramento in litem, erstattet, oder er mit gestärckter Hand in die Possession gesetzt werden.


(2-32) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. II.

Art. II.

Von der Actione ad exhibendum.

§. 35.

Es ist in dem vorigen Titul zum Grunde gesetzet worden, daß die rei vindicatio bloß gegen den Besitzer eines fremden Guts statt habe, folglich der Kläger beweisen müsse, daß der Beklagte das Ding besitze.

§. 36.

Weil es sich nun zutragen kan, daß der Kläger keine Gewißheit habe, ob derjenige, gegen welchen er seine Klage anstellen will, das Ding besitze, iedoch vernünftige Muthmassung darzu hat; so wollen Wir ihm eine Action verstatten, wodurch der Eigenthümer den vermuthlichen Besitzer des Dinges anhalten kan, daß er solches, wann es bey ihm vorhanden, produciren, und dem Kläger öffentlich und gerichtlich ad inspiciendum vorlegen müsse, damit er es ansehen, greifen, fühlen, und aus dessen Inspection ersehen könne, ob das Ding oder Gut das seinige, folglich er solches zu vindiciren befugt sey, welche actio ad exhibendum genannt wird, und personalis ist.

§. 37.

Es wird aber nicht allein in genere erfordert, daß der Kläger ein Interesse dabey habe, sondern daß er wegen seines eigenen und besondern Interesse die Exhibition suche: daher diese Action nicht statt hat, wann die Exhibition eines freyen Menschen gesucht wird, weil der Actor nicht peculiariter darbey interessiret ist.

§. 38.

Es ist auch nicht genug, daß der Kläger sein Interesse bey dem Anfang der Klage habe, sondern es muß solches auch zur Zeit des Urthels darunter versiren.

§. 39.

Es wird diese Action nicht allein denenjenigen gegeben, welche ein jus reale haben, sondern auch denen, welche eine Personal-Action ad rem petendam, oder ein Interdictum restitutorium vel prohibitorium haben, weil auch diesen daran gelegen, daß ihnen das Ding oder Gut, welches sie prosequiren, oder wovon sie die Possession erlangen wollen, vorgezeiget werde.

Denenjenigen, welche ex interdicto exhibitorio agiren können, wird die Actio ad exhibendum nicht gestattet, weil durch dieses Interdictum selbst die Exhibitio erlangt werden kan, und daher es dieser Action nicht bedarf.

§. 40.

Es können auch diejenigen, die kein jus vindicandi, gleichwol sonst ein Interesse an dem Ding und Gut haben, die Inspection verlangen: es wird aber zu dem Ende nicht die Actio ad exhibendum directa, sondern nur utilis, oder actio in factum gegeben. Wann also z. E. iemanden ein Ding oder Gut legiret wird, welches der Cajus wehlen würde, so kan der Legatarius ad exhibendum agiren, und den Cajum dadurch in den Stand setzen, daß er wehlen könne, ob er gleich dasjenige, was der Cajus wehlen wird, noch nicht vindiciren kan.

§. 41.

Der Kläger muß sein Interesse erweisen, und der Richter darüber, an intersit, erkennen. Es darf aber der Beweis nur summariter, und das Interesse, wann keine andere Bescheinigung vorhanden, eidlich bestärcket werden: weil dem Beklagten, wann er auch schon zur Exhibition condemniret wird, und sich bey der Exhibition findet, daß der Kläger kein Recht daran habe, kein Schade dadurch zugezogen wird,


(2-33) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. II.

der Richter auch allenfalls die Exceptiones, welche altioris indaginis sind, mit zur Ausführung der Haupt-Sache verweisen kan und muß.

§. 42.

Es ist also die Actio ad exhibendum nur eine Actio praeparatoria, weil von der Exhibitione des Dinges oder Guts dependiret, ob der Kläger solches vindiciren und gerichtlich verfolgen könne:

Woraus dann folget, 1) daß die Rei vindicatio mit dieser Actione ad exhibendum cumuliret werden könne. Und daß 2) der Procurator, welcher zur Hauptsache legitimiret ist, auch diese Action anstellen könne.

§. 43.

Es hat diese Action gegen diejenigen statt, welche das Ding oder Gut, so exhibiret werden soll, entweder vor sich, oder in eines andern Namen besitzen, (daher diese Action, ob sie schon personalis ist, in rem scripta genannt wird,) und dasselbe exhibiren können; Und ist genug, wann sie solches tempore Judicati zu thun im Stande sind.

§. 44.

Wann der Besitzer, um die Exhibition zu vermeiden, folglich dolose, das Ding oder Gut abseiten bringt, ist er schuldig dem Kläger alles Interesse (welches dieser juramento in litem erhalten kan) zu erstatten.

Wann er bona fide das Ding ante litem contestatam zu besitzen aufhöret, hat diese Actio nicht statt: Eben so wenig als wann nach der Litis-Contestation die Sache durch einen blossen Zufall (casu) verloren gehet: es wäre dann, daß das Gut, wann es gleich nach angestellter Action wäre exhibiret und abgegeben worden, bey dem Kläger dergleichen Zufall nicht würde erlitten haben.

§. 45.

Es hat diese Action auch gegen die Erben statt, in so weit dieselben das zu exhibirende Ding besitzen; Sie sind aber, wann der Verstorbene vor der Litis-Contestation sich dolose des Besitzes entlediget, nicht weiter gehalten, als wann sie dadurch sich bereichert haben: z. E. wann der Verstorbene das Gut verkauft, folglich die Erbschaft locupletior geworden.

§. 46.

Die Actio ad exhibendum hat nur statt in den beweglichen Dingen, worunter auch die Testamenta, Codicilli, Instrumenta, und andere briefliche Urkunden gehören.

§. 47.

Es müssen auch diejenigen Dinge exhibiret werden, welche per specificationem, accessionem &c. mit einem andern und fremden Dingen vermengt oder vermischt sind, folglich wo der Kläger sein Dominium auf gewisse Art verloren hat; und zwar zu dem Ende, damit des Klägers Ding oder Gut von dem fremden Dinge (wann es seyn kan) separiret, und er in den Stand gesetzt werden solches zu vindiciren.

Es werden aber die Materialien, welche einem Gebäude eingemauret sind, davon ausgenommen.

§. 48.

Die Exhibition muß an dem Orte geschehen, wo das Ding, welches exhibiret werden soll, zur Zeit, da die Actio angestellet wird, sich findet, und muß die Exhibition auf des Klägers Gefahr und Kosten geschehen.

Wolte aber der Kläger, daß das Gut an einem andern Ort exhibiret und dahin transferiret werde, so muß solches gleichfalls auf des Klägers Kosten und Gefahr (wann nemlich das Ding dadurch deterioriret werden oder gar verloren gehen möchte,) geschehen.

§. 49.

In unbeweglichen Dingen hat die Actio ad exhibendum nicht statt, weil dergleichen Dinge dem Kläger vor Augen liegen.


(2-34) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. II. & III.

Weil sich aber zutragen kan, daß iemand einige Aecker vindiciren will, welche unter andern Aeckern des Besitzers versteckt seyn sollen, folglich deren Lage der Kläger nicht wissen noch anweisen kan: so ist ein Unterschied zu machen, ob der Besitzer negire, daß er dergleichen Aecker unter seiner Feldfluhr habe; in diesem Fall muß der Kläger sein Assertum gehörig erweisen, und kan sich der Beklagte, wann der Kläger sein Vorgeben einiger massen bescheiniget, nicht entbrechen, diesem seine Urbaria und andere Documenta vorzulegen. Wann der Besitzer geständig ist, daß unter seiner Feldfluhr dergleichen Aecker stecken, so wird alsdann, wie oben in dem Titul de rei vindicatione verordnet worden, verfahren.

§. 50.

Der Effect dieser Action gehet bloß dahin, daß der Beklagte das Ding exhibiren, nicht aber restituiren müsse. Es wäre dann, daß der Besitzer die rei vindicationem nicht abwarten wolte, sondern nach erfolgter condemnatoria sich zur Restitution offerirte.

Wann der Kläger zur Exhibition condemniret worden, muß er das Ding in dem Stande exhibiren, wie es zur Zeit der angestellten Action gewesen; Daher, wann währendem Proceß über der Exhibition das Ding verjähret worden, solches dem Kläger nicht schaden kan.

Wann der Besitzer vorgiebt, daß das Ding, welches er exhibiren soll, nicht bey der Hand sey, und solches jurato erhärtet, muß demselben ein räumlicher Terminus darzu verstattet werden. Wann aber die Exhibitio in dem Termino nicht geschicht, wird das Ding für exhibiret, und er pro possessore gehalten, folglich kan die rei vindicatio gegen ihn angestellet werden.

Wann der Besitzer negiret, daß er das Ding besitze, und dessen nachher überführt wird, oder wann er, nachdem er zur Exhibition condemniret worden, dasselbe zu exhibiren sich weigert, kan er so fort als Possessor zur Restitution des Dinges cum omni Causa angehalten werden, und hat gegen denselben das Juramentum in litem statt.

§. 51.

Wann der Kläger einmal mit seiner Klage abgewiesen worden, kan er ex eadem causa nicht zum zweytenmal ad exhibendum agiren; Es wäre dann, daß neue Umstände sich hervorthäten, welche der Action Platz geben können.

§. 52.

Wann in der Actione ad exhibendum in litem geschworen wird, folglich der Kläger sein völliges Interesse erhalten, kan die rei vindicatio nicht angestellet werden.

Art. III.

Was dem Eigenthümer, welcher mit einem andern in Gemeinschaft stehet, und solche aufheben will, für eine Action zustehe.

(De actione communi dividundo.)

§. 53.

Wann verschiedene Herren eines Particulier-Dings oder Guts sind, kan keiner ohne des andern Willen etwas bey dergleichen Dingen thun oder veranlassen: und ist die Regul bekant, quod in causa communi melior sit conditio prohibentis.


(2-35) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. III.

§. 54.

Die natürliche Ursache hievon ist, daß alle Particuln dergleichen gemeinschaftlichen Dinges gemein sind, folglich derjenige, welcher über den geringsten Theil desselben etwas veranlasset, von einem Dinge disponiren würde, welches zugleich einem andern zugehöret.

Daher auch nicht einmal die Form eines solchen gemeinschaftlichen Dinges (species) wider des andern Willen geändert werden kan.

Es haben auch die Majora nicht statt, wann mehr als zwey Condomini sind, sondern des einen Contradiction sistiret die gantze von den anderen resolvirte Aenderung.

§. 55.

Es hat aber diese Regul folgende Abfälle: 1) Wann eine nothwendige Reparation an dem gemeinschaftlichen Dinge erfordert wird; solchenfalls kan der andere durch richterliche Autoritaet angehalten werden, zur Reparatur seinen Antheil herzugeben.

2) Wann der eine das gemeinschaftliche Ding zu demjenigen Gebrauch nutzet, worzu es eigentlich destiniret ist, kan der andere sothanen Gebrauch nicht hindern, noch verbieten. Daher dem erstern die Interdicta, uti possidetis de vi &c. zustehen.

3) Wann der eine etwas veranlasset, welches dem andern nicht schadet, vielmehr zum Zierath oder offenbaren Nutzen des Dinges gereichet, als wann er das gemeinschaftliche Haus mahlen lässet (et)c.

4) In genere, wann dem Publico daran gelegen, daß dasjenige, was der andere verboten, veranlasset werde.

5) Wann der Dominus in re communi etwas veranlasset, wovon der andere Wissenschaft hat, und darzu schweiget, ist dieser nicht befugt den Condominum anzuhalten, daß er die Sache in den vorigen Stand setzen solle.

Ein anders ist, wann der Condominus abwesend gewesen, oder sonst von der Veränderung nichts gewußt hat. In diesem Fall muß die gantze Aenderung aufgehoben werden.

6) Wann einer, ohne der Communion zu schaden, oder die Form zu ändern, etwas veranlasset, als z. E. seinen Theil pro indiviso alieniret, kan der andere solches nicht hindern.

§. 56.

Es kan diese Inhibition, etwas in re communi zu ändern, entweder per implorationem officii judicis, oder interdicto uti possidetis, geschehen; Sie muß aber ante litem contestatam interponiret werden: Dann wann die actio communi dividundo einmal angestellet ist, hat keine prohibitio statt, sondern es muß der Ausgang des Processes abgewartet werden.

§. 57.

Weil es aber hart seyn würde, wann der Dominus eines dergleichen gemeinschaftlichen Dinges ewig in der Communion (welche eine Quelle von Mißhelligkeiten, Feindschaft und Processen ist,) verharren müste, und dadurch ausser den Stand gesetzet würde, seinen Antheil zu verbessern, (et)c. So stehet einem ieden frey auf die Theilung zu provociren. Welche actio communi dividundo genannt wird.

§. 58.

Die Actio communi dividundo ist entweder directa, oder utilis.

Actio directa wird denenjenigen verstattet, welche wahre Eigenthümer (veri domini) sind, worunter auch diejenigen gehören, die per usucapionem oder ex legatis das Eigenthum erlangt haben.

Die Actio utilis aber wird denenjenigen gegeben, welche Condomini utiles sind, oder ein anderes dingliches Recht in Gemeinschaft besitzen. Folglich


(2-36) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. III.

a) Dem Domino emphyteuticario: welchenfalls aber das Gut nicht nach dem Acker, (pro regione) sondern bloß die Praestation des Canonis getheilet werden kan.

b) Dem Vasallo, wann schon der Dominus in die Theilung nicht consentiret.

c) Dem Superficiario, wann er zur Theilung der Oberfläche provociret.

d) Demjenigen, der Publiciana in rem actione die verlorne Possession pro sua rata vindiciret.

Ferner und e) denenjenigen, welche gemeinschaftlich einen Usumfructum: oder

f) Ein gemeinschaftliches Pfand besitzen, oder

g) Ein Jus pascendi &c. in Gemeinschaft haben.

h) Weil die Immissio eines Creditoris allen Creditoren zu statten kommt, so kan ein ieder Creditor ad divisionem des Guts, worein die Immissio geschehen, agiren.

i) Wann das gemeinschaftliche Ding verloren gehet, und einer expensas darin gemacht, oder ein anderer Schaden darin verursachet hat, kan der Condominus aus dieser Action agiren.

§. 59.

Die Actio communi dividundo directa wird also allen denenjenigen verstattet, welche ein wahres Eigenthum (verum dominium) gemeinschaftlich besitzen, facultatem disponendi haben, und in der Communion nicht länger bleiben wollen.

Es können daher keine Pupillen, Minores, Rasende, oder andere, welche keine facultatem disponendi haben, zur Theilung provociren, wann schon der Vormund seine Einwilligung darzu giebt, sondern die Vormünder müssen allein darum Ansuchung thun, und der Curator das Petitum mit unterschreiben, die Theilung aber kan alsdann nicht als cum causae cognitione & praevio decreto de alienando geschehen.

Die Minderjährige, und welche veniam aetatis impetriret haben, oder die Edelleute, welche nach Unserer Declaration im 20. Jahr für majorenn gehalten werden, können gleichfalls nicht ad divisionem provociren als mit Consens des Curatoris, und nach vorhergehendem Decreto de alienando.

§. 60.

Es wird diese Actio gegen alle diejenigen verstattet, welche mit dem Actore ein gemeinschaftliches Eigenthum haben. Wann auch schon der beklagte Condominus ein Pupill, Furiosus, Minor, oder sonst nicht im Stande ist von seinem Vermögen zu disponiren.

Wann ein Major zur Division provociret, ist nicht einmal ein Decretum de alienando nöthig.

Es kan auch der Condominus sich der Theilung nicht widersetzen, wann schon a) beyde Theile das Gegentheil pacisciret, und b) solches durch einen Eid bekräftiget, oder c) dreyßig und mehr Jahre in communione gestanden haben.

Worbey zu mercken ist, daß, wann beyde Theile zur Theilung provociren, derjenige pro actore gehalten werde, der zuerst die Theilungs-Klage angestellet.

§. 61.

Durch diese Actionem directam kan bloß die Theilung der Particulier-Dinge (folglich weder haereditas noch rei haereditariae) gesucht werden, und ist kein Unterscheid zu machen, ob das Ding beweglich oder unbeweglich sey.

Es hat auch diese Actio statt, wann der Actor nicht, sondern bloß der Condominus in der Possession des gemeinschaftlichen Dinges ist: oder wann dieser das gantze Ding verkauft hat, weil er wegen seiner malae fidei pro possessore gehalten wird: wiewol auch der Actor seinen Antheil von dem Käufer selbst vindiciren kan, welchenfalls er aber das nähere Recht ratione des andern Theils zu praetendiren nicht befugt.

§. 62.

Es hat diese Actio nicht statt, wann durch die Theilung dem Condomino sein Dominium entweder verschlimmert, oder gar inutil gemacht würde; Wann also z. E.


(2-37) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. III.

zwey Häuser einen gemeinschaftlichen Eingang haben, und der Herr des einen Hauses auf die Theilung des Einganges provociren wolte, so würde keiner von beyden das Eingangsrecht gebrauchen können.

§. 63.

Es hat auch diese Actio nicht statt, wann ein Ding nicht jure dominii, sondern ex obligatione personali gemein ist, als z. E. wann zweyen Personen etwas auszurichten zugleich befohlen wird; wann zweyen Personen zugleich ein Depositum anvertrauet wird; wann zwey in solidum einen Wechsel oder Obligation ausstellen; oder wann zwey Besitzer dasselbe Ding mala fide possediren (et)c. In allen diesen Fällen hat keine Theilung statt, sondern ein ieder bleibt in solidum obligiret.

§. 64.

Der Effect von dieser Actione directa ist, daß durch dieselbe die Communio des Eigenthums aufgehoben, das Ding getheilet, und einem ieden sein Antheil angewiesen wird.

Ausser dem Eigenthum müssen auch zur Theilung kommen alle praestationes personales, &c. als alle von dem einen Condomino gehobene Nutzungen und Früchte; alle von dem einen zum Besten des gemeinschaftlichen Dinges verwandte Kosten; und endlich alle Schäden, welche dolo vel culpa levi des einen oder andern Theils verursachet worden.

§. 65.

Actio communi dividundo utilis wird denenjenigen gegeben, welche, ausser dem Eigenthum, ein anderes dingliches Recht in Gemeinschaft haben.

§. 66.

In dieser Actione utili hat alles dasjenige statt, was in der Actione directa vorher verordnet worden.

Beyde Actiones sind mixtae, nemlich sie gehören einestheils zu den dinglichen Rechten, (ad jus in re) in soweit nemlich das Eigenthum oder ein ander dingliches Recht getheilet wird. Anderntheils gehören sie zu den Personal-Obligationen, in soweit nemlich die praestationes personales, meliorationes, Schäden und Kosten getheilt werden; Und diese obligatio personalis rühret ex quasi contractu her, weil niemand mit eines andern Schaden sich bereichern kan.

§. 67.

Die Actio communi dividundo kan öfters angestellet werden; wann nemlich noch andere gemeine Dinge zu theilen übrig sind. Und darinnen differiret diese Actio von der Actione familiae erciscundae.

§. 68.

Wann einer von beyden Theilen durch die Theilung laediret wird, kan diese nicht rescindiret werden, als wenn er über die Hälfte des wahren Werths laediret ist; weil unzählige Processe daher entstehen würden, wann wegen einer ieden Ungleichheit die Theilung aufgehoben werden könte.

Es hat also hier alles statt, was Wir in dem Titul de rescindenda venditione verordnet haben; insonderheit aber, daß dem Beklagten frey stehe das Pretium zu suppliren.

Im übrigen kan die Rescission der Theilung auch durch die Actionem communi dividundo gesucht werden.

§. 69.

Wann die Parteyen sich wegen der Theilung nicht vereinigen können, müssen sie auf des Richters Arbitrium provociren, welcher alle Mittel anwenden muß, beyde Theile zu vergnügen, und sie in Güte aus einander zu setzen.


(2-38) Part. II. Lib. II. Tit. IV. Art. III.

1) Im Fall die Güte nicht verfangen will, gehöret ad officium judicis, daß er, wann viele Dinge zu theilen sind, einem ein Ding, und dem andern das andere zutheilen müsse.

2) Er kan auch, wann ein Gut getheilet werden soll, iedem einen Theil davon assigniren, wann sonst die Theilung füglich geschehen kan.

3) In beyden Fällen muß derjenige, welcher mehr am Werth erhalten, dem andern so viel am Geld herausgeben.

4) Wann das Gut nicht füglich getheilet werden kan, muß einem das Gut allein übergeben, der andere aber mit Geld oder sonst befriediget werden.

5) Wann die Parteyen unter sich wegen des Preises sich nicht vereinigen können, muß das Gut subhastiret werden; welchenfalls das Kauf-Pretium unter beyde pro rata getheilet wird; und können die Condomini kein näher Recht oder jus reluendi, derjenige aber, welcher majorem partem hat, keine Praeferentz praetendiren.

6) Es kan auch der Richter die Theilung dem Sorti überlassen, wann alle Interessenten damit einige sind.

7) Wann zweyen in solidum ein Ding verpfändet worden, geschiehet die Theilung nicht nach dem Werth des Pfandes, sondern nach Proportion der Schuld.

8) Wann das Pfand einem von den Creditoren zugetheilet worden, wird der Debitor dadurch nicht verhindert das Pfand durch die Bezahlung von demselben zu lösen.

9) Um aber die Theilung mit rechtem Grund vorzunehmen, muß der Richter ein accurates Inventarium von allen zu theilenden Sachen verfertigen, und den Werth davon durch beeidigte Taxatores aufnehmen, welcher nach der Qualitaet und Bonitaet des Dinges oder Guts determiniret werden muß.

§. 70.

Es höret die Actio communi dividundo nicht auf, wann schon die Communion 30. und mehr Jahre bestanden, und wann auch schon der eine auf die Theilung ehemals provociret, aber auf des Condomini Contradiction davon abgestanden, und seit dem 30. Jahre abgelaufen sind.

Tit. V.

Wie das Eigenthum (Dominium) nach den natürlichen Rechten erlanget werde.

(De modis acquirendi dominii jure gentium.)

§. 1.

Das Eigenthum kan nach den natürlichen Rechten erlangt und acquiriret werden:

1) Durch die Ergreifung eines Dinges, das keinen Herrn hat. (per occupationem rei nullius) Worzu auch gehöret,

2) Wann iemand aus einer fremden Materie eine neue Speciem oder Gestalt formiret, welche nicht wieder in die vorige Form resolviret werden kan. (per specificationem) Item

3) Wann iemand aus seiner eigenen und eines dritten Materie (sie mögen solidae oder liquidae seyn) dergleichen neue Speciem verfertiget, welche die vorige Form nicht wieder erlangen kan. (per commixtionem & confusionem) Ferner und


(2-39) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. I.

4) Wann iemand seiner rei praevalentiori etwas beyfüget, welches minus valens ist. (jure accessionis) Wohin auch gehöret, wann ein aedificium auf einem fremden Grund gebauet wird; item wann iemand auf einer fremden Tafel eine künstliche Schrift verfertiget, oder auf einer fremden Leinwand ein kostbar Gemählde mahlet.

5) Wann iemand auf eines andern Grund etwas pflantzet oder säet. (jure plantae & seminis)

6) Wann Beute von Unsern Feinden gemacht wird. (per occupationem rei hostilis)

7) Durch den Anwachs, (per alluvionem) wo zugleich von der Crusta, von den Insuln, und dem deserirten Ufer (alveo deserto) gehandelt wird.

8) Wann iemand von einem fremden Baum Früchte abbricht, oder Korn auf seines Nachbarn Feld abmehet. (perceptione fructuum ex re aliena)

9) Wann mein Vieh aus dem Saamen eines fremden Viehes trächtig wird. (jure ventris)

10) Wann iemand einem andern ein Ding oder Gut aus einem eigenthümlichen Titul (ex titulo dominii translativo) einliefert und tradiret.

11) Wann iemanden eine Erbschaft ab intestato deseriret wird.

Diese modi acquirendi dominii jure gentium sollen in den folgenden Articuln abgehandelt werden.

Art. I.

Von der Acquisition des Eigenthums per occupationem rei nullius.

§. 2.

Der erste Modus, das Eigenthum nach den natürlichen Rechten (jure gentium) zu erlangen und zu acquiriren, ist die occupatio rei nullius, wann nemlich iemand durch Ergreifung eines Dinges, das keinen Herrn hat, dasselbe in seine Gewalt und Gewahrsam bringet, mit der Intention, das Eigenthum davon zu acquiriren.

§. 3.

Es wird also I. erfordert, daß das Ding keinen Herrn habe, und res nullius sey.

Nach den natürlichen Rechten (jure gentium) hat ein ieder Mensch die Macht gehabt, dergleichen Dinge zu occupiren, und sich das Eigenthum dadurch zu erwerben.

Weil aber, nach der Verfassung des Teutschen Reichs und anderer Völcker, dergleichen Dinge, die keinen Herrn haben, zu den Regalien gezogen werden, so kan sich niemand in Unsern Landen deren anmassen, es wäre dann, daß Wir ihn mit dergleichen Regalien beliehen hätten.

Es kan also niemand in Unsern Wäldern jagen, in Unsern Wässern und Flüssen fischen, bona vacantia an sich nehmen (et)c. sondern er wird, wann er solches ohne Unsere Einwilligung thut, und es nicht anzeiget, als ein Dieb angesehen und bestraft.

Welches Recht gleichfalls denenjenigen zustehet, welchen Wir sothane Regalien verliehen haben.

§. 4.

Es sind aber noch einige Dinge übrig geblieben, welche auch nach der heutigen Verfassung res nullius sind, und daher von einem ieden, der zuerst die Possession davon ergreifet, acquiriret werden können.


(2-40) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. I.

§. 5.

Hierunter gehöret Erstlich der Schatz: (Thesaurus) Wir verstehen durch einen Schatz, Geld oder andere Kostbarkeiten, welche von alten Zeiten her vergraben oder eingemauret worden, und deren Eigenthümer unbekannt ist.

Wann 1) iemand einen Schatz auf seinem Grund und Boden findet, erlanget er das Eigenthum davon allein.

2) Wann er auf eines Fremden Grund und Boden dergleichen findet, und der Fundus einem Privato zugehöret, bekommt er nur die Hälfte, die andere Hälfte bekommt der Eigenthümer: Wann es aber ein Fundus publicus ist, gehöret die andere Hälfte dem Fisco.

Wann 3) der Finder nicht von ohngefähr den Schatz entdecket, sondern heimlich an einem fremden Ort darnach gesucht oder gegraben hat, fällt dessen Hälfte gleichfalls dem Fisco anheim. Daß aber durch verbotene Kunst ein Schatz gefunden werden könne, ist ein Aberglaube, daher die in den vorigen Rechten darauf gesetzte Strafe cessiret.

4) Derjenige, welcher den Schatz an einem fremden Ort gefunden, kan actione ad exhibendum von dem Eigenthümer oder dem Fisco angehalten werden, daß er den Schatz vorzeige, quo facto der Eigenthümer des Orts per rei vindicationem den Schatz fordern kan.

5) Wann der Finder leugnet, daß er einen Schatz gefunden, oder behauptet, daß er nicht mehr, als was er angegeben, gefunden, und gleichwol schwere Indicia vorhanden, daß er einen Schatz, oder ein mehreres, als er angegeben, gefunden, muß er sich, wann kein anderer Beweis vorhanden, juramento purgiren.

Ferner und Zweytens sind die Bienen-Schwärme, wann sie von dem Herrn der Bienen noch nicht occupiret worden, noch heut zu Tage solche res nullius, welche demjenigen, der solche occupiret, eigenthümlich acquiriret werden.

Drittens wann in der Stadt oder auf dem Lande Tauben sich in einem fremden Taubenschlag einfinden, und der Eigenthümer derselben unbekannt ist, acquiriret dieser jure occupationis die gefangene Tauben.

Not. Wann fremde Tauben auf dem Felde Schaden thun, können dieselbe von dem Herrn des Ackers getödtet werden, wann schon der Eigenthümer bekannt ist.

Viertens wann iemand aus einer fremden Materie in seinem Namen eine neue Speciem verfertiget, welche nicht wieder in die vorige Gestalt gebracht werden kan, so ist diese neue Species res nullius, und der Verfertiger acquiriret jure occupationis das Eigenthum davon. Vid. Art. seq. Auf welches Principium sich auch die adquisitiones per accessionem, confusionem, commixtionem &c. gründen.

§. 6.

Es wird II. erfordert, daß derjenige, welcher dergleichen rem nullius acquiriren will, solche in seine Gewalt und Gewahrsam bringe.

Daher ist nicht genug, wann iemand weiß, daß ein Schatz an einem Orte vergraben sey, sondern wenn ein anderer denselben ausgräbt, muß der Schatz mit diesem getheilet werden.

Wann ein Bienen-Schwarm von einem verfolget, von einem andern aber gefangen wird, so ist dieser pro occupante zu achten.

Wann von Unsern Feinden Beute gemacht wird, kan nicht gesagt werden, daß sie occupiret sey, so lange dieselbe nicht in Unsere Grentzen und in Sicherheit gebracht worden.

§. 7.

Endlich und III. wird erfordert, daß derjenige, welcher rem nullius ergreift, die Intention habe, dieselbe vor sich zu behalten.

Daher derjenige, welcher von dem Domino loci gedungen wird nach einem Schatz zu graben, denselben, wann er ihn findet, nicht acquiriret, weil er nicht suo nomine den Schatz ergreifet.


(2-41) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. II.

Und dieses ist die Ursache, warum derjenige, welcher in eines andern Namen aus einer fremden Materie eine neue Speciem verfertiget, diese als eine rem nullius nicht acquiriret, weil er die neue Speciem nicht suo nomine verfertiget hat.

Art. II.

Wie das Eigenthum durch die Specification erlanget und acquiriret werde.

(De Specificatione.)

§. 8.

Wann iemand aus einer fremden Materie eine neue Gestalt und Form (speciem) verfertiget, so wird dieses specificatio genennet.

§. 9.

Durch diese Specification erlanget derjenige, welcher die neue Speciem verfertiget, das Eigenthum dieser neuen Form und Gestalt, wann er solche 1) in seinem Namen und vor sich verfertiget: und 2) wann die vorige Species dergestalt verändert ist, daß dieselbe nicht wieder hergestellet werden kan.

§. 10.

Um nun einen rechten Begriff von diesem modo acquirendi dominii zu machen, so wird voraus gesetzt, daß alle Dinge der Welt aus einer Materie bestehen, folglich die Substantz aller Dinge in der Welt einerley sey; und daß sie bloß durch die Species, das ist, durch verschiedene Figuren, Formen, Qualitaeten und andere Accidentien, unter sich unterschieden werden.

Aus diesem Grunde haben die Philosophi dafür gehalten: 1) daß die Species, die Gestalt und Form eines Dinges, dergestalt zu dessen Existentz gehöre, daß, wann dieselbe geändert wird, das Ding aufhöre zu existiren, und gleichsam consumiret und exstinguiret werde: (a) Folglich 2) das gantze Recht, welches die vorigen Eigenthümer an dieser Gestalt, Form und Specie gehabt, aufhöre: (b) hingegen 3) die neue Form und Gestalt erst durch das Factum des Verfertigers zu existiren anfange: (c) Und daher 4) diese Species als eine res nullius demjenigen acquiriret werde, welcher diese neue Speciem in seinem Namen verfertiget. (d)

Es wird also in dem Concursu formae & materiae die neue Species dem Recht der Materie um so viel mehr praeferiret, weil dem Eigenthümer des Werths dadurch nicht praejudiciret wird. Vid. §. 12.

Und dieses ist also die wahre und in der Vernunft gegründete Ursache, warum per specificationem, confusionem, commixtionem, accessionem, alluvionem, alveum desertum, das Eigenthum der dadurch formirten neuen Speciei acquiriret werde, und warum die Rechtsgelehrte diese modos unter die modos acquirendi jure gentium referiret haben.

§. 11.

Es ist aber keine Specification, 1) wann iemand nicht aus seiner Materie allein, sondern zugleich aus einer fremden Materie eine neue Speciem verfertiget, weil solcher Actus

 

(a) Nam mutata forma prope interimit substantiam rei: l. 9. §. 3. ff. ad exhib. quoniam pristinam suam speciem non continet, l. 3. §. 1. R. V. adeoque jus prioris domini quasi exstinctum est. l. 23. §. 5. R V.

(b) Ubi simul contribuuntur, ex quibus unum emplastrum sit, nihil hic fere suum dicere potest prior dominus. l 27. §. 1. A. R. D.

(c) Genera possessionum tot sunt, quot & causae acquirendi ejus, quod nostrum non sit; velut &c. quae ipsi ut in rerum natura essent fecimus. l. 3. §. 21. ff. Acq. poss.

(d) Nerva & Proculus putant, hunc dominum esse, qui fecerit speciem aliquam ex aliena materia, quia quod factum est, antea nullius fuerat, l. 7. § 7. poss. A. R. D. & ut in rerum natura esset, fecit d. l. 3 §. 21.


(2-42) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. II. III.

confusio oder commixtio, oder, wann eine res praevalentior mit einer andern re minus valente vereiniget wird, Accessio genannt wird. Vid. Art. seq. III. & IV.

2) Wann iemand die neue Speciem nicht in seinem Namen allein, sondern in beyder Namen verfertiget; weil solchenfalls das Eigenthum beyden gemein bleibet.

3) Wann die vorige Species hergestellet werden, und die Dinge ihre vorige Gestalt und Form wieder erlangen können; (e) Welchenfalls demjenigen, welchem die Materie zugehöret, Actio ad exhibendum gegeben wird; vermöge welcher der Dominus materiae gegen den Conficienten agiren kan, daß er die vorige Speciem, damit er solche vindiciren könne, herstellen solle: Es können auch beyde Actiones cumuliret werden.

4) Wann die fremde Materie die Speciem nicht verändert, sondern nur entdecket; daher für keine Specification zu halten ist, wann iemand aus fremden Garben das Korn ausdrischet. (f)

§. 12.

Weil aber in dem Fall, da die vorige Species nicht hergestellet werden kan, hart seyn würde, wann der Herr der Materie sein Recht durch eines dritten Factum verlieren solte; so muß der Verfertiger demselben den wahren Werth der Materie, nach Richterlicher Ermäßigung, erstatten: Zu welchem Ende dem Domino materiae das Jus retentionis, oder, wann der Verfertiger die neue Speciem besitzet, Actio in factum gegeben wird.

Im Fall der Verfertiger wissentlich aus einer fremden Materie die neue Speciem gemacht hätte, so acquiriret nicht der Verfertiger, sondern der Herr der Materie das Eigenthum von dieser neuen Specie, dergestalt, daß er dieselbe von dem Verfertiger vindiciren kan. Wann ihm aber mit der neuen Specie nicht gedienet ist, kan er den Werth von demjenigen, welcher dergleichen neue speciem mala fide verfertiget, fordern, und solchen durch das Juramentum in litem erhärten.

§. 13.

Es differiret die Specification von der acquisitione dominii per Accessionem, weil 1) diese supponiret, daß der Verfertiger nicht bloß aus einer fremden Materie die neue Speciem verfertige, sondern auch seine Materie mit gebrauche; 2) daß ein Theil der Materie praevalentior sey. Vid. Art. IV.

Art. III.

Wie das Eigenthum per Commixtionem & Confusionem acquiriret werde.

§. 14.

Derjenige, welcher aus seiner und eines andern Materie in seinem Namen eine neue Gestalt und Speciem verfertiget, dergestalt, daß beyde Materien nicht integrae von einander separiret werden können, erlanget dadurch das Eigenthum der fremden Materie. Und zwar, wann eine flüßige Materie mit einer andern flüßigen Materie vermischet wird, per confusionem; wann zwey trockene Materien vermischt werden, per commixtionem.

§. 15.

Die Ursache dieser Acquisition ist eben diejenige, welche in der Specificatione oben §. 10. angeführet worden; weil die vorige Species, an welcher der vorige Herr allein ein Recht gehabt, gleichsam verloren gegangen und exstinguiret ist, hingegen die neue

 

(e) In omnibus, quae ad eandem speciem reverti possunt, dicendum est, si materia manente species duntaxat forte mutata sit, veluti si ex meo auro statuam, aut ex meo argento scyphum fecisses, me eorum dominum manere. l. 24. ff. A. R. D. Secus est, si materia ad pristinam speciem reverti non potest. l. 7. §. 7. eod.

(f) Non debet dubitari, quin alienis spicis excussum frumentum ejus sit, cujus spicae fuerunt; cum enim grana, quae spicis continentur, perfectam suam habent speciem, qui excussit spicas, non novam facit speciem, sed eam, quae est, detegit. l. 7. §. 7. A. R. D.


(2-43) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. III. IV.

Species, welche niemalen dem vorigen Herrn zugehöret, sondern erst facto confundentis zu existiren anfängt, folgends res nullius ist, dem Verfertiger acquiriret wird.

§. 16.

Es wird aber durch die Confusion und Commixtion das Eigenthum nicht acquiriret:

1) Wann iemand dergleichen Vermischung nicht vor sich und in seinem Namen, sondern nomine tertii verrichtet: (wann er in beyder Namen die Materie vermischet, oder die Vermischung durch einen blossen Zufall geschicht, bleibt das Eigenthum gemein.)

2) Wann die beyden Materien integrae von einander separiret werden können, als wann Gold und Silber zusammen gegossen wird. (Vid. supr. §. 11. n. 3.)

3) Wann die vermischten Dinge aus einerley Substantz bestehen; als wann zweyerley Oehle, Weine, Schafe, Getreide (et)c. vermischt werden, weil dadurch weder eine neue Species formiret wird, noch die vorige Species verloren gehet oder aufhöret. (g)

Wann aber in diesem Fall eine Substantz mehr werth gewesen als die andere, muß demjenigen, welcher dieselbe verlieret, nach Richterlicher Ermäßigung, das erweißliche Surplus erstattet werden: Wann aber der Vermischer wissentlich dergleichen Vermischung vorgenommen, verlieret dieser zur Strafe das Eigenthum seines Antheils, und der andere kan die neue Speciem jure dominii vindiciren; oder, wann er lieber den Werth seines Antheils wehlen will, das Surplus juramento in litem erhärten.

Es differiret dieser Modus acquirendi 1) von der Specification, weil diese nur alsdann statt hat, wann iemand bloß aus einer fremden Materie eine neue Speciem verfertiget. Vid. §. 13.

2) Von der Accessione, weil diese nicht allein zweyerley Materien supponiret, sondern auch solche Materien, wovon die eine praevalentior ist. Vid. Art. seq.

Art. IV.

Wie das Eigenthum Jure Accessionis acquiriret werde.

§. 17.

Es kan auch das Eigenthum eines Dinges Jure Accessionis acquiriret werden; wann nemlich ein fremdes geringeres Ding (res minus principalis) mit einem andern Ding, welches praevalentior, folglich res principalis ist, dergestalt vereiniget wird, daß es ohne Beschädigung nicht wieder separiret werden kan.

§. 18.

Ehe Wir den wahren Grund dieser Acquisition anzeigen, so ist I. zu diesem Begriff zu praemittiren, daß ein grosser Unterscheid sey unter dem corpore, universitate, oder toto; und unter den Theilen und Parcellen, woraus das Corpus und das Totum zusammen gesetzet ist. (h)

§. 19.

Solchergestalt ist ein anderes das Haus oder Gebäude, ein anderes die Materialien, als Holtz, Steine, Kalck, Eisen, (et)c. woraus das Gebäude errichtet worden.

 

(g) Corpora, quae ex distantibus rebus consistunt, constat retinere singulas suam propriam speciem, ut singulae oves, indeque vindicari posse, si aliena miscetur. d. l. 23. §. 6.

(h) L. 7. §. 11. Quod univ. nom. L. 6. §. 1. Rer. div.


(2-44) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. IV.

Beyde, nemlich das Corpus und dessen Theile, haben ihre eigene und verschiedene Jura, dann es kan iemand das Corpus des Hauses, und nicht die Materialien besitzen. (i)

Hingegen kan iemand die Materialien besitzen, ohne den Besitz vom Hause zu haben. (k)

Daher kan iemand ein Haus usucapiren, ohne daß die Materialien darunter begriffen seyn. (l)

Im Gegentheil kan iemand die sämtlichen Materialien eines Hauses usucapiren, ohne dadurch Herr von dem Hause zu werden. (m)

Es kan auch kommen, daß iemand ein Haus vindiciren könne, nicht aber die Materialien: und im Gegentheil, daß iemand die Materialien vindiciren könne, nicht aber das Haus selber. (n)

II. Ist zu praemittiren, daß dergleichen Corpora entweder unita oder connexa seyn. (o)

Unita werden diejenigen Corpora genennet, welche nicht aus verschiedenen zusammenhangenden Dingen bestehen, sondern durch einen Geist zusammen gehalten werden: z. E. eine Bild-Säule, (Statua) ein Mensch (et)c. (p)

Connexa sind diejenigen Corpora, welche aus verschiedenen Stücken zusammen gesetzt sind, und durch den Zusammenhang ein Corpus oder Totum ausmachen: z. E. ein Haus, ein Schiff, ein Kleid. (q)

§. 20.

In beyden Conjunctionen ist die Frage unter den Rechtsgelehrten entstanden, wann zweyerley Herren Dinge dergestalt uniret oder connectiret werden, daß ein Corpus oder Totum daraus entstehet, wem das Eigenthum dieses Corporis oder Totius acquiriret werde? Sie haben nicht ohne Grund dafür gehalten, daß der geringere Theil dem grössern accedire, und pars praevalentior den partem minus principalem nach sich ziehe: Folglich dem domino rei praevalentioris das Eigenthum des geringern Theils jure accessionis acquiriret werde.

§. 21.

Die natürliche und in der Vernunft gegründete Ursache ist eben diejenige, welche oben in der Materia Specificationis angeführet worden; weil nemlich die Species rerum allein den Unterscheid zwischen den Dingen verursachet, folglich wann die Species verändert wird, das Ding selber nicht mehr existiret.

§. 22.

Wann also iemand einen fremden Arm mit seiner Statua vereiniget, so hört der Arm auf ein Arm zu seyn, (r) und wird ein Pars Statuae; folglich ist er unter dem Corpore unito der Bildsäule begriffen. Weil also der Arm seine vorige Speciem verändert und verlieret, so kan der Herr des Armes nicht mehr sagen, daß der Arm der seinige sey, (s) sondern es wird das Eigenthum demjenigen acquiriret, welchem die

 

(i) l. 30. pr. A. Poss. l. 23. Usurp.

(k) d. l. 23. pr. l. 8. quod vi.

(l) l. 7. §. 11. A. R. D. l. 23. in fin. de Rei Vind.

(m) L. 23. pr. & §. 2. Usurp.

(n) L. 23. §. 7. R. V.

(o) L. 30. pr. Usurp.

(p) Corpus alio sensu unitum vocatur, quod continetur uno spiritu; ut homo, tignum, lapis & similia. d. l. 30.

Si statuae meae brachium alienae statuae addideris, non potest dici, brachium tuum esse, quia tota statua uno spiritu continetur. l. 23. §. 5. Rei vind. Conf. l. 27. §. 1. A. R. D. ibi: nihil hic vere suum dicere potest pristinus dominus.

(q) d. l. 30. pr.

(r) L 26. §. 1. A. R. D.

(s) d. l. 23. §. 5.


(2-45) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. IV.

Statua zugehört, dann dessen Recht wird nicht verändert, weil dergleichen Statua eine Statua bleibet, wann schon alle Glieder verändert werden: Eben als wie ein Collegium bleibt, wann schon alle Membra Collegii aussterben. (t) Daher nicht ohne Grund gesagt wird, daß die Statua (mit allen ihren Accessionen) demjenigen bleibe, dem sie vorhin zugehöret hat. (u)

§. 23.

Gleiche Bewandniß hat es mit den Corporibus connexis, daß nemlich der Herr des grössern Theils den geringern Theil jure accessionis acquirire: dann durch diese Accession bleibt das geringere Ding nicht in seiner vorigen Gestalt und Form, (v) sondern es wird pars rei praevalentioris: (w) Folglich wird die vorige Species gleichsam vernichtet, und exstinguiret, (x) und der vorige Dominus kan nicht sagen, daß ihm von diesem Toto etwas zugehöre (y) weil das Totum demjenigen zugehört, welcher vorhin Dominus rei praevalentioris gewesen. (z)

§. 24.

Es wird aber bey diesem modo acquirendi, welcher jure accessionis geschicht, erfordert: I) daß die res minus principalis einem fremden Dinge accedire, welches praevalentior ist.

Wann also iemand aus einer fremden Materie allein eine neue Speciem machet, ohne seine Materie darbey zu fügen, ist es keine Accessio, sondern Specificatio.

Es ist auch ferner keine Accessio, wann iemand aus zweyen Materien, die ihm beyde zugehören, ein Corpus verfertiget; Weil er schon vorhin Herr der beyden Materien gewesen, folglich nicht nöthig hat jure Accessionis das Eigenthum zu erlangen.

§. 25.

Es wird II) erfordert, daß die res minus principalis der rei praevalentiori accedire. Es kan aber res praevalentior auf zweyerley Art verstanden werden. 1) Wann die Accessio ohne dasselbe nicht bestehen kan. (a) 2) Wann ein Ding zu dessen Zierath beygefüget wird. (b)

n. 2. Es ist Erstlich res praevalentior, ohne welche die Accessio nicht seyn oder bestehen kan.

Wann also iemand sein Kleid mit fremdem Gold oder Silber sticken, oder seine Wolle mit fremdem Purpur färben lässet, ist das Kleid und die Wolle res praevalentior. (c)

Wann iemand seiner Statuae einen fremden Arm einschmeltzen lässet, ist die Statua res praevalentior. (d)

Wann eine Pflantze oder ein Baum auf einen fremden Grund versetzt wird, ist der Grund res praevalentior. (e)

 

(t) L. 77. ff. de judic.

(u) In quibus propria qualitas spectaretur, si quid additum erit, toti cedit: ut statuae pes aut manus, scypho fundus aut ansa, navi tabula, aedificio caementum; NB. tota enim ejus sunt, cujus antea fuerant. L. 68. §. 1. A. R. D. Add. l. 81. R. V.

(v) Seja legavit unionem cum hyacinthis, postea in aliam speciem ornamenti convertit, legatum peti non potest. Nam quid fieri potest, ut legatum durare existimetur; cum id, quod testamento dabatur, in sua specie non permansisset, & quodammodo exstinctum sit. L. 6. §. 1. ff. Aur. leg. Mutata enim forma prope interimitur substantia rei. L. 9. §. 3. ad exhib. & res abesse videntur etiam hae, quarum corpus manet, forma mutata est. l. 13. §. 1. V. S.

(w) L. 23. §. 5. Rei Vind.

(x) D. l. 6. §. 1. d. l. 9. d. l. 13. & l. 26. pr. ff. A. R. D. ibi: quia Cupressus i. e. arbor non maneret.

(y) d. l. 23. §. 5. R. D. l. 27. §. 1. A. R. D.

(z) d. l. 26. §. 1. Add. l. 61. ff. Rei Vind. ibi: Minicius interrogatus, si quis navem suam aliena materia refecisset, num nihilominus navis ejusdem maneret? Respondet: manere.

(a) Sed necesse est, ei res cedi, quod sine illa esse nequit. l. 23. §. 6. R. V.

(b) Quoniam hoc spectamus, quae res cujus ornandae causa fuerit adhibita, non quae sit pretiosior. l. 19. §. f. Aur. leg. Et ibid. l. 13. Semper enim cum quaerimus, cui quid cedat, illud spectamus, quid cujus res ornandae causa adhibetur, ut accessio cedat principali.

(c) §. 26. R. D l. 26. A. R. D.

(d) l. 23. §. 8. R. V.

(e) l. 26. §. 1. A. R. D.


(2-46) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. IV.

Wann ein Haus auf einem fremden Grund gebauet wird, ist der Grund res praevalentior. Vid. infr. §. 27.

Wann ein Haus aus fremden Materialien repariret wird, ist das Haus res praevalentior. Vid. §. seq. in fin.

Wann iemand auf seinen Schiffsboden (Carinam) mit fremden Brettern ein Schiff bauet, ist diese Carina res praevalentior. (f)

Wann iemand ein Feld mit fremden Samen besäet, ist das Feld res principalis. (g)

Wann iemand auf eine fremde Tafel oder Linnen ein kostbares Gemählde mahlet, ist die Tafel und das Linnen res praevalentior. (h) Vid. §. seq. fere in fin.

Es ist also keine res praevalentior, wann beyde Dinge in ihrer Specie bleiben. Als z. E. wann ein Schaf unter eine fremde Heerde gebracht, oder Mist auf einen fremden Ort gelegt wird. (i)

n. 2. Es ist Zweytens eine res praevalentior, wann derselben ein fremdes Ding bloß zum Zierath beygefügt wird.

Wann nemlich iemand sein Kleid mit fremdem Gold sticken, oder seine Wolle mit fremdem Purpur färben lässet; so ist das Kleid und die Wolle res praevalentior.

Solchergestalt ist auch der Ring res praevalentior, wann schon demselben ein fremder kostbarer Diamant eingesetzet worden. (k)

Wann ein Edelgestein sauber in Gold verfasst wird, und das Gold nur zur Zierde des Diamants dabey gebracht worden, ist das Edelgestein res praevalentior. (l)

Ob aber das Gold nur zur Zierde adhibiret worden, solches muß aus dem Ansehen und Gebrauch judiciret werden. (ll)

Wann einem Gefäß allerhand Edelgesteine zu dessen Zierde beygefügt werden, ist das Gefäß res praevalentior. (m)

n. 3. Wann beyde Dinge gleich und von einer Materie sind, als wann z. E. Gold mit Gold, Silber mit Silber vereiniget wird, stehet einem ieden frey seinen Antheil zu vindiciren.

§. 26.

III) Wird erfordert, daß beyde Theile nicht integrae von einander separiret werden können: Dann wann die Separatio geschehen kan, ist der Eigenthümer des accedirenden Theils befugt gerichtlich zu bitten, daß der Besitzer der rei praevalentioris angehalten werde, den accedirten Theil zu separiren, und ihm das Ding in dem vorigen Stande zu exhibiren, zugleich auch cum omni causa zu restituiren. (n) Vid. supr. Tit. IV. §. 47.

Wann also iemand in seinen Ring einen fremden Diamant einsetzen lässet, wird zwar die Species geändert. Es verlieret aber der Herr des Diamants sein Eigenthum nicht, sondern er kan praevia actione ad exhibendum denselben vindiciren. (o) Vid. §. praeced. n. 2.

 

(f) L. 61. §. 1. R. V.

(g) §. 31. §. 32. Inst Rer. Div.

(h) L. 9. § 1. A. R. D. l. 23. §. 3. & 4. R. V.

(i) L. 23 §. 5. R. V. l. 5. §. 3. ad exhib.

(k) L. 6. ff. ad exhib.

(l) L. 19. §. 15. 18. 20. Aur. leg.

(ll) L. 29. §. 1. Aur. leg. l. 32. §. 5. eod.

(m) L. 19. §. 13. Aur. leg.

(n) In omnibus, quae ad eandem speciem reverti possunt, dicendum est, si materia manente species duntaxat forte mutata est, (veluti si ex meo aere statuam, aut argento scyphum fecisses) me eorum dominum manere. l. 24. ff. A. R. D. Conf. l. 7. §. 7.

(o) L. 6. ff. ad exhib. l. 19. §. 16. eod punct. d. l. 24.


(2-47) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. IV.

Wann ein fremder Arm oder Fuß an eines andern Bildsäule angelöthet wird, verlieret der Herr des Arms sein Eigenthum nicht, (ein anders ist, wann der Arm angeschmeltzet worden,) (p) weil der angelöthete Arm ohne Schaden separiret werden kan, nicht aber, wann er angeschmeltzt ist.

n. 1. Wann die Separatio nicht füglich geschehen kan, bleibt es bey der vorhin angeführten Regul, daß dem Domino rei praevalentioris das Eigenthum der rei minus principalis jure totius acquiriret werde.

Wann also iemand sein Kleid mit fremdem Gold sticken, oder seine Wolle mit fremdem Purpur färben lässet, acquiriret der Herr des Kleides jure accessionis das Gold und die Farbe.

Wann einer Statuae ein fremder Arm oder Fuß per ferruminationem angeschmeltzet wird, gehöret dieser Arm oder Fuß jure totius dem Herrn der Statuae. Vid. pr. h. §.

Wann iemand einen Baum oder Pflantze auf einen fremden Grund und Boden versetzet, und der Baum Wurtzel schlägt, cediret derselbe jure accessionis dem fundo und dessen Eigenthümer.

Wann iemand auf einer fremden Tafel eine Mahlerey verfertiget, oder auf ein fremdes Papier eine künstliche Schrift schreibet, so acquiriret der Herr der Tafel und des Papiers das Gemählde und die Schrift. Wiewol solches en Faveur der Mahlerey durch die Gesetze geändert, und dem Herrn der Mahlerey das Eigenthum der Tafel zugesprochen wird.

Wann iemand sein Haus mit fremden Mauersteinen, Kalck (et)c. repariret, so acquiriret der Herr des Hauses jure accessionis den Kalck und die Steine. Und auf eben diesem Grunde beruhet auch die Regul, daß das Haus, welches auf einen fremden Grund und Boden erbauet wird, dem Herrn des Grundes acquiriret werde, wann es auch schon von lauter Marmor und mala fide errichtet worden. Worvon in dem folgenden §. 28. weiter gehandelt werden soll.

§. 27.

Es folget aber hieraus nicht, daß der Herr des accedirenden Dinges sein Recht verliere: Sondern der Eigenthümer der rei praevalentioris ist schuldig, dem andern den Werth zu restituiren. (q) Es müssen aber verschiedene Sätze distinguiret werden: Dann

n. 1. Wann Erstlich beyde Dinge salva substantia separiret werden können, ist schon vorhin vestgesetzet worden, daß der Herr des geringern Dinges das Eigenthum nicht verliere, sondern ad separationem & ad exhibendum agiren, zugleich auch rem vindiciren könne. Vid. §. 26. pr.

n. 2. Wann zweytens die vereinigten Dinge ohne Beschädigung des accedirten Dinges nicht separiret werden können, verlieret der Dominus rei minus principalis das Eigenthum nicht in totum, sondern nur in tantum, so lange die Union und Accession währet.

Wann also künftig die Union aufhöret, und die Accessio mit der Re praevalentiori nicht mehr connex ist, so revivisciret das Eigenthum des vorigen Herrn; weil das Impedimentum, welches den Gebrauch seines Eigenthums verhindert hat, nunmehro cessiret, folglich er im Stande ist die Accession zu vindiciren. (r)

n. 3. Wann Drittens der Herr des accedirenden Dinges, diesen künftigen Fall der Separation nicht abwarten will, kan er Actione in factum den Werth des Dinges fordern.

 

(p) Si statuae suae ferruminatione junctum sit brachium, unitate majoris partis consumi. Non idem in eo, quod adplumbatum sit. l. 23. §. 5. R. V.

(q) In omnibus igitur istis, in quibus mea res per praevalentiam alienam rem trahit, meamque efficit, si eam rem vindicem per exceptionem doli, cogar pretium ejus, quod accessit, dare. l. 23. §. 4. R. V.

(r) L. 23 § 5. R. V. l. 59. eod. l. 20. eod.


(2-48) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. IV.

n. 4. Wann Viertens die Accessio dergestalt consumiret wird, daß niemals eine Separation erfolgen kan; als wann eine Wolle mit fremdem Purpur gefärbet, einem Zeug fremdes Gold eingewircket würde (et)c. so kan der Herr des geringern Dinges nichts als den Werth desselben fordern.

Es ist aber alsdann ein Unterscheid zu machen, ob diese Union und Vereinigung beyder Dinge bona oder mala fide geschehen sey.

In dem ersteren Fall hat der Dominus rei minus principalis, wann er das Totum besitzet, jus retentionis, bis ihm der Werth der Accession bezahlt wird: oder, wann er das Totum ohne Abzug des Werths ex errore extradiret hat, Condictionem indebiti, vermöge deren ihm das Totum wieder eingeliefert werden muß.

Wann aber der Dominus rei praevalentioris das Corpus besitzet, stehet dem andern bloß frey, den Werth Actione in factum zu fordern.

In dem andern Fall, wann die Union und Vereinigung mala fide geschieht, ist ein Unterscheid zu machen, ob der Dominus rei praevalentioris, oder der Dominus rei minus principalis, die Union und Vereinigung gemacht und veranlasset habe.

Wann der Dominus rei praevalentioris causa dolosa dieser Union ist, kan der andere nicht allein den Werth, sive jure retentionis, sive actione in factum, fordern, sondern auch solchen Juramento in litem bestärcken.

Wann der Dominus rei minus principalis die beyden Dinge mala fide vereiniget hat, und das Totum besitzet, kan ihm das Jus retentionis in Ansehung des wahren Werths zu statten kommen. Wann aber der Dominus rei praevalentioris das Corpus besitzet, verlieret der andere sein gantzes Recht, und wird durch eine praesumtionem juris & de jure dafür gehalten, als ob er dem Domino rei praevalentioris diese Accession habe schencken wollen.

Alle diese Jura sollen nunmehr durch das Exempel des Gebäudes erläutert werden.

§. 28.

Aus dem vorhergehenden folget von selbsten, daß das Gebäude, welches auf einem fremden Grund und Boden errichtet wird, dem Eigenthümer des Grundes und Bodens jure accessionis acquiriret werde; weil der Grund res praevalentior ist. Daher die Regul ist: Aedificium cedit solo.

Es sind aber drey Fälle wohl zu unterscheiden: Dann entweder hat der Grundherr selbst aus einer fremden Materie ein Gebäude auf seinem Grund und Boden verfertiget; Oder es hat iemand mit seinen Materialien auf einen fremden Boden ein Gebäude errichtet; Oder es bauet ein Fremder mit seinen oder fremden Materialien auf eines andern Grund.

§. 29.

Im ersteren Fall kan der Dominus materiae, wann er gewust, daß der Grundherr mit seinen Materialien das Haus bauet, und nicht contradiciret, actione in factum bloß ad simplum agiren; wann er es aber nicht gewust, hat er actionem de tigno juncto in duplum, weil niemand seine Materialien für den ordinairen Preis zu verkaufen verbunden ist.

Wenn der Herr der Materie weder ad Simplum noch ad Duplum agiret, nachhero aber das Haus facto des Besitzers, oder durch einen ohngefähren Zufall, diruiret wird, kan er die Materialien vindiciren, weil das Impedimentum, nachdem die Vereinigung der Materie und des Grundes cessiret, nicht mehr im Wege stehet. Vid. §. praeced. n. 2.

Und diese rei vindicatio hat statt, wann schon der Grundherr 30. Jahr das Haus besessen, folglich solches usucapiret hat; weil derjenige, welcher das Haus besitzet, die fremden Materialien nicht possediret, und daher diese weder usucapiren noch praescribiren kan. Woraus dann die Wahrheit dessen erhellet, was oben §. 18. seq. behauptet worden, daß andere jura totius, andere partium seyn.

n. 1. Wann der Grundherr mala fide, das ist, wissentlich, daß die Materialien einem andern zugehören, solche zu seinem Bau verbrauchet, so ist ein Unterscheid zu machen, ob das Gebäude noch subsistire, oder ob es diruiret sey.


(2-49) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. IV. V.

Wann das Gebäude subsistiret, kan der Dominus materiae entweder actionem de tigno juncto in duplum anstellen, und solche mit der condictione furtiva cumuliren, oder er kan die actionem furti in quadruplum wehlen.

Wann das Gebäude diruiret ist, haben alle vorgemeldte Actiones, ausser der actione de tigno juncto, statt, es kan aber auch der Dominus materiae die Materialien vindiciren.

§. 30.

In dem zweyten Fall, wann iemand mit seinen Materialien auf einem fremden Grund und Boden ein Gebäude aufführet, so bleibt die Regul gleichfalls feste stehen, daß dieses Gebäude als eine res minus principalis dem Grund und dessen Herrn acquiriret werde.

Es hat aber der Dominus materiae, wann er bona fide gebauet, und das Haus besitzet, jus retentionis, bis ihm der Werth restituiret wird, wann nemlich die Gebäude nothwendig sind: wann sie aber nur nützlich oder zur Lust gebauet worden, kan er sie bloß wegnehmen: Wann er das Haus nicht besitzet, hat er Actionem in factum, vermöge deren er den Werth fordern, oder das Gebäude, wann es nicht nothwendig ist, wegnehmen kan.

Wann dergleichen bonae fidei possessor durch einen Irrthum, ohne den Werth des Gebäudes zurück zu fordern, das Gebäude dem Grundherrn einräumet, oder das Gebäude nicht abbricht und wegnimt, kan er condictione indebiti zur Wiedereinräumung der Possession, die er indebite abgetreten, agiren.

Im Fall aber derjenige, welcher einen fremden Grund mit seinen Materialien bebauet, solches mala fide gethan, so wollen Wir ihm zwar, wann er das Haus besitzet, das Jus retentionis, bis er den erweislichen Werth erhalten, verstatten. Wann aber, nicht er, sondern der Grundherr das Gebäude besitzet, oder, wann er es besessen, das Haus dem Grundherrn aus einem Irrthum abgetreten, ohne das Jus retentionis zu gebrauchen, oder ohne die Materialien wegzunehmen (et)c. so hat der Dominus materiae keine Action, sondern es wird durch eine praesumtionem juris & de jure dafür gehalten, als ob er dem Grundherrn die Materialien geschencket habe.

§. 31.

Wann Drittens iemand mit fremden Materialien einen fremden Platz bebauet, so cediret das Gebäude gleichfalls dem solo, und dessen Eigenthümer.

Derjenige aber, welcher den Platz bebauet hat, auch solchen besitzet, und in bona fide ist, kan wegen der Kosten das Jus retentionis gebrauchen, und, wann er ihn nicht besitzet, dieselben actione in factum fordern.

Wann er dolose den Platz bebauet, kan er sich alsdann wegen der Materialien des Juris retentionis bedienen, wann er das Haus besitzet, sonst aber werden sie als geschenckt angesehen. Vid. §. praeced.

Der Dominus materiae kan auch den Werth der Materialien von dem Grundherrn actione in factum fordern: Wann aber das Haus diruiret wird, und er den Werth noch nicht erhalten, kan er die Materialien selbst vindiciren.

Art. V.

Wie das Eigenthum erlangt werde, wann auf einen fremden Boden etwas gepflantzt oder gesäet wird.

(De jure plantae & seminis.)

§. 32.

Unter die Acquisition, welche jure accessionis geschicht, gehöret auch, 1) wann ein Baum auf einen fremden Grund gesetzet wird; weil dem Herrn des Grundes, als rei praevalentioris, alles dasjenige eigenthümlich zustehet, was einen Theil des Grundes ausmacht.


(2-50) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. V. VI.

Es verstehet sich aber solches bloß, wann der Baum Wurtzel auf dem Grunde gefaßt, weil alsdann die Species des vorigen Baums aufhört, welcher durch die genaue Vereinigung mit dem fremden Grund eine neue Gestalt gewinnt, und ein pars fundi alieni wird. (a)

2) Gleichergestalt wird eine Pflantze, welche auf einen fremden Grund versetzet wird, eine Pertinentz dieses neuen Bodens, sobald sie durch die Wurtzel sich mit der Erden vereiniget; und der Dominus fundi, rei quippe praevalentioris, acquiriret das Eigenthum davon.

3) Gleiche Bewandniß hat es mit dem Samen, welcher auf einen fremden Acker gesäet wird; der Acker ist res praevalentior, und der Samen res minus principalis, welcher daher dem Herrn des Ackers Jure accessionis acquiriret wird.

Es ist aber nicht nöthig abzuwarten, bis das Korn gekäumet, und Wurtzel gefaßt, weil es nicht möglich alle Körner auszusuchen und zurück zu nehmen.

§. 33.

Was der Herr des Baums, der Pflantze, und der Saat für actiones habe, davon haben Wir in dem Art. praeced. gehandelt.

Art. VI.

Wie die von dem Feind erbeutete Dinge acquiriret werden.

(De occupatione rei hostilis.)

§. 34.

Die Römischen Gesetze haben auch unter die modos acquirendi dominii jure gentium gerechnet, wann iemand Beute von dem Feind gemacht hat.

Welches Wir aber dahin restringiren, 1) wann von Unsern regulirten Truppen etwas von dem Feind erbeutet wird; Daher die so genannte Merodirer, Schnaphahnen (et)c. so wenig die Beute acquiriren, daß sie vielmehr als Diebe und Räuber gestraft werden.

2) Wann die Beute in beweglichen Dingen bestehet, allermassen die unbeweglichen Dinge allezeit publico nomine occupiret werden.

3) Wann die Partey, welche die Beute gemacht, dieselbe in ihre Gewalt und Gewahrsam, das ist, in völlige Sicherheit gebracht hat: welches alsdann geschieht, wann die Beute an einen befestigten Ort, entweder in Unsere Grentzen, oder in einen von Uns occupirten feindlichen Platz, gebracht worden.

Wann also der Feind die Beute, ehe sie dahin gebracht wird, Unsern Soldaten wieder abnimt, kan nicht gesagt werden, daß diese das Eigenthum acquiriret haben. Worvon der Effect dieser ist, daß, wann von einer andern Partey eben diese Beute dem Feinde zum andernmal abgenommen wird, die vorige Partey die Beute nicht vindiciren könne.

§. 35.

Wann die Unsern Unterthanen zustehende Dinge bey entstehendem Krieg von dem Feind geraubet, und in seine Gewahrsam gebracht worden, nachhero aber, und währendem Krieg durch Handlung, oder jure belli, wieder in Unsere Gewalt gerathen; so verstehet sich von selbsten, daß die vorigen Herren diese Dinge jure postliminii vindiciren können, weil nach Unserm Urtheil diese Dinge unrechtmäßiger Weise von dem Feind vorhin geraubet worden.

Ein gleiches hat auch statt, wann dergleichen Dinge in Unserer Alliirten, nicht aber in der neutralen Völcker, Grentzen gebracht werden.

 

(a) Nam credibile est alius terrae alimento aliam factam. l. 26. §. 2. A. R. D.


(2-51) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. VI. VII.

In beyden Fällen aber müssen die vorigen Herren dasjenige, was zur Erhaltung der geraubten Dinge verwandt worden, wieder erstatten.

§. 36.

Es ist also das Eigenthum, wenn es von dem Feind geraubet wird, nicht gäntzlich verloren, weil Spes postliminii noch übrig ist.

§. 37.

Es ist aber die Frage, wann nach geschlossenem Frieden die Unsern Unterthanen währendem Krieg geraubte Dinge durch die Commercia, oder sonst, in Unser Land gebracht worden, ob alsdann das Jus postliminii statt habe, und die vorigen Herren diese vindiciren können? Wir wollen die Sache dahin decidiren, daß, weil durch den Frieden alle Injurien, welche währendem Krieg begangen worden, aufgehoben werden, das Jus postliminii nicht statt habe, folglich so wol der gewesene Feind, als diejenigen, die Causam von ihm haben, bey der erlangten Beute sicher sind.

§. 38.

Wann durch einen Tumult, oder Rebellion, oder von einer fremden Räuber-Bande Unsern Unterthanen etwas geraubet worden, so behalten diese das Eigenthum beständig, und ipso jure; welches sie, wo sie es finden, vindiciren können, und braucht es keines Juris postliminii, weil solches nur mit den Feinden statt hat.

Art. VII.

Wie das Eigenthum erlanget werde durch einen Anwachs.

(De alluvione.)

Wo zugleich von den Insuln, von der Crusta, und dem Alveo derelicto gehandelt wird.

§. 39.

Unter die natürlichen Modos das Eigenthum zu erlangen gehöret auch der Anwachs. (alluvio.)

§. 40.

Der Anwachs ist eine imperceptible Anspülung, wodurch nach und nach durch die Gewalt des Wassers einem fremden Grund und Boden etwas angeworfen wird.

§. 41.

Dieser Anwachs wird also demjenigen fundo acquiriret, welchem die Gewalt des Wassers einigen Sand und Erde nach und nach anwirft.

§. 42.

Die Ursache dieser Acquisition bestehet gleichfalls in dem jure accessionis, weil der Sand, als res minus principalis, sich mit einem fremden fundo, als re praevalentiori, vereiniget, und nunmehro pars fundi alieni wird, folglich seine vorige Speciem verändert.

§. 43.

Es ist aber dieser Unterscheid zwischen der Alluvion und andern Accessionen, daß der Eigenthümer des Sandes oder Erden solche nicht vindiciren könne; weil niemand erweisen kan, daß der Anwachs ihm vorhero zugehöret habe.

§. 44.

Es hat aber dieses Anwachsungs-Recht nur alsdann statt, wann dem Besitzer des fundi keine Zahl oder Maaß angewiesen worden, sondern der Fluß die Grentze ausmacht:


(2-52) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. VII.

(welche fundi arcifinii genannt werden.) Es mag also der Fluß das Land erweitern oder verringern, so macht derselbe allezeit die Grentzen aus; welches auch bey den Gütern, die an dem Meer liegen, und wo die Besitzer mit dem Strand beliehen sind, statt hat.

§. 45.

Es hat also diese Acquisition durch den Anwachs (per alluvionem) nicht statt, 1) wann demjenigen, dessen fundo dergleichen Anwachs anspület, eine gewisse Morgen- oder Hufen-Zahl assigniret und angewiesen worden: weil alsdann alles, was er über diese Zahl oder angewiesene Quantitaet besitzet, res nullius ist, folglich zu Unseren Regalien gehöret.

2) Wann dergleichen Anwachs sich in Privat-Flüssen hervorthut, cessiret gleichfalls Jus alluvionis; weil Privat-Güter, worzu auch dergleichen Bäche gehören, durch gewisse Grentzen von einander abgesondert zu werden pflegen; folglich die Grentzen beyden Theilen gemein sind.

Wann also der Fluß die Grentze ausmacht, muß das Mittel des Flusses für die beständige Grentze gehalten werden, welche daher durch keine Inundation verruckt oder geändert werden kan.

3) Es hat auch diese Alluvio nicht statt in stehenden Wassern, weil keine Gewalt des Wassers daselbst vorhanden, folglich durch dieselbe die Form des Ufers nicht verändert wird, sondern das Wasser in eben demselben Ufer bleibt, und bald fällt, bald wieder steiget.

§. 46.

Nach den Römischen Rechten hat es eine gleiche Bewandniß mit den Insuln, die auf den Flüssen oder in dem Meer entstehen: wie auch mit dem Alveo deserto, wann nemlich ein Fluß mit Ungestüm und auf einmal (denn wenn solches paulatim und pedetentim geschieht, ist es ein Anwachs) sein voriges Bett (pristinum alveum) verläßt, und einen neuen Alveum machet.

In beyden Fällen acquirirte der benachbarte Besitzer das Eigenthum der Insul, und des verlassenen Alvei oder Grundes, wann die Aecker limitiret waren, nicht aber wann sie arcifinii waren, das ist, wann der Fluß die Grentzen ausmachte.

Nachdem aber durch die Verfassung des Teutschen Reichs alle Insuln, wie die Flüsse und deren Alvei, ad Regalia hingewiesen worden, so können die Benachbarte sich kein Recht daran anmassen, deren Aecker mögen limitati oder arcifinii seyn.

§. 47.

Es wird auch öfters ein gantzes Stück Landes (Crusta) von einem Gut abgerissen, und durch die Gewalt des Flusses an einen andern Grund und Boden angeworfen.

In diesem Fall wird distinguiret, ob dieses Stück Landes schon Wurtzel gefaßt habe, und mit des andern Grund und Boden coalesciret sey, oder nicht. Ersternfalls acquiriret der neue Besitzer diese Crustam, es mag der fundus arcifinius oder limitatus seyn.

Es muß aber der Acquirente dem vorigen Besitzer den Werth dafür bezahlen, oder ihm erlauben das Stück Landes wieder abzunehmen.

Wann die Crusta noch keine Wurtzel gefaßt, kan der vorige Herr sein Gut vindiciren, es mag gleichfalls der Fundus, welchem die Crusta angeworfen worden, limitatus oder arcifinius seyn.

§. 48.

Wann ein Fluß auf einmal sein voriges Bett (pristinum alveum) verlässet, und sich einen neuen Alveum macht, so wird der Alveus derelictus nicht unter die benachbarten Güter getheilet, sondern er gehöret zu Unsern Regalien, es mögen die benachbarten Güter agri limitati oder arcifinii seyn.


(2-53) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. VIII.

Art. VIII.

Wie das Eigenthum acquiriret werde durch den Genuß und Perception der Früchte eines fremden Guts.

(Perceptione fructuum ex re aliena.)

§. 49.

Was durch die Früchte verstanden werde, und von deren verschiedenen Arten, davon soll in dem dritten Theil gehandelt werden.

§. 50.

Die Früchte sind ein Theil und Portion des Dinges, woraus sie gezeuget werden; folglich gehören sie natürlicher Weise niemand anders als dem Herrn des Guts zu. Es wäre dann, daß 1) ein anderer ein Recht dazu habe; oder 2) ein anderer die Früchte separire, und sich zueigne.

§. 51.

Die Erste Exception hat statt, a) wann iemand bona fide & justo titulo ein fremdes Gut besitzet, und in der Meinung, daß er Herr davon sey, die Früchte geniesset; welches unten §. 54. weiter erkläret werden soll.

b) Wann iemand den Nutzen des Guts einem andern jure servitutis verstattet. Vid. infr. Lib. IV. Tit. III.

c) Wann einem Pachter (et)c. die Nutzung eines Guts überlassen wird.

§. 52.

Die Andere Exception, welche eigentlich hieher gehöret, hat statt, wann iemand von eines andern Bäumen die Früchte abbricht und samlet, oder auf einem fremden Acker das Korn abmehet, und sich solches zueignet. Durch dieses Factum acquiriret derjenige, welcher die Früchte von einem fremden Baum abgebrochen, oder das Korn eingeerntet, das völlige Eigenthum auch nach den natürlichen Rechten, wann er auch solches schon mala fide gethan hat.

Dann was die Früchte von den Bäumen betrift, so ist gewiß, daß der Herr des Baumes zwar das Eigenthum der Früchte habe, so lange die Früchte daran hangen, weil diese jure totius unter dem Namen des Baumes begriffen sind. So bald aber die Früchte von dem Baum separiret worden, sind sie nicht mehr pars arboris, folglich gehören sie nicht mehr dem Herrn des Baumes zu, sondern sie bekommen eine neue Gestalt, Qualitaet, und Namen, und gehören demjenigen zu, welcher den Früchten die neue Gestalt gegeben, das ist, der sie abgebrochen hat.

§. 53.

Gleiche Bewandniß hat es mit den Korn-Früchten. Dieselben sind pars fundi, so lange sie auf dem fundo stehen, und gehören also jure totius dem domino fundi zu. Wann aber sothane Korn-Früchte abgemehet und eingesamlet werden, hören sie auf pars fundi, folglich Domini fundi, zu seyn; sie erlangen eine neue Speciem, die dem Herrn des Baums niemalen zugehöret hat, folglich acquiriret sie derjenige, welcher Ursache von dieser neuen Specie ist, das ist, welcher die Korn-Früchte abgemehet hat.

§. 54.

Wann also iemand bona fide dergleichen Früchte von eines andern Baum abpflücket, oder von eines andern Feld abmehet, kan er zu deren Restitution nicht weiter angehalten werden, als a) wann die Früchte noch in natura vorhanden sind, oder, b) wann sie consumiret sind, in so weit der Consumente dadurch locupletior worden. Wovon wir oben in dem Titul de rei vindicatione weitläufig gehandelt haben. Vid. supr. pag. 27. §. 25.


(2-54) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. VIII-X.

Wann aber iemand wissentlich, folglich mala fide, die Früchte von eines andern Baum oder Feld separiret, muß derselbe nicht allein alles Interesse, welches der dominus fundi mediante juramento in litem bestärcken kan, bezahlen, sondern er kan auch actione furti belanget werden. Vid. supr. pag. 29. §. 28.

§. 55.

Wann die Früchte nicht von einem fremden Baum abgebrochen worden, sondern, weil der Baum in des Nachbars Grund überhängt, von selbsten abfallen, stehet dem Eigenthümer des Baumes frey, binnen 3. Tagen solche aufzusuchen.

Wolte der Nachbar den Herrn des Baumes an der Auflese verhindern, kan sich dieser durch das Interdictum de glande legenda schützen.

Wann der Nachbar binnen den 3. Tagen die abgefallenen Früchte zu sich genommen, kan der Herr des Baums rei vindicatione dieselben zurück fordern.

Nach 3. Tagen aber erlanget der Nachbar das plenum dominium der von ihm gesamleten Früchte.

Wann der Nachbar dergleichen Collisiones vermeiden will, stehet ihm frey die Aeste des Baums, in so weit sie auf seinen Grund herüber hangen, abzuschneiden; wovon in dem Titul de glande legenda gehandelt werden soll.

Art. IX.

Wie das Eigenthum acquiriret werde durch den Samen eines fremden Viehes.

(Jure ventris.)

§. 56.

Wann ein Thier weiblichen Geschlechts durch den Samen eines fremden Thiers trächtig wird, so gehöret die Zucht (foetus) nach den natürlichen Rechten demjenigen zu, welcher Herr des Weibleins ist.

Weil der Samen, welcher in den Leib des Weibleins immittiret wird, aufhört eine Portio des Männleins zu seyn, folglich der Besitzer sein Recht über dieses Excrementum verlieret: da hingegen der Samen mit dem Leib des Weibleins vereiniget wird; Wer also Herr des gantzen Weibleins ist, erlanget das Eigenthum über alle dessen Theile, folglich auch über den Samen, und die daraus entstehende Frucht.

Es ist auch der Herr des Weibleins nicht schuldig dem andern den Werth des Samens zu erstatten, weil der Same nicht ad patrimonium des vorigen Besitzers gehöret, folglich seiner Natur nach nicht aestimiret werden kan; insonderheit weil der vorige Besitzer in effectu keinen Schaden in seinem Vermögen leidet, sondern der Same als ein Excrementum naturae verloren gehet.

Art. X.

Wie das Eigenthum acquiriret werde durch die Ueberlieferung eines Dinges.

(per Traditionem.)

§. 57.

Die Ueberlieferung (Traditio) ist ein Actus zweyer Personen, wodurch ein Ding oder Gut in des andern Gewalt und Gewahrsam überliefert wird.

§. 58.

I. Diese Ueberlieferung geschiehet 1) entweder wircklich und in der That; (vere) oder 2) durch einen fingirten Actum. (ficte)


(2-55) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. X.

§. 59.

Die vera Traditio supponiret, daß ein Ding wircklich und in der That einem andern in die Hände geliefert, und solchergestalt in dessen Gewalt und Gewahrsam constituiret werde. Welches in den beweglichen Dingen geschicht, wann er in rem praesentem geführet, und ihm solchergestalt das Gut übergeben wird: wobey zum Ueberfluß der neue Besitzer einige Späne von dem Gebäude abzuhauen, Feuer auf dem Heerd anzumachen, einen Erdschollen aus dem Acker auszugraben pflegt.

Ficta Traditio ist, wann ein Ding nicht wircklich eingeliefert, sondern nur angewiesen wird.

Eine solche ficta Traditio ist, I) wann sie per fictionem longae manus geschicht; das ist, wann der Eigenthümer das Gut, welches er tradiren will, und vor Augen liegt, dem andern von weitem zeigt, und ihm Macht und Gewalt giebt solches in Besitz zu nehmen.

II) Kan die Traditio auch per fictionem brevis manus geschehen, wann nemlich der Eigenthümer ein gegenwärtiges bewegliches Ding dem andern zeiget, und ihm die Macht und Gewalt giebt solches wegzunehmen.

III) Wird pro ficta traditione gehalten, wann solche per constitutum possessorium geschicht; wann nemlich a) derjenige, welcher einem andern ein Ding vorher tradiret hat, nachher declariret, daß dieser das Ding ex alia & nova causa besitzen solle. Z. E. wann iemand sein Gut, welches er bey einem andern deponiret, diesem nachhero verkauft, schenckt, legiret (et)c. so braucht es keiner neuen Tradition.

b) Wann iemand einem andern sein Gut verkauft (et)c. und sich den Usumfructum davon reserviret; oder wann er das Gut verschenckt, dasselbe aber von dem Donatario in Pacht nimt (et)c. wird dieses gleichfalls pro ficta traditione gehalten, weil der Eigenthümer dadurch declariret, daß er das Gut nicht mehr für sich und in seinem Namen, sondern für einen andern, und in dessen Namen besitzen wolle.

c) Gleiche Bewandniß hat es, wann iemand sein Gut einem andern zur Hypothec einsetzet cum constituto possessorio, welches so viel heisset, daß der Debitor das Ding oder Gut in des Creditoris Namen besitzen wolle. In diesem Fall wird aus eben der Ursache das Gut für tradiret gehalten, und der Creditor erhält dadurch ein wahres Jus in re.

IV) Wird auch ein Ding per fictionem für überliefert geachtet, wann es per Symbola tradiret wird. Z. E. wann iemand etwas verkauft und nicht wircklich tradiret, der Käufer aber auf das verkaufte Gut sein Siegel druckt; wann der Verkäufer dem Käufer die Documenta des Hauses oder Guts, oder die Schlüssel zum Hause einliefert, wann auch solches schon ausser dem Gesichte des Hauses geschicht (et)c.

§. 60.

Ferner und II. wird die Traditio unterschieden in veram & quasi traditionem.

Die vera Traditio hat in diesem Sensu nur statt in cörperlichen Dingen; die quasi Traditio aber in uncörperlichen Dingen; weil die Gerechtigkeiten (jura) ihrer Natur nach nicht können in unsere Gewahrsam überliefert werden, daher deren Gebrauch pro Traditione gehalten wird.

§. 61.

Das Eigenthum wird durch dergleichen Actum traditionis alsdann auf den andern transferiret, wann 1) der Ueberlieferer ein Recht hat das Gut zu tradiren. 2) Wann der andere es acceptiret und im Stande ist zu acceptiren. 3) Wann die Traditio ex titulo dominii translativo geschicht.

§. 62.

Es wird also zu dem modo acquirendi dominii per traditionem erfordert, I) daß derjenige, welcher das Eigenthum eines Dinges einem andern übertragen will,


(2-56) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. X.

Macht und Gewalt habe davon zu disponiren; daher niemand das Eigenthum einer rei alienae tradiren kan: wie dann auch ein Rasender, ein Kind (et)c. nicht fähig ist dergleichen Actum traditionis zu verrichten.

§. 63.

Es wird II) erfordert, daß derjenige, welchem ein Gut überliefert wird, solches acceptire, weil ohne Acceptation niemand etwas acquiriren kan.

Es muß aber auch der Acceptante im Stande seyn das Ding acceptiren zu können, das ist, er muß seines Verstandes mächtig seyn, und facultatem disponendi haben.

§. 64.

Es wird ÍII) erfordert, daß die Ueberlieferung ex causa dominii translativa geschehe; das ist, aus einem solchen Titul, und aus einer solchen Ursache, wodurch das Eigenthum transferiret zu werden pfleget.

Wann also ein Ding einem Pachter überliefert wird; wann es als ein Depositum bey iemand niedergelegt wird; wann es einem gelehnt wird; (et)c. so wird durch diese Tradition das Eigenthum nicht übertragen.

§. 65.

Es ist hierbey unter den Rechtsgelehrten die Frage vorgefallen, ob das Eigenthum durch dergleichen Ueberlieferung acquiriret werde, wann gar keine causa vorhanden, die causa traditionis irrig, oder ungerecht, oder schändlich ist.

Wir wollen die Sache nach den Römischen Rechten dahin decidiren, daß in allen diesen Fällen das Dominium transferiret, und dem andern acquiriret werde, weil genug ist, daß iemand den Willen habe sein Gut einem andern eigenthümlich zu übertragen.

Es bleibt aber demjenigen, welchem ein Ding aus Irrthum oder ohne Ursache tradiret worden, frey, nicht zwar das Ding zu vindiciren, (weil er mit seinem Willen aufgehöret hat Herr davon zu seyn) sondern durch Personal-Actiones dasjenige, was er einem andern indebite tradiret, oder was der andere nach der Tradition ohne Ursache an sich behalten, zurückzufordern. Zu welchem Ende dem Tradenten die Condictiones indebiti & sine causa verstattet werden. (Vid. Part. III.)

Wann iemand aus einer Causa, die wider die Gesetze, oder wider die Ehrbarkeit läuft, sein Gut einem andern tradiret, kan nicht er, sondern Fiscus solches condicitone injustae vel turpis causae zurückfordern. (Vid. ibid.)

§. 66.

Aus dem vorhergehenden ergiebt sich von selbsten, daß durch ein blosses Versprechen (pacto) kein Eigenthum transferiret und acquiriret werden kan, wann nicht die Traditio erfolget.

Es sind aber verschiedene Fälle, worin die Gesetze iemanden das Eigenthum zueignen, wann auch schon keine Tradition geschicht. Solchergestalt braucht es a) keiner Ueberlieferung, wann iemand mit einem andern eine Universal-Societaet contrahiret. b) Wann ein Vormund nomine pupilli etwas kaufet (et)c. (Vid. supr. Part. I. Libr. III. Tit. VIII. pag. 132. §. 2.)

§. 67.

Diese Traditio hat ausser dem verschiedene Wirckungen und Vorrechte: Dann wann

a) Jemand zweyen Personen eben dasselbe Gut verkaufet, gehet derjenige vor, dem die Sache zuerst überliefert worden.

b) So lange dem Käufer das Gut nicht tradiret ist, behält der Verkäufer die Gefahr über sich.

c) Zwey Herren können nicht zugleich in solidum Herren eines Dinges seyn, sondern derjenige ist allein Herr, welchem das Gut zuerst tradiret worden.


(2-57) Part. II. Lib. II. Tit. V. Art. XI.

d) Wann ein Eigenthümer iemanden sein Gut verpachtet, und nachher einem andern solches verkauft, gehet der Kauf vor die Miethe: es kan aber der Käufer den Pächter nicht eher aus dem Gut setzen, als wann ihm das Gut tradiret worden.

Art. XI.

Wie das Dominium durch die Erbschaft acquiriret werde.

§. 68.

Es gehöret auch die Successio ab intestato unter die natürlichen modos acquirendi dominii; weil die natürliche Vernunft an die Hand giebt, daß diejenigen, welche ein Corpus familiae constituiren, die Jura familiae, so lange einer von der Familie übrig ist, continuiren; daher die Kinder, weil sie die Familie continuiren, ipso jure domini der verlassenen Dinge sind.

Weil aber die Erbschaften auch ex Testamento, folglich ex lege civili, deferiret werden; so haben Wir nöthig gefunden, diese beyden weitläuftigen Materien in zweyen besondern Büchern zu verhandeln: Wohin wir also dieselben remittiren.

Part. II. Libr. III.

Tit. I.

Von der Ordnung, welche in diesem dritten Buch gehalten wird.

§. 1.

Ausser den natürlichen modis acquirendi dominii, worvon in dem vorigen Buch gehandelt worden, haben die Civil-Gesetze, wegen einiger besondern Umstände, nöthig gefunden, den Besitzern eine Art von Eigenthum, oder ein ander dingliches Recht, zu verstatten, da ihnen sonst nach den natürlichen Rechten ein blosses Jus personale zustehen könte.

§. 2.

In dem Tit. II. wird von dem Ursprung der Dominiorum civilium, und anderer dinglichen Rechte, gehandelt.

§. 3.

In dem Tit. III. wird gezeigt, wie das Dominium civile, oder utile, durch ein Erbenzins-Recht erlanget werde. (de Emphyteusi)

§. 4.

In dem Tit. IV. wird die Materie von der Oberfläche (de superficie) und das daher entstehende Dominium civile oder utile verhandelt.

§. 5.

In dem Tit. V. wird gezeigt, wie das Dominium civile durch die Verjährung acquiriret werde. (de usucapione & praescriptione)

§. 6.

In dem Tit. VI. wird erklärt, wie die Creditores ein Dominium civile in den Dingen erlangen, welche der Debitor zu ihrem Praejuditz veräussert, und welcher daher


(2-58) Part. II. Lib. III. Tit. III.

von dem Besitzer, welcher zu dem Betrug mitgeholfen, zurückgefordert werden können. (de actione Pauliana)

§. 7.

In dem Tit. VII. wird beschrieben, wie derjenige, welcher in conditione usucapiendi, folglich nicht Dominus ist, dennoch pro domino civili in so weit gehalten werde, daß er, wann er den Besitz verlieret, das Ding von allen andern, welche es aus einem geringern Titul besitzen, vindiciren könne. (de Publiciana in rem actione.)

§. 8.

In dem Tit. VIII. wird remissive gezeigt, daß das Dominium nach den Civil-Rechten auch durch eine Belehnung, durch Tradition eines Braut-Schatzes, und durch ein Testament oder letzten Willen, auch aus verschiedenen andern Ursachen, constituiret werde.

Tit. II.

Von dem Ursprung des Dominii civilis, und anderer dinglichen Rechte.

§. 1.

Die Römischen Rechte haben verschiedene Negotia, welche nach den natürlichen Rechten bloß eine actionem personalem mit sich führen, zu den dinglichen Rechten aus einer dabey versirenden Aequitaet gezogen: und entweder ein Dominium civile, oder ein anderes dingliches Recht denselben beygelegt: Dann

§. 2.

Erstlich so haben die Gesetze dergleichen Eigenthum, oder Dominium civile, in den Handlungen festgesetzet, wodurch der wahre Eigenthümer entweder einen beständigen, oder doch wenigstens langjährigen Gebrauch und Nutzung eines Dinges auf einen andern transferiret: als, wann der Eigenthümer einem andern in seinem Gut einen Emphyteusin, Superficiem, Lehn-Recht (et)c. verstattet.

Dann in diesen Fällen hat sich dieses Inconveniens geäussert, daß derjenige, welchem ein solcher langwieriger Gebrauch und Nutzung eines fremden Dinges verschrieben worden, wann er bey dem Besitz oder Genuß turbiret wird, sich weder darbey schützen, noch, wann ihm das Gut oder die Nutzung gar entzogen worden, eine Action gegen die Turbanten anstellen können; sondern er muste seinen Auctorem, von welchem er dis Ding und dessen Nutzung erhalten, actione personali belangen; und begehren, daß er den Turbanten zur Restitution des Dings anhalten, oder seine Actiones cediren solle: welches alsdann noch mehrern Weitläuftigkeiten unterworfen gewesen, wann der Auctor verstorben, und viele weit aus einander wohnende Erben hinterlassen hat.

Dieser Weitläuftigkeit vorzukommen, haben die Gesetze diesen langwierigen Gebrauch für eine Art vom Dominio sive utili sive ficto erkläret, und dem Emphyteuticario, Superficiario, und Vasallo &c. eine rei vindicationem utilem verstattet, vermöge welcher sie immediate gegen den Turbanten agiren, und ihr Dominium civile vindiciren können, ohne daß sie nöthig haben, ihren Auctorem dieserwegen personaliter zu interpelliren. Wie solche Ratio in den Römischen Rechten ausdrücklich angeführet wird. (a)

 

(a) L. 1. &. 8. De superfic. ibi: Si quis enim in superficiei usu turbabatur, actione personali ex conducto vel emto cum domino agere, & dominus cedere suas actiones superficiario tenebatur: sed longe utilius visum est (quia melius est possidere quam in personam experiri) quasi in rem actione experiri. Atque ideo Praetor actionem realem inde dedit.


(2-59) Part. II. Lib. III. Tit. II.

§. 3.

Zweytens haben die Gesetze eine Art vom Eigenthum in favorem personae vel causae, nemlich in favorem Pupilli, Minoris, Piae Causae, Militis, Dotis, Uxoris, &c. constituiret, und in allen diesen Fällen rei vindicationem utilem gegeben. Von welchen Dominiis oben in dem Titul de rei vindicatione gehandelt worden. Vid. pag. 24. sqq.

§. 4.

Drittens: Eben diese Gesetze haben auch in einigen Fällen in poenam dem vero domino das Eigenthum entzogen, und solches demjenigen zugetheilet, welcher gar kein Recht an dem Ding hatte; wann z. E. iemand zum Praejuditz seiner Creditoren an einen dritten, welcher sich hierunter mit dem Betrüger verstehet, sein Vermögen oder einen Theil davon veräussert. In diesem Fall wird den Creditoren das Dominium der veräusserten Dinge durch die Gesetze in poenam zugeeignet.

§. 5.

Viertens: Es haben auch zuweilen die Gesetze aus einer besondern Aequitaet ein Dominium fingiret, und ein dingliches Recht constituiret, wo nach der Natur des Negotii gar keine Verbindlichkeit vorhanden ist.

Hierunter gehöret die Publiciana in rem actio. Dann wann iemand, welcher rem alienam bona fide & justo titulo acquiriret hat, folglich in conditione usucapiendi ist, der Possession mit Unrecht beraubt wird, höret die gantze Usucapion auf.

Damit aber der Usucapiente durch eines andern Factum nicht um sein Recht kommen möge, haben ihm die Gesetze actionem realem (welche Publiciana in rem actio genannt wird) gegen diejenigen gegeben, welche infirmiori titulo das Ding besitzen; Vermöge deren die Besitzer schuldig sind, ihn wiederum in den Besitz des Dinges, folglich in den Stand zu setzen, damit er die Verjährung vollführen könne.

§. 6.

Fünftens haben vorgemeldete Gesetze den testamentarischen Erben und den Legatariis ein Dominium eingeräumet, welches in den natürlichen Rechten gantz unbekannt ist; Denn nachdem die Gesetze den Gebrauch der Testamente eingeführet, haben sie den Erben die haereditatis petitionem, (welche partim realis und ex dominio ist) verstattet, und fingiret, daß die Erben eine Person mit dem Defuncto seyn; folglich dessen Dominium continuiren; Sie haben ferner in favorem ultimae voluntatis dem Legatario, nebst der Actione personali ex testamento, auch rei vindicationem gegeben.

§. 7.

Ausser diesen bisher angeführten Dominiis civilibus haben vorgemeldete Gesetze Sechstens auch noch andere Negotia, welche ihrer Natur nach bloß eine actionem personalem mit sich führen, wegen einer dabey versirenden Billigkeit, zu den dinglichen Rechten gezogen, worinn den Besitzern, ausser dem Dominio, alle andere jura in re zu exerciren verstattet wird.

Solchergestalt sind die servitutes unter die jura in re gerechnet worden, weil der Gebrauch der Dienstbarkeit zu eines dritten, oder dessen praedii beständigem Nutzen gereichen soll, in welchen Fällen eine Actio realis nöthig ist. Vid. supr. §. 1.

§. 8.

Siebentens: Aus eben dergleichen Billigkeit haben die Gesetze das Pfand (pignus & hypothecam) zum dinglichen Recht declariret, und actionem realem dem Creditori gegeben, damit er desto mehr Sicherheit haben möge, und, an statt dem Pfand-Herrn zu interpelliren, in seinem Namen das Pfand vindiciren könne.


(2-60) Part. II. Lib. III. Tit. II.

§. 9.

Endlich und Achtens, so ist eben dieselbe Billigkeit Ursache, warum denenjenigen, welche eine blosse Actionem personalem haben, erlaubt wird, solche gegen einen ieden Besitzer anzustellen, welche actiones in rem scriptae genannt werden. Und hierunter gehöret unter andern die Actio quod metus causa; wovon die ratio angeführet wird, daß der Beraubte aus Furcht und Schrecken den Räuber vermuthlich nicht gekannt habe, und daher unbillig seyn würde, wann er schuldig wäre sich allein an die Person des Räubers zu halten. (b)

Hierunter gehöret auch die Actio ad exhibendum: Dann wann iemand ein Ding vindiciren will, kan solches nicht geschehen, wann er nicht versichert ist, daß derjenige, welchen er belangen will, das Ding besitze; welches aber nicht anders als durch die Exhibition des Dinges ausfündig gemacht werden kan.

Es gehören auch hierunter die Actiones noxales: weil diese Actiones nicht so wohl auf den Herrn des Thiers als auf das Thier selbst gerichtet sind. (c)

Ferner wird auch die Actio de aqua &c. arcenda darunter gerechnet; weil niemand, als der das Ding besitzt, wegen des Wassers remediren kan. (d)

Schließlich sind auch die Interdicta Actiones in rem scriptae: (e) weil niemand die Possession exhibiren oder restituiren kan, als welcher sich in dem Besitz befindet.

Diese Actiones sind und bleiben personales, und haben keinen Effectum juris in re, oder eines dinglichen Rechts, ausser daß die Actio gegen den Besitzer des Dinges gegeben wird.

Tit. III.

Wie das Dominium civile acquiriret werde durch das Erbenzins-Recht.

(De jure Emphyteutico.)

§. 1.

Der Erbenzins wird entweder pro contractu emphyteutico genommen, oder pro jure emphyteutico, für das Erbenzins-Recht.

§. 2.

Der Contractus Emphyteuticus ist ein Contractus consensualis, wodurch der Herr des Guts einem andern den völligen Nutzen des Guts verspricht, mit der Condition, daß er die Substantz des Guts conserviren, und einen jährlichen Zins davon in recognitionem dominii geben solle: Und in so weit erlanget derjenige, welchem der Erbenzins versprochen worden, bloß eine Actionem personalem. Vid. infr. §. 15.

§. 3.

Wann der Guts-Herr seinem Versprechen zu Folge dem andern das Gut überliefert, so erlanget dieser dadurch ein dingliches Recht, welches dominium utile genannt wird, und worvon die Ursache in dem vorhergehenden Titul angeführet worden. Vid. dict. §. 15.

 

(b) L. 14. §. 3. Quod met. caus. ibi: Nam cum metus habeat in se ignorantiam, (propter mentis trepidationem praesentis vel futuri periculi, L. 1. ff. eod.) merito quis non adstringitur, ut designet, quis ei vim vel metum adhibuit &c.

(c) L. 1. §. 12. Si quadr. paup. L. 7. §. 1. Damn. inf.

(d) L. 1. §. 12 de aqua & aq pluv.

(e) L 1 § 3. ff. interdict.


(2-61) Part. II. Lib. III. Tit. III.

§. 4.

Es ist der Erbenzins unterschieden 1) von dem Zins; (Censu) weil derjenige, welcher einem andern sein Gut pro censu übergiebt, das wahre Dominium auf denselben transferiret, folglich der Censite von seinem eigenen Gut den Zins bezahlet.

Wovon unter andern der Effect dieser ist, daß der Besitzer das Zins-Gut ohne Consens des vorigen Herrn alieniren könne, und daß er, wann er den Censum nicht bezahlt, das Eigenthum dieserwegen nicht verliere.

§. 5.

Es differiret auch der Erbenzins 2) von dem Contractu locationis, weil der Erbenzins nicht für die Nutzung des Guts, wie in locatione, sondern in recognitionem dominii gegeben wird: welches zur Substantz dieses Emphyteuseos erfordert wird. Es pflegen auch die Verpachtungen mehrentheils auf eine kurtze Zeit zu geschehen, dahero die Ursache, welche den Erbenzins zu einem dinglichen Recht gemacht hat, bey der Pachtung cessiret.

In dubio wird dergleichen Negotium pro Locatione gehalten: Es wäre dann, daß das Wort Erbzins in der Verschreibung stünde, welchenfalls nicht eine Locatio, sondern Emphyteusis darunter verstanden wird: Welches auch wahr ist, wann schon der Erbenzins nach Proportion der Nutzung determiniret, oder der Contract auf eine kurtze Zeit geschlossen worden.

§. 6.

3) Differiret der Emphyteusis von der Oberfläche (superficie) weil der Erbenzins-Mann den Grund nutzen, Bäume und Weinberge pflantzen, darauf säen, und die Früchte geniessen kan: dahingegen der Superficiarius bloß über die Oberfläche zu disponiren Macht hat.

§. 7.

Endlich und 4) ist dieses Recht unterschieden von dem Usufructu; weil der Usufructuarius ein Dominium civile erlanget, und die Nutzung des Guts demselben ohne Entrichtung eines Canonis überlassen wird.

§. 8.

Dieses Erbenzins-Recht wird auf alle, auch die Testamentarische Erben (nicht aber auf die Successores singulares) transmittiret; es mag das Gut geist- oder weltlichen Eigenthümern zugehören.

Es leidet aber diese Regul einen Abfall, 1) wann der Erbenzins der Familie verschrieben wird, welchenfalls bloß diejenigen succediren, die von der Familie sind; nemlich Descendenten, Ascendenten, und Collaterales, weiblichen und männlichen Geschlechts, juxta ordinem gradus.

2) Wann der Erbenzins dem Erbenzins-Mann und seinen Kindern verschrieben wird; weil alsdenn bloß die Descendenten männlichen und weiblichen Geschlechts succediren.

§. 9.

Dergleichen Erbenzins wird durch beyder Theile Bewilligung constituiret, und braucht nicht, daß der Contract schriftlich verfaßt werde, wiewol solches den Beweis facilitiren kan, wann der Contract selbst, oder ein Articul davon, oder eine Condition &c. geleugnet werden solte.

§. 10.

Es kan auch ein Erbenzins durch einen letzten Willen, item durch die Verjährung erlanget werden: welches letztere geschicht, wann iemand ein fremdes Gut 10. Jahr inter praesentes, oder 12. Jahr inter absentes, bona fide & justo titulo; oder ohne diese Qualitaeten 30. Jahr besitzet, und dem Domino einen jährlichen Canonem entrichtet. Vid. infr. pag. 79. sqq.


(2-62) Part. II. Lib. III. Tit. III.

§. 11.

Es wird der Erbenzins regulariter auf eine lange Zeit gerichtet; er kan aber auch auf eine kurtze Zeit constituiret werden, weil durch dergleichen Pacta die Natur des Negotii (welche darin bestehet, daß der Zins nicht für die Nutzung, sondern in recognitionem dominii entrichtet wird) nicht geändert, folglich in keinen contractum locati verwandelt wird. Vid. supr. §. 5.

§. 12.

Hauptsächlich aber wird zu der Substantz eines Erbenzinses erfordert, daß ein Canon erleget werde, und zwar in recognitionem dominii.

Dieser Canon kan nicht allein in baarem Gelde, (wenn es auch nur 1. Pfennig oder Groschen wäre,) sondern auch in andern Dingen bestehen, als in einem Theil der Früchte, einem Winspel Haber, 10 paar Capaunen (et)c.

§. 13.

Dieser Canon kan unter keinem Praetext erhöhet, oder wegen Mißwachs, Hagel-Schaden (et)c. verringert, der Contract selbst auch ob laesionem enormem nicht rescindiret werden.

§. 14.

Der Erbenzins-Mann muß diesen Canonem in loco contractus entrichten.

§. 15.

Der Effect dieses Negotii in Ansehung des Erbenzins-Manns ist dieser, daß er 1) aus der Erbenzins-Verschreibung Actionem personalem erlanget; welche actio Emphyteuticaria genant wird, vermöge welcher der Erbenzins-Mann gegen den Herrn des Guts agiren kan, daß er ihm das Gut versprochener massen tradiren müsse. Vid. supr. §. 2.

2) Daß der Erbenzins-Mann nach erfolgter Tradition ein dingliches Recht, welches dominium utile genannt wird, erlange; vermöge dessen er alles dasjenige thun und geniessen kan, was der Erbenzins-Herr jure directo hat thun und geniessen können.

Diesem zu Folge acquiriret er auch den auf dem Erbenzins-Gut gefundenen Schatz, salvo jure inventoris: item den Anwachs: (alluvionem) Er ist als ein Possessor eines unbeweglichen Dinges von der Caution befreyet (et)c.

3) Daß der Erbenzins-Mann das Gut nach Gefallen veräussern könne: Jedoch muß des Guts-Herrn Consens dazu erfordert werden.

Es kan aber der Erbenzins-Herr sothanen Consens ohne höchstwichtige Ursache nicht versagen, weil er bey dieser Veränderung nichts verlieret, sondern der Successor in des Erbenzins-Manns Recht tritt.

§. 16.

Unter die höchstwichtige Ursache gehöret auch, wann der Successor mit dem Grund-Herrn in Feindschaft stehet; wann derselbe mächtiger ist; wann ein Nachbar, der nach dem Erbenzins-Gut stehet, solches an sich bringen will; wann der Successor arm und verschuldet ist (et)c. Worüber der Richter erkennen muß.

§. 17.

Wann der Guts-Herr dergleichen Ursachen nicht hat, und binnen 2 Monaten, oder, wann es ein weltlicher Erbenzins ist, binnen 3 Monaten den Consens nicht ertheilet, kan der Erbenzins-Mann das Erbenzins-Gut ohne Einwilligung des Grund-Herrn veräussern, (iedoch muß der Successor dem Grund-Herrn das Laudemium entrichten.)

Es stehet aber auch dem Domino directo das Näher-Recht zu, wenn er dieselben Conditiones offeriret, und solche in continenti zu erfüllen im Stande ist.

§. 18.

Wann der Grund-Herr einmal consentiret hat, kan er nachher seinen Consens nicht ändern.


(2-63) Part. II. Lib. III. Tit. III.

§. 19.

Dergleichen Alienation, welche mit Consens des Erbenzins-Herrn geschiehet, gilt auch in praejudicium liberorum, (weil dieselbe factum patris praestiren müssen, folglich den Erbenzins nicht erben können, ohne die übrige Erbschaft anzutreten) aber nicht in praejudicium agnatorum, welche ihr Recht allein ex pacto & providentia majorum haben.

§. 20.

Wann der Dominus seinen Consens ertheilet, darf er dieserwegen nach geendigtem Erbenzins die Schulden nicht agnosciren; weil dieser Consens nichts weiter operiret, als daß der Successor befugt sey in des Emphyteutae Recht zu treten, welches er ohne Consens des Domini nicht thun kan:

Es wäre dann, daß der Guts-Herr bey Ertheilung des Consenses ausdrücklich sich dahin verpflichtet, daß er auf den Fall nicht erfolgter Zahlung dafür stehen wolle.

§. 21.

Wann ein Erbenzins-Mann sein Erbenzins-Gut ohne Einwilligung des Guts-Herrn veräussert, verlieret er sein gantzes Erbenzins-Recht.

§. 22.

Wann der Erbenzins-Mann auf seine Kosten einige Gebäude aufführet, kan er auch diese ohne Einwilligung des Guts-Herrn nicht veräussern: Weil die Gebäude zu dem Fundo, folglich zu dem Dominio directo mit gehören. (Vid. supr. Libr. II. Tit. V. Art. IV. §. 28. p. 48.

§. 23.

Es wird auch für eine Veräusserung gehalten: a) Wann eine Special-Hypothec (dann wann die Hypotheca generalis ist, werden so wenig die Lehne als die Erbenzins-Güter darunter begriffen) darinn bestellet wird, weil dieselbe eine Eventual-Veräusserung in sich begreift: Gleiche Bewandniß hat es b) Wann ein Erb-Gut sub conditione, sive resolutiva sive suspensiva, veräussert wird, weil die Veräusserung auf einen Casum, wann er existiret (et)c. festgesetzet wird. c) Wann der Erbenzins-Mann sein Dominium utile einem andern wieder zum Erbzins giebt: (in welchen Stücken es von den Lehnen differiret) keinesweges aber, wann d) der Emphyteuta bloß eine Servitut constituiret, und den Usumfructum einem andern einräumet.

§. 24.

Wann der Erbenzins-Mann sein Gut veräussern will, ist der Emphyteuta schuldig, dem Domino directo den Kauf zu denunciiren, und ihm den wahren Preis nebst allen Conditionen zu melden.

§. 25.

Die Denunciatio muß vor der Tradition geschehen, und zwar 1) dem Domino selbst, (daher nicht genug ist, wann sie dessen Mandatario generali oder speciali geschicht) oder 2) demjenigen, welcher facultatem administrandi hat; Wann also dergleichen Erbenzins-Gut in dem Peculio prosectitio, und adventitio ordinario des Sohns ist, muß es dem Vater denunciiret werden: Wann der Dominus fundi ein Pupill, Minorenn, Furiosus oder Prodigus ist, muß die Denunciation dem Tutori und Curatori geschehen: Wann der Emphyteusis einen Theil des Braut-Schatzes ausmacht, muß die Denunciation dem Marito und der Ehe-Frauen zugleich geschehen, und beyder Consens gesucht werden: Wann das Erbenzins-Gut zu der Frauen Paraphernalien gehöret, darf die Veräusserung bloß der Frauen denunciiret werden: Und wann es einem Pio Corpori gehöret, geschicht die Denunciatio nicht dem Capitulo, sondern allein dem ersten Directori.

Wann viele Herren eines Guts sind, muß einem ieden der Kauf mit allen Conditionen denunciiret werden; oder es wird dessen Theil, dem die Denunciation nicht geschehen, für caduc gehalten.


(2-64) Part. II. Lib. III. Tit. III.

§. 26.

Der Erbenzins-Mann muß alle Onera, sive ordinaria sive extraordinaria; sive realia sive personalia, übernehmen: Wie er dann auch schuldig ist, wann die vorigen Besitzer einige Praestanda, so auf dem Gut haften, aufschwellen lassen, solche salvo regressu abzuzahlen.

§. 27.

Ferner fället das Periculum so wol in Ansehung des Dominii utilis, als in Ansehung der Früchte dem Emphyteutae zur Last, und kan er dieserwegen keine Indemnisation, oder Remission des Canonis verlangen.

§. 28.

Der Erbenzins-Mann erlanget aus diesem Dominio utili actionem realem, welche rei vindicatio utilis genannt wird, vermöge welcher derselbe das Erbenzins-Gut a quocunque possessore, auch von dem Domino selbst, cum omni causa vindiciren kan.

Wann der Erbenzins-Mann in der Possession turbiret, oder derselben entsetzet wird, kan er sich jure dominii utilis durch alle die Interdicta schützen, welche dem vero Domino gegeben werden.

§. 29.

Der Effect des Emphyteuseos in Ansehung des Erbenzins-Herrn, oder Domini directi, ist dieser, daß er das Dominium directum über das Erbenzins-Gut behält, und daß daher

1) Der Erbenzins-Mann ohne seinen Consens das Gut nicht veräussern könne, da hingegen der Guts-Herr sein Dominium directum ohne des Erbenzins-Manns Einwilligung einem andern übertragen kan.

2) Daß er, wann der Erbenzins-Mann das Gut veräussern will, das Näher-Recht dazu habe, und eben dieselben Conditiones offeriren könne: es wäre dann, daß der Erbenzins-Mann titulo mere lucrativo sein Recht auf einen andern transferirte.

Not. Der Dominus directus renunciiret diesem Näher-Recht dadurch nicht, wann er in die Hypothec consentiret.

3) Daß der Erbenzins-Mann ihm in recognitionem domini einen jährlichen Zins oder Canonem praestiren müsse, und, wann er solches unterlässet, nach einer gewissen Zeit seines Rechts ipso jure verlustig gehe. Vid. §. seq.

4) Daß bey ieder Veränderung des Erbenzins-Manns (nicht aber des Domini directi) der Nachfolger den Emphyteusin renoviren, und ein Laudemium bezahlen müsse: Welches, wann es nicht in dem Erbenzins-Brief benannt ist, nach der Observantz des Orts determiniret werden muß. In dubio ist es der 50ste Theil des Werths vom Gute.

5) Daß er, wann das Erbenzins-Gut verloren gehet, das Dominium directum verliere: res enim perit domino.

6) Daß ihm in Ansehung dieses Guts verschiedene Actiones zu statten kommen: Denn er hat

a) Actionem emphyteuticariam gegen den Erbenzins-Mann, vermöge welcher er diesen anhalten kan, den versprochenen Canonem zu bezahlen.

b) Rei vindicationem, wann der Erbenzins aufhöret und geendiget ist. Vid. §. seqq.

§. 30.

Es höret das Erbenzins-Recht auf und wird geendiget, 1) wann der Erbenzins-Mann diesem Recht renunciiret, solches in die Hände des Domini directi refutiret, und dieser die Renunciation acceptiret.

2) Wann die Zeit, auf welche der Erbenzins verschrieben worden, verflossen ist, folglich das Dominium utile mit dem Dominio directo consolidiret wird: als,


(2-65) Part. II. Lib. III. Tit. III.

a) wann die Verschreibung auf gewisse Jahre lautet, und dieselben zu Ende laufen: b) wann er in genere verschrieben worden, und der Erbenzins-Mann ohne Erben stirbt; Vid. supr. §. 8. c) wann er der Familie gegeben ist, und die Familie ausstirbt; d) wann er den Kindern verschrieben worden, und keine Söhne oder Töchter mehr vorhanden sind; ibid. e) wann er den Söhnen verschrieben worden, und keine vom männlichen Geschlecht mehr übrig sind. dict. §. 8.

3) Wann das Erbenzins-Gut untergehet und nicht mehr existiret.

Welches auch geschiehet, wann die Gestalt und Form des Guts geändert wird. Vid. supr. pag. 41. §. 10.

Wann nicht das gantze Gut untergehet, sondern ein Theil davon übrig ist, so bleibt das Erbenzins-Recht in diesem Theil.

4) Wann der Erbenzins-Mann (dominus utilis) und der Erbenzins-Herr (dominus directus) unter einander Erben werden, folglich beyder Vermögen confundiret wird.

5) Wann das Erbenzins-Gut durch des Erbenzins-Mannes Verbrechen confisciret wird, fällt selbiges nicht dem Fisco, sondern dem Domino directo anheim.

6) Wann dergleichen Erbenzins-Gut von dem Feinde occupiret wird, verlieret der Erbenzins-Mann sein Recht. Im Fall aber nachher der Feind dieses Gut zu verlassen genöthiget wird, muß es jure postliminii dem Erbenzins-Mann restituiret werden. Vid. supr. pag. 50. §. 34. seq.

7) Es wird auch der Erbenzins durch die Verjährung geendiget, wann nemlich der Dominus directus sich wieder in die Possession gesetzet, und der Emphyteuta, nachdem er sich gemeldet und von demselben abgewiesen worden, 10 Jahr inter praesentes und 22 Jahr inter absentes dabey acquiesciret, und solchergestalt die Freyheit von diesem Onere usucapiret. (Vid. infr. Tit. V. §. 26.)

Gleiche Bewandniß hat es, wann der Dominus utilis sich weigert den Canonem zu bezahlen, und der Dominus directus binnen der vorangesetzten Zeit dabey acquiesciret, so acquiriret der Emphyteuta das wahre Dominium; folglich wird der Emphyteusis und das Dominium utile durch die Usucapion aufgehoben. (d. §. 26.)

8) Wann der Erbenzins-Mann das Gut auf eine notable Art deterioriret, und z. E. das Holtz devastiret, die Bäume aus den Gärten aushauet, das Haus nicht repariret (et)c.

Es muß aber die Deterioration a) ein perpetuirliches Praejuditz mit sich führen; als wann z. E. der Wald gantz oder zum Theil ausgehauen wird. b) Muß sie dolo vel lata culpa geschehen, und ist culpa levis nicht genug.

Wann c) diese beyden Requisista nicht vorhanden sind, oder der Erbenzins-Mann sich in continenti zur Reparatur erkläret, und solche wircklich vornimt, kan der Erbenzins-Herr bloß ad Interesse agiren.

9) Wann der Erbenzins-Mann, binnen 2. Jahren in den geistlichen Erbenzins-Gütern, und binnen 3. Jahren in den weltlichen Gütern, den versprochenen Canonem nicht entrichtet, verlieret er sein Recht ipso iure, und braucht es keiner Mahnung, noch gerichtlichen Erkäntniß.

Es leidet diese Regul verschiedene Exceptiones, und der Erbenzins-Mann verlieret sein Recht wegen nicht bezahlten Canonis nicht:

a) Wann der Dominus directus nach Verlauf dieser Zeit von der Caducitaet Wissenschaft hat, und dennoch den Canonem ohne Protestation annimt: oder wann

b) Der Erbenzins-Mann, ehe der Dominus directus die Vindications-Klage anstellet, oder Exmissionem gerichtlich suchet, den völligen rückständigen Canonem mit Zinsen realiter offeriret; oder wann

c) Der Dominus directus die Moram ausdrücklich remittiret; oder

d) In der Verschreibung ein anderes verabredet, und z. E. bloß eine poena conventionalis darauf gesetzt worden; oder


(2-66) Part. II. Lib. III. Tit. III.

e) Wann der Erbenzins-Mann mit dem Domino directo wegen der Caducitaet im Streit stehet, und währendem Proceß keinen Canonem bezahlt; oder

f) Wann verschiedene Domini directi sich angeben, und dieselbe unter sich über das Dominium streiten; (wiewol alsdann der Erbenzins-Mann auf eines von den Interessenten Verlangen den gantzen Canonem gerichtlich deponiren muß;) oder

g) Wann der Erbenzins-Herr einen Theil des Canonis, obschon unter der Protestation, daß solches seinem juri vindicandi nicht praejudiciren solle, annimt; oder

h) Wann er nach angestellter Caducitaet-Klage den Canonem, obschon mit der vorhergemeldten Protestation, annimt; oder

i) Wann Wir selbst, oder ein Pium Corpus, ein Erbenzins-Gut besitzen, und in der gesetzten Zeit den Canonem nicht entrichten, weil alsdenn die Schuld mehr an den Beamten liegt. Wann also der Dominus directus dergleichen Erbenzins-Gut einziehen wolte, kan er damit nicht gehöret werden, sondern er kan bloß zu Entrichtung des Canonis agiren.

k) Wann er Reipublicae causa abwesend ist; oder

l) Wann ihm gerichtlich verboten worden, den Canonem auszuzahlen; oder

m) Wann er anticipando dem Domino directo denselben voraus bezahlet hat; oder

n) Wann er im Gefängniß, obschon durch seine Schuld, gefangen gehalten wird; oder

o) Wann sonst eine justa causa vorhanden ist, welche dem Arbitrio Judicis überlassen wird.

Wann verschiedene Erbenzins-Männer sind, und nur einer den Canonem schuldig bleibt, kan der Dominus directus dessen ratam nicht vindiciren, sondern er muß den Canonem mediante executione beytreiben.

Es kan der Erbenzins-Mann in Ansehung dieses Canonis keine exceptionem compensationis opponiren, wann der Dominus directus ihm ex alio capite etwas schuldig ist, weil die recognitio dominii directi keine Function mit einer andern Schuld leidet.

10) Wann der Erbenzins-Mann freventlich negiret, daß das Gut, welches er besitzet, ein Erbenzins-Gut sey.

11) Wann er ohne des Domini directi Consens das Gut veräussert.

In welchem Fall dem Erbenzins-Mann nichts helfen kan, wann schon a) der Kauf-Schilling nicht bezahlet ist, und der Verkäufer sich das Dominium bis zur völligen Bezahlung des Kauf-Pretii reserviret: oder b) in der Veräusserung des Domini directi Consens vorbehalten worden, und derselbe binnen den dreyen nächsten Monaten nicht gesucht wird: oder c) der Alienation eine Condition, sie mag suspensiva oder resolutiva seyn, beygefügt wird, weil doch auf einen Fall eine Alienation darunter begriffen ist: oder d) die Veräusserung zum Besten und Nutzen des Guts-Herrn gereichet.

Wann Wir selbst, oder ein Pium Corpus, ein Erbenzins-Gut ohne des Guts-Herrn Einwilligung veräussern, wird das Gut nicht caduciret, sondern die Alienation ist null und nichtig, und der neue Possessor muß sofort exmittiret werden.

12) Wann der Erbenzins-Mann zwar den Consens erfordert, aber den offerirten Werth und verabredete Conditiones verschweiget, und solche nicht zugleich declariret; oder

13) Ein höheres Pretium, oder schwerere Conditiones, als ihm offeriret worden; oder

14) Ein geringeres Pretium, um das Laudemium desto geringer zu machen, angiebt: Verlieret der Erbenzins-Mann sein Recht.

Not. Es stehet dem Domino directo frey, über die in den drey letzten Fällen vorfallende Umstände dem Käufer so wol als dem Verkäufer den Eid zu deferiren.


(2-67) Part. II. Lib. III. Tit. III. IV.

§. 31.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß der Erbenzins-Mann, wann das Gut dem Domino directo anheim fällt, in allen diesen Fällen die existirende und erweisliche Meliorationes, wann sie nothwendig sind, zurück fordern könne. Wovon oben pag. 29. gehandelt worden.

§. 32.

Ohngeachtet nun durch alle vorhergehende Modos das Erbenzins-Recht aufhöret und geendiget wird; so stehet dennoch dem Domino directo nicht frey, den Erbenzins-Mann propria auctoritate aus dem Besitz zu setzen, wann solches ihm schon in der Verschreibung ausdrücklich erlaubt worden, sondern es muß solches auctoritate judiciali geschehen.

Würde er aber ohne dergleichen richterliche Hülfe den Erbenzins-Mann exmittiren, verlieret er sein jus vindicandi, und dieser continuiret nach wie vor den Erbenzins, wann er zuvor ex capite spolii cum omni causa restituiret worden.

§. 33.

Wann das Erbenzins-Gut dem Domino directo zurück fällt, ist er nicht schuldig, die von dem Erbenzins-Mann darauf contrahirte Schulden zu bezahlen. Wann dieser auch schon consensu domini den Erbenzins an einen andern veräussert hat. Vid. supr. §. 20.

Tit. IV.

Wie das Dominium civile durch Constituirung der Oberfläche acquiriret werde.

(De Superficie.)

§. 1.

Wann der Grund-Herr einem andern erlaubt, entweder auf ewig oder auf eine lange Zeit, ein Haus, Stall, Scheune, Boutique &c. auf seinen Grund und Boden zu bauen, Stein, Holtz, Waaren (et)c. darauf zu legen und zu verwahren, oder sich eines daselbst schon gebaueten Hauses zu gebrauchen; so wird solches Superficies genannt, weil nicht der Grund (Solum) sondern bloß die Oberfläche (facies terrae) auf den andern transferiret wird, so daß das Solum von der Superficie unterschieden ist.

§. 2.

Zu Constituirung dergleichen Superficiei wird erfordert, 1) daß derjenige, welcher den Superficiem einem andern überläßt, Herr des Grundes sey, und freye Macht habe darüber zu disponiren.

2) Daß er den Platz tradire, weil kein Dominium oder dingliches Recht, ohne Ergreifung des Besitzes acquiriret werden kan. Dahero derjenige, welchem ein Superficies nur versprochen worden, bloß actionem personalem gegen den Grund-Herrn hat, daß dieser ihm die Superficiem praestiren müsse.

3) Daß die Superficies aus einem gültigen Titulo transferiret werde; z. E. durch Kauf, Schenckung, letzten Willen, Verjährung, oder durch eine Location auf eine lange Zeit.

4) Daß der Superficiarius den Platz conserviren, und ein Solarium oder Stätte-Geld davon entrichten müsse.


(2-68) Part. II. Lib. III. Tit. IV.

§. 3.

Nach den natürlichen Rechten folget aus dergleichen Negotio, wodurch iemand die Ober-Fläche auf einem fremden Gut verstattet wird, bloß eine Obligatio personalis, wodurch der Superficiarius, wann er an dem Gebrauch dieser Superficiei gehindert wird, gegen den Grundherrn agiren kan, daß er ihn gegen dergleichen Turbation schützen, oder seine Action cediren müsse.

Weil aber dem Besitzer der Oberfläche bey einem ewigen oder wenigstens langjährigen Recht sehr beschwerlich fallen würde, dergleichen Umwege zu suchen, und den Grundherrn oder dessen Erben (deren öfters viele und zerstreuet sind) um Hülfe anzusuchen; so haben die Gesetze dergleichen Besitzern der Oberfläche ein dingliches Recht verstattet, und denselben zum Domino utili declariret.

§. 4.

Der Effect von diesem dinglichen Recht bestehet in Ansehung des Superficiarii darinnen, I) daß der Superficiarius dadurch eine Speciem dominii erlange, welches dominium utile genannt wird; und daß er den Superficiem naturaliter, das ist, in seinem Namen, nicht aber civiliter, das ist, nomine alieno, besitze; daher derselbe in dem Superficie alles utiliter thun kan, was der Grundherr jure directo zu thun befugt ist; folglich kan er nach Gefallen von der Oberfläche disponiren, die Superficiem verkaufen, verpfänden, und Dienstbarkeiten (Servitutes) darauf legen, welche Jura aber mit dem Superficie aufhören.

Gleichwie aber der Superficiarius auf den Grund selbst (Solum) kein Recht hat: also kan er keine Bäume darauf pflantzen, Weingärten daselbst anlegen (et)c. weil dieses Nutzungen des Grundes, nicht aber der Oberfläche sind: dahingegen muß er den Superficiem und die Wohnung, die er gekauft (et)c. auf seine Kosten conserviren, und nach geendigtem Recht in dem Stande, wie er beydes empfangen, restituiren.

Alle Onera, welche auf der Superficie und deren Gebäuden haften, oder in Ansehung der Oberfläche dem Besitzer auferleget werden, sie mögen ordinaria oder extraordinaria, realia oder personalia seyn, überträgt der Superficiarius.

II) Erlangt der Superficiarius aus seinem Dominio utili eine Actionem realem, nemlich utilem rei vindicationem, vermöge welcher der Superficiarius, wann er den Superficiem verloren, solchen von einem ieglichen Besitzer, auch dem Grundherrn selbst, cum omni causa vindiciren kan:

Es werden auch in gewissen Fällen dem Superficiario andere Actiones, welche dem Grundherrn jure directo gegeben werden, jure utili verstattet, als actio familiae erciscundae, communi dividundo, publiciana in rem actio, und wann eine Dienstbarkeit auf der Superficie haftet, actio confessoria; &c. wann er durch Gewalt depossediret wird, actio de vi et vi armata &c.

Wann der Superficiarius nicht sein Recht selbst vindiciren, sondern bloß sich bey der Possession schützen will, wird ihm ein interdictum de superficiebus verstattet, wovon unten gehandelt werden soll.

§. 5.

In Ansehung des Domini directi, welcher den Superficiem constituiret, ist der Effectus dieser:

I) Daß er das Dominium directum über diese Oberfläche behalte, folglich die Gebäude, die von dem Superficiario darauf gesetzt werden, jure soli acquirire.

II) Daß der Superficiarius den Grund nomine domini, folglich nicht in seinem Namen, besitze.

III) Daß er nach geendigter Superficie das Gut a quocunque possessore vindiciren könne.

IV) Daß er das Solarium actione personali fordern könne.

§. 6.

Wenn der Superficiarius das Gut verpfändet, und bey entstehendem Concurs mit dem Domino fundi ratione solarii concurriret, gehet der letztere dem Creditori vor, wann die Hypothec nicht in das Landbuch eingetragen worden.


(2-69) Part. II. Lib. III. Tit. IV. V.

§. 7.

Wann der Superficiarius säumig ist, das Solarium zu bezahlen, wird dadurch die Superficies nicht aufgehoben, sondern der Grundherr muß den Superficiarium actione personali dazu anhalten. In welchem Fall die Superficies von der Emphyteusi differiret.

§. 8.

Hieraus ergiebt sich von selbst, wie diese Superficies von andern Juribus, die mit derselben eine Gleichheit haben, differire. Dann sie differiret 1) von der Servitute Ususfructus & Usus, weil die sämtlichen Nutzungen des Grundes dem Fructuario und Usuario zustehen: 2) Von der Servitute habitationis, weil dem Superficiario die Wohnung jure dominii zustehet.

Es ist die Superficies 3) auch keine Dienstbarkeit, (Servitus) weil der Superficiarius das Dominium utile hat, in re propria aber kan keine Servitus constituiret werden; Zu geschweigen, daß in Servitute praediali vicinia erfordert wird, welches bey der Superficie nicht nöthig ist.

Es ist auch 4) die Superficies von dem Emphyteusi unterschieden, wodurch a) alle Utilität des Guts, b) sub lege meliorationis & annuae pensionis; und zwar c) in recognitionem dominii, auf den Erbenzins-Mann transferiret wird.

5) Differiret dieselbe auch von der Verpachtung, (a locatione) weil diese, wann der Platz auf eine kurtze Zeit verpachtet wird, kein dingliches Recht, sondern bloß obligationem personalem inferiret; folglich der Conductor nichts als eine actionem personalem gegen den Locatorem, niemals aber contra Tertium, erlanget.

Wann aber in dem Pachtbrief das Wort Superficies stehet, ist es keine Locatio, wann schon die Superficies auf wenige Jahre verschrieben worden.

§. 9.

Dieses Jus superficiarium, und daher entstehende Dominium utile, höret auf: 1) Wann die Superficies untergehet, z. E. wann das erkaufte Gebäude gäntzlich, ohne daß ein Theil davon übrig bleibt, diruiret wird; welchenfalls es auch nicht revivisciret, wann schon ein ander Haus darauf gebauet wird.

2) Wann es mit dem Fundo consolidiret wird, als wann der Eigenthümer und der Superficiarius einer des andern Erbe wird, oder einer des andern Recht usucapiret.

3) Wann die Superficies nur auf eine gewisse Zeit constituiret wird, und die Zeit zu Ende gehet; Nicht aber 4) wann der Superficiarius in Zahlung des Grund-Zinses säumig ist.

Tit. V.

Wie das Dominium civile acquiriret werde durch die Verjährung.

(De Usucapione & Praescriptione.)

§. 1.

Nach den natürlichen Rechten ist ein langjähriger Besitz eines fremden Dinges, oder Gebrauch einer Gerechtsame auf eines andern Gut, kein rechtlicher Modus das Eigenthum des Guts, oder die Gerechtsame auf dem fremden Gut zu erlangen, und dem Domino sein Recht zu entziehen: Es wird vielmehr das Unrecht, welches diesem durch Vorenthaltung seines Guts, oder Anmassung einer Gerechtsame auf demselben geschicht, durch die Länge der Zeit vermehret.


(2-70) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

§. 2.

Weil aber dem gemeinen Wesen daran gelegen, daß diejenigen, welche lange Jahre ein fremdes Gut besitzen, oder eine Gerechtsame darauf exerciren, einmal in Sicherheit gesetzet werden; so haben die Gesetze nicht ohne Grund eine gewisse Zeit vorgeschrieben, nach deren Ablauf der Besitzer eines solchen fremden Guts, oder darauf gebrauchten Gerechtsame, nicht weiter in Anspruch genommen werden kan. Welches die Verjährung genannt wird.

§. 3.

Die Materie der Verjährung ist durch die Römischen Gesetze, und das Jus Canonicum in eine solche Confusion gesetzet worden, daß die Menschen, an statt die verhoffte Sicherheit dadurch zu erhalten, in unendliche Processe und Weitläuftigkeiten verwickelt worden.

§. 4.

Wir haben daher nöthig gefunden, gewisse Principia festzusetzen, und die bishero bey dieser so nützlichen Materie vorgekommenen Zweifel zu decidiren: Zu welchem Ende Wir bloß drey Arten von Verjährungen beybehalten haben: 1) die Usucapion; 2) die Verjährung von 30 oder 40 Jahren; 3) die Verjährung, welche aus einer undencklichen Possession herrühret.

Art. I.

Von der Usucapion.

§. 5.

Die Usucapion ist ein Modus, wodurch das Eigenthum eines Dinges, oder eine Gerechtsame auf einem fremden Gut, (Jus alienum) oder die Freyheit von einem auf seinem Gut haftenden onere, acquiriret wird.

§. 6.

Zu dieser Verjährung, welche per Usucapionem geschicht, wird erfordert, 1) daß der Usucapient fähig sey ein Ding oder Recht zu besitzen.

2) Daß das Ding oder Recht einem andern zugehöre.

3) Daß der Usucapient dieses fremde Ding oder Recht bona fide, und

4) ex justo titulo,

5) besitze.

§. 7.

Es wird also Erstlich zur Usucapion erfordert, daß der Usucapiente in dem Stande sey und die Fähigkeit haben den Besitz zu ergreifen, und etwas zu acquiriren.

Daher kan a) ein Pupillus, welcher pubertati proximus ist, auch ohne Zuthun seines Vormundes, die Possession ergreifen, und die Usucapion anfangen.

Hingegen kan b) kein Pupillus, welcher ein Kind oder infantiae proximus ist, usucapiren, wann auch schon der Tutor seine Auctorität interponiret, sondern der Tutor muß allein im Namen des Pupilli die Usucapion anfangen.

Es kan auch c) kein Furiosus die Usucapion anfangen, wann schon der Curator consentiret. Sondern der Curator muß allein nomine Furiosi den Anfang der Usucapion machen; Wann aber der Furiosus bey seinen gesunden Tagen die Possession ergriffen hat, kan derselbe auch die Usucapion continuiren und endigen.

d) Die Filiifamilias können gleichfalls diejenigen Dinge usucapiren, welche ad peculium castrense & quasi castrense, oder ad peculium adventitium ordinarium gehören.

In den Dingen, welche ad peculium profectitium ordinarium gehören, usucapiren sie das Ding im Namen ihres Vaters.


(2-71) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

In dem Peculio adventitio ordinario usucapiren sie zwar das Eigenthum des Dinges, der Vater aber acquiriret den Usumfructum.

Schließlich und e) sind diejenigen unfähig etwas zu usucapiren, welche kein Eigenthum acquiriren können, als z. E. die in die Acht erkläret worden (et)c.

n. 1. Die Erben und Successores singulares können die von dem Verstorbenen angefangene Usucapion continuiren; es wird aber erfordert, daß beyde gleichfalls in bona fide seyn müssen.

Wann der Verstorbene malae fidei possessor gewesen, können so wenig die Erben als die Successores singulares die Usucapion continuiren, wann beyde schon in bona fide seyn. Sondern sie müssen die Usucapion erst in ihrem Namen, folgends von der Zeit der angetretenen Erbschaft, oder a tempore traditionis anfangen.

n. 2. Es kan auch iemand durch einen andern usucapiren, als ein Vater durch seinen Sohn, auch ohne des Vaters Vorwissen, wann nemlich der Sohn in des Vaters Namen die Possession ergreifet: item in dem peculio profectitio: Gleichergestalt kan iemand durch einen Procuratorem den Anfang der Usucapion machen, der Principal oder Mandans aber muß davon wissen.

§. 8.

Es wird Zweytens erfordert, daß das Ding, dessen Eigenthum verjähret, oder worinn eine Gerechtsame usucapiret werden soll, einem andern zugehöre: Weil niemand sein eigenes Gut verjähren, oder sich selbst ein Onus durch die Verjährung auflegen kan.

§. 9.

Es wird Drittens erfordert, daß der Usucapient das Ding oder Recht bona fide besitze, das ist, daß er nicht anders gewust habe, als daß das Ding sein eigen, oder er sich des Rechts auf eines andern Gut zu gebrauchen befugt sey.

Es ist also der Usucapient nicht in bona fide, wann er wissentlich, daß er kein Recht habe, sich des Dinges oder einer Gerechtsame auf eines andern Gut anmaßt. Item wann er von einem wissentlich, daß er kein Recht habe, ein solches Gut oder eine Gerechtsame acquiriret; oder wann er nur daran zweifelt, und solcher Zweifel durch einige Umstände bestärcket wird; als wann er weiß, daß der Besitzer schon ehemals von iemand wegen dieses Guts in Anspruch genommen worden.

Wann der Usucapient ohne dergleichen Umstände gezweifelt, und z. E. ein bloß Gerüchte ergangen, daß derjenige, von dem er Causam hat, nicht Herr des Guts sey, wird dadurch bona fides nicht aufgehoben: Jedoch stehet dem Eigenthümer frey den Usucapienten den Eid zu deferiren, daß er weder damals eine ungezweifelte Gewißheit gehabt, noch nachhero erhalten habe.

Noch weniger ist der Usucapient in bona fide, wann er aus einem errore juris geglaubt hat, daß z. E. derjenige, von welchem er das Ding oder Recht acquiriret, und welcher ein blosser Usufructuarius ist, Macht habe das Eigenthum zu veräussern.

Es wird aber dieser bona fides nicht allein zur Zeit, da der Usucapient den Besitz erlanget, sondern währender gantzen Verjährungs-Zeit erfordert, weil niemand aus seiner mala fide in so kurtzer Zeit etwas lucriren kan.

Weil aber bona fides allezeit praesumiret wird, so muß derjenige, welcher vorgiebt, daß der Usucapiente mala fide besitze, solches erweisen.

§. 10.

Es wird Viertens erfordert, daß der Usucapient das Ding oder die Gerechtsame ex justo titulo erhalte, das ist, aus einem solchen Titul, wodurch das Eigenthum oder ein dingliches Recht transferiret wird. (ex causa dominii seu juris translativa)

n. 1. Es ist also nicht genug, wann der Besitzer bloß vermeint, daß er dergleichen justum titulum habe, oder glaubt, daß derjenige, von welchem er causam hat, justo titulo das Ding besessen habe: Es wäre dann, daß er eine zulängliche Ursache habe, solches zu glauben, als wann z. E. iemand ein Ding oder Jus in seines Erblassers


(2-72) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

Erbschaft findet, weil er nicht schuldig ist zu wissen, ob der Defunctus das Ding ex justo titulo erlanget habe: Item wann iemand einem andern eine Commission aufgetragen ein Ding zu kaufen, der Procurator auch das Ding liefert, nachhero aber sich findet, daß der Kauf null und nichtig sey; Item wann iemand von einem Furioso etwas kauft, in der Meinung, daß er sanae mentis sey: Wann iemand indebite Geld annimt, und bona fide glaubt, daß der Zahler ihm solches schuldig sey. Wann ein Legatarius bona fide ein Legatum ex testamento annimt, nicht wissend, daß solches durch einen Codicill wieder adimiret worden (et)c.

n. 2. Wann iemand aus einem simulirten Negotio etwas besitzet, ist der Titulus null und nichtig, folglich zur Usucapion nicht zureichend: Wann also z. E. iemand durch einen Contract bekennet, daß er sein Haus dem Cajo verkauft habe, da er es ihm doch nur vermiethet hat, so kan dieser Mieths-Mann nach Verlauf der gesetzten Jahre keine Usucapion vorschützen, weil kein justus titulus dominii translativus vorhanden ist.

§. 11.

Wir haben zwar in genere fest gesetzet, daß alle causae dominii translativae pro justis titulis gehalten werden sollen. Es sind aber einige spezial tituli, worbey etwas besonders vorkommt, und welche daher besonders ausgeführet werden müssen.

§. 12.

Hierunter gehöret I. der Titulus pro soluto: Wann nemlich Cajus bona fide vermeinet, daß der Sejus ihm 100 Rthlr. schuldig sey, dieser auch ex errore die 100 Rthlr. bezahlt, so kan der Cajus diese 100 Rthlr. ex titulo pro soluto usucapiren: item, wann dem Cajo von dem Sejo ein Ding tradiret wird, und der erste bona fide glaubet, daß dem Sejo das Ding zugehöre, hat die Usucapio pro Soluto gleichfalls statt.

§. 13.

Ein anderer besonderer Titul ist II. der Titulus pro emtore: Wann nemlich der Cajus von dem Sejo ein Ding oder Gut, wovon dieser nicht Herr ist, kaufet.

In diesem Fall wird erfordert, 1) daß der Sejus fähig sey zu contrahiren, 2) daß wircklich der Kauf geschlossen sey, weil nicht genug ist, daß der Cajus glaube, daß er das Ding gekauft habe. 3) Daß die Traditio erfolget, (welches auch per fictam traditionem geschicht.) 4) Daß der Cajus in bona fide sey: und 5) das Kauf-Pretium dem Sejo wircklich bezahlt, oder dieser dem Cajo solches geborgt habe, oder der Sejus auf andere Art Satisfaction erhalten.

Pro Emtore wird auch, quoad effectum usucapionis, derjenige gehalten, der aestimationem litis alienae bona fide bezahlt, oder ex causa transactionis, permutationis, vel divisionis, ein fremdes Ding bona fide tradiret erhalten hat.

Es höret aber der Käufer dadurch nicht auf in bona fide zu seyn, wann er vorhin weiß, daß der Verkäufer das Geld liederlich durchbringen werde; sondern es ist genug, wann er glaubt, daß dem Verkäufer das Ding eigenthümlich zugehöre.

Im übrigen hat der Titulus pro emtore nicht statt, wann der Sejus dem Cajo ein Ding sub conditione suspensiva verkauft, weil der Käufer erst existente conditione das Dominium erlanget, daher die Usucapio von dieser Zeit erst anfänget.

§. 14.

Ein solcher Titulus particularis ist auch III. Titulus pro haerede: Wann nemlich ein wahrer Erbe (wann er schon suus und necessarius ist) bona fide unter den Erbschaft-Stücken ein Gut oder Ding besitzet, welches nicht zur Erbschaft gehöret, allermassen der Erbe nicht schuldig ist zu wissen, quo jure der Defunctus ein iedes Ding der Erbschaft acquiriret habe.

Wann aber der Eigenthümer erweiset, daß der Verstorbene dieses Ding von ihm geliehen habe, oder in seinem Namen als ein Depositum erhalten, oder solches sonst


(2-73) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

besessen habe; so kan der Erbe nicht ex jure defuncti usucapiren, sondern er muß a tempore aditionis haereditatis die Usucapion anrechnen, folglich dieselbe a sua bona fide anfangen.

§. 15.

Ein Titulus singularis ist auch IV. der Titulus pro donato: wann nemlich Sejus, welcher non Dominus ist, dem Cajo ein fremdes Ding schencket, und die Donatio nicht wider die Gesetze läuft. Dieser Titul ist ad effectum usucapiendi zureichend, wann schon der Donans die Schenckung revociret, und dieserwegen die Action angestellet hat; weil die Usucapio gegen den Eigenthümer des Guts dennoch seinen Lauf behält.

§. 16.

V. Der Titulus pro derelicto bestehet darin: wann iemand, welcher nicht Herr eines Dinges oder Gutes ist, solches derelinquiret, das ist, in seinem Vermögen nicht weiter haben will: In diesem Fall kan derjenige, welcher ein solches derelinquirtes Gut bona fide, (das ist, in der Meinung, daß derjenige, welcher das Ding derelinquiret, wircklich Eigenthümer gewesen, und solches zu derelinquiren Macht gehabt habe,) an sich nimt, pro derelicto usucapiren.

Wann aber eine Sache pro derelicto zu halten, davon ist oben pag. 17. §. 51. gehandelt worden.

§. 17.

VI. Der Titulus pro legato hat alsdann statt, wann Sejus, welcher non Dominus ist, dem Cajo ein Ding oder Gut legiret: In diesem Fall kan der Cajus das legirte fremde Ding pro legato usucapiren, ob schon der wahre Eigenthümer noch am Leben ist.

Es hat auch dieser Titulus statt, wann der Testator sein eigen Gut dem Cajo legiret, und solches ihm nachhero wieder adimiret, der Legatarius aber dessen unwissend den Besitz non vi, non clam, non precario ergriffen hat. Item wann der Testator dem Cajo ein Legatum vermacht, und zwey Caji vorhanden sind, so usucapiret derjenige Cajus pro legato, welcher das Legatum bona fide besitzet, ob schon der Testator denselben nicht gemeinet hat.

Es ist dieser Titulus auch gültig, wann schon das Testament, in welchem das Legatum vermacht worden, wegen Mangel der Solennitaeten annulliret wird.

Es verstehet sich aber von selbst, daß bloß derjenige aus diesem Titul usucapiren könne, der in dem Stande ist, aus einem letzten Willen etwas zu acquiriren.

§. 18.

VII. Der Titulus pro dote ist gleichfalls ein Titulus singularis: wann nemlich eine Frau ihrem Ehemann rem alienam zum Brautschatz giebt, welchenfalls die Usucapio a die traditionis anfängt.

Es hat also dieser Titulus nicht statt, wann eine Braut ihrem Bräutigam rem alienam mit der Intention einliefert, daß er solche erst nach der Hochzeit acquiriren solle, (welche Intention in dubio praesumiret wird) sondern es fängt dieser Titulus, folglich die Usucapion, erst von dem Tage der Hochzeit an.

Wann aber eine Braut ihrem Bräutigam ohne solche Intention pure dergleichen fremdes Ding schencket, fängt die Usucapion a die traditionis an zu laufen.

Dieser Titulus hat in allen Dingen statt, welche in dotem gegeben werden können, sie mögen singulares, oder universales, oder gemeinschaftlich seyn.

Jedoch ist ein Unterschied zu machen, ob der Braut-Schatz dem Ehemann vor der Heyrath aestimato oder inaestimato gegeben worden: Erstern falls kan der Ehemann das Ding weder pro dote noch pro suo usucapiren: auf den letztern Fall aber usucapiret er vor der Hochzeit das Ding ex titulo pro suo, nach der Hochzeit aber ex titulo pro dote.

Es höret dieser Titul in Ansehung des Ehemannes auf, wann die Heyrath dissolviret,


(2-74) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

oder für ungültig declariret wird: die Frau aber kan ihrerseits die Usucapion dieses ihr zurückgefallenen dotis continuiren.

§. 19.

Endlich und VIII. ist auch noch ein besonderer Titulus usucapionis pro suo: welcher entweder generalis ist, und mit allen vorhergehenden Titulis concurriret: oder specialiter genommen werden kan.

Wann also iemand ex emto, legato, dote, &c. usucapiret, werden diese special-Tituli auch unter dem Titulo pro suo begriffen.

Der Special-Titulo pro suo aber hat alsdann statt, wenn des Usucapienten Titul keinen besondern Namen hat, als z. E.: a) Wann iemand ein von einem andern zahm gemachtes Wild in seinem Gehege antrift, und solches in seinen Thier-Garten einschliesset. b) Wann iemand fructus ex re aliena bona fide genossen, und sich dadurch bereichert hat. c) Wann iemand ex errore ein Ding indebite einem andern tradiret, und dieser solches bona fide acceptiret. d) Wann eine Braut ihrem Bräutigam vor der Hochzeit rem alienam inaestimato tradiret. Vid. §. praec.

§. 20.

Es wird Fünftens zur Usucapion erfordert, daß derjenige, welcher ein Ding oder Gut usucapiren will, solches besitze: Daher ohne wircklichen Besitz keine Usucapion statt haben kan; Es kan auch dieserwegen der Besitzer nichts mehr usucapiren, als was er, und in so weit er es besitzet.

Wann also iemand ein Ding, welches aus vielen Stücken zusammen gesetzt ist, und z. E. ein Haus besitzet, usucapiret zwar der Besitzer das Eigenthum des Hauses, nicht aber die Materialien, woraus das Haus gebauet ist: sondern wann das Haus diruiret wird, kan der Eigenthümer sothane separirte Materialien vindiciren. Vid. supr. pag. 43. §. 18. & 19.

Gleiche Bewandniß hat es auch, wann iemand ein Ding oder Gut besitzet, welches contingenter aus verschiedenen Dingen bestehet; z. E. wann iemand eine Heerde Schafe usucapiret. In diesem Fall hat die Verjährung zwar ratione der gantzen Heerde, nicht aber ratione der einzeln Schafe statt; folglich wann ein fremdes Schaf unter dieser Heerde begriffen ist, kan der Dominus solches auch elapso tempore usucapionis vindiciren.

Wie dann auch im Gegentheil, wann iemand alle Materialien eines zerfallenen Hauses, oder, wann iemand eine Anzahl Schafe nicht als eine Heerde, sondern als einzelne Schafe besitzet, und usucapiret hat, nicht gesagt werden kan, daß er das Haus oder die Heerde usucapiret habe.

§. 21.

Es wird Sechstens zu der Usucapion eine gewisse Zeit erfordert.

Die Römischen Gesetze haben in beweglichen Dingen eine Zeit von 3 Jahren, in unbeweglichen aber 10 Jahre, wann der Eigenthümer im Lande ist, und 20 Jahre, wann er abwesend ist, festgesetzet.

Weil es aber unbillig, und dem Commercio höchstschädlich seyn würde, wann derjenige, der in dem gemeinen Handel bona fide ein bewegliches Ding oder Gut an sich gebracht hat, drey gantzer Jahr warten solte, ehe und bevor er seines Eigenthums völlig versichert seyn könte; so haben Wir die Sache dahin gerichtet, daß die beweglichen Dinge binnen Jahres Frist verjähret werden sollen; folglich, wann iemand ein fremdes Ding ein Jahr besitzet, das Recht des vorigen Herrn nach dessen Verlauf erloschen seyn solle, und dieser sich an denjenigen, welcher ihm den Besitz des Dinges entzogen, halten müsse.

Es wird aber dieses Jahr naturaliter de momento in momentum gerechnet.

Die unbeweglichen Dinge können durch einen Besitz von 10 Jahren, wann der Eigenthümer gegenwärtig ist, und, wann er abwesend ist, durch einen Besitz von 20 Jahren usucapiret werden.


(2-75) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

Es wird aber alsdann die Zeit nicht naturaliter de momento in momentum, sondern civiliter, de die in diem gerechnet, daher ist die Usucapio vollführet, wann der letzte Tag erschienen ist.

Der Eigenthümer wird für gegenwärtig gehalten, wann er in der Provintz bleibet, wo er sein Domicilium hat: Abwesend aber ist derjenige, welcher ausser der Provintz, wo er sein Domicilium hat, sich aufhält.

§. 22.

Es wird Siebentens erfordert, daß der Besitz des Usucapienten nicht unterbrochen und interrumpiret worden sey.

Diese Interruption geschiehet entweder naturaliter oder civiliter.

Naturaliter wird die Possession unterbrochen, wann der Besitzer aus dem Besitz gesetzt wird, oder solchen sonst verlieret: Wann solches geschehe, davon soll in Part. III. gehandelt werden.

Es wird natürlicher Weise der Besitz unterbrochen, wann dem Besitzer das Ding gestohlen wird; wann er gewaltsamer Weise der Possession entsetzet wird; (nicht aber, wann sich iemand heimlich in ein fremdes Gut einschleichet [et]c.) wann das Ding oder Gut währender Verjährungs-Jahre extra commercium zu seyn anfänget, als wann z. E. das Ding consecriret wird.

Civiliter wird der Besitz unterbrochen durch die Interpellation des Eigenthümers, wann nemlich derselbe das Ding in gerichtlichen Anspruch genommen, eine Citation extrahiret hat, und solche insinuiren lassen: Die Litis Contestation aber abzuwarten ist nicht nöthig.

Eine aussergerichtliche Interpellation aber ist nicht genug die Usucapion zu unterbrechen: es wäre dann, daß dem Besitzer durch einen Notarium und zwey Zeugen wäre denunciiret worden, daß der Interpellant einen Anspruch an das Gut mache; allermassen der Besitzer dadurch in mala fide constituiret wird, und daher wohl thut, wann er ex lege diffamari gegen den praetendirten Eigenthümer sein Recht behauptet.

Wann der Besitzer währender Contestation oder währendem Proceß die Verjährungs-Zeit erfüllet, so hilft demselben solches nicht; und wann der Eigenthümer durch Urthel und Recht sein Dominium behauptet, kan der Besitzer sich nicht mit der Usucapion schützen, weil die Usucapion durch die Interpellation einmal unterbrochen worden.

Wann der Eigenthümer binnen Jahr und Tag seine Action nach beschehener extrajudicial-Denunciation nicht anstellet, oder binnen Jahr und Tag nach angestellter Action litem nicht prosequiret; so wird dadurch die Possessio nicht unterbrochen, sondern die Conditio Usucapiendi continuiret beständig.

Wann viele bey einem Ding interessiret seyn, und nur einige davon den Besitzer interpelliren, oder, wann alle interpelliret haben, einige liti renunciiren, oder litem deferiren; so bleibet der Besitzer in conditione usucapiendi ratione derer, die nicht interpelliret, oder dem liti nicht renunciiret haben, weil in Ansehung dieser die Usucapio nicht unterbrochen wird.

Es wird aber die Possession dadurch nicht interrumpiret, wann das Ding auf die Erben, oder auf singulares Successores, welche beyde in bona fide sind, transferiret wird; weil beyde des Praedecessoris bonam fidem continuiren.

§. 23.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß die Usucapion alsdann nur einen Effect habe, wann der Eigenthümer im Stande gewesen, die Usucapion zu hindern.

Es kan also keine Usucapion gegen denjenigen allegiret werden, welcher ex justa causa abwesend gewesen, das ist, sich ausser der Provintz, wo er sein Domicilium hat, aufgehalten hat; welchenfalls der Besitzer die Usucapion von dem Tage an, da der Eigenthümer zurück gekommen, anfänget.

Es kan auch ferner die Usucapion nicht statt finden, wann der Eigenthümer durch Krieg, Pest, durch die Minderjährigkeit, oder per errorem juris, oder aus einer


(2-76) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

andern rechtmäßigen Ursache gehindert wird zu agiren. Hierunter gehöret auch, a) wann ein Sohn aus kindlicher Ehrfurcht vor seinem Vater (dessen Erbe er nicht worden) sein Mutter-Gut, welches der Vater veräussert, bey dessen Leben nicht vindiciret: b) wann eine Ehefrau aus Consideration vor ihrem Ehe-Mann den von ihm alienirten fundum dotalem nicht zurück fordert: c) wann iemand durch des Besitzers Praepotentz zu agiren verhindert wird. (et)c.

§. 24.

Es können durch die Verjährung, welche per usucapionem geschicht, haupsächlich (= hauptsächlich) acquiriret werden I. alle cörperliche Dinge, sie mögen beweglich oder unbeweglich seyn.

Es werden aber von dieser Regul ausgenommen: 1) gestohlne Sachen; welche, wann sie auch auf einen bonae fidei possessorem gekommen, nicht anders als durch eine 30 jährige Praescription acquiriret werden können.

Gleiche Bewandniß hat es 2) mit den Dingen, welche eine Ehefrau ihrem Ehe-Mann entwendet hat: und

3) Mit den Dingen, welche aus einer Erbschaft entwendet worden.

4) Diejenigen Güter, deren iemand gewaltthätiger Weise entsetzet worden, können gleichfalls nicht usucapiret werden.

Not. Wann in allen diesen Dingen das Vitium aufhöret: und das Ding in den Stand gesetzet wird, wie es vorhin gewesen, oder der Eigenthümer auf andere Art befriediget worden, (et)c. so können dergleichen Dinge usucapiret werden.

Es höret aber das Vitium nicht auf, wenn der Eigenthümer ex alia causa das gestohlene Gut wieder erlanget hat.

Es darf die Restitution nicht praecise dem Eigenthümer geschehen, sondern es ist genug, wenn es demjenigen wieder eingeliefert wird, dem der Eigenthümer es geliehen, oder bey welchem er es deponiret hat: Item, wann es dem Tutori oder Curatori eingeliefert wird, (et)c. Wann der Tutor oder Curator selbst das Ding entwendet, muß es praecise dem Pupillo oder Minori restituiret werden.

5) Es hat auch die Usucapio eines Dinges nicht statt, welches dem Richter, ob schon pro promovenda justitia, geschencket worden: Noch

6) In den Dingen, welche Uns und Unserm Fisco, item den Unmündigen, den Städten, piis Corporibus, und allen, die jura minorum haben, zugehören; weil in diesen Fallen (= Fällen) die Negligenz nicht so wol den Eigenthümern, als den Administratoribus zugerechnet werden kan.

7) In den Bonis vacantibus hat die Usucapio gleichfalls nicht statt, es mögen dieselben dem Fisco denunciiret seyn, oder nicht: Dann da diese ad Regalia gehören, so sind diejenigen, welche solche besitzen, allezeit in mala fide.

8) Es kan auch keine Usucapion statt finden in Dingen, welche durch eine rechtliche Disposition zu alieniren verboten sind, als Fideicommiss-Güter, (et)c. oder welche

9) Nach den Gesetzen nicht veräussert werden können, als der Fundus dotalis.

10) Wenn der Vater Dinge alieniret, welche zu dem peculio adventitio gehören, hat die Usucapio nicht statt, so lange der Vater lebt, (et)c. weil er den Usumfructum hat; sondern dieselbe fänget erst an von dem Tage, da der Sohn sui juris worden.

11) Diejenigen Dinge, welche ihrer Natur nach nicht in den Besitz der Menschen gelangen können, als die Res communes, können gleichfalls nicht usucapiret werden.

12) Noch die Dinge, welche nicht in Commercio sind, das ist, dem täglichen Handel und Wandel der Menschen eximiret sind, als die Res Sacrae und Religiosae.

13) Dinge, welche nicht anders als durch eine undenckliche Verjährung acquiriret werden, sind gleichfalls der Usucapion nicht unterworfen.


(2-77) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

§. 25.

Es gehören auch ferner und II. zu dem Objecto der Usucapion alle uncörperlichen Dinge: Wann also iemand eine Dienstbarkeit, sie mag personalis oder realis seyn, auf einem fremden Gut besitzt, und solche 10 Jahr inter praesentes und 20 Jahr inter absentes bona fide & justo titulo gebraucht hat, kan er sich jure Usucapionis darbey schützen.

Wann auch iemand in der vorhergesetzten Zeit jährliche Renthen von dem Eigenthümer indebite gehoben, iedoch glaubt, daß dieser schuldig sey, sothane Renthen (annuos reditus) zu bezahlen; so hat die Usucapio nach Verlauf der Jahre nicht allein ratione singulorum annorum statt, sondern es wird das gantze Recht usucapiret.

Solchergestalt können auch andere jura und Gerechtsame, als Zehenden, die Jagd, Jurisdiction &c. auf eines andern Gut per Usucapionem acquiriret werden.

§. 26.

Es wird zur Usucapion der uncörperlichen Dinge gleichfalls erfordert, 1) daß der Usucapient ein jus alienum besitze: Weil aber res incorporales eigentlich nicht besessen werden können, so wird alhier NB. der Gebrauch einer Gerechtsame auf eines andern Gut pro possessione gehalten, und derjenige, welcher sothanes Recht in re aliena exerciret, wird quasi possessor genannt.

Es wird auch 2) bona fides erfordert: Es muß nemlich der quasi possessor in der Meinung stehen, daß er befugt sey, sich dieses Rechts zu gebrauchen. Es ist also ein Erbe in bona fide, wann er glaubt, daß sein Vorfahr dergleichen Servitut mit Recht gebraucht habe: oder wann dem Besitzer von einem non domino, welchen er pro vero domino gehalten, die Servitut &c. constituiret worden.

Es wird ferner und 3) ein justus titulus erfordert: Pro justo titulo wird auch gehalten, wann iemand non vi, non clam, nec precario, dergleichen Recht in einem fremden Gut exerciret: Weil die rechtliche Vermuthung ist, daß der Eigenthümer sothanen Gebrauch nicht ignoriret, folglich, da er in so langen Jahren solchen nicht hindert, in denselben consentiret habe.

Endlich und 4) wird auch continua possessio erfordert, daher in Usucapione jurium &c. ein Unterscheid zu machen ist inter jura continua & discontinua: Jene werden inter praesentes in 10 Jahren usucapiret, diese aber nur in 20 Jahren, welches bey den Servitutibus hauptsächlich zu beobachten ist. Vid. infr. Libr. IV. Tit. I.

§. 27.

Weil also die Usucapio der uncörperlichen Dinge eine quasi possessionem, das ist, einen Gebrauch eines juris alieni supponiret; so folget von selbsten, daß, wann dergleichen Besitz eines juris alieni nicht vorhanden ist, auch keine Usucapio Platz greifen könne: Daher die res merae facultatis nicht usucapiret werden können; Dann dergleichen Dinge dependiren von eines ieden Menschen freyem Willen, welcher Macht hat, sich deren zu gebrauchen und nicht zu gebrauchen; folglich kan hier kein Besitz eines juris alieni statt finden.

n. 1. Wann also Cajus in 10, 20 oder mehr Jahren sein Haus nicht erhöhet, keine Fenster in seine Mauren einsetzet (et)c. solches aber nach Verlauf dieser Jahre thun will, kan sein Nachbar Sejus solches nicht verhindern, noch eine Usucapion vorschützen, weil dieser kein jus alienum besitzet, indem die Erhöhung und Nicht-Erhöhung des Hauses res merae facultatis ist, welche von des Seji natürlicher Freyheit dependiret.

n. 2. Wann der Cajus 10, 20 und mehr Jahre auf einer fremden Mühle gemahlet, oder aus einem fremden Kruge Bier geholet (et)c. nachher aber sich seiner eigenen, oder einer andern Mühle bedienen will, kan ihm solches, kraft seiner natürlichen Freyheit, nicht gewehret werden: daher der vorige Müller und Brauer, wegen ermangelnder possession eines juris alieni, sich unter dem Vorwand einer Usucapion kein jus prohibendi anmassen können.


(2-78) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I.

n. 3. Gleiche Bewandniß hat es, wann der Sejus seine auf des Caji Gut haftende Jura und Gerechtsame binnen 10 oder 20 Jahren nicht gebraucht, und Sejus z. E. die Servitut, Jurisdiction, die Zehnd-Jagd-(et)c. Gerechtigkeit, welche ihm auf des Caji Gut constituiret worden, binnen solcher Zeit nicht exerciret, (welches ihm nach seiner natürlichen Libertät frey stehet) nach Verlauf dieser Zeit aber solche Rechte exerciren will, so kan der Cajus, dessen Gute dieses Onus anklebt, den Sejum unter dem Praetext einer Usucapion an dem Gebrauch sothaner Jurium nicht verhindern, weil er kein jus alienum besitzet.

n. 4. Ein anders ist, wann der Cajus dem Sejo, welcher sein Recht exerciren will, verbietet sich seines Rechtes und seiner Freyheit zu gebrauchen (et)c. und der Sejus 10 oder 20 Jahre dabey acquiesciret: In diesem Fall hören diese Jura auf res merae facultatis zu seyn, und der Cajus, welcher dem Sejo den Gebrauch verboten, fängt an, ein jus alienum zu besitzen, wodurch er also in conditionem usucapiendi gesetzt wird. Daher ist in diesem Fall das Verbot des Caji an statt der Possession; und die Geduld des Seji, welcher bey dem Verbot acquiesciret, loco tituli, & bonae fidei, folglich sind alle requisita usucapionis vorhanden.

Wann also 1) der Cajus sein Haus erhöhen, oder ein Fenster in seine Mauer setzen will, sein Nachbar Sejus aber ihm solches inhibiret, und der Cajus 10 oder 20 Jahre dabey acquiesciret; so erlanget der Sejus durch die Inhibition eine Possession, und durch die Patientz des Caji einen Titulum.

Wenn 2) der Cajus seine Servitut, sein Jus venandi, seine Jurisdiction auf des Seji Grund exerciren, den Usumfructum oder Zehnden abfordern, sich der Jagd gebrauchen will (et)c. der Sejus aber denselben daran verhindert, und ihm den Gebrauch dergleichen Rechts verbietet, der Cajus auch 10 oder 20 Jahre darzu stille schweigt; so wird er nach deren Verlauf seines Rechts verlustig, und der Sejus acquiriret die Freyheit von sothanen oneribus jure usucapionis.

Wann 3) der Cajus seinen Müller oder Krüger, bey welchem er eine Zeitlang mahlen lassen, und von welchem er eine Zeit her Bier geholet, ändern, und anderswo mahlen oder Bier holen lassen will, diese aber demselben dergleichen Aenderung inhibiren, auch erhalten, daß er ferner bey ihnen 10 oder 20 Jahre mahlet (et)c. so erlangen diese durch die Usucapion ein Zwangs-Recht.

n. 5. Es ist nicht nöthig, daß das Verbot öfters wiederholet werde, sondern es ist genug, wann derjenige, dem das Verbot geschehen, öffentlich nichts dargegen thut noch einwendet.

n. 6. Wann viele Interessenten einer solchen rei merae facultatis sind, und das Verbot nur einem insinuiret wird, kan ratione der übrigen keine Usucapio angeführet werden.

§. 28.

Es hat auch die Usucapio nicht statt, wann der Gebrauch eines Dinges allen Menschen gemein ist: Wann also schon der Cajus in 10, 20 und mehr Jahren eine Land-Strasse nicht befähret, oder kein Wasser ex flumine publico schöpfet, kein Vieh dahin zur Träncke treibet (et)c. so stehet ihm dennoch frey, solches nach Verlauf dieser Zeit zu thun, wann ihm auch schon ein anderer solches verboten, und er 10 bis 20 Jahre dabey acquiesciret hätte: Weil niemand in re jure gentium communi sich ein Jus prohibendi anmassen, folglich ex natura rei kein jus alienum darin besitzen kann.

§. 29.

Gleiche Bewandniß hat es mit den Dingen, welche dem Commercio hominum eximiret sind, als in rebus sacris & religiosis; wo gleichfalls keine possessio juris alieni zugestanden werden kan.

§. 30.

Der Effect dieser Usucapion bestehet darinn, daß der Usucapiente a) das Eigenthum des fremden cörperlichen Dinges erlange, (es mag das Eigenthum naturale oder


(2-79) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. I. II.

civile seyn,) folglich befugt sey nach seinem Gefallen davon zu disponiren, das Ding zu veräussern (et)c.

Es wird aber nicht allein das Eigenthum des Dinges selbst durch die Usucapion erlanget, sondern auch alle darzu gehörige Pertinentzien; folglich auch was per alluvionem &c. dem Gut oder Ding accresciret und accediret. Mithin hat der Usucapient, qua Dominus civilis, alle die Actiones, welche den veris Dominis zustehen, als Rei vindicationem &c.

Wann iemand b) eine Gerechtsame auf eines andern Gut usucapiret, erlangt er darinn ein dingliches Recht; vermöge dessen er sothane Gerechtsame gebrauchen, und solche gegen einen ieden Besitzer Actione confessoria vindiciren kan.

Wann iemand c) die Freyheit von einem sein Eigenthum afficirenden onere, z. E. von der Servitut, &c. usucapiret, kan er sich actione negatoria gegen denjenigen, welcher sothanes Onus weiter exerciren will, schützen.

Not. Dieser Effectus Usucapionis subsistiret, wann auch schon der Usucapient nach vollführter Usucapion erfähret, daß er rem alienam usucapiret habe, oder der Eigenthümer solches durch neu aufgefundene Documenta erweisen will: und kan dem Eigenthümer daher keine Restitutio in integrum zu statten kommen.

Art. II.

Von einer Verjährung, welche durch den Ablauf einer Zeit von 30 bis 40 Jahren geschicht.

(De Praescriptione.)

§. 31.

Es ist in dem vorhergehenden Articul von der Verjährung, welche per usucapionem geschicht, gehandelt worden.

Weil aber diese Usucapion, ausser dem Besitz, auch bonam fidem & justum titulum erfordert, so folgt nothwendig, daß, wann eines von diesen Requisitis fehlet, weder der Besitzer eines fremden Dinges oder Gerechtsame, noch derjenige, der causam von ihm hat, in Ewigkeit sicher sey.

§. 32.

Da nun das Principium, daß dem Publico daran gelegen, daß die Possessiones sive rerum sive jurium einmal eine Gewißheit haben mögen, auch in den Fällen waltet, wann iemand in 30 und 40 Jahren ein Ding (Rem) oder eine Gerechtsame (Jus) nicht vindiciret; wann er sein ihm in re aliena zustehendes Recht nicht gebraucht, oder wann er seine Action gegen den Schuldener nicht anstellet: so ist nichts billiger, als daß derselbe in poenam negligentiae des Dinges oder seines juris verlustig erkläret werde:

Daher alhier weder de bona fide noch de justo titulo desjenigen, welcher ein fremdes Ding oder Recht besitzet, gefragt wird, sondern bloß, ob der Eigenthümer in 30 oder 40 Jahren ein ihm zustehendes Ding nicht vindiciret, sein auf eines andern Gut habende Gerechtsame nicht exerciret, oder der Creditor seine Action nicht angestellet habe (et)c.

§. 33.

Es ist also die Praescriptio nichts anders als eine Acquisition eines Dinges durch den Ablauf einer Zeit von 30 bis 40 Jahren.

§. 34.

Es wird zur Praescription erfordert, I. daß iemand a) ein fremdes Ding, oder b) ein Recht auf einem fremden Gut, besitze, gebrauche und exercire, oder c) sein Recht, welches ihm auf einem fremden Gut, oder d) ex personali obligatione gegen einen andern zustehet, negligire. Und zwar

II. Binnen einer Zeit von 30 bis 40 Jahren.


(2-80) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. II.

§. 35.

Es können aber bloß diejenigen durch die Praescription ein dingliches Recht erlangen, welche eine Macht und Gewalt haben etwas zu acquiriren. Vid. supr. pag. 22. §. 5.

Diese Praescription kan auch nur gegen diejenigen statt haben, welchen eine Negligentz imputiret werden kan. Vid. infr. §. 38.

§. 36.

Die Praescriptio 30 annorum hat I. statt in allen cörperlichen Dingen: Wenn also iemand 30 Jahr ein fremdes Ding besessen, acquiriret der Besitzer das Eigenthum jure praescriptionis: Daher auch diejenigen Dinge, welche nicht usucapiret werden können, der Praescription unterworfen sind; weil hier weder de bona fide, noch de justo titulo, sondern bloß de poena negligentiae die Frage ist.

Jedoch werden 1) diejenigen Dinge ausgenommen, welche ihrer Natur nach nicht in das Eigenthum kommen können; als Res communes; und welche extra Commercium sind, nemlich Res Sacrae & Religiosae: Beyde können also weder usucapiret noch praescribiret werden.

Es sind aber auch 2) einige Dinge, welche erst durch eine 40 jährige, (Vid. infr. §. 41. & seq.) Einige aber nur durch eine undenckliche Possession verjähret werden. Vid. Art. seq.

Der Effect von der Praescription der cörperlichen Dinge ist dieser: daß der Besitzer das Eigenthum des Dinges und alle daher rührende Jura und Actiones erlange.

§. 37.

Ferner und II. können auch die uncörperlichen Dinge durch einen Besitz von 30 Jahren acquiriret werden.

Solchergestalt kan iemand I) durch eine Possession von 30 Jahren eine Servitut, Jagd-Gerechtigkeit, item jährliche Renten, Zehenden, (et)c. auf eines andern Gut acquiriren: folglich ist die Praescription dieser Jurium ein justus Titulus, wodurch der Dominans ein dingliches Recht erlanget.

II) Kan auch iemand die Freyheit von allen diesen auf seinem Gut haftenden Gerechtigkeiten acquiriren; wann nemlich derjenige, welchem diese Jura zu exerciren zustehet, solche binnen 30 Jahren nicht exerciret oder gebrauchet.

III) Gleichergestalt kan iemand sich durch diese Praescription von allen real- und personal-Obligationen liberiren, womit er einem dritten verbunden ist; wann nemlich derjenige, welcher ein Jus agendi hat, binnen 30 Jahren seine Action nicht anstellet.

Daher auch Actio Hypothecaria und Actio semel mota, nach Ablauf von 30 Jahren praescribiret werden: nicht weniger kan das Jus Reluendi, und das Jus Retro emendi, nach 30 Jahren nicht weiter statt haben, weil in dem ersten Fall die Actio Pignoratitia, in dem letztern Fall aber die Actio emti venditi praescribiret wird.

§. 38.

Es ist zwar nicht ohne, daß die No. 2. & 3. angeführten Jura res merae facultatis sind, folglich in arbitrio desjenigen, welcher dergleichen Jura besitzet, stehe, ob und wann er die Servitut &c. gebrauchen, oder seine Action anstellen wolle (et)c. Weil aber auch ratione dieser Jurium dem Publico daran gelegen, daß die Unterthanen den Gebrauch ihres Juris alieni nicht gantz negligiren, so wird in allen diesen Fällen billig die Negligentia desjenigen, welcher sein Recht in so langen Jahren nicht gebrauchet oder verfolget, gestraft.

§. 39.

Hieraus ergiebt sich von selbsten, daß, wann demjenigen, gegen welchen die Praescriptio angeführet wird, keine Negligentz imputiret werden kan, auch keine Praescriptio gegen ihn statt habe.

Wann also z. E. iemand sein Haus in 30 und mehr Jahren nicht erhöhet, nach


(2-81) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. II.

Verlauf dieser Zeit aber solches erhöhen will, kan der Nachbar praetextu praescriptionis solches nicht verhindern, weil diesem Nachbar, welchem vi dominii freystehet das Haus zu erhöhen oder nicht zu erhöhen, keine Negligentz imputiret werden kan.

Wann auch ferner iemand 30 und mehr Jahre auf einer Mühle gemahlen, kan der Müller denselben nicht verhindern eine andere Mühle zu wehlen, weil dem Mahl-Gast gleichfalls keine Negligentz imputiret werden kan, welcher wegen seiner Commodität bishero sich dieser Mühle bedienet hat.

Ein anders ist, wann iemand seinem Nachbar, welcher sein Haus höher bauen will, solches verbietet, oder der Müller dem Mahl-Gast, welcher anderswo mahlen will, solches inhibiret, der Nachbar und Mahl-Gast auch 30 Jahr darbey acquiesciren; Dann in diesem Fall erlangen beyde NB. durch das Verbot ein Jus Alienum, und der Nachbar sowol als der Mahl-Gast müssen sich imputiren, daß sie sich diesem Verbot nicht widersetzet, und in so langen Jahren ihre Freyheit nicht geschützet haben: daher die Poena negligentiae alhier statt hat. (Vid. supr. p. 78.)

§. 40.

Es kan daher auch die Praescriptio 30 vel 40 annorum gegen diejenigen nicht angeführt werden, welche nicht im Stande gewesen das Ding von dem Besitzer zu vindiciren, ihre Gerechtsame zu exerciren, oder die ihnen zustehende Actiones anzustellen.

Wann iemand nur eine Zeitlang verhindert worden solches zu thun, müssen die noch fehlenden Jahre nachgeholet werden. Wann also z. E. iemand 29. Jahr sein Eigenthum nicht vindiciret, keine Servitut exerciret, seine Action nicht anstellet (et)c. und mit Hinterlassung eines Unmündigen verstirbt, kan die Verjährung nicht weiter laufen, sondern sie bleibet stille stehen, und das 30ste Jahr kan ad effectum praescriptionis nicht angefangen werden, als wann der Unmündige das 25ste Jahr zurück geleget hat.

§. 41.

Es sind einige Dinge, welche bloß durch eine 40 jährige Possession acquiriret werden können: nemlich

1) Diejenigen Dinge, welche Uns oder Unserm Fisco; oder

2) Den Kirchen und andern Piis Corporibus; wie auch

3) Den Städten zugehören.

Weil in allen diesen Dingen es nicht so wol auf der Eigenthümer, als der Administratoren Negligentz ankommt, daher eine längere Zeit erfordert wird.

§. 42.

Es sind auch einige Actiones, welche niemals praescribiret, sondern auch nach 30 oder 40 Jahren angestellet werden können, als

a) Gegen diejenigen, welche zu den Heyden oder Jüden übergehen; (contra Apostatas)

b) Gegen diejenigen, welche die göttliche oder weltliche Majestät beleidigen.

c) Gegen diejenigen, welche einem andern ein fremdes Kind unterschieben.

d) Gegen die Meuchel-Mörder. (ob crimen assassinii)

e) Gegen die falschen Müntzer.

f) Gegen diejenigen, die ihre Frucht abtreiben. (ob crimen abortus)

g) Gegen diejenigen, welche von einem andern durch Furcht vor ihrer, oder eines dritten Macht und Autoritaet, etwas extorquiren. (ob crimen concussionis)

§. 43.

Einige Dinge können bloß durch eine undenckliche Possession verjährt und acquiriret werden. Vid. Art. III.


(2-82) Part. II. Lib. III. Tit. V. Art. III.

§. 44.

Hingegen sind auch einige Dinge, welche unter 30 Jahren praescribiret werden können, von welchen iedes mal an seinem Orte Anzeige geschehen soll.

§. 45.

Die Exceptio praescriptionis kan auch post litem contestatam, und in ipsa executione opponiret werden, wann dieselbe in continenti liquid ist, und die Partheyen nebst dem Advocato eidlich erhärten, daß sie vorher keine Nachricht davon gehabt haben. Vid. Cod. Frid. Part. III. Tit. 10. §. 7. junct. §. 30.

Der Richter aber kan diese Exception, welche in Facto beruhet, niemalen ex Officio suppliren.

Art. III.

Von der Verjährung, welche durch eine undenckliche Possession geschiehet.

(De Possessione Immemoriali.)

§. 46.

Es sind einige Dinge von der Wichtigkeit, daß sie nicht anders als durch einen undencklichen Besitz acquiriret werden können, das ist, durch eine solche Possession, deren Anfang nicht ausfündig gemacht werden kan. (cujus in contrarium non exstat memoria.)

§. 47.

Es können zu dieser Verjährung keine gewisse Jahre fest gesetzet werden, weil der Anfang des Besitzes, und wie der ietzige Possessor darzu gelanget, öfters, insonderheit bey Kriegs- und Pest-Zeiten, in wenig Jahren vergessen werden kan.

§. 48.

Es ist also genug, wenn keine Nachricht vorhanden, wann und wie der gegenwärtige Besitzer die Possession erlanget hat, wann schon constiret, oder erwiesen werden kan, daß das Ding ehemals einem andern Jure Dominii zugehört, oder ehemals ein Tafel-Gut, oder der Contribution unterworfen gewesen, oder die Jagd, Jurisdiction, Zollgerechtigkeit (et)c. vor alten Zeiten nicht auf dem Gut gehaftet haben (et)c.

§. 49.

Durch dergleichen possessionem immemorialem können acquiriret werden in genere alle Dinge, von welchen nicht constiret, wann und wie die Possession auf den gegenwärtigen Besitzer und dessen Vorfahren gekommen ist.

§. 50.

Daher auch diejenigen Dinge und Gerechtsame, welche weder usucapiret noch praescribiret werden können, durch eine dergleichen undenckliche Possession verjährt werden.

§. 51.

In specie wird dergleichen undenckliche Possession erfordert, wann von der Verjährung der Regalien die Frage ist; Dann da dergleichen Regalien nicht ohne Concession des Landes-Herrn von einem Privato besessen werden können, so wird die Concessio bloß durch eine solche undenckliche Possession praesumiret.

Dieser modus acquirendi aber kan ratione futuri nur von Anno 1740. und dem Tage Unserer angetretenen Regierung angehen: weil Wir ratione Praeteriti in Unserm Codice Fridericiano declariret, daß alle diejenigen, welche zu der Zeit im wircklichen Besitz der Regalien non vi, non clam, non precario gewesen, darbey geschützet werden sollen.

§. 52.

Es hat aber diese Verjährung bloß in den Regalibus Minoribus, wann nemlich


(2-83) Part. II. Lib. III. Tit. VI.

iemand von undencklichen Jahren her die Jagd- Zoll- Strand-Gerechtigkeiten, item die Jurisdiction, Braugerechtigkeit (et)c. exerciret hat.

Item, Wann iemand ein Gut, so ehemals zur Tafel gewidmet gewesen, besitzet, und nicht ausfündig gemacht werden kan, zu welcher Zeit, und quo titulo, solches auf den ietzigen Possessorem, oder diejenigen, von welchen er Causam hat, gekommen sey: weil alsdann zu vermuthen, daß solches consensu statuum, vel eorum, quorum intererat, oder durch eine Permutation, vel alio justo titulo, alieniret worden sey.

Aus eben diesem Grunde kan auch die Freyheit von den Contributionen durch eine Possessionem immemorialem acquiriret werden, wann das Gut bey Errichtung des Catastri nicht angesetzt gewesen, weil die rechtliche Vermuthung ist, daß solches aus erheblichen Ursachen geschehen, und das Gut vielleicht ein Lehn- oder Kirchen-Gut (et)c. gewesen, oder dessen Besitzer ob bene merita die Freyheit erhalten, oder die Land-Stände darein consentiret haben (et)c.

§. 53.

Die Regalia majora, welche der Landes-Hoheit ankleben, können so wenig als die Landes-Hoheit selbst durch eine Verjährung, wann auch schon die Possessio immemorialis vorhanden ist, acquiriret werden.

Es kan also a) kein Privatus das Jus territorii praescribiren; noch b) von der Treue, die er dem Landes-Herrn schuldig ist, sich ledig machen; er kan c) weder Jus armorum; noch d) Jus leges ferendi; noch e) das Jus collectandi; noch f) das Recht, Bündnisse zu machen (et)c. sich anmassen, wann er auch schon eine undenckliche Zeit lang diese Jura exerciret hätte.

§. 54.

Bey dieser Verjährung, welche durch eine undenckliche Possession geschicht, wird weder de bona fide noch de justo titulo gefragt; weil supponiret wird, daß gar keine Nachricht vorhanden sey, wann und wie die Possession auf den Besitzer gekommen ist.

§. 55.

Diese Possessionem immemorialem muß derjenige, welcher solche anführet, erweisen. Diesen Beweis aber muß er durch tüchtige Zeugen führen, welche über folgende Articul ihre Wissenschaft eröffnen müssen: 1) Daß der ietzige Besitzer das Ding oder die Gerechtsame, so lange sie gedencken können, ruhig besessen habe: 2) daß sie niemals ein anders von ihren Vorfahren gehört: auch 3) nicht wissen, wie dieses Gut oder Gerechtsame auf den ietzigen Besitzer oder dessen Vorfahren gekommen sey. Worbey dem Besitzer zugleich freystehet, den Besitz durch Documenta zu bescheinigen. Dem Fisco aber wird der Gegen-Beweis, daß der Besitzer oder seine Vorfahren den Besitz in juria erlanget, folglich memoria initii vitiosa sey (et)c. billig vorbehalten.

Tit. VI.

Von dem Dominio civili, welches die Creditores an den Gütern haben, die der Debitor in fraudem Creditorum alieniret hat.

(De Actione Pauliana.)

§. 1.

Wann ein Debitor, um seine Creditores zu betrügen, sein Vermögen vorsetzlich vermindert, und einem Tertio oder Concreditori etwas verkauft, verpfändet, in Dotem giebt, oder sonst etwas thut, negligiret und unterlässt, wodurch sein


(2-84) Part. II. Lib. III. Tit. VI.

Vermögen verringert wird, der Tertius oder der Concreditor auch des Betrugs mitwissend und theilhaftig ist: so haben die Creditores nach den natürlichen Rechten keine Actionem realem gegen denjenigen, welchem der Debitor etwas verkauft (et)c. hat; und können daher das von dem Domino veräusserte Gut nicht vindiciren, sondern sie haben bloß Actionem personalem ex dolo gegen die Person des betrüglichen Debitoris, und denjenigen, welcher Antheil an der Betrügerey genommen und davon profitiret hat.

Nachdem aber die Gesetze dergleichen betrügliche Alienation und Handlung für null und nichtig erkläret haben, folglich das Gut in des Debitoris bonis geblieben, so haben vorgedachte Gesetze den Creditoren, welche in des betrüglichen Debitoris Recht treten, ein fictum dominium beygelegt, und denselben eine Actionem realem verstattet; kraft welcher sie das in eorum fraudem veräusserte Gut von einem ieden Besitzer, der mit zu dem Betrug geholfen, zurückfordern können: welche Actio Pauliana genannt wird.

§. 2.

Wann also diese Actio Pauliana statt haben soll, so wird erfordert, 1) daß ein Debitor etwas handle, thue, oder unterlasse, wodurch sein Vermögen gemindert wird.

2) Daß solches von dem Debitore dolose geschehe, das ist, mit der Intention seine Creditores zu betrügen.

3) Daß derjenige, welcher die in fraudem Creditorum veräusserte Güter repetiren will, zur Zeit der Veräusserung wahrer Creditor gewesen.

4) Daß die Creditores durch diese betrügliche Alienation wircklich Schaden gelitten.

5) Daß derjenige, welcher aus der Handlung des Debitoris etwas acquiriret, gewust habe, daß des Debitoris Intention dahin gehe, die Creditores zu betrügen, folglich daß derselbe an dem Betrug Theil habe und participire.

6) Daß die Creditores keinen andern Weg und keine andere Action haben, zu ihrem Recht zu gelangen.

§. 3.

Es wird also Erstlich erfordert, daß der Schuldner etwas handle, thue, oder unterlasse, wodurch sein Vermögen vermindert wird. Wann und wie solches geschehe, soll in dem folgenden Requisito erkläret werden.

§. 4.

Es wird Zweytens erfordert, daß solches von dem Debitore dolose geschehe, das ist, mit der Intention die Creditores zu betrügen, und dieselben um ihr Recht zu bringen.

Ob nun zwar Dolus regulariter nicht praesumiret wird; folglich derselbe klar und deutlich erwiesen werden muß: so können doch verschiedene Umstände einen Dolum inferiren; wann nemlich a) ein Debitor zu einer Zeit, da er schon nicht mehr solvendo gewesen, einen Theil seiner Güter für einen geringen Preis und unter dem Werth, obschon an seine Verwandten, verkauft; wann er b) Geld auf eine Hypothec aufgenommen, die Creditores aber nicht bezahlt, sondern das Geld dissipiret hat; wann er c) seiner Tochter einen seinen Stand oder Vermögen übersteigenden Dotem constituiret; d) die ihm zustehende Actiones nicht anstellet; e) das ihm gegebene Pfand zurückgiebt; oder f) die ihm constituirte Hypothec remittiret; wann er g) einen Creditorem dem andern in der Bezahlung vorziehet; h) für andere fidejubiret; i) denen, die nicht solvendo sind, Geld lehnet; k) einer ihm zufallenden Erbschaft, oder ihm vermachten Legato, obschon en Faveur seiner Kinder, renunciiret. Wann er l) ein ihm zustehendes Recht wissentlich verjähren, oder m) sich in contumaciam condemniren lässet; n) das Allodium in ein Lehn verwandelt (et)c. und in genere, wann er vorsetzlich etwas thut oder handelt, um sein Vermögen nicht zu vermehren, oder dasjenige nicht zu haben, was ihm zugehöret.


(2-85) Part. II. Lib. III. Tit. VI.

In allen diesen und dergleichen Fällen wird der Dolus von Seiten des Debitoris für erwiesen gehalten: wovon der Effect dieser ist, daß, wann auch schon der andere, welcher aus den vorangeführten Handlungen etwas acquiriret hat, in bona fide ist, folglich die Handlung subsistiret, dieser betrügliche Debitor ob dolum gestraft, auch so lange im Gefängniß behalten werden kan, bis er den Creditorem befriediget: wovon ihm auch die Cessio bonorum nicht liberiren kan.

§. 5.

Es wird Drittens erfordert, daß derjenige, welcher durch die Actionem Paulianam dasjenige, was in fraudem Creditorum geschehen, revociren will, zur Zeit der Veräusserung wahrer Creditor gewesen, oder in des wahren Creditoris Recht getreten sey.

Wann also der Debitor die Creditores, welche tempore alienationis betrogen worden, nachher befriediget, unterdessen aber neue Schulden gemacht hat, können diese neue Creditores an das alienirte Ding keinen Anspruch machen.

Pro Creditore wird auch gehalten 1) der bey einem Concurs bestellte Curator bonorum, weil dieser jura creditorum vertreten muß.

2) Legatarii und Fideicommissarii, wann der Erbe in fraudem Legati & Fideicommissi, welches der Defunctus ihnen verlassen, etwas thut oder handelt.

3) Die Erben und Successores singulares desjenigen Creditoris, welcher durch das Factum Debitoris betrogen worden.

4) Es ist auch derjenige pro Creditore zu halten, welcher dem Debitori Geld geliehen, womit die anteriores Creditores, in deren Praejuditz der Debitor etwas alieniret hatte, bezahlt worden; Dieser neue Creditor kan das veräusserte Stück repetiren, weil er in das Recht der bezahlten Creditoren trit.

5) Endlich ist auch ein Ehegatte pro Creditore zu achten, wann der andere Ehegatte zu dessen Praejuditz die Portionem statutariam vermindert. Vid. Part. I. p. 91. §. 154. in fin. & §. 155.

6) Hingegen kan ein Vater in fraudem legitimae seine Güter alieniren, weil der Sohn kein Creditor ist, noch einiges Recht auf des lebenden Vaters Vermögen hat; sondern die Kinder bloß dasjenige als eine Legitimam fordern können, was nach des Vaters Tode übrig ist.

§. 6.

Es wird Viertens erfordert, daß die Creditores wircklich durch die Handlung des fraudulosi Debitoris defraudiret worden.

Es ist also die blosse Intention und der Dolus des Debitoris, oder desjenigen, welcher an dem Dolo participiret und das Ding besitzet, nicht zureichend, diese Action gegen den Besitzer anzustellen, wann nicht auch zugleich der Eventus, das ist, der wirckliche Betrug, erfolget.

Folglich hat diese Actio nicht statt, wann der Debitor notorie solvendo ist: Daher der Besitzer bitten kan, daß des Debitoris Vermögen zuforderst verkauft und excutiret werden möge.

Welche Excussio aber alsdann nicht nöthig ist, wann a) aus dem Inventario erhellet, daß die betrogenen Creditores nicht in continenti, und ohne Process, befriediget werden können; Allermassen in diesem Fall demjenigen, welcher in fraudem Creditorum etwas acquiriret hat, keine Excussio verstattet, sondern derselbe sofort zur Restitution des Dinges mediante executione angehalten werden soll: oder wann b) der betrügliche Debitor ein gewisses Ding (Speciem) zu praestiren schuldig gewesen: In diesem Fall ist der betrügliche Besitzer schuldig, solche Speciem sofort auszuliefern, und dürfen die Creditores so wenig confectionem Inventarii, als venditionem bonorum abwarten.

§. 7.

Fünftens und hauptsächlich wird erfordert, daß derjenige, welcher aus der betrüglichen Handlung des Debitoris etwas acquiriret hat, von dem Betrug Wissenschaft, und Antheil daran habe, folglich an dem Dolo participire.


(2-86) Part. II. Lib. III. Tit. VI.

Es ist also zu Erhaltung der Actionis Paulianae nicht genug, daß der Debitor in Dolo sey, sondern es wird auch dessen Dolus erfordert, der mit dem Debitore gehandelt hat, und das Ding besitzet.

n. 1. Weil aber von Seiten desjenigen, welcher von einem betrüglichen Debitore etwas acquiriret, der Dolus nicht praesumiret wird, so liegt den Creditoren, welche das veräusserte Ding in Anspruch nehmen wollen, ob, den Dolum zu erweisen.

n. 2. Dieser Beweis kan auch öfters aus den dabey vorkommenden Umständen genommen werden.

Solchergestalt wird a) der Dolus für erwiesen gehalten, wann ein Creditor, oder ein Fremder, von iemand, welcher bekanntlich verschuldet ist, und von seinen Creditoribus pressiret wird, ein Ding unter der Hälfte des Werths kaufet; In diesem Fall hat die Actio Pauliana statt, und der Käufer ist schuldig das Ding ohne die Erstattung des Kauf-Pretii den betrogenen Creditoren zu restituiren: wann auch schon das Ding einem Verwandten verkauft worden.

Wann aber ein Creditor oder ein Fremder ein Ding über die Hälfte des Werths, iedoch den dritten Theil geringer als der wahre Werth ist, kaufet, so ist ein Unterscheid zu machen, ob der Käufer gewust habe, daß der Verkäufer obaeratus sey, oder nicht.

Ersternfalls stehet den betrogenen Creditoren frey, das Gut gegen Erlegung des Kauf-Schillings, nebst Zinsen und Meliorations-Kosten, an sich zu nehmen; oder den Käufer anzuhalten, daß er praevia Taxatione & Subhastatione das wahre Pretium suppliren müsse.

Wann aber der Käufer nicht gewust, daß der Verkäufer in so schlechten Umständen sich befindet, folglich bona fide das Ding unter dem dritten Theil des Werths angekauft, so hat er die Wahl, ob er das Pretium suppliren, oder das Gut restituiren wolle.

Es wird auch b) der Dolus für erwiesen gehalten, wann ein Creditor seine Obligation antidatiren lässet; weil solches keine andere Absicht haben kan, als die ihm vorgehende Creditores um ihre Praeferentz zu bringen.

Hingegen wird c) der Dolus dadurch nicht erwiesen, wann ein Creditor, welcher weiß, daß der Debitor nicht solvendo ist, bey Zeiten für seine Bezahlung sorget, und der Debitor demselben vor andern Creditoren, welche sich vorher oder zu gleicher Zeit gemeldet, gratificiret, und die Schuld bezahlt: oder, wann dergleichen Creditor, welcher mercket, daß der Debitor nicht solvendo seyn dürfte, sich wegen einer chirographarischen Schuld eine Hypothec bestellen, oder die bestellte Hypothec in das Land-Buch eintragen lassen: Allermassen nicht gesagt werden kan, daß der Creditor einen Dolum begehe, welcher das Seinige fordert, und für sein Recht vigiliret.

Ein anders ist, wann dieser Creditor, welcher die Bezahlung erhält, oder sonst einer von seinen Concreditoren, in die Güter des Debitoris, oder ein Stück derselben, vor der Bezahlung immittiret worden; In diesem Fall hat die Actio Pauliana statt, weil die Immission eines Creditoris allen andern Creditoribus zu statten kommt, folglich der Creditor dolo agiret, welcher seinen Concreditoribus ihr jus commune entziehet.

Wann also, nach geschehener Immission, der Debitor unter zweyen Chirographariis einen bezahlt, muß dieser mit dem andern in tributum gehen.

Wann er einem Creditori hypothecario bezahlt, welchem der Concreditor in eben derselben Classe ratione temporis vorgehet, oder welcher zu einer vorstehenden Classe gehört, ist derjenige Creditor, welcher die Bezahlung erhalten, schuldig, das gantze Quantum Creditori herauszugeben.

n. 3. Es wird auch ferner der Dolus nicht erwiesen, wann ein Creditor den flüchtigen Debitorem verfolget, und, da er ihn angetroffen, von ihm in der Güte oder durch Gewalt seine Bezahlung erhält; wann dieser Creditor auch schon gewiß weiß, daß die übrigen Creditores nichts erhalten werden: weil diese, wann der Concreditor den Flüchtigen nicht arretiret hätte, ohnedem von diesem Gelde nichts würden erhalten haben.


(2-87) Part. II. Lib. III. Tit. VI.

Und da der Creditor auf seine Kosten und Gefahr den Debitorem verfolget, muß ihm auch allein das Commodum zu statten kommen.

Ein anders ist, wann schon ein Creditor immittiret worden, massen in diesem Fall die Immission den übrigen Creditoren zu statten kommen muß. Vid. n. praec. Jedoch müssen dem Creditori, welcher den flüchtigen Debitorem verfolget, zuforderst alle angewandte Kosten restituiret werden.

n. 4. Schließlich ist zu erinnern, daß, weil es schwer ist, den Dolum zu erweisen, den betrogenen Creditoren frey stehe, demjenigen, welcher ex dolo debitoris etwas besitzet, den Eid dahin zu deferiren, daß er nicht gewust, daß der Debitor zu der Zeit, da der Handel geschehen, nicht solvendo gewesen, folglich von dessen Intention, die andere vorstehende Creditores durch diesen Handel zu betriegen, nichts gewust habe.

§. 8.

Es sind aber einige Fälle, wo die Actio Pauliana statt hat, wann schon derjenige, welcher etwas aus dem Vermögen eines fraudulosi Debitoris an sich gebracht, in bona fide gewesen.

Allermassen 1) alle diejenigen Güter, welche ex titulo lucrativo auf einen dritten gekommen, das ist, welche der Debitor aus blosser Liberalitaet auf einen andern transferiret hat, (worunter auch die Legata gehören) durch diese Action von dem Besitzer zurück gefordert werden können.

Dann in diesem Fall erfordert die Billigkeit, daß die betrogenen Creditores denenjenigen vorgehen, welche ex dolo debitoris, und zu der Creditoren Praejuditz, obschon bona fide, etwas lucriren wollen.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß diejenigen, welche durch dergleichen Titul etwas acquiriret, nicht weiter, als in so weit sie das Ding besitzen, oder daraus bereichert worden, obligiret werden können.

2) Wann der betrügliche Debitor in fraudem Fisci, oder einer Stadt, oder eines Pii Corporis, etwas alieniret, oder sonst zu deren Praejuditz sein Vermögen vermindert, und z. E. einer ihm deferirten Erbschaft oder andern Vermächtniß renunciiret, kan solches auch von dem bonae fidei possessore durch diese Action vindiciret werden.

3) Wann der betrügliche Debitor einem Pupillo etwas veräussert, und dessen Tutor von dem Betrug informiret ist, kan der Pupillus nicht weiter obligiret werden, als in so weit er etwas dabey lucriret.

§. 9.

Hingegen ist auch ein Fall, wo die Actio Pauliana nicht statt hat, wann schon der Käufer weiß, daß der Debitor das Gut in fraudem Creditorum alieniret habe: wann nemlich das Gut öffentlich angeschlagen und subhastiret wird; weil solchergestalt der Kauf zu der Creditoren Wissenschaft gebracht, folglich mit ihrem Wissen verkauft wird, und dieselben daher sich imputiren müssen, daß sie nicht gegen den Kauf protestiret, oder Arrest auf das Kauf-Pretium geleget haben.

§. 10.

Aus dem vorhergehenden ergiebt sich auch die bekannte Frage: Ob diese Actio Pauliana statt habe, wann ein betrüglicher Debitor seiner Tochter einen sein Vermögen übersteigenden Braut-Schatz constituiret?

Nun ist unstreitig, daß, a) wann der Schwieger-Sohn von dem Betrug und von des betrüglichen Debitoris Intention Wissenschaft hat, die Tochter aber solches ignoriret, die Actio gegen ihn allein statt habe.

Wann b) die Tochter allein conscia des Betrugs ist, und daran Theil hat, der Ehe-Mann aber solches ignoriret, kan diese allein belanget werden, und muß sie den Werth den Creditoren erstatten.

Wann sie nichts im Vermögen hat, können die Creditores den Mann zur Caution anhalten, daß er den Braut-Schatz nach aufgehobener Ehe ihnen restituiren wolle.


(2-88) Part. II. Lib. III. Tit. VI.

Wann c) beyde an der Betrügerey participiren, kan die Actio Pauliana gegen beyde in solidum angestellet werden.

Wann d) beyde in bona fide und nicht conscii des Betruges gewesen, hat zwar die Actio gegen den Maritum nicht statt, (weil er den Dotem titulo oneroso erhalten) gegen die Tochter aber hat die Actio in so weit statt, daß sie den Dotem, (welchen sie ex titulo lucrativo von dem betrüglichen Vater empfangen) wann er finito matrimonio auf sie zurück fället, den Creditoren einliefern muß: daher sie den Creditoren auf diesen Fall zu caviren schuldig ist.

§. 11.

Es wird Sechstens erfordert, daß die Creditores keinen andern Weg haben, zu ihrer Schuld zu gelangen.

Daher ein Creditor, welcher eine Hypothec auf dem Gut hat, die Actionem Paulianam nicht anstellen kan, weil er actione hypothecaria a quocunque possessore seine Schuld zu fordern befugt ist.

Wann auch ein Debitor in fraudem Creditorum einem dritten etwas legiret, hat die Actio Pauliana nicht statt, weil die Legata nicht anders als deducto aere alieno verstanden werden, folglich Creditores ipso jure sicher sind.

§. 12.

Es wird die Actio Pauliana auch den Erben der Creditoren gegeben, welche durch die Alienation des fraudulosi Debitoris laediret worden.

Keinesweges aber den Erben des fraudulosi Debitoris, wann der Verstorbene etwas zu deren Praejuditz handelt oder thut, weil die Erben Factum Defuncti praestiren müssen.

§. 13.

Es hat die Actio Pauliana statt gegen alle Besitzer, welche dolose von einem betrüglichen Debitore etwas empfangen haben, sie mögen Fremde oder Concreditores seyn.

§. 14.

Wie dann auch die Erben sowol des fraudirenden Debitoris, als desjenigen, der an dem Betrug participiret, nachdem sie in bona vel mala fide sind, belanget werden können: Wobey dasjenige, was oben in dem Titul de rei vindicatione dieserwegen versehen ist, alhier wiederholet werden muß. Vid. supr. p. 24. sqq.

§. 15.

Es ist auch schon oben angeführet worden, daß, wann die Creditores nichts von dem Besitzer erhalten, der fraudulosus Debitor selbst belanget werden könne, nemlich zu dem Ende, daß er so lange gefänglich angehalten werde, bis die Creditores befriediget sind. Vid. supr. §. 4. fin.

§. 16.

Der Effect dieser Action ist dieser, daß die gantze Handlung, und alles, was in fraudem Creditorum geschehen, ipso jure null und nichtig, folglich alles in vorigen Stand zu setzen sey.

Daher muß der betrügliche Besitzer alles, was er acquiriret hat, den Creditoribus, nebst Zinsen und Früchten, auch welche er hätte geniessen können, von der Zeit der geschehenen Alienation an mit Schäden und Kosten restituiren.

Es kan auch dergleichen Besitzer den Werth, den er dem betrüglichen Debitori gezahlt oder gegeben, nicht zurück fordern: Es wäre dann, daß das Geld noch in natura bey dem Debitore existire.

Es müssen auch die Actiones, welchen der betrügliche Debitor renunciiret (et)c. die Jura, welche er negligiret, die Erbschaften, welche er repudiiret, (et)c. den betrogenen Creditoribus von den betrüglichen Besitzern abgetreten werden.

Wie dann auch in genere dergleichen betrügliche Besitzer alles praestiren müssen, was andere malae fidei possessores zu praestiren schuldig sind.


(2-89) Part. II. Lib. III. Tit. VI. VII.

§. 17.

Es muß die Actio Pauliana binnen Jahres Frist angestellet werden; Dieses Jahr aber fängt erst von der Zeit an zu laufen, wann der Creditor erfähret, daß die Alienatio dolose und in fraudem Creditorum geschehen, das ist, von der Zeit, da die Güter des Debitoris verkauft, oder die Insufficientz der Güter durch das Inventarium ausfündig gemacht worden.

Nach Ablauf eines Jahrs hat diese Actio nicht weiter statt, es wäre dann, daß der Besitzer locupletior geworden: Wann also derselbe das Gut für einen geringen Preis gekaufet, muß er so viel, als das Gut werth ist, heraus geben.

§. 18.

Wann der Creditor des fraudulosi Debitoris oder Besitzers Erbe worden, vel contra, hat die Actio Pauliana nicht statt.

Tit. VII.

Wie das Dominium civile von einem Nondomino, welcher in Conditione usucapiendi ist, und die Possession verloren, erlanget werde.

(De Publiciana in rem Actione.)

§. 1.

Es haben auch die Gesetze ein Dominium civile in dem Fall constituiret, wann iemand in Conditione usucapiendi ist, das ist, wann iemand ein fremdes Ding bona fide & justo titulo besitzet, solches aber, nachdem er es eine Zeitlang besessen, verlieret, folglich durch diese Interruption des Besitzes die Usucapion nicht vollenden kan.

§. 2.

Nach den Grund-Regeln der Rechte hat derjenige, welcher dergleichen rem alienam bona fide & justo titulo acquiriret hat, keine Actionem realem gegen denjenigen, welcher sothanes Ding besitzet; Dann da der erstere sein Dominium nicht erweisen kan, würde er von dem ietzigen Possessore exceptione, Tu non es Dominus, abgewiesen werden können.

Weil aber unbillig seyn würde, wann derjenige, welcher in conditione usucapiendi ist, injuria alterius ausser den Stand gesetzet werden solte, die Usucapion zu vollenden; so haben die Gesetze fingiret, daß er wircklich Dominus sey, und in solcher Absicht demselben Actionem realem verstattet, vermöge welcher er das verlorne Ding von dem gegenwärtigen Besitzer vindiciren kan: welche Actio von ihrem Auctore Actio Publiciana in rem genannt wird.

Sie haben ihm aber sothane Action nur gegen denjenigen Besitzer verstattet, welcher das Ding infirmiori titulo besitzet.

§. 3.

Es ist also die Actio Publiciana eine Actio realis, wodurch derjenige, welcher ein fremdes Ding bona fide & justo titulo besitzet, und den Besitz verlieret, solches von einem ieden Possessore, welcher keinen gleichen oder bessern Titul hat, vindiciren kan.


(2-90) Part. II. Lib. III. Tit. VII.

§. 4.

Die Causa dieser Action rühret ex Dominio ficto her, weil die Gesetze denjenigen, welcher nicht Dominus des Dinges ist, zu dem Ende pro Domino declariren, damit er solches vindiciren könne.

§. 5.

Es wird also erfordert I. daß derjenige, welcher diese Action anstellen will, nicht der wahre Herr von dem Dinge sey. Daher dem vero Domino diese Action nicht verstattet wird, weil er rei vindicatione directa das verlorne Ding zurück fordern kan: Es wäre dann, daß er wegen des beschwerlichen Beweises seinen Titulum Dominii nicht anführen, sondern bloß als ein bonae fidei possessor diese Actionem Publicianam gegen diejenigen, die das Ding infirmiori titulo besitzen, anstellen, oder beyde Actiones cumuliren wolte.

II. Daß er in conditione usucapiendi sey, das ist, daß er ein fremdes Ding bona fide & justo titulo besitze.

III. Daß der Besitzer das Ding infirmiori titulo besitze. Woraus a) von selbsten folget, daß diese Actio niemals contra verum Dominium angestellet werden könne, weil derselbe allezeit einen potiorem titulum hat.

Daher b) derjenige, welcher titulo pro haerede besitzet, und die Possession verlieret, diese Action gegen denjenigen, welcher ex titulo emti oder alio titulo reali das Ding acquiriret hat, nicht anstellen kan; weil unter dem titulo pro haerede auch res depositae, commodatae &c. begriffen seyn können.

§. 6.

Es können nicht allein diejenigen, welche ex causa dominii translativa ein Ding acquiriret haben, diese Action anstellen; sondern auch ein ieder, welcher ein anderes dingliches Recht, z. E. ex Servitute, Pignore &c. erlanget hat. Jedoch gleichfalls nur gegen diejenigen, die infirmiori titulo das Ding besitzen; Daher derjenige, welcher das verlorne Ding nur jure Servitutis besessen, gegen denjenigen, welcher titulo Dominii utilis solches possediret, Actione Publiciana nicht agiren kan; Dahingegen ein Usufructuarius das Ding von demjenigen, welcher solches ex titulo depositi besitzet, durch diese Action zu fordern befugt ist.

Wie dann auch in dem Fall, wann zwey Dominia civilia, oder andere tituli pares concurriren, diese Action nicht statt hat.

§. 7.

Es können auch die Erben, wann sie in conditione usucapiendi sind, diese Action gegen den Besitzer und dessen Erben anstellen.

§. 8.

Durch diese Actionem Publicianam können alle Dinge und Jura vindiciret werden, welche der Besitzer noch nicht usucapiret hat, iedoch usucapiret werden können.

§. 9.

Der Effect von dieser Action ist, daß die Usucapion nach angestellter Actione Publiciana nicht unterbrochen oder interrumpiret werde.

§. 10.

In Ansehung der Früchte, Meliorationen, Deteriorationen, Expensen, und Casuum fortuitorum hat hier alles statt, was in rei vindicatione oben pag. 29. verordnet worden.

§. 11.

Es wird diese Action geendiget 1) per Confusionem, wann derjenige, der in conditione usucapiendi ist, entweder des wahren Herrn, oder des neuen Besitzers Erbe worden, vel contra.


(2-91) Part. II. Lib. III. Tit. VII. VIII.

2) Wann derjenige, welcher in conditione usucapiendi ist, dem Besitzer das Ding ex alia causa sofort zu restituiren schuldig ist; wann nemlich das Ding, welches der Nondominus vindiciren will, dem Besitzer ex causa noxali extradiret werden muß.

3) Wann das Recht desjenigen, welcher in conditione usucapiendi ist, exceptione perpetua elidiret werden kan, z. E. wann zwey Socii dem Sejo ein fremdes Ding verkaufen, der eine Socius aber das Ding dem Kläger mit Contradiction des andern Socii tradiret, folglich dieser aus der conditione usucapiendi gesetzt wird: In diesem Fall kan der letztere Socius keine Publicianam gegen den Käufer anstellen, weil der Besitzer und Beklagte die Actionem Publicianam exceptione doli (daß nemlich der Kläger wider sein eigen Factum handle) elidiren kan.

Item: Wann der Kläger das Dominium eines fremden Dinges durch ein Perjurium erlanget, und der Besitzer solches in continenti erweisen könte, kan dieser excipiendo solches anführen (et)c.

Tit. VIII.

Worinnen einige andere Modi acquirendi Dominii Civilis remissive angezeiget werden.

Ausser diesen in den vorigen Titulis angeführten Dominiis civilibus, sind noch verschiedene andre dergleichen Dominia, von welchen theils gehandelt worden, theils noch gehandelt werden soll.

Solchergestalt gehören I. zu den Dominiis civilibus, wann der Eigenthümer sein Gut einem andern zu Lehn giebt. Wovon in dem Jure Feudali gehandelt wird.

II. Wann eine Frau ihrem Ehemann ein unbewegliches Gut zum Braut-Schatz giebt, so erlanget der Ehemann dadurch ein Dominium civile. Vid. Corp. Jvr. (= Jur.) Frider. Part. I. pag. 73. §. 65. Item

III. Wann iemand einen andern zum Erben einsetzt, oder ein Legatum vermacht. Vid. infr. Tit. de Testamentis & Tit. de Legatis.

IV. Hierunter gehören auch alle andere Dominia civilia, wovon wir oben p. 30. §. 29. gehandelt haben.

Part. II. Libr. IV.

Tit. I.

Was in diesem vierten Buch des zweyten Theils verhandelt wird.

§. 1.

Nachdem wir das erste dingliche Recht, nemlich das Eigenthum, und die modos solches zu erlangen und zu acquiriren, in dem vorigen Buch beschrieben haben, so folgt nunmehro in diesem vierten Buch das zweyte dingliche Recht, nemlich die Dienstbarkeit: (Servitus) deren Natur in genere in dem Tit. II. erkläret wird.


(2-92) Part. II. Lib. IV. Tit. I. II.

§. 2.

In dem Tit. III. wird von der ersten Servitute personali, nemlich dem Nießbrauch, (de Usufructu) gehandelt, und zwar de vero Usufructu. Wann nemlich iemand ein fremdes Gut, salva substantia rei, das ist, ohne daß das Ding durch den Gebrauch consumiret wird, zu nutzen befugt ist.

§. 3.

In dem Tit. IV. wird von dem quasi Usufructu gehandelt, wann nemlich der Nießbrauch in einem solchen Dinge constituiret wird, welches durch den Gebrauch consumiret wird.

§. 4.

Weil aber ein Usufructuarius Caution zu bestellen schuldig ist, soll in dem Tit. V. gezeigt werden, wie und was für Caution derselbe bestellen müsse.

§. 5.

Von dem Tage, wann der Usufructus seinen Anfang nimt, und dem Fructuario ein dingliches Recht acquiriret wird, soll in dem Tit. VI. gehandelt werden.

§. 6.

In dem Tit. VII. werden die Actiones, die aus dem Usufructu herfliessen, beschrieben.

§. 7.

In dem Tit. VIII. wird die zweyte Servitus personalis, nemlich die Servitus usus, erkläret.

§. 8.

In dem Tit. IX. wird die dritte Servitus personalis, nemlich Servitus habitationis, beschrieben.

§. 9.

In dem Tit. X. wird von den Servitutibus praedialibus in genere gehandelt: in specie aber in dem Art. I. von den Servitutibus praediorum urbanorum: und in Art. II. von den Servitutibus praediorum rusticorum.

§. 10.

In dem Tit. XI. werden die Actiones erkläret, welche demjenigen gegeben werden, der die Servitut behauptet, und dieselbe vindiciret, oder demjenigen, der die Servitut negiret.

§. 11.

In dem Tit. XII. werden die modi recensiret, wie die Dienstbarkeiten geendiget werden.

Tit. II.

Von dem zweyten dinglichen Recht, nemlich

Von der Dienstbarkeit.

(De Servitute in genere.)

§. 1.

Das zweyte dingliche Recht bestehet in der Dienstbarkeit, (in Servitute.)

§. 2.

Die Dienstbarkeit (Servitus) ist ein auf einem fremden Ding oder Gut haftendes dingliches Recht, vermöge dessen der Herr sothanen Dinges (et)c. schuldig ist, etwas


(2-93) Part. II. Lib. IV. Tit. II.

in seinem Eigenthum, zum Nutzen eines andern, oder dessen Praedii, zu leiden oder zu unterlassen.

n. 1. Hieraus folget nothwendig, daß keine Servitut in faciendo bestehen könne: allermassen aller Endzweck der Servituten darinn bestehet, daß demjenigen, welchem eine Dienstbarkeit constituiret wird, oder dessen praedio, ein wahrer Nutzen daraus entstehe. Welches aber nicht geschicht, wann der andere verspricht, daß er etwas in seinem Eigenthum thun wolle. (a)

Es ist also keine Servitus, wann der Cajus dem Sejo verspricht, daß er die Bäume aus seinem Garten ausreissen, Alleen anlegen, sein Haus anstreichen lassen wolle (et)c. Weil alle diese Versprechungen dem praedio des Seji keinen wahren Nutzen verschaffen.

Dahero dergleichen Versprechen nichts anders als eine Actionem personalem ex pacto, ad id quod interest, produciren kan.

n. 2. Unterdessen kan per consequens geschehen, daß der Serviens etwas thun müsse, wann nemlich der Dominus die Servitut sonst nicht gebrauchen kan. Wann also Cajus seinem Nachbar Sejo eine Servitutem oneris ferendi verstattet, so muß der Sejus die Mauer, worauf das Onus ruhet, repariren.

Es bestehet aber alsdann die Servitut nicht in facto reparationis, sondern darin, daß der Serviens leiden muß, daß des Seji Last auf seiner Mauer ruhen könne: daher auch der Sejus die Reparation nicht durch die Actionem realem confessoriam, sondern bloß imploratione officii judicis fordern kan.

§. 3.

Nach den natürlichen Rechten gehören die Servitutes nicht zu den dinglichen Rechten, das ist, zu den juribus in re: Sondern wann iemanden in re aliena einige Nutzung oder anderes Recht verschrieben wird, so erlangt derselbe nichts weiter als eine Actionem personalem; weil diese Nutzung, oder dieses Recht, ex pacto auf einen andern transferiret wird, woraus also bloß obligatio personae entspringet. Warum aber die Gesetze die Servitutes unter die dinglichen Rechte gesetzet haben, davon haben wir oben die Ursache angeführet. Vid. supr. pag. 59. §. 7.

§. 4.

Die Dienstbarkeiten (Servitutes) werden I. getheilet in personales und reales.

Personales werden diejenigen genannt, welche nicht zum Nutzen eines Guts, (praedii) sondern bloß zum Nutzen der Person auf eines andern Eigenthum constituiret werden.

n. 1. In den Römischen Gesetzen werden vier Servitutes personales angeführet: 1) Ususfructus, Vid. Tit. III. seqq. 2) Usus, Vid. Tit. VIII. 3) Habitatio, Vid. Tit. IX. 4) Opera Servorum.

Weil wir aber in Unsern Landen keine Knechte haben, welche in dominio sind, und in deren Person eine Servitut bestellet werden könte, so hat die Servitus, welche in opera servorum bestehet, in Unsern Ländern weiter keine statt:

Daher wann iemand dem andern seine Operas entweder gratis oder pro mercede verspricht, so wird dadurch keine Servitut, folglich kein jus in re constituiret; sondern derjenige, welchem die Dienste versprochen worden, hat bloß Actionem personalem ad id quod interest. Und wann iemand selbst, oder durch seine Bauren, dem vicino praedio einige Dienste zu leisten schuldig ist, so ist es keine Servitus personalis, sondern realis.

(a) L. 15. §. I. ff. Servit. ibi: Servitutum non ea natura est, ut aliquid faciat quis, (veluti viridaria tollat, aut amoeniorem prospectum praestet, aut in hoc ut in suo pingat.) Sed ut aliquid patiatur, aut non faciat.


(2-94) Part. II. Lib. IV. Tit. II.

n. 2. Reales Servitutes sind, wann nicht der Person, sondern dem Praedio (es mag das praedium rusticum oder urbanum seyn) eine beständige utilitaet und Nutzung auf des Nachbars Praedio verstattet wird.

Die Servitutes reales werden wiederum getheilet in Servitutes rusticas, wann nemlich eine Servitut zum Nutzen eines Bauren-Guts bestellet wird: und urbanas, wann die Dienstbarkeit zum Nutzen eines praedii urbani constituiret wird. Vid. infr. Tit. X.

§. 5.

II. Ferner werden die Servitutes getheilet in continuas & discontinuas. Jene sind, deren Nutzung beständig ist, und nicht interrumpiret wird; Diese sind, welche der Besitzer nur zu gewissen Zeiten nutzen kan.

n. 1. Weil diese Distinction unter den Rechts-Gelehrten verschiedenen Auslegungen unterworfen gewesen, so ist zum Grunde zu setzen, daß alle Servitutes causam perpetuam haben, aber nicht continuam: das ist, das Recht der Dienstbarkeit ist und bleibt beständig, obschon der Gebrauch dieses Rechts von Zeit zu Zeit unterbrochen wird.

Solchergestalt ist die Servitus stillicidii perpetua, weil es ewig regnen wird; sie ist aber nicht continua, weil es nicht allezeit regnet: Und dahin gehören auch andere Servitutes discontinuae, als Servitus fumi, cloacae und alle Servitutes rusticae.

Hingegen werden unter die Servitutes continuas gerechnet Servitus oneris ferendi, tigni immittendi, altius non tollendi &c. weil der Nutzen und Gebrauch dieser Dienstbarkeiten niemals unterbrochen wird.

n. 2. Der Effect von diesem Unterschied bestehet darin, daß die Servitutes continuae durch eine Zeit von 10 Jahren inter praesentes, die discontinuae aber bloß durch eine Zeit von 20 Jahren, auch inter praesentes, usucapiret werden.

§. 6.

III. Endlich werden die Servitutes auch getheilet in affirmativas und negativas. Affirmativae sind, wann der Eigenthümer schuldig ist auf dem Seinigen etwas zu leiden, als z. E. in den Servitutibus stillicidii, oneris ferendi, tigni immittendi, itineris, actus, viae, &c. Negativae werden genannt, wann iemand etwas in dem Seinigen, zum Nutzen des benachbarten Praedii, unterlassen muß: Worunter die Servitutes altius non tollendi, ne luminibus officiatur, stillicidii non avertendi &c. gehören.

§. 7.

Alle Servitutes, sie mögen personales oder reales seyn, werden constituiret

1) Lege. Vid. infr. Tit. III. §. 5.

2) Arbitrio judicis in den judiciis divisoriis. Ibid.

3) Durch eine Convention so wol unter Lebenden als unter Todten. Ibid.

4) Durch eine Verjährung. Vid. supr. pag. 77. §. 25. & seq.

§. 8.

Es kan niemand eine Servitut constituiren, als derjenige, welcher Herr von seinem Gut ist, und der Macht hat von dem Seinigen zu disponiren.

Wann also viele Herren eines Guts sind, kan der eine keine Dienstbarkeit ohne des andern Einwilligung verstatten; es wäre dann, daß das Gut getheilet, und pro diviso gemein sey: weil alsdann ein ieder in seinem Antheil eine Servitut constituiren kan.

Wann aber der Dominus bey seinem Leben eine Servitut versprochen, und viele Erben hinterlassen, kan der eine Erbe auch wider des andern Willen dem Dominanti den Gebrauch davon einräumen.


(2-95) Part. II. Lib. IV. Tit. II.

n. 1. Diejenigen, welche ein Dominium civile oder revocabile haben, als Vasalli, Emphyteuticarii, Superficiarii, item bonae fidei possessores, (welche auf eine gewisse Art pro veris dominis gehalten werden) sind befugt dergleichen Dienstbarkeit zu bestellen; es höret aber dieselbe mit dem Recht des Dominii revocabilis auf.

n. 2. Ein Legatarius, welchem sub conditione ein Gut legiret wird, kan gleichfalls eine Servitut darauf verschreiben, sie hat aber cum effectu keine statt, als wann die Condition existiret: Daher kan auch ein Dominus futurus praedii dergleichen Servitut constituiren, weil alsdann eine tacita conditio unter dem Versprechen enthalten ist, wann er nemlich das Praedium acquiriret.

n. 3. Ein Ehmann hat in dem Fundo dotali (worin ihm bloß ein Dominium civile & revocabile zustehet) ein gleiches Recht; es höret aber solche Servitut auf, wann die Ehe geendiget wird; es wäre dann, daß der Fundus aestimato tradiret worden, oder der Maritus den Dotem lucriret: denn in diesen Fällen ist die Servitus perpetua.

n. 4. Wer also nicht Herr des Guts ist, kan keine Servitut constituiren, daher ein Usufructuarius, licet omnium bonorum, keine Dienstbarkeit versprechen und verstatten kan.

Und dieses ist auch die Ursache, warum in rebus jure gentium communibus, oder welche extra commercium sind, keine Dienstbarkeit constituiret werden könne.

n. 5. Der Herr des Guts kan dergleichen Servitut constituiren, wann schon einem dritten der Ususfructus, oder eine andere Servitut darinn constituiret worden.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß durch dergleichen Constituirung einer Dienstbarkeit den juribus, welche vorhin auf dem Gut gehaftet, nicht praejudiciret werden könne.

§. 9.

Im Gegentheil, so kan auch niemand eine Dienstbarkeit erlangen, als welcher 1) in dem Stand ist zu disponiren, und etwas zu acquiriren: (daher keinem Kind, Rasenden [et]c. eine Servitut constituiret werden kan, wann nicht die Vormünder ihre Auctoritaet interponiren, und die Curatoren consentiren,) und welcher 2) Herr und Eigenthümer ist des Guts, welchem die Servitus praedialis acquiriret werden soll. Vid. infr. Tit. X.

§. 10.

Worinn das Objectum der Personal-Dienstbarkeit bestehe, davon soll bey einer ieden Personal-Servitut; und von dem Objecto der Real-Servituten bey Beschreibung der Praedial-Dienstbarkeit gehandelt werden.

§. 11.

Der Effect der Dienstbarkeiten oder Servituten bestehet darinn, 1) daß der Dominus die Servitut nach ihrer Art und Natur zu gebrauchen befugt sey, folglich alles dasjenige thun könne, ohne welches die Servitut nicht füglich gebraucht werden kan. 2) Daß er die Servitut nicht schwerer machen, noch denenjenigen, welche vorhin schon ein Recht in dem Gut gehabt, praejudiciren könne. 3) Daß der Dominus durch die Tradition der Servitut ein dingliches Recht erlange, und er daher 4) actione reali confessoria die Servitut vindiciren, auch 5) ante traditionem den Eigenthümer, welcher ihn an dem Gebrauch hindern will, exceptione doli vel pacti repelliren könne.

Dahingegen 6) demjenigen, welcher negiret, daß dem andern dergleichen Servitut zustehe, actio negatoria verstattet wird.

§. 12.

Wie die Servitutes personales und praediales verloren gehen, davon soll bey näherer Untersuchung dieser Dienstbarkeiten gehandelt werden.


(2-96) Part. II. Lib. IV. Tit. III.

Tit. III.

Von der Personal-Dienstbarkeit, welche durch den Nießbrauch constituiret wird.

(De Usufructu.)

§. 1.

Die erste Servitus Personalis ist der Nießbrauch, völlige Fruchtniessung, Nutzniessung. (Ususfructus.)

§. 2.

Der Nießbrauch ist eine Servitus personalis, vermöge welcher niemand das Recht, ein fremdes Gut zu nutzen und zu usufruiren, erlanget.

§. 3.

Dieser Nießbrauch ist entweder ein Verus Ususfructus, wovon in diesem Titul gehandelt wird; oder ein Quasi Ususfructus, wovon in dem folgenden Titul gehandelt werden soll.

§. 4.

Der Verus Ususfructus hat in den Dingen statt, wo die Nutzung von der Substantz separiret werden kan, folglich wo die Substantz durch den Gebrauch nicht consumiret wird.

§. 5.

Dergleichen wahrer Nießbrauch (Verus Ususfructus) wird 1) durch Unsere Gesetze constituiret.

Solchergestalt erlanget ein Vater den Usumfructum in dem peculio adventitio ordinario seiner Kinder: Die Eltern, wann sie zur zweyten Ehe schreiten, behalten bloß den Usumfructum in den Gütern, welche sie von dem verstorbenen Ehe-Gatten lucriret haben, (et)c. Vid. Part. I. pag. 48. §. 10.

2) In den Judiciis Divisoriis wird dem Officio Judicis anheim gestellet, daß der Richter, wann ein gemeines oder erbschaftliches Ding nicht füglich getheilet werden kan, dem einen die Proprietaet, dem andern den Usumfructum zutheilen möge; Durch diese Adjudication erlanget der eine den Usumfructum ipso Jure, und ohne erfolgte Tradition: Ein anders ist, wann der Ususfructus selbst in Lite ist, und einem adjudiciret wird, weil dieser alsdann bloß Actione personali ex judicato den Usumfructum fordern kan.

3) Der verus Ususfructus wird auch constituiret durch die Disposition des Herrn und Eigenthümers des Guts, es mag sothane Disposition unter Lebendigen oder Todten geschehen: Dergleichen Ususfructus consensu constitutus ist auch das Leib-Geding. Vid. Part. I. pag. 87. §. 133.

4) Kan der Ususfructus auch usucapiret, und durch einen Besitz von 30 Jahren acquiriret werden.

§. 6.

Es wird I. zu einem vero Usufructu erfordert, daß derjenige, welcher einem andern den Usumfructum seines Dinges oder Guts verstattet, Herr des Dinges oder Gutes sey, und Macht habe von seinem Vermögen zu disponiren.


(2-97) Part. II. Lib. IV. Tit. III.

Wann viele Domini eines Dinges sind, kan kein Ususfructus ohne der sämtlichen Interessenten Einwilligung constituiret werden: Es wäre dann, daß das Gut pro diviso gemein sey.

II. Daß der Eigenthümer das Ding oder Gut, worinn der Ususfructus constituiret worden, dem Fructuario tradire, weil kein Jus in re ohne Tradition erlanget werden kan.

Wann also iemanden in einem beweglichen Dinge ein Ususfructus constituiret wird, muß ihm solches eingeliefert, in unbeweglichen Dingen aber muß derselbe in das Gut eingeführet werden. Es ist aber auch ficta Traditio darzu zureichend: wie dann auch pro traditione gehalten wird, wann iemand ein fremdes Gut sciente & patiente domino nutzet.

n. 1. Wann iemand zum Erben in dem Usufructu eingesetzet worden, wird der Ususfructus nicht eher pro tradito gehalten, als wann der Erbe die Erbschaft angetreten, die Possession ergriffen, und der Ususfructus dem Fructuario eingeräumet worden: Wann aber iemanden der Ususfructus legiret wird, braucht es keiner Tradition, weil der Legatarius ipso jure ein dingliches Recht erlanget.

n. 2. Wann der Ususfructus nicht tradiret, sondern nur versprochen worden, hat der Fructuarius bloß eine Actionem personalem gegen den Dominum, daß er das Ding oder Gut tradire.

III. Wird erfordert, daß der Fructuarius Caution praestire, wovon in dem Tit. V. gehandelt werden soll.

IV. Wird in vero Usufructu weiter erfordert, daß die Nutzung von der Substantz separiret werden könne; weil der Fructuarius das Ding oder Gut nicht anders als salva Substantia gebrauchen kan.

§. 7.

Es kan dergleichen Ususfructus pure vel sub conditione, item auf einen gewissen Tag, (ex Die) item um den andern Tag, um den andern Monat, und um das andere Jahr (et)c. constituiret werden.

§. 8.

Es ist auch bishero gestritten worden, ob der Testator, wann er iemanden den Usumfructum legiret, zugleich aber disponiret, daß der Legatarius seinem Nachbar das Jus eundi &c. verstatten solle, dadurch das Dominium des Guts auf den Legatarium transferiren wollen? weil niemand als der Dominus eine Servitut constituiren kan: Wir wollen diesen Streit dahin decidiren, daß der Legatarius nicht das Eigenthum, sondern bloß den Usumfructum sub conditione servitutis constituendae erlange, daher die Servitus nicht von dem Legatario, sondern von dem Domino und Testatore constituiret wird.

n. 1. Gleiche Bewandniß hat es, wann iemand einem andern einen Usumfructum legiret, und zugleich disponiret, daß der Usufructuarius das Gut nicht alieniren solle: Allermassen der Fructuarius dadurch kein Dominium des Dinges erlanget, sondern es ist diese Dispositio überflüßig, da ohnedem der Usufructuarius nicht befugt ist das Gut zu alieniren.

n. 2. Wann dem Fructuario Macht gegeben wird, das Gut zu alieniren, wird er auch dadurch nicht pro Domino declariret, sondern er bleibet ein blosser Fructuarius conditionalis, und der Effect der Condition bestehet bloß darin, daß der Ususfructus mit seinem Tode nicht aufhöre, sondern auf die Erben, oder den Successorem singularem transmittiret werde: In allen übrigen Stücken subsistiret die Natur des Ususfructus.

§. 9.

Alle diejenigen, welche im Stande sind etwas zu acquiriren, können auch einen Usumfructum auf eines andern Gut erlangen: Daher auch die Städte, Collegia, und andere Corpora nicht ausgeschlossen werden.


(2-98) Part. II. Lib. IV. Tit. III.

§. 10.

Ein Vater, welcher den Usumfructum in seiner Kinder peculio adventitio ordinario hat, continuiret denselben auch nach Absterben des Kindes: Wann aber der Vater stirbt, höret der Ususfructus auf, und wird mit dem Eigenthum des Sohns consolidiret.

§. 11.

Wann der Ususfructus vielen zugleich verliehen wird, acquiriret ein ieder denselben bloß pro rata, weil die servitus Ususfructus getheilet werden kan. Daher, wann einer davon stirbt, oder sonst den Usumfructum verlieret, accresciret dessen Antheil den übrigen nicht, sondern es fällt derselbe dem Domino anheim: Weil Wir das Jus Accrescendi wegen der vielen dabey vorkommenden Subtilitaeten aufgehoben haben. Vid. infr. Lib. VII.

§. 12.

Der verus Ususfructus kan in allen Dingen constituiret werden, welche in commercio sind, das ist, welche zum Handel und Wandel der Menschen gehören, und durch den Gebrauch nicht consumiret werden, es mögen dieselben beweglich oder unbeweglich, cörperlich oder uncörperlich seyn: (Daher auch ein Ususfructus der Jagd, Jurisdiction, Trift [et]c. gültig ist.)

Wie denn auch ferner der Nießbrauch in einem Corpore oder Universitate, z. E. in einer Heerde Schafe, (et)c. constituiret werden kan.

Es kan auch der Ususfructus einer Bild-Säule, (Statuae) eines Portraits, Medaille, eines Glases oder andern Gefässes (et)c. iemanden überlassen werden.

Ferner auch ein Ususfructus in allen Gütern (Ususfructus omnium bonorum) bestellet werden; Wann nur den Kindern oder Eltern die Legitima vorbehalten wird, als welche nothwendig abgezogen werden muß.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß alsdann vor allen Dingen die Schulden aus den Früchten bezahlet werden müssen, ehe der Fructuarius die Nutzung geniessen könne: Bona enim non intelliguntur nisi deducto aere alieno.

§. 13.

Es kan auch der Nießbrauch eines Hauses (Ususfructus aedium) iemanden verschrieben werden, welchenfalls der Fructuarius alle Nutzungen geniesset, die aus dem Hause, oder in dessen Ansehung, genossen werden können.

Daher kan er nicht allein mit seiner ietzigen, sondern auch künftigen Familie darin wohnen, alle Zimmer, wann er sie auch schon nicht nöthig hat, gebrauchen; die darauf haftende Brau-Gerechtigkeit exerciren, die dazu gehörige Wiesen nützen, sein Recht alieniren (et)c.

n. 1. Daher differiret von diesem Usufructu aedium der Usus aedium, wodurch zwar alle diese Nutzungen auch dem Usuario zugestanden werden, aber nur zur täglichen Nothdurft: von dessen Effect Tit. VIII. gehandelt werden soll.

n. 2. Es differiret auch von diesem Usufructu aedium die Servitus habitationis, weil durch diese Servitut bloß diejenige Nutzung des Hauses, in so weit dieselbe in der Wohnung bestehet, auf den Einwohner transferiret wird. Vid. Tit. IX.

§. 14.

Es wird unter den Rechts-Gelahrten sehr gestritten, ob der Ususfructus getheilet werden könne? folglich wann er vielen verlassen wird, ob ein ieder denselben nur pro parte, oder ein ieder in solidum nutzen könne.

Nun stehet die general Regul fest, daß alle Servitutes (folglich auch der Ususfructus) individuae seyn, und ein ieder dieses Recht in solidum besitze; Wann aber der Nutzen, welcher aus der Servitut entstehet, getheilet werden kan, so sind dieselbe in so weit theilbar. (dividuae.)


(2-99) Part. II. Lib. IV. Tit. III.

Weil nun der Ususfructus, so viel den Nutzen anbetrift, füglich getheilet werden kan, so folget von selbsten, daß, wann zweyen der Ususfructus eines Fundi verschrieben wird, ein ieder in solidum das Recht, ratione der Nutzung aber bloß partem erlange, folglich die Theilung durch die Judicia divisoria gesucht werden könne.

Ein anders ist, wann der Nutzen der Servitut nicht getheilet werden kan, als in servitute usus: Denn da durch diese Servitut dem Usuario bloß dasjenige vermacht wird, was zu seiner täglichen Nothdurft gehöret, so ergiebt sich von selbst, daß, wann diese tägliche Nothdurft zweyen constituiret wird, keiner von beyden die tägliche Nothdurft haben würde: Diese Servitus ist also individua, das ist, ein ieder kan die tägliche Nothdurft in solidum praetendiren: und solchergestalt sind auch die Servitutes praediales individuae, daher z. E. in der Servitute itineris, wann dieselbe vielen verschrieben ist, ein ieder in solidum gehen kan, weil nicht möglich ist, daß einer pro parte gehen und pro parte nicht gehen könne.

§. 15.

Es kan kein Ususfructus constituiret werden in den Gütern, welche der Eigenthümer so fort restituiren muß, z. E. in einem Fideicommiss-Gut, (et)c.

§. 16.

Der Effect von einem legaliter constituirten Nießbrauch (Usufructu) bestehet darinn:

I. Daß der Usufructuarius in genere alle Nutzungen, Commoda, und Utilitates, welche aus dem Gut, oder occasione desselben, genutzet werden können, acquirire: Es stehet ihm auch frey, das Ding oder Gut nicht zu seinem Nutzen, sondern bloß zu seinem Plaisir zu gebrauchen, wann nur das Ding dadurch nicht verschlimmert wird.

In specie aber und II. geniesset er alle Früchte, die der Fundus trägt, sie mögen naturales oder industriales seyn: Unter die Fructus gehören auch die Metallen, welche in dem Fundo gegraben werden, wann nemlich der Eigenthümer damit beliehen ist, und die Metalle wieder zuwachsen und renasciren: welches auch statt hat, wann schon die Metalle erst nach constituirtem Nießbrauch entdecket werden.

III. Acquiriret der Fructuarius auch die Fructus civiles, als Haus-Miethe, Pachtgelder, Zinsen, Zehenden, unablösliche Renthen, Canones, Laudemia, Fructus jurisdictionis, der Jagden, Zölle und anderer Jurium, die auf dem Gute haften.

Ferner und IV. gehören dem Usufructuario zu die Nutzungen, welche aus den Accessionen herrühren, als wann per alluvionem, crustam &c. dem Fundo etwas accediret.

Wann aber V. ein Schatz auf dem Gut gefunden wird, so lucriret solchen der Eigenthümer, und der Fructuarius kan keinen Anspruch daran machen, ausser wann er den Schatz gefunden, welchenfalls ihm die Portio inventoris gebühret.

VI. Der Fructuarius kan überdem alles thun und veranstalten, ohne welches er das Gut nicht nutzen und geniessen kan: Er kan also eine Scheune bauen, die Früchte darinn zu verwahren, er kan Graben ziehen, Teiche anlegen (et)c.

Ein Wohnhaus aber zu bauen, oder ein unvollkommenes Haus auszubauen, oder ein gebautes zu ändern, ist ihm nicht erlaubet.

Es kan auch ferner der Fructuarius sein Recht einem dritten verkaufen, cediren, hypotheciren (et)c. Wann aber der Ususfructus zu Ende gehet und exstinguiret wird, hören auch alle diese von dem Fructuario auf einen andern transferirte Jura auf.

Endlich und VII. so erlanget der Fructuarius, wann der Ususfructus legaliter constituiret worden, ein dingliches Recht, (Jus in re) folglich eine Actionem realem, welche Actio consessoria genannt wird; vermöge deren er den Usumfructum a quocunque possessore, auch von dem Domino selbst, vindiciren kan.


(2-100) Part. II. Lib. IV. Tit. III.

Es kommen auch demselben alle Actiones zu statten, welche dergleichen dinglichem Recht ankleben, als Actio furti, communi dividundo, finium regundorum, interdicta &c.

§. 17.

Nach den Römischen Rechten acquiriret der Fructuarius die vorbeschriebene Commoda & utilitates nicht ipso jure, sondern facto perceptionis, in so weit nemlich der Fructuarius solche wircklich eingehoben hat, oder durch andre einheben lassen.

Der Effect hiervon ist dieser: 1) Daß, wann ein dritter die Früchte abbricht, oder samlet, oder wann sie casu separiret werden, z. E. durch einen Sturm-Wind, oder wann die Natur selbst die Frucht von dem Eigenthum separiret, wie bey den Lämmern, (et)c. alle diese Früchte dem Fructuario nicht zugehören, so lange er sie nicht in seiner Gewahrsam hat; sondern er muß actione personali gegen den Eigenthümer agiren, daß er diese commoda von dem Besitzer abfordere, und ihm, dem Fructuario, einliefere, oder demselben die Actio cedire.

2) Daß, wann der Fructuarius stirbt, die Erben die hangende und stehende Früchte nicht fordern können, wann sie auch schon reif sind; weil der Verstorbene dieselbe noch nicht percipiret hat, die Erben aber, da der Ususfructus exstinguiret ist, dieselben nicht percipiren können.

Weil aber in Ansehung des ersten Effects dieses Römische Recht mehr auf eine Subtilität ausläuft; und in Ansehung des zweyten Effects gleichwol zu consideriren ist, daß es unbillig seyn würde, die Erben, welche den Acker bestellt, und den grösten Theil des Jahrs das Gut besessen, von den hangenden Früchten und von der Ernte auszuschliessen: So haben Wir hierdurch verordnen wollen:

Erstlich, daß der Fructuarius auch in dem ersten Fall eine Actionem realem haben solle, und daher die von einem tertio, oder casu, oder natura separirte Früchte, a quocunque possessore vindiciren könne.

Zweytens, daß die Erben auf gewisse Art auch von den Fructibus pendentibus participiren sollen. Welches unten §. 19. weiter erkläret werden soll.

§. 18.

Hingegen ist der Fructuarius schuldig: I. seiner bestellten Caution gemäß das Ding oder Gut hauswirthlich und salva substantia zu gebrauchen: Zu dem Ende muß er die Heerde aus seinen Lämmern ergäntzen; an statt der abgestorbenen (nicht aber casu ausgerissenen) Bäume neue setzen; den Acker recht und wirthschaftlich bestellen, die Weinberge gehörig cultiviren, die Häuser und Gebäude conserviren, und, wenn es nöthig ist, repariren.

Er muß II. levem culpam praestiren, das ist, bey dem Dinge oder Gut denjenigen Fleiß anwenden, welchen ein guter Hauswirth in seinem Eigenthum anzuwenden pflegt: Wann also durch seine Schuld und Negligentz etwas von dem Gut entwendet wird, oder Schaden daran geschicht, wann er die dem Gut zustehende Servitutes nicht gebraucht, und dadurch verjähren lässet (et)c. muß er den Werth dem Eigenthümer erstatten.

Ferner und III. ist der Fructuarius schuldig, weil er die völlige Nutzung hat, auch alle Onera, welche den Gütern ankleben, oder in Ansehung der Güter praestiret oder auch von neuem aufgeleget werden, zu übernehmen, als 1) die Steuren, sie mögen ordinaire oder extraordinaire seyn, nicht aber diejenigen, die der Eigenthümer zu zahlen versäumet hat, weil diese zwar von dem Besitzer des Fundi beygetrieben werden können, dieser aber kan seinen Regress gegen den Eigenthümer nehmen.

2) Den Zehnden.

3) Die unablöslichen jährlichen Renten.


(2-101) Part. II. Lib. IV. Tit. III.

4) Die Salaria der Bedienten.

5) Die Einquartierungs- oder Soldaten-Gelder.

6) Die Process-Kosten, welche in Ansehung des Ususfructus allein verursachet werden: Wann aber des Eigenthümers Recht mit darunter versiret, z. E. wann iemand das Eigenthum, oder einen Theil davon in Anspruch nimmt, muß der Dominus allein die Kosten tragen, obschon der Fructuarius dadurch profitiret.

7) Ein Usufructuarius omnium bonorum ist schuldig, die auf dem Gut haftende Schulden zu bezahlen; weil die bona nicht anders als nach Abzug des aeris alieni verstanden werden können. Vid. supr. §. 13.

Wann die Onera und Schulden die Nutzungen übersteigen, stehet dem Fructuario frey, dem Nießbrauch zu renunciiren.

§. 19.

Weil der Ususfructus mit dem Leben des Fructuarii aufhöret, so verstehet sich von selbsten, daß er nicht auf die Erben transmittiret werden könne.

Weil aber billig ist, daß die Erben von den Früchten des letzten Jahrs, nach Proportion der Zeit, da der Verstorbene den Usumfructum besessen, participiren; so wollen Wir es damit folgender Gestalt gehalten wissen.

Wann der Fructuarius vor Jacobi, das ist, vor dem 25. Julii verstirbt, so können die Erben des Fructuarii bloß die Bestellungs-Kosten von dem Eigenthümer wieder fordern.

Wann er nach Jacobi stirbt, gehören die sämtlichen Nutzungen des gantzen Jahrs, folglich, wann der Ususfructus verpacht ist, das gantze Pacht-Geld den Erben zu.

Wann der Fructuarius nothwendige Kosten angewendet hat, können die Erben das Gut jure retentionis so lange einbehalten, bis sie dieserwegen ihre Befriedigung erhalten: Und wird es ratione impensarum wie mit andern bonae fidei possessoribus gehalten.

§. 20.

Der Eigenthümer kan nichts thun, wodurch der Fructuarius an dem richtigen Besitz der Nutzung gehindert wird; sondern er ist vielmehr gehalten alles zu verstatten, was zu sothaner Nutzung nöthig ist, und alles aus dem Wege zu räumen, wodurch der Gebrauch gehindert wird.

n. 1. Es kan also der Eigenthümer so wenig, als dessen Erbe, dem Fructuario verbieten, den Durchgang durch den Fundum, worin der Ususfructus constituiret ist, zu gebrauchen, wann er auf eine andere Weise nicht zu dem Gut kommen kan: Und wann ein Testator iemanden den Usumfructum legiret, den Durchgang aber verbietet, hat dieses Verbot keinen Effect.

n. 2. Und solchergestalt ist es mit allen andern Adminiculis zu halten, wann der Ususfructus ohne dieselbe nicht gebraucht werden kan: Daher sind alle Emolumenta, Commoda, Servitutes, als Via, Iter, Aqua, unter dem Usufructu begriffen, in so weit dieselbe zum Gebrauch des Ususfructus ohnumgänglich nöthig sind.

n. 3. Wann daher der Testator zwey Praedia hat, und dem Cajo eines eigenthümlich, von dem andern dem Sejo den Usumfructum legiret, der Sejus aber zu seinem Fundo ohne durch des Caji Fundum zu gehen keinen Zugang hat; so muß der Erbe ihm sothanen Zutritt verschaffen, und zu dem Ende dem Cajo nicht eher den Fundum tradiren, bis der Sejus den Durchgang verstattet. Ein anders ist, wann der Sejus durch einen andern ob schon weitern Weg zu seinem Fundo kommen kan.

n. 4. Wann auch ferner der Testator zwey Häuser verlässet, und in dem einen dem Cajo einen Usumfructum constituiret, kan der Erbe und Besitzer des andern Hauses demselben das Licht nicht gantz, wol aber in etwas verbauen, weil der Fructuarius die Wohnung zwar nicht ohne Licht bewohnen kan, ob sie aber etwas dunckel sey, solches schadet dem Usufructui nicht.


(2-102) Part. II. Lib. IV. Tit. III.

n. 5. Im übrigen kan dem Domino nicht gewehret werden das Eigenthum des Dinges, worauf der Ususfructus haftet, auch ohne Einwilligung des Fructuarii zu veräussern und zu verpfänden; iedoch salvo semper Usufructu, und wann dessen Condition dadurch nicht verschlimmert wird: Daher kan der Eigenthümer keine Servitut auf dergleichen Fundo constituiren, es wäre dann, daß der Fructuarius darein willigte, und in so weit seiner Nutzung renunciirte.

§. 21.

Von den Actionen, welche dem Fructuario zustehen, soll unten Tit. X. gehandelt werden.

§. 22.

Der Ususfructus gehet verloren, und wird geendiget 1) durch den Tod des Fructuarii; wann ihm auch schon sub die oder conditione der Nießbrauch verstattet worden, und der Tag oder die Condition noch nicht existiret ist; oder wann er schon den Usumfructum veräussert hat.

Wann der Nießbrauch dem Fructuario und seinen Erben verstattet worden, succediren bloß die Erben vom ersten Grad; und zwar nicht als Erben, sondern ex concessione Domini.

Wann der Ususfructus einem Corpori, als Civitati, (et)c. constituiret wird, so höret derselbe auf, wann das Corpus exstinguiret wird: nemlich dissoluta universitate &c. oder, welches das längste Alter eines Menschen ist, nach Verlauf 100 Jahre. Hingegen wird der Ususfructus nicht geendiget, wann der Dominus stirbt.

2) Wann der Nießbrauch auf eine gewisse Zeit constituiret worden, und die Zeit verlaufen ist.

3) Wann der Fructuarius in die Acht erkläret wird, oder sonst seine Güter confisciret werden.

4) Wann er das Gut nicht hauswirthlich gebraucht, oder

5) Binnen 30 Jahren sich des Ususfructus entweder selbst oder durch andere nicht bedienet. Vid. supr. pag. 80. §. 36.

Not. Wann der Dominus oder Besitzer des Guts den Fructuarium an dem Gebrauch hindert, und ihm verbietet die Nutzungen zu heben, dieser auch 10 Jahr inter praesentes, und 20 Jahr inter absentes darbey acquiesciret; so verlieret er den Nießbrauch ex jure usucapionis. Vid. supr. pag. 78. §. 26. n. 3. & 4.

6) Wann das gantze Ding oder Gut, worauf der Ususfructus haftet, verloren gehet; welches auch geschicht, wenn ein Gut oder Ding vom Feind occupiret wird, iedoch mit Vorbehalt des juris postliminii. Vid. supr. pag. 51. §. 36.

7) Wann die Form, Figur, nebst dem Namen eines Dinges oder Guts (Species) dergestalt geändert wird, daß es nicht wieder zu der vorigen Specie gelangen kan. Vid. supr. pag. 41. §. 8. seq.

8) Wann derjenige, welcher bloß ein revocabile Dominium an dem Ding oder Gut hat, einen Usumfructum constituiret, wird dieser mit dem Recht des Constituenten geendiget. Vid. supr. pag. 68. §. 4.

9) Wann der Fructuarius des Domini Erbe wird, vel contra.

10) Wann der Fructuarius den Usumfructum dem Domino cediret: Nicht aber, wann er solchen einem Fremden cediret, weil der Fructuarius den Nießbrauch verkaufen kan, und der Cessionarius nicht mehr Recht erlanget, als der Cedens gehabt hat.

§. 23.

Wann der Ususfructus geendiget ist, fällt der Ususfructus ipso jure wieder auf den Dominum zurücke, und ist der Fructuarius schuldig, das Ding oder Gut mit allen


(2-103) Part. II. Lib. IV. Tit. III. IV.

Accessionen und noch nicht percipirten Früchten dem Eigenthümer einzuliefern: Vid. supr. §. 18. Mit den Meliorationen, Deteriorationen, casibus fortuitis aber wird es wie mit allen bonae fidei possessoribus gehalten.

§. 24.

Der Eigenthümer kan nach geendigtem Usufructu das Ding oder Gut vindiciren: Und überdem, wann Cautio praestiret ist, actione ex pacto das Ding zurück fordern; Wann aber keine Caution praestiret ist, kan er Condictionem sine causa anstellen.

Tit. IV.

Von dem Usufructu der Dinge, welche durch den Gebrauch consumiret werden.

(De quasi Usufructu.)

Die Natur des veri Ususfructus bestehet darin, daß die Nutzung von der Substantz separiret werden könne, und der Fructuarius das Gut salva substantia gebrauchen müsse. Vid. pag. 97. §. 1.

Weil aber viele Dinge sind, welche durch den Gebrauch consumiret werden, folglich nach geendigtem Usufructu nichts übrig bleibt, was dem Eigenthümer restituiret werden könte; So haben die Rechte in diesem Fall verordnet, daß der Fructuarius ein ander Ding in eodem genere, qualitate, & quantitate, oder den Werth davon restituiren müsse: Und dieserwegen wird dieses Negotium quasi Ususfructus genannt.

§. 2.

Es wird dieser quasi Ususfructus constituiret:

1) Lege: z. E. in peculio adventitio ordinario, &c. Vid. Tit. praeced. §. 5.

2) Dispositione Domini: Wann der Eigenthümer durch eine Convention, oder letzten Willen einem andern den Nießbrauch eines solchen Dinges verstattet.

Welchenfalls der quasi Ususfructus eben wie der verus Ususfructus seinen Anfang nimt. dict. Tit. §. 5.

3) Durch eine Usucapion, oder durch eine Praesciption von 30 Jahren. Vid. Tit. praec. §. 5.

4) Nicht aber officio judicis in den judiciis divisoriis: Weil der Richter nur alsdann einem das Eigenthum, dem andern den Usumfructum zutheilen muß, wann das Ding füglich getheilet werden kann: Diese Ratio aber cessiret in rebus fungibilibus, woraus der quasi Ususfructus bestehet.

§. 3.

Weil nun nach der Natur dieses quasi Ususfructus die Substantz des Dinges durch den Gebrauch verloren gehet, folglich der Fructuarius schuldig ist, nach geendigtem Nießbrauch tantundem oder den Werth zu restituiren; so haben die Rechte erfordert, daß der Fructuarius dieserwegen Caution praestiren müsse: und diese Caution ist loco proprietatis, von dessen Effect in dem folgenden Titul. V. gehandelt wird.

§. 4.

Alle diejenigen, welche einen verum Usumfructum constituiren, können auch einen quasi Usumfructum bestellen: Wie dann auch alle, die einen verum Usumfructum acquiriren können, fähig sind einen quasi Usumfructum zu erlangen.


(2-104) Part. II. Lib. IV. Tit. IV.

§. 5.

Der Quasi Ususfructus wird in denenjenigen Dingen constituiret, die durch den Gebrauch verzehret und consumiret werden; folglich wo das Ding oder Gut nach geendigtem Gebrauch nicht restituiret werden kan: als wann z. E. der Ususfructus eines Faß Weins, eines Malter Korns, einer Tonnen Oels, eines Steins Wolle, einer Summe Geldes, (et)c. verschrieben wird. Welchenfalls der Eigenthümer, um allem künftigen Streit vorzukommen, wohl thut, den Werth des Dinges, und den valorem des Geldes auszumachen, welchen finito Usufructu der Fructuarius restituiren muß.

§. 6.

Es ist also kein quasi Ususfructus, wann der Dominus einem andern den Usumfructum seines Kleides vermacht, weil der Gebrauch von der Substantz des Kleides separiret werden kan.

Weil aber ein Kleid durch den Gebrauch dergestalt abgenutzet wird, daß auf die letzte nichts mehr als die Lumpen übrig bleiben, so ist den Eigenthümern anzurathen, das Kleid zu aestimiren, und einen gewissen Werth festzusetzen, welchen der Fructuarius nach geendigtem Nießbrauch zu restituiren schuldig seyn soll: Welches auch in den rebus mere fungibilibus nöthig ist.

§. 7.

Der quasi Fructuarius erlanget nach beschehener Tradition das Eigenthum des Dinges oder Guts; dahingegen ist die von diesem zu bestellende Caution dem vorigen Domino loco proprietatis; folglich kan der Fructuarius das Ding oder Gut alieniren, solches consumiren, und nach Gefallen davon disponiren; und wann es verloren gehet, fällt die Gefahr allein auf ihn.

§. 8.

Wann der Eigenthümer säumig ist, den vermachten oder versprochenen Usumfructum zu tradiren, hat der quasi Fructuarius actionem ex testamento, oder ex pacto: oder, wann er arbitrio judicis constituiret worden, implorationem officii judicis: welche alle dahin gehen, daß der Eigenthümer dem quasi Fructuario den Usumfructum tradiren soll und muß.

Wann der quasi Ususfructus tradiret ist, und der Fructuarius dadurch das Dominium des Weins, des Oels, (et)c. erlanget, (vid. §. 7.) hat er alle die Actiones, welche dem vero Domino zustehen.

Wann der Fructuarius facta traditione negiret, daß der Wein ihm jure Ususfructus vermacht oder verschrieben sey, kan der Eigenthümer actione confessoria sein Recht vindiciren: worvon unten Tit. X. gehandelt wird.

§. 9.

Dieser quasi Ususfructus höret auf, und wird geendiget, 1) durch den Tod des Fructuarii. 2) Wann derselbe in die Acht erkläret, oder dessen Güter sonst confisciret werden. 3) Wann er des Eigenthümers Erbe wird, vel contra. 4) Wann der Nießbrauch auf eine gewisse Zeit constituiret worden, und die Zeit abgelaufen. 5) Wann die Jura des Eigenthümers und des Fructuarii per consolidationem vereiniget werden. 6) Per usucapionem & praescriptionem, positis terminis habilibus; nicht aber per cessionem extraneo factam. Vid. supra p. 102. §. 22. in fin.

§. 10.

Nach geendigtem quasi Usufructu muß der Fructuarius eben dasselbe Genus, Qualität, und Quantität, oder dessen Werth, dem Eigenthümer restituiren.

Zu welchem Ende dem Eigenthümer, wann Cautio bestellet ist, actio ex pacto, und wann keine bestellet ist, condictio sine causa verstattet wird, keinesweges aber die rei vindicatio.


(2-105) Part. II. Lib. IV. Tit. IV. V.

§. 11.

Es differiret dieser quasi Ususfructus von dem Anlehn, (welches ebenfalls ein Negotium ist, wo der Creditor dem Debitori rem fungibilem mit der Condition tradiret, daß er eben so viel restituiren solle:) 1) Daß der Ususfructus gemeiniglich gratuitus ist, hingegen für das Mutuum Zinsen bezahlt werden. 2) Daß in mutuo keine Cautio von dem Debitore nothwendig praestiret werde. Und daß 3) der Debitor keine Actionem confessoriam oder realem, sondern bloß eine Actionem personalem erlange.

Tit. V.

Wie, und was für Caution der Usufructuarius praestiren müsse.

(Usufructuarius quemadmodum caveat.)

§. 1.

Weil die Essentz und Substantz des Nießbrauchs (Ususfructus) darinn bestehet, daß das Ding oder Gut nach geendigtem Nießbrauch dem Eigenthümer salva substantia, oder in eodem genere, qualitate, und quantitate, oder dessen Werth restituiret werden müsse; so haben die Rechte eine Caution von dem Fructuario so wol in dem vero als quasi Usufructu erfordert.

§. 2.

Die Cautio in dem wahren Nießbrauch (in vero usufructu) bestehet darin, daß der Fructuarius 1) das Ding oder Gut als ein guter Hauswirth und salva substantia gebrauchen, und 2) solches nach geendigtem Usufructu in dem Stande, wie es ihm geliefert worden, restituiren wolle.

§. 3.

In quasi usufructu muß der Fructuarius bloß caviren, daß er ein anderes Ding von gleichem Genere, Qualität, Quantität, oder dessen Werth restituiren wolle.

Es kan also die Cautio, das Ding hauswirthlich zu gebrauchen, alhier nicht statt haben, weil der quasi Fructuarius verus dominus wird, folglich dasselbe zu dissipiren und zu verschwenden Macht hat.

Die Caution aber, das Ding in gleichem Genere, Qualitate, und Quantitate, oder dessen Werth zu restituiren, ist der quasi Fructuarius zu praestiren schuldig, und darin bestehet die Substantz des quasi Ususfructus.

§. 4.

Die Cautionem usufructuariam müssen alle Fructuarii bestellen, es mag der Ususfructus lege, consensu, oder officio judicis constituiret werden: der Ususfructus mag in re mobili oder immobili, oder in re communi vermacht oder verschrieben seyn, (et)c.

Diese Cautio ist auch nöthig, a) wann schon der Fructuarius ein bekannter reicher Mann ist, er wäre dann mit Immobilien angesessen: b) wann auch schon dem Fructuario der Nießbrauch seines eigenen debiti vermacht worden: oder c) der Fructuarius (ausser dem Vater, vid. infr. §. 11.) ein naher Verwandter ist. Wann d) der Ususfructus iemanden pure, die Proprietät aber sub conditione vermacht oder verschriben wird, muß der Fructuarius caviren weil noch ungewiß ist, ob die Condition existiren werde; Wann aber diesem Fructuario die Proprietät

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(2-106) Part. II. Lib. IV. Tit. V.

auf einen gewissen Tag legiret wird, darf er keine Caution praestiren, weil er sich selbsten Caution bestellen würde. Vid. §. fin.

Wann e) viele Fructuarii sind, muß ein ieder pro rata caviren.

§. 5.

Diese Caution muß dem Eigenthümer praestiret werden, und wann mehrere Domini sind, einem ieden pro rata.

Wann der Dominus die Proprietät eines Dinges dem Cajo, dem Mevio aber den Usumfructum legiret oder verschreibet, so ist der Cajus zwar pro parte Fructuarius, aber allein Dominus des Dinges, welchem also der Mevius pro rata Caution bestellen muß.

Wann dem Cajo der Ususfructus unter dem Beding, daß er solchen dem Mevio restituiren solle, legiret wird, so darf der Cajus bloß dem Erben als Domino caviren: Wann aber dem Mevio das Ding restituiret worden, muß dieser dem Cajo, der Cajus aber dem Erben caviren.

Wann dem Cajo der Ususfructus, dem Mevio aber die Proprietät finito Usufructu legiret wird, darf der Cajus nicht dem Mevio, sondern bloß dem Erben als Domino caviren.

§. 6.

Wann der Usufructuarius säumig ist die Caution zu bestellen, oder solche nicht zureichend ist, kan er nicht eher zum Genuß gelangen, ehe und bevor die Cautio berichtiget worden: und der Eigenthümer darf die Früchte, die er unterdessen genossen, dem säumigen Fructuario nicht restituiren.

§. 7.

Die Cautio muß durch Pfänder oder Bürgen bestellet werden, und wann der Fructuarius dergleichen nicht bestellen kan, solches auch eidlich bestätiget, kommt es auf das Arbitrium eines vernünftigen Richters an, wie die Sicherheit am besten erhalten werden könne: ob das Gut unterdessen sequestriret und administriret, oder verpachtet, oder der Fructuarius zur juratorischen Caution zugelassen werden solle; welche letztern falls der Richter hauptsächlich untersuchen und überlegen muß, ob der Fructuarius ein bekannter guter Wirth, und eines guten Leumuths sey.

Es kan auch den Erben in dergleichen Fall die Administration überlassen werden, welchenfalls der Erbe dem Fructuario Caution bestellen muß, daß er die Nutzung richtig berechnen und ihm einliefern wolle.

Dem Sequestro und Administratori muß ein gewisses Salarium ausgemacht, das übrige aber dem Fructuario eingeliefert werden.

§. 8.

Ratione effectus ist ein Unterscheid zu machen unter dem vero und quasi Usufructu: Es ist oben gesagt worden, daß der verus usufructuarius zweyerley Cautiones praestiren müsse; 1) daß er das Gut hauswirthlich nutzen und gebrauchen, und 2) solches finito usufructu restituiren wolle.

Der Effect der ersten Caution bestehet darin:

I. Daß der Eigenthümer, so bald der Fructuarius das Gut nicht hauswirthlich gebraucht, die Ersetzung des Schadens suchen, oder dem Befinden nach den Usumfructum revociren könne: in welchem letztern Fall aber erfordert wird, a) daß das Ding oder Gut verdorben sey, und zwar b) dolo vel culpa levi des Fructuarii, c) und der Schaden important sey. Woraus von selbsten folget, daß der Eigenthümer nicht einmal, sondern öfters, so oft nemlich Schaden an dem Ding geschicht, aus dieser Caution agiren könne.


(2-107) Part. II. Lib. IV. Tit. V.

Damit aber wegen des Beweises sothanen Schadens alle Weitläuftigkeit evitiret werde, so wird der Eigenthümer wohl thun, das Ding oder Gut genau, und in was für einem Stande dasselbe sich befinde, zu beschreiben: worbey aber die Solennitäten, die bey Antretung der Erbschaft erfordert werden, nicht nöthig sind, sondern es ist genug, wann mit beyderseits Bewilligung ein Inventarium verfertiget wird.

Wann kein Inventarium, oder solches nur einseitig gemacht worden, muß der Eigenthümer erweisen: ob und was für Schaden an dem Dinge oder Gut geschehen, und ist nicht genug zu sothanem Beweis eine Specificationem juratam zu produciren, weil er sich imputiren muß, daß er ohne Designation oder Beschreibung das Gut tradiret hat.

Wann eine Mutter, (nicht aber der Vater, als welcher von aller Conscribirung des Inventarii befreyet ist) oder eine Witwe, einen Usumfructum erlangen und besitzen, muß nicht der Eigenthümer, sondern die Mutter oder die Witwe dergleichen Inventarium verfertigen: widrigenfalls können die Eigenthümer ad juramentum in litem gelassen werden.

Wann eine Mutter oder eine Witwe das bewegliche Ding oder Gut durchbringet, oder das unbewegliche devastiret, kan ihnen arbitrio judicis die Administration genommen werden, wann sie auch schon Cautionem offeriren: Und wann auch ein Vater das Gut zu disspiren anfängt, kan er zur Verfertigung eines Inventarii und zur Bestellung der Caution angehalten werden.

II. Daß der Eigenthümer, wann die Cautio praestiret worden, actione ex pacto den verursachten Schaden, und, wann keine Cautio praestiret worden, actione in factum oder actione legis Aquiliae dessen Ersetzung fordern könne.

Diese Caution kan zwar omittiret, aber nicht remittiret werden: daher der Dominus des Dinges, wann er solches ohne Caution zu fordern tradiret, oder derselben renunciiret, dennoch dieselbe zu allen Zeiten noch fordern kan: weil dem Fructuario durch die Remission dieser Caution die Freyheit gegeben würde, ein fremdes Ding durchzubringen, welches wider die guten Sitten läuft.

Wann der Fructuarius ohne dergleichen Caution zu praestiren stirbt, wird die Caution ipso jure pro praestita gehalten.

§. 9.

Der Effect der zweyten Caution bestehet darin:

I. Daß der verus Usufructuarius, wann der Ususfructus geendiget ist, das Ding oder Gut cavirter massen restituiren müsse.

II. Daß der Eigenthümer diese Restitution, wann Cautio praestiret worden, actione ex pacto, und wann sie nicht bestellet worden, Condictione sine causa zurück fordern könne; worbey ihm als Domino frey stehet, das Ding oder Gut a quocunque possessore zu vindiciren.

Es kan diese Cautio nicht allein omittiret, sondern auch remittiret werden: daher der Fructuarius, wann ihm das Ding ohne dergleichen Caution tradiret wird, so fort die Früchte acquiriret, und alle andere jura in re erlanget.

Im Fall aber nach der Remission sothaner Caution der Fructuarius übel zu wirthschaften anfängt, kan annoch Cautio von dem Fructuario gefordert, oder ihm officio judicis Ziel und Maaß vorgeschrieben werden, wie er das Ding gebrauchen solle.

§. 10.

In Ansehung der Caution, welche von dem quasi usufructuario praestiret wird, ist der Effect dieser, daß er nicht rem ipsam, sondern bloß dasselbe Genus, oder dieselbe Qualität, oder dieselbe Quantität, oder den Werth restituiren darf: Daher hat der Eigenthümer keine rei vindicationem, weil kein Genus oder Quantitas vindiciret werden kan; sondern er hat bloß eine Actionem personalem

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(2-108) Part. II. Lib. IV. Tit. V. VI.

und zwar, wann Cautio praestiret worden, ex pacto, wann keine praestiret worden, condictionem sine causa.

§. 11.

Es wird dergleichen Caution nicht erfordert: 1) Wann dem Vater der Ususfructus entweder lege oder sonst constituiret worden.

2) Wann dem Fructuario zugleich das Eigenthum nach Ablauf einer gewissen Zeit vermacht oder verschrieben ist, weil er sich selber Caution bestellen würde: Ein anders ist, wann der Tag ungewiß, oder die Proprietas sub conditione vermacht ist.

3) Es kan auch von dem Fisco keine Caution, wann ihm ein Ususfructus constituiret wird, gefordert werden: noch

4) Von demjenigen, welcher sein Vermögen, oder einen Theil davon, einem andern, reservato usufructu, schencket.

5) Wann der Eigenthümer in dem vero Usufructu der Caution, das Ding oder Gut finito usufructu zu restituiren, renunciiret; nicht aber, wann er die Caution, das Gut hauswirthlich zu gebrauchen, remittiret. Vid. §. 8. in fin.

Not. In dem quasi Usufructu kan der Eigenthümer auch der ersten Caution nicht renunciiren, weil dieselbe loco proprietatis ist. Vid. supr. p. 105. § 3.

Tit. VI.

Wann und von welcher Zeit iemand befugt ist, den Usumfructum zu geniessen.

(Quando dies Ususfructus cedat.)

§. 1.

Es ist bekannten Rechtens, daß, wann ein Testator einem andern etwas pure legiret, das Legatum von dem Tage, da der Testator stirbt, seinen Anfang nehme, und das Legatum ipso jure auf den Legatarium transferiret werde, dergestalt daß, wann auch der Legatarius, ehe der Erbe die Erbschaft antrit, stirbt, dennoch das Legatum auf des Legatarii Erben transmittiret werde.

Es ist ferner bekannten Rechtens, daß, wann ein Legatum ex Die vel sub Conditione iemand vermacht wird, der Legatarius so fort nach des Testatoris Absterben ein Recht erlange, und solches auf seine Erben transmittire, ob er schon das Legatum nicht eher als existente die vel conditione fordern kan.

Beyde Reguln haben einen Abfall, wann der Testator iemanden einen Usumfructum legiret: Dann wann der Ususfructus pure legiret wird, erlanget der Fructuarius kein Recht a die obitus testatoris, sondern von dem Tage, da der Erbe die Erbschaft angetreten hat.

Wann der Testator iemanden den Usumfructum ex die vel sub conditione legiret, so fängt das Recht des Legatarii nicht eher an, als wann der Tag, oder die Condition existiret: Wann also der Fructuarius vorher verstirbt, deficiret das gantze Legatum.


(2-109) Part. II. Lib. IV. Tit. VI. VII.

Die Ursache ist in dem vorhergehenden Tit. III. §. 17. angeführet, weil der Fructuarius kein Recht hat als ex facto perceptionis, wann er nemlich die Nutzung wircklich geniesset; allermassen der Ususfructus der Person anklebt, und mit der Person aufhört; Nun kan er aber den Genuß nicht eher haben, als wann der Erbe die Erbschaft antrit, und ihm den Usumfructum tradiret, oder (wann das Legatum ex die oder conditionale ist) der Dies und die Conditio existiret: Dann wann der Fructuarius, ehe und bevor er den Genuß percipiren kan, ein Recht daran hätte, würde er dieses Recht, wann er vor dem Tag oder Existirung der Condition sterben solte, auf seine Erben transmittiren; welches mit der Natur des Ususfructus streitet.

§. 2.

Es ist auch dieses etwas besonders bey dem Usufructu, daß, wenn derselbe per conventionem ex Die oder sub conditione constituiret wird, das Recht des Fructuarii aus eben derselben Ursache nicht eher anfange, als wann der Tag oder die Condition existiret; weil sonsten, wann das Recht auf das Tempus conventionis retrotrahiret würde, und der Legatarius vorher stürbe, der Ususfructus wider die Natur dieses dinglichen Rechts auf die Erben würde transmittiret werden.

§. 3.

Wann der Ususfructus wöchentlich, monatlich, oder jährlich constituiret wird, z. E. monatlich 10 Rthlr. jährlich 100 Rthlr. (et)c. so sind so viel Legata als Wochen, Monate und Jahre; und der Ususfructus fängt nicht eher an, als wann die Woche, der Monat, oder das Jahr den Anfang genommen: Und dieses ist die Ursache, warum die Nutzung nicht auf einmal, sondern wöchentlich (et)c. gefordert werden könne; und daß, wann der Ususfructus einer Woche, Monats oder Jahrs verjähret worden, dadurch der Nießbrauch der übrigen Wochen, (et)c. nicht praescribiret werde.

Tit. VII.

Was für Actiones demjenigen gegeben werden, welcher behauptet, daß ihm ein Ususfructus constituiret sey:

und

Demjenigen, welcher negiret, daß er eine Dienstbarkeit auf seinem Gut zu leiden schuldig sey.

§. 1.

Weil die Actiones, welche aus den Servitutibus personalibus entspringen, mehrentheils mit den Actionen, welche aus den Servitutibus praedialibus erlangt werden, übereinkommen, so wollen wir beyde unten in einem besondern Titul abhandeln. Vid. infr. Tit. XI.

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(2-110) Part. II. Lib. IV. Tit. VIII.

Tit. VIII.

Von der zweyten Personal-Dienstbarkeit, wodurch iemanden die Nutzung eines Dinges oder Guts zur täglichen Nothdurft concediret wird.

(De Servitute Usus.)

§. 1.

Unter die Personal-Dienstbarkeiten wird zweytens gerechnet servitus usus, wann nemlich iemanden die Nutzung eines Dinges oder Gutes bloß zur täglichen Nothdurft verstattet wird.

§. 2.

Es ist also diese Dienstbarkeit nichts anders, als ein dingliches Recht, ein fremdes Ding oder Gut salva substantia zu seiner täglichen Nothdurft zu gebrauchen.

Es differiret diese Dienstbarkeit 1) von dem Usufructu, wo der Fructuarius alle Commoda und Utilitates eines Dinges, Gutes, oder Hauses, auch über die tägliche Nothdurft, geniessen kan: 2) Von der Habitatione, wo nicht alle Utilitates des Hauses, sondern bloß die Nutzung in Ansehung der Wohnung concediret wird.

Vid. infr. Tit. IX.

§. 3.

Es ist der Usus vel verus vel quasi: Jener bestehet in den Dingen, wo die Nutzung, oder der Gebrauch, salva substantia geschehen kan: Dieser ist, wann die Substantz des Dinges durch die Nutzung und den Gebrauch consumiret wird.

§. 4.

Die Servitus Usus wird eben so wie der Ususfructus constituiret, daher muß auch der Usuarius, wann er das Ding besitzet, die Cautionem Fructuariam praestiren.

Worbey aber voraus zu setzen, daß der Usus und der tägliche Gebrauch nach der Qualität und Condition der Personen aestimiret werden müsse; Daher muß nicht allein auf die Familie, sondern auch auf die nöthigen Domestiquen reflectiret werden: Wann der Usuarius nachher heyrathet, oder Kinder bekommt, muß auch die Portion ex arbitrio judicis vermehrt werden; es wäre dann, daß ein anderes verabredet, oder eine gewisse Summa loco usus benannt und festgesetzet worden.

Wann der Usuarius fremde Leute, als Verwandten, (et)c. in die Kost nimt, kan denselben der Usus nicht zu statten kommen.

§. 5.

In allen Dingen und Gütern, wo ein Ususfructus constituiret wird, kan auch ein Usus constituiret werden.

§. 6.

Der Effect dieser Dienstbarkeit ist, daß der Usuarius alle Commoda und Utilitates eines fremden Dinges oder Guts zu seiner täglichen Notdurft gebrauchen kan, wann er schon sonst bemittelt ist, oder schon von einem andern dergleichen Usum erhalten hat.

Wann also iemanden der Usus einer Heerde Schafe verstattet wird, kan er nichts davon geniessen, als was er täglich an Milch nöthig hat: item die Mistung davon, so viel zu Düngung seiner Aecker nöthig ist: keinesweges aber die Wolle, oder das Lamm, oder das Fell, wann das Schaf abstirbt.


(2-111) Part. II. Lib. IV. Tit. VIII.

Wann der Usus eines Spanns Ochsen concediret wird, kan der Usuarius, ausser dem Pflügen, dieselbe auch zu andern Fuhren, so weit dieselben zu seiner täglichen Nothdurft nöthig, gebrauchen.

Wann der Usus eines Gartens vermacht wird, kan er aus dem Garten alles, was darin wächset, zu seiner täglichen Nothdurft holen, auch so viel Obst abbrechen, als zu seiner Haushaltung im Winter nöthig ist, aber nichts davon verkaufen: Die Blätter aber, z. E. von Maulbeerbäumen, ist er abzupflücken nicht befugt.

Wann der Usus eines gantzen Guts verschrieben wird, kan er von allen Commodis und Emolumenten des Guts seine tägliche Nothdurft fordern und nehmen: nemlich Roggen, Weitzen, (et)c. Heu, Stroh, Holtz, so viel nemlich zu seiner Haushaltung nöthig ist.

Wann der Usus eines Hauses concediret wird, kan der Usuarius auf gleiche Art alle Utilitates des Hauses nutzen, und z. E. wann die Braugerechtigkeit darauf haftet, für sein Haus brauen; wann Wiesen darbey sind, und der Eigenthümer Vieh zu halten gewohnt gewesen, Heu für dasselbe fordern, (et)c.

Not. Alle andere Nutzungen, welche zur täglichen Nothdurft nicht gehören, bleiben dem Eigenthümer des Guts: Und wann darüber ein Streit entstehet, muß der Usus von dem Richter reguliret werden.

§. 7.

Alle Actiones, die dem Usufructuario gegeben werden, kommen auch dem Usuario zu statten. Vid. infr. Tit. XI.

§. 8.

Der Usus kan keinem andern cediret oder überlassen werden; weil nicht gesagt werden könte, daß der Usuarius zu seinem täglichen Gebrauch solchen nöthig habe, wann ein anderer solchen geniesset.

§. 9.

Wann der Usuarius der Sachen Natur nach keinen Nutzen daraus haben kan, stehet ihm frey, den Usum zu verpachten, als wann a) iemand einem Fuhrmann, wissentlich daß er ein Fuhrmann sey, den Usum eines Spanns Pferde verstattet, so verstehet sich von selbsten, daß er solche vermiethen, und das Fuhrlohn zu seiner täglichen Nothdurft anwenden könne. b) Wann iemand einem der fremden Sprachen unerfahrnen Menschen die Nutzung einer Lateinischen Bibliothec vermacht, ist der Usuarius wohl befugt, dieselbe einem Gelehrten gegen ein Honorarium zu verpachten. c) Wann iemanden der Usus eines Waldes constituiret wird, welcher weit entlegen, folglich das Holtz mit Vortheil nicht genützet werden kan, stehet ihm frey einiges Holtz schlagen zu lassen, solches zu verkaufen, und von dem Geld, so viel als zu seiner Nothdurft nöthig, wieder anzuschaffen. d) Wann iemanden der Usus oder Gebrauch von 1000 Rthlr. (et)c. legiret wird, kan der Usuarius das Geld auf Zinsen austhun. e) Wann der Usus eines Kaufmanns-Gewölbes ode Waaren-Ladens demjenigen, der kein Kaufmann ist, verschrieben wird, kan er solchen vermiethen, (et)c.

§. 10.

Es kan auch der Usus mit einem andern nicht getheilet werden, weil der Usuarius, wann er den Nutzen theilt, die tägliche Nothdurft nicht haben würde.

§. 11.

Wann der Usus AEdium einem verschrieben oder vermacht worden, so steht ihm frey, einen ehrlichen Inquilinum mit einzunehmen, und mit demselben das Haus zu bewohnen, weil solches dem Eigenthümer nicht schadet, hingegen dem Usuario einen Nutzen bringt.

§. 12.

Die Servitus Usus wird eben auf die Art geendiget wie der Ususfructus, wovon unten Tit. XII. gehandelt werden soll.


(2-112) Part. II. Lib. IV. Tit. IX.

Von der dritten Personal-Dienstbarkeit, die in der Wohnung bestehet.

(De Servitute Habitationis.)

§. 1.

Die dritte Personal-Servitut bestehet in der Nutzung und Gebrauch einer fremden Wohnung: wann nemlich iemanden nicht der Nießbrauch eines Hauses, noch der Usus AEdium, sondern nur derjenige Theil des Gebrauchs an dem Hause verstattet wird, welcher in der Wohnung bestehet. Vid. supr. Tit. III. §. 13.

§. 2.

Dergleichen servitus habitationis wird eben wie der Usus und Ususfructus constituiret.

§. 3.

Diese Servitus kan nicht allein in einem gantzen Hause, sondern auch in einer einzeln Stube, in einem Keller, Scheune, Thurn, (et)c. constituiret werden, welchenfalls nichts als die Wohnung an diesen Oertern verstattet wird.

§. 4.

Es hat auch dergleichen Servitus statt, wann schon der Usuarius sein eigen Haus hat, oder ihm schon von einem andern eine Wohnung verschrieben worden.

§. 5.

Der Effect von dieser Servitute Habitationis ist dieser, daß der Usuarius in dem fremden Hause, Keller, (et)c. wohnen könne.

Und verstehet sich von selbsten, daß er mit seiner ietzigen und künftigen Familie nebst den nöthigen Domestiquen die Wohnung darin nehmen könne: Es wäre dann, daß eine gewisse Zahl, welche die Wohnung haben solle, benannt wäre.

Alle übrige Nutzungen des Hauses (et)c. bleiben dem Eigenthümer, daher der Usuarius weder die Wiesen, so zu dem Hause gehören, mähen, noch die Braugerechtigkeit exerciren, (et)c. kan.

§. 6. Wann iemanden die Wohnung in einer Stuben vermacht wird, kan er das darzu gehörige Cabinet nicht gebrauchen.

§. 7.

Der Habitator kan keinem andern diese Wohnung lehnen oder cediren, sondern er muß sie selber gebrauchen: welches auch geschicht, wann er die Wohnung einem andern verpachtet: In welchem Fall, wann der Habitator währender Pacht stirbt, dessen Erben das Locarium pro rata temporis fordern können.

Diese Locatio kan aber nicht weiter als auf die blosse Wohnung gehen: daher kan er keinem seinen Boden vermithen, um Korn darauf zu schütten, oder den Keller, um fremde Weine darein zu legen.

§. 8.

Der Habitator so wol, als dessen Pächter, sind nicht befugt, eineige Aenderung an dem Hause, Stuben, (et)c. zu machen, neue Gebäude zu verfertigen, oder die angefangenen zu vollenden, die Stuben zu vergrössern, oder einen Unterscheid darin zu machen, (et)c. wann schon die Wohnung dadurch verbessert wird; sondern der Usuarius muß alles in dem Stande wieder liefern, wie ihm das Haus, Stube, (et)c. tradiret worden.


(2-113) Part. II. Lib. IV. Tit. IX. X.

Wann aber das Haus selbst nicht geändert, sondern bloß zu dessen Zierath etwas veranstaltet wird, als wann der Habitator das Haus neu anstreichen, die Boden mit Marmor belegen, die Zimmer täfeln und boisiren lässet; Solches ist ihm erlaubet.

§. 9.

Weil also der Einwohner das Haus in dem Stand, wie er es erhalten, wieder zu lassen schuldig ist, muß er 1) dasselbe im Dach und Fach erhalten, Fenster, Dächer, Ofen (et)c. repariren, auch die Lust-Gärten, Lust-Häuser (et)c. in gutem Stande auf seine Kosten erhalten.

2) Praestiret et Dolum & (et) levem culpam, wie der Fructuarius; folglich, wann durch seine und der Seinigen, nemlich der Frauen, Kinder, und Domestiquen, oder eines Inquilini (nicht aber durch eines Dritten, vid. supr. Tit. III. §. 18.) Schuld Schaden an dem Hause oder Wohnung geschicht, ist er schuldig dafür zu stehen: wann er auch schon ratione futuri der Servitut renunciiren wolte.

3) Die Onera, welche auf die Wohnung gelegt werden, muß er über sich nehmen, und daher den Service &c. bezahlen. Wann ihm nur eine oder wenige Stuben zur Wohnung vermacht worden, bezahlet er die Onera nur pro rata.

Wann die Strassen vor dem Hause gepflastert werden müssen, muß solches der Eigenthümer besorgen.

§. 10.

Es kan die Habitatio nicht auf die Erben transmittiret werden: Sie haben aber das Jus Retentionis wegen der nothwendig angewandten Kosten, und, wann sie das Gut ohne Deduction übergeben, Condictionem indebiti, oder Actionem negotiorum.

§. 11.

Der Eigenthümer des Hauses kan währender dieser Servitut nichts an dem Hause, Stube, (et)c. ändern.

Er kan auch keinen Inspectorem in das Haus setzen, um darin zu wohnen.

§. 12.

Alle Actiones, welche dem Fructuario gegeben werden, haben auch hier statt: Es kan nemlich derjenige, welchem die Habitatio versprochen worden, wann der Eigenthümer säumig ist ihm die Wohnung einzuräumen, actione personali agiren, daß der Eigenthümer ihm die Wohnung einräumen, und alle durch die Saumseligkeit verursachte Schäden ersetzen solle.

Nach geschehener Tradition aber hat der Habitator actionem confessoriam &c.

§. 13.

Die Servitus Habitationis wird eben so, wie der Ususfructus und usus AEdium, geendiget, dergestalt, daß dieselbe auch durch die Achtserklärung und durch den Nonusum verloren gehet.

Tit. X.

Von den Real-Dienstbarkeiten.

(De Servitutibus Praediorum.)

§. 1.

Wir haben von den Servitutibus Personalibus bishero gehandelt: Nunmehro soll von den servitutibus realibus, oder praediorum gehandelt werden.

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(2-114) Part. II. Lib. IV. Tit. X.

§. 2.

Es ist voraus zu setzen, daß durch die Praedia urbana Häuser und Gebäude verstanden werden, und durch die Praedia rustica liegende Gründe: weil nicht auf den Ort, wo die Praedia belegen sind, reflectiret wird, sondern auf deren Gebrauch.

Daher werden auch zu den Praediis urbanis gerechnet die auf dem Lande befindliche Scheunen und Lust-Gärten.

§. 3.

Real-Dienstbarkeiten (servitutes praediales) werden genannt, wann ein Gut dem andern zu dessen Nutzen eine Dienstbarkeit und Servitut schuldig ist.

Die Real-Dienstbarkeit ist also eine Servitut, vermöge deren der Eigenthümer eines benachbarten Guts schuldig ist, entweder zu leiden, daß sein Nachbar einigen Nutzen aus seinem Gut ziehen könne, oder etwas zu unterlassen, was der Eigenthümer zwar nach seiner natürlichen Freyheit zu thun befugt ist, aber wegen seines Nachbars Commodität nicht thun kan; Servitus enim in patiendo vel non faciendo consistit. Woraus von selbsten folget, daß keine Servitus praedialis in faciendo bestehen könne. Vid. supr. Tit. II. §. 2. p. 93.

§. 4.

Diese Servitutes Praediales werden I. getheilet in urbanas, wann ein Gebäude dem andern, es sey auf dem Lande oder in der Stadt, eine Servitut schuldig ist: und rusticas, wann der Besitzer eines Landes oder Ackers dem Land oder Acker seines Nachbars eine Dienstbarkeit constituiret, wann auch schon das Land in der Stadt gelegen ist. Von den erstern wird in Art. I. gehandelt; von den letztern aber soll in Art. II. gehandelt werden.

II. Werden die Real-Dienstbarkeiten auch getheilet in affirmativas und negativas: und

III. In continuas & discontinuas. Vid. supr. Tit. II. §. 5. & 6. p. 94.

§. 5.

Die Real- oder Praedial-Dienstbarkeiten werden eben so wie die Servitutes Personales bestellet, nemlich 1) Lege: Solchergestalt muß demjenigen, welcher den Weg nach seinem Begräbniß durch eine Ueberschwemmung oder sonst verloren, ein anderer Weg (Servitus viae) aus den benachbarten Aeckern angewiesen werden. Vid. supr. pag. 7. §. 21.

2) Durch die Judicia divisoria, wann bey einer Theilung der Güter der Richter oder der Arbiter einem das Dominium, dem Nachbar aber eine Servitut in sothanem Eigenthum zutheilet.

3) Durch eine rechtliche Disposition des Eigenthümers, entweder unter Lebendigen oder Todten.

4) Durch eine Verjährung, vid. Tit. II. §. 7. p. 94. welche aber demjenigen allein ein Recht giebt, der die Servitut gebrauchet: Wann also ein Membrum Universitatis sich des Durchganges durch seines Nachbars Hof oder Gut lange Jahr gebraucht, acquiriret die Universitas dadurch keine Dienstbarkeit.

§. 6.

Es wird zu einer Real- oder Praedial-Servitut erfordert: I. Daß der Serviens Eigenthümer des servirenden Guts sey.

Daher kan derjenige, welcher ein Gut, dessen Eigenthum ihm nicht zustehet, besitzet, keine Servitut darauf constituiren, noch Rem alienam mit dergleichen Onere beschweren.

n. 1. Wann viele Herren eines Guts sind, kan einer ohne des andern Willen dem Gut keine Dienstbarkeit auflegen, weil das Condominium auf dem gantzen Gut, und einer ieden Particul desselben, haftet: folglich die Servitus nicht exerciret werden kan, ohne des Condomini seinen Antheil mit zu gebrauchen: Dahero auch derjenige


(2-115) Part. II. Lib. IV. Tit. X.

selbst, welcher die Servitut dem Nachbar accordiret, diesen an dem Gebrauch hindern kan: welchenfalls er aber dem Nachbar die Eviction leisten muß.

n. 2. Diejenigen Eigenthümer, welche ein Dominium revocabile haben, als Vasalli, Superficiarii, Emphyteuticarii, Haeredes fiduciarii &c. können zwar eine Servitut constituiren, es höret aber dieselbe mit dem Recht des Dominii auf.

n. 3. Wann iemand bloß Usufructuarius, ob schon von dem gantzen Vermögen ist, kan er keine Servitut constituiren, quia servitus servitutis non datur.

§. 7.

n. 4. Es können dergleichen Servitutes Praediales auch constituiret werden, 1) sub Conditione: Welchenfalls die Servitut cum effectu anfängt, wann diese Condition existiret.

2) Sub Die: Wann z. E. iemand seinem Nachbar die Hütung auf seinem Gut accordiret, iedoch daß solche erst künftiges Jahr ihren Anfang nehmen solle.

Es kan aber keine Servitut ad diem constituiret werden, z. E. auf 6. Monat, weil die Causa servitutis perpetua seyn muß.

3) Sub Modo: Wann z. E. iemand seinem Nachbar die Hütung, iedoch bloß mit Ochsen oder mit Schafen, oder nur zur gewissen Zeit, oder an einem gewissen Orte (et)c. accordiret.

§. 8.

Es wird II. erfordert, daß auch derjenige, welcher seinem Gut eine solche Servitut acquiriren will, Dominus des Guts sey; weil niemand durch sein Pactum einem Tertio ein Recht acquiriren kan: Daher kan auch ein Vater nicht einmal seinem Sohn in dessen peculio adventitio castrensi vel quasi castrensi (ein anderes ist in profectitio) eine Servitut acquiriren, noch ein Socius seinem Socio, oder ein Nachbar seinem Nachbaren.

Wann aber iemand ein Dominium revocabile hat, kan er dem Gut eine Servitut acquiriren, weil er des Domini directi causam verbessern kan.

§. 9.

Es können aber dergleichen Servitutes auch durch einen Bevollmächtigten so wol constituiret als acquiriret werden: In dem ersten Fall muß der Bevollmächtigte speciale mandatum haben; In dem andern Fall muß der Eigenthümer factum mandatarii acceptiren und ratificiren.

§. 10.

Es wird III. zu Constituirung einer Servitutis Praedialis erfordert, daß derjenige, welcher seinem Nachbar dergleichen Dienstbarkeit constituiret, ihm auch dieselbe tradire.

n. 1. Diese Traditio geschicht in affirmativis durch die Patienz des Domini servientis, wann er nemlich leidet, daß der Nachbar die versprochene Dienstbarkeit auf seinem Gut wircklich gebrauche und übe; in negativis aber, wann der Nachbar dasjenige, was er versprochen hat, wircklich nicht thut, sondern solches unterlässet.

n. 2. Wann dergleichen Dienstbarkeit durch eine Verjährung acquiriret wird, so ist deren langwierigerae Gebrauch loco Traditionis.

n. 3. Wann also die Servitutes reales durch ein blosses Versprechen (Pacto) constituiret worden, und der Promittente den Gebrauch der Dienstbarkeit nicht verstatten will, kan derjenige, dem die Servitut versprochen worden, denselben bloß Actione personali anhalten, daß er leiden müsse, daß der Actor die versprochene Servitut brauchen und exerciren möge, oder daß der Promittente nicht thun müsse, was er auf seinem Gut zu unterlassen versprochen hat.

Ein anders ist, wann iemand die Dienstbarkeit durch ein Legatum acquiriret, weil die Servitut Ipso jure auf den Legatarium transferiret wird: Daher derselbe, wann er von dem Erben oder einem andern an dem Gebrauch der Dienstbarkeit gehindert wird, nicht Actione personali, sondern confessoria die Servitut vindiciren kan.

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(2-116) Part. II. Lib. IV. Tit. X.

§. 11.

IV. Werden zu einer Servitute praediali zwey verschiedene Güter und Herren erfordert, wovon das eine Gut serviens, das andere aber dominans ist; Weil ein anderer seyn muß, der dienet, ein anderer, dem gedienet wird. Daher kan niemand sich in seinem eigenen Gut, wann er auch schon zwey Praedia hat, eine Servitut constituiren.

§. 12.

V. Wird erfordert, daß die beyden Praedia vicina seyn, weil die Eigenschaft der Praedial-Servitut darin bestehet, daß das Praedium dominans einen Nutzen durch die Nachbarschaft erlange.

Es wird aber die Nachbarschaft nicht nach der Lage des Orts, sondern nach dem Nutzen und Gebrauch genommen. Wann also zwey Häuser einen Büchsen-Schuß von einander liegen, deren eines dem andern, wann es höher gebauet würde, den Prospect nach einem Wald oder Teich benähme, so kan eine Servitus, ne prospectui officiatur, constituiret werden, wann auch schon ein ander niedriges Haus darzwischen liegt. Im Fall aber dieses niedrige zwischen beyden gelegene Haus sein Gebäude erhöhet, und dadurch dem praedio dominanti den Prospect verbauet, hört die gantze Servitut auf.

Solchergestalt kan eine Servitus aquaeductus und aquaehaustus &c. in einem Gut, welches eine Vierthel Meile Weges, und weiter, von dem andern Gut belegen ist, constituiret werden. Wann aber ein Fundus darzwischen liegt, durch welchen das Wasser nothwendig geführet warden muß, hat die Servitus keinen Nutzen, und ist ungültig. Es ware dann, daß nachher das dazwischen liegende Praedium die Durchfuhr verstatten wolte.

Wann iemand sein Gut verkauft, und sich die Servitutem aquaeductus in dem vicino praedio reserviret, gilt diese Reservatio nicht, sondern die Servitus hört auf; weil weder der Käufer, dem sie nicht mit verkauft worden, solche exerciren kan; noch der Verkäufer, welcher kein Praedium vicinum mehr hat.

§. 13.

VI. Wird erfordert, daß die Dienstbarkeit dem Praedio dominanti einen Nutzen schaffe oder verschaffen könne: Wann also ein Nachbar dem andern erlaubt in seinem Lust-Garten spatzieren zu gehen, in seinem Lust-Hause zu essen, Wasser aus seiner Quelle zum Trunck zu holen, einen Apfel in seinem Garten abzubrechen, (et)c. ist dieses keine Servitus praedialis, weil keine von diesen Actibus dem Praedio selbst einen Vortheil oder Nutzen schaffet.

Wie denn auch für keine Praedial-Servitut gehalten wird, wann iemand seinem Nachbar verspricht etwas zu thun, welches er nach seiner natürlichen Freyheit unterlassen könte; als z. E. wann er sich verbindet sein Haus anstreichen zu lassen, Bäume zu pflantzen (et)c. weil dergleichen Servitutes, welche in faciendo bestehen, dem Praedio dominanti keinen wahren Nutzen verschaffen. Vid. supr. Tit. II. §. 2. p. 93.

n. 1. Weil also die Servitus bloß zum Nutzen des Praedii dominantis constituiret wird, so folget von selbsten, daß der Dominans solche nicht weiter gebrauchen könne, als in so weit dieselbe dem Praedio einen wircklichen Nutzen verschaffet. Daher der Dominans seine Servitut keinem andern Praedio cediren kan, weil die utilitas praedii dominantis alsdann cessiret.

n. 2. Es ist zugleich wohl zu mercken, daß in den Servitutibus praedialibus der Serviens von dem Gebrauch eben desselben Rechts nicht excludiret werde, folglich derselbe befugt sey jure dominii auf dem Praedio zu reiten, zu fahren, sein Vieh auf die Weide zu treiben (et)c. wann nur die Dienstbarkeit nicht dadurch inutil gemacht wird.

Wann ratione modi utendi einiger Zweifel vorfallen solte, muß der Usus durch Richterliche Erkäntniß reguliret werden.


(2-117) Part. II. Lib. IV. Tit. X.

§. 14.

VII. Wird erfordert, daß die Utilitaet eines Praedii dem benachbarten Praedio NB. Jure servitutis verstattet werde: Wann also Jure familiaritatis und precario das Exercitium eines solchen Rechts verstattet wird, ist es keine Servitut, und der Dominans erlanget aus dergleichen Precario auch nicht einmal ein Personal-Recht.

Es muß aber der Dominans erweisen, daß er jure Servitutis das Recht gebrauche: Es wäre dann, daß er dasselbe longo tempore, das ist, 10 Jahre inter praesentes, und 20 Jahre inter absentes, exerciret habe, welchenfalls der Serviens erweisen muß, daß der Nachbar das Recht bloß precario jure besitze.

§. 15.

Endlich und VIII. wird erfordert, daß die Servitut causam perpetuam habe, das ist, daß die Utilitaet niemals aufhöre, wann schon der Gebrauch unterbrochen wird; Solchergestalt haben alle Servitutes rusticae causam perpetuam, weil bey dem Praedio beständig gegangen, geritten (et)c. wird, obgleich Dominus praedii dominantis nicht continuirlich gehet, reitet (et)c. Vid. supr. pag. 94. §. 5.

§. 16.

Wann eines von diesen Requisitis fehlet, und z. E. einem Praedio ein Vortheil und Nutzen in einem Praedio non vicino verschrieben wird; oder wann dem Praedio dominanti kein Vortheil daher entstehet; oder wann die Servitut keine causam perpetuam hat, (et)c. so erlanget das Praedium dadurch keine Servitut in dem andern Praedio; sondern der Eigenthümer, welchem dergleichen Vortheil versprochen worden, hat bloß eine actionem personalem gegen den Eigenthümer des andern Praedii, daß er den versprochenen Vortheil praestiren müsse.

§. 17.

Der Effect der Servitutum praedialium, in Ansehung des praedii dominantis, bestehet darin, daß I) der Dominans eine quasi possession in dem Praedio serviente erlange, und daher befugt sey, die Dienstbarkeit ihrer Art und Natur nach zu gebrauchen, und alles dasjenige zu thun, was zu dem Gebrauch derselben ohnumgänglich nöthig ist.

n. 1. Und weil die Servitut dem gantzen Praedio, und allen dessen Particuln, anklebt, so folget von selbsten, daß derjenige, welchem dergleichen Dienstbarkeit constituiret ist, dieselbe an allen Orten des Guts exerciren könne.

Wann also per alluvionem vel accessionem dem Gut, worauf die Servitus constituiret ist, etwas accresciret, so wird die Dienstbarkeit auch dahin extendiret.

n. 2. Und wann der Dominus zwey Güter hat, welchen conjunctim eine Servitut constituiret ist, eines aber davon alieniret worden, so kan der neue Besitzer von seinem erkauften Gut gleichfalls die Servitut exerciren: Welches auch statt hat, wann iemand sein Gut, welchem dergleichen Servitut zustehet, stückweise verkaufet.

n. 3. Es kan auch daher die Servitus nicht getheilet werden: Wann also zweyen das jus eundi conjunctim verstattet wird, kan ein ieder in solidum gehen, weil niemand pro parte gehen, und pro parte nicht gehen kan.

§. 18.

Der andere Effectus der Servitutum Praedialium ist, II) daß der Dominus praedii dominantis ein dingliches Recht in dem Praedio serviente, folglich actionem realem, nemlich confessoriam, erlange; vermöge deren er sein dingliches Recht gegen einen ieden Besitzer schützen kan.

Und diese Action wird mit dem dinglichen Recht auch auf die Erben und singulares Successores transferiret.

§. 19.

In Ansehung des Domini praedii servientis ist der Effect dieser, daß er leiden muß, daß der Dominans die Servitut auf seinem, des Servientis,

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(2-118) Part. II. Lib. IV. Tit. X. Art. I.

Gut nach ihrer Art und Eigenschaft, auch vorgeschriebener massen, gebrauche und exercire; und daß der Serviens nichts thun könne, wodurch sothaner Gebrauch gehindert wird.

n. 1. Wann der Serviens negiret, daß dergleichen Servitut auf seinem Gute hafte, kan er seine Freyheit actione negatoria schützen und behaupten. Vid. infr. Tit. XI.

n. 2. Dem Servienti stehet frey, sein Gut cum onere servitutis zu veräussern, und kan der Dominans solches nicht verhindern.

n. 3. Schließlich kan in den Servitutibus rusticis dem Domino praedii servientis nicht verwehret werden, sich eben desselben Rechts auf seinem Eigenthum zu bedienen. Vid. supr. §. 11. in fin.

Art. I. Von den Dienstbarkeiten, welche zum Nutzen der Praediorum urbanorum gehören.

(De Servitutibus Praediorum Urbanorum.)

§. 20.

Es ist schon vorhin §. 2. vorausgesetzet worden, daß durch die praedia urbana die Gebäude verstanden werden, sie mögen in der Stadt oder auf dem Lande gelegen seyn: und daß daher servitutes urbanae alsdann genannt werden, wann der Dominus eines Gebäudes von seinem Nachbar etwas zu leiden, oder in seinem Eigenthum zu unterlassen schuldig ist.

Wann also zwey Scheunen auf dem Lande neben einander stehen, davon die eine die Traufe auf des andern Dach oder Hof besitzet, ist dieses eine Servitus urbana: nicht in Ansehung der Lage des Orts, sondern in Ansehung des Gebrauchs, welcher bloß bey den Häusern statt findet. dict. §. 2.

Es werden auch zu den Praediis urbanis gerechnet die auf dem Lande befindliche Lust-Gärten. ibid.

§. 21.

Zu den Servitutibus praediorum urbanorum gehöret I. die servitus oneris ferendi: (die Bürde oder Lasttragung der Gebäude) wann nemlich Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus einen Erckner, Balcken, oder andere Last auf des Caji Mauer oder oder Pfeiler legen oder setzen könne.

n. 1. Wann die Mauer oder Pfeiler die Last nicht tragen kan, muß der Cajus solche auf seine Kosten repariren, oder die Mauer dem Sejo überlassen: Wann der Cajus keines von beyden thut, stehet dem Sejo frey, die Kosten der Reparatur vorzuschiessen, und hiernächst dieselbe mit allem Interesse von dem Cajo wieder zu fordern.

Wann aber der Erckner, oder Balcken, oder die Last währender Reparation gestützet werden muß, ist der Sejus schuldig solches auf seine Kosten zu thun.

n. 2. Wann der Sejus nicht von seiner Convenientz findet, die Mauer (et)c. zu repariren, oder dieserwegen einen Process anzufangen, und daher in 30 und mehr Jahren seine Servitut nicht gebrauchen kan, verlieret er dadurch sein Recht nicht, sondern wann der Cajus nach der Zeit die Mauer (et)c. repariret, stehet dem Sejo frey die Last auf eben dieselbe Mauer zu legen, weil die Schuld nicht an ihm, sondern an dem Cajo gelegen.

n. 3. Im Fall der Sejus, ohne dergleichen Servitut, einen Erckner auf des Nachbars Mauer setzet, oder einen Balcken darauf leget, kan der Cajus de facto die Last davon abnehmen.


(2-119) Part. II. Lib. IV. Tit. X. Art. I.

§. 22.

II. Servitus tigni immittendi: (das Balcken-Recht) wann Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus einen Balcken oder andere Machine in des Caji Mauer einschieben könne, um darin zu ruhen.

Diese Servitut differiret von der vorhergehenden darin, daß durch die Servitutem oneris ferendi eine Last oben aufgelegt, durch die Servitutem ligni immittendi aber die Last in die Mauer eingeschoben werde: Wovon der Effect dieser ist, daß nicht der Serviens, sondern der Dominans bey der letztern Servitut die Reparations-Kosten zu bezahlen schuldig sey.

Wann iemand in seines Nachbarn Wand ohne dergleichen Servitut etwas immittiret, kan der Dominus der Mauer solches de facto verhindern und abstellen.

§. 23.

III. Servitus projiciendi et protegendi: wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus einen Erckner in des Caji Hof herausbauen könne, wird dieses Recht Servitus projiciendi genannt. Wann der Cajus leiden muß, daß der Sejus, um seine Wand gegen den Regen zu schützen, sein Dach nach des Caji Hof (et)c. extendire, (welches ein Wetter-Dach genannt wird) ist es eine Servitus protegendi.

n. 1. Wann eine Servitus projiciendi constituiret wird, acquiriret der Sejus nicht die Servitutem stillicidii, vielweniger kan er das Wasser oder andere Unreinigkeiten auf des Seji Hof ausschütten.

n. 2. Diese Servitus projiciendi differiret von der Servitute oneris ferendi & (et) tigni immittendi, weil beyde auf und in des Caji Wand ruhen. Hingegen ruhet in der Servitute projiciendi der Erckner nicht auf des Nachbars Wand oder Säule.

§. 24.

IV. Servitus altius tollendi: wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus sein Haus höher bauen könne, welches dieser sonst ob prohibitionem legis nicht thun könte.

Weil aber dergleichen Gesetze in Unsern Ländern nicht vorhanden, so hat diese Servitus keinen Nutzen.

§. 25.

V. Servitus altius non tollendi: wann der Cajus, welcher nach seiner natürlichen Freyheit in dem Seinigen, wie er will, bauen kan, solches zum Nutzen seines Nachbars Seji unterlassen, und nicht thun muß.

Es hindert aber diese Servitut nicht, daß der Serviens nicht solte einen Garten (Hortum pensilem) auf seinem Hause anlagen, und Bäume darin pflantzen können.

§. 26.

VI. Servitus luminis immittendi: (Licht-Recht) wann z. E. der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus in die mit ihm gemeine Wand ein Fenster oder Loch machen könne, um das Licht daher zu bekommen.

§. 27.

VII. Servitus officiendi luminibus vel prospectui: Diese Servitut supponiret, daß dem Eigenthümer, welcher nach der natürlichen Freyheit befugt ist in dem Seinigen zu bauen, und was er will, zu veranlassen, folglich auch ein Fenster in seiner eigenthümlichen Mauer einzusetzen, und das Licht dadurch herzuholen, von dem Nachbar verboten werde, solches zu thun, und der andere lange Jahre dabey acquiescire.

In diesem Fall erlanget der Prohibens Jure Usucapionis eine Servitut officiendi luminibus vel prospectui, weil der Nachbar unterlassen muß ein Fenster in seine Mauer einzusetzen, wodurch seinem Licht geschadet wird. Vid. supr. pag. 77. §. 26.


(2-120) Part. II. Lib. IV. Tit. X. Art. I.

§. 28.

VIII. Servitus non officiendi luminibus vel prospectui: Bey dieser Servitut ist vorauszusetzen: 1) Daß der Sejus die Aussicht aus seinen Fenstern in des Nachbars Caji Hof, Garten (et)c. habe, und das Licht von der Seiten empfange. 2) Daß dem Cajo nach den Rechten frey stehe, dem Sejo diesen Prospect und Licht zu verbauen.

n. 1. Wann nun beyde Theile unter einander verabreden, daß der Cajus dem Sejo das Licht nicht verbauen wolle, so erlanget dieser eine Servitutem luminibus vel prospectui non officiendi; vermöge welcher Cajus nichts auf dem Seinigen bauen oder veranlassen kan, wodurch der Prospect oder das Licht des Seji gehindert werde.

n. 2. Wann diese Servitus in genere constituiret worden, verstehet sich von selbsten, daß der Cajus nicht allein das Licht, wie es gegenwärtig ist, nicht hindern, sondern auch an einem andern Ort nichts bauen oder veranlassen könne, wodurch das Licht verhindert wird; Ein anders ist, wann die Servitus nur auf das Licht, wie es ietzo ist, constituiret, und daß solches nicht gehindert werden solle, verabredet worden.

n. 3. Von dieser Servitut ist die Servitus prospectus nicht unterschieden, weil diese gleichfalls darin bestehet, daß der Cajus in seinem Grund und Boden nichts thun könne, wodurch der prospect gehindert werden kan.

n. 4. Diese Servitus non officiendi luminibus vel prospectui begreifft auch zuweilen die Servitutem altius non tollendi, in so weit nemlich durch die Erhöhung der Gebäude das Licht oder Prospect benommen würde.

Es kan auch die Servitus luminibus non officiendi ihren Nutzen haben, wann der Nachbar sein Haus erniedrigen wolte; wann nemlich das Licht durch einen Widerfall, Pressur, und Repercussion in des Dominantis Haus fällt, welches durch die Erniedrigung würde gehindert, folglich die Zimmer finsterer gemachet werden (a). Wann also die Sonnen-Strahlen auf des Praedii servientis Mauer fallen, und durch die Repercussion dergestalt zurück prallen, daß des Dominantis Zimmer dadurch heller gemachet werden, kan das Praedium dominans den Nachbar vi hujus servitutis anhalten, daß er sein Haus nicht erniedrigen, noch ihm dadurch das Licht entziehen müsse.

n. 5. Derjenige, welcher Servitutem luminibus non officiendi schuldig ist, kan auch dem Dominanti die Sonne nicht verbauen, weil durch die Sonne dessen Zimmer heller gemacht werden.

n. 6. Es differiret diese Servitus luminibus non officiendi von der Servitute altius non tollendi; weil derjenige, der nicht höher bauen darf, einen Garten auf seinem Hause anrichten und Bäume darin pflantzen kan, welches in der Servitute luminibus non officiendi nicht statt hat.

n. 7. Not. Das Licht wird genannt, wann man den Himmel sehen kan, folglich kommet solches allezeit von oben.

Der Prospect ist aber auch, wann die Erde gesehen werden kann, allermassem der Prospect auch auf gleicher Erde seyn kan.

§. 29.

IX. Servitus stillicidii recipiendi: (das Trauf-Recht) Es ist regulariter niemand befugt, das Regen-Wasser von seinem Dach in des Nachbars Hof oder Grund abzuleiten, sondern er muß solche durch Rennen entweder auf seinen Hof oder auf die öffentliche Strasse hinleiten, es wäre denn, daß er ein solches Recht jure servitutis erlanget hätte.

Es ist also eine Servitus stillicidii recipiendi, wann der Cajus leiden muß, daß seines Nachbars Seji Dach-Traufe auf sein, des Caji, Haus, Hof oder Platz falle, folglich der Sejus nicht befugt ist, solche von seinem Hofe zu avertiren; daher diese Dienstbarkeit auch Servitus non avertendi genannt wird.

(a) L. 17. § 3. Praed. Urb.


(2-121) Part. II. Lib. IV. Tit. X. Art. I.

n. 1. Es kan das Stillicidium nicht schwerer gemacht, und daher das Dach nicht weiter heraus gebauet, und in des Caji Hof extendiret werden.

n. 2. Weil auch wegen der Rennen und deren Reparation öfters gestritten wird, so soll es damit folgender gestalt gehalten werden.

Wann eine Renne auf des einen Mauer oder Dach allein liegt, darf derjenige, der dieses Onus trägt, nichts zur Reparatur der Renne hergeben.

Wann aber die Renne auf eine gemeine Wand, oder zwischen beyde Dächer geleget wird, müssen beyde zu deren Reparatur beytragen, wann schon dieserwegen nichts verabredet worden.

n. 3. Damit auch künftig aller Streit wegen des Stillicidii verhütet werde: So haben wir die Anstalt gemacht, daß kein neu Gebäude ohne Besichtigung des Bau-Collegii in den Städten vorgenommen werden solle; welches ex aequo & (et) bono reguliren muß, wie weit die beyden Häuser von einander stehen müssen, damit durch das Stillicidium keinem von beyden ein Schaden zugezogen werde.

§. 30.

X. Servitus stillicidii non recipiendi: wann der Cajus seine Dach-Traufe nicht auf seinen Grund leiten darf, sondern leiden muß, daß der Nachbar solchen auf seinen Grund und Boden avertiren, ableiten und aufsamlen könne; daher diese Dienstbarkeit auch Servitus avertendi genannt wird.

Welche Dienstbarkeit insonderheit an denen Orten ihren Nutzen hat, wo das gute Wasser rar ist, und in Cisternen aufgesamlet wird, oder woe s zu Begiessung eines Gartens (et)c. nöthig ist.

§. 31.

XI. Servitus fluminis recipiendi: wann der Sejus das Wasser, was sich auf seinem Hof oder Grund gesamlet, durch eine Renne oder Canal in des Nachbars Caji Hof (et)c. ableitet, und dieser solches leiden, und den Fluß recipiren muß.

§. 32.

XII. Servitus fluminis non recipiendi: wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus das auf seinem, des Caji, Grund gesamlete Wasser ableiten könne, folglich der Cajus nicht befugt ist, solches Wasser zu behalten und zu recipiren: daher diese Dienstbarkeit auch Servitus non recipiendi genannt wird.

Not. Stillicidium, Dach-Traufe, wird genannt, wann das Wasser Tropfenweise fället. Flumen aber ist, wann es Flußweise durch die Renne und Canäle fliesset.

§. 33.

XIII. Servitus cloacae immittendae: wann der Cajus leiden muß, daß der Sejus alle Unreinigkeiten seines Hofes, in specie aber die Priveter oder Cloaquen, durch sein, des Caji, Grund und Boden führen und ableiten möge.

Wormit auf gewisse Art übereinkommt die Servitus sterquilinii habendi: wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus auf seinem Hof einen Schweine-Stall oder Privet dichte an des Caji Wand anlagen möge, weil dergleichen Oerter nicht anders als in einer gewissen Distantz anzulegen erlaubt ist.

§. 34.

XIV. Servitus aquae immittendae: wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus das Wasser oder Unreinigkeit aus seinem Fenster in des Caji Hof oder Platz ausgiessen möge.

Q


(2-122) Part. II. Lib. IV. Tit. X. Art. I. II.

§. 35.

XV. Servitus positum habendi: wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus in seinem, des Caji, Hause an einem besondern Ort etwas niederlegen könne, und wohin der Cajus ohne des Seji Vorwissen nichts anders hinlegen kan.

§. 36.

XVI. Servitus fumi immittendi: Es verstehet sich diese Servitut nicht von dem ordinairen Rauch, welcher auf dem Feuer-Herd, aus dem Wasch-Hause, aus der Rauch-Cammer (et)c. den Cajum incommodiret; nachdemmalen ein ieder Herr des Hauses dergleichen Rauch in dem seinigen zu machen befugt ist; so gar daß gegen denjenigen, welcher seinen Nachbar an diesem Gebrauch verhindern wolte, interdictum uti possidetis statt hat.

Sondern es begreift diese Servitus einen ausserordentlichen Rauch, welcher z. E. aus einer Kalck-Hütte, Brau-Hause, (et)c. herrühret: Dergleichen Kalck-Hütte oder Brau-Cammer kan niemand anrichten, wann der Nachbar dadurch incommodiret wird; und der Nachbar kan durch Anstellung Actionis in factum, oder wann es ihm zum Tort geschicht, Actionis injuriarum solches verhindern: Ein anders ist also, wann dieserwegen eine Servitut constituiret wird.

Art. II.

Von den Dienstbarkeiten, welche zum Nutzen und Gebrauch der Bauren-Güter gehören.

(De Servitutibus Praediorum Rusticorum.)

§. 37.

Praedium rusticum, oder ein Bauren-Gut, wird hier genannt, welches ad usus rusticos gehöret, wann es auch schon in der Stadt belegen ist.

Wann also Aecker in der Stadt liegen, und der Herr des einen Ackers dem Herrn des andern Ackers die Trift, Durchfahrt (et)c. verstattet, so ist dieses eine Servitus rustica; weil hier nicht auf den Ort, wo der Acker belegen, sondern auf den Gebrauch und Nutzen der Servitut gesehen wird, welcher den Praediis rusticis gewidmet ist.

§. 38.

Dergleichen Servitutes rusticae sind I. iter: (der Durchgang) wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus durch sein, des Caji, Praedium gehen möge.

Welchenfalls nicht allein der Sejus, sondern auch dessen gantze Familie den Durchgang gebrauchen kan; Es können auch die Fremden, welche den Sejum besuchen, sich dieses Durchgangs bedienen.

n. 1. Der Durchgang kan nicht allein zu Fuß, sondern auch zu Pferde, nicht aber mit einem Wagen geschehen; vielweniger kan der Sejus Vieh über diesen Weg treiben.

n. 2. Wann iemand in dem vorigen Jahre 30 Tage continuirlich sich des Durchganges bedienet hat, muß er bey dem Besitz geschützet werden: und wird ihm dieserwegen Interdictum de itinere &c. privato gegeben. Vid. Part. IV.

n. 3. Der Sejus kan auch alles thun, was zu dem Durchgang nöthig ist; daher kan er Brücken bauen, den Weg repariren (et)c. aber auf seine Kosten.

n. 4. Zu einem Durchgang dürfen nicht mehr als vier Rheinländische Fuß angewiesen werden.

§. 39.

II. Servitus viae: (die Weg-Gerechtigkeit) wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus durch sein, des Caji, Praedium gehen, reiten, fahren, Holtz und Steine (et)c. durchfahren möge.


(2-123) Part. II. Lib. IV. Tit. X. Art. II.

n. 1. Diese Servitus viae begreift auch zugleich die servitutem actus, daher der Sejus auch sein Vieh durch diesen Weg treiben kan.

n. 2. Zu einem Weg müssen acht Fuß in die Gerade, und, wo er sich krümmet, sechzehn Fuß angewiesen werden; welches aber die Partheyen unter sich ändern, und den Weg entweder schmäler oder weiter verabreden können.

n. 3. Der Sejus muß diese Gerechtigkeit dergestalt gebrauchen, daß den Früchten und Bäumen kein Schaden dadurch geschehe.

§. 40.

III. Servitus actus: (die Trift-Gerechtigtkeit) wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus das Vieh durch sein, des Caji, Grund und Boden treiben möge.

n. 1. Unter dem Vieh werden auch die Schafe und Schweine (et)c. verstanden, nicht aber das Feder-Vieh.

n. 2. Die Servitutes itineris & viae sind unter dieser Dienstbarkeit ausser dem Actu nicht begriffen, wann solches nicht in specie verabredet worden.

n. 3. Wann in genere die Vieh-Trift verstattet worden, ohne den Weg und den Ort zu benennen, so kan der Sejus das Vieh, wo es ihm am commodesten ist, durchtreiben. Wann darüber Streit entstehet, muß der Richter den Ort determiniren.

Zu dergleichen Trift müssen acht Rheinländische Fuß angewiesen werden.

§. 41.

IV. Servitus aquaeductus: (das Wasserleitungs-Recht) wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus das Wasser entweder aus des Caji Praedio auf sein Gut, oder von einem fremden Ort durch des Caji Gut leiten möge.

n. 1. Diese Servitut hat ihren Nutzen, wann der Sejus Mangel am Wasser, und daher nöthig hat solches anzuschaffen, um seinen Acker damit zu bewässern, oder sein Vieh damit zu träncken, das Wasser auf seine Mühle oder sonst zum Nutzen seines Guts hin zu leiten, (et)c.

n. 2. Zu dieser Servitut gehöret auch, wann der Sejus überflüßig Wasser aus seinem Bache hat, und daher ihm verstattet wird, solches durch das Caji Grund und Boden abzuführen.

n. 3. Es kan auch der Sejus alles thun, was zum nöthigen Gebrauch dieses Aquaeductus gehöret; daher kan er Rennen legen, Graben machen, durch einen steinernen Aquaeductum das Wasser leiten, (et)c. wann nur der andre Servitutes, die auf des Caji Praedio haften, als Iter, Via, Actus, &c. (et)c. dadurch nicht gehindert werden.

n. 4. Es kan der Sejus auch auf seine Kosten den Bach, woraus das Wasser geleitet wird, repariren, das Ufer befestigen, (et)c. und muß der Cajus ihm solchenfalls einen zulänglichen Platz anweisen, wo er die zur Reparatur gehörige Materialien hinlegen kan.

n. 5. Wann die Servitus Aquaeductus dem Sejo bloß zu seinem Plasir verstattet wird, z. E. um Cascaden in seinem Lust-Garten anzurichten; so ist die Servitus nicht rustica, sondern urbana.

n. 6. Wann der Sejus einen Theil von seinem Gut verkaufet, kan dessen Possessor auf seinem Theil diese Servitut nicht exerciren, wann der Sejus auf seinem Antheil wircklich einen Aquaeductum angeleget hat.

n. 7. Im übrigen kan der Cajus, als Dominus praedii servientis, nichts thun oder vornehmen, wodurch der Aquaeductus gehindert werden könte; daher kan der Cajus den Ort nicht zum Kirchhof anweisen: Er kan auch keinem andern dergleichen Servitut accordiren, wann es dem Sejo am Wasser fehlen solte.

n. 8. Wann des Seji Gut durch einen Anwachs vergrössert wird, kommt demselben die Servitus aquaeductus gleichfalls zu statten.

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(2-124) Part. II. Lib. IV. Tit. X. Art. II.

n. 9. Es ist auch die Servitus Itineris unter diesem Aquaeductu begriffen.

n. 10. Schließlich muß bey dem Gebrauch dieses Servitut zum Fundament gesetzet werden, 1) die Verabredung; 2) Wann dergleichen nicht vorhanden, die Observantz des Orts; 3) Wann auch daraus nichts zu nehmen ist, der alte Status, und wie es vorhin gehalten worden; und endlich 4) Arbitrium Judicis.

§. 42.

V. Servitus aquaehaustus: (Wasserschöpfungs-Gerechtigkeit) wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus Wasser zu seines Praedii Nothwendigkeit aus des Caji Brunnen oder Fluß schöpfen möge.

n. 1. Es differiret diese Dienstbarkeit von dem Aquaeductu, 1) daß das Wasser nicht nothwendig aus einem Fluß geholet werden dürfe, sondern es kan auch aus des Caji Brunnen geholt werden: 2) daß in dem Aquaehaustu das Wasser nicht durch Graben und Canaele, oder andere Machinen, auf des Seji Gut geleitet, sondern bloß in Fässern, Krügen, und Flaschen geschöpft werden müsse; 3) daß der Aquaehaustus ein beständiges und quellendes Wasser erfordere, folglich kein Aquaehaustus in Cisternen, die ihr Wasser von dem Regen erhalten, constituiret werden könne.

n. 2. Es kan der Aquaehaustus auch constituiret werden, wann schon noch kein Brunnen gegraben ist, weil in dem Versprechen die tacita conditio enthalten ist, wann der Brunnen künftig gegraben werden solte.

n. 3. Der Aquaehaustus inferiret auch iter & (et) viam, aber nur zum Wasser schöpfen.

§. 43.

VI. Servitus pectoris ad aquam appulsus: (die Vieh-Träncke) wann der Cajus leiden muß, daß sein Nachbar Sejus sein Vieh auf oder durch des Caji Praedium zur Träncke hintreiben möge.

n. 1. Durch das Vieh wird verstanden alles vierfüßige Vieh, auch die Esel, Schafe, Schweine (et)c. Es wäre dann, daß eine gewisse Art oder Zahl von Vieh benennet worden.

§. 44.

VII. Servitus pascendi: (die Hüt- und Weide-Gerechtigkeit) wann der Cajus leiden muß, daß sein, Nachbar Sejus sein Vieh auf sein, des Caji, Grund und Boden hüten und weiden lassen dürfe.

n. 1. Wann in genere eine Hüt- und Weide-Gerechtigkeit constituiret worden, kan der Sejus alles sein vierfüßig Vieh dahin treiben.

Wann nur eine Art von Vieh, als für die Ochsen oder Schafe, (et)c. die Hut und Weide verstattet worden, kan kein anderes Vieh, als was verabredet worden, dahin getrieben werden: Es ist auch bey den Schafen kein Unterschied unter Schmer- und anderm Vieh zu machen; kranckes oder inficirtes Vieh aber kan der Sejus nicht dahin treiben, vielmehr ist der Cajus befugt, dieserwegen Caution von dem Sejo zu fordern.

Es können auch nicht mehr Stücke zur Weide geschicket werden, als tempore constitutae Sevitutis vorhanden gewesen; daher der Zuwachs billig ausgeschlossen wird.

Wann diese Dienstbarkeit durch die Verjährung acquiriret wird, kan bloß diejenige Art und Zahl von Vieh dieses Recht geniessen, welche zu der Zeit, da die Verjährung geendiget wird, wircklich auf des Caji Feld gehütet hat.

n. 2. Es kan diese Dienstbarkeit an allen Oertern, wo der Cajus vorhin die Hütung gebraucht hat, exerciret werden: Es wäre dann, daß nur eine gewisse Zeit oder Ort determiniret und verabredet worden.

n. 3. Es kan diese Hütungs-Gerechtigkeit nicht in einen andern Gebrauch verwandelt werden. Daher der Sejus, wann er kein Vieh hat, das Gras nicht abmähen kan.


(2-125) Part. II. Lib. IV. Tit. X. Art. II.

n. 4. Es kan auch der Sejus sein Recht keinem andern benachbarten Praedio cediren.

n. 5. Diese Servitut hindert aber den Cajum nicht, sich eben dieser Weide mit seinem Vieh zu bedienen; vid. supr. §. 11. §. 17. n. 3. Wann aber einer oder der andere zu viel Vieh halten, und die Weide übertreiben wolte, muß durch Richterliche Erkäntniß die Zahl determiniret werden.

n. 6. Der Herr des Praedii dominantis kan nichts thun, wodurch die Dienstbarkeit schwerer gemacht wird. Vid. supr. Tit. II. §. 11. p. 95.

n. 7. Hingegen kan auch der Herr des Praedii dominantis nichts veranlassen, wodurch der Gebrauch der Hütung und Weide gemindert werde; Daher stehet a) demselben nicht frey, einige Oerter aus der Hütung auszuraden, und zu Wiesen oder Aeckern zu machen. Er kan b) nichts an den Oertern bauen; c) keine Fisch-Teiche daselbst anlagen, (et)c.

d) Wann iemanden die Hütung in eines andern Gehöltze zustehet, kan der Eigenthümer des Holtzes dasselbe, oder einen Theil davon, nicht umzäunen oder umgraben. Es wäre dann, daß ein Holtzfleck ausgehauen oder ausgegangen wäre, welchenfalls dem Eigenthümer des Guts frey stehet, solchen wieder mit Fichten-Samen (et)c. zu besäen oder zu bepflantzen, und den Platz zu dem Ende mit einem Graben oder Zaun zu versehen; Alle diejenigen, welche die Hütungs-Gerechtigkeit, oder gemeine Hütung, daselbst haben, sind alsdann schuldig diesen Platz zu schonen.

Wann auch c) eine Obrigkeit einen Platz aus der Hütung, welcher morastig ist, und keine sonderliche Weide hervorbringt, ausraden und Wiesen davon machen wolte, kan derselben solches nicht verwehret werden, und die Unterthanen sind schuldig, sothanen Ort, eben sowol als Eigenthümer, drey Jahr zu schonen; Nach dreyen Jahren hat der Eigenthümer iedes Jahr den ersten Schnitt, nachher muß die Wiese zur gemeinen Hütung liegen bleiben, daß also die Gemeinde die Nutzung der verbesserten Weide von der Zeit an mit geniesset.

Es wird aber supponiret, daß die Gemeinde unterdessen keinen Mangel an der Weide habe; welches, wann dieserwegen Streit erreget wird, durch Oeconomie-Verständige sumtibus succumbentis ausfindig gemacht werden muß.

n. 8. Es ist keine servitus pascendi, 1) wann die Weide einer Commun zustehet, weil alsdann Singuli die Hütung nicht Jure servitutis, sondern Jure dominii communis gebrauchen.

2) Wann ein Nachbar dem andern Jure familiaritatis und precario erlaubt, sein Vieh auf sein Feld zu treiben; (welches in dubio praesumiret wird.) Und dieses Compascuum kan pro lubitu wieder aufgehoben werden. Es kan auch der Nachbar, wann das Precarium durch eine Verschreibung, oder durch Zeugen, klar erwiesen wird, keine Verjährung vorschützen.

§. 45.

VIII. Schließlich werden in genere alle Dienstbarkeiten, wodurch ein Bauren-Gut dem andern einigen Nutzen verschaffet, unter die Servitutes rusticas gerechnet: als z. E. wann Cajus leiden muß, daß Sejus auf des Caji Gut Steine brechen, Kalck, Kreide, Sand, Leim (et)c. daselbst holen, Torf stechen, Rasen hauen, Holtz in des Caji Walde fällen, Eicheln daselbst samlen, Schweine zur Mast dahin treiben (et)c. möge.

§. 46.

In dubio sind alle Servitutes, welche zum Nutzen eines Praedii rustici verstattet werden, rusticae; wann schon keine Meldung des Praedii, sondern nur der Eigenthümers gethan, oder die Verschreibung auch auf die Erben gerichtet wird. Oder wann eine Stadt ode rein Dorf der andern Stadt oder dem Dorfe eine Servitut verstattet.

Wann aber nicht dem Praedio selbst, sondern nur der Person des Eigenthümers ein Nutzen daher entstehet, als wann der Cajus dem Sejo erlaubt in seinem Thiergarten spatzieren zu gehen, in seinem Holtze Vögel zu schiessen, aus seinem Brunnen

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(2-126) Part. II. Lib. IV. Tit. XI.

Wasser zum täglichen Trunck oder zum Kochen zu holen, (et)c. so sind dieses keine Servitutes, folglich inferiren sie kein dingliches Recht, und produciren also keine actiones reales, sondern bloß actionem personalem ex pacto ad id quod interest, daher braucht es auch nicht, daß die Praedia vicina seyn.

§. 47.

Alle vorangeführte Servitutes rustic können mehreren verstattet werden; wann nur die Condition der ersteren nicht dadurch verschlimmert wird.

Tit. XI.

Von den Actionen, welche sowol aus den Personal- als Real-Dienstbarkeiten erlanget werden.

Item,

Welche denenjenigen gegeben werden, die negiren, daß dem andern dergleichen Servitut zustehe.

(Quibus modis servitus vindicetur, vel ad alios pertinere negetur.)

§. 1.

Es ist oben gesagt worden, daß alle Servitutes einen Besitz eines fremden Dinges oder einer Gerechtsame in eines andern Gut supponiren, folglich eine Tradition zu deren Constituirung nöthig sey. Vid. pag. 96. §. 6. pag. 115. §. 10.

Wann also eine Servitut bloß versprochen und noch nicht tradiret worden, hat derjenige, welchem dergleichen Versprechen geschehen, eine blosse Actionem personalem ex pacto, wodurch er den Versprecher anhalten kan, daß er die versprochene Dienstbarkeit tradiren müsse.

§. 2.

Wann aber die Servitut durch die Tradition constituiret ist, so erlanget derjenige, welchem sie constituiret worden, ein dingliches Recht, folglich eine Actionem realem, welche actio confessoria genannt wird.

§. 3.

Es ist also die Actio confessoria eine Actio realis, wodurch iemand behauptet, daß ihm oder seinem praedio eine Dienstbarkeit auf eines andern Gut zustehe.

§. 4.

Diese Actio confessoria ist entweder directa, oder utilis.

§. 5.

Actio confessoria directa wird demjenigen verstattet, welchem eine Servitut, sie mag personalis oder realis seyn, constituiret worden.


(2-127) Part. II. Lib. IV. Tit. XI.

In den Servitutibus praediorum kan allein derjenige, welcher Herr des Guts ist, die Actionem confessoriam anstellen, daher muß er sein Dominium erweisen. Es wäre dann, daß er das Gut als Dominus besitze.

Es kan also kein Usufructuarius die auf dem Gut haftende Servitutes vindiciren: Es wäre dann, daß er als legitimus administrator nomine domini confessoriam anstellen wolte: Ein anders ist, wann der Fructuarius an seinem Usufructu gehindert würde, solchenfalls kan er suo nomine seinen Usumfructum durch die Actionem confessoriam vindiciren.

§. 6.

Die Actio confessoria hat gegen alle diejenigen statt, welche den Dominanten an dem Gebrauch der Servitut hindern, es mag solches thätlich oder mit Worten, directe oder per indirectum geschehen; wann nemlich der Serviens nicht zugeben will, daß die Instrumenta Servitutis repariret werden (et)c.

Diesem zu folge kan sothane Actio nicht allein gegen den Servientem, welcher die Servitut constituiret, sondern auch gegen einen ieden Besitzer des Guts, worauf die Servitut haftet, angestrenget werden: Es wird aber auch derjenige für einen Besitzer gehalten, welcher dolo zu besitzen aufgehöret, oder liti sich offeriret hat. Vid. supr. pag. 29. §. 27.

Wann viele Domini des praedii servientis sind, und einer davon den Besitzer an dem Gebrauch hinder, kan die Actio gegen denselben in solidum angestellet werden.

§. 7.

Das Objectum der Actionis confessoriae directae sind alle Servitutes, sie mögen personales oder reales, rustic oder urbanae seyn. Vid. supr. §. 5.

§. 8.

Durch diese Actionem confessoriam behauptet der Kläger, daß ihm eine Servitut auf dem Gut zustehe, folglich der Besitzer ihn an dem Gebrauch dieser Servitut zu verhindern nicht befugt, sondern schuldig sey, ihn in die Possession derselben cum omni causa wieder einzusetzen.

Es kan auch der Kläger Cautionem de non ulterius turbando von dem Beklagten fordern, und wann dieser solche nicht praestiren will, muß er mediante executione darzu angehalten werden; es stehet auch dem Richter frey, eine Strafe in dergleichen Fall zu setzen.

Wann der Beklagte condemniret wird, und dennoch mit der Turbation continuiret, muß er den Schaden, wie der Actor solchen Juramento in litem erhärten wird, ersetzen.

Wann vielen eine Servitut gemein ist, und einer an deren Gebrauch gehindert wird, kan derselbe allein und in solidum die Actionem confessoriam anstellen.

Wie dann auch diese Actio auf die Erben transmittiret wird.

§. 9.

Actio confessoria utilis hat alsdann statt, wann iemand eine Servitut von demjenigen erlanget, welcher entweder gar nicht, oder nicht völliger Herr des Guts ist, worauf die Servitut constituiret wird: Daher ein Vasallus, Superficiarius, Emphyteuta, &c. wann dieselben eine Servitut constituiren, nicht action directa, sondern utili belanget werden müssen.

Wann iemanden eine andere Gerechtsame, ausser der Servitut, auf eines andern Gut concediret wird, als der Zehende, die Jagd, die Jurisdiction &c. (et)c. kan derselbe alle diese Jura actione confessoria utili vindiciren, und bitten, daß derjenige, welcher den Kläger turbiret, ihn bey dem Besitz dieser Gerechtsame zu lassen angehalten werde.

In dieser Actione confessoria utili hat alles dasjenige statt, was in der directa vorhin versehen ist.


(2-128) Part. II. Lib. IV. Tit. XI.

§. 10.

Es haben auch diejenigen, welchen eine Servitut legaliter constituiret worden, noch andere Actiones, ihr dingliches Recht zu beschützen, als 1) Actionem furti: wann ein bewegliches Ding, worauf eine Dienstbarkeit haftet, gestohlen wird. 2) Actio legis Aquiliae: wann iemand dem Ding oder Gut, worauf eine Servitut constituiret worden, Schaden zufüget; 3) Es kan auch der Besitzer der Servitut novum opus nunciiren. Es werden ihm auch 4) Interdicta zur Beschützung seiner Possession gegeben (et)c.

§. 11.

Wir haben bisher gezeiget, wie derjenige, welchem eine Servitut auf eines andern Gut constituiret worden, sein Recht gegen denjenigen, welcher solche hindert, durch die Actionem confessoriam vindiciren könne.

Weil sich aber öfters zuträgt, daß der Gegentheil negiret, daß dergleichen Servitut auf seinem Gut hafte, folglich behauptet, daß er solche zu leiden nicht schuldig sey, so kan er seine Freyheit per actionem negatoriam vindiciren.

§. 12.

Es ist also die action negatoria eine Actio realis, wodurch iemand negiret, daß auf seinem Ding oder Gut eine Servitut haftet, und daher bittet, denjenigen, welcher solche praetendiret, abzuweisen, und sein Gut von diesem Onere frey zu declariren, anbey dem Beklagten zu befehlen, daß er ihn nicht weiter in seiner Freyheit turbiren müsse.

§. 13.

Diese Actio gründet sich in der natürlichen Billigkeit, weil eine iede Sache so lange frey von allen Oneribus gehalten werden muß, bis das Gegentheil erwiesen wird; daher auch derjenige, welcher die Servitut negiret, sothane Freyheit nicht erweisen darf.

Welches auch statt findet, wann schon der andere sich in der Possession der Servitut befindet, und in summariissimo oder possessorio ordinario dabey geschützet worden.

Wann also der Herr des servirenden Guts, nachdem er in possessorio verloren, das ihm vorbehaltene Petitorium, das ist, Actionem negatoriam anstellet, darf er sein Fundamentum actionis bloß in der natürlichen Freyheit setzen, und wann der Besitzer der Servitut solche Freyheit negiret, muß dieser das Gegentheil, und daß eine Servitut legaliter constituiret sey, erweisen. Vid. Cod. Frid. p. 250. §. 11.

§. 14.

Es wird diese Actio negatoria gleichfalls getheilet in directam und utilem.

§. 15.

Die Actio negatoria directa wird allein dem wahren und völligen Herrn des Dinges oder Guts, worauf ein anderer die Servitut praetendiret und besitzet, gegeben. Er muß aber, wann er das Ding oder Gut nicht besitzet, zuforderst sein Dominium erweisen.

Die Actio negatoria utilis aber wird den Herren, welche nur ein Dominium utile oder revocabile haben verstattet: Welche Actio utilis auch auf diejenigen extendiret wird, welche (ausser der Servitut) negiren, daß dem Actori ein dingliches Recht, als die Jagd, ein Zehende, die Jurisdiction &c. (et)c. auf ihrem Gut zustehe; folglich behaupten, daß er dergleichen Gerechtigkeit zur Ungebühr praetendire.

§. 16.

Es ist also das Objectum der actionis negatoriae die Freyheit von der Dienstbarkeit oder einem andern Onere, welches ein Fremder auf des Neganten Gut praetendiret, und welche Freyheit von demselben angefochten wird.

Es kan durch diese Action nicht allein die Freyheit, sondern auch alles Interesse gefordert werden.


(2-129) Part. II. Lib. IV. Tit. XII.

Tit. XII.Wie die Praedial-Dienstbarkeiten aufhören und geendiget werden.

(Quibus modis Servitutes amittantur.)

§. 1.

Die servitudes praediales werden geendiget, und hören auf: I. Wann das Praedium, welchem die Servitut constituiret worden, untergehet: Wann also z. E. das Haus, welches eine Servitutem stillicidii auf des Nachbars Hof hat, destruiret und abgebrochen wird, hat die Servitus ein Ende: Und wann der Weg, welcher einem praedio jure servitutis zustehet, durch eine Ueberschwemmung unbrauchbar gemacht wird, höret auch die Servitus itineris, viae, & (et) actus auf.

n. 1. Wann aber das Haus wieder gebauet wird, und wann die Ueberschwemmung cessiret, müssen alle diese Servitutes wieder in den vorigen Stand gesetzet werden: Es wäre dann, daß die Ueberschwemmung zugleich einen neuen alveum, folglich eine novam speciem gemacht hätte; in welchem Fall alle vorgemeldete Servitutes gäntzlich aufhören, wann auch schon nachhero dieser neue alveus wider deseriret wird. Vid. supr. pag. 23. n. 7.

n. 2. Wann nur ein Theil des Praedii dominantis untergehet, bleibt die Servitut in solidum auf dem übrigen Theil: Wann also ein Theil des Praedii dominantis durch die Alluvion weggespühlet, oder durch einen neuen Alveum vermindert wird, hören dadurch die Servitutes in dem übrigen Theil nicht auf; Es ware dann, daß die gantze Servitus durch die Alluvion oder den neuen Alveum unbrauchbar gemacht werde.

§. 2.

II. Wann derjenige, welchem die Servitut zustehet, solche nicht nach dem vorgeschriebenen Modo, oder nach der Natur der Dienstbarkeit, gebrauchet: Wann z. E. derjenige, welcher nur gewisse Art Wasser, oder das Wasser nur zu einer gewissen Stunde zu holen berechtigt ist, eine andere Art von Wasser, oder solches zu einer andern Stunde holet (et)c.

§. 3.

III. Wann iemand die ihm zustehende Servitut binnen 10 Jahren inter praesentes, und 20 Jahr inter absentes, nicht gebrauchet:

Es verstehet sich aber dieses bloß, wann die Serviens entweder dem Dominanti den Gebrauch inhibiret, (a) oder facto ipso den Gebrauch verhindert. (b) Das letztere geschicht, wann der Serviens das Licht, welches er dem Dominanti zu verbauen nicht befugt ist, verbauet: wann der Dominans tignum in des Servientis Wand immittiren will, dieser aber das Loch zumauert: Wann der Serviens sein Haus, wider die dem Dominanti zustehende Servitutem altius tollendi, höher bauet (et)c. der Dominans aber in allen diesen Fällen 10 oder 20 Jahr darbey acquiesciret, und den Gebrauch unterläßt: so usucapiret der Serviens die Freyheit von der Dienstbarkeit.

Es ist aber oben angemercket worden, daß die Freyheit von den Servitutibus discontinuis binnen 20 Jahren (auch inter praesentes) usucapiret werde. Vid. pag. 94. §. 5.

R

 

(a) L. 18. §. 1. Quemadm. Serv. am. ibi: Non potest videri usu cepisse vicinus tuus libertatem aedium suarum, qui jus tuum non interpellavit.

(b) L. 6. ff. Serv. urb.


(2-130) Part. II. Lib. IV. Tit. XII.

n. 1. Wann der Besitzer des Praedii dominantis nach geschehenem Verbot 9 Jahr stillgeschwiegen, und nachher das Gut verkauft, der Käufer aber in dem zehenden Jahre gleichfalls die Servitut nicht gebrauchet, so wird die Freyheit usucapiret, und die Negligentz des Verkäufers praejudiciret dem Käufer.

n. 2. Es kan aber dem Domino praedii dominantis der non usus nicht schaden, wann er das Gut nicht selber, sondern durch einen andern besitzt; nemlich durch einen Conductorem, Emphyteutam, Superficiarium &c. (et)c. Weil ihm alsdann keine Negligentz imputiret werden kan: welches noch mehr statt hat, wann er gegen die Inhibition coram Notario &  testibus, oder gerichtlich protestiret, und solche Protestation dem Servienti insinuiren lässet.

n. 3. Es schadet auch der non usus dem Dominanti nicht, wann er aus Freundschaft die Servitut eine Zeitlang nicht gebrauchen will, und sich dieserwegen einen Revers ausstellen lässet.

n. 4. Es wird aber die Servitut durch den non usum alsdann nur verloren, wann der Dominans dieselbe gar nicht gebrauchet. Ein anders ist also, wann er binnen 10 (et)c. Jahren auch nur einen Actum exerciret, oder wann er nur einen Theil der Servitut gebrauchet. Wann also a) derjenige, welcher die Trift-Gerechtigkeit, oder die Weg-Gerechtigkeit hat, weder zu Pferd noch mit einem Wagen binnen der gesetzten Zeit durchfährt, noch sein Vieh durchtreibet, iedoch beständig durch des Servientis Gut gehet, verlieret er die Servitutem actus, viae &c. (et)c. nicht: Wann b) iemand seinem Nachbar den Durchgang durch zwey Güter verstattet, dieser aber 10 oder 20 Jahr lang beständig durch das eine Praedium gegangen, wird dadurch der Durchgang durch das andere Praedium nicht verloren, weil es nur eine Servitut ist, welche pro parte exerciret worden: Wann c) ein Socius oder Condominus die Servitut, welche einem Fundo communi constituiret worden, gebraucht, conserviret der andre Socius dadurch sein Recht; wann auch schon einem ieden Socio ein gewisser District zu seinem Gebrauch angewiesen worden. Ein anders ist, wann sie Socii oder Condomini pro diviso sind.

n. 5. Es wird auch die Servitut durch den non usum nicht verloren, wann der Dominans verhidnert wird sein Recht zu verfolgen: als a) wann er furiosus, prodigus, unmündig (et)c. ist.

Not. Wann einem Majori und Pupillo conjunctim eine Servitut constituiret worden, und keener von beyden das Recht gebrauchet, wird des ersteren sein Recht durch den Pupillum, welcher restitutionem in integrum bitten kan, conserviret.

b) Wann der Dominans, ob schon durch seine Schuld, gefangen sitzet, und seine Jura nicht beobachten kan.

n. 6. Es ist auch an einem andern Ort gezeiget worden, daß die Res communes, wie auch die Dinge, die extra Commercium sind, niemals durch den non usum verloren gehen können.

§. 4.

IV. Wann derjenige, welchem eine Servitut auf seines Nachbars Gut zustehet, solche in 30 Jahren nicht gebraucht, so acquiriret dieser Nachbar die Freyheit per Praescriptionem, und wird dadurch von diesem Onere liberiret: ohne daß alhier de bona fide & justo titulo weiter gefragt wird.

§. 5.

V. Wann beyde Praedia einen Herrn bekommen, so wird die Servitus per confusionem geendiget; z. E. wann die beyden Possessores einer des andern Erbe werden; oder einer dem andern sein Gut verkauft (et)c.

§. 6.

VI. Wann das Recht desjenigen, welchen die Servitut constituiret worden, aufhöret; Wann also derjenige, welcher ein Dominium revocabile hat, als ein


(2-131) Part. II. Lib. IV. Tit. XII.

Superficiarius, Emphyteuta, Vasallus &c. seinem Nachbar eine Dienstbarkeit verstattet: so hört dieselbe mit dem Recht des Superficiarii &c. auf.

§. 7.

VII. Es wird auch die Servitut geendiget, wann der Dominans der Servitut renunciiret; Worbey erfordert wird, a) daß der Renunciant allein Herr sey; b) das plenum, und c) irrevocabile dominium des Praedii dominantis, wie auch d) freye Macht habe von dem Seinigen zu disponiren.

n. 1. Es kan aber auch die Renunciatio tacite geschehen, wann nemlich der Dominans dem Servienti etwas erlaubt, welches der Dienstbarkeit zuwider ist; wann z. E. der Sejus eine servitutem stillicidii und altius non tollendi auf seines Nachbars Caji Haus hat, und der letzteren renunciiret. Vid. infr. §. 11.

Item, Wann der Dominians eine Servitut remittiret, von welcher die andere dependiret; z. E. wann der Sejus in des Caji Praedio eine servitutem aquaehaustus hat, und derselben renunciiret, so renunciiret er auch dem Durchgang, welcher ein Connexum des Aquaehaustus ist; wann er auch schon vorhin öfters ohne Wasser zu schöpfen sich des Durchgangs gebraucht hat.

§. 8.

VIII. Die Servitutes personales werden ausser diesen noch durch einige andere Modos geendiget. Vid. supr. pag. 102. §. 22.

§. 9.

IX. Wann die Servitus nur auf eine Zeitlang oder auf Lebenszeit constituiret worden, höret zwar ipso jure die Dienstbarkeit nach Ablauf der Zeit oder des Dominanten Absterben nicht auf, weil die causa servitutis perpetua seyn muß. Wann aber der Dominans oder dessen Erben nach der Zeit sich der Dienstbarkeit bedienen wollen, können sie exceptione doli vel pacti repelliret werden.

§. 10.

Es wird auch X. die Servitus nicht geendiget, wann der Dominus in die Acht erkläret wird, oder seine Güter confisciret werden; weil die Servitus nicht der Person, sondern dem Praedio anklebet, welches mit allen seinen Juribus dem Fisco anheimfället; Ein anders ist in der Servitute Ususfructus. Vid. supr. pag. 102. §. 22.

§. 11.

Wann iemand verschiedene Servitutes auf seines Nachbars Praedio besitzet, und eine per non usum, renunciationem, &c. geendiget worden, bleibt die andre in ihrer Vigeur.

n. 1. Wann also iemand eine servitutem stillicidii & altius tollendi auf seines Nachbars Haus zugleich hat, und diesem erlaubt höher zu bauen, verliert er dadurch das Stillicidium nicht, weil der Nachbar nicht höher bauen kan, als mit Vorbehalt des Stillicidii.

Wann aber ohne Nachtheil des Stillicidii nicht höher gebauet werden kan, so hört auch diese Servitut auf, weil sonst die verstattete Freyheit, das Gebäude zu erhöhen, keinen Effect haben würde.

n. 2. Wann das Praedium Dominans verschiedene Herren hat, welchen pro diviso eine Servitus praedialis constituiret worden, und der eine die Servitut per non usum, renunciationem &c. (et)c. verliret, so accresciret der Usus nicht den übrigen: Wann also z. E. einem ieden Domino verstattet ist, 10 Ochsen auf des Nachbars Praedium zur Weide zu schicken, der eine aber seiner Servitut renunciiret, so können die übrigen nicht davon profitiren, sondern ein ieder muß nicht mehr als 10 Ochsen, wie vorhin, zur Weide schicken.

Ein anders ist, wann das Praedium pro indiviso gemein ist. Vid. supr. §. 3. n. 4.

R 2


(2-132) (Part. II. Lib. V. Tit. I. II.)

Part. II. Libr. V.

Tit. I.

Was in diesem fünften Buch des zweyten Theils verhandelt werden soll.

§. 1.

Nachdem Wir die beyden ersten dinglichen Rechte, nemlich das dominium und die servitutes, beschrieben haben, so folget nunmehr das dritte dingliche Recht, nemlich Pignus & Hypotheca, das ist, die Pfandschaften. Vid. supr. pag. 20.

§. 2.

In dem Tit. II. wird gezeiget, was Pignus oder Hypotheca sey, wo zugleich von deren Abtheilungen, wie dieselben constituiret werden, auch von deren Wirckung gehandelt wird.

§. 3.

In dem Tit. III. wird von den stillschweigenden Pfändern oder Hypothequen, auch in welchen Fällen sie statt haben, gehandelt.

§. 4.

In dem Tit. IV. wird erkläret, in welchen Dingen ein Pignus oder Hypotheca bestellet werden könne.

§. 5.

Von der Prioritaet der Pfänder und Hypothequen wird remissive in dem Tit. V gehandelt: Und wie die Pfänder und Hypothequen, wann der Debitor nicht bezahlt, distrahiret werden können, wird in dem Tit. VI. beschrieben.

§. 6.

In dem Tit. VII. werden die Modi, wie ein Pignus oder Hypothec aufgehoben und geendiget, recensiret.

Tit. II.

Was das Pfand (Pignus) oder Hypotheca sey, wie es constituiret werde, und was es für einen Effect habe.

§. 1.

Das dritte dingliche Recht wird das Pfand-Recht (Pignus) genannt.

Das Pfand (Pignus) ist ein generals Wort, und begreift in sich a) Pignus in specie: b) Hypothecam.

Das Pfand wird entweder pro contractu pignoris genommen, oder pro jure in re: Von dem ersteren soll in dem dritten


(2-133) Part. II. Lib. V. Tit. II.

Theil, weil es unter die Contractus reales gehöret, gehandelt werden: Von dem Pignore, in so weit es ein jus in re ist, wird in diesem Titul gehandelt.

Es differiren aber Pignus und Hypotheca bloß darin, daß ein Pignus oder Pfand nothwendig eine Ueberlieferung oder Tradition erfordere, daher ein Pfand so wol in rebus mobilibus als immobilibus constituiret werden kan; die Hypotheca aber kan auch pacto nudo constituiret werden, und hat bloß in rebus immobilibus statt.

In beyden Fällen erlanget der Creditor ein dingliches Recht, und eine Actionem realem, welche Actio hypothecaria genannt wird.

§. 2.

Nach den natürlichen Rechten entspringet aus dem Pignore und Hypotheca bloß eine Personal(-)Action ex pacto, wordurch der Creditor den Debitorem, welcher das Pfand tradiret, oder die Hypothec verschreibet, anhalten kan: 1) Daß er die Schuld bezahlen, oder gewärtigen müsse, daß das Pfand oder die Hypothec distrahiret werde: 2) Daß, wann der Creditor die Possession des Pfandes oder der Hypothec verloren, nicht der Creditor, sondern der Debitor solche von dem Possessore vindiciren, oder dem Creditori seine Actiones cediren müsse.

Die Ursache aber, warum die Gesetze dem Creditore eine Actionem realem gegeben, vermöge welcher derselbe nicht allein die Schuld von einem ieden Besitzer des Pfandes fordern; sondern auch, wann er den Besitz des Pfandes und der Hypothec verloren, suo nomine, actione reali das Pfand und die Hypothec vindiciren könne, ist oben pag. 58. & seq. angeführet worden.

§. 3.

Es ist also Pignus und Hypotheca ein dingliches Recht, welches ein Debitor seinem Creditori zur Sicherheit einer Schuld in seinem Vermögen, oder einem Theil davon, constituiret und verstattet.

§. 4.

Weil also das Pfand und die Hypothec bloß zur Sicherheit eines Creditoris constituiret werden; so muß nothwendig eine Schuldforderung vorher gehen, wofür das Pfand tradiret, und die Hypothec verschrieben wird: Es mag sothane Schuldforderung pura oder conditionata seyn; wie dann auch pro parte debiti ein Pignus, &c. bestellet werden kan.

n. 1. Es ist aber genug, wann das Debitum naturale ist, das ist, wann es zwar keine Action, iedoch die andern Effectus debiti hat: Hingegen kan kein Pfand, (et)c. constituiret werden, wann das Debitum civile ist, das ist, wann aus dem Debito zwar eine Action herfliesset, die aber ohne Effect ist: als wann z. E. die Actio durch eine Exceptionem perpetuam elidiret werden kan.

n. 2. Es kan auch ein Pfand, (et)c. für eine fremde, und für eine künftige Schuld eingesetzt und verschrieben werden.

n. 3. Für ein Debitum, welches ex crimine herrühret, kan kein Pignus &c. (et)c. bestellet werden, weil die Leibes-Strafen der Person des Debitoris ankleben: wann aber bloß de judicio sisti, oder von einer Geld-Strafe die Frage ist, in diesen Fällen, und für dergleichen Debita kan der Reus ein Pfand, (et)c. constituiren.

n. 4. Dieses Pfand (et)c. ist zwar ein Accessorium der Schuldforderung: Es hat aber eine besondere Natur, dergestalt, daß das Pignus zuweilen subsistiret, wann schon das Debitum null und nichtig ist, oder die Schuld getilget wird: Wann also z. E. ein Curator minoris ohne Adhibirung der Solennien dessen Gut verkauft, und sein eigenes Vermögen dafür zu Pfande setzet, der Contract aber nachher von dem Minore annulliret wird, so subsistiret doch das Pignus, und der Curator kan Actione hypothecaria belanget werden.

R 3


(2-134) Part. II. Lib. V. Tit. II.

§. 5.

Dergleichen Pignus &c. wird 1.) getheilet in generale & speciale: 2) in necessarium & voluntarium: 3) in expressum & tacitum.

§. 6.

Das Pignus generale afficiret alle Güter, bewegliche und unbewegliche, cörperliche und uncörperliche, gegenwärtige und zukünftige, welche dem Debitori zugehören.

Worunter auch die Zins- und Erben-Zins-Güter, keinesweges aber die Lehn-Güter, noch das Vermögen der Erben, noch diejenigen Dinge, welche extra Commarcium sind, als Res Sacrae, Sanctae & Religiosae, begriffen sind.

n. 1. Die Formula einer general(-)Hypothec ist: Bey Verpfändung aller Haab und Güter: item bey Verpfändung aller beweglichen und unbeweglichen Güter, weil auch die Actiones und Nomina mit darunter begriffen sind.

Es ist also keine general(-)Hypothec, wann bloß alle unbewegliche Güter verpfändet werden.

n. 2. Unter diesem Pignore generali aber werden diejenigen Dinge nicht begriffen, die der Debitor nicht wahrscheinlich mit darunter verstanden hat; als, was er zu seiner täglichen Nothdurft an Hausrath, Tischzeug, Kleidung und Betten, (et)c. item, an Handwerckszeug, (et)c. gebrauchet.

n. 3. Das Pignus speciale afficiret bloß ein oder mehr specialiter verpfändete Stücke.

Dergleichen Pignus special ist auch, wann eine Universitas, oder ein Corpus, welches aus vielen Theilen bestehet, verpfändet wird; als z. E. eine Heerde Schafe, ein Waaren-Laden, (et)c.

n. 4. Es werden aber auch die Accessiones unter diesem Pignore speciali begriffen: Daher auch dasjenige, was per alluvionem dem Pignori accresciret, zum Pfand gehöret; item die Lämmer, wordurch der Abgang der Heerde suppliret werden muß: ferner die Waaren, welche in dem Waaren-Laden nachgekaufet werden: die Kälber, so lang sie nicht von der Mutter separiret sind: die Früchte, die auf den Bäumen hangen, (et)c.

n. 5. Wann der Debitor seinen Fundum verpfändet, worin ein anderer den Usumfructum hat, so ist dieser Ususfructus, so lange die Servitut substistiret, nicht mit unter dem Pignore begriffen: So bald aber dieser Ususfructus mit dem Eigenthum wieder consolidiret wird, gehören auch die noch nicht separirte Früchte zu dem Pignore.

§. 7.

Das Pignus necessarium wird durch richterliche Auctorität constituiret, nemlich durch die Execution, welche per immissionem in ein Ding oder Gut geschicht: item durch die Sequestration, per missionem in bona, &c.

n. 1. Pignus voluntarium wird entweder ex conventione partium, oder durch einen letzten Willen bestellet: welches letztere geschicht, wann der Testator seinen Erben verbindet, daß er für den Cajum mit Pfändern caviren solle:

n. 2. Eine schriftliche Verschreibung ist nicht nöthig, ausser daß die Priorität der Hypothec daraus erwiesen werden kan, folglich die Verschreibung in so weit einen Effect hat.

§. 8.

Pignus expressum ist, wann dasselbe verbis constituiret wird: Tacitum, wann durch die Gesetze ein stillschweigends Pfand verstattet wird, wovon in dem Tit. seq. remissive gehandelt wird.

§. 9.

Ein ieder ka nein Pignus und eine Hypothec constituiren, welcher Herr der Dinges oder Guts ist, und fähig ist davon zu disponiren.

Daher kein Pignus in einem fremden Ding oder Gut constituiret werden kan: Wann gleichwol solches geschicht, und derjenige, welcher Eigenthümer des Dinges


(2-135) Part. II. Lib. V. Tit. II.

ist, nachher des Creditoris oder Debitoris Erbe wird, vel contra, so convalesciret die Verpfändung.

n. 1. Es ist aber genug, wann der Creditor nur Dominus civilis oder utilis ist, daher auch die Superficiarii, Emphyteutae, &c. und andere, die ein Jus in re haben, das Ding verpfänden können; nur die Vasalli können solches nicht absque consensus domini thun: Es ist aber wohl zu mercken, daß diese Verpfändung aufhöre und geendiget werde, wann das Dominium civile oder utile aufhört.

n. 2. Wann derjenige, welcher ein Pfandrecht constituiret, nur pro parte Dominus ist, so gilt das Pfand bloß für dessen Antheil.

n. 3. Es kan aber der Herr des Dinges auch durch einen andern ein Pignus und Hypothecam constituiren, nemlich durch einen Bevollmächtigten, welcher speciale Mandatum hat das Ding zu alieniren oder zu verpfänden.

Es kan aber auch ein Procurator generalis in Pfand constituiren: 1) Wann er die Gelder zum Besten des Debitoris aufgenommen, und zu dessen Nutzen verwandt hat; weil dieses alsdann pars administrationis ist, und der Debitor dadurch bereichert wird. 2) Wann der Tutor Res Pupilli verpfändet; weil eines Theils der Vormund alles, als ein wahrer Dominus, allein thun kan; andern Theils dem Pupillo nicht praejudiciret wird, weil derselbe, wann er laediret wird, in integrum restituiret werden muß; Wann der Vormund Immobilia verpfändet, muß ein Decretum de alienando vorhergehen. 3) Wann der Eigenthümer des Pfandes Factum procuratoris, saltem tacendo, approbiret. 4) Wann der Eigenthümer bishero zugelassen, daß sein Mandatarius generalis die Gelder auf Zinsen gegen Bestellung einer Hypothec aufnehmen können, und dieser schon ein oder andermal dergleichen Hypothec bestellet hätte, (et)c.

n. 4. Es kan auch ein bonae fidei Possessor ein Pfand und Hypothec constituiren: (weil er beynahe wahrer Dominus ist) Es kan aber derjenige, welcher dergleichen Pfand a bonae fidei possessore erhalten, und den Besitz nachhero verloren, die Actionem hypothecariam (ad imitationem Publicianae) nicht weiter anstellen, als gegen denjenigen, welcher das Pfand infirmiori titulo besitzet: folglich niemals contra verum dominum.

§. 10.

Von den Dingen, in welchen ein Pfand oder Hypothec constituiret werden kan, soll unten Tit. IV. gehandelt werden.

§. 11.

Der Effect eines legaliter constituirten Pfandes oder Hypothec bestehet darin, daß 1) der Creditor ein dingliches Recht dadurch erlange, (wann schon das unbewegliche Ding, worin die Hypothec constituiret ist, nicht tradiret worden;) folglich derselbe das Pfand oder Hypothec auf einen andern transferiren könne.

Wann aber der Creditor das Pfand einem andern cediret, um den Debitorem um sein Recht zu bringen, oder ihm die Reluition schwerer zu machen; kan der Debitor ex stellionatu gegen den Creditorem agiren.

2) Daß der Creditor dadurch bey entstehendem Concurs eine Priorität vor den Chirographariis erlange, worvon in dem Cod. Frider. pag. 306. gehandelt worden.

3) Daß er das Pfand und die Hypothec, wann der Debitor die Schuld nicht bezahlt, distrahiren könne.

4) Daß der Creditor sich bey der Possession des Pfandes und der Hypothec durch die Interdicta, z. E. Interdictum Salvianum, schützen könne.

5) Der Haupt-Effect dieses dinglichen Rechts ist dieser, daß dem Creditori Actio hypothecaria verstattet werde.

§. 12.

Die Actio hypothecaria ist eine Actio realis, vermöge welcher der Creditor das Pfand und Hypothec von einem ieden Besitzer vindiciren kan.


(2-136) Part. II. Lib. V. Tit. II.

§. 13.

Diese Action wird den Creditoribus gegeben, welchen ein Pfand tradiret, oder eine Hypothec verschrieben worden: Es mag das Pfand und die Hypothec generale oder speciale, necessarium oder voluntarium, expressum oder tacitum seyn.

n. 1. In dem Locatore eines Bauren-Guts ist insbesondere durch die Gesetze verordnet, daß, wann der Conductor und Pächter ihm die Invecta & Illata ohne Tradition zu Pfand setzet, der Locator solche Actione hypothecaria (welche in diesem Fall in specie Serviana genannt wird) von einem ieden Besitzer vindiciren könne: und kann alsdann der Locator den Conductorem entweder personaliter ad interesse belangen, oder den Besitzer zur Restitution der verpfändeten Dinge anhalten.

In letzterm Fall aber muß der Locator den Conductorem zuförderst mahnen, und denselben und dessen Bürgen executiren, wann dem Locatori auch schon ein oder ander Stück specialiter verpfändet worden.

n. 2. In den Früchten dergleichen Praedii rustici, und in den Invectis & Illatis in praedium urbanum, braucht es keine ausdrückliche Verpfändung, weil in denselben schon durch die Gesetze ein stillschweigendes Pfand constituiret ist.

n. 3. Diese Actio hypothecaria wird auch auf die Erben transmittiret: Die Successores singulars aber, z. E. Cessionarii, haben Actionem hypothecariam utilem.

n. 4.

Wann viele Erben sind, kan ein ieder in solidum die Actionem hypothecariam anstellen.

§. 14.

Die Actio hypothecaria wird gegen diejenigen gegeben, welche das Ding oder Gut besitzen, oder für Besitzer gehalten werden, und in so weit sie solche besitzen: Und dieser Besitzer kan dem Creditori das Beneficium ordinis, daß er nemlich den principal Debitorem zuförderst in Anspruch nehmen müsse, nicht opponiren: ausser in dem Casu §. 13. n. 1.

Diese Action kan auch gegen des Besitzers Erben, aber nur in so weit dieselben Besitzer sind, angestrenget werden.

§. 15.

Der Creditor, welcher diese Action anstellet, muß erweisen: 1) Daß das Pfand und die Hypothec ihre Richtigkeit haben; und 2) daß der Beklagte das Pfand besitze.

§. 16.

Der Besitzer ist schuldig, das Pfand und die Hypothec cum omni causa zu restituiren; worunter aber die Früchte, die der Besitzer bona fide genossen, nicht begriffen sind, weil dieselben dem Creditori niemals zugehört haben.

§. 17.

Wann der Besitzer, nachdem er condemniret worden, säumig ist, das Pfand oder Hypothec zu restituiren, kan er entweder mediante executione darzu angehalten werden, oder der Creditor kan ad interesse agiren, und solches mediante juramento in litem erhärten.

§. 18.

Es stehet aber keinem Creditori frey, das Pfand oder die Hypothec propria & privata autoritate dem Besitzer wegzunehmen, oder er muß gewärtigen, daß er die gantze Schuld verliere, welche dem Fisco anheim fallen soll.

§. 19.

Wann ein Pfand und Hypothec aufhöre und geendiget werde, davon soll unten Tit. VII. gehandelt werden.


(2-137) Part. II. Lib. V. Tit. III. IV.

Tit. III.

Von den stillschweigenden Pfandschaften, und die wie dieselben constituiret werden.

(In quibus causis pignus vel Hypotheca tacite contrahitur.)

§. 1.

Es kan auch ein Pfand oder Hypothec tacite contrahiret werden, und diese Verpfändungen werden stillschweigende Hypothequen genannt:

Dergleichen stillschweigende Pfänder oder Hypothequen werden durch die Gesetze constituiret, daher über die in Unseren Gesetzen festgesetzte Zahl keine tacita Hypotheca statt haben, noch auf andere Fälle paritate rationis extendiret werden kan.

In welchen Fällen aber Unsere Gesetze dergleichen stillschweigende Pfänder und Hypothequen constituiret haben, davon haben Wir in dem Cod. Frid. Part. IV. Tit. IX. gehandelt.

Tit. IV.

In welchen Dingen ein Pfand oder Hypothec constituiret werden kan.

(Quae res pignori vel hypothecae datae obligari possunt.)

§. 1.

Es kan das Pfand und Hypothec regulariter in allen Dingen constituiret werden, sie mögen beweglich oder unbeweglich, cörperlich oder uncörperlich, gegenwärtig oder zukünftig seyn.

Wann also ein Debitor Geld lehnen will, kan er dem Creditori zu seiner Sicherheit auch eine Servitutem viae, itineris, actus, verpfänden.

Es kan auch der Debitor sein Pfand-Recht, was ihm constituiret worden, einem andern wieder verpfänden.

Ferner kan auch ein Debitor eine ihm zugehörige Schuld-Forderung seinem Creditori verpfänden: welchenfalls aber diesem gegen des Debitoris Debitorem keine Actio hypothecaria zustehet: Es wäre dann, daß dieser letztere seinem Creditori gleichfalls ein Pignus oder Hypothec constituiret, und dieser Creditor seinem Creditori sein nomen weiter verpfändet hätte, in welchem Fall auch Actio hypothecaria utilis gegen des Debitoris Debitorem statt hat.

§. 2.

Es ergiebt sich hieraus von selbsten, daß I. in einem fremden Dinge, welches nicht in des Constituenten Vermögen ist, kein Pfand und Hypothec constituiret werden kan: Vid. supr. Tit. II. §. 9. p. 134. sq.

Wann also das Ding oder Gut vielen Herren gemein ist, und einer davon dieses gemeinschaftliche Ding zum Pfand einsetzet, oder zur Hypothec verschreibet, so gilt diese Hypothec nicht weiter als pro ejus rata.

S


(2-138) Part. II. Lib. V. Tit. IV.

§. 3.

Es sind aber einige Fälle, wo auch in re aliena ein Pfand und eine Hypothec constituiret werden kan: als a) wann ein Vormund res pupilli, b) ein Procurator res mandantis, und c) ein Administrator fremder Güter solche zum Besten der Güter verpfändet, (wiewol die Administratores der Städte-Güter ohne Consens der Krieges- und Domainen-Cammern solches nicht thun können) item, wann d) ein fremdes Gut verpfändet wird sub conditione, im Fall der Constituente das Eigenthum davon erlangen wird. (Welche Condition allezeit tacite verstanden wird, wann ein Debitor sein künftiges Vermögen verpfändet.)

Es kan auch e) ein fremdes Ding verpfändet werden, wann der Dominus rei darein consentiret, oder die Verpfändung nachher ratihabiret, oder des Constituenten Erbe wird; (keinesweges aber, wann der Dominus rei des Debitoris Erbe wird.)

Wann f) iemand ein dingliches Recht auf einem fremden Ding besitzet, kan er sein auf diesem fremden Ding haftendes jus in re zum Pfand oder Hypothec einsetzen. Vid. supr. Tit. IV. §. 1.

§. 4.

Wann ein Creditor ein Ding oder Gut verpfändet, werden auch die Accessiones unter dem Pfand begriffen. Vid. supr. Tit. II. §. 6. p. 134.

Wann also iemand aream verpfändet, und nachhero ein Haus darauf bauet, gehöret das Haus mit zur Hypothec.

Wann iemand ein Gut verpfändet, und nachher etwas per alluvionem demselben accresciret, ist auch dieses incrementum unter der Hypothec begriffen.

§. 5.

Es können ferner und II. diejenigen Dinge nicht verpfändet werden; welche der Eigenthümer zu veräussern nicht befugt ist, als welche lege zu veräussern verboten sind. Hierunter gehören

1) Der Fundus dotalis. Vid. Part. I. Lib. II. Tit. IV. pag. 74.

2) Res litigiosae, das ist, diejenigen Dinge, welche in gerichtlichen Anspruch genommen worden.

3) Lehn- und Fideicommiss-Güter: Welchenfalls nicht die Güter selbst, sondern bloß die Früchte und Nutzungen loco pignoris haften.

4) Res sacrae, sanctae, & religiosae, weil alle diese Dinge extra commercium hominum sind (et)c.

§. 6.

Es können auch III. aus besondern Ursachen einige Dinge nicht verpfändet werden, als

1) Die Waffen der Soldaten, und was zu ihrer Mundirung gehöret.

2) Die Instrumenta rustica: Worunter alles verstanden wird, was zur Bestellung des Ackerbaues unentbehrlich ist.

3) Die Alimenta, welche dem Constituenten auf einem Gut assigniret worden.

4) Die Servitutes personales, weil sie bloß der Person ankleben: Wann aber der Dominus einen Nutzen daraus geniesset, können die Nutzungen verpfändet werden, daher auch iemand seinen Usumfructum zum Pfand und Hypothec einsetzen kan. Ein anders ist in der Servitute usus. Vid. supr. Lib. IV. Tit. III. §. 8. p. 97.

5) Alle Servitutes reales, welche eine Nachbarschaft, (Viciniam) und daher rührende utilitatem praedii dominantis supponiren, weil beyde aufhören, wann sie einem Tertio verpfändet werden.


(2-139) Part. II. Lib. V. Tit. V. VI.

Tit. V.

Von der Priorität der Creditoren, welche ein Pfand oder Hypothec haben, bey entstehenden Concursen.

Weil diese Materie in dem Codice Fridericiano Part. IV. Tit. IX. pag. 297. seqq. weitläuftig ausgeführet worden, so woollen Wir uns lediglich dahin beziehen.

Tit. VI.

Von der Distraction der Pfänder und Hypothequen.

(De Distractione Pignorum & Hypothecarum.)

§. 1.

Wann das Debitum zu rechter Zeit nicht bezahlt wird, so stehet dem Creditori frey, das eingesetzte Pfand, oder die ihm verschriebene Hypothec anzugreifen, und zu distrahiren: Worbey drey Casus wohl unterschieden werden müssen.

Dann entweder ist 1) in der Obligation nichts von der Distraction disponiret, oder es ist dieselbe 2) darin erlaubt, oder 3) verboten worden.

§. 2.

In dem erstern Fall stehet dem Creditori frey, wann der Debitor zur gesetzten Zeit nicht bezahlt, das Pfand oder die Hypothec zu veräussern; welches aus der Natur der Pfänder von selbsten folget, weil die Sicherheit in der Facultate alienandi bestehet, und daher der Creditor nicht einmal der Distraction renunciiren kan. Es kan also sothane Distraction weder durch des Debitoris Contradiction noch durch dessen Appellation gehindert werden.

§. 3.

In dem zweyten Fall kan der Creditor um so viel mehr das Pfand oder die Hypothec distrahiren, weil der Debitor einmal darein gewilliget hat.

§. 4.

In beyden Fällen wird erfordert, 1) daß der Debitor in mora solvendi sey: das ist, daß er entweder wegen der Bezahlung gemahnet, oder in der Obligation ein gewisser Tag zur Bezahlung benannt sey: In dem letztern Fall ist keine Mahnung nöthig, wann solches nicht in specie ausbedungen ist.

Wann wegen der Distraction ein Zweifel entstehet, muß die Sache in einem kurtzen Termino ausgemacht, und nicht eher zur Distraction geschritten werden: Wann aber darüber erkannt worden, soll keener Remedium dargegen weiter verstattet werden.

2) Daß der Creditor bona fide bey der Distraction handele, das ist, alles anwende, wodurch tüchtige Käufer angeschafft werden, damit, so viel möglich, ein

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(2-140) Part. II. Lib. V. Tit. VI.

Ueberschuß für den Debitoren übrig bleibe; daß er auch ferner alle Collusiones mit den Käufern und dem Auctionatore vermeide; das Pfand, wann er weiß, daß es dem Debitori nicht zustehet, nicht distrahiren lasse, (et)c.

3) Wann ein Modus distrahendi in der Obligation vorgeschrieben ist, muß solcher genau beobachtet werden.

§. 5.

In dem dritten Fall kan zwar, des Verbotes ohngeachtet, mit der Distraction des Pfandes oder der Hypothec verfahren werden; Es wird aber alsdann, ausser den vorigen beyden ersten Requisitis, erfordert:

a) Daß der Creditor den Debitorem dreymal, und wenigstens von 14 zu 14 Tagen, mahne; und ihm denunciire, daß, wann die Bezahlung nicht erfolget, er das Pfand würde distrahiren lassen: b) Daß er, nach dergleichen beschehener dreymaliger Mahnung, noch zwey Jahr warten müsse, und nach deren Ablauf erst das Pfand ohne weitere Mahnung distrahiren könne.

§. 6.

Es müssen aber alle Distractiones der Pfänder oder Hyothequen gerichtlich geschehen: Wie mit den Mobilibus zu verfahren, ist in dem Codice Frider. pag. 199. & pag. 287. und wie mit den Immobilibus, in dem Cod. Frid. pag. 201. seq. & pag. 287. §. 14. Versehung gethan worden.

Zu dem Ende muß der Creditor in dem Foro des Debitoris einkommen, die Obligation oder Urtheil beylegen, daß die oben angeführte Solennitäten beobachtet worden, bescheinigen, und Terminum zur Taxation bitten: da dann hiernächst mit der Subhastation nach Anleitung des Codicis Fridericiani ferner verfahren werden muß.

§. 7.

Wann das Gut nach Vorschrift der Rechte verkauft wird; acquiriret der Käufer das völlige Eigenthum, oder dasjenige dingliche Recht, welches dem Creditori hypotheciret und ihm verkauft worden.

Es kan auch der Debitor solches Ding nachher nicht reluiren, vielweniger sub praetextu laesionis enormis den Kauf rescindiren.

§. 8.Wann ein Pfand, welches dem Debitori nicht zugehöret, distrahiret wird, erlanget der Käufer bloß die Macht solches zu usucapiren und zu verjähren.

n. 1. Wann aber der rechte Herr sothanes distrahirte Gut von dem Kufer evinciret, kan der Creditor zur Eviction nicht angehalten werden, weil nicht er eigentlich, sondern der Debitor, der Verkäufer ist.

Hingegen kan der Käufer a) gegen den Debitorem Actionem emti utilem anstellen, daß er ihm das gekaufte Gut gewähren müsse; b) stehet ihm auch frey, den Creditorem anzuhalten, daß er ihm seine Action, welche dem Creditori gegen den Debitorem wegen dieses Pfandes zustehet, nemlich Actionem pignoratitiam contrariam, cediren müsse; alsdann kan der Käufer gegen den Debitorem agiren, daß er ihn wegen dieses fremden Pfandes schadlos halte, und ihm gerecht werde, damit er zu seiner sicheren Bezahlung gelangen möge.

n. 2. Ein anders ist, und der distrahirende Creditor kan zur Eviction angehalten werden, 1) wann derselbe gewust, daß das distrahirte Pfand dem Debitori nicht zugehöret habe: 2) Wann er die Eviction dem Käufer versprochen; 3) Wann der distrahirende Creditor das Pfand als sein Eigenthum verkauft.

Wann 4) der Debitor dieserwegen die Eviction versprochen, weil sonst niemand das verpfändete Ding kaufen wollen, so ist er zwar zur Eviction gehalten, er kan aber dieserwegen seinen Regress gegen den Debitorem ad id, quod interest, nehmen.

§. 9.

Wann die Distraction der Hypothec von dem Creditore, welcher noch kein Jus distrahendi gehabt hat, geschicht: wann z. E. der Debitor nicht in mora ist, (et)c. so


(2-141) Part. II. Lib. V. Tit. VI.

ist die Distractio ipso jure nulla, und der Debitor kan das Gut, wann es noch nicht usucapiret ist, a quocunque possessore vindiciren.

§. 10.

Wann der Creditor zwar befugt ist das Pfand zu distrahiren, aber die oben beschriebene Solennitäten nicht beobachtet hat; so kan der Debitor action pignoratitia von dem Creditore alles Interesse fordern.

Und wann der Käufer gewust, daß der Creditor die Solennitäten nicht beobachtet, kan der Debitor action venditi utili gegen den Käufer agiren, daß er gegen Erlegung des Capitals und der Zinsen das erkaufte Gut cum fructibus, etiam percipiendis, restituiren müsse.

§. 11.

Wann das Pfand oder Hypothec legaliter distrahiret ist, verlieret nicht allein der Debitor sein an diesem Pfand gehabtes Eigenthum; sondern wann nachstehende Creditores vorhanden sind, welchen dasselbe Pfand oder Hypothec gleichfalls verschrieben worden, hören alle deren Jura und Pignora auf, weil sie kein Recht an dem Pfand gehabt, als auf den Fall, wann das erste Pignus gehoben worden.

§. 12.

n. 1. Wann aber die Posteriores Creditores vermeinen, daß sie an dem zu distrahirenden Gut noch einigen Vortheil haben können; so stehet den Posterioribus Creditoribus frey, dem ersten Creditori dessen Schuldforderung zu offeriren, und in dessen Recht zu treten, welches Beneficium in der grösten Billigkeit bestehet.

n. 2. Es kommt also dieses Beneficium offerendi zu statten I) dem Creditori posteriori, welcher dadurch eben das Recht erhält, was der erste Creditor gehabt hat, iedoch nur pro quantitate debiti: daher haftet dieses Pfand nicht für des Posterioris Creditoris Schuldforderung, iedoch ist dieser nicht schuldig, die Bezahlung der einen Schuld ohne die andre anzunehmen.

Wann der nächste Creditor die Schuld offeriret hat, und zur Distraction schreiten will, kan der nachfolgende Creditor gleichfalls diesem Creditori das Debitum offeriren. Er muß aber alsdenn diesem Creditori beyde Debita bezahlen.

Wann der erste Creditor zur Distraction schreiten will, und der zweyte Creditor das Debitum demselben nicht offeriret, kan der dritte, vierte (et)c. Creditor darzu gelassen werden, da dann derselbe nicht schuldig ist, nachher von den vorstehenden säumigen Creditoren weiter einiges Oblatum anzunehmen.

Es kan auch II) der Besitzer des Pfandes, wann er actione Hypothecaria belanget wird, sich dieses Beneficii offerendi bedienen.

Wann also z. E. Sejus sein Gut, welches er dem Mevio verpfändet hat, dem Cajo verkauft, und der Mevius instituta action hypothecaria das Pfand von dem Cajo vindiciren will, so stehet diesem frey, dem Mevio gegen Cedirung seiner jurium Capital, Zinsen und Kosten zu offeriren.

Endlich und III) so kan auch der Debitor selbst dem Besitzer des Pfandes, welcher aestimationem litis bezahlet hat, die Bezahlung offeriren: Wann nemlich Sejus sein Gut dem Mevio, und dieser solches wieder dem Cajo verpfändet: In diesem Fall kan der Debitor das Pfand von dem Cajo durch Offerirung dessen, was er dem Mevio schuldig gewesen, zurücke fordern.

Wann der Mevius das Pfand höher verpfändet hat, darf der Sejus solches nicht erstatten.

Es hat aber sothane Oblation nur statt, wann das Gut noch nicht wircklich, oder doch nicht rite distrahiret worden: dann wann das Pfand einmal legaliter verkauft worden, hört das Jus offerendi auf.

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(2-142) Part. II. Lib. V. Tit. VII.

Tit. VII.

Wie das Pfand oder die Hypothec dissolviret und aufgehoben werde.

(Quibus modis Pignus vel Hypotheca solvitur.)

§. 1.

Ein Pfandrecht oder Pfand-Verschreibung wird aufgehoben entweder in Ansehung des Pfandes selber, oder in Ansehung der Obligation, zu deren Sicherheit das Pfand verschrieben ist.

§. 2.

In Ansehung des Pfandes selber wird das Pfandrecht aufgehoben: 1) durch des Creditoris Remission, welche entweder durch eine deutliche Erklärung seines Willens geschicht; oder tacite, wann er nemlich das Pfand dem Debitori zurück giebt: oder wann er ohne Reservation seines Rechtes consentiret, daß der Debitori das Pfand veräussern möge, und die Veräusserung auch wircklich erfolget. (Die blosse Wissenschaft, daß der Debitor das Pfand veräussere, ist nicht zureichend, ausser wann die Veräusserung an den Fiscum, oder einem pio Corpori geschicht.)

Wann der Creditor in eine weitere Verpfändung consentiret, remittiret er nicht seinem Pfandrecht, sondern nur dem Vorzug; und muß er bey entstehendem Concurs diesem Creditori nachstehen.

Wann der Creditor dieses mit seinem Consens alienirte Pfand nachher ex nova causa wieder acquiriret, wird das vorige Pfandrecht dadurch nicht erneuert; es wäre dann, daß dem Creditori ein Pignus generale in alles Vermögen des Debitoris von Anfang constituiret worden.

2) Wann der Debitor dem Creditori ein ander Pfand oder Sicherheit mit dessen Einwilligung verschreibt, so höret das erste Pfand dadurch auf.

3) Wann das Pfandrecht nur auf eine gewisse Zeit constituiret worden, und die Zeit verflossen ist.

4) Durch die Usucapion und Praescription: wann nemlich ein Tertius bona fide & justo titulo dergleichen verpfändetes Stück acquiriret, und solches, wann es res mobilis ist, ein Jahr, oder wann es res immobilis ist, 10 bis 20 Jahr besitzet, oder wann iemand, auch der Debitor selbst, ohne dergleichen Qualität 30 Jahr das Pfand als sein Eigenthum besitzet.

5) Wann das Recht des Debitoris, welches er an dem Pfand gehabt, aufhört: Wann er also die Einkünfte des Usufructus, die Lehns-Commoda, den Emphyteusin &c. verpfändet, hören alle diese Pfänder mit dem Recht des Debitoris auf.

Diesem zu folge verlieret der zweyte Creditor, wann der erste Creditor das Pfand legaliter distrahiret, sein Pfand-Recht, weil das Recht des Debitoris aufhöret.

Wann der Cajus ein Pfand, welches er von dem Sejo erhalten, anderweitig an den Titium verpfändet, der Sejus aber nachher dem Cajo die Schuld bezahlt, so hört das Pfand(-)Recht des Titii auf, weil sein Debitor Cajus, nachdem ihn der Sejus bezahlt hat, kein weiteres Recht an dem Pfand hat.

6) Wann das Pfand selbst gantz verloren gehet: Wann ein Theil übrig ist, bleibt das Pfand-Recht auf diesem Ueberrest haften; daher wann ein Haus verpfändet und nachher diruiret werd, bleibt das Pfand auf der area oder dem Grund des Hauses.

Es verstehet sich aber solches nicht allein, wann die gantze Substantz des Pfandes verloren gehet, sondern auch wann die Species oder Form des Dinges dergestalt verändert wird, daß die vorige Gestalt nicht wieder hergestellet werden kan: Daher wann ein Haus hypotheciret wird, subsistiret das Pfand nicht in den Materialien, wann das Haus diruiret wird.


(2-143) Part. II. Lib. V. Tit. VII.

Wann ein Wald zum Pfande gesetzt wird, kan das geschlagene Holtz, und das daraus verfertigte Schiff (et)c. nicht zu dem Pignore gerechnet werden: Wann aus der verpfändeten Wolle ein Kleid verfertiget worden, hört das Pfand gleichfalls auf.

Wann aber ein Weinberg hypotheciret, und nachher ein Acker oder Baumgarten daraus gemacht wird, bleibt das Pfand-Recht darauf bestehen.

Not. Wann die Servitut einmal gäntzlich aufgehöret hat, revivisciret dieselbe niemalen.

§. 3.

In Ansehung der Haupt-Obligation höret auch das Pfandrecht auf: 1) Wann der Debitor, oder dessen Mandatarius, ode rein Tertius, die gantze Schuld nebst Zinsen, und durch des Debitoris Schuld dem Creditori verursachten Kosten und Schäden, bezahlet; dann wann auch das geringste zu bezahlen übrig bleibt, subsistiret das Pignus in solidum. Oder

2) Wann der Creditor auf eine andere Art vergnügt wird, als z. E. per dationem in solutum, item: Wann der Creditor die Schuld per acceptilationem tilget, oder wann er durch eine Novation die vorige Obligation in eine neue verändert, (et)c. und des Pignoris nicht gedacht wird.

3) Wann der Creditor und der Debitor einer des andern Erbe wird.

Wobey iedoch der Unterscheid zu machen, ob iemand pure Erbe sey, oder sub lege restitutionis: In dem letztern Fall bleibt das Pfand, wann der Erbe nicht gutwillig, sondern gezwungen die Erbschaft angetreten hat.

4) Per compensationem: Wann der Debitor eine klare und liquide Gegenforderung hat, und solche in continenti bescheiniget; den da das Debitum ipso jure durch die Compensationem gehoben wird, so folgt von selbsten, daß auch das Pfand getilget werde.

5) Wann der Debitor aus einer rechtmäßigen Ursach, und praevia causae cognitione, das Debitum gerichtlich deponiret.

6) Wann der Creditor die Schuld remittiret, und verspricht, solche nicht wieder zu fordern; welches auch tacite geschehen kan, wann er nemlich die Obligation retradiret.

7) Wann der Debitor durch richterliche Erkäntniß von der Schuld absolviret worden, wenn solches schon injuria judicis geschehen. Item

8) Wann er sich durch einen Eid von der Schuld los gemacht hat

9) Wann die Schuld praescribiret worden, und der Creditor die Actionem hypothecariam in 30 Jahren nicht angestellet.

§. 4.

Wann das Pfand oder die Hypothec aufgehöret, und der Debitor dem Creditori noch aus einer andern Causa schuldig ist, kan der Creditor solche jure retentionis an sich behalten, bis ihm auch diese Schuld bezahlt worden.

Part. II. Lib. VI.

Tit. I.

Was in diesem sechsten Buch des zweyten Theils verhandelt wird.

§. 1.

Unter die Jura in re, oder die dinglichen Rechte haben Wir oben auch die Erbschaft gerechnet: vid. supr. p. 20. §. 1. & p. 57. §. 68. Wann nemlich iemanden eine Haeredität entweder ab intestato, oder ex Testamento deferiret wird.


(2-144) Part. II. Lib. VI. Tit. I. II.

Wann eine Erbschaft ab intstato deferiret wird, ist die Haereditas ein Modus acquirendi Juris in re naturalis.

Wann sie aber ex testamento deferiret wird, ist die Haereditas ein Modus acquirendi Juris in re civilis.

Wir haben beyde Arten von Erbschaften wegen ihrer Weitläuftigkeit, und die übrigen dinglichen Rechte nicht zu separiren, auf dieses und folgende Bücher ausgesetzet.

Es ist aber voraus zu setzen, daß unter den Erbschaften zweyerley Jura begriffen seyn: I) das Dominium und andere Jura in re, 2) die Obligationes, welche des Defuncti Person angeklebet haben. Wann also die Erbschaften (haereditates) unter die dinglichen Rechte recensiret, folglich zu dem zweyten Objecto juris gebracht werden: so verstehet sich solches von dem Dominio, und andern Juribus in re; nicht aber von den Personal-Obligationen, als welche zu dem dritten Objecto Juris, nemlich ad obligationes personae, gehören.

Und dieses ist die Ursache, warum a) die Haereditaet ein Universal-Recht (Jus universum) genannt wird, weil darunter alle Jura realia & personalia begriffen sind: und warum b) die Action, welche aus der Erbschaft (ex haereditate) entspringet, mixta ist, weil sie in Ansehung der ersten Jurium realis, in Ansehung der andern Jurium personalis ist.

§. 2.

In dem Tit. II. wird also von dem vierten dinglichen Recht, welches durch die Erbschaft (Jure haereditatis) erlanget wird, und von dem Ursprung der Erbschaften in genere gehandelt.

§. 3.

In dem Tit. III. wird die Ordo succedendi ab intestate der Descendenten erkläret.

§. 4.

Von dem Ordine succedendi ab intestate der Ascendenten handelt der Tit. IV.

§. 5.

Der Tit. V. beschreibt den Ordinem succedendi ab intestate der Collateralen oder Seiten-Verwandten.

§. 6.

In dem Tit. VI. wird gezeiget, wann die Witwe proprio jure ab intestate suecediret. Und

§. 7.

In dem Tit. VII. wann dem Fisco ab intestate die Erbschaft deferiret wird.

Tit. II.

Von dem vierten dinglichen Recht, welches durch die Erbschaft erlanget wird:

und

Von dem Ursprung der Erbschaften.

(De Successione in genere.)

Das vierte dingliche Recht wird durch die Erbschaft (per haereditatem) erlanget.


(2-145) Part. II. Lib. VI. Tit. II.

Durch die Erbschaft verstehen Wir aber eine Nachfolge in alles Recht, was ein Verstorbener hinterlassen hat.

§. 2.

Diese Erbschaft wird entweder ab intestate deferiret, oder ex testamento.

Ab intestato succediren 1) die Kinder, 2) die Eltern, 3) die Collaterales; Welchen die Gesetze, 4) die Succession der Eheleute, und 5) die Succession des Fisci beygefüget haben.

Die drey ersten Ordnungen gründen sich in der natürlichen Vernunft und Billigkeit: wie nunmehr gezeiget werdem soll.

§. 3.

Wir haben an einem andern Ort gezeiget, daß die Familie ein Corpus sey, welches die Natur selbst formiret hat, und auf zweyerley Art consideriret werden kan: 1) Jure proprio, in so weit nemlich die Familie bloß aus den Eltern und Kindern bestehet: und 2) Communi jure agnationis, in so weit alle Verwandten, welche von einem gemeinen Stamm-Vater herrühren, zur Familie gehören. Vid. Part. I. p. 14. §. 3. seq.

§. 4.

Aus der Natur dieses Corporis Familiae folgen verschiedene Vorrechte: von welchen oben gehandelt worden: Hauptsächlich aber folget daraus, daß, so lange ein eintziger von der Familie übrig ist, das Corpus nicht dissolviret werde, sondern subsistire, und derselbe in alle Jura, die der Familie ankleben, succedire. Vid. Part. I. p. 15. seq. p. 24. §. 21. & p. 33. §. 75.

§. 5.

Wann also einer von der Familie stirbt, bleibt dessen Vermögen nach der Ordnung der Natur in dem nächsten Grad der Familie, welche nemlich jure proprio constituiret wird, und worunter bloß die Eltern und Kinder begriffen sind: Daher succediren nach dem Lauf der Natur die Kinder den Eltern.

Und dieses ist die Ursache, warum in den Römischen Rechten a) die Kinder so wol von der Natur, als b) ex voto parentum zu der Eltern Succession und Erbschaft gerufen werden: warum sie c) mit den Eltern Eine Person ausmachen, d) und deren Factum praestiren müssen: warum sie e) sui & necessarii haeredes sind, welche die Erbschaft nicht repudiiren können: warum sie f) bey der Väter Leben pro dominis quodammodo bonorum paternorum gehalten werden: und warum g) die väterliche Erbschaft Familia, und h) die Action, wodurch die Erbschaft getheilet wird, Familiae erciscundae judicium genannt wird, weil die Eltern ihre Erbschaft jure Familiae auf dieselben transmittiren.

Und dieses ist der Ursprung der Succession ab intestate in Ansehung der Descendenten.

§. 6.

Nach den natürlichen Rechten, nach welchen die Leges XII. Tabularum die Succession bey den Griechen und Römern anfänglich reguliret haben, kan eigentlich keine Succession der Eltern statt finden, weil die Kinder, als natürliche Glieder der Familie, unter der Gewalt ihres Vaters als capitis familiae gestanden, und demselben alles acquiriret haben: so daß nichts ist, worin der Vater nach Absterben der Kinder succediren könte; weil dasjenige, was die Kinder gehabt, nach wie vor jure patriae potestatis dem Vater verbleibet.

Nachdem aber die nachhero erfolgten Gesetze den Kindern eigene Güter, (Peculia) nebst der Macht davon zu disponiren, verstattet, so ist zuerst die Successio Parentum entstanden: Dann wann die Kinder die ihnen verliehene Macht nicht gebrauchen, noch von ihren Peculiis disponiren, so bleiben derselben Güter in der Familie, das ist, die Eltern succediren jure proprio familiae ihren Kindern.

Und dieses ist der Ursprung der Successionis ab intestate ascendentium: Daher die Römischen Gesetze nicht ohne Grund gesagt, quod sola ratio miserationis, non natura, ascendentes ad bonorum successionem vocet.

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(2-146) Part. II. Lib. VI. Tit. II. III.

§. 7.

Wann keine Kinder oder Eltern vorhanden, folglich iemand bloß mit Hinterlassung einiger Collateralen verstirbt, so subsistiret das Corpus familiae zwar in den Agnaten, welches aber nur die jura agnationis anbetrift, worunter das Vermögen nicht begriffen ist, als welches bloß auf diejenige Familie, welche proprio jure constituiret ist, transmittiret wird.

Weil aber alle diese Agnati gleichwol jure communi agnationis unter der Familie begriffen sind, (weil sie alle von Einem Stamm-Vater herstammen,) so haben die Gesetze der natürlichen Billigkeit gemäß statuiret, daß auch das Vermögen auf diese Agnatos ab intestate verfallen solle.

Und dieses ist der Ursprung der Successionis ab intestate jure communi familiae.

§. 8.

Weil also nach den natürlichen Rechten und nach der natürlichen Billigkeit in dem Fall, wann ein Vater, Kind, Bruder oder Vetter verstirbt, die Erbschaft jure familiae nothwendig auf den nächsten Grad der Verwandschaft fallen muß; so ist dieses Inconveniens daher entstanden, daß auf solche Art ein ieder seinen ungerathenen Kindern, unartigen Eltern, und unwürdigen Agnaten, sein Vermögen, und zwar zu gleichen Theilen, hat hinterlassen müssen: Daher haben die Gesetze den Sterbenden erlaubt, wider die Natur aller Dispositionen auch nach ihrem Tode von ihrem Vermögen zu disponiren, ein Kind vor dem andern, iedoch mit Vorbehalt der Legitimae, zu avantagiren, und aus gewissen Ursachen diselben gar zu enterben, die Collateral-Verwandten aber von der Erbschaft zu excludiren (et)c.

Und dieses ist der Ursprung der Testamenten und der Successionis testamentariae, wovon in den folgenden Büchern gehandelt werden soll.

Tit. III.

Von dem ersten Ordine succedendi ab intestato, nemlich der Descendenten.

§. 1.

Wir haben oben gezeiget, daß die Kinder die Familie nach des Vaters Tode continuiren, das ist, ab intestate in dessen Jura succediren.

§. 2.

Es succediren also in der väterlichen Erbschaft alle Kinder, so wol männlichen als weiblichen Geschlechts, welche aus einer rechtmäßigen Ehe gezeuget sind: Worunter auch diejenigen begriffen werden, die durch die Heyrath legitimiret, oder durch die Emancipation der väterlichen Gewalt erlassen worden; Item die Posthumi, das ist, welche nach des Vaters Tode zu rechter Zeit vollkommen und lebendig geboren werden. (Was aber unterdessen den Posthumis für eine Portion auszusetzen, solches haben Wir in Part. I. pag. 9. §. 4. determiniret.)

§. 3.

Unter die rechtmäßigen Kinder werden auch gerechnet a) diejenigen, die arrogiret, oder von einem Ascendenten adoptiret worden; b) welche von öffentlich verlobten Personen vor der Copulation gezeuget sind; vid. Part. I. pag. 51. §. 22. c) welche ex matrimonio putativo geboren werden; wann nemlich beyde Theile oder einer davon bona fide glaubet, daß die Heyrath (welche an sich ipso jure null ist,) gültig sey.

§. 4.

Alle andere Kinder, welche unter diesen specifice benannten nicht begriffen sind, werden nicht für rechtmäßige Kinder, folgich der Succession unfähig gehalten; als


(2-147) Part. II. Lib. VI. Tit. III.

1) welche von einem Extraneo adoptiret, oder 2) durch ein Rescript legitimiret worden, wann auch schon die Kinder darin zur Succession admittiret werden; Es wäre dann, daß der Vater, welcher keine eheliche Kinder und keine Ehefrau hat, in specie von Uns ver- und erlangte, daß dessen uneheliche Kinder ihm in Allodio succediren sollen; oder, wann er Kinder oder eine Ehefrau hat, beyde ihren Consens dazu ertheilten.

§. 5.

Es werden auch 3) die unehelichen Kinder in Ansehung des Vaters nicht für Successions-mäßige Kinder gehalten. Wann aber eine Person von guter bürgerlichen oder höhern Familie einen Fehltritt begehet, und sich vor und nach dem Fehltritt wohl aufgeführet, und wegen ihres Wohlverhaltens ein gutes Zeugniß hat, soll in diesem Fall das uneheliche Kind, (oder wann derer viele sind, alle zusammen,) den sechsten Theil des Väterlichen und Groß-Väterlichen Vermögens (duas uncias) erben; welcher zwischen der Mutter und den Kindern getheilet werden muß.

n. 1. Wann ein Vater aus verschiedenen Weibspersonen dergleichen uneheliche Kinder gezeuget hätte, kan keines dieses Beneficium praetendiren, sondern sie müssen sich mit den geordneten Alimenten begnügen.

n. 2. Dieses Jus succedendi in sextam kommt bloß und allein dem Spurio zu statten, nicht aber dessen Kindern, wann auch der Spurius diese schon aus einer rechtmäßigen Ehe gezeuget hätte.

n. 3. Es kann aber diese Sexta dem Spurio per testamentum entzogen werden.

n. 4. In Ansehung der Mutter werden die unehelichen Kinder für Successionsmäßig gehalten: Dergestalt, daß sie nicht allein ihrer Mutter, sondern auch den Mütterlichen Ascendenten (keinesweges aber den Collateralen) succediren, und mit den von der Mutter vor oder nachher gezeugten ehelichen Kindern zu gleichen Theilen gehen.

§. 6.

Am wenigsten werden 4) unter die rechtmäßigen Kinder gerechnet, welche aus einem Ehebruch oder Blut-Schande gezeuget worden, allermassen diese den Eltern auch nicht einmal in sextante succediren.

Wann aber beyde Theile bona fide, und unwissend, daß sie in einem in den göttlichen Gesetzen verbotenen Grad verwandt sind, die Ehe vollziehen, wird zwar die Ehe annulliret, die Kinder aber können dieserwegen von der Succession nicht ausgeschlossen werden, sondern erben als eheliche Kinder: Im Fall aber diese Eheleute, nachdem sie den Incestum erfahren, weiter einander beywohnen, so werden die daraus folgende Kinder von der Succession billig ausgeschlossen.

§. 7.

Wann Kinder von der Evangelischen Religion zu der Catholischen übertreten, vel contra, werden sie von der Erbschaft nicht ausgeschlossen: Ein anders ist, wann sie zu einer Religion übergehen, welche unter den dreyen im Römischen Reiche recipirten Religionen nicht begriffen ist; oder, wann derjenige, welcher die Religion geändert, sich ausser Landes an einem solchen Ort etabliret, wo die Catholischen, welche sich zur Evangelischen Religion bekennen, von der Succession ausgeschlossen werden. In welchem Fall das Jus Talionis statt haben soll.

§. 8.

Es werden unter die Kinder nicht allein die Kinder des ersten Grads, sondern auch die Enckel, das ist, der verstorbenen Kinder nachgelassene Kinder gerechnet, weil dieselben in ihrer verstorbenen Eltern Platz treten, folglich denjenigen Antheil erlangen, den die Eltern, wann sie gelebt hätten, würden gehabt haben: Welche Repraesentatio, oder vielmehr Transmissio, in infinitum unter den Enckeln statt hat.

Es wird aber nicht erfordert, daß die Enckel bey des Groß-Vaters Leben concipiret und empfangen sind, sondern es ist genug, wann der Vater dieselben nach dessen Tode auch nur einen Tag vor seinem Absterben concipiret hat.

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(2-148) Part. II. Lib. VI. Tit. III.

n. 2. Diese Enckel können nicht zur Succession gelangen, wann die Eltern der Erbschaft renunciiret haben: Dann da sie bloß jure parentis admittiret werden, so können sie keinesweges in ein Jus succedendi, welchem der Vater renunciiret hat, treten.

§. 9.

So viel die emancipirten Söhne anbetrift, so transmittiren dieselben, wann sie verstorben, ihr Jus succedendi, eben wie die andern nicht emancipirten Kinder, auf ihre Erben, aber mit dem Unterscheid, daß die Transmissio alsdann bloß auf ihre Kinder, nicht aber auf die Haeredes extraneos gelte. Es wäre dann, daß der Emancipatus intra tempus deliberandi verstorben wäre.

§. 10.

Diese vorgemeldete Successions-mäßige Kinder succediren ab intestato in das Vermögen sowol des Vaters als der Mutter, und schliessen ihre Groß-Eltern von der Succession aus.

§. 11.

Wann Kinder aus verschiedenen Ehen vorhanden sind, und z. E. der Ehe-Mann mit beyden Frauen Kinder zeuget, succediren beyderley Kinder in dem Väterlichen Vermögen, (folglich auch in den Gütern, welche er von beyden Frauen eigenthümlich acquiriret hat) zu gleichen Theilen: In dem Mütterlichen Vermögen aber succediren die Kinder erster Ehe ihrer verstorbenen Mutter, und die Kinder letzter Ehe der Mutter zweyter Ehe.

Und solchergestalt wird es auch gehalten, wann die Ehefrau aus zweyen Ehen Kinder zeuget; beyderley Kinder succediren in dem Mütterlichen Vermögen zu gleichen Theilen. In dem Väterlichen Vermögen aber succediren die Kinder erster Ehe ihrem Vater, und die Kinder letzter Ehe dem Ihrigen.

§. 12.

Zusammen gebrachte Kinder succediren ein iedes in seines Vaters oder Mutter Vermögen, mit Exclusion der nachher gezeugten gemeinschaftlichen Kinder.

§. 13.

Es verlieren die Kinder ihr Successions-Recht: 1) Wann der Eltern ihre Güter confisciret werden: welchenfalls aber ihnen die Legitima vorbehalten werden muß.

2) Wann die Kinder selbst verbannet, oder deren Güter confisciret werden, und können die Eltern solchenfalls keine Legitimam praetendiren.

3) Wann Kinder der Väterlichen Erbschaft renunciiren.

4) Wann die Kinder apostasiren. Vid. supr. §. 7.

§. 14.

Schließlich ist auch noch hier anzumercken, daß die Kinder, welche zu der Zeit, da der Vater ab intestato verstorben, die nächsten zur Succession sind, sui & necessarii haeredes genannt werden. Weil dieselben nicht nöthig haben, sich für Erben zu declariren, sondern ipso jure haeredes sind, und nur das Beneficium abstinendi haben. Worvon unten mit mehrerm gehandelt werden soll.

§. 15.

Es concurriren aber mit den Kindern I) des verstorbenen Vaters oder Groß-Vaters hinterlassene Witwe in dem vierten Theil der Verlassenschaft, wann drey oder weniger Kinder am Leben; wann aber vier oder mehr Kinder vorhanden sind, in ein Kindes-Theil.

n. 1. Es werden auch für rechtmäßige Witwen gehalten, welcher Ehemänner nach der Priesterlichen Copulation, ohne den Beyschlaf zu vollenden, verstorben: oder welche nach beschehener öffentlichen Verlöbniß sich mit ihrem Bräutigam, ohne erfolgte Priesterliche Copulation, fleischlich vermischet, und ein Kind gezeuget haben.

n. 2. Daher differiret diese Successio von der Successione in die Portionen statutariam, wo die Copula sacerdotalis nothwendig erfordert wird, weil die Portio


(2-149) Part. II. Lib. VI. Tit. III.

statutaria ein Beneficium ist, welches denenjenigen, so wider die Gesetze handeln, nicht zu statten kommen kan. Vid. Part. I. pag. 90. §. 149.

n. 3. Unter den Kindern, mit welchen die Witwe concurriret, werden auch die Enckel begriffen.

§. 16.

Es wird aber dazu, daß die Witwe concurriren könne, erfordert:

I. Daß die Witwe, (sie mag reich oder arm seyn) indotata gewesen, und ihr weder statuto, noch durch eine Ehestiftung, oder in dem Testament, eine gewisse Portion ausgemacht sey.

Wann also der Verstorbene seiner nicht dotirten Witwe eine gewisse Portion bey seinem Leben oder in seinem Testament verschrieben hätte, und solches den vierten Theil des Vermögens nicht ausmachte, kann sie bloß condictione ex lege ad supplementum quartae agiren.

II. Daß die Witwe arm, und der Verstorbene reich sey.

n. 1. Eine Witwe wird für arm gehalten, wann sie auch schon mit ihrer Hände Arbeit ihr Brodt verdienen kann, oder einen reichen Vater hat, (et)c. oder nach des Mannes Tode ihr ansehnliche Erbschaften anfallen: Wie sie dann auch im Gegentheil, wann sie zur Zeit ihres Ehemannes Absterben reich gewesen, und nachher in Armuth verfällt, die quartam nicht fordern kann.

n. 2. Der verstorbene Ehemann hingegen wird für reich gehalten, wann er dergestalt begütert ist, daß der Witwen, ohne Praejuditz der Kinder, und deren Standesmäßigen Erziehung, der vierte Theil des Vermögens, oder ein Kindes-Theil, assigniret werden könne.

n. 3. Wann ein Streit darüber entstehet, ob die Witwe arm, und der verstorbene Ehemann reich sey, muß der Status bonorum, wie er zur Zeit des Absterbens gewesen, nach Abzug der Schulden, aestimiret, und in dubio die Decision der Richterlichen Erkäntniß überlassen werden.

n. 4. Diese Quarta ist keine Portio haereditatis, sondern nur eine Portio bonorum: Daher a) die Güther müssen taxiret, und deducto onere die Quarta ausgemacht werden; welches nicht nöthig wäre, wann sie pro portione haereditatis gehalten würde, als welche ipso jure cum onere & commodo deferiret wird, folglich weder eine Taxe noch deductionem aeris alieni erfordert: b) Die Legata werden abgezogen, folglich die quarta nicht ex legatis entrichtet. c) Diese quarta kann weder vermehret noch vermindert werden. Es wäre dann, daß das Vermögen des Verstorbenen aus einem schon vorhin acquirirten Recht vermehret würde, als wann z. E. dem Verstorbenen sub conditione etwas versprochen ist, die Condition aber nach dessen Tode erst existiret, (et)c. welches alles nicht stat haben könnte, wann diese quarta der Witwen jure haereditario zustünde.

n. 5. Die Witwe acquiriret diese quartam, wann Kinder vorhanden sind, bloß quoad usumfructum, daher, wann die Witwe verstirbt, das Eigenthum auf die Kinder zurück fällt.

Da hingegen die Witwe, wann die Kinder vor ihr versterben, diese quartam pleno jure acquiriret.

n. 6. Es kann der Ehemann seiner Witwen diese quartam durch keinen letzten Willen entziehen oder vermindern; noch in fraudem quartae sein Vermögen und Güter veräussern, oder dieselben weniger anschlagen, als sie werth sind.

n. 7. Wie dann auch der Fiscus, wann des Verstorbenen Güter confisciret werden, der Witwen diese quartam nicht entziehen kan.

n. 8.

Es höret diese Succession der Witwen auf: 1) Wann eine Portio statutaria eingeführet ist, weil alsdann die Witwe nicht ex lege, sondern ex statuto succediret. 2) Wann der Ehemann seiner Witwe durch sein Testament ein gewisses

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(2-150) Part. II. Lib. VI. Tit. III. IV.

Quantum vermacht: Weil sie alsdann nicht ab intestato, sondern ex testamento succediret, und, wann es weniger als die Quartam austrägt, dasjenige, was daran ermangelt, per condictionem ex lege suppliret werden muß. Vid. pr. h. §.

3) Wann die Witwe einen dotem eingebracht, und ihr ein Gegen-Vermächtniß constituiret worden; Weil die Witwe alsdann nicht ab intestato, sondern ex pacto succediret, folglich alle die Actiones hat, welche ex pactis dotalibus herrühren, (vid. Part. I. p. 72. §. 60.) und wann etwas an der Quarta fehlet, solcher Mangel condictione ex lege suppliret werden muß. 4) Wann sie reich ist, und von ihren Mitteln nach ihrem Stande leben kan, hingegen der Ehemann arm ist.

Tit. IV.

Von dem zweyten Ordine succedendi ab intestato, nemlich der Ascendenten.

§. 1.

Wann keine Descendenten vorhanden sind, fällt die Erbschaft ab intestato auf des Verstorbenen Ascendenten: nemlich auf die Eltern, und, wann diese nicht vorhanden, hiernächst auf die Groß-Eltern, sowol Väterlicher als Mütterlicher Seite (et)c.

§. 2.

Es succediren also der Vater und die Mutter zu gleichen Theilen; Und wann einer davon verstorben, succediret der andere allein, und excludiret alsdann alle Groß-Eltern von der Succession.

n. 1. Es verstehet sich aber dieses bloß von den ehelichen und leiblichen Eltern: Daher werden erstliche ausgenommen die unehelichen Väter, welche ihren unehelichen Kindern, oder denen, welche sie aus einem Ehebruch, oder einem in den göttlichen Rechten verbotenen Grad gezeuget, niemalen succediren.

Ein anders ists mit den Müttern, welche ihrer unehelichen Kinder, wann diese ab intestato versterben, natürliche Erben sind: Wann aber die Kinder aus einem Ehebruch oder incestu naturali geboren sind, fällt der Eltern Erbschaft, salvis alimentis, dem Fisco anheim.

§. 3.

Zweytens werden auch die angenommenen oder Wahl-Väter (patres adoptivi) von der Succession der Wahl-Kinder excludiret: Es wäre dann, daß die Adoptio von einem Ascendenten geschähe, (welchenfalls der Pater adoptivus allein, nicht aber dessen Ehefrau succediret) oder daß der Vater per arrogationem den Vater-Namen erlanget hätte.

Wann die Adoptio ab ascendente geschehen, concurriren des adoptirten Kindes natürliche Eltern, wann sie noch am Leben sind, mit dem Patre adoptivo zu gleichen Theilen: Hingegen können des Patris adoptivi Kinder an die Succession ihres Wahl-Bruders keinen Anspruch machen.

§. 4.

Wann der Vater und die Muter verstorben, succediren die Groß-Eltern so wol väterlicher als mütterlicher Seite gleichfalls zu gleichen Theilen, wann sie alle im Leben sind.

Wann aber von Seiten des Vaters bloß der Großvater, von Seiten der Mutter aber der Großvater und Großmutter vorhanden sind, (et)c. succediren diselben in genera, das ist, der Avus paternus bekommt allein so viel als die beyden mütterlichen Groß-Eltern.


(2-151) Part. II. Lib. VI. Tit. IV. V.

Wann keiner von diesen Groß-Eltern übrig ist, succediren die höhere Gradus nach eben dieser Ordnung.

§. 5.

Es succediren aber die Eltern und Groß-Eltern juxta proximitatem gradus, und hat das Jus repraesentandi niemalen statt: Wann also der verstorbene Sohn von väterlicher Seiten eine Mutter, und von mütterlicher Seiten eine Groß-Mutter verlässet, (et)c. wird die letztere vor der ersten excludiret. Vid. supr. §. 1. & 2.

§. 6.

Es ist auch kein Unterscheid zu machen, ob die von dem verstorbenen Kinde verlassene Güter aus dem väterlichen oder mütterlichen Vermögen herkommen, sondern der nächste Ascendent succediret in das ganze Vermögen, weil die Güter in dem Patrimonio des Sohns einmal confundiret worden.

Dahero excludiret der Vater den Groß-Vater mütterlicher Seits, ob schon des Sohns Vermögen von der Mutter herrühret: und der Groß-Vater mütterlicher Seits theilet mit dem Groß-Vater väterlicher Seits, wann schon das Vermögen von dem verstorbenen Vater allein herrühret.

n. 1. Es ist aber besonders in der Gerade eingeführet, daß die Mutter und Groß-Mutter darin allein mit Exclusion des Vaters succedire.

n. 2. Hingegen behält der Vater und Groß-Vater in den bonis adventitiis (so viel die der Mutter oder Groß-Mutter zugefallene Portion betrift) den Usumfructum allein.

§. 7.

Es können aber die Ascendenten den Descendenten nicht succediren:

1) Wann die Güter der Kinder confisciret worden.

2) Wann eine Groß-Mutter, oder Mutter, welche majorenn ist, den Kindern binnen Jahres-Frist keinen oder einen untüchtigen Vormund bestellen lässet, und das Kind in den unmündigen Jahren verstirbet.

Ein anders ist, wann die Mutter negligiret, den minderjährigen einen Curatorem zu bestellen.

3) Wann die Mutter ein öffentliches liederliches Leben führet; als z. E. wann sie nach ihres Mannes Tode ein uneheliches Kind zeuget.

4) Wann eine Mutter oder Groß-Mutter binnen 6 Monat nach ihres ersten Mannes Tode heyrathet, ob sie schon dieserwegen Dispensation erhalten. Vid. Part. I. pag. 48. §. 7. oder

5) Wann sie zur zweyten Ehe schreitet, ehe und bevor sie mit ihren Kindern erster Ehe Richtigkeit getroffen.

Tit. V.

Von dem dritten Ordine succedendi ab intestato, nemlich der Collateralen.

§. 1.

Wann der Verstorbene weder Descendenten noch Ascendenten hinterlassen, und ab intestato verstirbet, succediren demselben die Seiten-Verwandten oder Collateralen in folgenden Classen.


(2-152) Part. II. Lib. VI. Tit. V. Art. I-III.

Art. I.

Von der Succession der vollbürtigen Geschwister.

§. 2.

Es succediren in der ersten Classe die leiblichen und vollbürtigen Brüder und Schwestern (Fratres germani) in capita, das ist, zu gleichen Theilen: Und diese leiblichen Brüder schliessen alle Halbgeschwister, sie mögen von einem Vater (Consanguinei) oder von einer Mutter (Uterini) seyn, aus.

§. 3.

Wann einer von diesen vollbürtigen Brüdern vorher verstorben, und Kinder hinterlassen, concurriren I. diese Bruders-Kinder mit den Germanis in stirpe, das ist, sie succediren bloß in dem Antheil, welchen ihr verstorbener Vater würde erhalten haben, wann er gelebt hätte, und ziehen daher alle einen Strang.

II. Concurriret mit diesen vollbürtigen Brüdern des Verstorbenen hinterlassene Witwe in quarta: vid. supr. pag. 149. §. 16. Und diese Witwe acquiriret in dieser und folgenden Classe nicht allein den Usumfructum, sondern auch das Eigenthum der Quartae.

III. Dessen uneheliche Kinder in sexta parte. Vid. supr. pag. 147. §. 5.

Art. II.

Von der Succession der vollbürtigen Bruder-Kinder.

§. 4.

Wann gar keine vollbürtige Brüder mehr leben, iedoch Kinder von ihnen vorhanden sind, succediren diese in capita, das ist, zu gleichen Theilen.

n. 1. Wann einige von diesen Kindern versterben, und wieder Kinder hinterlassen, können diese nicht mit erben, weil das Jus repraesentandi nicht weiter als auf die Bruders-Kinder gehet.

Es concurriren aber mit diesen leiblichen Bruders-Kindern:

1) Die Witwe des Verstorbenen in quarta. Vid. pag. 149. §. 16.

2) Dessen uneheliche Kinder in sextante. Vid. supr. pag. 147. §. 5.

Art. III.

Von der Succession der Halb-Geschwister.

§. 5.

Wann weder Kinder, noch Eltern, noch vollbürtige Geschwister, noch deren Kinder vorhanden sind; succediren dem verstorbenen Bruder dessen Halb-Geschwister, (sie mögen von einem Vater oder von einer Mutter herstammen) in capita, und zwar ohne Unterscheid, ob die Güter von väterlicher oder mütterlicher Seite herkommen.

Es concurriren aber gleichfalls mit diesen Halb-Geschwistern:

1) Der verstorbenen Halb-Geschwister hinterlassene Kinder in stirpes.

2) Die hinterlassene Witwe in quartam. Vid. pag. 147. §. 16.

3) Dessen uneheliche Kinder in sextam. Vid. supr. pag. 147. §. 5.


(2-153) Part. II. Lib. VI. Tit. V. Art. IV.-VI.

Art. IV.

Von der Succession der von den Halb-Geschwistern hinterlassenen Kinder.

§. 6.

Wann gar keine halbbürtige Geschwister vorhanden, iedoch Kinder von denselben übrig sind, succediren diese in capita:

Es concurriren aber alsdann gleichfalls mit denselben a) des Verstorbenen hinterlassene Witwe in quarta; und b) dessen uneheliche Kinder in sexta. Vid. supr. pag. 147. §. 5. pag. 149. §. 16.

Art. V.

Von der Succession des Vaters und der Mutter Brüdern und Schwestern.

§. 7.

Wann der Verstorbene weder Kinder, noch Eltern, noch Brüder, noch Schwestern, (sie mögen voll- oder halbbürtig seyn) noch Kinder von ihnen hinterlassen, so succediren der Eltern und Groß-Eltern hinterlassene Brüder und Schwestern in capita, das ist, zu gleichen Theilen juxta proximitatem gradus, dergestalt, daß des Vaters Brüder und Schwestern des Groß-Vaters Brüder und Schwestern excludiren.

n. 1. Es wird in dieser Classe auf die duplicitatem vinculi nicht reflectiret, sondern die Brüder und Schwestern so wol von des Vaters als von der Mutter Seiten succediren zusammen.

n. 2. Es concurriren aber auch in dieser Classe a) die Witwe in quarta, und b) des Verstorbenen uneheliche Kinder in sexta. Vid. dict. loc.

Art. VI.

Von der Succession der übrigen Anverwandten.

§. 8.

Wann keine von den vorher specificirten Classen vorhanden sind, succediren alle übrige Verwandten juxta proximitatem gradus. Wann also der Verstorbene einen Enckel von seinem Bruder, und seines Groß-Vaters Brudern-Sohn hinterlässet, succediren dieselben zu gleichen Theilen, weil beyde in dem vierten Grad verwandt sind, (et)c.

n. 1. Jedoch concurriren auch hier a) die Witwen, und b) die unehelichen Kinder des Defuncti. Vid. dict. loc.

n. 2. Es muß aber derjenige Verwandte, welcher sich zum Successore angiebt, nicht allein die Verwandtschaft, sondern auch die Proximität erweisen.

Und weil, wann die Verwandtschaft zu weit entfernet ist, unzehliche Processe ratione proximitatis entstehen könten, so soll nach dem zehnten Grad auf keine Verwandtschaft, quoad successionem ab intestato, weiter reflectiret, sondern die Erbschaft pro vacante gehalten werden, und solche dem Fisco anheim fallen.

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(2-154) Part. II. Lib. VI. Tit. VI. VII.

Tit. VI.

Wie die Witwe des letzt Verstorbenen jure proprio ab intestato succedire.

§. 1.

Wann gar keine Verwandten vorhanden sind, succediret die Witwe des letzt Verstorbenen nicht in den vierten Theil, sondern in die Hälfte des gantzen Vermögens, dergestalt, daß sie ihre eigene Güter nicht conferiren darf; worin diese Successio von der Successione in portione statutaria differiret: Die übrige Hälfte fällt dem Fisco anheim.

Es concurriren mit dieser Witwe und dem Fisco des Verstorbenen uneheliche Kinder in sexta. Vid. supr. pag. 149. §. 16.

Es hat aber diese Succession nicht statt, wann eine Ehestiftung vorhanden ist, weil die Witwe (die Adelichen ausgenommen, welche nach der Lehns-Constitution die Wahl haben,) sich lediglich darnach achten muß.

Tit. VII.

Wann der Fiscus ab intestato succediret.

§. 1.

Wann weder Verwandten in dem zehnten Grad, noch eine Witwe des Defuncti vorhanden, (dann wann eine Witwe vorhanden ist, concurriret der Fiscus nur in die Hälfte, vid. Tit. praec. §. 1.) succediret der Fiscus in die gantze vacante Erbschaft jure bonorum vacantium.

Dahero kein Fiscus privatus einer Stadt, eines Collegii, Capituli, &c. sich dergleichen Erbschaft anmassen kan, wann er nicht mit allen Regalien von Uns beliehen worden.

§. 2.

Es wird aber zu dieser Fiscalischen Succession erfordert: 1) Daß der Fiscus durch dreymalige Edictales von 4 zu 4 Wochen die Erben, wann etwa dergleichen vorhanden seyn möchten, citire.

2) Daß eine ordentliche Causae cognitio vorher gehen müsse, ob haereditas vacans vorhanden sey: folglich ist Fiscus nicht befugt, den Besitzer, welcher als Erbe die Possession ergriffen, de facto zu exmittiren: sondern er ist

3) Schuldig, den Ausspruch der Gerichte zu erwarten: wiewol er den Besitzer anhalten kan Caution unterdessen zu stellen.

§. 3.

Es wird auch dem Fisco öfters eine Erbschaft deferiret nicht ab intestato, sondern weil ein unwürdiger Erbe in dem Testament eingesetzet worden; wovon Lib. seq. Tit. XVII. gehandelt werden soll.

§. 4.

Der Effect dieser Fiscalischen Succession bestehet darin, daß der Fiscus loco haeredis ist, und als Erbe die Verlassenschaft antrit: folglich muß er alles observiren, was andere Erben zu thun schuldig sind: er muß sich binnen der gesetzten Zeit declariren, ob er sich der Erbschaft anmassen wolle; Er muß ein Inventarium verfertigen; und wann er sich pro haerede declariret, alle Schulden bezahlen, auch ultra vires haereditatis.


(2-155) Part. II. Lib. VI. Tit. VII.

§. 5.

Unter diese Fiscalische Erbschaft gehören auch die ausser Unsern Landen befindliche bewegliche Güter, welche der Person folgen: Nicht aber die unbeweglichen Güter, welche dem andern Landesherrn Jure bonorum vacantium anheim fallen.

§. 6.

Wann der Fiscus die Erbschaft repudiiret, und solche nicht antreten will, (als welches ihm frey stehet,) muß ein Curator haereditatis bestellet werden, welcher die Creditores citiren, und die Schulden bezahlen muß.

§. 7.

Wann ein anderer dergleichen vacante Erbschaft 10. 20. bis 30 Jahr bona fide & justo titulo besitzet, kan dem Fisco weder die Usucapio noch die Praescriptio opponiret werden; sondern die Erbschaft kan, wie andere bona vacantia und Regalien, nicht anders als durch eine Possession von 40 Jahren acquiriret werden.

§. 8.

Mit dem Fisco concurriren die unehelichen Kinder in sextante bonorum. Vid. pag. 149. §. 16.

§. 9.

Schließlich ist annoch zu observiren, daß zwar ietzo, da ein allgemeines Recht in allen Unsern Landen etabliret wird, nicht leicht eine Collusion der Statuten zu vermuthen sey; Wann aber sich ietzo oder künftig wider Vermuthen dergleichen ereignen solte, so ordnen und wollen Wir, daß in solchem Fall in der beweglichen Gütern die Jura domicilii, in den unbeweglichen die Statuta rei sitae beobachtet werden sollen, es mag der Erblasser gestorben seyn, wo er will.

Das Domicilium wird pro constituto gehalten, wann iemand seine wesenliche Wohnung an einem Ort aufschlägt, wann er auch bloß Amts wegen sich an dem Ort beständig aufhalten müste, als, wann er Commandant einer Vestung ist (et)c.

Wann iemand an zweyen Orten ein Domicilium hat, gelten diejenigen Jura, wo er verstorben.

Wann iemand gar kein Domicilium, oder doch kein beständiges Domicilium hat, als wann einer in Garnison an einem Ort liegt (et)c. werden gleichfalls die Statuta observiret, wo er gestorben ist.

Part. II. Libr. VII.

Tit. I.

Was in diesem siebenten Buch des zweyten Theils verhandelt wird.

§. 1.

Wir haben in dem vorhergehenden Buch gezeiget, wie iemand ein dingliches Recht durch Erbschaften, welche ab intestato deferiret werden, acquirire: Und daß diese Acquisition in der natürlichen Vernunft und Billigkeit gegründet sey.

In diesem siebenten Buch wird gezeiget, wie ein dingliches Recht durch Erbschaften ex testamento acquiriret werde, welcher Modus acquirendi aus dem Jure Civili seinen Ursprung hat.

U 2


(2-156) Part. II. Lib. VII. Tit. I.

§. 2.

In dem Tit. II. wird von den Testamenten in genere gehandelt.

§. 3.

In dem Tit. III. werden die äusserlichen Solennitäten, welche bey Verfertigung eines Testaments nöthig sind, beschrieben.

§. 4.

In dem Tit. IV. wird von den innerlichen Solennitäten des Testaments gehandelt; nemlich von der Einsetzung der Erben, und in specie der Kinder und Eltern. (de institutione haeredum, & speciatim liberorum & parentum.)

§. 5.

In dem Tit. V. wird von der Enterbung der Kinder und Eltern gehandelt.

§. 6.

In dem Tit. VI. wird angewiesen, wie die enterbten Kinder und Eltern das Testament rescindiren können; (de querela inofficiosi testamenti) wo zugleich die Legitima beschrieben wird.

§. 7.

In dem Tit. VII. wird von der Einsetzung des zweyten Erben gehandelt. (de substitutione tum vulgari tum pupillari.)

§. 8.

In dem Tit. VIII. wird die Materie von den fideicommissarischen Erbschaften erläutert. (de fideicommissaria haereditate.)

§. 9.

In dem Tit. IX. werden die Testamenta conjugum reciproca erkläret.

§. 10.

In dem Tit. X. wird von den Conventional-Erbschaften gehandelt.

§. 11.

Die privilegirten Testamenta werden in dem Tit. XI. beschrieben; nemlich 1) die Soldaten-Testamenta; 2) die Testamenta zwischen Eltern und Kindern; 3) die zur Pest-Zeit verfertigte Testamenta.

§. 12.

Die Codicilli werden in dem Tit. XII. abgeschafft, wann sie nicht gerichtlich geschehen. (de codicillis & clausula codicillari.)

§. 13.

Und weil die Testatores ihren Dispositionen Conditiones beyfügen können, so wird von denselben in dem Tit. XIII. gehandelt. (de conditionibus institutionum.)

§. 14.

Weil auch bey Eröffnung der Testamente einige Solennitäten nöthig sind, so werden dieselben in dem Tit. XIV. beschrieben. (testamenta quemadmodum aperiantur.)

§. 15.

Von der Antretung der Erbschaft und wie dieselbe verloren werde; Item von dem jure deliberandi, und beneficio Inventarii, wird in dem Tit. XV. gehandelt.

§. 16.

In dem Tit. XVI. wird angeführt, was die Kinder in die gemeine Erbschaft conferiren müssen. (de collatione & dotis collatione.)


(2-157) Part. II. Lib. VII. Tit. II.

§. 17.

In dem Tit. XVII. wird gezeiget, wie die Testamenta annulliret und entkräftet werden.

§. 18.

Wann dem Erben, er mag ab intestato oder ex testamento succediren, die Erbschaft streitig gemacht und vorenthalten wird, so hat er petitionem haereditatis, welche in dem Tit. XVIII. beschrieben wird.

§. 19.

Wann nicht von der Erbschaft selbst, sondern wegen Theilung der Erbschaft, oder eines Erbschafts-Stücks die Frage ist, hat die Actio familiae erciscundae statt, wovon in dem Tit. XIX. gehandelt wird.

Tit. II.

Von den Testamenten oder letztem Willen in genere.

§. 1.

Ein Testament ist nichts anders als eine solenne, deutliche, und ungezwungene Disposition und Willens-Erklärung, von allem demjenigen, was iemand haben will, daß es nach seinem Tode geschehen solle.

Und in so weit differiret ein Testament von dem Codicill, welches keine unverselle Disposition ist, sondern nur von einem und andern Ding disponiret, und worin kein Erbe instituiret werden kann.

§. 2.

Aus dergleichen Disposition folget nach den natürlichen Rechten keine Verbindlichkeit, weil sie erst nach dem Tode des Testatoris ihre Kraft erreichet, wo des Testatoris jus disponendi aufhöret, folglich der Haeres nichts mehr von ihm acceptiren kann: daher auch der Testator bey seinem Leben dergleichen Disposition zu revociren befugt ist.

§. 3.

Alle Testamente sind entweder solennia, oder privilegiata: Solennia werden genannt, worinn gewisse Solennitaeten zur Validitaet und Substantz des Testaments erfordert werden: Privilegiata aber sind, worinnen nicht alle sothane Solennitäten nöthig sind.

Zu der letzten Gattung gehören 1) die Testamenta zwischen Eltern und Kindern, 2) die Testamenta der Soldaten, 3) die Testamenta, welche zur Pest-Zeit verfertigt werden. Von welchen unten Tit. XI. gehandelt werden soll.

§. 4.

Zu einem solennen Testament wird erfordert:

I. Daß der Testator befugt sey, und Macht und Gewalt habe, ein Testament zu verfertigen.

II. Daß er solches aus freyem Willen und ungezwungen mache.

III. Daß er das Testament gerichtlich verfertige.

IV. Daß gewisse Solennitaeten darbey gebrauchet werden.

U 3


(2-158) Part. II. Lib. VII. Tit. II.

§. 5.

Es wird also erstlich erfordert, daß derjenige, welcher seinen letzten Willen declariret, Macht und Gewalt habe, ein Testament zu verfertigen.

§. 6.

Es ist aber die Testamenti factio e genere permissorum, das ist, ein ieder Mensch ist befugt, von seinem sämtlichen Vermögen und gäntzlicher Verlassenschaft durch einen letzten Willen zu disponiren, dergestalt, daß diese Macht und Facultät durch keine Convention gehindert werden kan.

§. 7.

Daher können auch einen letzten Willen verfertigen:

I. Die Minderjährigen, welche 16 Jahr, und, wann sie weiblichen Geschlechts, 14 Jahr alt sind: Welchenfalls nicht einmal des Curatoris Consens nöthig, und daher auch dessen Protestation ungültig ist:

Im übrigen wird erfordert, daß der letzte Tag des 16ten oder 14ten Jahrs völlig abgelaufen sey.

Es können auch II. die Juden testiren: Nicht weniger können

III. Kinder, die in der väterlichen Gewalt stehen, wann sie die vorgeschriebenen Jahre haben, von ihrem peculio castrensi & quasi castrensi, und adventitio extra-ordinario testiren.

Von dem adventitio ordinario aber können sie nicht weiter als ratione des Eigenthums, von den Revenüen oder Usufructu aber bloß mit des Vaters Consens testiren.

IV. Es bleibt auch denen, die vom Feinde gefangen sind, oder als Geisel gegeben werden, frey, von ihrem Vermögen währender Gefangenschaft zu disponiren.

V. Fremde, welche in Unsern Landen sterben, können einen letzten Willen von demjenigen, was sie mit sich führen, verfertigen: Es wäre dann, daß an dem Ort, wo der Fremde sein Domicilium hat, dem Fisco die Erbschaft der Fremden zufiele: welchenfalls das Jus retorsionis statt hat.

VI. Es können auch diejenigen, welche wegen eines Criminis zum Tode verdammet worden, testiren; es wäre dann, daß das Crimen die Confiscation der Güter mit sich führe, welchenfalls die Erbschaft dem Fisco anheim fällt.

Es kan auch VII. den Blödsinnigen, welche etwas schwach am Verstande sind, nicht verwehret werden, von ihrem Vermögen zu disponiren, wann sie nur verstehen, was der letzte Wille sey. Zu dem Ende müssen dergleichen Personen

1) Niemals als gerichtlich disponiren.

2) Die Gerichts-Personen müssen einen oder zwey Medicos adhibiren, welche dergleichen Testatores

3) Durch allerhand vernünftige Fragen auf die Probe setzen, und

4) In specie sie befragen müssen, was ein Testament sey, item

5) Ob sie von selbst darauf gefallen, ein Testament zu verfertigen: oder

6) Ob und von wem ihnen solches an die Hand gegeben worden, auch

7) Ob ihnen gesagt worden, wen sie zum Erben einsetzen sollen.

Alle Fragen und Antworten müssen die Gerichte mit des Testatoris eigenen Worten ad Protocollum nehmen, welches sub poena nullitatis Testamenti nicht unterlassen werden muß.

§. 8.

Hingegen werden einige Personen entweder von Natur, oder durch die Civil-Gesetze, gehindert, ein Testament zu machen und aufzurichten.

§. 9.

Von Natur können nicht testiren, die gar keinen, oder doch nicht ihren völligen Verstand haben. Worunter gehören:


(2-159) Part. II. Lib. VII. Tit. II.

I. Unsinnige, rasende, und thörichte Leute, wann schon des Curatoris Autorität und Consens dabey adhibiret wird.

Es wäre dann, daß dergleichen Leute dilucida intervalla hätten, und binnen solcher Zeit ihren letzten Willen declariren.

Es muß aber der instituirte Erbe erweisen, daß der Testator in dem Moment seinen völligen Verstand gehabt habe: welcher Beweis dadurch geführet wird, wann das Gericht die Praecautiones, welches bey den Blödsinnigen in dem §. 7. erfordert werden, adhibiret.

Wann dergleichen unsinniger Mensch vor der Raserey ein gültiges Testament gemacht hat, bleibt solches nach wie vor gültig, wann auch schon der Testator in der Raserey das Testament ungültig erkläret, oder zerreisset, (et)c.

II. Unmündige können kein Testament machen, wann schon der Vormund seine Autorität dabey interponiret.

III. Derjenige, welcher taub und stumm geboren ist, ist gleichfalls ausser dem Stande zu testiren, wann er auch schon von dem Landesherrn die Erlaubniß darzu erhalten.

Wann a) iemand nach erlangter Pubertaet durch einen Zufall stumm und taub wird, ist ein Unterscheid zu machen, ob er schreiben könne oder nicht.

Ersternfalls kan er seinen letzten Willen schriftlich verfertigen, und solchen von seiner Hand ge- und unterschrieben, nebst einem Memorial, den Gerichten gegenwärtig übergeben.

Auf den andern Fall aber ist er ausser dem Stande zu testiren, weil er seinen Willen weder schriftlich noch mündlich erklären kan. Und wann auch diejenigen, welche mit ihm durch Zeichen zu sprechen gewohnt sind, dessen Willen erklären wollen, soll darauf nicht reflectiret werden.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß, wann er vorher, ehe er stumm und taub worden, ein gültiges Testament verfertiget, solches nach wie vor subsistire.

Wann b) iemand taub allein geboren wird, kan er nicht testiren, weil derselbe die Geschäfte der Welt, da er des Gehörs beraubet ist, ohnmöglich lernen können.

Ein anders ist, wann iemand nach dem 14ten Jahr durch einen Zufall das Gehör verloren hat, und seinen letzten Willen schriftlich oder mündlich vor den Gerichten declariret.

Wann c) iemand stumm allein geboren wird, oder durch einen Zufall die Sprache verlieret, aber schreiben gelernet hat, kan er von seinem Vermögen schriftlich, wie oben sub lit. a) testiren.

Es ist aber auch derjenige für stumm zu achten, welcher nicht articulatim, und dergestalt deutlich sprechen kan, daß ihn die Gerichte verstehen können.

Hieraus ergiebt sich d) von selbsten, daß kein Testator seinen letzten Willen durch Zeichen oder Wincken declariren könne.

IV. Diejenigen, welche starck betruncken sind, können gleichfalls nicht testiren; weil dergleichen Leute ihres Verstandes nicht völlig mächtig sind, und sich imputiren müssen, daß sie zu einem so wichtigen Werck keine bessere Zeit ausersehen haben. Daher die Gerichte in dergleichen Fall den Actum testandi aussetzen müssen.

V. Wann iemand mit dem Tode ringet, folglich in einem solchen Stande sich befindet, daß er seiner Gemüths-Kräfte nicht völlig mächtig ist, auch sich nicht mehr auf eine deutliche Art expliciren kan, muß der Actus gleichfalls ausgesetzet werden.

Weil aber das Urtheil und die Untersuchung, ob iemand in einem solchen Stande sich befinde, hauptsächlich auf die Redlichkeit der Gerichte ankommt, so müssen dieselben diejenigen Solennitäten, die oben §. 7. vorgeschrieben worden, genau beobachten, und darunter ihren Eid und Pflicht vor Augen haben.


(2-160) Part. II. Lib. VII. Tit. II.

Wann die Gerichte Bedencken tragen, von dergleichen Leuten, welche sich in der äussersten Schwachheit befinden, und die sie nicht völlig verstehen können, einen letzten Willen aufzunehmen, können sie dieserwegen nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil der Testator sich selber imputiren muß, daß er bis auf die letzte Stunde gewartet hat.

§. 10.

Nach den Civil-Gesetzen werden von der Testamenti factione ausgeschlossen: I. Die Verprasser und Verschwender, (Prodigi) welchen durch der Obrigkeit Decret die Administration ihrer Güter benommen ist, wann auch schon das Testament auf eine vernünftige Art verfertiget worden.

Wann aber der Prodigus vor dem Decreto ein gültiges Testament verfertiget hat, bleibt solches nach wie vor in seiner Kraft: wie er dann auch, wann das Decret nachhero wieder aufgehoben wird, zu testiren befugt ist.

II. Diejenigen, welche ein Crimen begehen, mit welchem die Confiscatio bonorum verknüpfet ist, als in crimine perduellionis: In welchem Fall auch dessen vorher errichtetes Testament entkräftet wird. Vid. supr. §. 7. n. 6.

Und solchergestalt wird es auch mit denen gehalten, welche ein Testament gemacht, und sich nachher conscientia eines dergleichen criminis selbst umgebracht haben.

III. Geistliche Personen, welche nach den Ordens-Statuten alles den Stiftern acquiriren, können kein Testament machen.

Wann aber dergleichen Ordens-Leute durch ihren Fleiß, als Predigen, dociren, Meß lesen, (et)c. etwas erwerben, können sie davon testiren.

Damit aber diejenigen, welche sich in einen dergleichen Orden begeben, ihr Vermögen nicht den natürlichen Erben entziehen, und solche ad manus mortuas bringen mögen; so haben Wir hiedurch ein für allemal festsetzen wollen, daß kein Ordens-Mann befugt seyn solle, seinem Orden über 500 Rthlr. zu conferiren, sondern es soll alles, was dergleichen Ordens-Mann über diese Summe besitzet, oder nachher durch Erbschaft acquiriret, sofort zu Capital geschlagen, und den Haeredibus ab intestato gegen Caution eingeliefert werden, welche dem Ordens-Mann die Zinsen a 5 pro 100, so lang er lebet, davon entrichten sollen.

Wir haben auch ratione aller andern Geistlichen, welche nicht dem Orden acquiriren, sondern tstamenti factionem über alle ihr Vermögen beybehalten, in genere fest setzen wollen, daß niemand, welcher sich in ein geistliches Stift begiebt, demselben über 500 Rthlr. vermachen, oder ihm sonst per actum inter vivos ein mehrers zuwenden könne: Wann das geistliche Stift ein mehrers, unter was für Praetext es sey, acquiriret; sollen sie alles dasjenige, was sie empfangen, den Haeredibus ab intestato, und das Duplum dem Fisco erstatten; Welches auch in Ansehung der Kirchen und anderer Piorum Corporum, von welcher Religion sie seyn, also gehalten werden soll.

IV. Apostatae: welche von dem Christenthum abfallen, zu dem Heyden- oder Judenthum übergehen.

Es werden aber keinesweges diejenigen pro apostatis gehalten, welche von der Evangelischen zu der Catholischen, oder von der Catholischen zur Evangelischen Religion übergehen: daher beyde von ihrem Vermögen testiren können.

V. Ketzer, welche sich zu keiner von den dreyen in dem Römischen Reiche approbirten Religionen bekennen, oder von diesen dreyen Religionen nicht agnosciret werden.

VI. Diejenigen, welche in poenam von Verfertigung eines Testaments excludiret werden, als: 1) Welche wegen eines öffentlichen Pasquils, wodurch der Auctor einen andern um Ehre und Reputation bringen wollen, condemniret worden. 2) Welche durch Gift iemanden umgebracht, oder umzubringen gesucht haben. 3) Welche einen Incestum wider die Natur: oder 4) Crimen Sodomiae begangen.


(2-161) Part. II. Lib. VII. Tit. II.

§. 11.

Wann iemand, welcher von Verfertigung der Testamente excludiret wird, dennoch dergleichen verfertiget, ist dasselbe null und nichtig, wann es schon en faveur einer piae causae gemacht ist, so gar daß auch keine Legata daraus gelten sollen.

§. 12.

n. 1. Es wird zweytens zu einem richtigen Testament erfordert, daß der Testator seinen letzten Willen nicht aus Furcht, oder durch eine bösliche Induction, sondern frey und ungezwungen declarire.

Es wird aber nicht ein ieglicher Metus für einen Zwang gehalten, sondern nur diejenige Furcht, welche auf einen hertzhaftigen Mann (virum cordatum) fällt, als wann iemand mit Schlägen, Gefängniß, oder sonst mit einem schweren Ungemach bedrohet wird.

n. 2. Hierunter gehöret auch, wann eine Ehe-Frau währender Ehe übel von ihrem Ehemann tractiret worden, und dennoch, insonderheit in ihrer letzten Kranckheit, in dessen Faveur, mit Vorbeygehung ihrer Verwandten, ihm entweder ihre gantze Verlassenschaft, oder einen grossen Theil desselben, vermacht hat.

Ein anders ist, wann ein Ehe-Mann mit seiner Frauen wohl umgehet, und durch seine Liebkosungen sie zu Verfertigung eines Testaments beweget; in diesem Fall ist keine Dolosa Inductio vorhanden.

n. 3. Es ist aber auch kein freyer Wille, wann dem Testatori von den Gerichten suggeriret wird, welchen er zum Erben einsetzen, oder welchem er sonst etwas vermachen solle, (et)c. z. E. wann der Tstator gefragt wird, ob er den Cajum nicht zum Erben einsetzen, oder demselben 100 Rthlr. legiren wolle, (et)c.

Ein anders ist, wann der Testator den Erben oder Legatarium benennet, und ein oder anderer des Gerichts den Namen oder das Quantum nicht recht gehöret hat, und daher die Frage thut: oder wann die Gerichte den Testatoren in genere befragen, ob er seinen Verwandten oder Domestiquen nicht etwas hinterlassen wolle, (et)c.

n. 4. Dergleichen Testamente, welche nicht aus freyem Willen, sondern durch Betrug, Furcht, und Zwang verfertiget werden, sind ipso jure null und nichtig, woraus auch nicht einmal die piae causae und Legatarii etwas lucriren können.

Derjenige aber, welcher den Testatorem dolose induciret, oder gezwungen hat ein Testament zu verfertigen, muß criminaliter belanget werden.

n. 5. Wann iemand sich pro testatore geriret, und unter eines andern Namen und Person testiret, derselbe soll Zeit Lebens zur Karren gebracht werden.

n. 6. Wer dem Testatori einen Erben oder Legatarium suggeriret hat, derselbe soll beyden dasjenige, was ihnen im Testament vermacht ist, ex propriis bezahlen, das Testament aber kann nicht subsistiren.

§. 13.

Das dritte Requisitum eines solennen und gültigen Testaments bestehet darin, daß das Testament gerichtlich verfertiget oder offeriret werde, weil Wir aus den in dem Eingang angeführten Ursachen alle privat-Testamenta, welche bishero vor 7 Zeugen aufgerichtet, und mehrentheils von unerfahrnen Notariis, Priestern, Procuratoren und andern Umläufern fabriciret worden, hierdurch gäntzlich aufheben.

§. 14.

Es dürfen dergleichen Testamenta nicht nothwendig vor den ordentlichen Gerichten des Testatoris gemacht werden, sondern es können solche auch fremde Gerichte, wann sie nur voluntariam jurisdictionem haben, aufnehmen.

X


(2-162) Part. II. Lib. VII. Tit. II.

§. 15.

Es müssen niemals weniger als drey Gerichts-Personen bey dergleichen Acta gegenwärtig seyn.

§. 16.

An den Oertern, wo Regierungen vorhanden sind, müssen allezeit zwey Räthe, nebst dem Protonotario oder Secretario, dem Actui beywohnen.

§. 17.

In den grossen Städten müssen zwey Rechtsverständige Magistrats-Personen, nebst dem Secretario, bey Aufnehmung dergleichen Testamente gegenwärtig seyn.

§. 18.

In den kleinen Städten, wo nur ein der Rechten verständiger Burgermeister, oder ein Richter, vorhanden, müssen dieselben nebst einem gelehrten Rathsverwandten, wann dergleichen vorhanden, mit Zuziehung des Stadtschreibers, den Actum verrichten.

Wann der Burgermeister der Rechte nicht erfahren, und kein Richter vorhanden ist, muß der Burgermeister einen Notarium darzu fordern, und mit Zuziehung des Stadtschreibers das Testament aufnehmen.

§. 19.

Auf den Aemtern kan der Justitiarius nebst dem Amtmann, mit Zuziehung eines Notarii, oder, wann keiner in der Nähe, des Predigers, und eines vernünftigen Schultzen, oder Schöppen, die Testamenta der Bauren, und anderer, die auf dem Lande wohnen, aufnehmen.

§. 20.

Bey den Adelichen Gerichten kann der Justitiarius (welchen alle Gerichte, wann die Gerichtsherren die Jura nicht verstehen, zu halten schuldig) oder die Herrschaft selbst mit Zuziehung eines Notarii, und des Priesters, oder Schultzens, den Actum verrichten.

§. 21.

Auf den Universitäten müssen zwey Professores juris, nebst dem Syndico, oder Secretario Universitatis, darzu deputiret werden.

§. 22.

Alle andere Testamenta, welche nicht gerichtlich, sondern privatim verfertiget werden, sollen ipso jure null und nichtig seyn, wann sie schon durch und durch von dem Testatore eigenhändig geschrieben worden: weil diejenigen Praecautiones, welche Wir gegen alle Betrügereyen in dem Tit. III. vorzukehren nöthig gefunden, nicht in den Privat-Testamenten beobachtet werden.

Und wann schon gesagt werden wolte, daß es schwer halte, insonderheit bey schleunig vorkommenden Fällen, und auf dem Lande, dergleichen Gericht zu versamlen; folglich unbillig zu seyn scheinet, iemanden dadurch per indirectum die facultatem testandi zu entziehen: so ist dennoch im Gegentheil zu bedencken: a) Daß in einem Casu repentino noch schwerer sey, 7 tüchtige Zeugen zusammen zu fordern, welche doch nach den gemeinen Rechten, auch bey den Bauern, erfordert worden: b) Daß sich der Testator imputiren müsse, daß er nicht bey Zeiten, oder bey gesunden Tagen, an die Verfertigung seines letzten Willens gedacht, sondern solchen bis auf diese Extremität ausgesetzet habe. c) Daß dem Publico mehr daran gelegen, daß die Testamenta von erfahrnen Gerichts-Personen aufgenommen, und dadurch alle Praesumtion eines Betrugs, Induction, Collusion, &c. vermieden werde, als wann man den unerfahrnen Notariis, passionirten und interessirten Priestern, oder gar andern Umläufern, die Direction einer so wichtigen Sache überlassen wolte, welche durch ihre confuse und öfters unvernünftige Aufsätze die Erben in unendliche Processe verwickeln: Es kann auch d) niemand über eine Unbilligkeit klagen, weil, wann auch der Testator ab intestato


(2-163) Part. II. Lib. VII. Tit. II.

stirbt, die Erbschaft demjenigen anheim fällt, welchem dieselbe nach den Gesetzen der Natur, und Jure familiae, ohnedem zugehöret.

§. 23.

Es wird viertens erfordert, daß der Testator die gehörigen solenntitaeten dabey beobachte, von welchen Tit. seq. gehandelt werden soll.

§. 24.

Es können alle diejenigen aus einem Testamente acquiriren, welche das Dominium acquiriren können, und durch Unsere Gesetze nicht ausgeschlossen werden. Vid. infr. Tit. IV.

§. 25.

Das Objectum eines letzten Willens ist die gantze Verlassenschaft; worunter alle jura & bona defuncti begriffen sind: Daher kan iemand ein Testament verfertigen, wann er auch nicht einen Heller, sondern vielmehr Schulden hinterlässet; weil ausser dem Vermögen noch andere Jura sind, worüber der Testator disponiren kann, als z. E. über die Tutel seiner Kinder, (et)c.

§. 26.

Im übrigen können die Testamenta auf allerhand Materien geschrieben werden; auf Pergament, Papier, Seide, (et)c. wann auch schon das Papier auf einer Seite beschrieben gewesen.

Es muß aber bey 10 Rthlr. Strafe das Testament auf einem Stempel-Bogen geschrieben, oder dergleichen Bogen herumgeschlagen, oder notiret werden, daß dergleichen nicht bey der Hand gewesen; in welchem letzteren Fall bey der Publication bloß der Stempel entrichtet werden muß.

§. 27.

Es können auch von einem Testament verschiedene Original-Exemplarien gemacht werden, welche alle authentique sind: Daher, wenn eines verloren gehet, genug ist, wann das andere Exemplar, welches produciret wird, die behörigen Requisita hat. Wann alle Exemplarien verloren gegangen, muß das gerichtliche Protocoll nachgesehen werden, welches plenam fidem hat.

§. 28.

Es können auch zwey Personen in einer Schrift ihren letzten Willen declariren, welches öfters bey Eheleuten zu geschehen pfleget: Und braucht es in diesem Fall nur einer Solenntiaet, wann beyde  uno contextu und hinter einander, ohne zu einem andern negotio zu schreiten, die Disposition vollenden. Vid. Tit. seq.

§. 29.

Der Testator kan auch in allerhand Sprachen seinen letzten Willen declariren, nur muß er die gewöhnlichen Buchstaben, und keine hieroglyphischen Zeichen gebrauchen: Ziffern kan er zu Ausdrückung der Zahlen adhibiren. Wann er den Gerichten seinen letzten Willen mündlich eröffnet, muß er sich einer Sprache bedienen, welche die Gerichte verstehen.

§. 30.

Wie ein Testament aufgehoben und infirmiret werde, davon soll unten Tit. XVII. gehandelt werden.

X 2


(2-164) Part. II. Lib. VII. Tit. III. Art. I.

Tit. III.

Von den äusserlichen Solennitaeten, welche bey Verfertigung eines gerichtlichen Testaments erfordert werden.

§. 1.

Wir haben in dem vorhergehenden Titul §. 23. gemeldet, daß zu einem gültigen Testament gewisse Solennitaeten erfordert werden.

§. 2.

Diese Solennitaeten sind entweder äusserliche, oder innerliche: (extrinsecae vel intrinsecae) Jene gehören zur äusserlichen Form der Testamente, wie nemlich dieselben verfertiget werden müssen. Diese gehen die Disposition selbst an, nemlich daß die Kinder nicht praeteriret, sondern nothwendig und namentlich instituiret oder exhaerediret werden müssen. Von den erstern soll in diesen Titul, und von den andern in folgendem Titul gehandelt werden.

§. 3.

Weil aber ein gerichtliches Testament auf zweyerley Art verfertiget werden kan: 1) Wann der Testator seinen letzten Willen vor den Gerichten mündlich und viva voce declariret; 2) Wann er sein privatim verfertigtes, und schriftlich aufgesetztes Testament denselben offeriret: so müssen bey einem ieden Actu einige besondere Solennitaeten beobachtet werden, welche in folgenden Articuln beschrieben werden.

Art. I.

Von den äusserlichen Solennitaeten der Testamente, welche bey den Gerichten mündlich aufgenommen werden.

§. 4.

Wann iemand seinen letzten Willen vor den Gerichten mündlich declariren und aufnehmen lassen will, so muß er 1) sich bey den Gerichten ordentlich melden, und anzeigen, daß er seinen letzten Willen zu verfertigen und zu declariren intentioniret sey.

2) Das Gericht muß aus dreyen Personen bestehen, wie solche vorhin beschrieben worden, welche alle zugleich beysammen seyn müssen: Ausser denselben muß niemand im Gericht gegenwärtig seyn.

3) Der Secretarius oder Actuarius muß des Testatoris Namen und Zunamen, dessen Domicilium, nebst dem Dato, da er vor Gericht erschienen, in das Protocoll verzeichnen.

4) Die Gerichts-Personen müssen sich sorgfältig, wann der Testator jung ist, nach seinem Alter erkundigen, auch wann eine Ehefrau, oder Minderjähriger, oder Schwachsinniger testiret, die oben Tit. II. §. 7. & 10. vorgeschriebene Praecautiones beobachten, den Gemüths-Zustand des letztern wohl examiniren, hauptsächlich aber dieselben befragen: Ob sie durch Gewalt oder Furcht, oder sonst auf eine gefährliche Art induciret worden, ihren letzten Willen zu verfertigen?

5) Alle von den Richtern gethane Fragen muß der Secretarius oder Actuarius, nebst den Antworten mit des Testatoris eigenen Worten ad Protocollum nehmen.


(2-165) Part. II. Lib. VII. Tit. III. Art. I.

6) Der Testator muß hierauf seinen letzten Willen, insonderheit aber, wer sein Erbe seyn solle, klar und deutlich declariren.

Wann er sich nicht deutlich genug erkläret, können die Gerichte denselben näher darüber befragen, sie müssen aber iederzeit die eigenen Worte des Testatoris niederschreiben.

7) Wann das Protocoll geschlossen, muß solches dem Testatori von Wort zu Wort vorgelesen, und er bey iedem Punct befraget werden, ob dieses sein letzter Wille sey; welches, daß es geschehen, gleichfalls im Protocoll notiret werden muß.

8) Die drey Gerichts-Personen müssen das Protocoll unterschreiben.

9) Wann der Testator schreiben kan, muß er das Protocoll gleichfalls unterschreiben, oder sonst ein Zeichen darunter machen, welches alsdann die Gerichts-Personen, daß es von ihm darunter gesetzt sey, durch ihre Unterschrift attestiren müssen.

Wann der Testator nicht im Stande ist, das Zeichen darunter zu setzen, ist die Unterschrift des Gerichts hinlänglich.

10) Das Siegel der Gerichts-Personen darunter zu setzen ist nicht nöthig.

11) Der Actus testandi muß durch keinen Actum extraneum, oder einen fremden Handel, unterbrochen werden, sondern uno contextu geschehen. Vid. infr.

Wann einer von den dreyen Gerichts-Personen wegen eines kräncklichen Zufalls, oder einer natürlichen Notwendigkeit, gezwungen wird abzutreten, muß die gantze Handlung suspendiret werden, bis die Person wieder zurück kommt, oder eine andere Gerichts-Person oder Notarius dazu gefordert wird.

Wann denselben Tag keine Gerichts-Person gefunden werden kan, oder die Gerichte, ohne das Testament zu vollenden, aus einander gehen, muß der Testator seinen letzten Willen des andern Tages von neuem declariren, und ein neu Testament machen; welches allein Kraft haben soll, wann er auch den Tag vorher schon anders disponiret hätte.

Wann auch der Testator währendem Actu, und NB. ehe er den Erben benennet, stirbt, ist das Testament nicht gültig, und die etwa schon vermachten Legata dürfen von dem Haerede ab intestato nicht bezahlet werden: Wann aber der Erbe benennet worden, gilt das Testament, in so weit der Testator wircklich disponiret hat.

12) Die Gerichte müssen aus diesem Protocoll das Testament expediren, dem Testatori, wann er es verlanget, Copiam davon, allezeit aber demselben einen Recognitions-Schein darüber ertheilen.

§. 5.

Wann die Erben ab intestato negiren, daß alle Solennitaeten observiret worden, sollen dieselben contra fidem Protocolli nicht gehöret werden, wann auch schon einer von den unterschriebenen Gerichts-Personen solches eidlich aussagen wolte: Es sollen auch die Gerichts-Personen nicht schuldig seyn, das Protocollum vermittelst Eides zu bestätigen.

§. 6.

Die Ordnung der Disposition, wann z. E. anfänglich die Legata vermacht, und in fine der Erbe benennet worden, hindert die Validitaet des Testaments nicht.

§. 7.

Wann das expedirte Instrument verloren gehet, behält das gerichtliche Protocollum plenam fidem; wann auch schon alle Gerichts-Personen bey Strafe der Cassation niemand etwas, weder directe noch per indirectum, offenbaren; welches die erste Gerichts-Person den andern genau einprägen muß.

X 3


(2-166) Part. II. Lib. VII. Tit. III. Art. I. II.

§. 9.

Weil sich zutragen kan, daß iemand wegen Kranckheit, oder anderer Ursachen, nicht in den Gerichten persönlich erscheinen könte oder wolte, so stehet ihm frey, 1) die Gerichte durch ein Memorial, oder, wann periculum in mora ist, durch einen Domestiquen oder andern zu ersuchen, sich in seiner Wohnung einzufinden, und seinen letzten Willen von ihm aufzunehmen.

2) Die erste Gerichts-Person muß die oben beschriebene drey Gerichts-Glieder deputiren, das Testament aufzunehmen.

Daher ist nicht genug, wann der Testator eigenmächtig drey Membra Collegii zu sich fordert, und vor denselben seinen letzten Willen declariret.

3) Die Gerichte müssen den Testatorem recht vor Augen haben, und wann er kranck ist und im Bette liegt, und es dunckel zu werden anfängt, mit dem Licht an das Bette treten, die Vorhänge, wann es nöthig, wegziehen, und solchergestalt die Person desselben erkennen.

4) Hiernächst müssen die Gerichte alle Praecautiones und Solenntiaeten, welche oben §. 4. n. 3. & seq. vorgeschrieben worden, genau beobachten, und insonderheit die Weiber, Kinder, und Domestiquen aus dem Zimmer schaffen.

Art. II.

Von den äusserlichen Solennitaeten bey den Testamenten, welche den Gerichten offeriret werden.

§. 10.

Wann ein Testator seinen letzten Willen nicht gerne bekannt machen will, stehet einem ieden Testatori frey, sein Testament den Gerichten verschlossen zu übergeben: Welchenfalls 1) erfordert wird, daß wenigstens drey Gerichts-Personen gegenwärtig seyn.

2) Müssen die Gerichte die Testatores über die oben §. 4. n. 4. angemerckten Umstände befragen, und ein Protocollum darüber halten.

3) Hauptsächlich muß der Testator befragt werden, ob er auch einen Erben instituiret habe: Wann solches nicht geschehen, muß das Testament nicht angenommen, sondern ihm zurücke gegeben werden.

Ferner und 4) muß er befragt werden, ob er das Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben: Welchenfalls nicht nöthig ist, daß das Testament erbrochen und ihm vorgelesen werde: Wann aber

5) Der Testator das Testament nicht selber geschrieben, sondern nur unterschrieben, ihm auch solches vorhin nicht vorgelesen worden, (als worüber er in specie befragt werden muß) so müssen die Gerichte solches erbrechen, und ihm Punct vor Punct vorlesen.

6) In beyden Fällen müssen sie ein Couvert um das Testament machen, und solches mit dem Gerichts-Siegel versiegeln; anbey

7) Das Praesentatum, auch den Namen des Testatoris, und daß sein Testament darin vorhanden, darauf verzeichnen, und

8) Alle drey ihren Namen darunter setzen; auch

9) Dem Testatori ein Recepisse darüber ertheilen.

§. 11.

Diese Oblatio Testamenti muß von dem Testatore selbst geschehen, allermassen es durch keinen andern, wann er auch schon ein Special-Mandatum, oder ein eigenhändiges


(2-167) Part. II. Lib. VII. Tit. IV.

Schreiben von dem Testatore produciret, angenommen werden, noch dergleichen offerirtes Testament gültig seyn soll.

Wann zwey in einem Testament disponiret haben, müssen beyde in Person zugegen seyn.

§. 12.

Weil es aber oft geschicht, daß derjenige, welcher seinen letzten Willen offeriren will, wegen Kranckheit oder anderer Ursachen verhindert wird, in den Gerichten zu erscheinen; so stehet ihm frey, die Gerichte zu sich zu bitten, und denselben das Testament in seinem Hause zu offeriren: welchenfalls alle die §. 10. & 11. vorgeschriebene Solennitaeten darbey beobachtet werden müssen.

§. 13.

Wann die in den vorhergehenden Articuln erforderten äusserlichen Solennitaeten fehlen, ist das Testament null und nichtig; auch quoad Legata, wann es schon in favorem piae causae vel principis gemacht worden.

Wann die Gerichte diese Solennitaeten nicht adhibiren, und das Testament dadurch annulliret wird, müssen sie den Erben, und allen, die etwas aus dem Testament lucriren sollen, in solidum dafür haften; oder, wann sie nicht solvendo sind, sofort cassiret und sonst bestraft werden.

§. 14.

Schließlich müssen die Gerichte an Gebühren nichts mehr nehmen, als in der Sportul-Ordnung enthalten ist, damit aller Verdacht einer Corruption, und als ob sie mit einem oder dem andern, welcher bey der Erbschaft interessiret ist, colludiret hätten, vermieden bleibe; Wann einer ein mehrers nimt, (wann es ihm auch schon ultro offeriret wird) soll er das Quadruplum dem Fisco erstatten, und cassiret werden.

Tit. IV.

Von den innerlichen Solennitaeten der Testamente; wo von der Institution der Erben, und in specie der Kinder und Eltern, gehandelt wird.

(De Institutione haeredum, & speciatim liberorum & parentum.)

§. 1.

Nachdem Wir von den äusserlichen Solennitaeten der Testamente in dem vorherigen Titul gehandelt haben, so folgen nunmehr die innerlichen Solennitaeten, welche gleichfalls zur Substantz der Testamente erfordert werden.

§. 2.

Zu diesen innerlichen Solennitaeten gehöret 1) die Einsetzung eines Erben, und in specie der Kinder, welche von den Eltern nothwendig und namentlich instituiret, oder 2) enterbet werden müssen. Von der Einsetzung der Erben wird in diesem Titul, und von deren Enterbung in dem folgenden Titul gehandelt.


(2-168) Part. II. Lib. VII. Tit. IV. Art. I.

§. 3.

Die Einsetzung des Erben ist ein so nöthiges Requisitum, daß kein Testament ohne dieselbe bestehen kan.

§. 4.

Es ist aber sothane Einsetzung eine von dem Erblasser beschehene Benennung des künftigen Erben.

§. 5.

Die Einsetzung des Erben (Institutio haeredis) ist entweder prima, wann nemlich ein erster Erbe benannt wird, und von welcher allein in diesem Titul gehandelt wird; oder secunda, wann auf den Fall, da der erste nicht Erbe seyn will oder kan, ein zweyter Erbe eingesetzt wird, welche Substitutio genannt, und wiederum in directam vel fidei commissariam getheilet wird. Vid. infr. Tit. VII.

§. 6.

Die Erb-Einsetzung (Institutio haeredis) ist entweder Voluntaria oder Necessaria: Von der Voluntaria wird in dem Articul I. und von der Necessaria in dem Articul II. gehandelt.

Art. I.

Von der willkührigen Einsetzung eines Erben.

(De Institutione haeredis voluntaria.)

§. 7.

Voluntaria haeredis institutio ist, wann der Testator nach seinem Gefallen, welchen er will, zum Erben einsetzet.

§. 8.

Solchergestalt können alle Menschen regulariter zu Erben eingesetzet werden, welche nicht besonders ausgenommen und ausgeschlossen werden.

§. 9.

Es werden aber von der Testamenti factione passiva ausgenommen, das ist, es können nicht als Erben instituiret werden, 1) diejenigen, welche in die Acht erkläret, oder deren Vermögen ob crimen confisciret worden.

2) Apostatae und Haeretici, wie solche oben pag. 147. §. 7. & pag. 160. n. IV. & V. beschrieben worden.

3) Die Kinder dererjenigen, welche ein Crimen laesae majestatis begangen haben: welchenfalls aber doch den Töchtern ein Dos constituiret werden muß.

Die Nepotes aber von dergleichen Criminellen können zu Erben instituiret werden.

4) Unerlaubte Collegia, welche kein Privilegium erhalten, noch von Uns confirmiret sind.

5) Diejenigen Mönche (et)c. welche nichts eigenes haben können: Daher alles, was diesen vermacht wird, nicht den Klöstern, sondern den haeredibus, ab intestato des Testatoris anheim fällt. Vid. supr. pag. 160.

6) Es können auch uneheliche Kinder nicht über einen Theil des Vermögens, folglich nicht als in einer Uncia, zu Erben eingesetzt werden, wenn entweder eine eheliche Haus-Frau oder eheliche Kinder vorhanden sind: Wann beyde nicht vorhanden, kann ein Vater seinen unehelichen Kindern auch sein gantzes Vermögen überlassen: Vielweniger können

7) Diejenigen Kinder, welche aus einem Ehebruch, oder aus einem in den göttlichen Gesetzen verbotenen Grad, geboren sind, welche auch nicht einmal in einer Uncia


(2-169) Part. II. Lib. VII. Tit. IV. Art. I.

instituiret werden können; nothdürftige Alimenta aber können beyden durch ein Legatum vermacht werden, weil ihnen dieselben ohnedem absque legato gereicht werden müssen. Vid. Part. I. pag. 62. §. 66.

8) Ein Ehe-Gatte, welcher zur zweyten Ehe schreitet, kan diesen zweyten Ehe-Mann in nicht mehr instituiren, als in den Theil, in welchen er ein Kind erster Ehe zum Erben eingesetzet hat. Vid. Part. I. pag. 48. §. 10. n. 4.

9) Weil Wir wahrgenommen, daß einige Testatores den Stiftern, Klöstern, Kirchen, und andern Piis Corporibus öfters ihr gantzes Vermögen, oder einen grossen Theil desselben, zuwenden, und solches dadurch so wol den nächsten Verwandten, als dem gemeinen Handel und Wandel entziehen; worzu die mehrentheils einfältigen Leute von den Geistlichen, insonderheit auf dem Tod-Bette, durch allerhand fürchterliche Persuasiones induciret werden: So haben Wir durch eine Höchst eigenhändige Resolution verordnet, daß kein Testator befugt seyn solle, einem geistlichen Stift, Kloster, Kirchen, oder anderm Pio Corpori, von welcher Religion sie seyn, ein mehrers als 500 Rthlr. (es mag solches titulo institutionis, oder legati, oder durch einen Actum inter vivos geschehen) zu vermachen. Vid. supr. pag. 160. §. 10.

10) Wann auch iemand, welcher mit seinen Verwandten oder andern wegen seines Vermögens im Proceß stehet, Uns zu Erben einsetzen wolte, wollen Wir der Erbschaft, in so weit dieselbe streitig ist, hierdurch renunciiren, und mögen die Erben ab intestato mit dem Gegentheil den Proceß ausführen.

§. 10.

Weil also bloß fähige Personen zu Erben eingsetzt werden können, so ist wohl zu beobachten, daß diese Fähigkeit nicht allein zur Zeit, da das Testament gemacht wird, sondern auch da der Erbe die Erbschaft antreten kann, erfordert werde: Das erste wird erfordert, weil sonst die Institutio nicht subsistiren kan; das andere, weil sonst die Institutio keinen Effect haben könte.

Wann der Erbe zwischen diesen beyden Zeiten unfähig wird, kan solches der Einsetzung nicht schaden.

§. 11.

Es ist in den Römischen Rechten die Regel fest gesetzet, daß niemand pro parte testatus, pro parte intestatus versterben könne, das ist, daß niemand in seinem Testament von einem Theil seines Vermögens disponiren, folglich den andern Theil tacite den Erben ab intestato hinterlassen könne.

Es hat auch diese Regel ihren Grund in der Definition des Testaments, welche eine Disposition über das gantze Vermögen supponiret; daher eine Contradiction zu inferiren scheinet, wann der Testator durch ein Testament nur über einen Theil seines Vermögens disponiren wolte: Und aus dieser Ursache haben die Römischen Rechte das Jus accrescendi eingeführet, vermöge dessen des deficirenden Erben Theil dem andern Miterben zuwächset.

Es ist aber diese Regel in den Römischen Rechten selbst schon vielfältig limitiret, und in den Militair-Testamenten gar nicht observiret worden.

Es sind auch verschiedene Casus daselbst vorhanden, da ex post facto sich zugetragen, daß ein Testator pro parte testatus, pro parte intestatus versterben kan: als 1) wann ein Testament durch die Querelam inofficiosi testamenti rescindiret wird, weil dadurch bloß die Institution aufgehoben wird, die Legata aber und übrigen Dispositiones subsistiren.

2) Wann ein enterbter Sohn gegen zwey instituirte Erben klagt, und nur gegen den einen gewinnet, succediret der Sohn ab intestato, der Miterbe ex testamento.

3) Wann iemand einen seiner Brüder, und eine infame Person, zu Erben instituiret, so können die praeterirten Brüder den Antheil der infamen Person ab intestato fordern, da der instituirte Bruder ex testamento succediret.

4) Wann ein Vater einen Sohn enterbet, und die sechs übrigen Söhne zu Erben einsetzet, der enterbte Sohn aber das Testament rescindiret, so succediret dieser

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(2-170) Part. II. Lib. VII. Tit. IV. Art. 1

ab intestato, (nemlich in dem siebenten Theil, weil er ab intestato nur so viel würde erhalten haben) die übrigen aber ex testamento.

§. 12.

Wir haben daher nöthig gefunden, diese gantze Regel aufzuheben, und als ein beständiges Gesetz festzusetzen, daß, wann der Testator iemanden zum Erben NB. in einem Theil der Erbschaft, z. E. in sextante, dodrante &c. (ein anders ist, wann es in re certa geschicht) einsetzet, das Testament und die Institution, so viel dessen Portion betrift, subsistiren, die übrigen Portiones aber den Erben ab intestato anheim fallen sollen.

§. 13.

Wann also ein Erbe in einem particulir Ding (in re certa) zum Erben eingesetzt wird, so wird der Institutus pro legatario gehalten, welcher mit dem ihm assignirten Dinge zu frieden seyn muß. Und die Institutio haeredis wird aufgehoben, die Erbschaft aber den Erben ab intestato deferiret.

n. 1. Wann der Testator viele Erben, und einen ieden in re certa instituiret werden alle pro legatariis gehalten, die Institutio aber ist null und nichtig, und die Erbschaft wird den Erben ab intestato, salvis legatis, deferiret.

Not. Von diesen Legatis wird das Aes alienum vorher abgezogen:

n. 2. Wann der Testator einen Erben in re certa, den andern aber in portione haereditatis, z. E. in sextante, instituiret, so wird der erste bloß pro legatario, der andere aber pro haerede ex testamento, aber nur pro sextante, gehalten, die übrige Erbschaft aber fällt den haeredibus ab intestato anheim.

n. 3. Wann der Testator einen Erben in re certa, einen in certa portione, und einen simpliciter zum Erben seinsetzet, wird der erste pro legatario, der andere pro haerede partiario, der dritte aber pro haerede ratione der übrigen Portionen gehalten.

§. 14.

Wann viele Erben nicht in re certa, sondern ein ieder in einem Theil und Portion des Vermögens instituiret worden, so ist ein Unterscheid zu machen, a) ob die Portiones das gantze Vermögen ausmachen, oder b) ob sie mehr ausmachen, als die Erbschaft beträgt, oder c) ob sie weniger austragen.

In dem ersten Fall bekommt ein ieder das Seinige, folglich wird die gantze Erbschaft getheilet.

In dem andern Fall wird einem ieden nach Proportion seines Antheils abgezogen, was an der Erbschaft ermangelt.

In dem dritten Fall succediren die Erben ab intestato in dem Ueberschuß.

§. 15.

Wann der Testator einige Erben in certis portionibus, einige aber simpliciter instituiret, so ist ein Unterscheid zu machen, a) ob die Portiones die Erbschaft übersteigen, oder b) ob sie das gantze Vermögen ausmachen, oder c) ob die Portiones weniger austragen, als die Erbschaft beträgt.

In dem ersten Fall wird die Erbschaft nicht in 12 sondern in 24 Theile getheilet, und diejenigen, welche in Portiones instituiret sind, bekommen von diesen 24 Theilen die ihnen assignirten Portiones; Was über diese Portiones übrig bleibt, wird denen gegeben, welche simpliciter zu Erben eingesetzt sind.

In dem andern Fall wird die Erbschaft gleichfalls in 24 Theile getheilet, worvon die Hälfte denen, die in Portiones instituiret sind, die andere Hälfte denenjenigen, welche simpliciter instituiret sind, zugetheilet wird.

In dem dritten Fall bekommen diejenigen, die in Portiones eingesetzt sind, bloß ihre Portion, das übrige wird unter diejenigen, die simpliciter zu Erben eingesetzt sind, getheilet.

§. 16.

Zur Erläuterung dessen, was in den vorigen §§ von den Theilen der Erbschaft disponiret worden, ist nöthig anzumercken:


(2-171) Part. II. Lib. VII. Tit. IV. Art. I.

Daß nach den Rechten eine Erbschaft aus 12 Theilen bestehe, welche zusammen As, die Theile aber Unciae genannt werden: zewy Unciae heissen Sextans; drey Unciae Quadrans; vier Unciae Triens; fünf Unciae Quincunx; sechs Unciae Semis; sieben Unciae Septunx; acht Unciae Bes; neun Unciae Dodrans; zehn Unciae Dextrans; elf Unciae Deunx; zwölf Unciae As; zwey Asses oder vier und zwantzig Unciae, heissen Dupondium; drey, Asses oder 36 Theile Tripondium, &c.

Not. Wann also der Testator einige Erben in mehr als 24 Theile einsetzet, muß die Erbschaft in drey Asses, das ist, in 36 Theile getheilet werden. Z. E. Der Testator setzet einen Erben in 15, den andern in 16 Portiones, einen aber ohne Portion simpliciter zum Erben ein; so wird dafür gehalten, daß der Testator die Erbschaft in 3 Asses, (in Tripondium) das ist, in 36 Theile, habe theilen wollen, wovon also die in Portionibus instituiren Erben 31 Theile, der simpliciter Institutus 5 Theile bekommt.

§. 17.

Wir haben in dem vorhergehenden §. 11. angezeigt, daß das Jus Accrescendi dieserwegen eingeführet worden, weil die Römischen Gesetze die Regel, daß niemand pro parte testatus, pro parte intestatus versterben könne, festgesetzet; und daß daher eben diese Gesetze zur Conservation des Testatoris letzten Willens statuiret haben, daß, wann viele Erben instituiret werden, und einer deficiret, dessen Portion den Miterben accresciren müsse.

Es haben die Römischen Gesetze drey Casus distinguiret, und einen Unterscheid gemacht inter re conjunctos, verbis conjunctos, und re & verbis conjunctos.

Re conjuncti wurden genannt, wann der Testator zweyen die Erbschaft in solidum vermachte, die Personen aber separatim benennete: z. E. Wann der Testator folgender massen disponirte: Cajus soll mein Erbe seyn, Sejus soll gleichfalls mein Erbe seyn.

Verbis conjuncti, wann der Testator zweyen Erben conjunctim die Erbschaft zu gleichen Theilen vermachte: z. E. wann der Testator sagte: Cajus und Sejus sollen meine Erben zu gleichen Theilen seyn.

Re et verbis conjuncti, wann der Testator sagte: Cajus und Sejus sollen meine Erben seyn.

In allen diesen Fällen ist gefraget worden, ob das Jus Accrescendi statt habe: das ist, ob auf den Fall, wann ein Erbe abgehet, und dessen Portion vacant wird, den andern Erben dessen Portion accrescire.

Die Erfahrung zeiget, was für verschiedene Meinungen unter den Rechts-Gelehrten hierüber entstanden, und wie viel Processe aus diesen Subtilitaeten entsprungen sind, insonderheit wann ein Erbe re, der andere verbis, und der dritte re & verbis conjungiret worden (et)c. Daher sind Wir nach reiflich überlegter Sache bewogen worden, das gantze Jus Accrescendi hiedurch aufzuheben, und ein für allemal fest zu setzen, daß, wann einer von den conjunctim eingesetzten Erben abgehet, dessen Portion allezeit den Erben ab intestato (nicht aber den Cohaeredibus) anheim fallen solle: wodurch also die in dem vorhergehenden §. 11. angeführte Regel, daß niemand pro parte testatus, pro parte intestatus versterben könne, ohnedem von selbsten hinweg fällt.

Wir haben um so viel mehr nöthig gefunden, diese Subtilitaeten, welche zu vielen intricaten Processen Anlaß geben können, abzuschaffen, weil eines Theils das Jus Accrescendi eben aus dieser Ursache per Legem Papiam schon ehemals aboliret, und erst von dem Justiniano wieder eingeführet worden; andern Theils der Billigkeit gemäß ist, daß, wann ein instituirter Erbe deficiret, dessen Portion vielmehr denenjenigen, welche von der Natur oder Jure familiae ab intestato zu der Succession gerufen werden, als den Cohaeredibus anheim falle: Und da in Contractibus kein Jus Accrescendi statt hat, so finden Wir keine Ursache, warum dasselbe in ultimis voluntatibus statt finden solle.

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(2-172) Part. II. Lib. VII. Tit. IV. Art. I. II.

§. 18.

Der Testator muß den Erben, welchen er instituiret, namentlich und deutlich benennen und beschreiben, dergestalt, daß man ihn erkennen kan.

Wann also iemand einen Erben benennet, welchen niemand kennet, und der nach aller eingezogenen Nachricht nicht ausfindig gemacht werden kan, fällt das Testament weg, und die Erbschaft wird den Erben ab intestato deferiret.

§. 19.

Wann in der Person des Erben geirret wird, kan die Institutio haeredis nicht subsistiren; Ein anders ist, wann nur in dem Namen oder in der Qualität geirret worden.

§. 20.

Wann der Testator den Erben nicht selber benennet, sondern derselbe auf die von den Gerichten gethane Frage, ob er den Cajum zum Erben einsetze: solches bloß bejahet, so gilt die Einsetzung propter suggestionem nicht. Vid. p. 161. §. 12.

Vielweniger gilt eine Einsetzung des Erbens, welche auf die Benennung eines dritten ausgesetzet wird, z. E. wann der Testator denjenigen zum Erben einsetzet, welchen der Cajus benennen würde.

§. 21.

Es gilt auch keine Institutio captatoria, z. E. wann der Testator den Cajum in dem Fall zum Erben einsetzet, wann er ihn wieder zum Erben einsetzen würde.

§. 22.

Es kann auch ein Erbe sub conditione, die & modo instituiret werden, wovon unten Tit. XIII. gehandelt werden soll.

Art. II.

Von der Institutione haeredis necessaria.

§. 23.

Necessaria haeredis institutio ist, wann die Gesetze erfordern, daß gewisse Personen nothwendig und namentlich zu Erben eingesetzet, oder enterbet werden müssen.

§. 24.

Solchergestalt müssen erstlich die Eltern alle ihre Kinder namentlich zu Erben einsetzen, oder enterben, sie mögen männlichen oder weiblichen Geschlechts seyn.

Unter die Kinder gehören auch a) die unehelichen Kinder, welche nachher durch die erfolgte Heyrath, oder per Rescriptum Principis, (wann der Vater es verlanget, und die ehelichen Kinder consentiren, vid. Part. I. pag. 19. §. 9. n. V.) legitimiret werden: b) Die emancipirten Kinder, wann sie nicht von einem andern arrogiret worden: c) Die Adopti ab ascendente, nicht aber ab extraneo; vid. Part. I. pag. 22. §. 12. & 13. d) Die arrogirten Kinder; welche aber so wol, als die per Rescriptum adoptirten Kinder, nur der Vater, nicht aber die Mutter, zu instituiren schuldig ist. Vid. dict. Part. I. pag. 21. n. IX.

§. 25.

Es werden e) unter den Kindern nicht allein die schon gebornen Kinder, sondern auch die Posthumi, das ist, die nach dem verfertigten Testament geboren werden, begriffen; welche daher nicht praeteriret werden können. Vid. Part. I. pag. 27. §. 35. Welches aber nur von den Posthumis zu verstehen, die zur Zeit, da der Testator stirbt, die nächsten zur Succession sind; Unter den nächsten aber werden auch die Posthumi begriffen, die jure repraesentationis concurriren.

Diesem zu Folge müssen 1) instituiret werden Posthumi naturales, das ist, diejenigen, welche dem Testatori nach errichtetem Testament, oder nach dessen Tode, geboren werden.


(2-173) Part. II. Lib. VII. Tit. IV. Art. II.

2) Posthumi civiles, welche der Testator nach errichtetem Testament durch die Heyrath legitimiret, arrogiret, oder als Descendenten adoptiret.

Wie es gehalten werden soll, wann ein Posthumus dieserwegen praeteriret wird, weil ihn der Vater oder die Agnati nicht agnosciren, dieserwegen haben Wir in Part. I. p. 95. & seq. hinlängliche Verfügung gemacht.

§. 26.

Es muß auch eine Mutter und Großmutter (nicht aber der Vater) die unehelichen Kinder nothwendig instituiren oder exhaerediren.

§. 27.

Es müssen auch zweytens die Kinder ihre Eltern und Groß-Eltern nothwendig und namentlich zu Erben einsetzen oder enterben, wovon die Ursache oben pag. 146. §. 8. angeführet worden.

Es verstehet sich aber bloß von solchen Eltern und Groß-Eltern, welche schuldig und verbunden sind, ihre Kinder zu instituiren; daher dürfen die unehelichen Väter und Groß-Väter (ein anders ist bey den Müttern) nicht zu Erben eingesetzt werden.

§. 28.

Die Brüder dürfen drittens nicht zu Erben instituiret werden, ausser wann eine Turpis persona eingesetzt worden. Vid. infr. §. 34. & Tit. seq. §. 23. Tit. VI. §. 6.

§. 29.

Aus dem Vorhergehenden ergiebt sich also von selbsten, daß die Eltern ihre Kinder nicht praeteriren können.

Es werden aber die Kinder praeteriret, wann der Testator derselben in dem Testament keine Meldung thut, und sie nicht namentlich instituiret oder exhaerediret.

Es ist also keine Praeterition, wann der Testator sagt: Ich praeterire meinen Sohn; wann er auch schon die Causam beyfügt: Ich praeterire meinen Sohn Cajum, weil er sich in eine Diebes-Bande begeben; Dann in beyden Fällen ist eine wahre Exhaeredatio vorhanden: Daher in dem ersten Fall, weil keine Causa exhaeredandi beygefüget ist, das Testament so fort per querelam inofficiosi testamenti rescindiret wird. In dem letzteren Fall aber muß die Causa exhaeredationis untersucht, und dem Befinden nach das Testament rescindiret werden.

§. 30.

Wann also die Kinder praeteriret werden, so ist dergleichen Testament ipso jure null und nichtig, dergestalt, daß es auch nicht in favorem piae causae gelten kan: Wir wollen es auch niemalen ex plenitudine potestatis confirmiren, vielweniger Uns dergleichen Erbschaft, wann Wir auch instituiret seyn solten, anmassen.

Es sollen auch die in dergleichen Testament vermachten Legata keinen Effect haben.

Es kan auch, wann der praeterirte Sohn vor seinem Vater verstirbt, folglich der Casus praeteritionis zur Zeit des Testatoris Absterben nicht existiret, dieserwegen das Testament, welches von Anfang ungültig ist, nicht convalesciren.

§. 31.

Es leidet aber diese Regel einen Abfall, wann der Praeterirte seinem Erb-Recht renunciiret, und dieses klar und deutlich durch des Praeteriti gerichtliche Declaration, oder eigenhändige und von ihm unterschriebene Schrift erwiesen wird.

§. 32.

Gleichwie aber die Kinder auch ihre Eltern nothwendig instituiren oder exhaerediren müssen: also ergiebt sich von selbsten, daß, wann die Kinder die Eltern praeteriren, es eben so, wie in den vorhergehenden §§. verordnet worden, gehalten werden müsse.

§. 33.

Es ist aber bey dieser Materie annoch zu mercken, daß die Soldaten ihre Kinder und Eltern praeteriren können, und solches unter die Privilegia militum gehöre: weil

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(2-174) Part. II. Lib. VII. Tit. IV. Art. II.

in den Dispositionen der Soldaten derselben blosser Wille für eine Richtschnur gehalten wird.

§. 34.

Die Brüder können schlechterdings praeteriret werden, wann nur der testirende Bruder keine infame Person zum Erben einsetzet; Dann in diesem Fall ist zwar das Testament nicht null, es wird aber den praeterirten Brüdern querela inofficiosi testamenti verstattet, vermöge welcher sie das Testament, so viel die Erb-Einsetzung betrift, (quoad institutionem) rescindiren können: die Legata aber und übrigen Dispositiones behalten alsdann ihre Kraft.

§. 35.

Wann keine Kinder ersten Grads vorhanden sind, müssen die Eltern so wol väterlicher als mütterlicher Seite ihre Kinder zweyten und weitern Grads, das ist, ihre Enckel, gleichfalls namentlich zu Erben einsetzen, oder enterben.

Wann also ein Vater (et)c. seinen Sohn aus einer rechtmässigen Ursache enterbet hat, muß er dessen Sohn instituiren, oder exhaerediren, wann schon der Sohn bey des Vaters Absterben noch am Leben ist.

§. 36.

Wann die Groß-Eltern diese Enckel praeteriren, ist das Testament gleichfalls null und nichtig.

Wann aber ein Groß-Vater den Sohn instituiret hat, und dieser vor dem Testatore stirbt, subsistiret das Testament, wann auch schon des Enckels keine Meldung darin geschicht, folglich derselbe praeteriret worden; weil der verstorbene Sohn, auch nach den natürlichen Rechten, alle seine Jura, folglich auch sein Jus succedendi auf seine Kinder jure familiae transmittiret, welche daher ex jure patris pro institutis gehalten werden.

§. 37.

Wann ein Groß-Vater bey seines Sohnes Leben dessen Kidner, praeterito patre, instituiret, der Sohn aber noch vor dem Groß-Vater stirbt, so ist nicht ohne Grund gefragt worden: ob das Testament, worin der Sohn praeteriret worden, bestehe? Wir wollen die Sache ex aequitate dahin decidiren, daß das Testament gültig sey, weil die instituirten Enckel zu der Zeit, da der Groß-Vater gestorben, wircklich die nächsten Erben gewesen.

§. 38.

Gleichergestalt, und vice versa, sind auch die Enckel schuldig, ihre Groß-Eltern namentlich zu instituiren, oder zu exhaerediren; Wann diese praeteriret werden, ist das Testament null und nichtig, und haben die in dem §. 36. und 37. bey den instituirten Enckeln angemerckte Exceptiones hier nicht statt.

Tit. V.

Von Enterbung der Kinder und Eltern.

(De Exhaeredatione Liberorum & Parentum.)

§. 1.

Es ist in dem vorhergehenden Titul die Regel festgesetzet worden, daß die Eltern ihre Kinder in ihrem Testament nicht praeteriren können, sondern dieselben nothwendig und namentlich zu Erben einsetzen, oder enterben müssen, weil die Kinder von der Natur selbst zur Succession gerufen werden.


(2-175) Part. II. Lib. VII. Tit. V.

§. 2.

Weil es aber unbillig seyn würde, den Eltern eine solche Nothwendigkeit aufzulegen, daß sie ihre Kinder zu Erben einsetzen müssen, wann die Kinder sich übel aufführen, (et)c. so haben die Gesetze, nachdem sie die Testamenta eingeführet, folglich den Eltern die Gewalt gegeben, nach ihrem Tode zu disponiren, sothane Freyheit dahin restringiret, daß sie den Kindern die Legitimam vermachen, und ihnen solche nicht ohne wichtige Ursache durch eine Enterbung entziehen können. Vid. p. 146. §. 8.

§. 3.

Es ist also eine Enterbung, (exhaeredatio) wann die Eltern ihre Kinder, welche sonst nothwendig hätten instituiret werden müssen, in einem gültigen Testament, namentlich und aus einer legalen Ursache, von der Legitima ausschliessen.

§. 4.

Weil nun die Kinder ohne rechtmäßige Ursache nicht ausgeschlossen werden können, so haben Wir die Causas exhaeredationis namentlich determiniren wollen.

§. 5.

Es können also die Eltern ihre Kinder enterben:

I. Wann ein Kind thätliche und gewaltsame Hand an seine Eltern gelegt, oder durch andere legen lassen, oder Rath dazu gegeben; oder wann es gewust, daß den Eltern dergleichen Gewalt zugedacht ist, und dieselben nicht gewarnet hat.

n. 1. Gleiche Bewandtniß hat es, wann das Kind sich zwar nicht thätlich an den Eltern vergriffen, iedoch die Hand oder Stock aufgehoben, und die Eltern damit bedrohet hat.

Worbey iedoch die Gerichte wohl zu examiniren haben, ob die Eltern die Kinder mit Schlägen oder Peitschen ohne Ursache übel tractiret, und die Kinder, um sich von der Gewalt zu erretten, gleichsam eine Nothwehr thun müssen.

n. 2. Item wann sie den Eltern nach dem Leben stehen, denselben Gift beybringen, (et)c. oder solches zu thun Willens gehabt.

n. 3. Es ist auch pro justa causa exhaeredandi zu achten, wann Kinder ihre Eltern mit harten Injurien belegen, dieselben für Schelmen, Spitzbuben, Ehebrecher, Huren, Canaillen, &c. schelten, oder dieselben verfluchen.

n. 4. Item wann sie die Eltern einer Missethat beschuldigen, oder aus freyen Stücken sich zu Zeugen in dergleichen Criminibus angeben, oder sich als Adovcaten darin gegen die Eltern gebrauchen lassen: oder wann sie einen andern, daß er die Eltern eines Criminis beschuldigen, oder einen Zeugen gegen sie darin abgeben, oder das Patrocinium gegen dieselben in sothaner Criminal-Sache führen solle, anmahnen und bereden, oder sonst Rath und That dazu geben.

Es leidet aber diese Regel einen Abfall, 1) wann die Kinder vi officii dergleichen Missethaten untersuchen oder ahnden müssen, wann sie z. E. Richter oder Fiscaele sind; wiewol in beyden Fällen die Kinder um die Subdelegation eines andern Richters oder Fiscalis anhalten können.

2) Wann von einem crimine laesae majestatis tam divinae quam humanae die Frage ist, weil die Obliegenheit gegen GOTT und das Vaterland stärcker ist, als die Ehrfurcht vor die Eltern.

§. 6.

II. Wann Kinder, welche 18 Jahr alt sind, ihre Eltern nicht aus der Gefangenschaft, (im Fall sie in dem Stande sind solches zu thun, und von der Eltern Zustande benachrichtiget sind) entledigen und frey machen.

n. 1. Welches nicht allein von der Gefangenschaft im Kriege, sondern auch wann sie ex causa civili wegen einer Schuld oder ex delicto zur Haft gebracht, und in eine Geld-Strafe condemniret worden, zu verstehen ist.


(2-176) Part. II. Lib. VII. Tit. V.

n. 2. Es hat auch diese Exhaeredationis causa statt, wann die Kinder nicht allein die Schuld nicht bezahlen, sondern wann sie sich auch nicht dafür verbürgen wollen.

n. 3. Im Fall die Eltern in dem Gefängniß sterben, ohne die Kinder zu enterben, und die Kinder nicht bescheinigen, daß sie alles nach ihrem Vermögen gethan, was zu Befreyung der Eltern hat geschehen können, wird die Erbschaft den Kindern, als Unwürdigen und indignis, entzogen, und fällt den nächsten Verwandten anheim; wann nemlich diese sich der Gefangenen angenommen, und ihrerseits alles, um dieselben zu befreyen, angewandt haben; Wann sie es aber nicht gethan, und gleichwol von dem Zustand der Gefangenen Nachricht gehabt, succediret der Fiscus.

Wann ein Fremder sich der Gefangenen angenommen, und diese durch dessen Hülfe, Rath und That, erlediget worden: ohne daß der Fremde dieserwegen eine völlige Erstattung erhalten, muß diesem die Erbschaft eingeliefert werden: Wann aber die Kinder und Verwandten ausser Schuld sind, und daher den Eltern succediren, müssen sie dennoch dem Fremden alle verwandte Kosten, nebst Interesse, erstatten.

§. 7.

III. Gleiche Bewandtniß hat es, wann Kinder, welche 18 Jahr alt sind, für ihre armen, oder krancken, oder blödsinnigen Eltern keine Sorge tragen, und dieselben nach ihrem Vermögen nicht unterhalten noch pflegen, welche Vorsorge auch in ansteckenden Kranckheiten, und so gar bey der Pest, erfordert wird. Wann solches nicht geschicht, wird es eben so, wie in dem vorigen §. verordnet ist, gehalten.

§. 8.

IV. Wann die Kinder sich zu liederlicher Gesellschaft schlagen, um Böses mit derselben auszurichten, oder sonst eine infame Lebens-Art erwehlen, als z. E. wann dieselben sich zu einer Zigeuner- Diebes- und Räuber-Bande gesellen, wann sie auch schon wircklich keinen Diebstahl oder Mord begangen, aber die Bande verlassen haben: Es wäre dann, daß sie von ohngefähr unter deren Hände gerathen.

Gleiche Bewandtniß hat es, wann sie Scharfrichter, Schinder-Knechte, Huren-Wirthe, (et)c. werden; es wäre dann, daß die Eltern consentiret hätten, oder eben von derselben Profession wären.

§. 9.

V. Wann die Kinder sich zu den Comödianten, Seil-Täntzern, (et)c. gesellen: Welche Regel aber gleichfalls ihren Abfall hat, wann die Eltern consentiren, oder von eben derselben Profession sind. Ueberdem aber hat diese Causa nicht statt, wann die Kinder vor der Enterbung die Profession wieder quittiret haben.

§. 10.

VI. Wann eine ungerathene Tochter zu Falle kommt, sie mag unter oder über 25 Jahr alt seyn; es mögen auch die Eltern sich bemühet haben eine Parthey für sie zu finden oder nicht; es wäre dann, daß sich convenable Partheyen gemeldet, und die Eltern dieselben ohne gültige Ursache abgewiesen hätten; vid. Part. I. p. 39. §. 23. & seq. Welche Causa exhaeredandi um desto billiger ist, weil eine Tochter, (oder derjenige, welcher dieselbe zu heyrathen sucht) so wol vor als nach dem 25sten Jahr befugt ist, wann sich eine convenable Parthey findet, und die Eltern ihren Consens nicht ertheilen wollen, bey den Consistoriis anzuhalten, daß der Consens ex officio suppliciret werde.

Solchergestalt können auch die Söhne exhaerediret werden, wann dieselben zum Scandal der Familie und des Publici sich mit Huren, und andern oben beschriebenen liederlichen Weibsstücken, schleppen.

§. 11.

VII. Wann Kinder ohne der Eltern Willen heyrathen: Vid. Part. I. pag. 38. §. 18. & seq.


(2-177) Part. II. Lib. VII. Tit. V.

§. 12.

VIII. Wann ein Sohn sich mit seiner leiblichen oder Stief-Mutter, oder eine Tochter mit ihrem leiblichen oder Stief-Vater fleischlich vermischet, stehet dem Vater oder der Mutter frey, die Kinder zu enterben.

§. 13.

IX. Wann die Kinder ihren Eltern verbieten, oder sie verhindern, ein Testament zu machen: wann sie z. E. verhindern, daß die Gerichte auf der Eltern Verlangen nicht gefordert werden; oder wann sie die Gerichte, welche auf des Testatoris Verlangen gefordert worden, abweisen (et)c. Wann die Eltern solches erfahren, und nachher das Testament zum Stande bringen, bleibt das Factum der Kinder eine rechtmässige Ursache, dieselben zu enterben.

§. 14.

X. Wann die Kinder zum Juden- oder Heydenthum übergehen, oder von den dreyen im Römischen Reiche recipirten Religionen abgehen.

Not. Wann ein Juden-Kind den Christlichen Glauben annimmt, kann dasselbe nicht enterbet werden, sondern die Eltern sind schuldig, demselben die Legitimam, von der Zeit an, da es sich zum Christenthum bekennet, auszumachen und einzuliefern.

§. 15.

Es sind aber auch die Kinder in gewissen Fällen befugt, ihre Eltern zu enterben: nemlich: I. Wann Vater, Mutter, oder andere Eltern ihre Kinder oder Enckel wegen eines schweren Criminis, so den Tod oder Infamiam verdienet, (ausser dem Laster beleidigter Majestät) denunciiret und angeklagt.

II. Wann sie den Kindern durch Gift oder sonst nach dem Leben gestanden.

III. Wann sie mit ihrer Kinder Ehe-Gatten, und z. E. ein Vater mit seiner Schwieger-Tochter, (et)c. Blut-Schande treiben.

IV. Wann die Eltern ihre Kinder verhindern, ein Testament in den Dingen zu machen, wovon ihnen nach den Rechten zu testiren nachgelassen.

V. Wann die Eltern dem Vater, Mutter, Bruder oder Schwester ihres Schwieger-Sohnes oder Schwieger-Tochter nach dem Leben stehen.

VI. Wann die Eltern ihre Kinder in Armuth, Elend, Kranckheit, oder wann sie ihrer Vernunft beraubet sind, versäumen, und sie nicht mit gebührendem Unterhalt versehen noch pflegen.

VII. Wann die Kinder wegen Schulden in Verhaft gerathen, oder vom Feinde gefangen werden, die Eltern aber, da sie des Vermögens sind, und von dem Gefängniß Nachricht haben, sich um deren Loslassung nicht bekümmern.

Es ist hiebey zu mercken, daß es bey dieser Ursache eben so, wie in dem §. praec. 6. versehen, insonderheit ratione des Verlusts der Erbschaft, (et)c. gehalten werden müsse.

VIII. Wann die Eltern apostasiren, oder von den dreyen in dem Römischen Reiche recipirten Religionen abgehen.

§. 16.

Die vorhin angeführten causae exhaeredandi müssen namentlich in dem Testament, sowol von den Eltern als von den Kindern, angeführet werden. Daher ist die Exhaeredatio ungültig, wann der Testator sagt: Ich praeterire, oder ich enterbe meinen Sohn, ohne die Ursache anzuführen: allermassen das Testament sofort, ohne zu untersuchen, ob der Testator eine justam causam gehabt habe, oder nicht, per querelam inofficiosi Testamenti rescindiret werden muß. Vid. supr. pag. 173. §. 29.

§. 17.

Wann aber eine Causa specifice beygefüget ist, und die Kinder leugnen, daß die angeführte Causa in der Wahrheit beruhe, so müssen die instituirten Erben, oder in deren Entstehung die Erben ab intestato, die Causam erweisen.

Z


(2-178) Part. II. Lib. VII. Tit. V. VI.

§. 18.

Wann die Causae nicht erwiesen werden, ist zwar die Institutio haeredis ungültig, und die enterbten Kinder succediren ab intestato; es subsistiren aber die Legata, Fideicommissa, und andere Dispositiones, welche die Kinder treulich exequiren müssen.

§. 19.

Ausser dieser benannten Enterbungs-Ursachen sollen keine andere, sie mögen pares oder similes seyn, attendiret, noch admittiret werden.

§. 20.

Wann die Eltern sich nach der Enterbung mit den Kindern versöhnen, und mit einander in guter Vertraulichkeit leben, wird dadurch die Exhaeredation nicht aufgehoben, wann nicht der Testator gerichtlich, oder durch eine mit seiner eigenen Hand ge- und unterschriebenen Schrift, seinen Willen hierunter declariret hat.

§. 21.

Weil also keine Exhaeredatio gültig ist, als wann eine justa causa vorhanden, so folget von selbst, daß die Posthumi nicht exhaerediret werden können, weil keine causa exhaeredationis gegen dieselben angeführet werden kann; welches auch bey den Kindern, welche infantiae proximi sind, Rechtens ist.

§. 22.

Im übrigen wollen Wir die subtile, und in den Römischen Rechten gegründete, Exhaeredationem, quae bona mente fit, hiedurch gäntzlich aufheben.

§. 23.

Es ist in dem vorhergehenden Titul angeführet worden, daß ein Bruder den andern praeteriren, folglich auch ohne Anführung einiger Ursachen enterben könne; Daher dergleichen enterbte Brüder dieserwegen keine Querelam inofficiosi testamenti anstellen können, als welche nur in dem einigen Fall statt hat, wann eine berüchtigte Person instituiret worden. Vid. Tit. seq. §. 6.

Tit. VI.

Wann die enterbten Kinder und Eltern das Testament rescindiren können.

(De Querela inofficiosi testamenti.)

Wo zugleich von der Legitima gehandelt wird.

§. 1.

Wir haben gezeiget, in welchen Fällen, und aus was für Ursachen, die Eltern ihre Kinder, und die Kinder ihre Eltern, enterben können.

Wann die enterbten Personen behaupten, daß die gegen sie angeführten Ursachen falsch und ungegründet sind, so wird ihnen zu dem Ende Querela inofficiosi testamenti verstattet.

§. 2.

Es ist also die Querela inofficiosi testamenti eine Action, wodurch derjenige, welcher mit Anführung einer in dem vorigen Titul benannten


(2-179) Part. II. Lib. VII. Tit. VI.

Ursache enterbet worden, behauptet, daß die Ursache nicht gegründet sey, folglich bittet, daß das Testament, wordurch er von seinem Successions-Recht ausgeschlossen worden, rescindiret, und er pro haerede ab intestato declariret werde.

Es differiret diese Querela von der Petitione haereditatis, weil diese erst alsdann, wann die Rescissio erkannt ist, instituiret werden kann: Es können aber beyde füglich cumuliret, und in einem Urtheil zugleich erkannt werden, daß das Testament zu rescindiren, und der instituirte Erbe die Erbschaft cum omni causa zu restituiren schuldig sey.

§. 3.

Wann der Enterbte die Erbschaft besitzet, kann er sich der Querel per modum exceptionis gegen den instituirten Erben, welcher die Erbschaft von ihm fordert, bedienen.

§. 4.

Diese Querela inofficiosi testamenti wird denenjenigen gegeben, welche nach Unsern Gesetzen nothwendig und namentlich instituiret oder enterbet werden müssen, und welche behaupten, daß sie ohne Ursache und ohne ihr Verschulden von ihrem Successions-Recht ausgeschlossen sind; von welchen Ursachen in dem vorhergehenden Capitel gehandelt worden.

§. 5.

Es können also diese Querelam anstellen, 1) die Kinder und Enckel, 2) die Eltern und Groß-Eltern väterlicher und mütterlicher Seiten, wann dieselben ohne legale Ursache enterbet worden.

§. 6.

Was 3) die Brüder betrift, so können dieselben von dem Testatore praeteriret, folglich auch ohne Anführung einiger Ursache enterbet werden: Daher hat bey denselben in diesen Fällen keine Querela inofficiosi testamenti &c. statt. Vid. Tit. praec. §. 23.

n. 1. Wann aber eine berüchtigte Person von dem Testatore instituiret worden, so können auch die praeterirten oder enterbten Brüder sothane Querelam anstellen, und das Testament rescindiren.

n. 2. Welche Personen aber für berüchtiget (pro turpibus) gehalten werden, solches soll in dem Dritten Theil dieses Landrechts angewiesen werden.

n. 3. Es leidet aber auch diese Regel einen Abfall, 1) wann die praeterirten Brüder selber berüchtigte Personen sind; oder 2) sich gegen den Testatorem undanckbar aufgeführet, oder mit demselben durch ihre Schuld in Feindschaft gelebt haben: weil die Undanckbarkeit gleichfalls eine Speciem turpitudinis mit sich führet.

n. 4. Im übrigen wird erfordert, daß die Turpitudo des Erben vor der Praeterition oder Enterbung existiret habe: dann wann der Institutus nachhero eine Turpitudinem contrahiret, hat die Querela nicht statt.

n. 5. Die praeterirten oder enterbten Brüder, welche turpitudinem des instituirten Erben vorgeben, müssen solche erweisen.

n. 6. Wann nebst der berüchtigten Person noch eine honette Person instituiret worden, kan das Testament nur pro parte rescindiret werden.

n. 7. Die praeterirten oder enterbten Brüder, wann sie vor dem Testatore sterben, transmittiren diese Querelam nicht auf ihre Kinder. Vid. §. 9.

§. 7.

Wann verschiedene in gleichem Grad stehende Personen enterbet werden, kan eine iede in solidum diese Querel anstellen: Wann also der Testator a) seinen Sohn, b) und seines zweyten Sohnes Kind, enterbet, kan ein ieder durch diese Action bitten, daß das Testament rescindiret, und die Succession ad statum intestati gebracht werde.

Z 2


(2-180) Part. II. Lib. VII. Tit. VI.

§. 8.

Wann das Testament rescindiret worden, kann derjenige, welcher solche obtiniret, nicht allein succediren, sondern alle andere, welche ab intestato Erben sind, können petitione haereditatis ihren Antheil fordern. Vid. supr. §. 2. Folglich muß in dem vorhergehenden Casu der enterbte Sohn, wann er das Testament rescindiret, die Erbschaft mit des Bruders Kind theilen.

§. 9.

Wann derjenige, welcher enterbt worden, verstirbt, ehe das Testament eröffnet ist, oder ehe er die Querelam angestellet, transmittiret er sein Recht auf seine Erben; welches aber bey den Brüdern seinen Abfall hat. Vid. §. 6. in fin.

§. 10.

Es ist bey den Rechts-Gelehrten eine Frage enstanden: ob das Successorium Edictum auch in querela inofficiosi testamenti statt habe? das ist, ob in dem Fall, da ein Enterbter die Querelam nicht anstellen will, oder binnen der gesetzten Zeit nicht anstellet, oder, wann er sie angestellet, damit abgewiesen worden, der zweyte Enterbte, und nachdem der dritte, (et)c. solche Querel noch anstellen könne?

Wir machen nach der gemeinen Meinung den Unterscheid, ob die Enterbten in eodem ordine successionis stehen, oder ob sie aus verschiedenen Ordinibus zur Succession gehören.

In dem ersten Fall hat das Successorium Edictum nicht statt, wol aber in dem letzten Fall.

Wann also z. E. ein Testator 1) seinen Sohn, 2) dessen Kinder, 3) seinen Vater, und 4) seinen Groß-Vater mit allen Solennitaeten enterbet, so ist ohnstreitig, daß der Sohn, als der nächste, die Querelam inofficiosi testamenti binnen 5 Jahren anstellen könne.

Wann aber der Sohn die Querel binnen 5 Jahren nicht anstellet, oder gleich Anfangs derselben renunciiret, oder durch Urtheil und Recht, nachdem er die Querel angestellet, abgewiesen worden; so ist die Frage: ob dessen Kinder, als welche nunmehr die nächsten sind, gleichfalls intra quinquennium ad rescindendum testamentum agiren können? Welches negiret wird, weil beyde in ordine descendentium stehen, folglich das Factum des einen Grads dem andern praejudiciret.

Es wird aber weiter gefragt: ob der Vater, nachdem der Sohn und die Kinder von der Querela excludiret worden, dieselbe suo jure anstellen könne? Welches affirmiret wird, weil der Ordo Descendentium dem Ordini Ascendentium nicht praejudiciren kan.

Wann aber der Vater die Querelam versäumet hat, oder damit abgewiesen worden, ist ferner die Frage: ob der Groß-Vater gleichfalls aus dieser Querela agiren kan? Welches negiret wird, weil die gradus ejusdem ordinis nicht weiter klagen können.

§. 11.

Die Querela inofficiosi testamenti kan gegen alle diejenigen angestellet werden, welche in dem unbilligen Testament zu Erben eingesetzet worden, sie mögen Ascendenten, Descendenten, oder Substituti seyn.

Es kan aber dieselbe nicht eher angestellet werden, bis der instituirte Erbe die Erbschaft wircklich angetreten hat.

Es hat auch diese Querel statt gegen die Erben des Haeredis instituti.

§. 12.

Das Objectum der Querelae inofficiosi testamenti ist das Testamentum inofficiosum, worin der Actor enterbet worden.

Unter solche Testamenta inofficiosa aber werden nicht gerechnet 1) der Soldaten Testamente. 2) Wann die Söhne de peculio castrensi & quasi castrensi disponiren, (ein anders ist, wann ein Vater solches thut, dann gegen dessen Testament hat die Querela statt.) 3) Wann ein Vater seinen unmündigen Kindern


(2-181) Part. II. Lib. VII. Tit. VI.

pupillariter substituiret, welches aber ad quasi pupillarem substitutionem nicht extendiret werden mag. Vid. infr. pag. 187. §. 16.

§. 13.

Der Effect von dieser Querela ist, daß, wann die angeführte Ursache ungegründet gefunden wird, das Testament quoad institutionem haeredis rescindiret werde. Alle übrigen Capita dieser Disposition aber subsistiren.

Wann die angeführte Ursache erwiesen wird, und der Kläger das End-Urtheil abwartet, verlieret er alle die Emolumenta, die ihm etwan in dem Testament vermacht sind, (welche dem Fisco anheim fallen) und muß er zugleich dem instituirten Erben die Kosten erstatten. Es wäre dann, daß der Kläger nicht die Disposition selbst, sondern den Mangel der Solennitäten angefochten hätte.

§. 14.

Durch diese Querelam wird nichts weiter gebeten noch erkannt, als daß das Testament rescindiret, und die Sache ad causam intestati gebracht werden möge: Wann solches geschehen, kan der Kläger erst petitionem haereditatis anstellen. Vid. supr. §. 2. pag. 179.

§. 15.

Es hat diese Querela inofficiosi testamenti I. nicht statt, wann der Enterbte ein anderes Remedium hat, wodurch er zu seinem völligen Recht gelangen kan, als wann er z. E. das Testament als null und nichtig anfechten kan.

II. Wann der Enterbte seinem Recht renunciiret; welches auch tacite geschehen kan, wann er nemlich dasjenige, was ihm in diesem Testament vermacht ist, annimt oder fordert, wann solches auch schon mit Protestation und Vorbehalt seines Rechts geschicht: Item wann der Enterbte den instituirten Erben pro haerede agnosciret. In beyden Fällen aber kan er ad supplementum legitimae agiren.

Ein anders ist, wann er alieno nomine, als Tutor &c. den Erben in Anspruch nimt, und ihn agnosciret: oder wann er durch richterlichen Zwang solches zu thun obligiret wird, oder wann er in die Enterbung bey seines Vaters Lebzeiten, auf dessen Verlangen, consentiret hat.

III. Wann der Enterbte 5 Jahre geschwiegen, und die Querel nicht angestellet hat. Es wäre dann, daß er nicht im Stande gewesen, und es an ihm nicht gelegen, dieselbe anzustellen; welches er erweisen muß.

IV. Wann die Legitima, oder ein Theil davon, den Kindern oder Eltern (nicht aber den Brüdern, vid. §. 20.) Titulo institutionis vermacht worden.

V. Wann ein Soldat das Testament verfertiget: oder ein Vater seinem Sohn pupillariter substituiret. Vid. pag. 187. §. 16.

Es hat VI. diese Querela statt, und das Testament kan rescindiret werden, wann auch schon dem Testament eine Clausula Codicillaris beygefügt worden.

Art. I.

Von dem Pflicht-Theil.

(De Legitima.)

Es ist oben gezeiget worden, daß die Kinder sui & necessarii haeredes seyn, welchen die Natur selbst die Erbschaft ihrer Eltern deferiret.

Ob nun schon die Gesetze den Eltern die Freyheit, von ihrem Vermögen durch einen letzten Willen zu disponiren, verstattet haben; so haben sie doch zugleich die Praecaution gebraucht, daß die Eltern den Kindern doch eine gewisse Portion, und

Z 3


(2-182) Part. II. Lib. VII. Tit. VI. Art. I.

zwar titulo haeredum, hinterlassen müssen, welche Portio das Pflicht-Theil, oder Legitima genannt wird.

Daher mit gutem Grund gesagt wird, daß die Legitima in den natürlichen Rechten gegründet sey, folglich den Kindern nicht entzogen werden könne. Es wäre dann, daß die Gesetze solche aus wichtigen, und zum Besten des Publici gereichenden Ursachen, zulassen: wie solches in den testamentis militum, und wann justa exhaeredationis causa vorhanden ist, zugelassen worden.

§. 17.

Und obschon die Eltern den Kindern nach den Rechten der Natur nicht succediren, folglich dieselben nicht haeredes sui & necessarii sind; so haben die Civil-Gesetze dennoch auch ratione der Eltern vestgesetzet (!), daß die Kinder zwar von ihren Peculiis disponiren, iedoch den Eltern die Legitimam lassen müssen.

§. 18.

Es ist aber die Legitima eine Portion von derjenigen Portion, welche den Kindern und Eltern (wann die Eltern und Kinder ohne Testament ab intestato verstorben wären) gebühret hätte, (portio portionis ab intestato debitae.)

§. 19.

Es muß die Legitima sowol den Kindern von den Eltern, als den Eltern von den Kindern vermacht und hinterlassen werden.

Ein Bruder aber ist seinen Brüdern dergleichen Pflicht-Theil zu vermachen nicht schuldig, ausser in dem Fall, wann er personam turpem instituiret hat. Vid. supr. p. 178.

§. 20.

Es muß aber die Legitima den Kindern und Eltern titulo institutionis hinterlassen, das ist, sie müssen zu Erben darin eingesetzet werden.

Es ist zu diesem Endzwecke genug, wann die Kinder (et)c. in re certa instituiret werden, oder wann der Testator sagt: mein Sohn Cajus (et)c. soll bloß die Legitimam erben.

Es ist also nicht genug, wann der Testator seinen Kindern die Legitimam titulo singulari, z. E. durch ein Legatum vermacht, weil alsdann das Testament propter defectum institutionis ungültig ist.

Daher die Frage, ob die Legitima pars haereditatis oder bonorum sey, und die daraus herfliessenden subtilen Effectus, gantz überflüßig sind; weil die Legitima niemals anders als ein Pars haereditatis angesehen, und durch actiones haereditarias gefordert werden kan. Vid. §. fin.

Bey den Brüdern aber ist genug, wann ihnen so viel, als die Legitima austrägt, etiam titulo singulari vermacht wird. Vid. §. 15.

§. 21.

Die Legitima, oder das Pflicht-Theil, bestehet in dem vierten Theil derjenigen Portion, welche den Kindern und Eltern ab intestato gebühret; wann nemlich vier oder weniger Kinder vorhanden sind. (quarta portionis ab intestato debitae.)

Wann aber die Eltern mehr als vier Kinder hinterlassen, bestehet das Pflicht-Theil in der Hälfte des Vermögens. (in semisse portionis ab intestato debitae.)

Wann also vier oder weniger Kinder sind, und das Vermögen in 400 Rthlr. bestehet, so ist eines ieden Kindes Portion ab intestato 100 Rthlr. und der 4te Theil hiervon, nemlich 25 Rthlr., macht die Legitimam aus.

Wann im Gegentheil fünf und mehr Kinder sind, und das Vermögen in 400 Rthlr. bestehet, so ist eines ieden Kindes Portion ab intestato 80 Rthlr. und die Hälfte davon, nemlich 40 Rthlr. macht alsdann die Legitimam aus.

Unter die Kinder werden auch die Enterbten (Exhaeredati) gerechnet, nicht aber diejenigen, welche lege excludiret werden.


(2-183) Part. II. Lib. VII. Tit. VI. Art. I.

Wann viele Enckel von einem Kinde vorhanden sind, und mit dem Sohn concurriren, werden dieselben nur für Ein Kind gerechnet: Wann aber die Enckel allein sind, werden die Kinder juxta capita gerechnet.

§. 22.

Der Testator kan nichts in fraudem legitimae veranlassen, folglich sein Vermögen nicht nach Gefallen taxiren, sondern wann die Kinder oder Eltern solches verlangen, muß das Vermögen durch artis peritos aestimiret werden.

Findet sich aber, daß die Taxe des Testatoris ihre Richtigkeit hat, oder wol gar höher steigt, so muß derjenige, welcher auf die Taxam provociret, nicht allein die Taxations-Gebühren allein bezahlen, sondern auch den eingesetzten Erben alle Kosten erstatten.

§. 23.

Es kan auch die Legitima mit keinem Onere, v. gr. fideicommissi, oder mit einer Condition &c. beleget werden, allermassen dergleichen Onera pro non adjectis gehalten werden; Es wäre dann, daß die Kinder oder die Eltern solches Onus approbirten, oder dasselbe zum Faveur derselben gereichte.

§. 24.

Die Legitima wird aus dem gantzen Vermögen, wie es zur Zeit, da der Testator gestorben gewesen ist, genommen.

Zu diesem Vermögen wird auch gerechnet alles, was die Kinder oder Eltern von dem Testatore, und aus dessen Verlassenschaft, bey seinem Leben, oder durch dessen letzten Willen, erhalten haben, folglich auch die Legata: Item was der Testator zu Erkaufung eines Canonicats oder Amts angewandt, oder sonst den Kindern geschencket hat.

Die Sumtus Studiorum können nicht in legitimam imputiret werden, weil dieselben zur Erziehung der Kinder gehören, welche Kosten der Vater bey seinem Leben anzuwenden schuldig ist: Es wäre dann, daß der Vater die Collation ausdrücklich befohlen hätte. Die Reise-Kosten aber müssen allezeit in die Quartam imputiret werden.

Die Peculia der Kinder (ausser dem Profectitio) können auch nicht in die Legitimam imputiret werden, weil diese Güter den Kindern eigen sind, und nicht von dem Vater herkommen.

§. 25.

Zu Erhaltung dieser Legitimae haben die Kinder und Erben Petitionem haereditatis, und andere Actiones haereditarias; auch, wann sie die Erbschaft besitzen, Jus Retentionis.

Wann sie in der Possession der Legitimae turbiret werden, haben sie Interdicta quorum bonorum; Remedium; l. ult. C. de ed. div. Hadr. &c.

Wann der Testator eine Portion loco legitimae in dem Testament benannt hat, solche Portion aber die Portionem portionis ab intestato debitae nicht ausmacht, so haben die Kinder und Eltern condictionem ex lege, vermöge deren sie ad supplementum legitimae agiren können. Vid. supr. §. 15.

Welches Supplementum gefordert werden kan, wann schon die Kinder oder die Eltern die vermachte Portion ohne Protestation angenommen, oder die Schulden nach Proportion des vermachten Quanti bezahlt haben, oder der Vater das Supplementum verboten hat: Nicht aber, wann die Kinder und Eltern dem Supplemento ausdrücklich renunciiret haben. Vid. supr. §. 15.

§. 26.

Es kan aber durch diese Action, wordurch das Supplementum gesucht wird, die Auszahlung der vermachten Portion nicht ausgesetzet noch aufgehalten, sondern der instituirte Erbe mediante executione darzu angehalten werden: Wann schon der


(2-184) Part. II. Lib. VII. Tit. VII.

Testator disponiret hätte, daß, wann der Sohn die Taxam anfechten, und durch dieselbe weniger heraus gebracht werden würde, er sich mit demjenigen, was geringer taxiret worden, begnügen müsse, (et)c.

§. 27.

Beyde Actiones kommen auch den Erben der Eltern und Kinder zu statten, und werden auch gegen die Erben des haeredis instituti gegeben.

§. 28.

Diese Actiones, wodurch die Legitima oder deren Supplementum gefordert werden, können nicht als nach 30 Jahren verjähret und praescribiret werden.

Tit. VII.

Von der Einsetzung des zweyten Erben.

(De Substitutione.)

§. 1.

Weil derjenige, welcher einen Erben einsetzet, öfters befürchtet, daß derselbe die Erbschaft nicht annehmen wolle oder könne, und, wann er unmündig ist, vor Erlangung der mannbaren Jahre versterben möchte; so stehet dem Testatori frey, dem eingesetzten Erben den zweyten Erben zu substituiren, welches Substitutio genannt wird.

§. 2.

Es ist also die Substitutio nichts anders, als die Einsetzung eines zweyten Erben.

§. 3.

Diese Substitutio ist entweder directa oder fideicommissaria: Directa Substitutio ist, wann der Testator auf den Fall einen zweyten Erben benennet, wann der instituirte Erbe nicht Erbe seyn will oder kan: Fideicommissaria, wann der Testator den instituirten Erben ersucht, oder demselben befiehlt, die angetretene Erbschaft einem dritten, entweder binnen einer gewissen Zeit, oder nach seinem Tode, zu restituiren.

In der Substitutione Directa wird also supponiret, daß der instituirte Erbe nicht Erbe worden: hingegen wird in der Fideicommissaria Substitutione supponiret, daß der instituirte Erbe die Erbschaft angetreten habe, folglich Erbe sey: Von der ersteren wird in diesem Titul, von der andern in dem folgenden Titul gehandelt.

§. 4.

Die Substitutio Directa ist entweder vulgaris: vid. Art. I. oder pupillaris: vid. Art. II. oder quasi pupillaris: vid. Art. III. oder militaris. vid. Art. IV.

Art. I.

Von der Substitutione vulgari.

§. 5.

Vulgaris substitutio ist, wann der Testator einen Erben einsetzet, und auf den Fall, wann er nicht Erbe seyn will, (si haeres non erit) einen zweyten Erben an dessen Platz benennet.

Unter dieser Condition wird auch tacite begriffen: Wann er nach den Rechten nicht Erbe seyn kan.


(2-185) Part. II. Lib. VII. Tit. VII. Art. I.

§. 6.

Ein ieder Testator kan auf diese Art einen ieden Erben (er mag suus oder extraneus seyn) substituiren; wann nur der Testator im Stande ist ein Testament zu verfertigen, und der Substitutus nach den Rechten als Erbe eingesetzt werden kan.

Der Testator kan auch die Erben unter einander substituiren: z. E. Ich setze den Titium und Cajum zu meinen Erben ein, wann der Titius nicht Erbe seyn will, substituire ich demselben den Cajum.

§. 7.

Es kan auch diesem zweyten Erben wiederum ein Dritter substituiret werden, und so weiter: Worbey dieses wohl zu beobachten ist, daß derjenige, welcher dem Substituto substituiret ist, auch dem instituirten Erben substituiret sey: Worvon der Effect dieser ist, a) daß, wann auch der erste Substitutus deficiret, alsdann der andere Substitutus in dessen Platz trete; und dieses ist die bekannte Regel: quod substitutus substituto eine Condition beygefüget hat, der zweyte Substitutus eben dieselbe Condition erfüllen müsse.

§. 8.

Die Condition, si haeres non erit, existiret: 1) Wann der instituirte Erbe, er mag suus oder extraneus haeres seyn, die Erbschaft repudiiret, und solche nicht antreten will, oder nicht antreten kan.

Wann aber der instituirte Erbe einen Vater im Leben hat, in dessen Gewalt er stehet, und dieser sich erkläret die Erbschaft anzutreten, kan der Substitutus nicht succediren. Es wäre dann, daß dieser erweisen könte, daß der Testator nicht gewust, daß der instituirte Erbe einen Vater gehabt habe; welchenfalls der Vater die Erbschaft mit dem Substituto theilen muß.

2) Wann der Institutus vor dem Testatore stirbt, und, wann er haeres necessarius ist, keine Kinder hinterlassen hat; weil die Haeredes necessarii ihr Jus Succedendi auf ihre Kinder, auch nach den natürlichen Rechten, transmittiren: Ein anders ist, wann einem Haeredi extraneo vulgariter substituiret worden.

3) Wann der instituirte Erbe die Erbschaft angetreten, nachhero aber wider die Antretung in integrum restituiret wird.

Hingegen existiret 4) die Conditio Substitutionis nicht, wann der instituirte Erbe nach des Testatoris Ableben verstirbt, ehe und bevor das Testament eröffnet worden; denn da er ein wirckliches Recht ex dispositione testatoris erhalten, so transmittiret er dieses Recht auf seine Erben.

Gleiche Bewandniß hat es, 5) wann das Testament zwar eröffnet worden, der instituirte Erbe aber intra tempus deliberandi verstirbt: In diesem Fall transmittiret der instituirte Erbe sein Jus deliberandi auf seine Erben, und wann diese sich für Erben erklären, höret die Substitutio auf.

Wann diese Erben sich binnen 2 Monaten nicht erklären, werden dieselben pro haeredibus, obschon nur cum beneficio inventarii, gehalten, folglich hat die Substitution ein Ende.

§. 9.

Wann die Condition existiret, trit der Substitutus in des ersten Erben Platz, folglich succediret er in alle dessen Jura, die er aus des Testatoris Disposition würde erhalten haben: Wann er also nur pro parte zum Erben instituiret worden, kan auch der Substitutus ein mehreres nicht fordern, wann schon seine Cohaeredes deficiren, weil Wir das Jus Accrescendi aufgehoben haben. Vid. supr. p. 171.

§. 10.

Es exspiriret die Substitutio vulgaris, 1) wann der instituirte Erbe, oder dessen Erben, ex jure transmissionis die Erbschaft angetreten haben.

A a


(2-186) Part. II. Lib. VII. Tit. VII. Art. I. II.

2) Wann der Substitutus vor dem Instituto gestorben, weil der Substitutus noch kein Recht gehabt, welches er auf seine Erben transmittiren könte: Es wäre dann, daß der Substitutus dem instituirten Erben nur in re certa substituiret wäre, welchenfalls er pro legatario gehalten wird, dessen Recht von dem Tag des Absterbens des Testatoris angehet.

3) Wann der instituirte Erbe, währender Zeit, da ihm das Jus deliberandi offen stehet, verstirbt, ohne sich zu erklären, kan der Substitutus noch nicht succediren, sondern er muß abwarten, ob des Instituti Erben, auf welche das Jus deliberandi transmittiret wird, sich pro haeredibus declariren werden.

4) Wann die Condition, worunter die Substitution geschehen, nicht existiret.

5) Wann das Testament selbst corruiret, als wann der instituirte Erbe, er mag suus oder extraneus seyn, die Erbschaft repudiiret.

§. 11.

Es ist in den Römischen Rechten versehen, daß unter dieser Substitutione vulgari auch tacite die Pupillaris Substitutio begriffen sey: welche Subtilitaet Wir hiedurch gäntzlich aufheben.

Wann also ein Testator seinem instituirten unmündigen Sohn den Cajum in dem Fall substituiret, wann der Unmündige nicht Erbe seyn will oder kan, und der Sohn in den unmündigen Jahren verstirbt; so succediret der Substitutus dem Testatori vi vulgaris substitutionis bloß in des Testatoris Verlassenschaft, hingegen fällt das Vermögen des Sohnes den Haeredibus ab intestato anheim.

Art. II.

Von der Substitutione Pupillari.

§. 12.

Substitutio pupillaris ist, wann Eltern ihre unmündige Kinder namentlich instituiren oder exhaerediren, und ihnen auf den Fall, wann sie in ihren unmündigen Jahren versterben solten, den Cajum substituiren.

Welche Substitutio diesen Effect hat, daß der Substitutus nicht allein in des Testatoris, sondern auch in des Unmündigen Vermögen succediret.

Es können also bloß die Eltern und Groß-Eltern väterlicher und mütterlicher Seiten pupillariter substituiren; Es verstehet sich aber solches nur von Eltern, welche nach den Rechten dafür gehalten werden. Vid. supra p. 150.

§. 13.

Es kan auch nur den Kindern, welche necessarii haeredes sind, pupillariter substituiret werden, und ist nicht nöthig, daß sie in potestate patris sind, weil Wir diese Substitution nicht mehr als einen Effectum patriae potestatis ansehen, sondern nur darauf, ob sie necessarii sind, das ist, ob sie von ihren Eltern nothwendig instituiret oder exhaerediret werden müssen, reflectiren.

Daher dann auch die Mütter und Groß-Mütter pupillariter substituiren können: Und aus eben dieser Ursache kan ein Vater denenjenigen, welche in potestatem avi nach des Vaters Tode zurücke fallen, item den Emancipatis pupillariter substituiren: Es wäre dann, daß die Emancipati von einem Ascendente adoptiret, oder von einem andern arrogiret worden.

Es können auch die Eltern denenjenigen substituiren, welche sie ex justa causa (nicht aber ex injusta causa) exhaerediret haben.

§. 14.

Es müssen aber die Kinder, welchen von den Eltern pupillariter substituiret wird, unmündig seyn; daher die Eltern weder den Mündigen substituiren, noch die Substitutionem pupillarem ultra pubertatem extendiren können: Von welcher Regel aber die Dispositiones der Soldaten ausgenommen werden.


(2-187) Part. II. Lib. VII. Tit. VII. Art. II.

§. 15.

Es haben die Römischen Rechte unter dieser Substitutione pupillari auch tacite die Substitutionem vulgarem begriffen. Wann also der Testator seine unmündigen Kinder zu Erben einsetzt, und, wann sie in ihren unmündigen Jahren sterben werden, den Cajum substituiret; der Unmündige aber nicht impubes stirbt, jedoch als Pubes die Erbschaft repudiiret, folglich nicht Erbe seyn will: so hat nach den Römischen Gesetzen der Substitutus vi tacitae vulgaris sich der Erbschaft annehmen können: Weil aber dergleichen Extensiones vielen Inconvenientzien unterworfen sind; so soll, wann der Unmündige nicht impubes verstirbt, die gantze Substitutio aufgehoben, und wann er die Erbschaft nicht antreten will oder kan, die Successio den Haeredibus ab intestato deferiret werden.

§. 16.

Es ist vorhin schon gesagt worden, daß der Testator durch dergleichen Substitutionem pupillarem nicht allein von seinem eigenen Vermögen, sondern auch von des Unmündigen Verlassenschaft disponire, und der Substitutus in beyde succedire; daher die Eltern von des unmündigen Kindes Vermögen allein nicht disponiren, noch einen Substitutum darin setzen können, wann sie nicht zugleich den Unmündigen instituiren oder exhaerediren. Welches in den Dispositionen der Soldaten einen Abfall hat.

§. 17.

Im übrigen ist hier nur Eine Disposition und Ein Testament, worvon das väterliche Principale, das andere Accessorium ist; daher die Disposition uno actu und uno contextu geschehen muß, und nur Eine Solennitaet darbey adhibiret werden darf.

Es gilt also die Substitutio pupillaris nicht, wann solche in einem besondern Testament, oder zu einer andern Zeit geschicht: Jedoch kan der Testator den Namen des Substituti (wann er etwa vermuthet, daß der Unmündige von dem Substituto etwas zu fürchten hätte,) verschlossen seiner Disposition beylegen, und in dieser in genere declariren, daß er denjenigen, welchen er in dem verschlossenen Zettel benennet, dem Unmündigen auf den Fall, wann er impubes verstirbt, substituiren wolle.

§. 18.

Hingegen sind in der That zwey Erbschaften vorhanden, nemlich des Testatoris, und des unmündigen Kindes: Jene ist Principale, und diese Accessorium: worvon der Effect dieser ist, daß, wann das väterliche Testament zerfällt, (nicht aber, wann nur die Institutio rescindiret wird) auch die Substitutio aufhöre: Ein anders ist, wann des Instituti Disposition zerfällt, weil alsdann dennoch die Substitutio in dem väterlichen Vermögen gültig bleibt.

§. 19.

Es ist nicht nöthig, daß die Eltern in dem Testament von der Institution der unmündigen Kinder den Anfang machen, sondern sie können zuerst denselben substituiren, und nachher, jedoch uno actu & contextu, von ihrer eigenen Erbschaft disponiren, weil hier nicht die Ordo Scripturae, sondern die Ordo Succedendi consideriret wird.

§. 20.

Der Effect dieser Substitutionis pupillaris ist, daß, wann der instituirte Erbe in den unmündigen Jahren verstirbt, der Substitutus succedire.

n. 1. Wann der Vater zwey minderjährige Kinder zu Erben instituiret, und denenselben den Cajum substituiret, kan dieser nicht eher succediren, als wann beyde Kinder in den unmündigen Jahren versterben.

Wann also der eine in den unmündigen Jahren stirbt, der andere aber die mündigen Jahre erreicht, deficiret die Substitutio; weil vermuthlich ist, daß der Testator mehr seinen Kindern, als dem Substituto, habe prospiciren wollen.

A a 2


(2-188) Part. II. Lib. VII. Tit. VII. Art. II.

Und wann auch schon der zweyte, wann er pubes worden, nicht Erbe wird, so kan dennoch der Substitutus nicht vi tacitae vulgaris succediren, weil Wir die tacitas Substitutiones gäntzlich aufgehoben haben.

§. 21.

Es succediret also existente conditione der Substitutus in alle die Jura sowol des Testatoris als des instituirten Erben; und schliesset alle Verwandten des Instituti aus, wann auch schon diejenigen, welchen der Unmündige, wann er testiren könte, die Legitimam lassen müste, von dem Testatore praeteriret, oder sine causa exhaerediret worden.

Wann also ein Vater oder eine Mutter ihrem Sohn einen Fremden substituiren, und die Mutter oder den Vater praeteriren; so wird dadurch die Substitution nicht aufgehoben, weil nicht der Sohn, sondern der Vater oder die Mutter das Testament verfertigen, welche einander Legitimam zu verlassen nicht schuldig sind.

§. 22.

Die Substitutio pupillaris höret auf und exspiriret, 1) wann der instituirte Erbe in den unmündigen Jahren, nemlich die Söhne im 16ten Jahr, und die Töchter in dem 14ten Jahr, sterben.

2) Wann der Testator der Substitution eine gewisse Zeit beyfüget, z. E. ich substituire den Cajum meinem Sohne, wann er vor dem zehnten Jahr sterben solte. Dergleichen Substitutio höret auf, wann der Sohn das 10te Jahr erlebet.

3) Wann das väterliche gantze Testament annulliret oder rumpiret, das ist, völlig aufgehoben wird. Ein anders ist, wann es pro parte subsistiret.

4) Wann der instituirte Erbe oder vielmehr dessen Tutor die Erbschaft repudiiret, und solche nicht antreten will, weil das Testament ohne Erben nicht bestehen kan.

Es leidet aber diese Regel einen Abfall: a) wann ein Soldat pupillariter substituiret. b) Wann der Unmündige, um die Disposition des Testatoris zu eludiren, die Erbschaft nicht antreten, sondern vielmehr ab intestato succediren will.

5) Wann die Substitutio sub conditione geschehen, und diese deficiret, das ist, nicht erfolget.

6) Wann der instituirte Unmünde vor dem Testatore verstirbt.

7) Wann der Substitutus vor dem Unmündigen stirbt. Vid. supr.

8) Wann der Substitutus das väterliche Testament anficht, und succumbiret.

9) Wann der Vater nach verfertigtem Testament untüchtig gemacht wird ein Testament zu verfertigen; als wann er in die Acht erkläret wird. Vid. supr.

10) Wann unter zweyen Unmündigen nur einer in den unmündigen Jahren stirbt. Vid. supr.

11) Wann der Substitutus zu der Zeit, da die Condition existiret, untüchtig ist ex testamento etwas zu lucriren. Vid. supr.

12) Wann der Unmündige von einem andern arrogiret, oder von einem Ascendenten adoptiret wird. Vid. supr.

§. 23.

Hingegen hört die Substitution nicht auf, a) wann der Unmündige Kinder zeuget, (wie einige solches behauptet haben) weil dergleichen Kinder allezeit Illegitimi sind; b) wann der Unmündige in ein Closter gehet, weil er nicht im Stande ist dergleichen Gelübde zu thun; c) wann der Unmündige mit einem Mündigen instituiret, und beyden der Cajus substituiret wird, dann wann der Unmündige binnen den unmündigen Jahren stirbt, hat die Substitutio statt, obschon der andere deficiret.


(2-189) Part. II. Lib. VII. Tit. VII. Art. III.

Art. III.

Von der Substitutione quasi pupillari.

§. 24.

Wann ein Kind, welches seine mündigen Jahre erreichet hat, ausser dem Stande ist von seinem Vermögen zu disponiren, wann nemlich das Kind seines Verstandes beraubt, oder sonst ein Testament zu verfertigen unfähig ist; (vid. supr. pag. 169. §. 10.) So stehet den Eltern und Groß-Eltern, väterlicher und mütterlicher Seiten, frey, diesen untüchtigen Kindern einen Erben zu benennen: Welche Substitutio Quasi pupillaris, oder, weil sie ad exemplum der Pupillaris eingeführt worden, Exemplaris genannt wird.

§. 25.

Es supponiret also diese Substitutio quasi pupillaris den Fall und die Condition, wann das instituirte untüchtige Kind währender Raserey oder eines andern Vitii versterben würde.

Unter dieser Substitutione quasi pupillari wollen Wir keine andere tacitas Substitutiones, folglich weder Vulgarem noch Pupillarem, begreifen, sondern wann das Vitium aufhöret, deficiret die gantze Substitution, und beyde Erbschaften werden den Erben ab intestato deferiret.

§. 26.

Es wird aber zu einer solchen Substitution gleichfalls erfordert, daß die Eltern 1) in einem gültigen Testament substituiren, massen solche weder in einem Codicill noch sonst auf eine andere Art gelten soll: 2) daß sie das untüchtige Kinder nominatim darin instituiren oder exhaerediren: 3) daß sie auch diejenigen namentlich instituiren oder exhaerediren müssen, welche das Kind, wann es die behörige Capacitaet hätte, nothwendig hätte einsetzen oder enterben müssen: Wann 4) dergleichen haeredes necessarii nicht vorhanden, können sie alle diejenigen substituiren, die etwas aus einem Testament zu lucriren fähig sind; daher kan auch eine Mutter den Stiefvater substituiren.

§. 27.

Es kan also niemand quasi pupillariter substituiren, das ist, einem zu testiren unfähigen Kinde in seinem Vermögen einen Erben setzen, als die Eltern und Groß-Eltern, väterlicher und mütterlicher Seiten.

Solchergestalt kan auch eine Mutter und Groß-Mutter (keinesweges aber der Vater und Groß-Vater) ihren unehelichen Kindern quasi pupillariter substituiren.

Ein Fremder aber kan keinem fremden Kinde quasi pupillariter substituiren, als in der Portion, worinn er das Kind instituiret hat.

Wann beyde Eltern ihren untüchtigen Kindern verschiedene Personen substituiren, und z. E. der Vater den Cajum, die Mutter den Sejum zu deren Erben benennet; so succediret der Cajus, wann der Fall existiret, in die väterlichen; Sejus aber in die mütterlichen Güter: hingegen succediren beyde Substituti in des Kindes eigenem Vermögen zu gleichen Theilen.

§. 28.

Die Condition der Substitionis quasi pupillaris existiret, wann die Kinder währender Untüchtigkeit sterben.

§. 29.

Im übrigen ist hier gleichfalls nur Eine Disposition, und Ein Testament, aber zwey Erbschaften vorhanden, vid. supr. §. 18. und der Substitutus succediret existente Conditione in beyden Erbschaften, vid. §. 21. und schliesset alle die Verwandten aus, ausser diejenigen, welchen der Institutus, wann er die Capacitaaet zu testiren gehabt hätte, die Legitimam hätte verlassen müssen. Vid. §. 26. n. 3.

A a 3


(2-190) Part. II. Lib. VII. Tit. VII. Art. III. IV.

§. 30.

Diese Substitutio quasi pupillaris höret auf und exspiriret auf eben die Weise, wie die Substitutio pupillaris, ausser den beyden ersten Fällen; Dahingegen diese quasi pupillaris exspiriret, 1) wann die Untüchtigkeit und das Vitium cessiret, und dasselbe vor des Instituti Ende sich nicht wieder einfindet.

Wann der Institutus in seinen dilucidis intervallis selbst ein Testament verfertiget, cessiret die Substitutio, wann auch schon der Heares nachher wieder in die vorige Untüchtigkeit verfällt.

2) Höret auch die Substitutio auf, wann der Testator eine gewisse Zeit beyfüget, z. E. Ich substituire den Cajum meinem blödsinnigen Sohne, wann er binnen zehn Jahren in furore &c. verstirbt.

Art. IV.

Von der Substitutione Militari.

§. 31.

Unter den Privilegiis, welche den Ober- und Unter-Officiren, auch gemeinen Soldaten bey Verfertigung der Testamente verstattet werden, ist eine von den vornehmsten, daß sie ihren Kindern und Kindeskindern pupillariter & quasi pupillariter substituiren können, wann sie auch kein Testament verfertiget, oder die Kinder in dem Testament praeteriret haben, oder ultra pubertatem, oder einem puberi substituiren.

§. 32.

Wann sie fremde Erben einsetzen, haben sie das Recht, auch diesen pupillariter & quasi pupillariter zu substituiren.

§. 33.

Unter der Substitutione militari werden alle andere Substitiones tacite begriffen: Wann also ein Soldat einen Erben einsetzet, und demselben iemand, unter was für einem Casu und Formul es sey, substituiret; so succediret der Substitus, a) wann der instituirte Erbe die Erbschaft repudiiret, und nicht Erbe seyn will oder kan; b) wann er unmündig ist, und in den unmündigen Jahren verstirbt; c) wann der instituirte Erbe wegen einer Untüchtigkeit nicht selber testiren kan, und währender Untüchtigkeit stirbt.

Tit. VIII.

Von der Fideicommissarischen Substitution.

(De Fideicommissis.)

§. 1.

Wir haben in dem vorhergehenden Titul von der Substitutione haeredis directa gehandelt, nunmehro folget die Substitutio haeredis fideicommissaria.

§. 2.

Es ist auch daselbst gezeiget worden, worin der Unterscheid dieser beyden Substitutionen bestehe: Und daß die Substitutio directa dieserwegen den Namen erhalten, weil der Substitutus, wann der instituirte Erbe nicht Erbe seyn will oder kan,


(2-191) Part. II. Lib. VII. Tit. VIII.

immediate und directe die Erbschaft von dem Testatore erhalte; dahingegen in der Substitutione fideicommissaria der Substitutus die Erbschaft erst von dem instituirten Erben erlangt, welchem der Testator die Restitution anvertrauet hat.

Daher wird diese Erbschaft haereditas fideicommissaria, das ist, eine vertrauliche Erbschaft genannt: Der instituirte Erbe heisst haeres fiduciarius, weil der Testator demselben die Restitution anvertrauet: der Substitutus aber wird haeres fideicommissarius genannt, weil er die Erbschaft erst von demjenigen, dessen Redlichkeit der Testator die Restitution anvertrauet hat, erlanget.

§. 3.

Es supponiret die haereditas fideicommissaria, daß der Erbe dem Substituto die gantze Erbschaft, (omne jus defuncti) oder ein Theil davon, restituiren müsse.

§. 4.

Es ist also kein Fideicommissum universale, wann jemand seinen instituirten Erben bittet, daß er alle seine Güter (omnia bona) einem dritten restituiren soll, sondern es ist solches ein Fideicommissum particulare, oder Legatum omnium bonorum.

§. 5.

Es kan dergleichen Fideicommiss auch per actum inter vivos, durch eine Ehe-Stiftung, Vergleich, und durch ein blosses Versprechen constituiret werden, und hat alsdann quoad objectum & effectum alles dasjenige statt, was in den testamentarischen Fideicommissen in diesem Titul verordnet wird.

§. 6.

Es können auch Fideicommissa singularia in gewissen Dingen constituiret werden, welche zu den Legatis gehören, und wovon in dem folgenden Buch gehandelt werden soll.

§. 7.

Zu dergleichen Universal-Fideicommiss, welches der Testator durch einen letzten Willen errichtet, wird 1) erfordert, daß der Testator testamenti factionem habe; 2) Daß er seinen Willen, und seine Intention ein Fideicommiss zu errichten, deutlich erkläre; 3) Daß der Haeres fiduciarius die Erbschaft antrete; und 4) derjenige, welchem sie restituiret werden soll, solche acceptire, und zu acceptiren fähig sey.

§. 8.

Es wird also Erstlich erfordert, daß derjenige, welcher ein Universal-Fideicommiss durch einen letzten Willen errichten will, solches durch ein gerichtliches Testament thun, folglich fähig seyn müsse, ein Testament zu machen, (wovon Wir oben pag. 157. seq. gehandelt haben.)

Es soll daher künftig kein Universal-Fideicommiss weiter in einem Codicill oder Brief gemacht, noch ein Erbe ab intestato damit beschweret werden.

§. 9.

Es wird Zweytens erfordert, daß der Testator seinen Willen und Intention, ein Fideicommiss zu errichten, deutlich declarire: Daher, wann der Testator mündlich testiret, solches nicht durch Zeichen oder durch Wincken, sondern mit lauter und heller Stimme geschehen muß.

n. 1. Die Intention, ein Fideicommiss zu errichten, kann auch zuweilen per indirectum declariret werden, wann nemlich der Testator dem eingesetzten Erben verbietet, die Erbschaft oder ein Stück davon zu alieniren, und der Institutus Kinder oder einen Substitutum hat; weil alsdann das Verbot in deren Faveur geschehen zu seyn praesumiret wird.

Ausser diesen beyden Fällen aber hat dergleichen Verbot keinen Effect, sondern der Erbe kan dem ohngeachtet nach seinem Gefallen von der Erbschaft oder dem Legato disponiren.


(2-192) Part. II. Lib. VII. Tit. VIII.

n. 2. Wann der Testator nur eine Art von Veräusserung verboten hat, werden alle andere Species alienationis darunter begriffen. Daher wann er verboten das Gut zu verkaufen, so kan die Veräusserung auch nicht per Legatum, Donationem (et)c. geschehen; es kan auch das Fideicommiss-Stück nicht einmal hypotheciret werden.

n. 3. Im übrigen ist dergleichen Prohibitio des Testatoris entweder personalis oder realis, Personalis ist sie, wann das Verbot nur auf den Erben gerichtet wird; wann z. E. der Testator bloß dem Erben verbietet, daß er das Fideicommiss nicht alieniren solle. Realiter geschicht die Prohibitio, wann das Verbot auf das Gut oder Ding selber gerichtet wird; wann z. E. der Testator disponiret, daß die Erbschaft (et)c. nicht veräussert werden solle: In dem ersten Fall höret das Fideicommiss mit dem Leben des instituirten Erben (Fiduciarii) auf, und dessen Erben können das Fideicommiss veräussern, (et)c. In dem letztern Fall aber bestehet das Fideicommiss auch bey den fideicommissarischen Erben, wann nemlich Kinder, oder ein Substitutus vorhanden ist. Vid. n. 1.

n. 4. Es kan auch der Testator die Alienation seinen Erben entweder in perpetuum, oder nur auf eine Zeitlang verbieten: In perpetuum geschicht das Verbot, wann der Testator z. E. der Familie oder den Verwandten das Fideicommiss vermacht; und ist kein Unterscheid zu machen, ob er sagt, daß das Gut bey der Familie bleiben solle, oder ob er disponiret, daß es ausser der Familie nicht alieniret werden solle: Ad tempus geschicht das Verbot, wann er zum Exempel das Fideicommiss auf die zweyte, dritte, (et)c. Generation restringiret, oder wann er dem instituirten Erben verbietet, in 30 Jahren etwas von der Erbschaft zu alieniren.

n. 5. Es höret aber dieses Verbot auf, wann alle Verwandten mit der Veräusserung einig, und solchergestalt das Fideicommiss aufzuheben einig sind, weil in deren Faveur das Fideicommiss gelistet ist.

Es können auch alsdann die Erben das Gut nicht vindiciren, weil sie factum parentum praestiren müssen: welches auch statt hat, wann sie schon der übrigen Erbschaft der Eltern renunciiren.

§. 10.

Es kan auch der Testator den fideicommissarischen Erben alle Conditiones auflegen, welche den Haeredibus directis imponiret werden können, und wovon unten in Tit. XIII. gehandelt werden soll.

§. 11.

Es ist auch öfters eine Tacita Conditio unter den Fideicommiss begriffen: wann nemlich der Testator den instituirten Erben (Fiduciarium) ersuchet, seinem eigenen Sohn die Erbschaft zu restituiren, weil solches nicht anders verstanden werden kan, als wann der Sohn sui juris seyn wird; weil der Vater den Usumfructum in seines Sohnes Peculio adventitio hat.

Dergleichen Tacita Conditio ist auch, wann iemand seine Kinder, Eltern, und Brüder zu Erben einsetzet, und dieselben ersuchet, nach ihrem Tode die Erbschaft einem dritten zu restituiren; dann diese Dispositio verstehet sich allezeit unter der Condition, wann dieselben keine Kinder, (worunter auch die Nepotes gehören) hinterlassen: welche tacita Conditio auch darunter begriffen ist, wann die Restitutio schon einer piae Causae geschehen soll.

§. 12.

Es kan das Fideicommiss entweder a) gewissen Personen, oder b) den Verwandten, oder c) einer Familie, oder d) einem Corpori verlassen werden.

n. 1. Wann nur gewissen Personen das Fideicommiss verlassen wird, dieselben aber dem Fideicommiss renunciiren, so bleibt die gantze Erbschaft bey dem Haerede fiduciario.

n. 2. Wann den Verwandten in genere das Fideicommiss restituiret werden soll, concurriren alle zugleich, sie mögen seyn männlichen oder weiblichen


(2- 193) Part. II. Lib. VII. Tit. VIII.

Geschlechts; Wann aber den Agnatis das Fideicommiss vermacht worden, succediren bloß die Manns-Personen.

Wann das Fideicommiss den nächsten Verwandten verlassen wird, so werden nicht diejenigen Verwandten verstanden, welche zur Zeit des Testaments, sondern die zur Zeit des Absterbens die nächsten gewesen.

n. 3. Wann das Fideicommiss der Familie hinterlassen wird, so werden bloß die Manns-Leute zur Succession gerufen: Es wäre dann, daß der Testator ausdrücklich des weiblichen Geschlechts Meldung thue.

Zu der Familie werden nicht allein die Descendenten, sondern auch die Collaterales gerechnet.

n. 4. Wann den Verwandten oder der Familie dergleichen Fideicommiss hinterlassen, und eine Person mit Namen benannt wird, gehet dieselbe allen, auch nähern Verwandten, vor.

n. 5. Wann der Fiduciarius stirbt, so ist eine Frage entstanden: welcher von den fideicommissarischen Erben für den nächsten Erben gehalten werden soll? ob nemlich derjenige, welcher dem Testatori, oder welcher dem letzten Besitzer der nächste ist? Wir wollen diese Frage dahin decidiren, daß derjenige, welcher dem Testatori der nächste ist, succediren solle; weil alle fideicommissarische Erben aus des Testatoris Disposition ein Recht erlangen; daher diejenigen, welche dem Testatori die nächsten sind, ein älteres Recht haben, folglich denen, welche dem ultimo Defuncto die nächsten sind, billig vorgehen.

n. 6. In dergleichen Fideicommiss, welches den Verwandten oder der Familie hinterlassen wird, hat auch das Jus Repraesentandi statt, wie solches oben bey der Successione ab intestato reguliret worden; daher concurriren die Halb-Brüder und deren Kinder nicht mit den leiblichen Brüdern und deren Kindern (et)c.

n. 7. Dergleichen Fideicommissa, welche den Verwandten oder der Familie hinterlassen werden, subsistiren so lang, als einer aus den Verwandten oder der Familie in dem 10ten Grad (weiter aber nicht) übrig ist: Es wäre dann, daß der Testator einen gewissen Gradum, bey welchem sich das Fideicommiss endigen solle, benannt hätte.

n. 8. Es kan auch einem Corpori oder Universitati, einer Stadt, Kirche, einem Stift, (et)c. ein Fideicommiss constituiret werden, wann es nur nicht rem immobilem, und über 500 Rthlr. betrift, weil jene ohne Unsere Special-Bewilligung ad manus mortuas nicht transferiret werden können, und keinem geistlichen Stift über 500 Rthlr. vermacht werden kan. Vid. supr. p. 169.

§. 13.

Es wird Drittens erfordert, daß der instituirte Erbe (haeres fiduciarius) die Erbschaft antrete, und hiernächst den fideicommissarischen Erben dieselbe restituire.

n. 1. Wann der Haeres fiduciarius ein Kind oder minderjährig ist, muß in dem ersten Fall der Testator seine Auctorität interponiren, in dem letztern Fall aber die Antretung mit Consens des Curatoris geschehen.

n. 2. Wann der Haeres fiduciarius die Erbschaft nicht antreten will, braucht es dieserwegen nicht, ihn durch richterliche Auctorität dazu zu zwingen, sondern die Erbschaft wird ipso jure pro adita gehalten, und der Haeres fideicommissarius kan sofort in des Fiduciarii Stelle treten, und die Erbschaft adiren. Vid. infr. §. 22.

n. 3. Es kan aber dieser Fiduciarius die Erbschft nicht repudiiren, wann er einigen Vortheil daraus gezogen; oder die Renunciatio in fraudem Creditorum oder Fisci geschicht. Vid. §. seq. n. 3.

§. 14.

Endlich und Viertens wird erfordert, daß derjenige, welchem die fideicommissarische Erbschaft restituiret werden soll, dieselbe acceptire.

B b


(2-194) Part. II. Lib. VII. Tit. VIII.

n. 1. Wann er sie nicht acceptiret, und das Fideicommiss nur auf seine Person gerichtet ist, so behält der Haeres fiduciarius die gantze Erbschaft; iedoch subsistiret das Fideicommiss quoad Legata, wann der fideicommissarische Erbe damit graviret worden.

Im Fall aber das Fideicommiss auch auf andere gerichtet ist, als wann der Familie das Fideicommiss verlassen worden; so muß derselben die Renunciatio des Haeredis Fideicommissarii denunciiret, und aller derer, die in der Familie sind, Declaration erwartet werden, ehe der Haeres fiduciarius sich der Succession beständig anmassen könne.

n. 2. Es muß der Haeres fideicommissarius das Fideicommiss acceptiren, wann er dem Fisco schuldig ist, oder andere Schulden hat, welche er zu bezahlen nicht im Stande ist: Vid. §. 13. n. 3. Es können aber auch der Fiscus und die Creditores actione Pauliana die Erbschaft a quocunque possessore vindiciren.

n. 3. Wann einer von den Haeredibus fideicommissariis einmal dem Fideicommiss renunciiret hat, und die Erbschaft nicht antreten wollen, kan er nachher nicht weiter dazu gelangen.

Wann er aber ex justa causa binnen der gesetzten Zeit Restitutionem wider die Repudiation suchet, muß er damit gehöret werden: Wann er nach gesuchter Restitution stirbt, können seine Erben den Proceß fortsetzen, keinesweges aber denselben anfangen.

§. 15.

Das Objectum dergleichen Universal-Fideicommissi ist die gantze Erbschaft, oder ein Theil derselben, so viel nemlich der Haeres fiduciarius als Erbe erhalten hat, und ihm zu restituiren befohlen worden: daher kann der Testator keinen obligiren, daß er mehr restituiren solle, als die Erbschaft beträgt.

n. 1. Unter dieser Restitution sind auch die Accessiones, und die Früchte, wodurch die Erbschaft vor deren Antretung vermehret worden, begriffen.

n. 2. Wann der Fiduciarius nach angetretener Erbschaft einige Früchte aus dieser zu restituirenden Erbschaft geniesset, und in mora restituendi gewesen, müssen auch diese restituiret werden.

n. 3. Wann der Fiduciarius erst nach seinem Tode die Erbschaft restituiren soll, lucriret er alle percipirte Früchte, wann sie auch bey seinem Absterben noch nicht consumiret sind, sondern noch existiren; und wann schon der Testator disponiret hätte, daß der Fiduciarius alles, was aus seinem, des Testatoris, Vermögen ihm zugefallen, oder was aus seinen Gütern übrig ist, den fideicommissarischen Erben restituiren solle.

n. 4. Es werden aber unter dieser Restitution des Fideicommissi universalis nicht begriffen: 1) Die Lehne, welche ex pacto & providentia auf den Fiduciarium verfallen: ein anders ist, wann die Lehne pure Erb-Lehne sind.

2) Was der Testator dem Fiduciario schuldig gewesen, welches daher der Fiduciarius deduciren kan.

3) Was der Fiduciarius zur Conservation und Verbesserung der Erbschaft verwandt hat.

4) Es ist auch das Familien-Begräbniß unter dem Fideicommiss nicht begriffen, sondern solches bleibt bey der Familie.

5) Wann der Testator des Fiduciarii Tochter einen Dotem oder dessen Sohn eine Donationem ad nuptias einmal constituiret hat, kan der fideicommissarische Erbe dieselbe nicht anhalten solche zu restituiren.

6) Die Legata, die der Testator dem Fiduciario vermacht hat, darf der Fiduciarius nicht restituiren, wann der Testator schon disponiret, daß der Fiduciarius alles, was er aus der Erbschaft erhalten, restituiren solle.


(2-195) Part. II. Lib. VII. Tit. VIII.

§. 16.

Hieraus ergiebt sich von selbsten, daß der Fiduciarius, weil er die Erbschaft zu restituiren schuldig ist, nichts aus der Erbschaft alieniren könne: daher sind die folgenden Fideicommissarii nicht schuldig, wann ihnen ein Verkauf angetragen wird, solchen zu acceptiren.

n. 1. Wann der Fiduciarius ein Erbschafts-Stück veräussert, ist er der gantzen Succession verlustig, und muß derselbe ohne Proceß aus der Possession, und der nächste Fideicommissarius in die Possession gesetzt werden.

Es kan auch dergleichen fideicommissarischer Erbe weder von der Erbschaft oder dessen Stücken transigiren, noch dieselbe verpfänden: hingegen kan er eine Servitut und Superficiem auf das erbschaftliche Gut constituiren, auch solches auf lange Jahre verpachten: Es hören aber diese Jura mit dem Recht des Locatoris auf.

n. 2. Es leidet die Regul, daß der Fiduciarius nichts aus der Erbschaft veräussern könne, einen Abfall, wann die Alienation nothwendig ist, als 1) wann der Testator Schulden gemacht, und dieserwegen ein Stück Guts distrahiret werden muß.

2) Wann ein oder anders zur Erbschaft gehöriges Stück nicht conserviret werden kan, sondern mit der Zeit vernichtiget werden dürfte: Es muß aber der Fiduciarius alsdann den Werth restituiren, und wann er ein ander Stück gleichen Werths anschaffet, succediret dieses in des vorigen Platz.

3) Wann der Haeres fiduciarius Schulden hat, kan die Immission in die Revenüen des Fideicommissi geschehen, so lange der Fiduciarius die Erbschaft geniesset; Wann aber das Tempus restitutionis vorhanden ist, hört auch die Immission auf.

4) Wann alle Interessenten, das ist, alle diejenigen, welchen künftig die Erbschaft restituiret werden muß, consentiren.

5) Wann der Alienante der letzte von der Familie ist, ob er auch schon Kinder hinterlässet, weil diese factum parentum praestiren müssen.

6) Es können aber des Fiduciarii Kinder aus dergleichen Fideicommiss weder einen Braut-Schatz noch Gegenvermächtniß nehmen, am wenigsten aber Alimenta oder Kosten zum Studiren und zu Reisen daraus praetendiren.

§. 17.

Wann der Testator dem instituirten Erben nicht befohlen, die Erbschaft oder einen Theil davon, sondern bloß dasjenige, was bey seinem Tode annoch von der Erbschaft übrig seyn würde, zu restituiren; so kan der Haeres fiduciarius drey Theile davon alieniren, den vierten Theil aber muß er den fideicommissarischen Erben hinterlassen.

§. 18.

Damit aber wegen der Erbschaft, und was dazu gehöret, künftig kein Streit entstehen möge, so stehet einem ieden fideicommissarischen Erben frey, darauf zu dringen, daß der Haeres fiduciarius vor der Antretung der Erbschaft ein ordentliches Inventarium in seiner Gegenwart verfertigen müsse.

Wann keiner von den Fideicommissariis dergleichen fordert, muß der Fiduciarius von selbsten solches gerichtlich suchen, und höchstens binnen drey Monat ein Inventarium verfertigen, oder gewärtigen, daß die künftigen fideicommissarischen Erben ad juramentum in litem gelassen werden sollen: und soll in diesem Fall keine Jurata Specificatio statt haben.

§. 19.

Es können auch ferner die fideicommissarischen Erben per implorationem officii judicis bitten, daß der Fiduciarius angehalten werde zu caviren, daß er zu seiner Zeit alles getreulich restituiren wolle; es wäre dann, daß der Testator solche Caution remittiret hätte: In beyden Fällen aber haben alle fideicommissarische Erben eine Tacitam Hypothecam in den übrigen Gütern des Haeredis fiduciarii.

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(2-196) Part. II. Lib. VII. Tit. VIII.

n. 1. Wann viele Haeredes fideicommissarii successivi sind, und einem die Erbschaft restituiret worden, können die folgenden auch von diesem Cautionem fordern.

n. 2. Wann ein Haeres fideicommissarius nicht mit Pfändern oder Bürgen zulängliche Caution praestiren kan, ist derselbe zur juratorischen Caution nicht zuzulassen, sondern es muß die Erbschaft sequestriret, und die Immobilia verpachtet werden.

§. 20.

Damit aber der Haeres fiduciarius Zeit habe, sich nach der Erbschaft zu erkundigen, und nicht übereilet werden möge, soll ihm das Tempus deliberandi zu statten kommen.

§. 21.

Im übrigen muß der Fiduciarius dolum & latam culpam praestiren, nicht aber wann etwas ex culpa levi verloren gehet; es wäre dann, daß er in mora restituendi gewesen.

§. 22.

Die Römischen Gesetze haben als ein Essential-Requisitum einer fideicommissarischen Erbschaft erfordert, daß der instituirte Erbe, welcher ersucht worden, die Erbschaft zu restituiren, dieselbe auch antreten müsse; weil auf den Fall, da er solche nicht antreten wolte, das gantze Fideicommiss wegfiele.

Damit nun das Testament und die fideicommissarische Erbschaft subsistiren möge, haben dieselben dem Haeredi fiduciario erlaubet, den vierten Theil von der Erbschaft cum onere & commodo zu deduciren, welcher Quarta Trebellianica genannt worden.

Weil aber diese Quarta zu einigen fast inextricablen Schwierigkeiten, theils ratione differentiae cum Falcidia, theils ratione computationis, theils ratione exclusionis quartae Anlaß gegeben (et)c. so wollen Wir hierdurch als eine General-Regul festsetzen, daß keinem Erben künftig erlaubt seyn solle, weiter die Quartam Trebellianicam zu deduciren, sondern der Fiduciarius ist schuldig, die Erbschaft ohne solche Deduction dem Haeredi fideicommissario zu restituiren.

Wann er sich der Erbschaft gar nicht annehmen will, ist nicht nöthig, den Fiduciarium zur Antretung zu zwingen, sondern der Fideicommissarius kan sich sofort der Erbschaft ohne die Restitution zu erwarten, anmassen, auch dieselbe allenfalls judiciali auctoritate in Besitz nehmen, vid. supr. §. 13. Welches auch mit den folgenden Fiduciariis und Fideicommissariis also gehalten werden soll.

§. 23.

Der Effectus dieses Fideicommissi universalis ist, 1) daß der instituirte Erbe (Haeres fiduciarius) alles, was er als Erbe empfangen, dem fideicommissarischen Erben nach dem inventario restituiren müsse. Vid. supr. §. 15.

Wann der Haeres fiduciarius vor dem Testatore verstirbt, subsistiret dennoch das Fideicommiss, und der Haeres fideicommissarius kan die Erbschaft ohne Erwartung einer Restitution antreten.

§. 24.

Wann der Fiduciarius (oder dessen Erben) etwas aus der Erbschaft lucriret, als wann der Testator ihm verstattet ein gewisses Stück aus der Erbschaft, oder ein gewisses Quantum zu deduciren, so muß er pro rata die Onera haereditatis tragen.

Wann er aber nichts davon lucriret, sondern die Erbschaft sofort zu restituiren ersucht worden, werden alle Actiones activae & passivae auf den fideicommissarischen Erben transferiret, und der Haeres fiduciarius darf, weil er kein Commodum aus der Erbschaft ziehet, auch kein Onus übernehmen: Er kan aber auch keine Quartam Trebellianicam deduciren, weil Wir diese, wegen der damit verknüpften vielen Subtilitäten, gäntzlich abgeschaffet haben.


(2-197) Part. II. Lib. VII. Tit. VIII. IX.

§. 25.

Es wird das Fideicommiss, und die daher rührenden Actiones, durch eine Zeit von 30 Jahren praescribiret. Es fängt aber diese Praesciption nicht eher an zu laufen, als von der Zeit, da das Fideicommiss auf den fideicommissarischen Erben devolviret worden.

§. 26.

Die Restitutio geschicht entweder mit Worten, (verbis) oder in der That: (re) Verbis geschicht die Restitutio, wann der Haeres fiduciarius sich mündlich oder schriftlich erkläret, daß er dem fideicommissarischen Erben die Erbschaft restituiren wolle. Re wird die Erbschaft restituiret, wann der Haeres fiduciarius solche dem fideicommissarischen Erben, oder dessen Bevollmächtigten, oder einem dritten, dessen Factum er nachher ratihabiret, wircklich überliefert.

In dem ersten Fall erlanget der fideicommissarische Erbe das blosse Erbschafts-Recht, folglich petitionem haereditatis fideicommissariam, und hat alsdann in dieser Action alles statt, was oben circa petitionem haereditatis verordnet worden. In dem letztern Fall erlanget er auch die Possession, und dadurch alle Interdicta, die einem Possessori verstattet werden.

Er kan auch als Dominus die res haereditarias a quocunque possessore vindiciren.

Tit. IX.

Von den Testamentis Reciprocis der Eheleute.

§. 1.

Es pflegen die Eheleute öfters ein Testamentum Reciprocum zu machen, woraus bishero viele Streitigkeiten entstanden sind.

§. 2.

Es kan dergleichen Testamenten reciprocum entweder schriftlich oder mündlich verfertiget werden.

§. 3.

In einem schriftlichen Testamento reciproco wird erfordert, daß beyde Eheleute solches in einer Schrift verfassen, und entweder conjunctim, (z. E. Wir Endesbenannte Eheleute) oder nach einander, ihren letzten Willen declariren, und solches den Gerichten offeriren: und gilt es gleich viel, ob ein ieder seine Disposition besonders, oder beyde das gantze Testament unterschreiben.

§. 4.

Wann beyde Theile mündlich testiren wollen, so wird zu dem Testamento reciproco erfordert, daß beyde Eheleute nach einander, uno contextu, ihren letzten Willen vor den Gerichten ad Protocollum declariren: Welche Declaration von der Ehefrau selbst, nicht aber per maritum, geschehen muß.

§. 5.

Dergleichen Testamentum reciprocum, es mag schriftlich oder mündlich errrichtet werden, ist nur ein eintziges Testament, und braucht daher keine doppelte Solennität; die Gerichte brauchen nur von einem Ehegatten gefordert zu werden, und beyder Disposition kan vor eben demselben Gerichte aufgenommen werden, die Gerichte aber müssen beyde Dispositiones uno actu continuo vollziehen.

Im übrigen müssen die Gerichte die oben Tit. III. §. 3. n. 4. vorgeschriebene Praecautiones auch in diesem Fall beobachten, und die Ehefrau separatim darüber vernehmen.

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(2-198) Part. II. Lib. VII. Tit. IX. X.

§. 6.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß die Solennitates intrinsecae auch in diesem Testament beobachtet werden müssen.

§. 7.

Es ist unter den Rechtsgelehrten die Frage entstanden: ob ein Ehegatte diesen seinen letzten Willen bey seinem Leben oder nach seinem Tode ändern könne?

Einige affirmiren, andere negiren dieselbe: Einige distinguiren, ob das Testamentum reciprocum correspectivum sey oder nicht, das ist, ob ein Ehegatte den andern dieserwegen zum Erben eingesetzt, oder seinen Verwandten etwas vermacht, oder zu beyder Faveur disponiret habe, weil der andere Ehegatte reciproce auf gleiche Weise in seine oder seiner Familie Faveur disponiret hat: oder ob beyde ohne dergleichen Absicht disponiret haben.

Wir wollen diese Distinction, welche in den Rechten keinen Grund hat, hierdurch gäntzlich aufheben, und als eine beständige Regel festsetzen, daß alle Testamenta reciproca, welche zwey Eheleute vorgeschriebener massen den Gerichten schriftlich offeriren, oder mündlich verfertigen, correspectiva seyn sollen.

Allermassen eine vernünftige Vermuthung ist, daß z. E. eine Ehefrau ihren Maritum oder dessen Verwandte, (et)c. dieserwegen avantagiret habe, weil der Ehemann sie oder ihre Verwandten in seiner Disposition gleichfalls wohl bedacht hat; und daß sie es nicht würde gethan haben, wann der Maritus nicht auch für ihre oder ihrer Verwandten Avantage gesorgt hätte.

Nach diesem Principio setzen Wir ferner feste, daß, wann ein Theil das Testament bey seinem Leben revociret, oder dasselbe sonst entkräftet wird, auch das andere Testament entkräftet werde.

Wann aber ein Theil verstirbt, und der Hinterbliebene die Erbschaft antrit, kan er sein Testament nicht ändern; sondern diejenigen, welche ein Beneficium daraus zu hoffen haben, acquiriren dadurch ein Recht, welches ihnen der Hinterbliebene durch Aenderung seines Testaments nicht entziehen kan.

Es würde der hinterbliebene Ehegatte mala fide handeln, wann er, nachdem er des Verstorbenen Erbschaft angetreten, und für sich oder seine Verwandten daraus profitiret hätte, nachher dasjenige, was er in Faveur seiner Frauen oder deren Verwandten disponiret hat, ändern oder aufheben wolte.

§. 8.

Es leidet aber diese Regel einen Abfall, wann sich die Testatores reserviret haben, daß dem hinterbliebenen Theil frey stehen solle, seine Disposition zu ändern; massen alsdann der Hinterbliebene, wann er sein Testament revociret, alle die Beneficia lucriret, welcher er aus des Verstorbenen letztem Willen erhalten hat.

Tit. X.

Von den Erbschaften, welche per pacta inter vivos deferiret werden.

(De Successione conventionali.)

§. 1.

In den Römischen Rechten sind alle Pacta über die Erbschaft eines Lebendigen in genere verboten: und zwar aus einer unzeitigen Vermuthung, daß der Erbe den Erblasser den Tod wünschen dürfte: welches sie votum captandae mortis genannt haben.


(2-199) Part. II. Lib. VII. Tit. X.

§. 2.

Wir haben hingegen der Billigkeit gemäß gehalten, daß ein ieder bey seinem Leben mit einem andern wegen seiner künftigen Erbschaft contrahiren und pacifiren könne: Und da dergleichen Pacta unter Eheleuten, und bey den Erbverbrüderungen gelten, die Soldaten auch dergleichen Recht haben; so können Wir nicht absehen, warum nicht eine General-Regel daraus gemacht werden soll.

§. 3.

Wir ordnen und wollen daher, daß alle Pacta de haereditate viventis, welche utriusque consensu verabredet werden, gültig seyn sollen.

§. 4.

Dergleichen Pactum hat nicht allein keine völlige Kraft, wann de conservanda haereditate die Frage ist; wann nemlich ein Agnatus oder Cognatus, welcher ein Jus succedendi ab intestato hat, mit dem Erblasser pacisciret, daß er keinen andern Erben instituiren, sondern ihm die Erbschaft ab intestato lassen wolle:

Sondern wann auch de acquirenda haereditate eines Fremden gefragt wird, wann z. E. Cajus sich mit dem Sejo wegen seiner Erbschaft vergleicht, und diesem verspricht, daß er kein Testament machen, sondern Sejus die Erbschaft haben solle: Diese Dispositio gilt also in vim pacti; es braucht auch nicht, daß dieselbe eidlich bestärcket werde.

§. 5.

Es gilt auch dergleichen Disposition, wann beyde Theile über eines Tertii Erbschaft sich vergleichen, wie es nemlich damit nach des Tertii Tode gehalten werden solle, es mag der Tertius certus oder incertus seyn; weil unter diesem Pacto allezeit eine stillschweigende Condition enthalten ist, wann die Erbschaft dem Paciscenti künftig zufallen würde. Es wird auch dem Tertio dadurch nicht praejudiciret, als welcher dieserwegen nicht früher noch später sterben wird.

§. 6.

Um so viel mehr aber sind dergleichen Pacta gültig, wann beyde Theile sich mutuo zu Erben einsetzen.

Es muß aber, um allen Streitigkeiten vorzukommen, dergleichen Dispositio de haereditate viventis schriftlich aufgesetzet, und von beyden Theilen in Gegenwart zweyer Zeugen unterschrieben werden.

§. 7.

Im Gegentheil kan auch ein ieder der Erbschaft, welche er von dem Compaciscenten, oder von einem Tertio zu hoffen hat, renunciiren; und solches durch einen schriftlichen Contract in Gegenwart zweyer Zeugen verabreden: Und braucht es keiner eidlichen Renunciation: wann nur solches nicht in fraudem creditorum, fisci, oder portionis statutariae, geschicht.

§. 8.

Aus dergleichen Pacto entspringet eine Actio personalis nach der Natur des Pacti, nemlich ex emto, transacto, pacto, &c. wordurch der Kläger bittet, daß der Beklagte angehalten werde, sein Versprechen zu erfüllen: Er kan auch utili petitione haereditatis gegen einen ieden Besitzer der Erbschaft agiren.

§. 9.

Dergleichen Pactum kan von keinem ohne des andern Willen, auch nicht durch ein Testament aufgehoben werden: Es wird aber dadurch keinen von beyden Theilen verboten, von ihrem Vermögen inter vivos zu disponiren, weil durch die Erbschaft nichts verstanden wird, als was nach des Paciscenten Tode in seinem Vermögen vorhanden ist.

§. 10.

Diese Successio conventionalis wird aufgehoben: 1) Wann beyde Theile schriftlich durch ein neues Pactum in Gegenwart zweyer Zeugen dem Pacto renunciiren.


(2-200) Part. II. Lib. VII. Tit. XI. Art. I.

2) Wann der Paciscent, welcher seine Erbschaft Pacto auf einen andern transferiret, oder einer a Tertio zu hoffenden Erbschaft renunciiret, zur Zeit des Pacti keine Kinder hat, nachhero aber Kinder zeuget.

3) Wann derjenige, welchem dergleichen Erbschaft Pacto deferiret wird, solche von dem Tag an, da er die Erbschaft fordern kan, binnen 30 Jahren nicht fordert.

Tit. XI.

Von den privilegirten Testamenten.

§. 1.

Es haben die Gesetze einige Fälle ausgenommen, worin die in den ordentlichen Testamenten erforderte Solennitäten nicht nöthig sind.

Unter diese privilegirte Testamenta gehören 1) die Testamenta militaria; vid. Art. I. 2) die Testamenta zwischen Eltern und Kindern; vid. Art. II. 3) die Testamenta, welche zur Zeit der Pest, oder einer andern ansteckenden Kranckheit, verfertiget werden. vid. Art. III.

Art. I.

Von den Testamenten der Officier und Soldaten.

§. 2.

Wann ein Ober- oder Unter-Officier, oder ein gemeiner Soldat, in Garnison liegt, muß er nach den gemeinen Rechten, das ist, gerichtlich sein Testament verfertigen, und hat in diesem Fall derselbe kein besonderes Privilegium.

Wann er aber wircklich in Campagne ist, so haben Wir durch ein besonderes Patent unterm 18. Mäy 1747. verordnet, wie es mit den Testamenten, so in einer Campagne verfertiget worden, gehalten werden soll:

§. 3.

1) Setzen Wir als ein beständiges Gesetz und Regel feste, daß alle diejenigen Testamente und letzten Willen, welche Ober- und Unter-Officier und gemeine Soldaten, und was sonst zur Armée gehörig, in Campagne machen, ohne die sonst gewöhnlichen Solennia dabey gebraucht zu haben, von eben der Gültigkeit seyn sollen, als wann solche wircklich in einer Garnison oder Stadt, wo kein Feind zu besorgen, mit Adhibirung aller erforderlichen Solennitäten gemacht worden wären; dafern sonsten nur die Richtigkeit und Gewißheit eines solchen letzten Willens, daß der Verstorbene so und so auf seinen Todes-Fall verordnet habe, einigermassen constiret, und kein Betrug erweislich ist: Welches als eine Richtschnur sowol für die künftigen Fälle, als auch, nach Unserer Höchst selbsteigenen, durch eine Cabinets-Ordre an Unsern General-Auditeur vom 11. Mäy a. e. allergnädigst declarirten Willens-Meinung, für die bereits ergangenen gelten und beobachtet werden soll.

§. 4.

Und solchemnach ist als ein privilegirtes Soldaten-Testament, Codicill, Schenckung, und iede Verordnung auf den Todes-Fall, wie es Namen haben mag, für beständig, und in den Rechten gültig zu achten, nicht nur wann der Officier und Soldat vor dem Feind stehet, und in wircklicher Krieges-Expedition ist, sondern auch wann bey einem schleunigen und unvermutheten Ausmarsch aus dem Stands-Quartier, ein oder zwey Tage zuvor, oder auf dem Marsch selbst, solche Verordnung des letzten Willens gemacht ist, es sey der Feind nahe oder entfernet; Es sey im Lager, im freyen Felde, Belagerung eines Orts, oder wenn ein Ort belagert oder bloquiret wird.


(2-201) Part. II. Lib. VII. Tit. XI. Art. I.

§. 5.

Imgleichen in den Cantonirungs-Quartieren, und wann iemand währender Campagne auch in einer Garnison lieget, wo ein feindlicher Anfall geschehen kan; oder wann einer zur Bedeckung, oder zum Recognosciren, oder andern Kriegs Expeditionen commandiret, oder auch aus dem Lager wegen Kranckheit, Blessure, oder sonst nöthiger Verrichtung, anderwärts beurlaubet wird:

Item, auf dem Rück-Marsch aus dem Felde in die Cantonirungs- oder Winter-Quartiere, auch selbst in den Winter-Quartieren in des Feindes Lande, oder Grentz-Oertern, worinnen der Officier und Soldat zur Bedeckung des Landes gegen den Feind im Quartier lieget: und in allen solchen Fällen, wo währenden Krieges die Gefahr und Eilfertigkeit Anlaß zur Verordnung eines letzten Willens geben kan, sollen dergleichen Dispositiones ohne Solennitäten, so die Rechte sonst erfordern, gemacht werden können, und gültig seyn.

§. 6.

„Es können auch dergleichen Ober- und Unter-Officiers, auch gemeine Soldaten, „ihre Kinder praeteriren, dieselben ohne Anführung einiger Ursache enterben, sie sub „conditione casuali & mixta instituiren; sie können auch diejenigen Personen zu Erben „einsetzen, welche sonst in den Rechten einzusetzen verboten sind.“

n. 1. „Ferner können sie auch, ohne ihre Kinder zu instituiren, und ohne ein Testament zu machen, denselben substituiren.“

n. 2. „Wann ein Posthumus nach ihrem Tode geboren wird, rumpiret solches ihr Testament nicht, es wäre dann, daß sie nicht gewust, daß die Frau schwanger sey.“

n. 3. „Es ist auch genug, wann der Soldat zur Zeit des Absterbens fähig ist ein Testament zu machen, ob er schon zur Zeit, da er das Testament verfertiget, die Fähigkeit nicht gehabt hat.“

§. 7.

„Unter dergleichen privilegirte Personen werden auch gerechnet, die Auditeurs, „Regiments-Quartier-Meister, das Proviant-Amt und die dazu gehörige Membra und Subalternen, Bedienten der Officier, Feld-Prediger, Feldscherer, Marquetenter, Krieges- und Feld-Commissarii, die Soldaten-Weiber, welche in der Campagne und in dem Lager ihren Aufenthalt haben: keinesweges aber die Juden und liederliche Weibsstücken, noch die Scharf-Richter und deren Knechte.“

§. 8.

„Wann auch ein Soldat wegen eines Criminis, ausser der Desertion, zum Tode verdammet wird, stehet ihm auf gleiche Weise frey, seinen letzten Willen nach diesem Privilegio zu errichten.“

§. 9.

Damit aber auch wegen der Gewißheit und Wahrheit kein unnöthige Zweifel entstehe, sondern aller Betrug und Disput nach Möglichkeit vermieden werde, so kan ein Officier, und wer zur Armée gehörig, in Form eines Testaments, Codicills, oder Schenckung, oder durch einen ordentlichen Brief, oder auch nur durch ein Billet oder Zettel seinen letzten Willen schriftlich hinterlassen, und wann er solchen gantz durch und durch eigenhändig geschrieben, und es so gefasset ist, daß des Verstorbenen Sinn und Meinung klar vollzogen ist, hat es seine völlige Richtigkeit: Woferne aber solcher letzter Wille nicht eigenhändig, sondern nur von dem Testatore unterschrieben ist, so ist es doch genug, wann die Disposition selbst von einer Treu- und Glaubens-würdigen Person geschrieben ist; Ist es aber eine unbekannte Hand, muß ein unverwerflicher Zeuge es mit unterschrieben haben.

§. 10.

Anlangende die mündlichen Verordnungen auf den Todes-Fall, wann solche in der Bataille, oder andern feindlichen Rencontres und Actionen, auch in der Bestürmung eines Orts, von einem Unter-Officier und gemeinen Soldaten an einen

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(2-202) Part. II. Lib. VII. Tit. XI. Art. I.

dabey nicht interessirten Ober-Officier: von einem Ober-Officier aber an einen andern Ober-Officier, so bey der Sache gleichfalls nicht interessiret, declariret werden, sollen dieselben ihre Gültigkeit haben: ausser solchem Fall aber mit zwey glaubhaften Zeugen erwiesen werden; und ist nicht genug, wann er einige Zeit vor seinem Tode in Conversation nur discursive oder im Schertze etwas erwehnet, sondern es muß eine ernstliche Verordnung seyn, wofür es iedoch in dubio zu halten.

§. 11.

Uebrigens ist bey allen den Verordnungen des letzten Willens eines Soldaten über die gebrauchten Worte, und den Inhalt, wie solcher gefasset, nicht zu scrupuliren, sondern genug, wann der Sinn und Meinung klar ist.

§. 12.

Solte auch derjenige, so etwas auf seinen Todes-Fall, wegen einer bevorstehenden Gefahr und Action, und in deren Betracht verordnet, durch solche Begebenheit sein Leben nicht verlieren; so soll dennoch solcher letzter Wille auch nachhero beständig gelten, wann er nicht wiederrufen, oder geändert ist.

§. 13.

Es verlieren aber die Testamenta, und andere letzte Willen, so sonst als privilegiret ohne Solennität gelten sollen, ihre Kraft Rechtens 1) bey denen, so ihre Fahne vor dem Feind oder in währendem Kriege verlassen, es sey Ober- oder Unter-Officier, oder gemeiner Soldat.

2) „Wann dieselben aus einer infamanten Ursache dimittiret werden.“

3) „Wann iemand seinen letzten Willen auf eben die Art, wie er seinen letzten Willen declariret hat, revociret; oder

4) „Das Testament bey gefundem Verstand zerreisset, oder durchstreichet.“

„Wann er 5) zwey Testamente macht, gelten sie alle beyde: wann sie sich aber widersprechen, muß das letztere vorgezogen werden.“

„Es wird aber 6) das Testament nicht aufgehoben, wann der Testator nach geendigtem Krieg oder Campagne in eine Garnison zu liegen kommt, oder ex causa laudabili dimittiret wird.“ Vid. §. praec.

§. 14.

Hiernächst, und da bishero die Observantz der gerichtlichen Aufnahme eines Testaments bey den Regimentern nicht gleich gewesen, so ist Unsere Willens-Meinung, daß in obigen Fällen, da die Testamenta und andere Ultimae Dispositiones als privilegiret gelten solten, es also keiner gerichtlichen Aufnahme bedürfte, und aber dennoch iemand ohne Nothwendigkeit solche dem Chef, oder Commandeur, oder vereidigtem Auditeur schriftlich geben oder declariren wolte, solches genug seyn, und als ein gerichtliches Testament gelten solle.

§. 15.

Ausser solchem Fall aber, wann in andern Stand-Quartieren und Garnisonen bey Friedens-Zeit bey einem Regiment ein Testament gerichtlich niedergelegt werden soll, und kein periculum repentinae mortis vorhanden, soll iedesmal wenigstens ein Officier nebst dem Auditeur dazu commandiret werden, den letzten Willen anzunehmen.

§. 16.

Wann aber bey dem General-Auditoriat ein Testament, Codicill oder Schenckung auf den Todes-Fall übergeben werden soll, ist es nach bisheriger Observantz genug, daß es dem General-Auditeur, oder in dessen Abwesenheit, oder auf dessen Delegation dem General-Auditeur-Lieutenant, oder Ober-Auditeur übergeben, oder nuncupiret wird: Doch stehet frey, hiebey noch einen Ober-Auditeur, oder Auditeur, oder den Secretarium zuzuziehen, weil es die Umstände nicht allezeit leiden, solche dazu zu erfordern.


(2-203) Part. II. Lib. VII. Tit. XI. Art. II.

Art. II.

Von dem Testament, welches die Eltern unter ihren Kindern machen.

(De Testamento parentum inter liberos.)

§. 17.

Unter die privilegirten Testamenta wird auch gerechnet das Testament, welches die Eltern unter ihren Kindern, ohne alle äusserliche Solennitäten, verfertigen.

Dieses Privilegium ist bloß den Eltern verstattet; daher können die Kinder keine dergleichen Disposition unter den Eltern machen.

§. 18.

Zu diesem privilegirten Testament wird I. erfordert, daß es von den Eltern gemacht werde, das ist, von dem Vater oder Mutter, oder von den Groß-Eltern; welches auch gültig ist, wann schon die Eltern zur zweyten Ehe schreiten: Jedoch mit Vorbehalt der auf die zweyte Ehe gesetzten Strafen.

II. Daß die Disposition nur auf die Kinder gerichtet sey, und keiner fremden Person etwas darin vermacht werde. Vid. §. 20.

III. Daß solches nur auf diejenigen Kinder gerichtet werde, welche notwendig zu Erben eingesetzt oder enterbet werden müssen; Wovon oben gehandelt worden. Vid. p. 172.

IV. Daß das Testament ordentlich vollzogen, Jahr und Tag beygesetzet, und mit der Eltern eigenen Hand ge- und unterschrieben werde: Daher die Unterschrift, wann schon Zeugen mit unterschrieben, allein nicht zureichend ist. Wie denn auch keine mündliche Disposition, wann schon Zeugen dabey gewesen, vielweniger ein Codicill, oder eine andere Schrift, als eine Disposition unter Kindern gelten soll.

V. Es wird ferner erfordert, daß die Eltern ihre Kinder namentlich (wenigstens in Legitima) instituiren oder enterben.

Daher wann Kinder praeteriret werden, das gantze Testament null und nichtig ist: und wann sie ohne Ursache enterbt werden, kan das Testament per Querelam inofficiosi rescindiret werden.

§. 19.

Im übrigen werden keine Solennitäten bey diesem Testament erfordert, es darf auch den Gerichten nicht offeriret oder insinuiret werden.

§. 20.

Es gilt dieses Testament eintzig und allein in Ansehung der Kinder. Vid. §. 18.

Daher können auswärtige Personen aus dergleichen Testament nichts lucriren. Unter auswärtige Personen werden auch gerechnet die Ehefrau, der Eltern Brüder und Schwestern, die Schwieger-Eltern und Schwieger-Söhne und (-)Töchter, item die Stief-Eltern und Stief-Kinder.

Es können auch die Eltern die Kinder unter sich, aber denenselben keine Auswärtige substituiren, wann schon die Substitutio zu der Kinder Vortheil gereichet.

Ferner kan den Auswärtigen kein Legatum, Fideicommiss, &c. vermachet werden, wann auch schon Zeugen darbey gewesen, oder der Vater mit eigener Hand das Vermächtniß geschrieben hat, oder einer Piae Causae etwas vermachet worden. Dergleichen Disposition ist in Ansehung der Auswärtigen null und nichtig, und dieselbe subsistiret bloß unter den Kindern, welche die andere Vermächtnisse unter sich gleich theilen.

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(2-204) Part. II. Lib. VII. Tit. XI. Art. II. III.

§. 21.

Wann die Eltern zwey dergleichen Testamenta machen, und nicht erhellet, wann solche verfertiget worden, gelten beyde nicht; Wann eines datiret ist, gilt dasselbe allein; Wann beyde datiret sind, wird das letztere praeferiret.

§. 22.

Wann geleugnet wird, daß die Hand des Vaters Hand sey, muß derjenige, welcher es für des Vaters Hand ausgiebt, solches erweisen.

§. 23.

Wann das Testamentum nicht als ein väterliches (et)c. gelten kan, kan es auch nicht als eine Divisio paterna &c. inter liberos gelten. Allermassen Wir dergleichen Division, welche in den Rechten unbekannt, und verschiedenen Inconvenientzien unterworfen ist, nicht weiter gelten lassen wollen. Und müssen die Eltern sich imputiren, daß sie nicht durch ein ordentliches, oder durch ein privilegirtes Testament, reguliret haben, wie ihr Vermögen unter den Kindern getheilet werden solle.

Art. III.

Von den Testamenten, welche zur Zeit der Pest, oder einer andern contagieusen Kranckheit, gemachet werden.

§. 24.

Dieses Privilegium hat nur in zweyen Fällen statt: 1) wann der Testator selbst mit der Pest befallen ist; oder 2) wann das Haus, worin der Testator testiren will, inficiret ist.

§. 25.

Es hat also dieses Privilegium nicht statt, wann die Pest in loco grassiret: Die Ratio, warum vorhin in diesem Fall das Privilegium statt gefunden, ist diese, weil unter sieben Zeugen leicht einer mit der Pest inficiret seyn kan, welche Ratio aber bey den wenigen Gerichts-Personen, welche ietzo allein die Testamenta verfertigen, cessiret.

§. 26.

Dieses Privilegium bestehet darinnen, daß in den beyden vorangeführten Fällen der Testator keine Solennitäten zu adhibiren nöthig habe, sondern genug sey, wann er seinen letzten Willen mit seiner eignen Hand schreibt und unterschreibt, auch das Jahr und den Tag beyfügt.

§. 27.

Wann er nicht im Stande ist, seinen letzten Willen selber schriftlich aufzusetzen, muß er jure ordinario vor den Gerichten testiren, und zu dem Ende sich an ein Fenster oder unter die Haus-Thüre bringen lassen, und vor den daraus stehenden Gerichten seinen letzten Willen declariren.

Wann der Testator dieses nicht thut, sondern auf andere Art vor Zeugen seinen letzten Willen declariret, gilt das Testament nicht, weil bey so betrübten Umständen der Testator leicht betrogen oder induciret werden kan: und muß sich der Testator imputiren, daß er nicht gleich Anfangs der Pest, oder vorher, seinen letzten Willen eröffnet, sondern die Extremität abgewartet hat.

§. 28.

Es muß aber auch in diesem Testament ein Erbe eingesetzt, die Kinder und Eltern aber namentlich, wenigstens in Legitima, instituiret, oder exhaerediret werden, und ist nicht genug, wann der Erbe den Kindern nachher die Legitimam offeriret.

§. 29.

Derjenige, welcher behauptet, daß dieses Testament zu einer Zeit gemacht worden, da der Testator die Pest gehabt, oder die Pest in dessen Hause gewesen, muß solches erweisen.


(2-205) Part. II. Lib. VII. Tit. XII.

§. 30.

Wann ein Jahr und Tag, nachdem die Sperrung des inficirten Orts aufgehoben worden, verstrichen, verlieret dieses Testament seine Kraft, und muß der Testator, wann er noch lebet, jure ordinario testiren.

§. 31.

Es wird auch dieses Privilegium auf die Fleck-Fieber, Rothe-Ruhr, und andere ansteckende Kranckheiten billig extendiret.

Wann ein Justitium an dem inficirten Ort vorhanden ist, ist auch genug, wann derselbe seinen Willen vorgeschriebener massen schriftlich aufsetzet.

§. 32.

Es sind in den Canonischen Rechten den Testamenten, worinnen Pia Corpora instituiret sind, verschiedene Privilegia ertheilet worden: Weil Wir aber aus bewegenden Ursachen diese Privilegia in Ansehung der Testamente aufgehoben, so müssen sie sich dasjenige gefallen lassen, was andern Unsern Unterthanen Recht ist.

§. 33.

Wir haben auch überdem schon oben declariret, daß kein Pium Corpus in re immobili zum Erben eingesetzt werden, noch per actum inter vivos dergleichen acquiriren könne: Und daß dergleichen Piis Corporibus nicht über 500 Rthlr. per testamentum oder actum inter vivos vermacht werden solle. Vid. pag. 160. §. 10. & pag. 169. §. 9.

§. 34.

Es haben auch die Bauren kein Privilegium, sondern ihre Testamenta müssen gerichtlich verfertiget werden: Worzu der Justitiarius nebst einem Notario und dem Priester oder Schultzen gefordert werden müssen. Vid. supr. pag. 162. §. 19. seq.

§. 35.

Einige Rechts-Gelehrten haben auch denen, welche auf einem Schiff auf der See sterben, das Privilegium ohne Solennitaeten zu testiren eingeräumt: Wir finden aber dieses ohne allen Grund, und müssen diejenigen, welche eine so weite und gefährliche Reise vornehmen, sich selber imputiren, daß sie nicht vorher ihren letzten Willen declariret haben.

Tit. XII.

Von den Codicillen, Clausula codicillari, und Donatione mortis causa.

§. 1.

Unter andern Inventionen, welche die Römischen Gesetzgeber gebraucht, um die Ultimas voluntates desto intricater zu machen, sind auch die Codicilli.

Codicilli werden diejenigen Dispositiones genannt, worin iemand, ohne Einsetzung eines Erben, von einigen und andern Dingen, die nach seinem Tode geschehen sollen, disponiret: Welches nach den Römischen Gesetzen sowol schriftlich als mündlich, unter gewissen Solennitaeten, in specie aber vor fünf Zeugen, geschehen konte.

§. 2.

Es haben die Römischen Rechtsgelehrten ihr Raffinement noch weiter extendiret, und einen Unterscheid gemacht unter den Codicillen, welche testamento confirmiret, oder nicht confirmiret sind: In dem ersten Fall haben sie verordnet, daß, wann der Testator seinem Testament die Clausul beyfügt, daß alles, was er nachhero disponiren würde, gehalten werden solle, als ob es dem Testament von Wort zu

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(2-206) Part. II. Lib. VII. Tit. XII. XIII.

Wort inseriret wäre; alle Dispositiones des Testatoris, worin derselbe nicht von der Erbschaft, sondern andern Dingen nach seinem Tode disponiret, ohne alle Solennität gültig seyn sollen.

§. 3.

Ferner haben sie diesen Fund erdacht, daß, wann der Testator dem Testament die Clausul mit einfliessen lässet, daß, wann das Testament nicht als ein zierliches Testament gelten kan, es als ein Fideicommiss oder anderer ieglicher letzter Wille gelten solle, alsdann das Testament, ob es gleich die behörigen Requisita nicht hat, dennoch als ein Codicill &c. gelten solle.

§. 4.

Endlich haben sie noch eine andere unglückselige Disposition, welche Donatio mortis causa genannt wird, erfunden, wann nemlich iemand in Betrachtung seiner Sterblichkeit einem andern vor fünf Zeugen etwas schencket; Und dergleichen Disposition haben sie, um die Confusion vollkommen zu machen, quoad modum & formam unter die Actus inter vivos, und quoad effectum unter die Ultimas voluntates gerechnet.

§. 5.

Weil Wir nun eines theils in diesem Landrecht alle Römische Subtilitäten abzuschaffen, und alle Sources, welche zu den Processen Anlaß geben können, zu coupiren Willens sind; anderntheils nicht nöthig finden, den letzten Willen der Testatoren, wordurch mehrentheils nur Mißhelligkeiten in den Familien durch die Avantagirung eines vor den andern gestiftet werden, so sehr zu favorisiren; vielmehr Unsere Intention dahin gerichtet ist, daß die Erbschaften denenjenigen, welchen die Natur und das Recht der Familie solche deferiret, so viel möglich, conserviret werden: so ordnen und wollen Wir, daß alle Dispositiones, wodurch iemand, ohne von seiner Erbschaft zu disponiren, (als welches nicht anders als durch ein gerichtliches Testament geschehen kan,) nach seinem Tode etwas veranstalten will, gleichfalls gerichtlich, und mit allen Solennitäten, welche bey den Testamenten erfordert werden, geschehen sollen: Daher kein Codicill, es mag im Testament confirmiret seyn oder nicht, künftig gelten soll, wann es nicht vor den Gerichten verfertiget worden.

§. 6.

Wir haben ferner hiedurch verordnen wollen, daß, wann auch die Clausula Codicillaris dem Testament beygefüget worden, das Testament dadurch nicht salviret werde, wann die zu einem gerichtlichen Testament erforderte Solennitäten fehlen, massen der Testator diese Fehler nicht anders, als durch ein anderes ordentliches Testament heben kan.

§. 7.

Eben diese Bewandtniß hat es auch mit den mortis causa Donationibus, welche gleichfalls gerichtlich geschehen müssen, und, wann sie gerichtlich geschehen, bloß pro actu inter vivos sub lege revocandi gehalten werden sollen. Worüber Wir in Part. III. de Donationibus weiter verordnen werden.

Tit. XIII.

Von den Bedingungen, welche der Einsetzung der Erben beygefügt werden.

(De Conditionibus Institutionum.)

§. 1.

Die Bedingung (Conditio) ist ein Ausspruch, (Oratio) wordurch der Testator etwas auf einen Ausfall aussetzet, welcher ungewiß ist, ob er existiren werde.


(2-207) Part. II. Lib. VII. Tit. XIII.

§. 2.

Dergleichen Conditiones müssen ex mente testatoris judiciret werden; und werden mehrentheils durch die Formulam, wann, im Fall, nachdem, bis, (et)c. exprimiret.

§. 3.

Es ist also keine Condition, 1) welche entweder ex dispositione legis, oder aus der Natur der Sache, schon unter der Disposition begriffen ist: Wann also z. E. das Feudum per feloniam verloren wird, ist ex dispositione legis die tacita conditio darunter begriffen, wann der Dominus sich seines Rechts gebrauchen will: Wann Fructus nascituri legiret worden, verstehet sich solches ex natura rei, wann dergleichen Früchte gewonnen werden. (et)c.

Dergleichen Conditiones tacitae werden für keine Conditiones gehalten, wann sie auch schon mit ausdrücklichen Worten der Disposition beygefüget worden.

§. 4.

Es ist ferner und 2) keine Conditio, wann dieselbe auf einen gewissen, das ist, auf einen gegenwärtigen oder schon vergangenen Ausfall ausgesetzet wird, weil alle Ungewißheit hier cessiret: Dann entweder ist der Casus schon existiret, so wird der Erbe gleich obligiret, die Disposition zu erfüllen; oder er ist nicht existiret, so deficiret sofort die Condition, folglich die gantze Disposition.

§. 5.

Wie dann auch 3) pro conditione nicht gehalten werden kan, wann dieselbe ihrer Natur nach ohnmöglich, oder schändlich (turpis) ist, folglich nach den Rechten nicht erfüllet werden kan.

n. 1. Dergleichen Conditiones, wann sie denenjenigen, welche necessarii haeredes sind, als Eltern und Kindern, beygefügt worden, werden pro non adjectis gehalten: und wann Voluntarii unter dergleichen Condition zu Erben eingesetzt werden, wird die gantze Disposition vernichtiget: weil der Testator in der That declariret, daß er sie so wenig zu Erben verlange, als in ihrer Macht stünde, dergleichen ohnmögliche und schändliche Conditiones zu erfüllen: daher auch nicht einmal die Legata aus der gleichen Testament einige Kraft haben.

n. 2. Damit aber kein Streit entstehe, was durch die Conditionem turpem, die nach den Rechten nicht erfüllt werden kan, verstanden werde: so sind es solche Conditiones, welche ein delictum publicum, privatum, vel extraordinarium inferiren, (von welchem in dem vierten Theil gehandelt werden soll.)

n. 3. Wann also die Conditiones nur gegen die guten Sitten laufen, z. E. wann iemand zum Erben eingesetzt wird, wann er zur Catholischen Religion übergehen würde, vel contra, wird das Legatum dadurch nicht unkräftig gemacht, sondern die Conditio wird detrahiret, und pro non adjecta gehalten: Es wäre dann, daß ein Auswärtiger, Catholischer Religion, zum Erben in Unsern Landen unter der Condition, wann er zur Evangelischen Religion treten wird, eingesetzt würde; In diesem Fall muß der auswärtige Erbe entweder die Condition erfüllen, oder der Erbschaft renunciiren: Welches jure retorsionis geschicht, weil Unsere Evanelischen Unterthanen, wann sie in den Catholischen Ländern sub conditione, wann sie Catholisch werden, instituiret werden, die Condition erfüllen, oder der Erbschaft renunciiren müssen.

n. 4. Gleiche Bewandtniß hat es, wann die der Institution beygefügte Condition extravagant, ridicul und lächerlich ist, z. E. wann der Testator iemand zum Erben einsetzet, unter der Condition, daß er seinen Cörper bey den Säulen des Herculis ins Meer versencken solle (et)c. Dergleichen Conditiones werden gleichfalls detrahiret, und pro non adjectis gehalten.

n. 5. Es lauft aber nicht gegen die guten Sitten, wann der Testator iemand zum Erben einsetzet, wann er die Cajam heyrathen wird, oder wann er von der Hand eines Dritten eine Frau nehmen würde.


(2-208) Part. II. Lib. VII. Tit. XIII.

Dann entweder ist der Erbe parat die Condition zu erfüllen, und eine Frau von des Tertii Hand anzunehmen, die Caja aber will ihn nicht heyrathen, noch der Tertius ihm eine Frau geben; so existiret die Condition, weil es nicht an dem Erben liegt.

Oder aber der Erbe wegert sich die Cajam zu heyrathen, oder eine Frau von des Dritten Hand anzunehmen; so deficiret die Condition, folglich auch die gantze Institutio haeredis.

§. 6.

Es ist auch ferner und 4) für keine Condition zu achten, welche dergestalt dunckel, verwirrt und perplex ist, daß man nicht wissen kan, was der Testator dadurch habe sagen wollen: Daher diese sowol bey den necessariis haeredibus, als bey fremden Erben pro non adjecta gehalten wird.

§. 7.

Alle Conditiones sind I. entweder casuales, oder potestativae, oder mixtae:

Casuales sind, deren Erfüllung nicht von des instituirten Erben Willen, sondern von einem Hazard, (Casu) oder von dem Willen eines Dritten dependiret, massen, wann der Testator die Condition auf das Arbitrium eines Tertii aussetzet, der Erbe solches abzuwarten schuldig ist.

Potestativae sind solche Bedingungen, welche zu erfüllen bloß in des Erben Macht und Willen stehet.

Mixtae sind, welche a) theils von dem Hazard, (Casu) theils von des Erben Willen; oder b) theils von eines Dritten theils von des Erben Willen dependiren.

§. 8.

II. Werden die Conditiones getheilet in suspensivas, oder resolutivas:

Suspensivae sind, wann die gantze Disposition von dem künftigen Ausfall dependiret, z. E. Wann der Testator iemand zum Erben einsetzet, wann ein Schiff aus Asia kommen wird: Durch diese Condition wird der gantze Effect der Disposition suspendiret, und der Erbe hat kein Recht, bis das Schiff aus Asien anlanget.

Jedoch ist die Hoffnung, daß das Schiff kommen könne, etwas reelles, welches in dem Vermögen des Erben begriffen ist, folglich demselben ein gewisses Recht zueignet, den Ausgang zu erwarten: Woraus verschiedene Wirckungen entstehen, als daß der Erbe caviren muß; daß der Erbe in die Possession gesetzt, oder die Erbschaft sequestriret werden könne; hauptsächlich aber, daß diese Hoffnung auch auf die Erben transmittiret werde, wann auch schon die Conditio potestativa ist; Es wäre dann, daß die Disposition und Condition bloß auf des Erben Person gerichtet sey, z. E. wann der Erbe instituiret worden, wann er die Sejam heyrathen würde, (et)c.

Resolutiva Conditio ist, wann ein Actus perfectus und vollzogen ist, und aus der Disposition sofort ein wirckliches Recht auf den Erben transferiret, solches aber durch eine Condition, welche ungewiß ist, ob sie existiren werde, resolviret wird; z. E. wann der Testator iemand zum Erben einsetzet, aber auf den Fall, wann sein verlorner Sohn sich wieder einfindet, diesen instituiret.

§. 9.

Alle vorgemeldete Conditiones können denen, welche der Testator zu Erben einsetzet, folglich auch den Substitutis, beygefügt werden: ausgenommen den Haeredibus necessariis, das ist, welche nothwendig instituiret oder exhaerediret werden müssen, und welche bloß sub Conditione potestativa instituiret werden können.

n. 1. Wann also ein Vater seinen Sohn, (et)c. oder ein Sohn seinen Vater, (et)c. sub conditione casuali oder mixta instituiret, so ist das gantze Testament null und nichtig, weil die Condition deficiren, und nicht erfolgen könte, folglich die necessarii haeredes praeteriret seyn würde.


(2-209) Part. II. Lib. VII. Tit. XIII.

Ein anders ist, wann der instituirte Haeres necessarius auf den andern Fall exhaerediret würde: Wann also z. E. ein Vater seinen Sohn zum Erben einsetzet, wann ein Schiff aus Indien kommen wird, so gilt das gantze Testament nicht, weil der Sohn auf den Fall, da kein Schiff ankommt, praeteriret ist: Wann aber der Testator weiter disponiret, daß, wann kein Schiff ankommt, der Sohn enterbet seyn solle, so subsistiret das Testament, weil der Sohn namentlich exhaerediret worden; Daher kan der Sohn das Testament bloß Querela inofficiosi Testamenti, salvis legatis, rescindiren.

n. 2. Hingegen gilt die Condition, wann sie potestativa ist, das ist, wann es von der Kinder Willen dependiret, ob sie durch Erfüllung der Condition die Erbschaft antreten wollen: Wann sie also sich wegern, solche zu erfüllen, renunciiren sie tacite der Erbschaft.

Es kan sich aber zutragen, daß die Conditio potestativa nicht einmal den haeredibus necessariis beygefügt werden könne; wann nemlich der Vater den Sohn in Legitima instituiret, und die Conditionem potestativam beyfügt, wann er nach Rom gehen wird; weil der Vater die Legitimam mit keinem Onere bescheren kan; daher in diesem Fall die Disposition nicht null, sondern die Condition nur pro non adjecta gehalten wird.

n. 3. Im übrigen ist oben unter die Privilegia militaria gerechnet worden, daß ein Soldat seine Kinder auch sub conditione casuali & mixta instituiren könne. Vid. supr. p. 201. §. 6.

n. 4. Wann der Erbe durch einen ohngefähren Zufall, (casu) oder durch seine Schuld die Condition nicht erfüllet, ist die gantze Disposition null und nichtig.

Wann aber die Condition durch die Schuld eines Dritten, auf dessen Person die Erfüllung beruhet, oder desjenigen deficiret, welchem daran gelegen, daß die Condition nicht erfüllet werde, so wird die Bedingung pro impleta gehalten.

n. 5. Wann der Erbe stirbet, ehe und bevor er die Conditionem potestativam erfüllet, ist ein Unterschied zu machen, ob der sub conditione instituirte Erbe einen Substitutum oder einen Mit-Erben habe, oder nicht. Wann er einen Substitutum hat, ist das Testament nicht ungültig, sondern der Substitutus succediret: Hat er keinen Substitutum, ist das Testament null, und die Erben succediren ab intestato. Wann er einen Mit-Erben hat, subsistiret das Testament in Ansehung des Cohaeredis; in Ansehung seiner aber wird dessen Portio, nachdem die Condition nicht erfüllet worden, den Erben ab intestato deferiret.

§. 10.

Wir haben vorhin gemeldet, daß der Testator auch den substituirten Erben dergleichen Conditiones beyfügen könne. Dergleichen Condition ist auch, wann der Testator den Cajum zum Erben einsetzet, und ihm, wann er ohne Kinder sterben würde, (si sine liberis decesserit) den Mevium substituiret: Welchenfalls sich von selbsten verstehet, daß auch die Enckel unter den Kindern mit verstanden werden, folglich, wann der Erbe zwar keine Kinder, aber Enckel hinterlässet, die Conditio deficire, und die Substitutio aufhöre.

Es kommen aber bey dieser Condition einige besondere Fragen vor, über welche bishero unter den Rechtsgelehrten sehr gestritten worden: Dann es wird 1) gefragt: ob die Kinder durch diese Condition von dem Testatore zugleich mit zu Erben instituiret worden? folglich ob die Kinder, welche in Conditione enthalten, auch in der Institution mit begriffen seyen, dergestalt, daß der Vater die Erbschaft mit ihnen theilen müsse? Wir haben diese Frage dahin decidiren wollen, daß des Testatoris Intention nicht gewesen, die Kinder zu Erben einzusetzen, folglich der Vater nicht schuldig sey, die Erbschaft mit den Kindern zu theilen.

Es wird ferner 2) gefragt: ob in dem Fall, wann ein Vater seinen Sohn zum Erben einsetzet, und demselben, wann er ohne Kinder versterben würde, den Cajum substituiret, die Kinder pro institutis oder praeteritis zu halten sind? Weil Wir nun vorhin festgesetzt haben, daß die in Conditione enthaltene Kinder nicht

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(2-210) Part. II. Lib. VII. Tit. XIII.

instituiret worden, und der Institutus mit denselben zu theilen nicht nöthig habe; so kan nicht geleugnet werden, daß die Kinder auf einen Fall (wann nemlich der Sohn vor dem Vater versterben solte) praeteriret, folglich das Testament null sey, und der Erbe alsdann nicht ex testamento, sondern ab intestato succedire.

§. 11.

Der Effect der Condition ist, daß der Erbe die Existentz der Condition abwarten müsse, und, bis solche erfolget, die Erbschaft nicht antreten könne.

n. 1. Wann der Erbe unter verschiedenen Conditionen eingesetzt worden, müssen alle existiren, ehe er succediren kan, wann sie nemlich Conjunctim von dem Testatore beygefügt worden: Wann es aber Disjunctim geschehen, ist genug, wann nur eine existiret.

n. 2. Wann viele Erben unter einer Condition instituiret werden, und die Condition getheilet werden kan, z. E. wann der Testator Sejum und Cajum zu Erben einsetzet, wann sie dem Mevio 1000 Rthlr. bezahlen, so ist es nur eine Condition, und ist daher genug, wann sie zusammen diese 1000 Rthlr. bezahlen: Wann aber die Conditio nicht getheilet werden kan, z. E. wann der Testator den Sejum und Cajum zu Erben einsetzte, wann sie nach Rom gehen werden, so sind es zwey Conditiones, welche ein ieder in solidum erfüllen muß.

n. 3. Die Condition existiret auch, wann sie von einem andern erfüllet wird: z. E. Wann der Erbe, welcher sub conditione, daß er dem Mevio 1000 Rthlr. geben solle, instituiret worden, diese 1000 Rthlr. durch einen andern bezahlen lässet.

Ein anders ist, wann die Conditio in faciendo bestehet; solchenfalls existiret die Conditio nicht, als wann der Legatarius selber das Factum verrichtet.

n. 4. Die Conditio potestativa faciendi existiret, und wird pro impleta gehalten, wann die Condition entweder Casu, oder durch die Schuld eines Dritten nicht erfüllet werden kann; folglich wann bey dem Erben nicht stehet, daß die Condition erfüllet werde.

Ein anders ist, wann die Conditio potestativa ohnmöglich oder turpis ist, solchenfalls ist die Disposition null und nichtig. Vid. supr. §. 5. & §. 9.

n. 5. Wann die Conditio potestativa in non faciendo bestehet, z. E. wann der Testator iemand unter der Condition zum Erben einsetzet, daß er nicht nach Rom gehen solle; so existiret dieselbe nicht, als nach des Erben Tode, weil alsdann erst gewiß ist, daß er nicht mehr nach Rom gehen werde.

n. 6. Wann der Testator iemand zum Erben einsetzet, wann er studiren wird, so ist nicht nöthig, daß er die Studia bis zu Annehmung des Gradus Doctoralis fortsetzen müsse; sondern es ist genug, und die Conditio existiret, wann der Erbe die Schulen durchgegangen, und wenigstens zwey Jahr auf Universitaeten studiret hat.

n. 7. Die Condition muß regulariter nach dem Tode des Testatoris existiren, und ist nicht genug, wann bey seinem Leben einige dergleichen Casus existiret sind.

Ein anders ist, wann die Conditio potestativa ist, und dasjenige, was der Testator durch dergleichen Condition verlangt hat, wircklich bey seinem Leben geschehen ist.

Wann also z. E. der Testator den Cajum zum Erben einsetzet, wann er studiren würde, wann er zur Evangelischen Religion treten würde (et)c. und der Erbe bey dem Absterben des Testatoris schon die Studia absolviret hat, zur Evangelischen Religion getreten ist, (et)c. so wird die Conditio pro impleta gehalten.

§. 12.

Die Condition muß in forma specifica erfüllet werden; Daher ist nicht genug, wann solche per aequipollens adimpliret wird: Es wäre dann, daß die Intention des Testatoris völlig dadurch erreicht werde, welches, wann die Sache zweifelhaftig ist, durch den richterlichen Ausspruch decidiret werden muß.


(2-211) Part. II. Lib. VII. Tit. XIII.

§. 13.

Die Conditiones potestativae dandi & faciendi können zu allen Zeiten, auch in articulo mortis, erfüllet werden: Es wird aber erfordert, daß die Conditio wircklich erfüllet werde, und ist nicht genug, daß der Legatarius Anstalt mache, daß sie erst nach seinem Tode erfüllet werden soll: Es wäre dann die Erfüllung an ihm nicht gelegen, als, wann er bey Zeiten die Anstalt gemacht, aber wegen des übereilten Absterbens solche nicht vollenden können.

Wann die Conditio potestativa auf eine gewisse Zeit eingeschrencket ist, z. E. wann Cajus binnen 3 Monat dem Sejo 1000 Rthlr. bezahlt, soll er mein Erbe seyn; so muß diese Zeit genau beobachtet werden, und wann der Cajus binnen 3 Monat die 1000 Rthlr. nicht bezahlt, zerfällt die Institutio mit der Condition, und die Haeredes ab intestato acquiriren die Erbschaft.

§. 14.

Wann der Testator den Erben nicht sub conditione, sondern sub die instituiret, so ist ein Unterscheid zu machen, ob der Erbe 1) sub die incerto, An & Quando, oder schlechterdings, An sit exstiturus; oder ob er 2) sub die certo, Quod sit exstiturus, etsi incertus, Quando; oder ob er 3) ex die; oder ob er 4) in diem zum Erben eingesetzt worden.

Wann erstlich der Testator den Erben auf einen Tag eingesetzet hat, welcher ungewiß ist, ob er existiren werden, (An sit exstiturus) z. E. wann der Testator sagt: Ich setze Cajum zu meinem Erben ein, wann er 16 Jahr alt seyn wird; so ist dieses eine wahre Institutio conditionalis, weil der Cajus vor dem 16ten Jahr versterben, folglich die Conditio deficiren kan: Welches um desto mehr statt hat, wann nicht allein ungewiß ist, ob der Tag existieren werde, sondern auch wann er existiren werde; (An & Quando sit existurus) z. E. Wann der Testator den Casum zum Erben einsetzt, wann der Titius versterben wird: hier ist ungewiß, ob der Tag existiren werde, weil der Erbe vorher sterben kan; es ist auch ungewiß, wann der Tag existieren werde, weil der Tag, wann der Titius versterben wird, ungewiß bleibet.

Wann zweytens der Testator den Cajum zum Erben einsetzet auf einen Tag, der gewiß existiren muß, aber ungewiß ist, wann er existiren wird; (Quando sit exstiturus) z. E. wann der Testator den Cajum instituiret, wann er sterben wird: In diesem Fall ist gewiß, daß der Cajus sterben werde, aber ungewiß, wann er sterben wird. Dieser Tag wird also nicht pro conditione gehalten, sondern die Dispositio ist pura, welche in momento mortis ihre völlige Kraft erlanget, weil bloß die Traditio auf den Tag des Todes ausgesetzet wird.

Wann der Testator drittens den Cajum ex die instituiret, z. E. ein Jahr nach seinem, des Testatoris, Tode; oder in diem, z. E. nur auf ein Jahr; so ist nach den Römischen Gesetzen dergleichen Institutio haeredis für ungültig gehalten worden, weil der Testator nicht pro parte testatus, pro parte intestatus versterben kan, sondern der Dies ist detrahiret, und pro non adjecto gehalten worden.

Weil Wir aber oben schon disponiret haben, daß auf diese Regul nicht weiter reflectiret, sondern bloß auf den Willen des Testatoris gesehen werden solle; dieser aber dem Erben die Erbschaft nicht eher als nach Ablauf einer gewissen Zeit deferiren, oder dieselbe ihm nur auf eine gewisse Zeit lassen wollen: so muß die Erbschaft in dem ersten Fall dem Substituto, oder den haeredibus ab intestato bis zur Existenz des Tages deferiret, oder, wann diese sich der Erbschaft nicht anmassen wollen, ein Curator haereditatis bestellet werden, welche die Revenüen den Creditoribus einliefern und berechnen muß; In dem letztern Fall, nemlich, wann der Testator den Erben nur auf ein Jahr eingesetzt, muß dieser nach Verlauf des Jahrs die Erbschaft dem Substituto, oder den haeredibus ab intestato überliefern. (Vid. supr. p. 169. seqq.)

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(2-212) Part. II. Lib. VII. Tit. XIV.

Tit. XIV.

Von der Eröffnung der Testamente, und deren Publication.

§. 1.

Weil eines theils diejenigen, welche in einem Testament zu Erben eingesetzt werden, nothwendig Nachricht davon haben müssen; andern theils sich öfters zuträgt, daß die Erben ab intestato sich um die Eröffnung des Testaments nicht bekümmern, und dadurch den instituirten Erben um sein Recht bringen, oder die Legata, insonderheit ad pias causas, verdunckeln: so ist eine Nothwendigkeit, daß die Testamenta eröffnet werden.

Worbey ein Unterscheid zu machen unter gerichtlichen und unter privilegirten Testamenten.

§. 2.

Um die Eröffnung eines gerichtlichen Testaments können anhalten 1) die Haeredes ab intestato; 2) alle diejenigen, welche ein Interesse bey dem Testament haben, wann dieselben z. E. vermuthen, daß ihnen etwas vermacht worden, (welchenfalls aber dieselben de calumnia schweren müssen) 3) der Fiscus, um daraus zu ersehen, ob nicht Legata ad pias causas darinen vermacht sind: Es kan auch 4) die Obrigkeit, wann sich niemand binnen Jahr und Tag meldet, das Testament ex officio, citatis per edictales haeredibus ab intestato, eröffnen.

§. 3.

Die Eröffnung muß bey den Gerichten gebeten werden, bey welchen das Testament verfertiget und deponiret worden.

§. 4.

Wann der Testator eines gewaltsamen Todes gestorben, kan weder das Testament eröffnet, noch die Erbschaft angetreten werden, ehe und bevor die Gerichte die Umstände seines Todes untersucht haben.

§. 5.

Es kan aber die Eröffnung regulariter nicht vor Ablauf der ersten vier Wochen geschehen, weil die Erben ab intestato nothwendig darzu citiret werden müssen.

Es wäre dann, daß ein oder andere einige Nachricht aus dem Testament einholen müsten, worbey periculum in mora ist, als, wann der Testator in dem Testament disponiret hätte, wie er begraben seyn wolle, (et)c. In dergleichen Fällen kan der Richter das Testament nachsehen, den Imploranten auf sein Ansuchen bescheiden, und nachher das Testament wieder mit dem Gerichts-Siegel versiegeln.

§. 6.

Wann die Erben citiret, und ein Terminus dazu angesetzet worden, muß das Testament eröffnet, und zugleich publiciret, folglich beydes in einem Actu verrichtet werden.

§. 7.

Alle Testamenta müssen vor den Gerichten eröffnet und publiciret werden, sie mögen publica oder privilegiata seyn; wann auch schon einer oder der andere dargegen protestirte, und dieselben als ungültig und unkräftig angeben wolte.

Es muß aber das Original-Testament eröffnet werden: Wann viele Originalia expediret worden, ist genug, wann eines eröffnet wird.


(2-213) Part. II. Lib. VII. Tit. XIV. XV.

§. 8.

Es muß auch das gantze Testament publiciret werden: Es wäre dann, daß der Testator in einer besondern verschlossenen Schrift etwas disponiret, und derselben Eröffnung auf eine gewisse Zeit verboten hätte; oder daß einige injurieuse Expressiones gegen die Erben, und andere, darin enthalten wären, (et)c. welche bey der Publication ausgelassen werden müssen.

§. 9.

Wann das Testament publiciret worden, müssen die Gerichte das Publicatum, nebst dem Tag, und auf wessen Anhalten solches geschehen, auf das Testament setzen: und Copiam davon den Interessenten, wann sie es verlangen, ertheilen.

Wann die Erben verlangen, daß das Original-Testament wieder versiegelt werde, müssen die Gerichte solches thun, und daß es verlanget worden, auf das Couvert setzen.

§. 10.

Bey den privilegirten Testamenten, welche der Testator mit eigener Hand schreibet, und bey sich liegen lässet, müssen diejenigen, welche das Testament unter den Papieren des Verstorbenen finden, solches gerichtlich anzeigen, und wann es verschlossen ist, kan niemand, wann es auch die Kinder sind, dasselbe priuata auctoritate eröffnen, sondern es muß solches sowol, als wann es offen gefunden wird, den Gerichten übergeben werden, welche wegen der Eröffnung und Publication das Benöthigte, wie oben verordnet ist, beobachten.

Wann der Testator sein privilegirtes Testament einem andern anvertrauet, und bey demselben deponiret hat, muß dieser die Disposition den Gerichten nach des Testamentoris Tode einliefern: Und wann er solches nicht thut, können die Erben ab intestato oder andre Interessenten ihn darzu anhalten: und die Gerichte müssen mit der Publication, wie vorhin verordnet, verfahren.

§. 11.

Es muß niemals ein Original-Testament, weder vor noch nach der Publication, unter was für Praetext es sey, zurück gegeben werden, wann auch schon alle Erben ab intestato damit zufrieden sind.

§. 12.

Wann iemand ein Testament, es mag publicum oder privilegiatum seyn, unterschlägt, soll er alles dasjenige, was er aus dem Vermögen des Defuncti lucriret, verlieren, und überdem am Leibe gestraft werden.

Tit. XV.

Von der Antretung der Erbschaft; wo zugleich Von dem Jure Deliberandi, und von dem Beneficio Inventarii gehandelt wird.

§. 1.

Es ist in den vorhergehenden Büchern gezeigt worden, daß die Erbschaften entweder ab intestato, oder ex testamento, oder ex statuto, oder ex conventione deferiret werden. In allen diesen Fällen ist nöthig, daß der Erbe die Erbschaft antreten müsse, weil ohne Antretung keine Erbschaft acquiriret werden kan.

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(2-214) Part. II. Lib. VII. Tit. XV.

§. 2.

In den Römischen Gesetzen ist ein grosser Unterschied gewesen unter den Erben, welche Sui, und unter denen, welche Extranei genannt worden: allermassen die Erbschaften auf eine andere Art von den Suis, auf eine andere Art von den Extraneis acquiriret würden.

§. 3.

Sui haeredes werden diejenigen Kinder genannt, welche bey des Vaters Absterben die nächsten in seiner Gewalt sind.

Extranei haeredes werden alle andere genannt, welche nicht sui, folglich gantz fremde sind, oder bey des Vaters Absterben nicht die nächsten in dessen Gewalt gewesen.

§. 4.

Diejenigen Erben, welche sui genannt wurden, das ist, diejenigen Kinder, welche zur Zeit des Vaters Absterben die nächsten in der väterlichen Gewalt waren, hatten keine Antretung der Erbschaft nöthig, sie waren necessarii haeredes, sie continuirten des Vaters Familie, und traten also in dessen Jura, wann sie schon von dessen Absterben keine Wissenschaft hatten: Sie musten auch wider ihren Willen Erben seyn, folglich konten sie die väterliche Erbschaft nicht repudiiren: Es wäre dann, daß der Vater ihnen solches erlaubte, welches auch dadurch geschehen, wann der Vater dieselbe sub conditione potestativa einsetzte, oder ihnen pupillariter substituirte.

Und ob ihnen schon nachhero das Beneficium abstinendi von dem Praetore verstattet wurde, so blieben dennoch verschiedene subtile Effectus übrig, welche aus der necessaria existentia haeredis folgen musten, und zu unzehligen Streitigkeiten Anlaß gaben, und noch heut zu Tage dergleichen verursachen.

Die Extranei haeredes aber erlangten die Erbschaft nicht anders, als durch eine freywillige Declaration, daß sie Erben seyn wolten.

§. 5.

Wir haben nöthig gefunden, den gantzen Unterschied inter suos & extraneos in Ansehung der Antretung der Erbschaft aufzuheben, und denselben bloß in soweit zu lassen, daß die Sui nothwendig instituiret oder exhaerediret werden müssen; im übrigen aber die Erbschaft von beyden nicht anders als per aditionem, das ist, durch eine ordentliche Antretung, erlanget werden könne.

Die Antretung der Erbschaft (Aditio haereditatis) ist eine Willens-Erklärung des zur Succession tüchtigen Erben, daß er die ihm angefallene Erbschaft annehmen, das ist, Erbe seyn wolle.

§. 6.

Diese Declaration geschiehet entweder mündlich, (verbis) oder durch die That selbst. (facto)

§. 7.

Es wird also zu der Antretung der Erbschaft erfordert, I. ein freyer Wille, daher niemand gezwungen werden kan, eine Erbschaft anzutreten; weil in den Fällen, wo die Aditio zur Conservation der Legatorum erfordert wird, die Erbschaft ipso jure pro adita declariret wird.

Es hat aber diese Antretung, welche ipso jure geschicht, keinen andern Effect, als daß das Testament nicht für desert gehalten wird, folglich das Fideicommiss den fideicommissarischen Erben restituiret werden muß, eben als ob der Fiduciarius die Erbschaft wircklich angetreten hätte, daher auch die Legata &c. gelten.

§. 8.

Es muß daher II. der Erbe wissen, daß ihm die Erbschaft ab intestato, oder ex testamento, oder ex statuto, oder ex conventione angefallen sey; weil niemand seinen Willen über eine Sache, wovon er keine Wissenschaft hat, declariren kan.


(2-215) Part. II. Lib. VII. Tit. XV.

§. 9.

Er muß III. in dem Stande seyn, seinen Willen zu declariren, folglich die Fähigkeit haben eine Erbschaft anzutreten.

Es muß aber der Erbe nicht allein zur Zeit des Testaments, sondern auch zur Zeit des Testatoris Absterben, und zur Zeit der Antretung, die behörige Fähigkeit haben.

Die mittleren Zeiten können dem Erben nicht schaden: Daher, wann ein Erbe nach der Einsetzung in die Acht erkläret, aber vor dem Absterben des Testatoris restituiret wird, kan er die Erbschaft antreten: Item, wann er nach dem Absterben des Testatoris proscribiret, vor der Adition aber restituiret wird, ist er haereditatem zu adiren befugt.

§. 10.

Es muß auch IV. der Erbe im Stande seyn, daß er sich verbinden und obligiren könne, weil er den Creditoribus haereditariis gerecht werden muß. Daher kan kein Pupillus absque autoritate tutoris, und kein Minor oder Prodigus &c. absque consensu curatoris, die Erbschaft antreten, (et)c.

§. 11.

Ein Pupillus infantia major kan die haereditatem adiren mit Consens seines Vaters: Wann aber der Vater die Erbschaft nicht antreten will, muß die Antretung des Pupilli durch ein richterliches Decret approbiret werden.

§. 12.

Ein Sohn, welcher seine männlichen Jahre erreichet, kan die Erbschaft antreten wider des Vaters Willen, und dergleichen Erbschaft gehört zu dem Peculio adventitio extraordinario: Wann der Sohn die Erbschaft mit des Vaters Consens antrit, gehört die Erbschaft zu des Sohns Peculio ordinario, worin dem Vater der Ususfructus zustehet: Wann der Sohn die Erbschaft nicht antreten will, und der Vater für sich solches thut, acquiriret dieser die Erbschaft pleno jure.

§. 13.

Es muß V. die Erbschaft dem Erben auch wircklich deferiret, das ist, der Erblasser verstorben seyn.

§. 14.

Es muß VI. der Erbe animum haben, Erbe zu seyn.

Dieser Animus wird nicht praesumiret, so lange das Tempus deliberandi währet; daher kan er für seinen Erben gehalten werden, wann er auch alle Actus haeredis währender dieser Zeit verrichtet.

Wann aber der Erbe binnen zwey Monaten, von dem Tage an, da er erfahren, daß ihm die Erbschaft deferiret worden, sich nicht erkläret, wird derselbe pro haerede cum beneficio inventarii gehalten, dergestalt, daß die Creditores cum effectu gegen ihn agiren können, und der Erbe dieselben intra vires haereditatis befriedigen müsse. Vid. Cod. Frid. p. 122.

Wann dieser Erbe, nach Ablauf der zwey Monate, noch in zwey Monaten sich nicht declariret, ob er wircklicher Haeres seyn wolle, wird er pro vero haerede gehalten, folglich muß er ultra vires haereditatis den Creditoren gerecht werden, und soll keine Restitutio in integrum dargegen statt finden. Vid. pag. 218. §. 29. seq.

Dahero die Frage, welche actus pro haeredis gestione zu halten sind, nachdem dem Erben eine gewisse Zeit zu seiner Declaration vorgeschrieben worden, gantz überflüßig ist.

§. 15.

Der Erbe muß VII. seine Willens-Meinung pure declariren, massen die Antretung einer Erbschaft, welche sub conditione geschicht, ungültig ist, weil den Creditoribus haereditariis nicht zugemuthet werden kan, auf die Existentz der Condition zu warten.


(2-216) Part. II. Lib. VII. Tit. XV.

§. 16.

Es kan aber auch der Erbe seinen Willen durch einen andern declariren, und durch denselben die Erbschaft antreten, er muß aber speciale mandatum dazu haben.

§. 17.

Wann der Erbe vor der Declaration, ob er Erbe seyn wolle, verstirbt, transmittiret er sein Recht auf seine Erben, sie mögen Sui oder Extranei seyn, und diese können intra tempus deliberandi sich noch declariren.

§. 18.

Das Objectum dieser Antretung ist eine deferirte und nicht repudiirte Erbschaft.

Wer einen Theil der Erbschaft antrit, agnosciret die gantze Erbschaft; Wann also ein Sohn das Lehn fordert, wird er auch pro haerede der Allodial-Erbschaft gehalten.

Ein anders ist, wann iemand mit dem Dote zufrieden ist, und der übrigen Erbschaft renunciiret: In diesem Fall ist er so wenig für einen Erben zu halten, als schuldig, den Dotem zu conferiren, wann sonst den Kindern die Legitima salva ist.

§. 19.

Es kan der Erbe dergleichen Erbschaft sofort, als dieselbe ihm deferiret worden, antreten: Er kan aber nicht eher, als nach Verlauf neun Tage von Zeit der Adition, von den Creditoribus haereditariis belanget werden.

§. 20.

Der Effect der Adition ist, 1) daß der Erbe von dem Moment des Absterbens mit dem Defuncto für Eine Person gehalten werde.

2) Daß er ein Erb-Recht auf die gantze Erbschaft (wovon unter in dem Tit. XVIII. de petitione haereditatis gehandelt wird) erlange; nicht weniger

3) Alle Jura, welche der Verstorbene gehabt hat, und mit seinem Tode nicht geendiget sind.

4) Wann die Possession der Erbschaft vacant ist, kan der Erbe solche propria auctoritate occupiren.

Wann sie aber ein anderer besitzet, muß er durch gerichtliche Hülfe in die Possession gesetzet werden.

5) Muß der Erbe den Creditoribus Defuncti gerecht werden, allermassen alle Actiones, welche gegen den Defunctum statt haben, auch gegen dessen Erben angestellet werden können; es wäre dann, daß die Action bloß auf die Person des Defuncti gerichtet sey.

6) Ist der Erbe schuldig, die Legata (et)c. zu bezahlen: Zu welchem Ende den Legatariis verschiedene Actiones ex Testamento, Rei Vindicatio, Hypothecaria (et)c. zustehen.

§. 21.

Es stehet aber auch den Erben, sie mögen Sui oder Extranei seyn, frey, die Erbschaft zu repudiiren, und derselben zu renunciiren: welche Intention der Erbe gleichfalls Verbis oder Factis declariren kan.

Dergleichen facto ipso gethane Declaration ist, wann derjenige, welcher im Testament instituiret ist, die Legitimam agnosciret.

§. 22.

Es wird aber zu einer solchen Renunciation erfordert, a) daß die Erbschaft den Erben wircklich deferiret sey, oder einer künftigen Erbschaft pacto renunciiret worden. Vid. pag. 199. §. 7. b) daß der Erbe die Erbschaft noch nicht angetreten habe, weil, im Fall er solche einmal angetreten hat, die Creditores ein jus quaesitum haben, welchem der Erbe nicht renunciiren kan.

Es hat aber diese Regul einen Abfall in den haeredibus necessariis und deren Erben, welche auch eine von ihren Eltern nicht angetretene Erbschaft adiren können, weil der


(2-217) Part. II. Lib. VII. Tit. XV.

Haeres necessarius seine Jura auf alle seine Erben transmittiret, (ein anders ist in dem haerede extraneo.)

2) Wann der Erbe intra spatium deliberandi stirbt; welchenfalls auch haeredes extranei ein Jus quaesitum haben, welches sie auf ihre Erben transmittiren können.

§. 23.

Ob zwar einem ieden instituirten Erben frey stehet, die Erbschaft anzutreten, oder dieselbe zu repudiiren; so verstehet sich doch von selbsten, daß er solches nicht zum Praejuditz der Legatarien &c. thun könne.

Damit also durch des Erben Pactum den Fideicommissariis, Legatariis, wie auch deren Erben, (et)c. dasjenige, was ihnen der Defunctus destiniret hat, nicht verlieren mögen, so soll das Testament quoad hunc effectum nicht pro destituto gehalten, sondern alles, was in Faveur von andern darin disponiret worden, von den Haeredibus ab intestato, oder, wann dieselben nicht succediren willen, von dem Curatore haereditatis praestiret werden, es mag die Repudiatio von dem instituirten Erben dolo oder bona fide, und ex justa causa, geschehen.

§. 24.

Es haben also diese Legatarii, &c. actionem ex testamento, item rei vindicationem gegen die Possessores haereditatis, oder diejenigen, welche dolo die Possession verloren, daß ihnen dasjenige, was der Testator in ihrem Faveur disponiret hat, möge verabfolget, und dessen Willen adimpliret werden.

Es wird diese Action auch gegen des Possessoris Erben gegeben, in soweit sie der Erbschaft sich angemasset, und daraus bereichert haben.

§. 25.

Wann eine Frau zur Erbin instituiret ist, dieselbe aber dieserwegen der Erbschaft renunciiret, weil sie in der Portione statutaria laediret ist, hat es gleiche Bewandtniß, und die Renunciatio gilt nur salvis legatis, &c. welche die Erben ab intestato praestiren müssen.

§. 26.

Wann der Erbe accepto pretio der Erbschaft renunciiret, oder dieselbe verkauft, halten sich die Legatarii bloß an das Testament, und den darin instituirten Erben.

§. 27.

Wann iemand als instituirter Erbe dem Testament renunciiret, und die ihm darin verschriebene Erbschaft repudiiret, folget nicht, daß er auch, wann er Erbe ab intestato ist, als Haeres legitimus solche habe repudiiren wollen: Ein anders ist, wann er, ehe und bevor er dem Testament und der ihm darin vermachten Erbschaft renunciiret, die Legitimam ab intestato fordert; in diesem Fall renunciiret er beyden Erbschaften.

Weil sich öfters zuträgt, daß derjenige, welcher eine Erbschaft entweder ab intestato, oder ex testamento, oder ex pacto, oder ex statuto antreten soll, Bedencken hat, sich der Erbschaft so schlechterdings und ohne vorher vires haereditatis zu untersuchen, anzumassen, oder solche anzutreten; so haben Wir dergleichen Erben nicht allein ein Spatium deliberandi, sondern auch das Beneficium inventarii verstattet, worvon in beyden folgenden Articuln gehandelt werden soll.

Art. I.

Von dem Spatio Deliberandi.

§. 28.

Es ist also das Jus Deliberandi eine Macht und Erlaubniß, binnen gewisser Zeit den Zustand der ihm angefallenen Erbschaft zu untersuchen, und zu überlegen, ob er

E e


(2-218) Part. II. Lib. VII. Tit. XV. Art. I. II.

sothane Erbschaft entweder schlechterdings, oder sub beneficio inventarii antreten, oder gar repudiiren wolle.

§. 29.

Wir haben zu dem Ende, mit Aufhebung des Anni deliberandi, den vorgemeldten Erben zwey Monat hiedurch verstatten wollen, binnen welcher Zeit sie sothane Untersuchung vornehmen, ein Inventarium verfertigen, und sich zugleich vorgeschriebener massen erklären müssen.

Welcher Terminus nur einmal auf 2 Monat prorogiret werden kan.

§. 30.

Es fangen aber diese zwey oder respective vier Monat von dem Tage an, da der Erbe die Nachricht erhalten, daß ihm die Erbschaft angefallen sey.

§. 31.

Wann der Erbe binnen den gesetzten zwey Monaten, oder nach erhaltener Dilation binnen 4 Monat, sein Inventarium nicht übergiebt, noch sich pro haerede erkläret, soll er ipso jure pro haerede, iedoch nur cum beneficio inventarii, gehalten werden: (worgegen keine Restitutio in integrum statt haben soll.) Und wann er binnen 2 andern Monaten das Inventarium nicht gerichtlich übergiebt, und sich declariret, ob er schlechterdings, oder nur cum beneficio inventarii Erbe seyn will, soll er wann ihm auch schon ein anderer substituiret worden, pro vero haerede gehalten, und keine Restitutio in integrum demselben verstattet werden. Vid. pag. 215. §. 14.

Es verstehet sich also von selbsten, daß er alsdann die Erbschaft nicht mehr repudiiren könne.

§. 32.

Währendem diesem Spatio deliberandi muß der Erbe das Vermögen administriren, und für die Conservation der Erbschaft sorgen; iedoch kan er ohne Vorwissen und Einwilligung der Obrigkeit nichts veräussern: Wann er selbst solche Administration zu übernehmen Bedencken hat, steht ihm frey, in foro ordinario einen Curatorem haereditati jacenti auszubitten.

Es kan kein Erbe vor Ablauf dieser zwey oder respective 4 Monat von den Creditoribus belanget werden.

Es braucht aber dieses Spatii deliberandi nicht, wann die Erben sich gleich Anfangs schriftlich oder mündlich declariren, daß sie Erben seyn wollen; und können sie alsdann nach Ablauf 9 Tagen von Zeit der angetretenen Erbschaft sofort belanget werden. Vid. pag. 216. §. 19.

Art. II.

Von dem Beneficio Inventarii.

§. 33.

Wir haben den Erben ein Spatium deliberandi verstattet, die vires haereditatis zu untersuchen: Weil aber solche Untersuchung ohne Conscribirung eines Inventarii nicht geschehen kan, und überdem den haeredibus ab intestato sowol, als den Creditoribus daran gelegen, zu wissen, was der Erbe allenfalls, und wann er die Erbschaft repudiiret, oder cum beneficio inventarii antrit, den ersten zu überliefern, den letztern aber zu bezahlen schuldig ist; so ist der Erbe verbunden, ein Inventarium zu consribiren.

§. 34.

Ein Inventarium ist eine Designation aller Dinge, welche zur Erbschaft gehören.

§. 35.

Dergleichen Inventarium muß binnen 2 Monaten, oder, wann er Dilation ad deliberandum erhalten, binnen 4 Monat, von dem Tage an, da der Erbe Nachricht


(2-219) Part. II. Lib. VII. Tit. XV. Art. II.

erhalten, daß ihm die Erbschaft deferiret worden, verfertiget, und den Gerichten offeriret werden.

§. 36.

Alle Erben, welche die Erbschaft restituiren müssen, oder welche cum beneficio inventarii die Erbschaft antreten wollen, sind schuldig, ein legales Inventarium zu verfertigen.

§. 37.

Das Inventarium muß entweder von zweyen Gerichts-Personen, oder von einem Notario und zweyen Zeugen errichtet werden, und ist nicht nöthig, die Legatarios (et)c. dazu zu citiren.

§. 38.

Alle Erbschafts-Stücke, sie mögen Namen haben, wie sie wollen, müssen dem Inventario inseriret werden, worüber allenfalls dem Erben der Eid deferiret werden kan.

§. 39.

Es soll künftig keine Specificatio jurata weiter admittiret werden, weil es eine unverantwortliche Nachläßigkeit ist, wann ein Erbe, welcher weiß, daß er die Erbschaft restituiren, oder die Creditores juxta vires haereditatis befriedigen muß, nicht gleich Anfangs ein Verzeichniß darüber aufsetzet: um so mehr, da die Vernunft an die Hand giebt, daß ein Erbe, wann er nach vielen Monaten oder Jahren die Restitution (et)c. bewerckstelligen soll, er unterdessen ein vieles vergessen, und dadurch den Haeredibus ab intestato und den Creditoribus praejudiciren könte.

§. 40.

Gegen dergleichen legaliter verfertigtes Inventarium können die haeredes ab intestato, oder Fideicommissarii, Monita machen, und dem Erben, wann er auch schon das gantze Inventarium beschworen, den Eid darüber deferiren.

Wann sich findet, daß der Erbe etwas vorsetzlich in dem Inventario ausgelassen, muß er den Interessenten Duplum restituiren; Wann er es aus Unwissenheit oder Unvorsichtigkeit unterlassen, muß solches auf seine Kosten nachgetragen werden.

§. 41.

Wann bey Uebergebung des Inventarii der instituirte Erbe sich erkläret, daß er Erbe cum beneficio inventarii seyn wolle, oder wann er binnen 2 oder nach erhaltener Dilation binnen 4 Monat das Inventarium nicht übergiebt, folglich derselbe ipso jure pro haerede cum beneficio inventarii gehalten wird; so kommen ihm folgende Beneficia zu statten: Er ist 1) nicht schuldig den Creditoribus haereditariis weiter, als die Kräfte der Erbschaft sich erstrecken, gerecht zu werden.

Wann 2) einige Erbschafts-Stücke ohne seine Schuld verloren gehen, müssen die Creditores den Schaden ertragen, wann die Erbschaft zu ihrer Befriedigung nicht zureicht.

Wann 3) der Erbe cum beneficio inventarii von dem Testatore etwas zu fordern hat, vel contra, wird durch die Adition des Erben die Schuld nicht confundiret, sondern dieser kan sich aus der Erbschaft bezahlt machen, und die Creditores können den Erben zur Zahlung anhalten.

4) Alle Kosten, welche er zu Errichtung des Inventarii, und ehe er sich pro haerede cum beneficio inventarii erkläret, verwandt hat, kan er abziehen: aber

5) Keine Quartam Trebellianicam, als welche Wir gäntzlich aufgehoben wissen wollen, fordern.

6) Wann der Erbe, welcher cum beneficio Inventarii die Erbschaft angetreten, folglich vermuthet, daß die Erbschaft nicht solvendo sey, und die Creditores nicht alle befriediget werden können; so stehet dem Erben nicht frey, einen Creditorem vor dem andern zu befriedigen, oder ein Erbstücke in solutum anzugeben, sondern er muß die Creditores, um die Prioritaet unter einander auszumachen, edictaliter citiren lassen, weil er sonst, wann einer oder der andere ausfällt, in solidum dafür stehen muß.

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(2-220) Part. II. Lib. VII. Tit. XVI.

§ 42.

Wann der Testator binnen 4 Monat, und wann er bey dem ersten Termino Dilation gebeten, binnen 6 Monat, kein Inventarium mit einer nähern Declaration gerichtlich einliefert, wird er pro vero haerede gehalten.

§. 43.

Wann er sich erkläret, daß er nicht Erbe seyn will, muß er entweder dem Substituto, oder den Haeredibus ab intestato, die Erbschaft nach dem Inventario überliefern.

Tit. XVI.

Was die Kinder in die gemeine Erbschaft conferiren müssen.

(De collatione & de dotis collatione.)

§. 1.

Weil die natürliche Billigkeit erfordert, daß eine Gleichheit unter den Kindern gehalten werde; so haben die Gesetze nicht ohne Grund verordnet, daß diejenigen Kinder, welche von den Eltern bey deren Leben etwas empfangen, nach deren Absterben solches conferiren, das ist, mit zur gemeinen Theilung bringen müssen.

§. 2.

Es ist also die Collation ein Actus, wodurch die Kinder, welche nach der Eltern Absterben erben wollen, alles, was sie von dem Erblasser bey seinem Leben erhalten, in die gemeine Erbschaft bringen, und sich an ihrem Erbtheil abkürtzen lassen müssen.

§. 3.

Wann daher die Collation statt haben soll, wird erfordert, 1) daß die Conferenten Kinder des Erblassers, und 2) dessen Erben seyn; daß sie 3) etwas aus der Eltern Vermögen, und zwar 4) bey ihrem Leben empfangen; und daß dieses, was sie empfangen, 5) bey dem Absterben des Erblassers noch vorhanden sey.

§. 4.

Es dürfen also Erstlich bloß des Verstorbenen Kinder, folglich nur die Descendenten, conferiren, sie mögen der väterlichen Gewalt erlassen, (emancipati) oder an Kindes statt per arrogationem, oder adoptionem ab ascendente factam, angenommen seyn: (Welche letztere alsdann auch dasjenige conferiren müssen, was sie vor der Adoption von dem Patre adoptivo empfangen haben.)

§. 5.

Es hat auch diese Collation statt, es mögen die Kinder dem Vater oder der Mutter succediren: iedoch mit dem Unterscheid, daß, wann die Kinder dem Vater succediren, sie bloß dasjenige conferiren, was sie von dem Vater bekommen; und wann sie der Mutter succediren, nur dasjenige in die gemeine Theilung bringen, was sie von der Mutter bey ihrem Leben empfangen haben.

Daher die Kinder, wann sie der Mutter succediren, das Peculium profectitium zu conferiren nicht schuldig sind.

Es müssen auch die Kinder alles dasjenige, was sie empfangen, conferiren, wann sie schon in ungleichen Theilen zu Erben eingesetzt worden.


(2-221) Part. II. Lib. VII. Tit. XVI.

n. 1. Wann Kinder sowol ersten als zweyten Grads vorhanden sind, folglich fratres cum fratrum liberis concurriren, müssen diese letztern nicht allein dasjenige conferiren, was ihre Eltern von den Groß-Eltern empfangen, sondern auch alles, was die Groß-Eltern ihnen selbst zugewendet haben.

Es wäre dann, daß einer von diesen Enckeln der Elterlichen Erbschaft renunciiret hätte, welchenfalls er nur dasjenige conferiren darf, was er von den Groß-Eltern empfangen.

n. 2. Wann alles Kinder ersten Grads verstorben, und lauter Enckel übrig sind, dürfen diese gleichfalls nur dasjenige conferiren, was sie, (nicht aber, was ihre Eltern) von den Groß-Eltern erhalten haben.

n. 3. Bey allen andern, welche keine Descendenten sind, hat die Collation nicht statt: Daher die Eltern, wie auch deren Brüder und Schwestern, wann sie unter sich succediren, dasjenige, was sie von ihren Kindern, Brüder, (et)c. empfangen haben, zu conferiren nicht schuldig sind.

n. 4. Es kan sich auch zutragen, daß die Kinder selbst nicht als Descendenten angesehen, folglich zur Collation nicht angehalten werden könne; als, wann z. E. ein Vater eine Tochter (welche per Statutum von der Succession, so lange masculi vorhanden, ausgeschlossen ist) nebst den Brüdern zum Erben einsetzet: weil diese Tochter in Ansehung der Brüder für keine Descendentin, sondern pro extranea gehalten wird, und daher dasjenige, was sie von ihrem Vater bey seinem Leben empfangen, zu conferiren nicht schuldig ist.

n. 5. Am wenigsten können also die fremden Erben, welche nebst den Kindern instituiret worden, angehalten werden, dasjenige zu conferiren, was sie von dem Erblasser vorhin bey seinem Leben empfangen haben.

§. 6.

Es wird Zweytens erfordert, daß diejenigen Kinder, welche zu conferiren schuldig, auch des Verstorbenen Erben seyn: es mag solches ab intestato, oder ex testamento, oder ex statuto, oder ex pacto seyn.

n. 1. Wann also ein Kind der Erbschft renunciiret, und z. E. der Sohn mit seinem Gegen-Vermächtniß zufrieden ist, oder ein Kind sonst auf andere Art abgefunden wird, darf dasselbe nichts von demjenigen, was es bey des Vaters Leben empfangen, conferiren; es wäre dann, daß die übrigen Kinder durch den enormen Braut-Schatz, oder durch das Gegen-Vermächtniß (et)c. in legitima laediret wären: Allermassen dieselben in solchem Fall ex capite inofficiosae dotis, vel donationis, ad supplementum legitimae agiren können.

Daher auch vorhin gesagt worden, daß ein Enckel, welcher mit seinen Thiis (!) concurriret, wann er seiner väterlichen Erbschaft renunciiret, nur dasjenige conferiren darf, was er (nicht aber, was seine Eltern) von den Groß-Eltern, welchen sie succediren, empfangen haben.

n. 2. Wer einmal der Erbschaft renunciiret hat, kan nicht weiter dazu gelassen werden, wann er sich auch schon erbietet, alles, was er empfangen, zu conferiren: Es wäre dann, daß er binnen der in diesem Land-Recht festgesetzten Zeit ex justa causa restitutionem in integrum wider die beschehene Renunciation fordert und erlanget, als z. E. wann er ultra dimidium durch diese Renunciation laediret wäre. (et)c. Es muß aber die Laesio ex tempore renunciationis aestimiret werden.

§. 7.

Es wird Drittens erfordert, daß die Kinder etwas aus dem Vermögen der Eltern, denen sie succediren, empfangen haben.

Wann also die Kinder ihrem verstorbenen Vater succediren, dürfen sie dasjenige nicht conferiren, was sie von ihrer Mutter empfangen haben, nec contra: Vielweniger, was sie ausserdem geschenckt bekommen oder erworben haben, und zu den peculiis adventitiis oder castrensibus gehöret.

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(2-222) Part. II. Lib. VII. Tit. XVI.

§. 8.

Viertens wird erfordert, daß die Kinder dasjenige, was sie conferiren sollen, bey der Eltern Lebzeiten empfangen:

Wann also die Eltern den Kindern durch ein Legatum etwas vermachen, dürfen diese solches nicht mit zur Theilung bringen.

§. 9.

Endlich und Fünftens darf nur conferiret werden, was die Kinder bey der Eltern Absterben übrig haben, und annoch in deren Vermögen existiret: Dahero genug ist, wann die Kinder die Conferenda in dem Quali & Quanto conferiren, wie sie zur Zeit des Erblassers Absterben vorhanden sind.

n. 1. Wann also 1) dasjenige, was die Kinder von den Eltern bey ihrem Lebens erhalten, verloren gegangen, oder 2) bona fide von den Kindern alieniret worden, und der etwa dafür erhaltene Werth, oder dasjenige, was dafür angeschafft worden, nicht mehr existiret, dieselben auch ausser dem, was sie erben sollen, nichts im Vermögen haben: so dürfen die Kinder auch nichts conferiren.

§. 10.

Es müssen die Kinder in genere alles conferiren, was sie von ihren Eltenr, oder in deren Ansehung, bey ihrem Leben bekommen: In specie aber müssen sie mit zur gemeinen Theilung bringen:

I. Ihr Peculium profectitium, wann sie dem Vater succediren, weil ihnen bloß die Administration davon von dem Vater anvertrauet worden. Vid. Part. I. pag. 28.

II. Was diejenigen Kinder, die der väterlichen Gewalt erlassen sind, (Emancipati) von dem Vater, dem sie ietzo succediren, empfanen. Item, was sie währender Emancipation daraus lucriret, und wovon der Vater den Usumfructum würde genossen haben.

III. Was die Eltern den Kindern geschenckt haben: es wäre dann, daß es eine Donatio remuneratoria wäre, und der Vater solches schriftlich declarirte; oder daß die Kinder nicht den geringsten Nutzen davon hätten noch haben könten.

IV. Wann die Eltern der Kinder Schulden bezahlen, sie mögen ex causa civili oder ex delicto herkommen.

V. Was die Kinder, welche in der Eltern Brodt sind, aus deren Gut (ex re parentum) acquiriren; z. E. wann die Eltern die Kinder bey der Handlung gebrauchen, und diese den Eltern durch ihren Fleiß und Arbeit einen Vortheil verschaffen.

Es können auch dergleichen Kinder nicht einmal ein Salarium oder Arbeits-Lohn davon abziehen, am wenigsten aber auf eine Theilung des Lucri antragen: Wordurch Wir die Processe, welche sonst aus der Untersuchung, ob und wie weit das väterliche Vermögen durch ihre Kunst und Fleiß vermehret worden, entstehen könten, coupiren.

Ein anders ist, wann die Eltern dem Sohn, oder die Mutter der Tochter ein Salarium oder Lohn versprochen hätte; oder dieselben mit den Eltern in Societaet stünden: welchenfalls die Kinder weder das Salarium, noch, wann sie Socii sind, partem lucri zu conferiren schuldig sind.

Es verstehet sich aber von selbsten, daß nur dasjenige Lucrum conferiret werden dürfe, was bey der Eltern Ableben noch vorhanden gewesen, nicht aber, was ohne ihre Schuld consumiret worden. Vid. supr. §. 9.

Wann die Eltern ihren Kindern Geld zu ihrer Handlung vorgestrecket, dürfen dieselben nebst dem Capital nichts mehr als die versprochenen und Landes-üblichen Zinsen zur Theilung bringen; Ein anders ist, wann sie den Handel auf des Vaters Rechnung führen, das ist, wann sie ein Peculium profectitium haben.

§. 11.

Es ist auch VI. die Tochter schuldig, den von ihren Eltern erhaltenen Brautschaftz ihren andern Geschwistern zu conferiren. Und wird ihnen so viel an ihrer Erb-Portion abgekürtzet, als der Dos austrägt.


(2-223) Part. II. Lib. VII. Tit. XVI.

n. 1. Wann sie den Braut-Schatz nicht von den Eltern und aus deren Vermögen, sondern von ihren Groß-Eltern erhalten, dürfen sie solchen nicht conferiren: es wäre dann, daß von der Groß-Elterlichen Erbschaft die Frage wäre; dann wann sie diesen succediren, müssen sie und ihre Kinder solchen mit in die gemeine Theilung bringen. Vid. supr. §. 5. n. 1.

n. 2. Um so viel weniger aber können sie zur Collation des Braut-Schatzes angehalten werden, wann der Dos weder von den Eltern noch Groß-Eltern, sondern von einem Fremden constituiret worden.

n. 3. Es dürfen auch die Töchter den Braut-Schatz, welchen sie von den Eltern empfangen, nicht conferiren, wann sie der Elterlichen Erbschaft renunciiret haben: Ein anders ist, wann sie von den Groß-Eltern den Braut-Schatz erhalten, und von deren Succession gefraget wird, oder wann die übrigen Kinder in der Legitima laediret sind.

n. 4. Ferner sind auch die Töchter nicht weiter schuldig den Braut-Schatz conferiren, als was davon tempore mortis patris vel avi noch vorhanden ist; keinesweges aber, wann er verloren gegangen, oder von dem Marito bona fide veräussert, oder sonst consumiret worden: Vid. §. 9. Es wäre dann, daß Culpa & Dolus beyder Eh-Leute dabey concurrirten; oder der aus dem veräusserten Braut-Schatz gelösete Werth noch vorhanden, oder andere Sachen dafür angeschaffet worden.

n. 5. Es dürfen auch die Töchter den Dotem nicht conferiren, wann die Eltern in Ansehung des erhaltenen Dotis den Töchtern einen geringern Antheil in dem Testament hinterlassen, und diese Absicht in dem Testament ausdrücklich angeführet haben.

n. 6. Wann der Braut-Schatz der Tochter nicht tradiret, sondern nur versprochen worden, muß das Quantum mit zu ihrer Erb-Portion angeschlagen werden.

n. 7. Es muß aber nicht allein der Dos, sondern auch das Augmentum dotis conferiret werden.

n. 8. Nicht weniger die Ausstattung an Gold, Silber, Juwelen, Braut-Kleidern, (wovon die Tochter, wann sonst keine Verzeichniß davon vorhanden, eine eidliche Specification, deren Erben aber nur eine Specificationem juratam, wie sie es wissen und glauben) übergeben müssen.

n. 9. Item was die Braut dem Bräutigam durch der Eltern Zuschub geschencket, oder diese derselben zur Einrichtung der Haushaltung (wann es nicht in Kleinigkeiten bestehet) zugewandt haben.

n. 10. Ferner die Kosten, welche die Eltern pro obtinenda dispensatione in gradu prohibito, oder wegen des Aufgebots, (et)c. ausgeleget haben.

n. 11. Keinesweges aber werden conferiret die zu dem Hochzeit-Mahl verwandte Kosten: wann schon die Braut-Leute einige Hochzeit-Geschencke erhalten haben. Es wäre dann, daß die Eltern ausdrücklich und schriftlich befohlen hätten, daß auch die Mahlzeits-Kosten conferiret werden solten; oder daß die Hochzeit-Kosten in der Ehestiftung als ein Theil des Braut-Schatzes wären angegeben und angerechnet worden.

n. 12. Ferner müssen auch die Früchte und Zinsen, welche die Tochter nach Absterben des Erblassers aus dem Braut-Schatz genossen und bekommen, conferiret werden.

n. 13. Endlich muß auch dasjenige conferiret werden, was dem Frey-Werber, welcher die Heyrath vermittelt, von den Eltern gegeben worden.

§. 12.

VII. Muß der Ehemann auch sein Gegenvermächtniß (donationem propter nuptias) conferiren: und hat alles hiebey statt, was circa collationem dotis vorhin statuiret worden.

§. 13.

Hingegen darf VIII. nicht conferiret werden 1) das Peculium castrense: Was aber dahin gehöret, davon ist oben gehandelt worden. Vid. Part. I. pag. 30. §. 62. sqq.


(2-224) Part. II. Lib. VII. Tit. XVI.

Speciatim gehöret zu diesem Peculio, was einem Sohn zu seiner Equipage von den Eltern gegeben wird, wann auch schon der Sohn die Equipage nicht gebraucht, sondern wegen Kranckheit, (et)c. zurück bleiben muß.

Ein anders ist, wann die Eltern ausdrücklich und schriftlich declariren, daß die Kinder die Equipage zu conferiren schuldig sind.

Wann aber die Eltern, wann sie den Sohn einmal equipiret, demselben nachhero einiges Geld in der Campagne oder Quartier nachschicken, muß der Sohn solches conferiren, wann nicht die Eltern solches ausdrücklich und schriftlich verboten haben.

§. 14.

Es darf auch IX. das Peculium quasi castrense nicht conferiret werden: Was darunter begriffen ist, haben Wir in genere Part. I. pag. 31. angezeigt: Speciatim aber gehöret darunter alles dasjenige, was die Eltern den Kindern zu ihrer Erziehung zuwenden: Wann z. E. den Söhnen Praeceptores, den Töchtern Mademoisellen gehalten werden.

n. 1. Ferner gehören auch hierzu sumtus studiorum, und was dem anhängig ist, z. E. was zu Bezahlung der Collegien, Erlernung der Exercitien erfordert wird.

Item die Bücher, die der Sohn in den Collegiis gebraucht: Worunter aber keinesweges diejenigen, die der Vater ihm aus seiner Bibliothec abfolgen lassen, und zu den academischen Büchern nicht gehören, mit begriffen sind.

n. 2. Weil aber unbillig seyn würde, wann die übrigen unerzogenen Kinder die Avantage, die Universitaeten auf gemeine Kosten zu frequentiren, durch der Eltern Tod verlieren solten: so haben Wir die Billigkeit darunter beobachten, und hiedurch fest setzen wollen, daß einem ieden der Söhne, welche nicht auf Universitaeten gewesen, aber dennoch die Studia fortsetzen wollen, nach Proportion der Jahre, welche der andere auf Universitaeten zugebracht, jährlich 200 Rthlr. jährlich, gerechnet, und der Sohn bloß in soweit von der Collation befreyet werden.

n. 4. Wann zu allen diesen Auslagen Geld aufgenommen worden, muß solches aus der Portion der übrigen Erben allein bezahlt werden.

n. 5. Es wird auch nicht gefraget, ob der Sohn die Zeit und Kosten nützlich angewandt habe oder nicht; weil einestheils die Kosten, welche der Collation eximiret sind, sehr gering angesetzet worden; andererseits die Untersuchung, ob die Zeit nützlich angewandt worden, zu einem weitläufigen und kostbaren Process Anleitung geben könte.

n. 6. Es verstehet sich aber von selbsten, daß alle diese Reguln einen Abfall leiden, wann der Erblasser ausdrücklich und schriftlich declariret hat, daß der Sohn die sumtus studiorum conferiren müsse.

Welchenfalls aber solches nur von den sumtibus zu verstehen, welche auf den Universitaeten und Gymnasiis illustribus, nicht aber auf den Privat-Schulen verwandt werden, wann auch schon die Kinder an einem fremden Ort die Schulen frequentiren: weil dergleichen sumtus einen Theil der Education ausmachen, welche die Natur selbst den Eltern aufgetragen hat. Vid. Part. I. p. 96. §. 9.

n. 7. Schließlich können unter die sumtus studiorum keinesweges gerechnet werden, wann die Eltern ihre Kinder reisen lassen; oder zu Erhaltung einer Charge oder Dignitaet, als Doctorats (et)c. die Jura entrichten, Canonicate kaufen (et)c. Daher die Kinder solche iedesmal conferiren müssen, wann nicht die Eltenr solche ausdrücklich und schriftlich remittiret haben. Und ist nicht genug, wann die Eltern solche nur annotiren.

n. 8. Es ist auch in specie zu bemercken, daß, wann die sumtus studiorum, sie mögen von den Eltern remittiret worden seyn oder nicht, sich so hoch belaufen, daß die übrigen Kinder ihre Legitimam nicht erhalten, diese ad supplementum legitimae


(2-225) Part. II. Lib. VII. Tit. XVI.

agiren, und dasjenige beobachten können, was circa inofficiosam donationem von Uns verordnet ist.

§. 15.

Es sind auch X. die Kinder nicht schuldig, das Peculium adventitium mit zur Theilung zu bringen, weil sie solches nicht aus des Vaters Vermögen erhalten haben: Weil aber dem Vater bey seinem Leben der Ususfructus dieses Peculii zustehet, so verstehet sich von selbsten, daß, wann der Vater noch etwas an Fructibus zu fordern hat, (als wann die Früchte noch existiren oder pendentes sind) solche zu der gemeinen Theilung gebracht werden müssen.

n. 1. Wann der Vater dem Nießbrauch dieses Peculii renunciiret, oder die Hebung der Früchte dem Sohn, ohne solche von ihm zu fordern, überlassen hat, darf der Sohn weder die fructus perceptos, noch exstantes, noch pendentes, conferiren.

n. 2. Wann die Kinder der Mutter succediren, dürfen sie ihren Geschwistern weder dieses Peculium noch die Früchte davon conferiren.

§. 16.

XI. Sind die Kinder noch weniger schuldig, das Peculium extraordinarium ihren Geschwistern bey Absterben der Eltern zu conferiren, weil sie solches gar nicht aus dem Vermögen der Eltern erlanget haben: Ferner und

§. 17.

XII. Dürfen die Kinder nicht conferiren, was die Eltern ihren Kindern legiret haben, weil sie solches nicht als Kinder, sondern als Extranei empfangen; noch

§. 18.

XIII. Was die Eltern angewandt, um die Kinder aus der Sclaverey, oder, wann sie vom Feind gefangen worden, aus der Gefangenschaft zu erledigen.

§. 19.

Die Kinder können die Collation vor oder nach der Erbtheilung fordern, und kan nicht gesagt werden, daß dieselben durch die Theilung ihrem Recht renunciiren.

§. 20.

Die Collation kan auf dreyerley Art geschehen:

I. Realiter, wann das zu conferirende Stück oder Gut in natura zur gemeinen Theilung gebracht wird: Welches daher der Erbe zu thun schuldig ist, und sich durch Offerirung des Werths, oder daß der Werth von seinem Antheil möchte decourtiret werden, nicht liberiren kan.

Es hat aber diese Regel einen Abfall: a) Wann der Erbe einige Bücher aus der väterlichen Bibliothec zu sich genommen, und sich hin und wieder etwas dabey notiret hat. b) Wann die Miterben das Conferendum nicht nutzen oder brauchen können: wann z. E. dem Sohn einiges Gewehr als einem Soldaten gegeben, und dessen Collation vom Vater befohlen worden: In beyden Fällen ist genug, wann der Werth conferiret wird.

II. Ficte, wann nemlich das Conferendum nicht in natura zur gemeinen Theilung gebracht werden kan oder darf, so muß der Erbe tantundem conferiren, das ist, entweder sich das Quantum, welches seinen Miterben an dem Conferendo zustehet, von seinem Erbtheil abkürtzen lassen; oder er kan auch seinen Antheil, den er an einem erbschaftlichen Debito hat, per delegationem seinen Miterben assigniren; oder dieselbe pro rata von einer erbschaftlichen Activ-Schuld per expromissionem liberiren.

Es wird aber bey dieser Ficta Collatione vorausgesetzet, daß dieses Tantundem eben so liquid seyn muß, als dasjenige, was die Miterben ex reali collatione erhalten würden.

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(2-226) Part. II. Lib. VII. Tit. XVI.

III. Cautionaliter, wann nemlich noch ungewiß ist, ob und wie viel die Kinder zu conferiren schuldig sind: Dann weil die Theilung dadurch nicht aufgehalten werden kan, so muß solches vorgenommen, und derjenige, welcher dergleichen Gut conferiren soll, angehalten werden, durch Bürgen binnen drey Monat, da die Collation von ihm verlanget worden, dahin zu caviren, daß er, wann die Conferenda reguliret sind, seinen Miterben ihren Antheil cum omni eo quod interest, bezahlen wolle.

Wann er dergleichen Caution nicht praestiren kan oder will, muß das zu conferirende Stück entweder deponiret, oder dem Antheil der Erbschaft so lange ein Curator gesetzet werden, bis der Punctus collationis zur Richtigkeit gebracht worden.

Wann der Erbe, welcher caviren soll, verstirbt, müssen dessen Erben die Caution bestellen.

§. 21.

Wann derjenige, welcher conferiren soll, leugnet, daß er etwas aus dem Vermögen seiner Eltern erhalten, müssen die Miterben allenfalls per delationem juramenti solches erweisen: Wann der Erbe gestehet, daß er etwas empfangen habe, muß er das Quantum eidlich manifestiren.

Es sind auch die Enckel schuldig, mediante juramento credulitatis zu manifestiren, ob und wie viel ihre Eltern von den Groß-Eltern bekommen haben.

§. 22.

Wann die Eltern in ihren Haus-Büchern oder Schriften annotiret haben, was und wie viel sie den Kindern zugewandt, so kan die Annotation in den Fällen, worin regulariter keine Collation statt hat, keinen Beweis ausmachen, daß der Vater die Collation befohlen habe.

§. 23.

Wann eines von den Kindern sich nicht bequemen, noch die Conferenda zur Theilung bringen will, kan dasselbe von den übrigen Miterben per implorationem officii judicis dazu angehalten werden.

Und wann es, ohne sich zur Collation zu bequemen, als Erbe seinen Antheil fordert, und petitionem haereditatis zu dem Ende anstellet, wird er von seinen Miterben exceptione non factae collationis repelliret.

n. 1. Wann ein Erbe wegen Ungewißheit der Conferendorum mit Bürgen caviret hat, und die Conferenda nachher reguliret worden, können die Miterben implorando officium judicis den Erben anhalten, daß er dieselben zur Theilung bringen müsse: Wann er nicht solvendo ist, können sie actione ex fidejussu gegen die Bürgen agiren.

n. 2. Wann iemand zweyen Miterben zu conferiren schuldig ist, auch dem einen seinen Theil abliefert, dem andern aber nicht; so kan dieser, wann der Erbe partem haereditatis fordert, ratione seines Antheils denselben exceptione non factae collationis repelliren.

n. 3. Wann dem Erben die Collation bey Strafe injungiret worden, und derselbe dem ohngeachtet sich deren entziehet, verstehet sich von selbsten, daß der Richter auch diese Strafe beytreiben könne.

n. 4. Wann iemand nach beschehener Theilung annoch auf die Collation provociret, braucht es keiner Condictionis indebiti, sondern der Miterbe kan solches ebenfalls per implorationem officii judicis suchen.


(2-227) Part. II. Lib. VII. Tit. XVII.

Tit. XVII.

Wann ein Testament an sich ungültig ist, oder ein gültiges Testament entkräftet wird.

(De injusto, rupto, irrito, deleto, deserto &c. Testamento.)

§. 1.

Die Testamenta, welche einen Fehler haben, sind entweder von Anfang null und nichtig, oder sie werden, wann sie auch von Anfang gültig sind, nachhero entkräftet.

§. 2.

Ein Testament ist von Anfang null und nichtig: 1) Wann der Testator nicht befugt ist ein Testament zu machen.

2) Wann er keinen Erben einsetzet; oder

3) Einen solchen, welcher nach den Rechten nicht Erbe seyn kan; In specie aber,

4) Wann er seine Kinder oder Eltern nicht namentlich instituiret oder exhaerediret, sondern dieselben praeteriret.

5) Wann der Erbe den Testatoren gezwungen, einen letzten Willen zu verfertigen, oder ihn dolo vel metu dazu induciret hat.

§. 3.

Es wird aber nicht allein eine offenbare Gewalt hierzu erfordert: sondern wann auch z. E. iemand durch unfreundliche Verfahren, durch schwere Bedrohungen, durch Entziehung der Wartung in dem Krancken-Bette (et)c. seine Ehefrau, Schwester, Schwieger-Mutter (et)c. oder einen Fremden zu der Verfertigung eines letzten Willens zwinget, welcher sonst ein solches Testament nicht würde verfertiget haben; so wird dadurch eine Gewalt erwiesen.

Zur böslichen Induction gehöret auch, wann der Testator durch des Erben Importunität, wiederholte Bitte und Thränen, induciret worden.

n. 1. Im übrigen ist gleich viel, ob der Erbe vor oder bey dem Testament die Gewalt gebraucht habe.

n. 2. Es muß aber in specie erwiesen werden, daß der Erbe dem Testatori diese Gewalt angethan, um ihn dadurch zu obligiren, ein Testament zu machen.

Es kan also die Gewalt, welche der Erbe dem Testatori wegen anderer Umstände, und bey einer andern Gelegenheit angethan, das Testament aus diesem Grund nicht ungültig machen.

n. 3. Es ist aber keine dolosa inductio, wann iemand durch die Caressen des Erben bewogen wird, dergleichen Testament zu verfertigen. Vid. supr. p. 161.

n. 4. Derjenige, welcher dergleichen Gewalt, Bedrohungen, oder dolosam inductionem vorgiebt, muß solche erweisen; Es ist aber sothaner Beweis zulänglich, wann die Ehefrau, Schwieger-Mutter, oder ein anderer Testator nach verfertigtem Testament, gerichtlich, oder vor einem Notario und zweyen Zeugen, oder durch ein von ihrer Hand geschriebenes und unterschriebenes Billet attestiret, daß sie zu Verfertigung ihres letzten Willens gezwungen oder induciret worden.

n. 5. Es stehet auch den Erben ab intestato frey, dem instituirten Erben den Eid darüber zu deferiren.

§. 4.

Wann der Erbe wegen der angegebenen Gewalt, Furcht, oder böslichen Induction nicht in continenti convinciret werden kan, und das Testament kein visibile vitium hat, so muß derselbe ex leg. fin. de Edicto divi Hadriani tollendo in die Possession gesetzet werden.

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(2-228) Part. II. Lib. VII. Tit. XVII. Art. I.

§. 5.

Aus dergleichen Testamenten, welche für null und nichtig declariret werden, kan nicht die geringste Verbindlichkeit entspringen, wann auch schon der Testator sich eidlich declariret, daß er den letzten Willen nicht ändern wolle, und wann auch schon die clausula codicillaris beygefüget worden. Daher gelten auch weder die Substitutiones, noch die Legata, wann sie schon dem Landes-Herrn oder einer Piae Causae verlassen worden.

Es können aber die Substituti und Legatarii, in dem Fall, da der Testator gezwungen oder dolo induciret worden ein Testament zu verfertigen, denjenigen, welcher die Gewalt verübet, ad Interesse belangen: überdem kan gegen denselben criminaliter verfahren werden.

§. 6.

Wann das Testament annulliret wird, succediret nicht der Fiscus, sondern der Substitutus, oder die Haeredes ab intestato, oder, wann ein prius testamentum vorhanden ist, der darin instituirte Erbe.

§. 7.

Es kan aber auch ein Testament, welches von Anfang gültig, und mit allen Solennitäten versehen ist, nachhero aus verschiedenen Ursachen entkräftet und infirmiret werden; und zwar: 1) Wann das Testament rumpiret wird. vid. Art. I. 2) Wann es irritum, das ist, wann der Testator nicht im Stande ist ein Testament zu verfertigen. vid. Art. II. 3) Wann das Testament deferiret wird, das ist, wann der Erbe die Erbschaft nicht antreten will, oder kan. vid. Art. III. 4) Wann der Erbe pro non scripto gehalten wird. vid. Art. IV. 5) Wann die Erbschaft den Erben, ut indignis, entzogen wird. vid. Art. V. 6) Wann ein gültiges Testament rescindiret wird. vid. Art. VI.

Art. I.

Wann ein Testament rumpiret wird.

§. 8.

Ein Testament wird rumpiret I. sui haeredis agnatione, das ist, wann dem Testatori, nachdem er sein Testament verfertiget hat, ein Kind geboren wird, welches er als den nächsten Verwandten in dem Testament hätte instituiren müssen.

Es wird aber erfordert, a) daß der Haeres suus zur rechten Zeit, b) lebendig, und c) in menschlicher Gestalt geboren, und d) bey des Testatoris Absterben noch am Leben sey.

Durch diese Agnationem haeredis wird das gantze Testament entkräftet, wann auch schon der Testator gewust hat, daß seine Frau schwanger ist. Es gilt auch dergleichen Testament nicht in vim fideicommissi, wann schon die clausula codicillaris beygefügt worden, weil Wir den Effect der clausulae codicillaris gäntzlich aufgehoben haben; vielweniger können die Legata daraus gefordert werden.

Es ist aber keine Agnatio sui haeredis, wann der Testator seinen Sohn zum Erben einsetzet, welcher nach dem Testament Kinder zeuget, aber vor dem Testatore verstirbt, weil der Sohn alle seine Jura auf seine Kinder transmittiret, folglich die Nepotes jure transmissionis in ihres Vates Recht treten.

§. 9.

II. Wird auch ein Testament rumpiret quasi agnatione sui haeredis; wann nemlich derjenige, welcher vor oder nach dem Testament geboren, aber nicht der nächste gewesen, nachher der nächste wird, folglich in dem Testament nicht ist instituiret worden.

Item, wann ein Vater nach dem Testament sein uneheliches Kinder per consequens matrimonium legitimiret, oder einen Fremden arrogiret.


(2-229) Part. II. Lib. VII. Tit. XVII. Art. I. II.

Item, wann einer von den Ascendenten seinen Descendenten nach errichtetem Testament adoptiret, weil alle diese Kinder in der That praeteriret sind.

§. 10.

III. Wird ein gültiges Testament auch rumpiret, wann der Testator seinen letzten Willen ändert, und ein zweytes Testament verfertiget: Es wäre dann, daß der Testator in dem zweyten Testament ausdrücklich declariret, daß auch das erste, in so weit es durch das letztere nicht geändert worden, gelten solle.

n. 1. Durch dergleichen zweytes Testament wird das erste aufgehoben, und kann solches nicht einmal als ein Fideicommiss gelten; wann auch demselben schon die Clausula de non revocando beygefügt, und solche eidlich bestättiget worden.

n. 2. Es wird aber erfordert, daß dieses zweyte Testament alle Solennitäten eines gerichtlichen, oder, wann es ein Testamentum privilegiatum seyn soll, eines testamenti privilegiati habe.

n. 3. Es ist auch für ein zweytes rechtliches Testament zu halten, folglich wird das erste Testament rumpiret, wann schon a) der in dem zweyten Testament instituirte Erbe deficiret; oder b) derselbe in re certa instituiret ist.

n. 4. Es kan das erste Testament, nachdem es rumpiret worden, niemals wieder convalesciren, wann auch schon der Testator nachhero declariret, daß das erstere und nicht das letztere Testament gelten solle, weil dergleichen Declaration durch ein ordentliches neues Testament geschehen muß.

n. 5. Wie weit einer von den Eheleuten das Testamentum reciprocum revociren könne, ist oben decidiret worden. Vid. Tit. IX. p. 197.

§. 11.

IV. Wird auch ein Testament rumpiret, wann der Testator solches vorsetzlich zerreisset, das gantze Testament oder dessen grösten Theil durchstreichet, die Siegel abreisset, das Testament mit Tinten überschüttet; (et)c. Ein anders ist, wann solches von ohngefähr, oder von dem Testatore in der Raserey geschicht.

Der Vorsatz des Testatoris, das Testament durch diese Actus zu entkräften, wird allezeit praesumiret, wann es bey dem Testatore gefunden wird: Wann es bey einem Fremden gefunden wird, ist die Vermuthung, daß das Testament von ohngefähr den Schaden gelitten habe.

§. 12.

Es wird aber V. das Testament niemals durch eine blosse Revocation rumpiret, sondern der Testator muß entweder solches vor den Gerichten declariren, oder ein ander Testament machen.

Es ist aber für eine Revocation zu halten, wann iemand sein Testament aus den Gerichten abfordern läset, und solches nachhero nicht aufs neue, mit allen oben vorgeschriebenen Solennitäten, dem Gerichte offeriret. Daher wird dergleichen zurückgefordertes Testament für rumpiret gehalten, wann auch schon der Testator solches uneröffnet unter seinen Papieren verwahret hat.

Art. II.

Wann ein Testament entkräftet wird, weil es irritum wird.

§. 13.

Ein gültiges Testament wird auch entkräftet, wann es irritum gemacht wird: Welches geschicht, wann der Testator nach errichtetem Testament inhabil gemacht wird zu testiren; als wann er z. E. in die Acht erkläret wird, (vid. pag. 215. §. 9.) wann er von einem andern arrogiret wird (et)c. keinesweges aber, wann er aus der väterlichen Gewalt per emancipationem dimittiret wird.

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(2-230) Part. II. Lib. VII. Tit. XVII. Art. III.-V.

Not. Wann diese Vitia vor des Testatoris Absterben aufhören, wird dadurch das Testament nicht gültig gemacht, weil dasjenige, was einmal entkräftet worden, nachher nicht wieder convalesciren kan, sondern der Testator muß ein neues Testament machen.

Art. III.

Wann ein Testament entkräftet wird durch die Desertion des Erben.

§. 14.

Es wird ferner ein Testament entkräftet, wann das Testament von dem Erben deseriret wird, das ist, wann der Erbe die Erbschaft nicht antreten will noch kan: Es wird auch dergleichen Testament nicht souteniret, wann schon der Testator solches durch einen Eid bekräftiget hat, oder der Landes-Herr oder ein Pium Corpus darin instituiret worden.

Es wird aber in diesem Fall nur die Institution des Erben entkräftet, die Legata aber und übrigen Dispositiones gelten; und wird ad eum effectum der Erbe hiedurch pro haerede declariret, und die Erbschaft pro adita gehalten: Weil unbillig seyn würde, wann die Legatarii &c. aus einer Caprice des Erben, oder wenigstens ejus facto, von der Liberalität des Testatoris nicht profitiren könten.

Art. IV.

Wann der Erbe pro non scripto gehalten wird.

§. 15.

Es wird auch ein Testament entkräftet, folglich kan der instituirte Erbe nicht succediren, wann er pro non scripto gehalten wird: nemlich

1) Wann derselbe unfähig ist Erbe zu seyn.

2) Wann der Testator der Institution eine unmögliche oder schändliche Condition beyfügt.

3) Wann die Conditio Institutionis deficiret.

Art. V.

Wann einem Erben die Erbschaft, ut indigno, entzogen wird.

§. 16.

Es wird auch ein Testament öfters in poenam entkräftet; wann nemlich die Erbschaft einem Erben, ut indigno, entzogen wird: In welchem Fall der Substitut oder die Erben ab intestato, iedoch salvis legalis, succediren: Und zwar,

1) Wann der Erbe den Testatorem oder dessen Kinder und Eltern vor oder nach dem Testament vorsetzlich umgebracht; oder

2) Durch seine Schuld, Ursache und Gelegenheit dazu gegeben hat.

3) Wann der Erbe des Testatoris gewaltsamen Tod nicht gerochen, das ist, das Factum nicht gerichtlich denunciiret, und die darbey vorkommenen Umstände und indicia den Gerichten nicht an die Hand gegeben hat.

4) Wann er den Testatorem nach errichtetem Testament eines schweren Verbrechens beschuldiget, oder dergleichen gegen ihn gerichtlich denunciiret; oder durch andere denunciiren lässet; oder gegen denselben extra officium das Patrocinium führet; oder zum Zeugen in dergleichen Verbrechen sich freywillig offeriret.


(2-231) Part. II. Lib. VII. Tit. XVII. Art. V. VI.

5) Wann er demselben quaestionem status moviret, und z. E. daß er ein Leibeigener (homo proprius) sey, vorgeworfen; oder ihm, da er eine Ehren-Charge praetendiret, exceptionem infamiae opponiret; oder denselben mit real- und schweren verbal-Injurien angegriffen hat.

6) Wann iemand eine Frau heyrathet, die durch die Gesetze zu heyrathen verboten ist, kan er deren Erbe nicht seyn; als wann ein Ehebrecher und Ehebrecherin sich mit einander, obschon mit Unserer Dispensation, heyrathen; Welches auch bey den Blutschändern statt hat; wann nemlich der Grad in den göttlichen Gesetzen verboten ist.

7) Wann der Testator zwar einen Erben einsetzet, welcher die behörige Capacitaet hat, folglich erben kan, demselben aber befiehlt, die Erbschaft einem Unwürdigen zu restituiren; In diesem Fall soll es, eben wie in dem vorigen Casu, gehalten werden.

8) Wann der Erbe die Erbschaft expiliret und beraubet hat, verlieret er so viel von der Erbschaft, als er geraubet hat.

9) Derjenige, welcher seine Pupillin heyrathet, ehe er Rechnung abgelegt, kan gleichfalls derselben Erbschaft nicht erlangen.

Es werden aber 10) diejenigen nicht pro indignis gehalten, welche de haereditate viventi pacisciren.

11) Wann iemand sich selbst, ob schon conscienta criminis, um das Leben bringt, kan der Fiscus keine Anspruch daran machen, sondern die Erbschaft wird dem Substituto, oder den Erben ab intestato deferiret: Es wäre dann, daß das Crimen Confiscationem bonorum mit sich führte.

12) Wann der Testator zwey Erben einsetzet, wovon der eine unwürdig ist, accresciret dessen Antheil nicht den Miterben, sondern den Erben ab intestato; oder, wann des Unwürdigen Vermögen confisciret worden, dem Fisco.

Art. VI.

Wann ein Testament rescindiret wird.

§. 17.

Es wird auch ein Testament entkräftet, wann es rescindiret wird: welches geschicht, wann Eltern ihre Kinder, oder Kinder ihre Eltern, ohne Anführung einer Ursache, oder einer rechtmäßigen Ursache, enterben: In diesem Fall wird das Testament durch die Querelam inofficiosi testamenti rescindiret, worvon Wir oben Tit. VI. pag. 178. sqq. gehandelt haben.

Tit. XVIII.

Durch was für eine Action die Erbschaft gefordert und erlanget werden könne.

(De Petitione Haereditatis.)

§. 1.

Wann iemanden eine Erbschaft ab intestato, oder ex testamento, oder ex pacto, oder ex statuto deferiret wird, welche ein Dritter besitzet, oder streitig mache, kan der Erbe petitionem haereditatis gegen denselben anstellen, und durch diese Action die Erbschaft erlangen.


(2-232) Part. II. Lib. VII. Tit. XVIII.

§. 2.

Es ist also die Petitio haereditatis eine Action, wordurch iemand, welcher wahrer Erbe ist, bittet, daß derjenige, welcher die Erbschaft, das ist, die universitatem omnium jurium besitzet, angehalten werden möge, ihm sothane Erbschaft cum omni causa einzuliefern.

§. 3.

Diese petitio haereditatis ist 1) entweder directa oder fideicommissaria; Von der ersten wird hier gehandelt; von der letztern aber ist oben Tit. VIII. p. 190. sqq. gehandelt worden.

2) Entweder directa oder utilis; welche letztere wider denjenigen, welcher die Erbschaft titulo singulari besitzet, (z. E. contra emtorem haereditatis) statt hat.

§. 4.

Alle Erben können diese Action anstellen, sie mögen ab intestato, oder ex testamento, oder ex pacto, oder ex statuto succediren: wie auch diejenigen Erben ab intestato, welche das Testament agnosciret, nachhero aber contra aditionem in integrum restituiret werden.

§. 5.

Derjenige Erbe, welcher diese Action anstellen will, muß erweisen, 1) daß er Erbe sey, und zu dem Ende das Testament beylegen; Unter diesem Beweis ist auch begriffen, daß er den Tod des Erblassers bescheinigen müsse. 2) Wann er ab intestato succediret, daß er der nächste sey: zu welchem Ende er eine bescheinigte Genealogie beylegen muß, (wann sonst der Grad der Verwandtschaft nicht notorisch ist.) 3) Daß der Beklagte die Erbschaft besitze.

§. 6.

Es hat diese Action statt gegen alle diejenigen, die die Erbschaft NB. als Erben oder Possessores inne haben.

Es besitzen aber diejenigen als Erben, welche behaupten, daß sie die wahren Erben, sive ab intestato, sive ex testamento, sive ex statuto, sive ex pacto sind; es mag solches bona vel mal fide geschehen.

§. 7.

Pro Possessore besitzet derjenige, welcher keinen Titulum anzuführen weiß, sondern sich bloß damit schützet, daß er die Erbschaft besitze; Oder welcher einen solchen Titul anführet, der nach den Rechten ungültig ist, als z. E. wann der Besitzer vorgiebt, daß ihn ein rasender Erblasser zum Erben einsetzt habe.

§. 8.

Es werden auch diejenigen pro haeredibus oder possessoribus gehalten, welche der Erbschaft dolose sich entschlagen haben.

Wiewol beyde liberiret werden, wann der zeitige Besitzer Litem übernehmen will; oder das streitige Ding oder Recht, nebst dem Interesse, dem Erben offeriret und wircklich praestiret.

Es hat diese Actio auch gegen die Erben dererjenigen, welche die Erbschaft pro haerede vel possessore besitzen, statt.

Gegen diejenigen aber, welche eine Erbschaft titulo singulari besitzen, hat die petitio haereditatis directa nicht statt, sondern sie können utili actione belangt werden. Vid. supr. §. 3.

§. 9.

Es hat also die petitio haereditatis niemals gegen denjenigen statt, welcher aus einer Erbschaft etwas titulo singulari besitzet; Wann daher derjenige, welcher eine Erbschaft pro haerede vel pro possessore besitzet, einige in der Erbschaft befindliche Stücke einem Dritten verkauft,  zum Braut-Schatz mitgiebt (et)c. kan der Erbe gegen diesen keine petitionem haereditatis anstellen, sondern er muß diese Frage mit dem erstern ausmachen, und nachher res singulas von dem Dritten vindiciren.


(2-233) Part. II. Lib. VII. Tit. XVIII.

§. 10.

Damit aber der Erbe wissen möge, quo titulo derjenige, der die Erbschafts-Stücke inne hat, solche besitze: ob er solche pro haerede, pro possessore, oder titulo singulari besitze; so stehet ihm frey, den Besitzer zu Benennung seines Tituls anzuhalten: ob schon regulariter niemand schuldig ist, dem andern causam possessionis zu eröffnen.

Es kan aber auch der Erbe, um diese actionem praeparatoriam zu evitiren, beyde actiones, nemlich petitionem haereditatis & rei vindicationem, cumuliren; Gleichergestalt kan ein Erbe gegen denjenigen, welcher ein Erbschafts-Stück an sich genommen, weil er nicht weiß, ob er solches als Erbe oder als Legatarius gethan, die petitionem haereditatis mit dem interdicto quod legatorum &c. cumuliren.

§. 11.

Es ist aber nicht nöthig, daß derjenige, welcher als haeres oder possessor belanget wird, die Erbschaft zur Zeit der angestellten action besitze, sondern es ist genug, wann er die Erbschaft ante sententiam erlanget.

§. 12.

Es wird die Petitio haereditatis auch gegen die Erben dererjenigen gegeben, welche die Erbschaft pro haerede vel possessore besessen haben; wann die Erben auch schon in bona fide sind, das ist, wann sie auch schon nicht wissen, daß ihr Erlasser die Erbschaft absque justo titulo besessen habe.

§. 13.

Nicht weniger hat auch diese Actio wider die Successores singulares statt, wann z. E. derjenige, welcher pro haerede vel possessore die Erbschaft besitzet, solche verkaufet, oder einem andern cediret. Es wird aber alsdann bloß die Petitio haereditatis utilis verstattet. Vid. supr. §. 3.

§. 14.

Vermöge dieser Action bittet der Kläger, daß er für den wahren Erben declariret, und derjenige, welcher die Erbschaft pro haerede vel possessore besitzet, angehalten werde, ihm die Erbschaft cum omni causa zu restituiren. Vid. supr. §. 2.

§. 15.

Unter dieser Erbschaft wird also begriffen I. das gantze Corpus der Erbschaft, Jus Universum Defuncti, folglich alles dasjenige, was in des Verstorbenen Vermögen zur Zeit seines Absterbens vorhanden gewesen; die Dinge mögen beweglich oder unbeweglich, cörperlich oder uncörperlich seyn; nicht weniger res depositae, commodatae &c. weil der Verstorbene die Gefahr davon übernommen hat, und solche zu praestiren schuldig ist.

Die der Erbschaft anklebende Servitutes können nicht petitione haereditatis vindiciret werden, sondern es ist genug, wann das Erbstück vindiciret und restituiret wird, weil solches aldann mit der demselben anklebenden Qualitaet überliefert werden muß; dergestalt, daß, wann facta restitutione rei der Serviens die Servitutem negiret, der Erbe solche actione confessoria vindiciren könne.

Es werden also unter diesem Corpore haereditatis begriffen nicht allein die Jura in re, sondern auch die Praestationes personales, nemlich die Actiones personales, welche der Defunctus anstellen können, und in genere alle Jura, welche derselbe gehabt hat.

II. Alles, was nach dem Tod des Erblassers der Erbschaft accediret; als wann per alluvionem etwas einem Erbschaftsstücke accresciret; die Gelder, welche aus einigen verkauften Erbschaftsstücken gelöset, oder mit Erbschafts-Geldern angeschafft worden; (wann nemlich der Besitzer das Geld, welches er zu dem Behuf aus der Erbschaft genommen, nicht baar restituiren will oder kan.)

Wann auch der Possessor occasione der Erbschaft einige Actiones acquiriret hat, muß er solche dem Erben cediren.

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(2-234) Part. II. Lib. VII. Tit. XVIII.

III. Der Besitzer der Erbschaft muß überdem a) alle aus der Erbschaft gehobene Nutzungen und Früchte restituiren; b) in gewissen Fällen Culpam, und c) Casum praestiren; hingegen kan er auch d) zuweilen Impensas deduciren.

§. 16.

Weil aber in allen diesen Fällen ein Unterschied zu machen ist zwischen einem bonae und malae fidei possessore, so soll nunmehro gezeigt werden, was ein Bonae fidei possessor, und was ein Malae fidei possessor zu restituiren schuldig sey.

Vorher aber wiederholen Wir aus dem Titulo de rei vindicatione, daß derjenige Bonae fidei possessor genannt werde, welcher nicht anders weiß noch glaubet, als daß er Recht zu der Erbschaft habe, und ihm solche von Rechtswegen zustehe: als wann er von einem, der nur pro haerede vel possessore besitzet, die Erbschaft bona fide & justo titulo gekaufet; item wann er bona fide glaubet, daß er der nächste Erbe sey. (et)c. Vid. supr. pag. 27. §. 25.

Er ist auch pro bonae fidei possessore zu halten, wann er schon in Jure irret: als wann er glaubt, daß er durch ein gültiges Testament (welches aber ungültig ist) zum Erben instituiret worden.

Malae fidei possessor wird derjenige genannt, welcher wissentlich, daß er kein Recht zur Erbschaft hat, sich derselben anmasset: oder wann er von einem zum Erben eingesetzt  worden, von dem er weiß, daß er darzu nicht berechtiget sey.

Es wird auch derjenige pro malae fidei possessore gehalten, welcher a) dolo malo sich der Erbschaft entschlagen hat; b) welcher anfänglich in bona fide gewesen, nachhero aber per litis contestationem in mala fide constituiret worden. vid. supr. pag. 29. §. 27. c) Wann iemand anfänglich in der Meinung gestanden, daß er die Erbschaft mit Recht besitze, nachher aber eines andern überzeugt worden, so wird er von dieser Zeit an gleichfalls pro malae fidei possessore gehalten.

Diese Malae fidei possessores werden wieder getheilet in schlechte und gemeine, oder in gewaltsame Besitzer. Vid. infr. §. 20.

§. 17.

Ein Bonae fidei possessor muß also erstlich die gantze Erbschaft, oder einen Antheil davon, nebst den Accessionen, welche nach dem Absterben des Erblassers dem Vermögen per alluvionem &c. zugewachsen, restituiren. Vid. §. 15.

Jedoch nicht weiter, als in soweit die Erbstücke tempore litis morae noch existiren, oder der Besitzer sich daraus bereichert hat.

Es wird aber derjenige bonae fidei possessor als locupletior factus angesehen, dessen Vermögen dadurch vermehret worden, z. E. wann er Erbschafts-Stücke verkauft hat, und das Geld entweder auf Zinsen ausgethan, oder andern Hausrath dafür angeschafft hat; item, wann er seine Haushaltung mit dem gelösten Gelde unterhalten hat, weil er den Vorrath sonst mit eigenem Gelde hätte kaufen müssen.

Das Tempus, wann der bonae fidei possessor locupletior worden, wird nicht von der Zeit, da er die Erbschaft angetreten, sondern von der Zeit der litis contestation an gerechnet: Wann er vorher einen Theil der Erbschaft verschencket hat, kan er zu dessen Restitution nicht angehalten werden, sondern der Erbe muß hienächst diese Stücke von dem Besitzer vindiciren.

Ein Malae fidei possessor aber muß die Erbschaft in dem Stande, wie sie tempore haereditatis delatae gewesen, restituiren, es mögen die Erbschafts-Stücke noch bey ihm existiren oder nicht, er mag auch daraus locupletior worden seyn oder nicht.

Wann die Erbschafts-Stücke nicht in natura geliefert werden können, kan der Erbe den Werth juramento in litem erhärten.

§. 18.

Zweytens ist der Bonae fidei possessor nicht schuldig, die aus der Erbschaft bona fide genossene und consumirte Früchte zu restituiren: Es wäre dann, 1) daß dieselben tempore litis contestatae wircklich existiren, z. E. Fructus


(2-235) Part. II. Lib. VII. Tit. XVIII.

pendentes, und was in den Scheuren, (et)c. gesammlet worden: oder 2) daß der bonae fidei possessor daraus sich bereichert habe, wann er nemlich die Haushaltung daraus versorgt hat, welche er sonst ex propriis hätte versehen müssen; oder wann er die Früchte verkauft, und das Geld auf Zinsen gethan. Conf. supr. pag. 27. §. 25.

Ein Malae fidei possessor ist schuldig, nicht allein die genossenen Früchte, sondern auch diejenigen, die er hätte geniessen können, zu restituiren.

Not. Was die Zinsen von den in der Erbschaft befindlichen Capitalien betrifft, damit hat es gleiche Bewandtniß: Der bonae fidei possessor muß solche erstatten, wann die Zinsen tempore litis motae noch nicht verfallen sind, oder derselbe dadurch sich bereichert hat.

Wann der bonae fidei possessor Erbschafts-Stücke verkauft, und das Geld wieder in seinen Nutzen verwandt hat, darf er nur das Pretium, nicht aber die Zinsen davon restituiren.

Ein malae fidei possessor aber ist schuldig, nicht allein die Zinsen der Capitalien, die er genossen, sondern auch die, so er geniessen können; nicht weniger von dem Quanto, was er aus den verkauften Erbschafts-Stücken gelöset hat, zu restituiren.

§. 19.

Drittens praestiret ein Bonae fidei possessor niemalen einige Culpam, weil er in der Meinung stehet, daß er sein Eigenthum negligire, welches ihm nach den Rechten frey stehet.

Hingegen muß ein Malae fidei possessor, wann durch dessen Negligenz die Erbschafts-Stücke Schaden leiden, culpam levissimam praestiren, das ist, eine solche Vorsorge tragen, welche der fleißigste Haus-Vater vorzukehren pfleget.

§. 20.

Viertens ist ein Bonae fidei possessor nicht schuldig, casum zu praestiren, das ist, den Schaden zu ersetzen, den die Erbschaft durch einen blossen Hazard erleidet.

Welches auch Rechtens ist, wann der Casus existiret, nachdem die Erbschaft in Anspruch genommen, und Lis contestiret worden: Dann ob schon der Besitzer nach der Litis contestation als ein malae fidei possessor betrachtet wird; so ist dennoch zweifelhaftig, ob er unrecht habe, weil solches erst durch das Urtheil ausfindig gemacht werden muß; Wann also das Erbschafts-Recht unterdessen verloren gehet, kan solches demjenigen, welcher sein Recht bona fide defendiret, nicht schaden.

Bey dem Malae fidei possessore ist ein Unterscheid zu machen, ob er ein gewaltsamer Besitzer sey, oder ob er ohne Gewalt sich der Erbschaft angemasset, und z. E. wissentlich solche von einem Besitzer, der kein Recht dazu gehabt hat, erkauft habe.

Ersternfalls muß der Besitzer den Casum praestiren, wann die Erbschaft oder das Erbschafts-Stück auch ante litem contestatam casu verloren gegangen. Ein gemeiner Malae fidei possessor aber ist nicht schuldig, den Casum zu praestiren, das ist, den Werth des verlornen Dinges zu erstatten, als wann Lis mit demselben contestiret worden.

§. 21.

Wie es im übrigen Fünftens mit Abzug der von den Besitzern verwandten Kosten zu halten, dieserwegen beziehen Wir uns auf dasjenige, was oben in dem Titul de Rei Vindicatione versehen ist. Vid. pag. 28. §. 27.

§. 22.

Worzu die Erben des bonae oder malae fidei Possessoris verbunden sind, solches haben Wir in dem Titul de Rei Vindicatione deutlich angewiesen, wohin Wir Uns beziehen. Vid. pag. 30. §. 29.

G g 2


(2-236) Part. II. Lib. VII. Tit. XVIII.

§. 23.

Wann iemand nur zum Theil Erbe ist, als wann er Mit-Erben hat, kan derselbe diese Action gegen diejenigen anstellen, welche entweder die gantze Erbschaft, oder einen Theil davon, pro haerede vel possessore besitzen.

Wann verschiedene Erben sind, deren einer spatium deliberandi gebeten, können die anderen nicht gehindert werden, ihren Antheil durch diese Action zu fordern.

Wann der Verstorbene einen Sohn und eine schwangere Witwe hinterlässet, kan der Sohn nicht die gantze Erbschaft, sondern nur den vierten Theil fordern; weil die Witwe mit drey Kindern niederkommen könte. Vid. Part. I. pag. 9. §. 4.

§. 24.

Wann iemand die Erbschaft nicht als haeres directus, sondern ex substitutione fideicommissaria vindiciret, wird ihm die Petitio haereditatis fideicommissaria verstattet: welche in allen Stücken mit der Petitione haereditatis directa übereinkommt. Vid. supr. pag. 197. §. 26.

§. 25.

Wann wegen der Theilung der Erbschaft oder einiger Erbschafts-Stücke zwischen den Mit-Erben Streit entstehet, haben dieselben actionem familiae erciscundae. Vid. Tit. seq.

§. 26.

So bald die Petitio haereditatis gegen den Besitzer angestellet worden, ist derselbe nicht befugt, das geringste von der in Anspruch genommenen Erbschaft zu veräussern: Es wäre dann, daß die Veräusserung höchst nöthig oder nützlich sey, und solches per decretum judicis cum causae cognitione declariret werde, oder der Besitzer dieserwegen zulängliche Caution bestellet.

§. 27.

Wann der Besitzer wegen einer Dilapidation verdächtig ist, oder selbst wenig oder nichts im Vermögen hat, kan der Erbe denselben nur zulänglichen bürgerlichen oder pfändlichen Caution anhalten, daß er die Erbschaft conserviren, keinesweges aber verschlimmern wolle. Wann er solche binnen sechs Wochen nicht zulänglich bestellet, muß der Richter einen Curatorem der Erbschaft setzen: Und soll kein Remedium gegen dergleichen gerichtliches Decisum, als quoad effectum devolutivum, zugelassen werden.

§. 28.

Unterdessen dürfen die Creditores, und insonderheit die Legatarii, nicht auf den Ausgang des Haupt-Processes warten: sondern sie können ihre Actiones gegen den Besitzer anstellen, welcher alsdann schuldig ist, ihnen dasjenige, was erkannt worden, auszuzahlen. Es müssen aber die Creditores und Legatarii caviren, daß, wann etwa künftig das Debitum oder Legatum von dem angeblichen Erben negiret, oder streitig gemacht werden solte, sie rem cum usuris restituiren wollen.

Wann aber die Creditores und Legatarii sicher gehen, und die Caution evitiren wollen, stehet ihnen frey, die Actionem zugleich gegen den Erben als Consortem litis mit anzustellen, und solchen adcitiren zu lassen.

§. 29.

Wann ein bonae fidei possessor die Erbchaft, oder einige Stücke davon, alieniret, und das Pretium verloren gehet, folglich der Besitzer nicht locupletior worden; so ist die Frage entstanden: ob der Erbe die alienirten Stücke von dem Käufer, welcher die Evictions-Klage angestellet, vindiciren könne? oder ob dieser bitten könne, die Klage auszusetzen, bis die Haupt-Sache zwischen ihm und dem Käufer abgethan worden? Wir halten der Billigkeit gemäß, daß die rei vindicatio statt habe, und die Klage, bis die Haupt-Sache ausgemacht ist, nicht ausgesetzt werden dürfe, sondern der Käufer das Ding ausliefern, oder ad depositum bringen müsse.

Ein anders ist, wann der Käufer seinen Regress an den Besitzer, als seinen Auctorem, zu nehmen befugt ist: In diesem Fall kan der Käufer nicht angehalten werden, das Erbschafts-Stück wegzugeben, weil dieser Auctor den Emtorem indemnisiren muß; worzu er pendente lite in causa principali nicht verbunden ist, daher der


(2-237) Part. II. Lib. VII. Tit. XVIII. XIX.

Haupt-Process mit dem bonae fidei possessore zuförderst abgewartet werden muß. b) Wann der Emtor sich gleich anfangs liti offeriret, und das Recht des Auctoris defendiren will; daher gleichfalls die Haupt-Sache zuförderst ausgemacht werden muß.

§. 30.

Und weil auch währendem Erbschafts-Process einige Debitores, welche der Erbschaft schuldig sind, ausfallen können, so stehet sowol dem Besitzer als dem Erben frey, die Haereditarios Debitores zu belangen: Wann aber diese condemniret werden, sind sie nicht schuldig, einem oder dem andern die Zahlung zu thun, sondern sie müssen das schuldige Capital nebst Zinsen gerichtlich deponiren.

Wann beyde zugleich agiren, oder der Debitor exceptionem plurium Interessentium opponiret, müssen beyde einen communem Mandatarium bestellen, oder gewärtigen, daß dergleichen Mandatarius ex officio bestellt werde; welcher communi nomine die Schulden beytreiben, und solche, bis der Haupt-Process geendiget, ad depositum bringen muß.

Im Fall sowol einer als der andere die Gelder gegen sichere Caution an sich nehmen wolte, muß der Richter denjenigen, welcher die beste Caution praestiret, oder bey dem die wenigste Gefahr zu besorgen, vorziehen: Welches lediglich auf das Arbitrium judicis ankommt.

§. 31.

Wann der Kläger instituta petitione haereditatis nichts von den Früchten und deren Restitution meldet, kan der Richter auch ex officio nichts erkennen.

§. 32.

Die Petitio haereditatis wird nach Ablauf von 30 Jahren praescribiret, wann dieselbe auch von den Kindern angestellet worden: Massen wir die Subtillitaet, daß die Kinder 30 Jahr als Sui, 30 Jahr als Agnati, und 30 Jahr als Cognati agiren können, hiedurch gäntzlich aufheben.

Tit. XIX.

Was für eine Action der Erbe gegen seinen Mit-Erben habe.

(De judicio familiae erciscundae.)

§. 1.

Wann verschiedene Erben eingesetzt sind, und wegen der Theilung der Erbschaft, oder eines Erbschafts-Rechts oder Guts, Streit unter ihnen entstehet, können dieselben bitten, daß die Theilung unter ihnen vorgenommen werde: welche Actio familiae erciscundae genannt wird.

§. 2.

Die Actio familiae erciscundae ist directa vel utilis: welche letztere denenjenigen gegeben wird, die nicht directe haeredes sind; als den fideicommissarischen Erben, item den haeredibus statutariis & conventionalibus.

§. 3.

Diese Actio familiae erciscundae ist mixta: Dann da in der Erbschaft so wol die Jura in re, als die Jura, welche aus der Obligation der Person herrühren, begriffen sind; so ist diese Actio, so viel die Jura in re anbetrift, realis, so viel aber die Praestationes personales betrift, personalis, und zwar ex quasi contractu: Weil die Cohaeredes, indem sie die Erbschft antreten, sich gleichsam obligiren, des Defuncti Willen, welcher die Erbschaft getheilet hat, zu erfüllen.

G g 3


(2-238) Part. II. Lib. VII. Tit. XIX.

§. 4.

Es können also bloß die Erben unter einander diese Action anstellen: (Daher derjenige, welcher daraus agiren will, erweisen muß, daß er ein Mit-Erbe sey; es wäre dann, daß er sich in dem Besitz des Juris haereditarii befinde.)

n. 1. Wann einer von den Erben verstorben, können dessen Erben, sie mögen Legitimi, Testamentarii oder Statutarii seyn, item die Impuberes arrogati, wegen der ihnen gebührenden Portion diese Action anstellen.

n. 2. Ein Cohaeres kan auch, reliquis invitis, diese Theilung suchen, wann diese auch schon Minores sind, und das Erb-Stück besitzen.

Wann aber der Actor selbst minderjährig ist, kan derselbe ohne des Curatoris Vorwissen, und ohne ein Gerichtliches Decret de alienando zu erhalten, die Theilung nicht fordern.

Wann die Theilung in Abwesenheit eines Cohaeredis vorgenommen wird, kan solches demselben nicht praejudiciren.

§. 5.

Das Objectum dieser Action ist nicht das Jus haereditarium, (dann um dieses wird unter den Cohaereden nicht gestritten) sondern res haereditariae communes; folglich auch alle Praestationes personales, das ist, alle Jura, welche dem Defuncto ex contractu, delicto, & variis causarum figuris zugehöret haben.

Item, was nach des Defuncti Tode ex causa haereditatis der Erbschaft acquiriret worden, oder derselben accresciret ist.

§. 6.

Es gehören also zu dieser Action keinesweges diejenigen Dinge, welche titulo singulari, v. g. jure dominii, gemein sind, auch nicht die Obligationes, weil diese ipso jure unter die Erben getheilet sind, und der Richter, wann die Parteyen nicht einig sind, decidiren muß, wer sie haben, wer dem andern herausgeben soll, oder ob die Obligation gerichtlich deponiret, oder einem gemeinschaftlichen Mandatario ex officio zugestellet werden soll, um zu seiner Zeit die Schuld beyzutreiben: Welches also eigentlich keine Theilung ist.

§. 7.

Es kan auch diese Action nicht angestellet werden, wann schädliche oder schändliche Dinge, als verbotene Bücher, Gift, (et)c. in der Erbschaft gefunden werden, massen solche sofort zernichtiget werden müssen.

§. 8.

Wann auch der Defunctus ex furto vel alio delicto etwas besessen, welches sofort restituiret werden muß; so kan auch dieserwegen nicht auf eine Theilung, wol aber auf die Restitution, wie in dem vorigen Fall auf die Vernichtung, gedrungen werden.

§. 9.

Wann Documenta in der Erbschaft gefunden werden, welche zur Erbschaft gehören, werden dieselben denen eingeräumt, welchen das Ding, wovon die Documenta sprechen, in der Theilung zugefallen.

Wann sie nicht getheilet werden können; behält derjenige die Originalien, welcher den grösten Theil an der Erbschaft hat. Wann die Erben zu gleichen Theilen gehen, müssen sie das Loos werfen, wer die Originalia haben soll; Und ist nicht darauf zu reflectiren, ob die Erben alt oder jung, weiblichen oder männlichen Geschlechts, von grosser oder geringer Condition sind, (et)c.

Es muß aber den andern eine vidimirte Copey von allen Documenten auf gemeine Kosten gegeben werden.


(2-239) Part. II. Lib. VII. Tit. XIX.

§. 10.

Wann iemand durch diese Action die Theilung eines erbschaftlichen Guts suchet, praejudiciret ihm solches nicht, wann er nachher erfähret, daß der andere nicht Cohaeres sey, sondern er kan alsdann petitione haereditatis den erhaltenen Theil von ihm zurück fordern.

Wann iemand per judicatum für einen Miterben declariret worden, und die Theilung darnach geschehen, kan sein Gegner nicht weiter gehöret werden, wann er schon vorgiebt, daß der andere injuria judicis pro Cohaerede declariret worden, oder daß er enormiter laediret sey.

Ein anders ist, wann eine privat-Theilung vorgenommen worden, und der Miterbe sich falso zum Miterben angegeben; Dann in diesem Fall kan ein ieder Erbe seinen Antheil von diesem unbefugten Miterben condictione indebiti zurück fordern.

Es kan auch in diesem Fall die Theilung propter enormen laesionen (nicht aber wegen einer ieglichen geringen Laesion) rescindiret werden: Wiewol diese Rescissio nicht statt hat, 1) wann beyde Theile die Ungleichheit gewust, oder 2) sich über die Laesion verglichen, oder 3) die Theile durch das Loos den Interessenten zugefallen, oder 4) die Ungleichheit erst nach der Theilung entstanden ist.

§. 11.

Was der Richter bey dergleichen Theilung ex officio beobachten muß, solches haben Wir oben in Tit. de communi dividundo angezeiget. Vid. p. 34. seqq.

§. 12.

Wann die Erbschaft einmal getheilet worden, und ein oder ander Stück übrig bleibt, kan solches nicht als ein Erbstück, actione familiae erciscundae; sondern als ein gemeinschaftlich Stück, actione communi dividundi, getheilet werden.

§. 13.

Wann die Erbschafts-Stücke getheilet sind, muß ein ieder den andern die Eviction praestiren, wann schon der Testator selbst die Theilung gemacht hat.

§. 14.

Wann ein Erbe dreyßig Jahr ein Erbschafts-Stück ohnzertheilt besessen, kann dessen Cohaeres keine weitere Action anstellen, noch eine Theilung praetendiren: Ein anders ist, wann iemand dreyßig Jahr eine Rem communem besessen.

Part. II. Libr. VIII.

Tit. I.

Was in diesem achten Buch des zweyten Theil verhandelt wird.

§. 1.

Nachdem Wir in dem vorhergehenden Buch von den Testamenten gehandelt, so folgen nunmehro die Legata, welche nicht anders als in einem Testament verlassen werden können.

§. 2.

In dem Tit. II. wird in genere gezeiget, was die Legata sind, und wie solche verlassen werden. (de legatis.)


(2-240) Part. II. Lib. VIII. Tit. I.

§. 3.

Von den Annuis Legatis und von deren Wirckung wird in dem Tit. III. gehandelt.

§. 4.

In dem Tit. IV. wird gezeiget, was in dem Fall, wann die Servitutes personales legiret werden, darunter begriffen sey.

§. 5.

In dem Tit. V. wird erkläret, was zu dem Legato der Real- oder Praedial-Servituten gehöret.

§. 6.

In dem Tit. VI. wird gezeiget, daß auch ein Ehemann seiner Frauen den von ihre empfangenen Braut-Schatz praelegiren könne. (de dote praelegata.)

§. 7.

Wie ein Testator seinem Debitori die Befreyung von seiner Schuld legiren könne, wird in dem Tit. VII. beschrieben. (de liberatione legata.)

§. 8.

Was das Legatum für einen Effect habe, wann einem die Wahl und Option legiret wird, solches wird in dem Tit. VIII. erkläret. (de optione legata.)

§. 9.

Von dem Legato eines eingerichteten und bestellten Land-Guts, oder dessen Inventarii, und was darunter begriffen sey, wird in dem Tit. IX. gehandelt.

§. 10.

Was durch das Legatum des Goldes, Silbers, Geldes, Schmucks, und Kleider verstanden werde, wird in dem Tit. X. erkläret.

§. 11.

In dem Tit. XI. wird declariret, was der Testator, wann er sein Haus-Geräthe (Supellectilem) legiret, dadurch verstanden habe.

§. 12.

Was unter dem Legato des Vorraths (Penu legato) begriffen ist, wird in dem Tit. XII. beschrieben.

§. 13.

Wann der Testator Getreide, Wein oder Oehl legiret, davon, und was der Testator darunter verstehe, wird in dem Tit. XIII. erkläret.

§. 14.

Wann der Testator dem Legatario den Unterhalt, (Alimenta) oder Speise und Tranck, (Cibaria) legiret, davon, und was dazu gehöre, wird in dem Tit. XIV. gehandelt.

§. 15.

Wann der Vater seinen Kindern das Peculium legiret, solches, und worin alsdann das Legatum bestehe, wird in dem Tit. XV. beschrieben.

§. 16.

Weil auch der Testator den Legatis Conditiones, Demonstrationes, Causas, & Modos beyfügen kan, so wird diese Materie in dem Tit. XVI. erörtert.

§. 17.

Und weil zu wissen nöthig, wann, und von welcher Zeit an, der Legatarius das Legatum acquirire, so wird von dieser Materie in dem Tit. XVII. gehandelt. (quando Dies legati cedat.)


(2-241) Part. II. Lib. VIII. Tit. III.

§. 18.

Da auch öfters die Praestirung des Legati auf eine Zeitlang ausgesetzet wird, gleichwol aber dem Legatario dieserwegen Sicherheit gestellet werden muß, so wird in dem Tit. XVIII. gemeldet, wie der Erbe die Sicherheit praestiren müsse. (ut legatorum nomine caveatur.)

§. 19.

Endlich wird in dem Tit. XIX. gezeiget, wie die Legata aufhören, und entkräftet werden, nemlich 1) wann der Testator dem Legatario das Vermächtniß wieder wegnimt, adimiret und solches revociret: Art. I. 2) Wann das Legatum selbst corruiret: Art. II. 3) Wann des Testatoris Disposition zweifelhaftig ist: Art. III. 4) Wann das Legatum ipso jure null und nichtig ist: Art. IV. 5) Wann ein Legatum pro non scripto gehalten wird: Art. V. 6) Wann das Legatum dem Legatario dieserwegen, weil er sich des Legati unwürdig gemacht, entzogen wird: Art. VI. 7) Wann der Testator in der Person des Legatarii, oder in re legata irret: Art. VII.

Tit. II.

Von den Vermächtnissen, welche per Legatum geschehen.

(De Legatis.)

§. 1.

Das Legatum ist ein Geschencke, welches der Testator dem Legatario in seinem Testament vermacht, und von dem Erben praestiret werden muß.

§. 2.

Es gründet sich also das Legatum auf den Willen und Disposition des Testatoris, welcher daher klar und deutlich declariret werden muß: folglich kan kein Legatum durch Zeichen oder Wincken (et)c. constituiret werden.

Es ist aber nichts daran gelegen, ob der Testator seinen Willen verbis directis, z. E. mein Erbe soll dem Mevio 100 Rthlr. bezahlen, oder verbis obliquis declarire, z. E. ich ersuche meinen Erben, dem Mevio 100 Rthlr. zu bezahlen.

§. 3.

Hauptsächlich aber wird erfordert, daß der Testator dergleichen Legatum in einem Testament hinterlasse: folglich wird supponiret, daß er fähig seyn müsse ein Testament zu verfertigen:

Es kan also a) kein Legatum gelten, wann der Testator ein Testament zu verfertigen unfähig ist: b) wann das Legatum nicht in einem Testament, sondern in dem Codicill verlassen, oder die Erben ab intestato durch ein Billet ersuchet werden, ein Legatum zu bezahlen.

§. 4.

Der Testator kan bloß diejenigen mit dergleichen Legatis beschweren, welche einen Vortheil aus seinem Testament geniessen, folglich a) die instituirten ersten Erben; b) die substituirten zweyten Erben, sie mögen directi oder fideicommissarii seyn: item c) den Erben desjenigen, welchen er zum Erben eingesetzet hat, iedoch bloß in so weit dieser instituiret worden; weil auch Haeres haeredis das Factum Testatoris praestiren muß; d) es kan auch der Testator den Legatarium verbinden, daß er nach einiger Zeit, oder nach seinem Tode, das Legatum einem dritten restituiren solle.

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(2-242) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

n. 1. Wann also der Testator einen andern mit Legatis beschwere, welcher keine Vortheil aus dem Testament hat, z. E. wann er seinem enterbten Sohn besfiehlet, dem Cajo 100 Rthlr. zu geben, ist das Legatum ungültig; und wann dergleichen Legatum auch schon einer piae causae vermacht worden, ist der Erbe nicht schuldig solches zu praestiren.

n. 2. Im übrigen verstehet sich von selbsten, daß die Legata, mit welchen der instituirte Erbe beschweret worden, auch von dem Substituto entrichtet werden müssen, wann nicht der Testator ausdrücklich das Gegentheil disponiret.

§. 5.

Dergleichen Legata können bloß denenjenigen hinterlassen werden, welche fähig sind, etwas aus einem Testament zu acquiriren: und ist genug, wann sie die Fähigkeit zur Zeit des verfertigten Testaments, und zur Zeit des Testatoris Absterben haben, massen die mittlere Zeit ihnen nicht schaden können.

n. 1. Unter dergleichen fähige Personen gehören auch die erlaubten Collegia, Geistliche Stifter, Städte, Kirchen (et)c. Und was dergleichen Corporibus vermacht wird, daran haben Singuli keinen Antheil.

n. 2. Wann einem Bischof, Praelaten, Priester, Bürgermeister (et)c. etwas legiret wird, kan sich das Capitulum, die Kirche, die Stadt (et)c. des Legati nicht anmassen; es wäre dann, daß auch der Successorum in der Disposition Meldung gethan werde.

§. 6.

Wann in genere den Armen etwas legiret, und der Ort nicht exprimiret wird, so werden diejenigen Armen praeferiret, welche bey der Kirche, wozu sich der Testator gehalten, vorhanden sind.

n. 1. Wann er sich zu keiner gewissen Kirche gehalten, oder ein Fremder ist, kommt das Legatum allen Armen des Orts zu gute, wo er sein Domicilium gehabt.

§. 7.

Wann der Testator seinen armen Verwandten in genere etwas legiret, so werden a) diejenigen vorgezogen, welche gar nichts im Vermögen haben, und wegen Alters, Kranckheit (et)c. nichts verdienen können; b) Nach diesen werden diejenigen vorgezogen, welche ihre tägliches Brodt nothdürftig mit ihrer Hände Arbeit verdienen müssen, ob sie schon etwas weniges mit im Vermögen haben: Wann c) viele arme Verwandten concurriren, muß bey der Distribution auf die Schulden, Menge der Kinder, auf die Dignitaet (et)c. mit reflectiret werden, welches alles dem Arbitrio Judicis lediglich überlassen wird.

§. 8.

Wann unserm HErrn GOtt, oder einem so genannten Heiligen, etwas vermacht wird, (welches bey den Catholischen zu geschehen pflegt:) so muß das Legatum zum nothwendigen Gebrauch der Kirchen und des Gottes-Dienstes, oder zu Unterhaltung der Armen, wann sonst keine andre Mittel vorhanden, angewandt werden. In dem letztern Fall werden die Armen des Orts, wo der Testator sein Domicilium hat, in genere admittiret: es wäre dann, daß, wann einem Heiligen etwas legiret wird, eine Kirche dieses Ordens an dem Ort vorhanden sey; welchenfalls diese Kirche, welche denselben Heiligen zu ihrem Patron gewehlet, vorgehet: Wann viele Kirchen von demselben Orden des Orts vorhanden sind, wird die ärmste Kirche praeferiret.

§. 9.

In allen diesen Fällen muß nicht das Capital unter die Armen getheilet, sondern dasselbe an sichere Oerter ausgethan, und bloß die Zinsen unter die Armen vertheilt werden; es wäre dann, daß nur eine kleine Summe, mit der Intention, um solche unter die Armen auszutheilen, legiret worden.

n. 1. Die Distributio aber wird bey den Stiftern dem Capitulo und Kirchen-Vorstehern; bei den Kirchen dem Ministerio und Vorstehern; bey Armen-Häusern


(2-243) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

den Administratoribus hiedurch aufgetragen: welche nach ihren theuren Pflichten den Nothdürftigsten die Almosen repartiren müssen.

n. 2. Weil aber öfters einige gutthätige Hertzen einer gewissen Person die Repartition ihrer Legatorum auftragen, so muß es dabey billig gelassen werden.

§. 10.

Es kan auch der Testator einer Person, welche unbekannt ist, aber zu seiner Zeit ausfündig gemacht werden kan, etwas legiren; daher das Legatum, welches einem Posthumo vermachet wird, gültig ist, wann nur derselbe nachher lebendig zur Welt kommet.

§. 11.

Es kan auch eben dasselbe Ding zweyen und mehreren Legatariis conjunctim

legiret werden; Wann einer davon deficiret, aquiriret der instituirte Erbe dessen Antheil, nicht aber der Collegatarius: weil Wir das Jus Accrescendi gäntzlich aufgehoben haben.

§. 12.

Hingegen können denenjenigen keine Legata vermachet werden, welche 1) unfähig sind, etwas aus dem Testament zu lucriren: Worunter auch die Heyden und Juden, nicht weniger diejenigen gehören, welche nicht unter den dreyen im Römischen Reich recipirten Religionen begriffen sind. Vid. supra §. 5.

2) Wann die Legata in Ansehung des Legatarii pro non scriptis gehalten, oder den Legatariis als indignis entzogen werden, von welchen unten Tit. XIX. Art. V. & Art. VI. gehandelt wird.

3) Einer unbekannten Person, welche niemand kennet, und die auch nicht ausfündig gemacht werden kan, kan gleichfalls kein Legatum vermacht werden.

4) Es kan auch der Testator seinem instituirten Erben kein Legatum vermachen, weil dieser zugleich Debitor und Creditor seyn würde: Ein anders ist, a) wann er den Kindern seines Erbens etwas vermacht: oder wann er b) verschiedene Haeredes instituiret, und dem einen etwas legiret: In welchem Fall ein Unterscheid zu machen, ob der Testator den Cohaeredem allein chargiret habe, das Legatum zu bezahlen, oder ob er in genere disponiret habe, daß dem ersten Erben 100 Rthlr. gezahlet werden sollen.

In dem ersten Fall muß der Cohaeres allein von seinem Antheil das gantze Legatum bezahlen: In dem andern Fall aber subsistiret das Legatum nur in Ansehung des Cohaeredis, und in so weit er solches von seinem Antheil zu entrichten schuldig ist, folglich nur zur Hälfte: In Ansehung des andern Theils aber, welchen der erste Erbe sich selber bezahlen müste, ist das Legatum ungültig, und diese Hälfte bleibet in der Massa haereditatis.

Und aus eben der Ursache gilt auch 5) das Legatum nicht, wann der Testator zweyen instituirten Erben conjunctim eben dasselbe Ding legiret: Es wäre dann, daß noch ein dritter Erbe instituiret worden, welchenfalls das Legatum in Ansehung des Antheils, welchen dieser Dritte beytragen muß, subsistiret; derjenige Antheil aber, welchen die beyden Conjuncti sich selber praestiren müssen, bleibt in der Massa haereditatis.

§. 13.

Wann verschiedene Erben instituiret, und einem ein Praelegatum vermacht worden, das ist, ein solches Legatum, welches er vor der Theilung der Erbschaft voraus nehmen soll, acquiriret er den einen Theil, welchen er sich selbst praestiren müste, jure haeredis, die andern Theile aber von seinen Miterben jure legati.

§. 14.

Es können regulariter alle Dinge legiret werden, sie mögen beweglich oder unbeweglich, cörperlich oder uncörperlich seyn, so wol res singulares als universae,

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(2-244) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

item, Species, Genus und Quantitas, &c. wie dann auch die Facta legiret werden können.

§. 15.

Es können also I. legiret werden so wol die Servitutes personales, nemlich 1) Ususfructus, 2) Usus, und 3) Habitatio; als die Servitutes praediales: Von beyden soll unten Tit. IV. & V. gehandelt werden.

§. 16.

II. Können auch legiret werden Res universae; folglich kan ein Testator dem Legatario all sein Vermögen, oder alle seine Güter, (omnia bona) nicht weniger Portionem haereditatis, (nicht aber totam haereditatem, vid. infr. §. 35.) und Portionem bonorum vermachen.

§. 17.

Unter dem Legato Omnium bonorum werden alle Testatoris Güter, bewegliche und unbewegliche, cörperliche und uncörperliche, und alles, was zur Substantz des Vermögens gehöret, begriffen.

n. 1. Dergleichen Legatarius ist nicht Erbe, sondern alle Jura der Erbschaft, so wol activa als passiva, bleiben bey dem eingesetzten Erben, derselbe kan also allein die Actiones haereditarias anstellen, und aus denselben belanget werden.

n. 2. Es darf aber der Erbe dem Legatario das Vermögen nicht überliefern, als deducto aere alieno: Er selbst aber kan keine Quartam Falcidiam deduciren.

n. 3. Wann er die Erbschaft anzutreten Bedencken hat, soll dieselbe, um das Legatum zu conserviren, ipso jure pro adita gehalten, im übrigen aber dem Haeredi ab intestato übertragen, und, wann dieser die Erbschaft repudiiret, ein Curator haereditatis bestellet werden.

n. 4. Was alsdann, wann der Testator nicht Omnia bona, sondern Usumfructum omnium bonorum legiret, Rechtens sey, davon soll unten Tit. IV. gehandelt werden.

n. 5. Wann der Testator dem Legatario Portionem haereditatis legiret, wird dieser dadurch nicht Erbe, und der Legatarius erlanget dadurch kein Jus haereditarium oder Erb-Recht, folglich kan er weder petitionem haereditatis anstellen, noch contra Creditores haereditarios agiren, noch von den Creditoribus haereditariis belanget werden (et)c. weil er die Erbschaft nicht ex titulo universali, sondern particulari, nemlich titulo legati, acquiriret.

n. 6. Jedoch kan er von dem Erben angehalten werden, pro rata seiner Portion, die Onera, welche der Erbschaft ankleben, zu tragen, und die Schulden zu bezahlen.

n. 7. Es hat auch der Erbe die Wahl, ob er die Portion dem Legatario in natura praestiren, und z. E. demselben die Actiones pro rata cediren wolle: (wann nemlich die Erbschaft füglich getheilet werden kan) oder ob er demselben den Werth dafür entrichten wolle.

In dem ersten Fall kan der Legatarius ex jure cesso gegen die Debitores haereditarios actione directa agiren.

n. 8. Wann Portio bonorum vermacht wird, so ist der Legatarius nicht schuldig, die Onera zu übernehmen, sondern der Erbe ist schuldig deductis oneribus ihm seine Portion zu praestiren; weil das Vermögen nicht anders als deducto aere alieno gerechnet werden kan.

n. 9. Wann derjenige, welcher portionem bonorum dem Legatario praestiren soll, nach des Testatoris Tode einige Früchte percipiret, darf er solche dem Legatorio nicht praestiren, wann er sonst nicht in mora praestandi gewesen ist.

§. 18.

Es kan auch III. der Testator ein Genus, das ist, ein Ding legiren, wovon viele Species von derselben Art vorhanden sind: Wann also der Testator dem


(2-245) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

Legatario in genere ein Pferd, Schaf, Ochsen, Haus, Vorwerck, einen Hund, (et)c. legiret, und verschiedene Pferde, Hunde, Häuser, Vorwercke, Güter besitzet, gilt das Legatum.

Es ist aber die Frage: Wem die Wahl unter diesen Speciebus zustehe? Da nun der Testator dem Legatario eine Wohlthat bezeugen wollen, so ist der Billigkeit gemäß, daß der Legatarius wehlen könne; wann auch schon der Testator dem Erben befohlen und ihm aufgetragen, daß Er das Genus, nemlich ein Pferd, dem Legatario liefern solle.

n. 1. Es kan aber der Legatarius nicht das Beste, sondern er muß eines von der Mittel-Gattung wehlen, und wann der Erbe sich mit dem Legatario nicht vereinigen kan, muß der Richter die Sache decidiren.

Ein anders ist, wann der Testator dem Legatario in specie die Option und Wahl legirte. Vid. Tit. de optione legata. p. 204.

n. 2. Wann nur zwey Species ejusdem generis vorhanden, muß der Legatarius mit dem schlechtesten zufrieden seyn.

n. 3. Wann von dem Genere zur Zeit des Testatoris Absterben nur eine Species übrig ist, muß solche dem Legatario praestiret werden.

Es wird aber bey diesem Legato generis erfordert, 1) daß das Genus existire: Wann also der Testator iemanden ein Pferd legiret, und keine Pferde hat, ist das Legatum ungültig, und darf auch nicht einmal der Werth davon entrichtet werden; weil es eben so viel ist, als ob der Testator ein unbekanntes Ding (rem ignotam) legiret hätte. 2) Daß das Legatum einen Nutzen habe: Daher gilt das Legatum generis nicht, wann der Testator iemanden ein Thier vermacht; weil der Erbe dem Legato ein Genügen thun würde, wann er dem Legatario auch nur eine Maus (et)c. lieferte.

§. 19.

Es kan der Testator auch IV. Quantitatem legiren: z. E. Dem Titio vermache ich 100 Rthlr., 10 Ohmen Wein, 2 Winspel Roggen, (et)c.

Wann der Testator zugleich den Fundum oder das Gefäß anweiset, woraus die Quantitaet genommen werden soll, so ist ein Unterschied zu machen, ob der Fundus, und das Gefäß, Demonstrationis oder Taxationis gratia angewiesen werden.

n. 1. Regulariter ist die Vermuthung, daß der Testator den Fundum und das Gefäß nur demonstrationis gratia angewiesen habe, folglich der Erbe, wann an dem angewiesenen Ort nicht so viel vorhanden, den Mangel suppliren müsse: Dann da der Testator geglaubt, daß das assignirte Quantum aus dem Fundo oder dem Gefäß erfolgen könne, so kan der Irrthum des Testatoris dem Legatario nicht praejudiciren: Wann also der Testator dem Cajo 100 Rthlr. aus seiner Chatoulle; 10 Ohmen Wein aus seinem Weinberg, oder aus dem Faß sub No. I. 2 Winspel Roggen aus seinem Vorwerck legiret, muß der Erbe das gantze Quantum praestiren, wann schon nicht die Hälfte aus dem Gut, Weinberg oder Vorwerck gewonnen, oder in dem Faß und der Chatoulle gefunden wird.

n. 2. Ein anders ist, wann der Testator das Quantum in specie auf dasjenige, was aus dem Gut gewonnen wird, oder in dem Faß und der Chatoulle befindlich ist, restringiret: z. E: wann er dem Cajo die Revenüen seines Guts, welche er auf 1000 Rthlr. taxiret,oder 10 Ohmen Wein von der nächsten Weinlese, oder die 4 Ohmen Wein, die in dem Faß No. I. befindlich sind, oder die 100 Rthlr. welche in der Chatoulle liegen, (et)c. legiret. In diesem Fall wird der Fundus und das Gefäß Taxationis gratia angewiesen, und darf der Erbe ein mehreres nicht, als was aus dem Gut, Weinberg, und Vorwerck gewonnen, oder wircklich in dem Faß und der Chatoulle gefunden wird, praestiren.

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(2-246) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

n. 3. Not. Wann der Fundus, woraus die Quantitas legiret worden, alieniret wird, kan der Legatarius dieses Quantum von einem ieden Besitzer einfordern, weil der Fundus selber dafür haftet.

n. 4. Wann der Testator dem Legatario ein Capital vermacht, mit der Condition, daß der Erbe, so lang er das Legatum nicht praestiret, solches mit 8 pro Cent. verzinsen soll, so darf der Erbe nicht mehr als die Land-üblichen Zinsen bezahlen.

§. 20.

Es kan auch V. der Testator die Hoffnung (spem) legiren, z. E. wann er ein Ding legiret, welches ihm sub Conditione versprochen worden: oder welches der Feind geraubet hat; weil er einige Hoffnung hat, das Ding jure postliminii zu recuperiren.

Wir haben an einem andern Ort gezeiget, daß dergleichen Spes ein wahres, aber eventuales Recht, folglich das Legatum purum sey, und nur die Praestation auf einen ungewissen eventum ausgesetzet werde; daher dergleichen Legatum spei auch auf die Erben transmittiret wird.

n. 1. Dergleichen Legatum spei ist auch, wann der Testator fructus nascituros legiret; dann wann keine Früchte gewonnen werden, darf auch der Erbe keine praestiren.

§. 21.

Es kan auch VI. ein Testator Rem Litigiosam legiren, das ist, ein Ding oder Recht, welches ein andrer in gerichtlichen Anspruch genommen, und im Process befangen ist.

Es darf aber alsdann der Erbe nichts mehr praestiren, als was durch Urthel und Recht erkannt wird, und muß der Erbe den Process auf seine Kosten ausmachen: Worbey iedoch dem Legatario frey stehet, suo jure zu interveniren, im Fall der Erbe nicht allen behörigen Fleiß in Betreibung der Sachen anwenden solte.

n. 1. Es verstehet sich aber dieses bloß, wann der Testator gewust hat, daß Res litigiosa sey; (welches der Erbe erweisen muß.) Dann wann er es nicht gewust, muß der Erbe das Legatum frey praestiren, oder den Werth bezahlen; und darf der Legatarius den Ausgang des Processes nicht abwarten.

n. 2. Not. Wann der Erbe den Process gewinnet, kan der Legatarius (welcher ipso jure Herr des legirten Dinges ist) das Ding von einem ieden Besitzer vindiciren.

§. 22.

Es kan auch VII. der Testator Rem communem, das ist, ein Ding, welches er mit einem andern in Gemeinschaft besitzet, legiren: Dieses Legatum aber gilt bloß für seinen Antheil.

§. 23.

Gleichergestalt kan VIII. ein Testator dasjenige Recht, was er an einem fremden Dinge hat, (Jus in re aliena) nemlich emphyteusin, superficiem, &c. legiren: Diese Legata aber gelten nicht weiter, als in so weit sich des Testatoris Recht daran erstrecket, daher dieselben mit dem Recht des Testatoris aufhören.

n. 1. Wann der Testator vor seinem Ende per consolidationem das legirte Ding pleno jure acquiriret, muß das gantze Ding dem Legatario praestiret werden.

§. 24.

Es kan auch IX. der Testator ein Ding legiren, welches ihm zwar eigenthümlich zustehet, er aber einem andern verpfändet hat. (Rem alii pignori datam.)

n. 1. Wann er wissentlich, daß es verpfändet sey, dergleichen Dinge legiret, (welche Scientiam der Legatarius zu erweisen schuldig ist) muß der Erbe das Pfand


(2-247) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

auslösen, und solches dem Legatario frey einliefern: wann dieser auch schon gewust hat, daß das Ding mit diesem Onere behaftet gewesen; oder wann schon der Testator das Ding erst nach dem Testament verpfändet hat.

n. 2. Wann der Testator von der Verpfändung nichts gewust, muß der Legatarius das Pfand auslösen: es wäre dann, daß der Testator auch diese Auslösung dem Erben speciatim auferlegt hätte.

§. 25.

Es kan der Testator auch IX. dem Legatario Rem haeredis, das ist, ein Ding, welches dem instituirten Erben eigenthümlich zugehöret, legiren, weil der Erbe factum testatoris praestiren muß.

n. 1. Wann der Erbe, unwissend, daß der Testator von diesem Ding disponiret hat, solches veräussert, muß er dem Legatario den Werth praestiren. Wann er es aber dolose veräussert, muß er dem Legatario alles Interesse erstatten, welches der Legatarius juramento in litem bekräftigen kan.

§. 26.

Gleichergestalt kan der Testator auch ein Ding legiren, welches dem Erben des instituirten Erbens zustehet. Vid. supr. §. 4. p. 241.

§. 27.

Es kan der Testator auch X. Rem alienam, das ist, ein Ding, welches ihm nicht zugehöret, legiren; wann nemlich der Testator gewust, daß es res aliena sey. Welchenfalls der Erbe von dem Eigenthümer entweder das legirte Ding kaufen, und solches dem Legatario einliefern; oder demselben den Werth praestiren muß.

n. 1. Wann der Testator nicht gewust, daß es res aliena sey, sondern geglaubet, daß ihm das legirte Ding eigenthümlich zustehe, kan das Legatum nicht gefordert werden, und darf der Erbe nicht einmal den Werth praestiren; es wäre dann, daß der Testator einem von seinen Verwandten, oder einer verschwägerten Person, bis in dem dritten Grad, dergleichen rem alienam vermacht hätte.

n. 2. Wann ungewiß ist, ob der Testator gewust habe, daß das Legatum res aliena sey, muß der Legatarius scientiam testatoris erweisen.

n. 3. Wann der Testator, nachdem er rem alienam wissenlich legiret hat, nachher das Eigenthum desselben Dinges erlanget, so ist ein Unterscheid zu machen, ob er das fremde Ding titulo lucrativo oder oneroso acquiriret, und z. E. solches durch einen Kauf an sich gebracht habe.

In dem erstern Fall darf der Erbe das Legatum nicht praestiren; Es wäre dann, daß der Testator nicht das Ding selbst, sondern nur dessen Werth ex causa lucrativa acquiriret hätte. (Weil derjenige, welcher bloß die Aestimation erlanget, dadurch das Ding selbst noch nicht erlanget hat.)

In dem letztern Fall muß der Testator das Legatum praestiren; weil die Vermuthung ist, daß der Testator zu dem Ende das Ding gekaufet habe, damit das Legatum nicht ohne Effect bleiben möge.

n. 4. Wann der Testator nur einen Theil des legirten Dings erkauft (et)c. darf der Erbe auch nur diesen Theil dem Legatario praestiren.

§. 28.

Der Testator kan auch XI. dem Legatario Nomen, das ist, das Debitum, was ihm ein Tertius schuldig ist, legiren: Welchenfalls der Erbe nicht angehalten werden kan, praecise das schuldige Quantum dem Legatario zu praestiren, sondern es ist genug, wann er diesem die Action cediret, und kan alsdann der Erbe actione directa gegen den Tertium agiren.

§. 29.

Wir haben XII. oben gemeldet, daß auch Facta legiret werden können: Solchergestalt kan der Testator seinem Erben anbefehlen, daß er des Caji Haus repariren, den Cajum von seinen Schulden liberiren solle (et)c.


(2-248) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

n. 1. Es kan auch der Testator dem Cajo einige Personal- oder Hand-Dienste (Operas) legiren, welche ihm von dem Erben praestiret werden sollen: Wann der Testator ihm die Operas eines dritten legiret, muß der Erbe den Werth dem Cajo praestiren.

n. 2. Wann Operae legiret werden, fänget die Obligation nicht an von dem Absterben des Testatoris, sondern von dem Tage, da der Legatarius die Dienste zu fordern anfängt.

n. 3. Es werden auch diese legirten Dienste durch den non usum nicht verloren: es wäre dann a) per usucapionem, wann sie von dem Legatario gefordert, und von dem Erben denegiret worden: b) Wann der Legatarius sie in 30 Jahren nicht gebraucht hat. Vid. supr. pag. 77. §. 26. pag. 80. §. 36.

n. 4. Dieses Legatum operae ist keine Servitus: es wäre dann, daß zwey Praedia vicina seyn, und die Utilitas praedii dabey concurrire.

n. 5. Es müssen die Facta, welche legiret werden, nicht unvernünftig noch schändlich seyn, auch nicht wider die guten Sitten laufen, massen dergleichen Legata nicht gelten sollen.

n. 6. Ferner müssen die Facta dergestalt beschaffen seyn, daß der Testator davon disponiren könne: Wann also der Testator seinem Erben befiehlt, daß er den Cajum, welcher in die Acht erkläret worden, von seinen Schulden befreyen solle, ist das Legatum ungültig, weil der Testator keinem Proscripto etwas legiren kan.

§. 30.

Hingegen können nicht legiret werden I. diejenigen Dinge, welche nicht in Commercio des Testatoris und des Legatarii sind: Worunter gehören a) die Res jure gentium communes; b) Res sacrae, sanctae, & religiosae: so gar, daß der Erbe weder den Werth derselben, noch die von dem Testatore beygefügte Strafe praestiren darf.

n. 1. Es convalesciret auch dergleichen Legatum nicht, wann schon nach errichtetem Testament das legirte Ding in commercio zu seyn anfängt; weil dasjenige, was von Anfang null und nichtig ist, nachhero auf keine Wege gelten kan.

n. 2. Ein anderes ist, wann das legirte Ding bloß extra commercium haeredis ist: In diesem Fall muß der Erbe den Werth dem Legatario praestiren.

n. 3. Ein anderes ist auch, wann dergleichen Dinge sub conditione legiret werden, wann sie nemlich aufhören werden extra commericium zu seyn.

n. 4. Schließlich können die Res sacrae ad usus sacros, und die Res religiosae ad usus religiosos legiret werden.

§. 31.

II. Es kan auch der Testator dem Legatario kein Ding vermachen, welches diesem zur Zeit, da das Testament verfertiget worden, ohnedem schon eigen ist, (Rem legatario propriam) wann schon der Testator, daß das Ding ihm zugehöre, und er davon disponiren könne, geglaubt hat; Dergleichen Legatum convalesciret nicht, wann auch schon der Legatarius nach errichtetem Testament das Ding bona fide veräussert: es kan auch der Legatarius nicht den Werth des Legati von dem Erben praetendiren.

n. 1. Ein anders ist, 1) wann der Legatarius, welchem res propria legiret wird, nur ein zeitiges und revocables Recht an dem Ding hat; Alsdann muß der Erbe dem Legatario das völlige Eigenthum frey von allem Onere verschaffen. 2) Wann der Testator die Condition beyfüget, wann das Ding aufhören wird des Legatarii zu seyn; Welchenfalls der Erbe existente Conditione das Legatum praestiren muß. 3) Wann der Testator zwar glaubt, daß das Ding, welches er legiret, res propria Legatarii sey, in der That aber dem Testatori zugehöret: In diesem Fall wird die Wahrheit dem Irrthum des Testatoris


(2-249) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

vorgezogen. (Plus enim est in veritate, quam opinione.) 4) Wann der Legatarius nach errichtetem Testament erst das legirte Ding acquiriret; In diesem Fall muß der Erbe ihm gleichfalls den Werth praestiren.

§. 32.

III. Gilt auch das Legatum nicht, wann der Testator iemanden Rem alienam legiret, welche er geglaubt, daß sie sein eigen sey, und daß er davon habe disponiren können. Vid. supr. §. 27.

§. 33.

IV. Am wenigsten kan der Testator ein Ding legiren, welches nicht existiret, noch in rerum natura ist: z. E. wann ein Testator sein verstorbenes Pferd legiret; oder ein Gut, das durch ein Erdbeben versuncken ist. (et)c. Und darf der Erbe so wenig den Werth, als die von dem Testatore allenfalls beygefügte Strafe praestiren.

n. 1. Ein anders ist, wann das Ding existiren kan, ob es schon nicht wircklich existiret, vid. supr. §. 20. Unterdessen aber, und währender dieser Ungewißheit oder Hoffnung, muß der Erbe Caution praestiren.

§. 34.

V. Es gilt auch das Legatum nicht, wann es inutile ist, das ist, wann der Legatarius keinen Nutzen daraus erlanget: z. E. wann ihm in genere ein Thier vermachet wird; vid. supr. §. 18. oder wann ein Debitor seinem Creditori dasjenige, was er diesem schuldig ist, legiret.

Ein anders ist, wann plus in Legato als in dem Debito ist: z. E. wann der Debitor dem Creditori die Schuld, welche eine Condition mit sich führet, pure legiret; oder, wann der Debitor nur ex obligatione personali schuldig gewesen, weil der Creditor nunmehr ex legato actionem realem erlanget; item, wann der Debitor vorhin eine Exceptionem hätte opponiren können, ietzo aber der Creditor durch das Legatum ipso jure sicher ist; oder wann der Creditor sonst ratione loci &c. einigen Vortheil erlanget.

n. 1. Wann dasjenige, was plus in legato ist, nach errichtetem Testament, iedoch vor des Testatoris Tode, cessiret und wegfällt, subsistiret dennoch das Legatum, weil es einmal gültig gewesen ist: Wann aber das Utile nach des Testatoris Tode cessiret, wird dadurch das Legatum nicht utile gemacht.

n. 2. Wann ein Debitor seinem Creditori 100 Rthlr. vermacht, ohne des Debiti Meldung zu thun, muß dieses Legatum besonders, und ausser dem Debito, praestiret werden, wann auch schon das Debitum eben dasselbe Quantum ausmachet; Folglich kann der Erbe dem Creditori keine Compensation opponiren: Es wäre dann, daß der Erbe eine andere Intention des Testatoris erweisen könte.

§. 35.

Es kan auch VI. der Testator die gantze Erbschaft nicht legiren, weil dergleichen Jus universale nicht titulo singulari sondern bloß universali transferiret werden kan; Ein Theil der Erbschaft aber kan legiret werden: Von dem Effect dieses Legati partiarii ist oben gehandelt worden. Vid. §. 16. p. 244.

§. 36.

Es ist VII. in den Römischen Gesetzen statuiret, daß Res aedium, das ist, Dinge, welche zu einem Hause gehören, nicht legiret werden können; als Thüren, Fenster, Statuen, Säulen; (et)c. Es wäre dann, daß der Testator zwey Häuser hätte, und die benannten Stücke aus einem Hause in das andere transferiret werden; oder wann sie zu Erbauung eines operis publici, oder zu Bezahlung eines Debiti publici, legiret werden (et)c. Weil Wir aber keine Ursach finden, dergleichen Legata zu verbieten, so sollen dieselben gültig seyn.

§. 37.

Schließlich und VIII. wird gefragt: ob der Testator eben dasselbe Ding dem Legatario zweymal vermachen könne? Hiebey ist ein Unterscheid zu machen, ob eine Species und Corpus, oder eine Quantitas legiret sey.

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(2-250) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

Wann eine Species oder Corpus legiret ist, so darf der Erbe das Legatum nur einmal praestiren, wann schon der Testator verschiedene dergleichen Species oder Corpora besitzet: Es wäre dann, daß zwey Haeredes instituiret wären, und der Testator von einem ieden dergleichen Speciem und Corpus legiret hätte: da dann ieder die Speciem, oder, wann nicht mehrere vorhanden, einer die Speciem, der andere den Werth praestiren muß; wann er auch schon die Speciem zuerst gefordert und erlanget hat.

Wann der Testator eine Quantitaet zu verschiedenen malen legiret, darf dieselbe gleichfalls regulariter nur einmal praestiret werden: Es wäre dann, daß der Legatarius erweisen könte, daß des Testatoris Intention gewesen, ihm dieselbe Summe zweymal zu legiren; als wann der Testator in zweyen hinterlassenen gültigen Testamenten dem Legatario dieselbe Summe vermacht; oder die zweyte Summe in einer andern Müntz-Sorte; oder aus einer andern Ursache; oder unter einer andern Condition; oder an einem andern Ort; oder auf einen andern Termin vermacht wäre; oder die Quantitaet selbst differirte; oder wann ein Testator verschiedenen Erben anbefohlen hätte, dasselbe Quantum dem Legatario zu praestiren: welchenfalls der Legatarius die Quantitaet von einem ieden besonders fordern kan.

§. 38.

Im übrigen kan der Testator den Legatis nach Gefallen eine Condition, Tag, Beschreibung oder Demonstration, Causam und Modum beyfügen, worvon untern Tit. XVI. p. 277. gehandelt werden soll.

§. 39.

Es kan auch der Testator dem Legatario einen andern directe vel fideicommissarie substituiren. Vid. supr. §. 4. p. 241.

Not. Wann der Legatarius angewiesen worden, das Legatum dem Cajo zu restituiren, stehet ihm frey, sich dessen zu begeben, und ist er nicht schuldig das Legatum anzunehmen, und solches dem Substituto einzuliefern; sondern es ist genug, wann er dem Substituto seine Actiones gegen die Erben cediret.

Wann der Legatarius einen partem legati zu restituiren angewiesen worden, aber von dem gantzen Legato abstrahiret, darf er dem Substituto nur pro parte restituenda, nicht aber ratione des gantzen Legati, die Actiones cediren.

Im übrigen beziehen Wir Uns auf dasjenige, was Wir ratione fideicommissi universalis oben verordnet haben, welches gleichfalls auf diese Fideicommissa particularia mehrentheils applicable ist. Vid. supr. p. 191.

§. 40.

Der Effectus des Legati in Ansehung des Erben ist I. dieser, daß er das Legatum praecise, oder, wann das Legatum nicht mehr existiret, den Werth davon dem Legatario praestiren müsse.

n. 1. Wann aber der Tag des Legati angehe, und von welcher Zeit dasselbe gefordert werden könne, davon soll unten Tit. XVII. p. 280. gehandelt werden.

n. 2. Wann verschiedene Erben sind, ist ein ieder schuldig, nach Proportion dessen, was er aus der Erbschaft erhalten, seinen Antheil beyzutragen: Es wäre dann, daß der Testator nur Einem Erben die Praestation aufgetragen, oder sonst andere Theile determiniret hätte.

n. 3. Wann der Erbe verstirbt, muß dessen Substitutus die Legata praestiren.

n. 4. Wann der Testator dem Legatario ein Gut vermachet, welchem der Erbe selbst eine Dienstbarkeit zu leisten schuldig ist, muß der Erbe solche Servitut gleichfalls dem Legatario praestiren, wann schon weder in dem Testament, noch bey der Tradition, etwas von der Servitut gedacht worden: Massen nicht gesaget werden kan, daß durch die Institution des Erben die Dienstbarkeit per consolidationem wäre aufgehoben worden.


(2-251) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

n. 5. Der Erbe ist schuldig das Legatum an dem Ort zu praestiren, wo es der Testator zu praestiren befohlen hat: Wann er nichts dieserwegen disponiret hat, und ein gewisses Ding legiret worden, muß das Legatum an dem Ort praestiret werden, wo das Ding befindlich ist.

Wann das Legatum in einem genere oder quantitate bestehet, so muß der Erbe das Legatum an dem Ort, wo der Testator sein Domicilium gehabt, praestiren: Welches auch also zu halten, wann der Erbe das legirte Ding an einen andern Ort transportiret hat.

n. 6. Es ist auch der Erbe in etlichen Fällen schuldig, Caution zu praestiren; wovon in dem Tit. XVIII. gehandelt werden soll.

§. 41.

Der Effectus des Legati in Ansehung des Legatarii ist II. daß er dasjenige Recht, welches der Legatarius an dem legirten Ding gehabt, ipso jure acquirire, wann er auch schon keine Wissenschaft von dem Legato erhalten hat.

n. 1. Wann also der Testator dem Legatario ein Ding legiret, woran der Testator das Eigenthum gehabt, acquiriret der Legatarius ipso jure das Eigenthum; Und wann der Testator dem Legatario ein bey ihm versetztes Pfand, eine Servitut &c. vermacht, acquiriret dieser das dingliche Recht, welches der Testator gehabt hat, folglich actionem confessoriam, hypothecariam &c. gleichfalls ipso jure.

n. 2. Wir supponiren aber, daß der Legatarius das Legatum agnosciret habe, und zwar in totum; weil das Legatum nicht pro parte agnosciret werden kann: es wäre dann, daß eine Quantitas oder res diversae legiret worden.

n. 3. Wann das Legatum durch die Repudiation des Legatarii deficiret, bleibet es in der Erbschaft, wann auch schon einem andern conjunctim dasselbe Ding legiret worden; weil der deficirende Antheil dem Collegatario nicht accresciret.

n. 4. Im übrigen verstehet sich von selbst, daß der Erbe nicht schuldig sey, das Legatum zu praestiren, als nach Abzug aller Schulden; weil die Legata aus dem Vermögen und den Gütern des Testatoris bezahlet werden, es kan aber kein Vermögen als nach Abzug der Schulden gerechnet werden.

§. 42.

Es muß der Erbe nicht allein das Legatum selbst, sondern auch alle dazu gehörige Pertinentzien praestiren: Wann also iemand actione ex testamento das legirte Haus fordert, werden auch die Scheune, Ställe, Boutiquen, Gärten, (welche an dem Hause liegen) (et)c. darunter begriffen.

§. 43.

Ferner muß er dem Legatario alle Accessiones einliefern; nemlich wann einem Fundo durch die Alluvion etwas accresciret; Item die Lämmer, welche der legirten Heerde Schafe zuwachsen; die Servitutes, welche auf dem Fundo legato haften. Item wann sonst dem Legato facto testatoris etwas accediret: als wann er einen Platz (Aream) legiret, nachher aber ein Haus darauf gebauet hat. (et)c. Es wäre dann, daß der Testator schriftlich declarirte, daß er das Haus unter dem legato areae nicht verstanden haben wolle.

Wobey wohl zu mercken, daß, wann das Haus, der Zierath, (et)c. vor des Testatoris Absterben wieder diruiret wird, der Legatarius weder den Werth des Hauses, noch die Materialien praetendiren könne.

§. 44.

Ferner muß der Erbe dem Legatario alle Früchte und Nutzungen praestiren, welche er aus dem Legato nach dem Absterben des Testatoris gehoben und genossen hat; folglich ist der Erbe auch schuldig, die Zinsen des legirten Capitals von der Zeit an zu bezahlen; weil sonst der Erbe sich ex re aliena bereichern würde.

§. 45.

Hingegen kan auch der Erbe die zu Verbesserung und Conservation des Legati verwandte Kosten, wann sie nothwendig sind, zurückfordern. Hierunter aber gehören

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(2-252) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

nicht diejenigen Kosten, welche der Erbe anwenden muß, um dem Legatario das Legatum zu liefern und zu praestiren, z. E. wann ein Dritter das legirte Ding besitzet, von welchem er es durch einen Proceß vindiciren muß; dann diese ist der Erbe schuldig herzugeben.

§. 46.

Wann der Erbe durch seinen dolum vel culpam latam, oder auch, wann er in mora praestandi gewesen, durch seine culpam levissimam, Schaden an dem Legato verursachet, ist er auch dieserwegen dem Legatario gerecht zu werden schuldig; wann er schon vi fideicommissi die Erbschaft einem andern restituiren müssen.

§. 47.

Casum fortuitum aber ist der Erbe zu praestiren nicht schuldig: Es wäre dann, daß er in mora praestandi legatum gewesen, und das Ding, wann es dem Erben wäre tradiret worden, bey diesem nicht würde verloren gegangen seyn; Welches der Erbe erweisen muß.

§. 48.

Wann ein Theil des Legati verloren gehet, muß der Erbe das übrige praestiren. Diesem zu Folge muß der Erbe, wann eine Heerde Schafe von 100 Stück legiret wird, und 99 davon sterben, das einige übrige Stück dem Legatario einliefern; weil die Heerde auch in einem Stück subsistiret, und dergleichen Corpora bald cresciren, bald decresciren.

n. 1. Wann der Testator eine Kuh und ein Kalb legiret, und die Kuh stirbt, muß der Erbe dennoch das Kalb praestiren, weil beyde res principales, folglich zwey Legata sind.

n. 2. Wann ein Genus legiret worden, z. E. ein Pferd (et)c. ohne solches zu beteichnen (= bezeichnen), und alle Pferde ausser einem sterben, behält das Legatum auch in dem letzzen  (= letzten) Pferde seine Kraft: Wann alle Species versterben, höret das gantze Legatum auf. Vid. supr. §. 18. p. 245.

n. 3. Wann der überbleibende Theil ein solches Accessorium ist, welches, wann pars principalis verloren geht, allein nicht bestehen kan, so höret das Legatum auch ratione accessorii auf.

Wann also der Testator dem Legatario ein Pferd mit Sattel und Zeug legiret, und das Pferd stirbet, darf der Erbe diese Zierathe nicht praestiren: Item wann ein Gut mit dem Inventario, ein Haus mit allem Hausrath legiret wird, der Testator aber nachher das Gut und Haus ohne Inventario und ohne Hausrath alieniret, kan der Legatarius weder das Inventarium noch den Hausrath fordern.

§. 49.

Wann der Testator dem Legatario etwas vermacht, und dessen Praestation dem Erben bey einer namhaften Strafe auferleget hat, muß der Erbe, wann er in mora ist, auch diese Strafe dem Legatario praestiren.

§. 50.

Wann der Erbe das Legatum leugnet, kan der Legatarius ad duplum agiren.

§. 51.

Der Haupt-Effect der Legatorum ist III. daß der Legatarius, wann das Legatum purum ist, sofort nach Absterben des Testatoris die ihm zustehende Actiones gegen den Erben anstellen könne, und zwar ehe er noch die Possession ergriffen hat.

§. 52.

Es erlanget aber der Legatarius I. wann ihm eine res corporalis legiret worden, rei vindicationem tum directam tum utilem, vermöge welcher er das legirte Ding von einem ieden Besitzer vindiciren kan.

Er kan aber diese Action cum effectu nicht anstellen, als wann der Erbe die Erbschaft wircklich angetreten hat, weil der Legatarius aus der Hand des Erben das Legatum empfangen muß.


(2-253) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

§. 53.

Wann II. der Testator ausser dem Dominio ein ander dingliches Recht, z. E. eine Servitut, ein Pfand-Recht (et)c. legiret, erlanget der Legatarius actionem confessoriam, hypothecariam &c. von deren Wirckung oben gehandelt worden.

§. 54.

Ferner und III. haben die Gesetze dem Legatario, zur Sicherheit des Legati, eine stillschweigende Hypothec auf alle Güter gegeben, welche der Erbe von dem Testatore nach Abzug der darauf haftenden Schulden erhalten hat; vermöge welcher alle diese Güter dem Legatario verhaftet sind, bis der Erbe das Legatum praestiret.

Es stehet aber auch dem Testatori frey, dem Legatario in des Erben eigenen Gütern eine Hypothec zu constituiren.

n. 1. Diese Actio hypothecaria hat alsdann nur statt, wann keine Species, (weil alsdann dem Legatario die rei vindicatio zustehet) sondern eine res incerta, als genus, oder quantitas, legiret worden:

n. 2. Wann viele Erben sind, welche das Legatum praestiren müssen, kan der Legatarius diese Actionem hypothecariam gegen einen ieden Erben in solidum anstellen, weil das Pfand-Recht ein solches Recht ist, welches nicht getheilet werden kan.

§. 55.

Hauptsächlich und IV. erlanget der Legatarius eine Actionem ex testamento: welches eine Actio personalis ist, die sich in quasi contractu gründet: weil der Erbe, indem er die Erbschaft antrit, sich durch dieses Factum tacite obligiret, daß er den letzten Willen des Testatoris erfüllen, folglich auch die Legata praestiren wolle.

n. 1. Diese Actio wird also dem Legatario (und dessen Erben) gegeben, welcher ex dispositione Defuncti das legirte Ding von dem Erben fordern kan.

n. 2. Sie hat bloß gegen den Erben statt, welcher die Erbschaft angetreten, und sich dadurch verbunden hat, dessen Willen zu befolgen. Vid. pr. h. §. & §. 57.

n. 3. Wann viele Erben sind, kan diese Actio ex testamento auch gegen singulos in solidum angestellet werden:

Es wäre dann, a) daß der Testator einem ieden seinen Theil, den er beytragen soll, angewiesen hätte: oder b) daß der Legatarius gegen einen Erben die Action angestellet: massen er alsdann gegen die übrigen Erben nicht weiter agiren kan.

§. 56.

Es werden auch bey besondern Umständen noch andere Actiones dem Legatario verstattet, als Actio legis Aquiliae, furti &c.

Solchergestalt können auch dem Legatario die Remedia possessoria adipiscendae &c. zu statten kommen: Item Remedium L. fin. C. de edict. div. Hadriani tollendo. &c. Weil das Legatum zwar selbst, aber nicht die Possession, ipso jure auf den Legatarium transferiret wird.

§. 57.

Alle diese Actiones können nicht angestellet werden, als bis der Erbe die Erbschaft angetreten hat, vid. §. 55. oder das Tempus deliberandi verstrichen ist.

§. 58.

Aus dem Vorhergehenden ergiebet sich von selbsten, daß kein Legatarius befugt sey, die Possession des Legati privata auctoritate zu ergreiffen, sondern er muß das Legatum aus den Händen des Erben empfangen, oder diesen durch die vorhin beschriebene Actiones anhalten, das Legatum zu praestiren.

Es kan auch die Possession des Legati propria auctoritate nicht ergriffen werden, wann schon a) das Legatum einer piae causae hinterlassen worden; oder b)

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(2-254) Part. II. Lib. VIII. Tit. II.

der Erbe ein Fiduciarius ist, und einem andern die Erbschaft restituiren muß; oder der Erbe c) die Erbschaft noch gar nicht angetreten hat; oder d) der Testator dem Legatario in dem Testament die Freyheit gegeben, sich propria auctoritate in die Possession des Legati zu setzen; oder e) dem Legatario durch ein constitutum possessorium prospiciret hat, der Erbe aber sich in beyden Fällen widersetzet.

§. 59.

Es leidet aber diese Regul einen Abfall, wann der Erbe consentiret, daß der Legatarius die Possession ergreiffen möge: oder wann der Legatarius zugleich als Executor Testamenti von dem Testatore ernennet worden: oder wann der Testator solches in seinem Testament erlaubet, und NB. die Possession des Legati vacua, und nicht von dem Erben schon occupiret ist.

§. 60.

Der Legatarius, welcher die Possession des Legati heimlicher oder gewaltsamer Weise ergreiffet, verlieret das Legatum, und fällt solches an den Erben zurück: Ausser in den §. 58. lit. d. & e. beschriebenen Fällen, wann nemlich der Testator dem Legatario die Erlaubniß gegeben: Weil der Legatarius alsdann wegen verübter Gewalt bloß arbitrarie bestrafet werden muß.

§. 61.

Wie die Legata aufhören und entkräftet werden, davon soll unten Tit. XIX. gehandelt werden.

§. 62.

Schließlich ist noch zu mercken, daß die Römischen Gesetze in dem Fall, wann der Testator die Erbschaft mit so vielen Legatis und particulir(-)Fideicommissis beschweret, daß der Erbe keinen oder wenig Profit davon hoffen konte, dem Erben erlaubt haben, von allen Legatis den vierten Theil abzuziehen, welcher Quarta falcidia genannt wurde.

Weil nun diese Falcidia bloß aus der Furcht, daß das Testament entkräftet werden möchte, eingeführet, und dadurch zu unzählichen Subtilitäten und Streitigkeiten Anlaß gegeben worden; so haben Wir nöthig gefunden, gleichwie die Quartam Trebellianicam, also auch diese Falcidiam, gäntzlich aufzuheben, und ein für allemal festzusetzen:

I. Daß, wann der Erbe die Erbschaft wegen der vielen Vermächtnisse (et)c. anzutreten Bedencken haben solte, die Erbschaft, so viel die Legata und deren Gültigkeit betrift, ipso jure pro adita gehalten werden; Im übrigen aber

II. Die Erbschaft dem Substituto, oder, wann auch dieser die Erbschaft repudiiret, den haeredibus ab intestato deferiret; Und in deren Entstehung

III. Ein Curator haereditatis bestellet werden solle, welcher jus haereditatis besorgen, und die Legata auszahlen muß.

§. 63.

Wir haben bisher in genere erkläret, was die Legata sind, wer solche vermachet, und wem dergleichen vermachet, auch welche Dinge legiret werden können.

Weil aber die Testatores öfters sich bey Benennung der legirten Dinge einiger generalen Expressionen bedienen, folglich zweifelhaft ist, was die Testatores darunter verstanden haben, oder nach der Billigkeit darunter verstanden werden muß: so haben Wir in den folgenden Tituln dieserwegen gewisse Principia festgesetzet.


(2-255) Part. II. Lib. VIII. Tit. III.

Tit. III.

Von den Vermächtnissen, welche jährlich oder monatlich legiret werden.

(De annuis & menstruis Legatis.)

§. 1.

Es kan ein Testator auch jährliche oder monatliche Legata vermachen, wann er z. E. seinem Erben befiehlet, dem Cajo jährlich oder monatlich 100 Rthlr. zu geben.

§. 2.

Welches auch geschehen kan, wann schon das Wort jährlich, (et)c. nicht beygefügt worden, und z. E. der Testator dem Erben befiehlt, der Cajae, bis sie heyrathet, zwey Winspel Roggen zu entrichten.

§. 3.

Es ist aber als eine General-Regul festzusetzen, daß in dubio ein Legatum, welches auf viele Jahre gerichtet ist, pro Legato annuo zu halten sey.

§. 4.

Dergleichen Legatum annuum ist auch, 1) wann der Testator dem Cajo ein Jahr um das andere (alternis annis) 100 Rthlr. vermacht.

2) Wann er dem Cajo die Wohnung in seinem Hause legiret. Vid. Tit. seq. §. 11. n. 8.

§. 5.

Wann 3) der Testator dem Erben befiehlt, dem Cajo 300 Rthlr. in dreyen Jahren zu bezahlen, (welches bey den Römern durch die Formul, annua, bima, trima die zu geschehen pflegte) ist das Legatum gleichfalls annuum, und wird das Legatum in drey gleiche Theile getheilet, wovon der Legatarius alle Jahr einen Theil fordern kan.

n. 1.

Wann der Testator determiniret, wie viel der Legatarius iedes Jahr von diesem Legato fordern könne, muß sich der Erbe darnach reguliren.

n. 2. Wann der Testator die Portiones dem Arbitrio des Legatarii überlassen, kan dieser nicht das gantze Legatum in dem ersten Jahr fordern, sondern es müssen officio judicis die Theile reguliret werden.

§. 6.

Wann 4) der Testator dem Legatario gewisse jährliche Einkünfte (annuos reditus) vermacht, so ist gefragt worden: ob dieses Legatum annuum sey?

Es ist ein Unterscheid zu machen, ob der Testator einer particulir-Person, oder einem Corpori und Universitati, dergleichen annuos reditus legire.

In dem ersten Fall ist das Legatum annuum: In dem letzten Fall aber ist es unum, simplex, und perpetuum: dessen Effect unten §. 9. & 10. erkläret werden soll.

§. 7.

Wann der Testator in genere iemanden ein annuum Legatum vermacht, ohne das Quantum zu determiniren, z. E. wann er dem substituirten Erben anbefiehlt, den Cajum, so lang er lebet, zu unterhalten, so muß dem Legatario der Unterhalt auf den Fuß, wie solchen der Testator bey seinem Leben gereichet, reguliret, und, wann solches nicht geschehen, nach Proportion des Vermögens, und nach der Quantität des Legatarii determiniret werden; weil es eine Species alimentorum legatorum ist.


(2-256) Part. II. Lib. VIII. Tit. III.

§. 8.

Wann ein gewisser Fundus von dem Testatore angewiesen worden, woraus das Quantum des annui Legati genommen werden soll, so ist ein Unterscheid zu machen, ob der Fundus taxationis oder demonstrationis gratia angewiesen worden. In dem ersten Fall darf der Erbe, wann das assignirte Quantum aus dem Fundo nicht erfolget, den Mangel nicht suppliren; ein anders ist, wann der Fundus demonstrationis gratia angewiesen worden. Vid. supr. pag. 245. §. 19.

§. 9.

Der Effect des annui Legati ist, daß dieses nicht ein (unum) Legatum, sondern viele Legata, und alle Jahr ein neues Legatum ausmache; dergestalt, daß nur das erste Jahr ein Legatum purum ist, worauf der Legatarius ein Jus quaesitum hat, welches er, wann er in diesem Jahr verstirbt, auf seine Erben transmittiret; welche daher alle Früchte des legirten Guts, auch diejenigen, die noch auf dem Felde stehen, und an den Bäumen hangen, von diesem Jahr percipiren.

In welchem Stücke dergleichen Legata von dem legato usufructu differiren, dessen Erben dergleichen Früchte, wann sie schon reif sind, nicht acquiriren, weil der Usufructuarius erst aus der wircklichen Perception ein Recht erlangt. Vid. p. 100. §. 17.

Die folgenden Jahre aber führen eine tacitam conditonem mit sich, wann nemlich der Legatarius bey eines ieden Jahrs Legato noch im Leben seyn wird: Wann also der Legatarius vor dem Antritt des zweyten Jahrs verstirbt, hört das Legatum auf, und der Legatarius transmittiret solches nicht auf seine Erben.

Aus diesem Principio folgt ferner, daß, wann der Legatarius das annuum Legatum in 30 Jahren nicht fordert, dasselbe nach Verlauf der 30 Jahre nicht gantz, sondern bloß das Legatum des ersten Jahrs praescribiret werde, und zur Verjährung des zweyten Jahrs 31 Jahr, und so weiter, erfordert werden.

§. 10.

Es ist also kein Legatum annuum, 1) wann einem Corpori ein jährliches Legatum vermacht wird, z. E. der Kirchen, zu Unterhaltung eines Predigers, oder einer Schule, (et)c. Item wann einem Corpori etwas vermacht wird sub lege, jährlich zum Andencken des Testatoris eine Oration zu halten (et)c. Vid. supr. §. 6.

Es ist auch 2) kein annuum Legatum, wann der Testator iemanden 1000 Rthlr. vermacht, dergestalt, daß der Erbe ihm jährlich 100 Rthlr. davon bezahlen solle.

n. 1. Dergleichen Legata sind ein (unum) Legatum, dessen Praestation nur in verschiedene Jahre repariret wird: Der Legatarius hat ex momento mortis testatoris ein jus quaesitum ratione des gantzen Legati, folglich transmittiret er solches, wann er stirbt, auf seine Erben.

n. 2. Daher auch das gantze Legatum, wann der Legatarius es binnen 30 Jahren nicht fordert, durch die Verjährung aufgehoben wird.

§. 11.

Die annua Legata hören auf und exspiriren, 1) wann der Legatarius vor dem Eintritt eines ieden Jahres verstirbt. Vid. §. 9.

Ein anders ist, wann einem Corpori ein annuum Legatum vermacht wird; weil in diesem Fall das Legatum unum und perpetuum ist, und nicht anders als mit Destruction des Corporis aufhört: Daher es von dem Legato Ususfructus differiret, welches, wann es einem Corpori vermacht wird, nach 100 Jahren exspiriret, weil die Billigkeit erfordert, daß das Dominium nicht ewig steril bleibe, und der Dominus nicht ewig von dem Genuß seines Eigenthums ausgeschlossen werde.

2) Wird das Legatum auch durch eine Praescription von 30 Jahren verloren, welches aber nur von einem ieden Jahr zu verstehen ist. Vid. §. 9. in fin. & §. 10. n. 2.

3) Wann der Legatarius in die Acht erkläret, oder dessen Güter sonst confisciret werden, welchenfalls das Legatum an den instituirten Erben zurück fällt.


(2-257) Part. II. Lib. VIII. Tit. III. IV.

§. 12.

Die Legata annua differiren von der annua promissione, wann nemlich iemand einem andern durch ein Beding unter Lebendigen (per actum inter vivos) ein jährliches gewisses Quantum zu geben und zu bezahlen verspricht, dergleichen Versprechen ist unum & purum; woraus derjenige, welchem das Versprechen geschicht, sofort ein wirckliches Recht auf das gantze Quantum erlanget, folglich solches, wann er verstirbt, auf seine Erben transmittiret.

Die Ratio differentiae bestehet darinnen: weil derjenige, der sich durch ein Pactum ein jährliches Quantum versprechen lässet, vermuthlich auch für seine Erben hat sorgen wollen; da hingegen die Legata von dem Testatore bloß aus Affection vor des Legatarii Person vermacht werden.

Es hat aber auch diese Regul einen Abfall, wann die Paciscenten ein anderes disponiren, und eine gewisse Zeit in dem Pacto vorgeschrieben ist, wann z. E. das jährliche Quantum nur so lange er lebt, oder auf 10 Jahr, versprochen worden.

Tit. IV.

Wann eine Personal-Dienstbarkeit legiret wird.

(De Usu, Usufructu & Habitatione legata.)

§. 1.

Daß die Servitutes personales, nemlich Ususfructus, Usus, & Habitatio, legiret werden können, haben Wir schon verschiedentlich angemercket; und worin die Natur dieser Dienstbarkeiten bestehe, haben Wir gleichfalls an seinem Ort beschrieben.

Es pfleget aber öfters ein Zweifel vorzufallen: ob und wann der Testator dergleichen Servitutes personales habe constituiren wollen? und was er darunter verstanden habe? Es soll also damit, und zwar erstlich was die Servitutem ususfructus betrift, folgendergestalt gehalten werden.

§. 2.

Wann der Testator dem Legatario simpliciter die Früchte, oder die jährlichen Früchte seines Gutes vermacht, ist dieses ein wahrer Ususfructus.

§. 3.

Wann er dem Legatario sein Gut, um solches zu nutzen, vermachet, wird nicht die Proprietas, sondern bloß der Ususfructus auf den Legatarium transferiret.

§. 4.

Wann der Ususfructus cum facultate alienandi vermacht wird, erlanget der Legatarius bloß den Usumfructum, iedoch dergestalt, daß er solchen auf einen andern transferiren, oder auf seinen Erben transmittiren könne: Welchenfalls aber beyde das Legatum nicht anders als jure ususfructus besitzen. Vid. supr. pag. 97. §. 8.

§. 5.

Es ist aber keine Servitus ususfructus, wann der Testator iemanden die Revenuen oder Einkünfte eines Gutes legiret: Dann in diesem Fall wird keine Servitus constituiret, das Gut wird dem Legatario nicht zur Administration eingeräumt, sondern der Erbe muß ihm die jährlichen Einkünfte einliefern.

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(2-258) Part. II. Lib. VIII. Tit. IV.

n. 1. Er darf ihm aber nicht mehr berechnen, als das Gut zur Zeit des Testamentoris wircklich getragen; Daher auch dem Erben nicht verwehret werden kan, das Gut zu verkaufen, wann er dem Legatario nur wegen der Revenuen Sicherheit schafft.

n. 2. Es ist auch der Legatarius aus diesem Legato nicht befugt, die Wohnung zu praetendiren; wann nicht die Wohnung selbst einige Revenuen und Einkünfte vorhin gebracht hat.

n. 3. Der Erbe darf auch nicht die erforderten Reparationes übernehmen, sondern dieselben müssen von den Revenuen abgezogen werden: Es wäre dann, daß durch der Erben Schuld dergleichen Reparationes veranlasset werden.

n. 4. Was in dem Legato der jährlichen Revenuen (annuorum redituum) Rechtens ist, davon ist oben Tit. III. pag. 255. seq. gehandelt worden.

§. 6.

Wann der Testator dem Legatario nicht eine neue Servitut auf dem seinigen constituiret, sondern demselben die Servitut, die ihm auf einem fremden Gut zustehet, z. E. Servitutem ususfructus, vermacht; so acquiriret der Legatarius keinesweges die Servitut, (weil Servitus Servitutis nicht gestattet wird) sondern der Legatarius hat bloß eine Actionem personalem ex testamento gegen den Erben, daß er ihm die Nutzung, die der Testator aus der Servitute ususfructus percipiret hat, praestiren müsse.

§. 7.

Wann der Testator einem das Gut, dem andern den Usumfructum vermachet, concurriren beyde in der Perception der Früchte: Weil unter dem Gut die Früchte mit begriffen sind.

Ein anders ist, wann der Testator einem das Eigenthum des Guts, dem andern dessen Usumfructum legiret, so percipiret dieser die sämlichen Früchte allein.

§. 8.

Wan der Testator dem Legatario den Usumfructum seines Hauses mit allem, was darinnen ist, legiret; so wird der Genuß von den Dingen, die der Testator zum Verkauf in dem Hause gehabt, nicht darunter verstanden; wann schon der Legatarius ein Kind des Testatoris, oder ausser diesen Dingen sonst nichts in dem Hause zum Gebrauch vorhanden ist: Wann also der Testator Korn zum Verkauf (und nicht zu seinem täglichen Gebrauch) aufgeschüttet, wann er einige Steine Wolle liegen hat (et)c. darf der Erbe die Nutzung davon nicht praestiren.

Wann das Haus abbrennt, oder sonst diruiret wird, cessiret der Ususfructus auch in area.

§. 9.

Wann der Testator dem Legatario auf sechs Jahr den Usumfructum legiret, und zugleich disponiret, daß der Legatarius nach sechs Jahren solchen dem Cajo restituiren solle; der Legatarius aber vor Ablauf der sechs Jahre verstirbt: so gehöret der Ususfructus der noch fehlenden Jahre nicht dem Fideicommissario, sondern dem Erben zu: welcher nicht eher, als wann die sechs Jahre verstrichen, den Usumfructum dem Fideicommissario zu restituiren schuldig ist.

§. 10.

Wann der Ususfructus Omnium bonorum legiret wird, werden alle Güter, bewegliche und unbewegliche, cörperliche und uncörperliche, aus deren Substantz einiger Nutzen erfolgen kan, verstanden; nicht weniger die Nutzung von den Dingen, die der Testator nach verfertigtem Testament acquiriret hat, und bey seinem Absterben in dessen Vermögen gewesen.

n. 1. Daher, wann ein Haus, welches unter dem Legato omnium bonorum begriffen ist, diruiret wird, bleibt der Ususfructus in dem Grund und Boden, (in area) weil dieser unter den Gütern mit begriffen ist: Ein anders ist, wann bloß der Ususfructus eines Hauses legiret wird. Vid. supr. §. 8.


(2-259) Part. II. Lib. VIII. Tit. IV.

n. 2. Wann der Testator einem Legatario alle seine Güter, (omnia bona) dem andern den Usumfructum davon legiret, concurriren beyde in usufructu.

Wann aber der Ususfructus dem andern nur in einem Stück legiret wird, percipiret dieser die fructus von sothanem Stück allein; hingegen bekommt der Legatarius omnium bonorum alle die übrigen Früchte.

n. 3. Wann ein Testator, welcher dem instituirten Erben ein Fideicommiss zu restituiren schuldig ist, seinem Legatario den Usumfructum omnium bonorum vermacht ist, ist die Frage entstanden: ob der Fructuarius auch die Nutzung von diesem Fideicommiss erlange? folglich ob die commoda fideicommissa restituendi unter dem Legato omnium bonorum begriffen seyn? Wir haben diese Frage hiedurch negative decidiren wollen, weil das Fideicommiss-Gut nach des Testatoris Absterben nicht mehr in bonis testatoris ist, sondern in momento mortis ipso jure auf den Erben transferiret wird; folglich unter dem Legato bonorum nicht begriffen seyn kan.

Ein anders ist, wann der Testator expresse des Fideicommissi Meldung gethan hätte, weil der Testator rem haeredis legiren kan, und dieser factum testatoris praestiren muß.

n. 4. Es werden ferner unter diesem legato omnium bonorum Usufructu alle Nutzungen des baaren Geldes; Zinsen der ausstehenden Capitalien; item der Gebrauch des Goldes, Silbers und Jouvelen, in so weit solche zur Parade dienen können, begriffen.

n. 5. Wir haben auch schon oben Lib. IV. Tit. III. §. 12. p. 98. & §. 18. p. 101. angemercket, daß der Usufructuarius omnium bonorum die Schulden, die auf den Gütern haften, bezahlen müsse, weil die bona, folglich auch der Ususfructus bonorum nicht verstanden werden kan, als nach Abzug aller Schulden und Lasten: Es würde auch die größte Unbilligkeit seyn, wann der Fructuarius die Nutzung des sämtlichen Vermögens haben, und der Erbe die Schulden auf dem Halse behalten, und solche verzinsen müste.

Wann die Schulden so groß sind, daß der Usufructuarius Bedencken hat, den Usumfructum anzutreten, muß er das Legatum nicht annehmen, sondern solches dem Haeredi überlassen. Vid. pag. 254. §. 62.

§. 11.

Was die Servitus habitationis sey, und wie dieselbe von dem Usufructu und Usu aedium differire, davon haben wir oben pag. 112. gehandelt.

n. 1. Es kan die Wohnung auch einem Corpori und einer Republic legiret werden.

n. 2. Wann die Wohnung legiret wird, werden auch die Boutiquen, die zu dem Hause gehören, (iedoch bloß zur Wohnung) item die Neben-Häuser, wann sie nicht einen besondern Eingang haben; die Scheunen, Stallungen, darunter begriffen; keinesweges aber die Meubles, wann sie auch nur in Holtzwerck, als Bettstellen, Schemmeln, (et)c. bestehen, vielweniger die an dem Hause belegene Gärten.

n. 3. Wann der Testator viele Häuser hat, und in genere dem Legatario die Wohnung legiret, wird dasjenige Haus verstanden, worin er zur Zeit seines Absterbens die wesentliche und beständige Wohnung gehabt hat.

Wann also der Testator, die Luft zu verändern, in einem Garten-Hause gewohnt, oder zur Pest-Zeit sich an einen andern Ort begeben, so ändert solches die wesentliche und beständige Wohnung nicht.

Wann der Testator dem Legatario die Wahl der Wohnung unter seinen in der Stadt belegenen Häusern vermacht, so werden auch die in der Vorstadt belegene Häsuer darunter begriffen.

n. 4. Es kan auch die Wohnung verschiedenen Pesonen conjunctim oder disjunctim legiret werden; Wann einer von den Legatariis deficiret, accresciret dem andern die Wohnung nicht, sondern dieselbe fällt zu des Erben Disposition zurück.

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(2-260) Part. II. Lib. VIII. Tit. IV. V.

n. 5. Wann der Testator iemanden die Wohnung legiret mit der Condition, daß er einen seiner Verwandten (et)c. erziehen solle; so ist die Frage: ob das Legatum aufhöre, wann derjenige, welcher erzogen werden soll, verstirbet? Hiebey ist ein Unterscheid zu machen, ob die Erziehung einer verwandten und verschwägerten Person bis in den dritten Grad, oder einem Extraneo anvertrauet worden: In dem ersten Fall wird das Legatum durch das Absterben des Educandi nicht aufgehoben, weil der Testator bey seinen Verwandten und Alliirten vermuthlich nicht allein auf die Erziehungs-Last, sondern auf die Verwandtschaft reflectiret hat. In dem andern Fall höret das Legatum und die Wohnung auf.

n. 6. Wann iemanden die Wohnung legiret wird mit allem, was im Hause ist, werden auch die Meubles, die vor dem Testament (nicht aber nach dem Testament, welches der Erbe erweisen muß) dahin gebracht worden, darunter begriffen.

n. 7. Dergleichen Legatum Habitationis bestehet aus vielen Legatis, allermassen alle Jahr das Legatum von neuem anfänget. Vid. Tit. praec. §. 9.

n. 8. Das Legatum Habitationis wird mit dem Leben des Bewohners geendiget, folglich wird die Wohnung auf die Erben nicht transmittiret.

§. 12.

Das Legatum operae servilis, welches bey den Römern einen grossen Nutzen gehabt, hat in Unsern Landen, wo die Knechtschaft aufgehoben ist, keinen Nutzen, wie Wir oben pag. 93. §. 4. schon angezeiget haben.

Tit. V.

Wann eine Real- oder Praedial-Servitut legiret wird.

(De Servitute praediali legata.)

§. 1.

Dergleichen Servitut kan niemand constituiren und legiren, als der Herr des Gutes: Sie kan auch niemanden constituiret und legiret werden, als dem Herrn des benachbarten Guts und zu dessen Nutzen. Vid. supr. Lib. IV. Tit. X. pag. 113. seqq.

n. 1. Dergleichen Servitus kan auch tacite legiret werden, wann z. E. der Testator einem Nachbar die Wohnung eines Hauses legiret, einem andern aber den zu dem Hause gehörigen Garten: Durch dieses Legatum erlanget der zweyte Legatarius Servitutem Viae durch das Haus, wann kein besonderer Eingang in den Garten vorhanden ist.

n. 2. Wann eine solche Servitut durch ein Legatum constituiret wird, braucht es keiner Tradition, sondern der Legatarius acquiriret die Dienstbarkeit ipso jure, und wann er an dem Gebrauch gehindert werden will, hat er actionem confessoriam.

§. 2.

Wann viele Erben instituiret sind, welche das Legatum servitutis praestiren sollen, kan der Legatarius, wann die Servitus ihrer Natur nach nicht getheilet werden kan, (als in servitute itineris, viae, &c.) solche von einem ieden Erben in solidum fordern: Wann er aber von einem die Servitut erlanget, werden auch die übrigen liberiret: welche sich aber nicht entbrechen können, dem Cohaeredi pro rata ratione des Werths und der Kosten gerecht zu werden.


(2-261) Part. II. Lib. VIII. Tit. V. VI.

§. 3.

Das Legatum servitutis praedialis höret nicht auf mit des Legatarii Tode; weil diese Servitutes perpetuae sind, und Causam perpetuam haben, daher transmittiret auch der Legatarius dieses Legatum auf seine Erben.

§. 4.

Es können auch andere Jura realia, als die Jagd, der Zehende, die Jurisdiction, das Jus Patronatus, &c. legiret werden; welchenfalls actio confessoria utilis den Legatariis zu statten kommt.

Wann das Jus Patronatus legiret wird, muß solches mit Vorwissen des Consistorii geschehen.

§. 5.

Wann der Testator einem Legatario, der kein benachbartes Praedium hat, iter, viam, &c. legiret, ist dieses keine Servitus, noch ein Legatum servitutis; folglich erlangt der Legatarius keine Actionem realem, sondern bloß ein personal-Recht gegen den Erben, daß er ihm diese Commoda praestiren müsse. Vid. pag. 116. §. 12. 13.

§. 6.

Wann der Testator die Servitut, die ihm in des Nachbars Praedio zustehet, einem andern legiret, ist dieses gleichfalls kein Legatum Servitutis: (weil Servitus servitutis nicht verstattet wird:) Wann aber der Testator aus der Servitut einige Commoda wircklich geniesset, kan der Legatarius sothane Nutzung actione personali von dem Erben fordern.

Tit. VI.

Wann ein Ehemann seiner Frauen den von ihre empfangenen Brautschaftz praelegiret.

(De Dote praelegata.)

§. 1.

Es kan auch ein Ehemann seiner Frauen denjenigen Brautschatz, welcher nach geendigter Ehe an sie zurück fallen muß, praelegiren.

§. 2.

Es scheinet dieses Praelegatum dotis ohne einigen Nutzen und Effect zu seyn, weil der Frauen ihr Eigenthum vermacht wird, welches ohnedem an sie nach ihres Mannes Tode zurück fallen würde: Weil aber Plus in dem Praelegato ist, als in dem Brautschatz; so subsistiret dergleichen Legatum.

Allermassen 1) das Praelegatum gleich nach des Mannes Tode gefordert werden kan; dahingegen, wann die Frau den Dotem actione dotis repetiret, und der Dos in beweglichen Dingen bestehet, sie solchen erst nach Ablauf eines Jahrs fordern könte.

2) Die Pacta, welche der Frauen in den Ehe-Pacten zur Last beygefüget worden, werden durch dergleichen Praelegatum aufgehoben. Wann also z. E. in der Ehestiftung disponiret wäre, daß der Brautschatz des Mariti Erben anheim fallen soll; so hört diese Disposition auf, wann der Ehemann seiner Frauen den Dotem vermacht.

3) Dieses Praelegatum Dotis hat auch den Effect, daß die Illatio, nemlich ob der Brautschatz wircklich eingebracht sey, nicht darf erwiesen werden, weil der Ehemann solchen im Testament agnosciret.

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(2-262) Part. II. Lib. VIII. Tit. VI.

4) Die Impensae utiles, das ist, die Kosten, die der Ehemann auf den Brautschatz nützlich verwandt, können, wann der Dos praelegiret wird, von des Ehemanns Erben nicht abgezogen, noch unter diesem Praetext die Restitution des Dotis aufgehalten werden.

5) Wann die Ehefrau den Brautschaftz nach des Mannes Tode actione ordinaria repetirt, so können des Mannes Erben ihr exceptionem competentiae opponiren, und behaupten, daß sie nicht weiter verbunden seyen, solchen zu restituiren, als ihr Vermögen zureichend ist, und sie thun können: dahingegen dieses Beneficium, wann der Ehemann seiner Frauen den Dotem praelegiret, aufhöret.

§. 3.

Wann die Ehefrau keinen Brautschatz eingebracht, so folget von selbsten, daß das Praelegatum eben so ungültig sey, als wann ein Ding legiret wird, welches nicht in rerum natura ist.

Es wäre dann, daß der Maritus zugleich ein gewisses Stück, oder eine gewisse Quantitaet benenne, und z. E. dergestalt disponire: Den Garten, oder die 1000 Rthlr. welche meine Ehefrau mir zugebracht, will ich derselben zurück legiren, (et)c. Welchenfalls das Praelegatum subsistiret.

Wann der Ehemann seiner Frauen den Brautschatz praelegiret, welcher einem andern ex lege Constitutionis nach seinem Absterben restituiret werden muß: so werden die Erben liberiret, wann sie diesen Brautschatz restituiren; Daher kan die Frau und Witwe nicht praetendiren, daß des Mannes Erben ihr etwas besonderes praestiren, folglich den Brautschatz doppelt bezahlen sollen.

Ein anders ist, wann der Mann seiner Frauen den Usumfructum Dotis praelegiret, weil alsdann des Mannes Erben denenjenigen, die den Dotem constituiret haben, den Dotem, der Frauen aber den Usumfructum oder dessen Werth praestiren müssen.

§. 4.

Wann der Ehemann bey seinem Leben den Brautschatz wircklich zurück gegeben, und dennoch seiner Frauen den Dotem praelegiret, hat das Vermächtniß keine Kraft.

Wann aber im Gegentheil die Frau, welche den Dotem entweder nicht tradiret, oder ohne des Mannes Willen solchen zurücke genommen, dem Marito den Dotem legiret; so kan dieser nach Absterben der Frauen den Brautschatz fordern; und müssen der Frauen Erben nicht allein den Dotem, sondern auch die von der Frauen percipirte Früchte praestiren.

§. 5.

Dergleichen Praelegatum Dotis höret auf, wann der Braut-Schatz verloren gehet. Es wäre dann, daß der Dos aestimato wäre constituiret worden, oder derselbe in einem Genere oder einer Quantitaet bestünde.

§. 6.

Das Praelegatum Dotis, welches der Ehemann seiner Frauen vermacht, differire von dem Legato Dotis, wann nemlich nicht der Ehemann, sondern ein anderer der Frauen einen Braut-Schatz legiret, wovon oben Part. I. pag. 69. §. 38. & 39. gehandelt worden.

Dergleichen Legatum Dotis führet allezeit eine stillschweigende Condition mit sich, wann nemlich die Ehe wircklich erfolget: Dann wann die Ehe nicht vollzogen wird, kan die Braut aus diesem Legato von des Bräutigams Erben keinen Dotem fordern.


(2-263) Part. II. Lib. VIII. Tit. VII.

Tit. VII.

Wann der Creditor seinem Debitori die Erlassung seiner Schuld legiret.

(De Liberatione legata.)

§. 1.

Wann der Testator seinem Debitori die Schuld, womit er ihm behaftet ist, legiret, folglich das Debitum remittiret; so wird dieses Legatum liberationis genannt.

§. 2.

Durch dieses Legatum wird nicht allein der Debitor von seiner Personal-Obligation, sondern auch von den debitis realibus, (wann nemlich der Testator rei vindicatione hypothecaria, confessoria &c. gegen ihn agiren kan) befreyet.

§. 3.

Dergleichen Remissio kan auch tacite geschehen, z. E. wann der Testator dem Legatario das Chirographum legiret. (Ein anders ist, wann er dem Debitori das Pfand legiret, folglich bloß die Sicherheit remittiret.)

Item, wann der Testator dem Erben in dem Testament verbietet die Schuld von dem Debitore zu fordern, oder gegen denselben zu agiren; oder wann er dem Erben befiehlet, daß er diese Schuld pro accepto halten solle, (et)c.

§. 4.

Solchergestalt kan auch der Testator demjenigen Debitori, welcher seine Negotia geriret, sein Vormund oder Curator gewesen, (et)c. die Ablegung der Rechnung remittiren, und dem Erben befehlen, daß er von demselben keine Rechnung fordern solle.

Wann aber gleichwol der Erbe erweisen wolte, daß der Debitor dolose gehandelt, oder ein Residuum noch schuldig sey, kan die Remission der Berechnung dahin nicht extendiret werden: Es kan sich auch der Debitor alsdann nicht entbrechen, zu dem Ende die Rechnungen den Erben zu communiciren: wann nicht der Testator in specie auch diese Recherches ausdrücklich niedergeschlagen hat.

§. 5.

Der Testator kan dem Legatario die Befreyung von der Schuld (liberationem) entweder gantz oder zum Theil legiren, z. E. wann er disponiret, daß der Erbe von dem Debitore, welcher 100 Rthlr. schuldig ist, nur 50 Rthlr. fordern solle.

§. 6.

Es kan diese Liberation auch bloß auf gewisse Zeit legiret werden: Wann z. E. der Testator disponiret, daß die 100 Rthlr., welche ihm der Cajus schuldig ist, erst nach zweyen Jahren gefordert werden sollen: Wovon der Effect dieser ist, daß der Erbe von dieser Zeit keine Zinsen fordern könne, weil der Legatarius nicht in mora ist.

§. 7.

Es kan auch die Liberation schlechterdings legiret, oder bloß die Person eximiret werden.

Wann also der Testator die verba in rem concipiret, z. E. die Schuld, die mir Cajus schuldig ist, soll nicht gefordert werden; so wird die gantze Schuld getilget.

Wann er aber allein die Person des Debitoris eximiret, z. E. mein Erbe soll von dem Cajo die Schuld nicht fordern; so hat die Actio dennoch gegen die Erben statt.


(2-264) Part. II. Lib. VIII. Tit. VII. VIII.

§. 8.

Wann der Testator einem Correo die Schuld per legatum remittiret, können die Erben dennoch von dem andern Correo solche fordern: es wäre dann, daß dieser des andern Socius sey, weil der Legatarius den Effect des Legati nicht geniessen würde, wann der Correus seinen Regress jure societatis gegen den andern nehmen könte.

§. 9.

Durch dergleichen Legatum wird der Debitor Ipso jure liberiret: Daher der Legatarius actione ex testamento gegen die Erben agiren kan, daß sie ihm eine Quitung geben müssen: er kan auch die Erben ex lege diffamari, oder ex lege, si contendat belangen: Wann er das Legatum, besitzet, kan er den Erben, welcher ex debito gegen ihn agiret, exceptione doli repelliren.

§. 10.

Wann der Testator dem Debitori sein Pfand legiret, kan der Legatarius auch vor Bezahlung der Schuld das Pfand zurück fordern: Und wann die Erben solches versagen, kan er das Pfand rei vindicatione oder condictione sine causa repetiren: Die Schuld aber wird durch dieses Legatum nicht remittiret, sondern der Erbe kan solches nach dem Verlauf der Zeit fordern und beytreiben. Vid. supr. §. 3.

Wann der Legatarius, unwissend, daß ihm die Liberatio legiret sey, dem Erben die Schuld bezahlet, kan er solche condictione indebiti zurück fordern.

§. 11.

Wann dem Debitori durch dergleichen Legatum liberationis die Schuld remittiret worden, kommt solche Remissio auch den Fidejussoribus zu statten; daher diese, wann sie belanget werden, die Erben exceptione doli abweisen können. Es ist ihnen auch erlaubet, actione ex testamento einen Liberations-Schein zu fordern. Item actione ex lege diffamari und ex lege, si contendat, die Erben zu provociren.

Wann der Testator bloß die Fidejussores liberiret, und dem Erben verbietet von diesen die Schuld zu fordern, subsistiret dennoch die Principal-Obligation, und die Erben können die Schuld von dem Haupt-Debitore fordern.

§. 12.

Es supponiret dieses Legatum liberationis, daß der Legatarius etwas dem Testatori schuldig seyn müsse: denn wann dieses fehlt, ist das gantze Legatum null und ohne Kraft.

§. 13.

Schließlich ist oben gezeiget worden, auf was für Art ein Testator auch seinem Creditori dasjenige, was er ihm schuldig ist, legiren könne: Worauf Wir Uns beziehen. Vid. pag. 249. §. 34.

Tit. VIII.

Wann einem die Option und Wahl legiret wird.

(De Optione & Electione legata.)

§. 1.

Es kann auch der Testator seinem Legatario die Wahl oder Option eines Dinges legiren, z. E. wann er sagt: Cajus soll aus meinen Pferden, Ochsen, (et)c. aus meinen Kleinodien, aus meinem Silber (et)c. sich ein Stück, welches er will, wehlen und aussuchen.