Sog. Erklärung des Landfriedens, erlassen vom Reichs-Regiment (Auszug). – 1522, Febr. 10.

NS. d. RA. II., S. 229-239.

 

Wir Carl der fünffte von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kayser . . . Als Wir in Eingang Unserer Regierung, auch auf Unserm erstgehaltenen Reichs-Tag zu Wormbs neben andern des Reichs Obliegen und Nothdürfften am meisten mit beschwertem Gemüth bewegen die sorgfältige, geschwinde Läufft, Ubelstand und Unordnung, so dieser Zeit im Heil. Reich und Teutscher Nation in viel Weg, unter andern durch Empörung, eigene gewältige Thaten, aufsätzliche Beschädigungen, Abklagen, Bevehden, Fahen, gefängliche Enthaltungen, Schatzungen, Strassenrauberey, Krieg, Zwytracht und Uneinigkeit allenthalben beschwerlich erscheinen . . ., auch darneben etlicher Mängel zu Vollziehung und Handhabung erlangter Recht . . . Bericht empfangen: Darum so haben Wir . . . ein Regiment im H. Reich verordnet und beschlossen, mit vollkommenem Befelch und Gewalt, des Heil. Reichs Sachen, Recht, Fried, ihrer beyder Vollnziehung und Handhabung, auch Widerstand gegen den Anfechtern des Reichs und Teutscher Nation . . . zu rathschlagen und endlich zu beschließen, auch darüber . . . nothdürfftige Brieff unter Unserm Kayserlichen Titul und Siegel, inmassen Wir das selbst thun solten und möchten, ausgehen zu lassen; darneben auch Unser Kayserlich Cammer-Gericht auffgericht, . . . und darzu den gemeinen des Reichs aufgerichten und erklärten Land-Frieden mit etlichen nothdürfftigen Artikeln und Zusätzen gemehret. . . .

Dieweil aber die Gesetz gemeiner Recht und alle obgedachte, auch andere Aufsatzungen und Ordnungen, darzu erlangte Recht nicht nutz oder fruchtbar, wo die mit stattlicher, billicher und ernstlicher Handhabung und Execution aufgesetzter und gebührender Straf . . . nicht vollnzogen würden. Deßhalben dann bemeldt Unser Regiment in Krafft obgedachtes gegebenes Befelchs neben andern fleißigen Nachdenken obbestimmter Straff und Execution halben erwegen, . . . wie sich dann das allenthalben nach Vermög gemeiner Recht; Unser und des Reichs Land-Frieden und allen desselben Erklärungen, auch anderer Reichs-Ordnungen gebühren wird, zum besten, fruchtbaristen, auch ernstlichsten fürzunehmen.

I. Und in dem allen befunden, daß solch unvermeidlich, nothwegend Werk durch niemand füglicher, fürträglicher noch gewisser die zehen des Reichs Creyß, wie die mit etlichem nothdürfftigem Zusatz hernach folgen, vollbracht werden soll und mag, inmassen dann solch zu nothdürfftiger Vollnziehung, Handhabung und Execution deß alles, wie gemeldt, hievor auf etlichen Reichs-Tägen, sonderlich zu Trier und Cölln, des funffzehen hunderten und zwölfften Jahrs, auch jetzt am jüngsten auf Unserm Reichs-Tag zu Wormbs gehalten, in unserm erklärten Land-Frieden, auch Unser neuen Cammer-Gerichts-Ordnungen, den zehen Creyßen auch auferlegt und in dem durch etliche Ordnungen Fürsehung geschehen, auch solches alles hievor und am jüngsten durch euch Churfürsten, Fürsten und Stände bewilliget und angenommen worden ist, demselben nach, so haben Wir jetzt samt Unserm Regiment solchen Weg zu thätlicher Straff, auch Vollnziehung und Handhabung gemeiner Recht des aufgerichteten und erklärten Land-Friedens, auch aller Reichs-Ordnungen, so jetzt gemacht seynd und hinführo durch Uns, auch Unser Regiment oder ferner Reichs-Versammlungen aufgericht werden, deßgleichen anderer thätlicher Executionen der gesprochenen Urtheilen, Executorialn, Mandat und Gebot, wie dann das alles Noth und dienstlich seyn und mag, durch solche zehen des Reichs Creyß gleichermassen zu geschehen fürgenommen, auch darauf etliche Articul aus obgemeldter Reichs-Ordnung, zu Cölln beschlossen, gezogen und darzu andere mehr neu nach Vermög Unsers Regiments obgemeldten Befehls und Gewalts aufgericht und beschlossen, alles wie hernach folget.

II. § 1. (Der Oesterreichische Kreyß.) Nemlich, sollen Wir mit Unserm lieben Bruder, Ertz-Hertzogen Ferdinanden etc. mit Unsern Erblanden zu Oesterreich und Tyrol etc. einen Kreyß haben.

§ 2. (Der Burgundisch Kreyß.) Und Burgundi mit seinen Landen auch einen haben.

§ 3. (Der vier Churfürsten am Rhein Kreyß.) Item sollen die vier Churfürsten am Rhein samt den Prälaten, Grafen und Herrn, so unter ihnen gesessen, einen haben.

§ 4. (Der Ober-Sächsisch Kreyß.) Item die zween Churfürsten zu Sachsen und Brandenburg, die Bischoffen von Meissen, Mörßberg, Naumburg, Brandenburg, Havelburg, Libus, Hertzog Hanß Georg und Hertzog Heinrich von Sachsen, Hertzog Buchslaue zu Pommern, samt den Prälaten, Grafen und Herrn, in ihren Landen gesessen, sollen auch einen haben.

§ 5. (Der Fränkisch Kreyß.) Item sollen der Bischoff vom Bamberg, Würtzburg, Eystett, die Marggrafen von Brandenburg, auch die Prälaten, Grafen, Herrn, Frey- und Reichs-Städt, um oder bey ihnen gesessen und gelegen, einen Kreyß haben.

§ 6. (Der Bayerische Kreyß.) Item der Ertz-Bischoff zu Salzburg, der Bischoff zu Regenspurg, der Bischoff von Freysingen und Passau, Herzog Friederich Pfaltzgraf etc. von sein selbst und seines Bruders des Churfürsten wegen, Hertzog Wilhelm und Ludwig von Bayern etc. Hertzog Ott-Heinrich und Hertzog Philipps Pfaltzgrafen etc., der Landgraf zum Leuchtenberg und die Prälaten, Grafen, Herrn, Frey- und Reichs-Städt, unter und bey ihnen gelegen und gesessen, sollen auch einen haben.

§ 7. (Der Schwäbisch Kreyß.) Item von Chur, Costentz und Augspurg, das Hertzogthum Wirtenberg, die Marggrafen zu Baaden, die Gesellschafft St. Georgen Schild der Ritterschafft im Hegau, auch alle und jede Prälaten, Grafen, Herrn und Reichs-Städt im Land zu Schwaben, sollen auch einen Kreyß haben.

§ 8. (Der Rheinische Kreyß.) Item der Bischoff zu Wormbs, Speyer, Straßburg, Basel, der Abt von Fuld, die Hertzogen auf dem Hundsrück, der Hertzog von Lothringen, der Landgraf zu Hessen, Westerich, Wetterau, auch Prälaten, Grafen, Herrn, Frey- und Reichs-Städt, der Ort gesessen und gelegen, sollen auch einen haben.

§ 9. (Der Westphälisch Kreyß.) Item, der Bischoff von Paderborn, Lüttich Utrecht, Münster und Oßnabrück, die Hertzogen von Gülich, Berg, Cleve, Geldern, und die Grafen von Nassau, Seyn, Viernberg und Nieder-Eisenburg, die Niederland hinab bis an die Maaß, auch sonst alle andere Grafen, Prälaten, Herrn, Frey- und Reichs-Städt, der Ort gesessen und gelegen, sollen auch einen Kreyß haben.

§ 10. (Der Nieder-Sächsische Kreyß.) Item der Ertz-Bischoff zu Magdeburg, der Bischoff zu Bremen, Hildesheim, Halberstadt, Lübeck, Minden und Verden, Hertzog Erich, Heinrich und Philipps von Braunschweig etc., Hertzog Ott und Ernst zu Lüneburg etc. die Hertzogen zu Meckelburg etc., der Hertzog zu Hollstein und Schleßwig, Hertzog Magnus von der Laubenburg, auch die Prälaten, Grafen, Herrn und Städt, der Ort gesessen und gelegen bis an die See, sollen gleicherweiß auch einen haben.

III. Und soll darauf ein jeder der jetzt gemeldten Kreyß insonderheit alsbald einen Hauptmann, der ein Fürst, Graf, Freyherr oder sonst in treffenlichem und weltlichem Stand, auch zu solchem geschickt und fleißig sey, erwählen und sich deß in zweyen Monaten, den nechsten nach Uberantwortung dieses Unsers Briefs, vergleichen. Auch vier weltliche ehrbare Personen, zu nachbemeldten Sachen und sonst verständig und geschickt, aus den Ständen eines jeden Kreyß, demselben Hauptmann als Räth zuordnen, auch denselben erwählten Hauptmann Unserm Regiment förderlich anzeigen, also daß derselbe Hauptmann, so er ein Fürst wäre bey gutem Glauben, oder so er kein Fürst, und sein vier zugeordnete Räth bey ihren Pflichten, die sie den Ständen eines jeden Circkels darum thun zu jeder Zeit, und wie auch so offt sich die Fäll zutragen werden, in nachbemeldten Articuln und Sachen zu Vollnziehung gebührlicher Straff, auch Execution das best, fruchtbarest, treulichst, auch nützlichst nach ihrer besten Verständnuß rathschlagen, und wie sie alle oder der mehrer Theil unter ihnen beschliessen, solches alsdann ohn einig Scheuung, Verhinderung, Abwendung und Verschonen zum ernstlichsten, auch fleißigsten stracks fürnehmen, thun, handlen, auch vollstrecken, und wie sich die Fäll zu jederzeit zutragen, solches unpartheyisch und also gegen einem wie dem andern gleichmäßig halten, Und was also der Hauptmann und seine Räth zu thun und fürzunehmen mit einander oder durch den mehrern Theil beschliessen, solches bey ihrem guten Glauben und gethanen Pflichten in höchster Geheim bis zu Vollnziehung ihres öffentlichen, thätlichen Fürnehmens und Beschluß behalten und bleiben lassen, auch niemands offenbaren dann allein denjenen, die sie zu solchem brauchen werden und müssen, und alsdann dieselbigen, solches auch gemeldter massen zu verschweigen, bey ihren Pflichten verstricken.

IV. Und was sie zu solchem ihrem Ermessen nothdürfftig und dienstlich von ihren des Kreyß Verwandten, Hülff, Beystand, Zuzugs, Geschoß oder anderer Ding halben begehren oder fordern würden, daß dieselben solches ihnen, dem Hauptmann und seinen zugeordneten Räthen mitzutheilen und zu verhelffen, darzu ihnen und ihren Aufmahnungen und Erforderungen Gehorsam zu beweisen, auch sonst in ihrem Beschluß und Fürnehmen kein Verhinderung, sonder Hülff, Beystand und dem allem Folg zu thun und das also geschehen zu lassen schuldig seyn sollen.

XXIII. So ferr aber die Händel in allen obgemeldten Fällen und Articuln zu schwer oder lästig würden, also daß solchs durch die Zirckel oder Kreyß, auch derselben Hauptleut und Räth auch nicht geschehen noch erhebt werden möcht, und daß auch der Hauptmann und seine Räth des genugsam Ursachen, bey ihren gethanen Zusagen und Pflichten, unter ihren Insiegeln, wie sie dann das zu thun schuldig seyn sollen, Unserm Regiment, oder wo das nicht, Unserm Cammer-Gericht, oder wo der keins, Uns, so Wir im Reich Teutscher Nation seyn, oder in Unserm Abwesen denjenen, die von Unsert- und des Reichs wegen die Verwältung hätten, anzeigen würden, warum sie solches nicht thun mögen, auch zu thun nicht vermocht hätten, alsdann soll der Hauptmann samt den Räthen des Gezircks, darinn die obgemeldten Handlungen und Vollstreckungen geschehen solten, solches anfänglich an Unser Regiment, Cammer-Gericht, Uns oder in Unserm Abwesen an Unser Verwalter im Reich, wie nächst gemeldt, langen lassen. Darauf soll Unser Regiment, Cammer-Gericht oder in unserm Abwesen Verwalter im Reich inmassen, wie nächst gemeldt, einem oder mehr Kreyssen, die dem Kreyß oder der Sachen, da die Handlung und Vollstreckung, wie allenthalben oben gemeldt, geschehen solt, am nechsten gesessen oder gelegen sind, nach Gelegenhei und Grösse der Sachen demselben Kreyß auch zuzuziehen und nothdürfftige Hülff in solchem zu beweisen ernstlich Befehl thun, oder wo Unser Regiment, Cammer-Gericht, Wir so Wir im Reich sind, oder in Unserm Abwesen der, so Unser und des Reichs Verwalter, wie nächst gemeldt, seyn wirdt, die Sachen so hoch und groß, auch weitläufftig fünden und durch einen oder mehr Zirkel nichts fruchtbars zu schaffen Sorg trügen, alsdann solchs an die sechs Chur-, darzu die zwölff geistliche und weltliche Fürsten, oder wo ferrer Noth, an ein gemeine Reichs-Versammlung langen und rathschlagen, auch beschliessen zu lassen, was in dem allem ferrer gehandelt und fürgenommen werden soll.

                  Geben in Unser und des H. Reichs Stadt Nürnberg am 10. Tag des Monats Februarii nach Christi Geburt 1522, Unserer Reiche des Römischen im dritten und der andern aller im sechsten Jahr.

Ad mandatum domini Imperatoris in Consilio Imperiali.

(Unterschriften der Pfalzgrafen                                                                      (Kaiserl. Siegel.)

Friedrich und Ludwig.)

Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit, hg. v. Zeumer, K., 2. A. 1913, Neudruck 1987, 159 Nr. 185 (1522, Febr. 10)