(355) Jahrgang 1895.

Reichsgesetzblatt

für die

im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder.

LIX. Stück. – Ausgegeben und versendet am 9. August 1895.

Inhalt: No 112. Gesetz, betreffend die Einführung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Civilprocessordnung).

112. Gesetz vom 1. August 1895,

betreffend die Einführung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsseitigkeiten (Civilprocessordnung).

Mit Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrathes finde ich anzuordnen, wie folgt:

Artikel I.

Das Gesetz über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Civilprocessordnung) tritt an dem durch Verordnung des Justizministers festzusetzenden Tage, spätestens aber mit dem ersten Tage des auf die Kundmachung folgenden dritten Kalenderjahres als Vorschrift für das Verfahren in den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten in Wirksamkeit, die den ordentlichen Gerichten in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern zur Entscheidung zugewiesen sind.

Mit demselben Tage verlieren, soweit dieses Gesetz oder die Civilprocessordnung nicht eine Ausnahme enthält, alle in anderen gesetzlichen Vorschriften enthaltenen Bestimmungen über Gegenstände, welche in der Civilprocessordnung geregelt sind, ihre Wirksamkeit.

Artikel II.

Wo in Gesetzen und Verordnungen, die durch das Inkrafttreten der Civilprocessordnung nicht berührt werden, oder in staatlich genehmigten Statuten einzelner Gesellschaften, Anstalten und Vereine auf das rechtliche Verfahren in Streitsachen verwiesen oder, wenn auch mit Einschränkungen und Abänderungen, die Anwendung der Vorschriften der Gerichtsordnungen, des ordentlichen schriftlichen oder mündlichen Processes, der Bestimmungen des Gesetzes über den summarischen Process oder über das Bagatellverfahren vorgeschrieben ist, treten an die Stelle der bezogenen Bestimmungen die Vorschriften des ersten bis fünften Theiles der Civilprocessordnung, und zwar in der Art, dass:

1. je nach Verschiedenheit des zuständigen Gerichtes die in der Civilprocessordnung für das Verfahren vor Gerichtshöfen oder die für das bezirksgerichtliche Verfahren aufgestellten Vorschriften zur Anwendung zu kommen haben, und

2. dort wo das bezirksgerichtliche Verfahren der Civilprocessordnung an Stelle des Bagatellverfahrens zu treten hat, überdies die besonderen Bestimmungen §§. 449 bis 453 C.P.O. anzuwenden sind.

Artikel III.

Zufolge der Bestimmungen des Artikel I, Absatz 2, verlieren insbesondere ihre Wirksamkeit:

1. Die Vorschrift des Patentes vom 1. November 1781, I.G.S. Nr. 27, über das Verfahren vor den Berggerichten.

2. Die Vorschriften des Patentes vom 9. April 1782,  I.G.S. Nr. 41 und der Ministerialverordnung vom 25. Jänner 1850, R.G.Bl. Nr. 132, über das Verfahren in Handels- und Wechselstreitigkeiten.

(356) 3. Die Vorschriften der mit Verordnung des dalmatinischen GubernJums vom 14. April 1829, Z. 6783 (dalmatinische B.G. 1829, G. 140) kundgemachten Instruction über den vorgängigen Vergleichsversuch.

4. Die Vorschriften des für Tirol und Vorarlberg erlassenen Hofdecrets vom 8. August 1837, I.G.S. Nr. 218, über das Audienzverfahren.

Artikel IV.

Unberührt bleiben:

1. Die Vorschriften über die Vertretung des Staates, der von demselben verwalteten oder dotierten Fonde, Kirchen, Pfründen und anderen Vermögenschaften durch die Finanzprocuratur. Inwiefern die landesfürstlichen Steuerämter zum Behufe der Hereinbringung von Steuern, Gebüren oder anderen öffentlichen Abgaben zu gerichtlichem Einschreiten ermächtigt sind, wird durch besondere Vorschriften bestimmt.

2. Die gesetzlichen Vorschriften über die gerichtliche Vertretung von Gemeinden, Gesellschaften, Genossenschaften, Bruderladen und Hilfscassen, sowie über die Behändigung von Ladungen und anderen Zustellungen an dieselben.

3. Die Vorschriften des Gesetzes vom 26. März 1890, R.G.Bl. Nr. 58, betreffend die Erlassung von Tarifen für die Entlohnung bestimmter Zeitungen der Advocaten und ihrer Kanzleien im gerichtlichen Verfahren.

4. Die Vorschriften der Gesetze vom 24. April 1874, R.G.Bl. Nr. 48 und 49, über die Bestellung eines gemeinsamen Curators der Besitzer von Pfandbriefen und von auf Inhaber lautenden oder indossablen Theilschuldverschreibungen.

5. Die Vorschriften der §§. 1, 2, 3 und 5 der Justizministerialverordnung vom 8. Juni 1857, R.G.Bl. Nr. 114, betreffend die Behandlung der Winkelschreiber. Gegen die Entscheidung, wodurch jemand wegen Winkelschreiberei bestraft wird, steht demselben der Recurs nach Maßgabe der §§. 514 bis 528 C.P.O. zu.

Artikel V.

Die Vorschriften des Hofdecretes vom 4. October 1833, I.G.S. Nr. 2633, über die Liquidirung und Einbringung der AdvocatenGebüren im gerichtlichen Verfahren in und außer Streitsachen bleiben mit folgenden Ergänzungen in Wirksamkeit:

Der Antrag auf Liquidirung kann sowohl von der Partei als von dem Advocaten gestellt werden.

Wird der Antrag auf Liquidirung von Seiten der Partei gestellt, so ist dem Advocaten die Vorlage einer Gebürenrechnung binnen angemessener Frist aufzutragen, widrigenfalls mit der Feststellung der Gebüren auf Grund der von der Partei beigebrachten Behelfe vorgegangen wird.

Die Frist kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen erweitert werden.

Die Feststellung hat sich auch auf die Entscheidung der Frage zu erstrecken, inwiefern die vom Advocaten vorgenommenen Betreuungshandlungen zur zweckentsprechenden Rechtsvertretung nothwendig waren oder sonst mit Rücksicht auf die Beschaffenheit des Falles und die vorhandenen Umstände als gerechtfertigt erscheinen.

Artikel VI.

Unberührt bleiben:

1. Die Vorschriften der §§. 99, 157 und 158 des a.b.G.B. Das angeführte Ehehindernis (§§. 99 a.b.G.B.) kann nicht durch Vernehmung der Ehegatten nach §§. 371 ff. der Civilprocessordnung bewiesen werden.

2. Die Vorschriften des Justizministerialerlasses vom 14. Mai 1854, Z. 8346, über die Beeidigung der Mitglieder des kaiserlichen Hauses.

3. Die Vorschriften, nach welchen das Obersthofmarschallamt, die dem Beklagten vorgesetzten Militärbehörden oder die geklagten Bezirke und Gemeinden übergeordneten autonomen Organe von der Anbringung von Klagen gegen Hofdiener, Militär- und Landwehrpersonen oder von Klagen gegen Bezirke und Gemeinden zu verständigen sind.

Artikel VII.

Unberührt bleiben die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes:

1. durch welche bestimmte Urkunden als öffentlich erklärt oder den inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt werden;

2. durch welche die Beweiskraft einer Privaturkunde von bestimmten Erfordernissen abhängig gemacht ist;

3. durch welche für das Datum einer Urkunde ein von der Erklärung des Ausstellers verschiedener Beweis verlangt wird;

4. durch welche die Art der Vorlegung der Handelsbücher und die Rechtsfolgen ihrer Nichtvorlegung bestimmt werden;

5. die Vorschriften über die Vorlegung der Tagebücher der Handelsmäkler und der Urschrift von Notariatsurkunden.

Artikel VIII.

Unberührt bleiben die Bestimmungen der Staatsverträge, nach welchen die Consularfunctionäre

(357) auswärtiger Staaten als Zeugen in ihrer Wohnung abzuhören oder zur schriftlichen Abgabe des Zeugnisses zuzulassen sind.

Artikel IX.

Unberührt bleiben die Bestimmungen der Artikel II und IV lit. a und e der Ministerialverordnung vom 28. October 1865, R.G.Bl. Nr. 110, über die den Anstalten, welche Creditgeschäfte betreiben, zukommenden Ausnahmen von den allgemeinen Justizgesetzen.

Bei Erlassung des Zahlungsauftrages zu Gunsten einer Hypothekarforderung (Artikel IV lit a) ist nach den §§. 548 bis 554 C.P.O. zu verfahren.

Artikel X. Die Vorschriften der Civilprocessordnung über Auflösung von Bestandverträgen und über das Verfahren in Streitigkeiten aus Bestandverträgen finden auf die Contadinen- und Colonenverhältnisse in Dalmatien keine Anwendung, und es bleiben die in Ansehung der Auflösung dieser Verhältnisse zur Zeit in Kraft bestehenden Gesetze und Verordnungen unberührt.

Artikel XI.

Desgleichen bleiben unberührt:

1. Die für die Aufkündigung von Bestandverträgen über Grundstücke, Gebäude und andere unbewegliche oder gesetzlich für unbeweglich erklärte Sachen, sowie für die Übergabe und Übernahme solcher Bestandgegenstände festgesetzten Termine und Fristen. Wo es an derlei Festsetzungen fehlt oder eine diesfalls bereits bestehende Regelung geändert werden soll, kann die politische Landesstelle im Einvernehmen mit dem Oberlandesgerichte die bei Aufkündigung und Rückstellung der bezeichneten Bestandgegenstände zu beachtenden Termine und Fristen festsetzen. Zu gleicher Weise kann die politische Landesstelle im Einvernehmen mit dem Oberlandesgerichte Bestimmungen darüber treffen, zu welcher Zeit und in welchem Umfange der Bestandnehmer nach der Kündigung die Besichtigung der bezeichneten Bestandgegenstände durch Mietslustige zu gestatten habe. Solche Anordnungen sind durch das Landesgesetzblatt und die amtliche Landeszeitung kundzumachen.

2. Die Vorschriften des Gesetzes vom 18. April 1869, R.G.Bl. Nr. 44, über die Einstellung des gerichtlichen Verfahrens, wenn beim Reichsgerichte der Antrag auf Entscheidung eines bejahenden Competenzconflictes vorgelegt wird.

3. Die Vorschrift des §. 11, Absatz 1 des Gesetzes vom 28. Mai 1881, R.G.Bl. Nr. 47, betreffend Abhilfe wider unredliche Vorgänge bei Creditgeschäften.

4. Die Vorschriften des §. 35 des Gesetzes vom 16. März 1884, R.G.Bl. Nr. 36, über die Anfechtung von Rechtshandlungen, welche das Vermögen eines zahlungsunfähigen Schuldners betreffen.

5. Die Vorschriften des §. 1 bis 6 und des §. 9 des Gesetzes vom 6. Juni 1887, R.G.Bl. Nr. 72, betreffend die Wirkung und die Anfechtbarkeit der von Behörden des stehenden Heeres, der Kriegsmarine und der Landwehr auf administrativem Wege gefällten Ersatzerkenntnisse.

Artikel XII.

Unberührt bleiben nachfolgende, die schiedsgerichtliche Entscheidungen von Reichsstreitigkeiten betreffende Vorschriften:

1. Die Vorschriften über die schiedsgerichtliche Entscheidung von Streitigkeiten zwischen dem galizischen Bodencreditvereine und seinen Mitgliedern oder Schuldnern ( §§. 41 bis 43 und 53 bis 56 der mit Patent vom 3. November 1841, I.G.S. Nr. 569, kundgemachten Statuten der galizisch-ständischen Creditanstalt, beziehungsweise §§. 41 bis 43 und 53 bis 55 der Statuten des galizischen Bodencreditvereins).

2. Die Vorschriften des §. 60 der mit Ministerialverordnung von 6. November 1855 , R.G.Bl. Nr.186, kundgemachten Statuten der k.k. privilegierten österreichischer Creditanstalten für Handel und Gewerbe.

3. Die Vorschriften des Artikels II, §. 7, Z. 7 des Gesetzes vom 6. September 1885, R.G.Bl. Nr. 122, betreffend die Bedingungen für die zum Betriebe der Kaiser Ferdinands-Nordbahn zu ertheilende neue Concession und die Ausübung der hienach dem Staate vorzubehaltenden Einlösungsrechte.

4. Die Vorschriften der Artikel 53 und 108 der mit dem Gesetze vom 21. Mai 1887, R.G.Bl. Nr. 51, kundgemachten Statuten der österreichischen-ungarischen Bank.

5. Die Vorschriften über die Schiedsgerichte der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalten (§. 38 des Gesetzes vom 28. December 1887, R.G.Bl. Nr. 1 ex 1888; §. 39 des Gesetzes vom 30. März 1888, R.G.Bl. Nr. 33, und Ministerialverordnung vom 10. April 1889, R.G.Bl. Nr. 47), der Krankenkassen (§. 41 des Gesetzes vom 30. März 1888, R.G.Bl. Nr. 33) und der Bruderladen (§§. 19 und 20 des Gesetzes vom 17. Jänner 1890, R.G.Bl. Nr.14, beziehungsweise des Gesetzes vom 17. September 1892, R.G.Bl. Nr. 178).

6. Die gesetzlichen Vorschriften, durch welche Körperschaften, Anstalten und Vereine das Recht erhalten haben, zur Entscheidung gewisser Streitigkeiten Schiedsgerichte zu bestellen.

(358) Artikel XIII.

Unberührt bleiben die Vorschriften über die Börsenschiedsgerichte, welche im §. 2, Z. 7, und in §. 6, Absatz 1 bis 3 des Börsengesetzes vom 1. April 1875, R.G.Bl. Nr. 67, enthalten sind.

Der letzte Absatz des §. 6 des genannten Gesetzes tritt außer Wirksamkeit. Ferner verlieren die Börsenschiedsgerichte die ihnen durch staatlich genehmigte Statuten eingeräumte Befugnis, die Execution ihrer Schiedssprüche zu bewilligen.

Artikel XIV.

Die Wirksamkeit der Börsenschiedsgerichte kann in dem Börsenstatut in der Richtung erweitert werden, dass dem Börsenschiedsgerichte auch Streitigkeiten aus Warengeschäften unterworfen werden, die außerhalb der Börse geschlossen wurden, jedoch lediglich unter nachstehenden Voraussetzungen:

1. Jeder der Streittheile muss entweder ein Organ der öffentlichen Verwaltung oder eine Handelsgesellschaft oder Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft oder ein Mitglied oder Besucher einer Börse oder eine solche Person sein, die sich berufsmäßig mit der Production, dem Handel oder der Verarbeitung jener beweglichen Sachen beschäftigt, die den Gegenstand des Geschäftes bilden;

2. das Geschäft, welches Gegenstand des Streites vor dem Schiedsgerichte ist, muss sich auf Waren beziehen, die an den betreffenden Börsen gehandelt werden dürfen;

3. beide Theile müssen sich beim Abschlusse oder vor Abwicklung des Geschäftes in einem schriftlichen Schiedsvertrage dem Ausspruche des Schiedsgerichtes unterworfen haben; protokollierte Kaufleute und Mitglieder oder Besucher einer Börse werden dem Schiedsgerichte schon durch die unbeanstandet gebliebene Annahme eines Schlussbriefes unterworfen, in dem die Bestimmung enthalten ist, dass Rechtsstreitigkeiten aus dem Geschäfte von dem Börsenschiedsgerichte zu entscheiden sind.

Falls eine der Parteien den landwirtschaftlichen Berufskreisen angehört, hat das Schiedsgericht die erhobene Klage auf Antrag oder von amtswegen als zum schiedsgerichtlichen Verfahren nicht geeignet zurückzuweisen, wenn das Warengeschäft, das den Gegenstand des Streites bildet, in offenbarem Missverhältnisse zum landwirtschaftlichen Betriebe der betreffenden Partei steht.

Das Börsenstatut kann bestimmen, dass die im ersten Absatz, Z. 1, und im vorletzten Absatze enthaltenen Beschränkungen auf Ausländer keine Anwendung finden. Auch kann im Statut festgesetzt werden, dass Ausländer dem Börsenschiedsgerichte schon durch die unbeanständet gebliebene Annahme eines Schlussbriefes unterworfen werden, der die Bestimmung enthält, dass Rechtsstreitigkeiten aus dem Geschäfte von dem Börsenschiedsgerichte zu entscheiden sind.

Artikel XV.

Zur giltigen Zusammensetzung jedes Börsenschiedsgerichtes ist es erforderlich, dass demselben ein Secretär zugezogen wird. Dieses Amt ist von Beamten der Börsenkammer zu versehen, die zur Ausübung des Richteramtes befähigt, von der Börsenkammer angestellt und von dem Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Justizministerium bestätigt sind.

Der Secretär des Börsenschiedsgerichtes nimmt die Klagen entgegen, gibt den Parteien die nöthige Anleitung, überwacht das Zustellungswesen, besorgt die nothwendigen schriftlichen Aufzeichnungen während der Verhandlung, nimmt an den Beschlussfassungen des Schiedsgerichtes mit berathender Stimme theil und fertigt die Erkenntnisse des Schiedsgerichtes aus.

Artikel XVI.

Personen, welche nicht Mitglieder oder Besucher der Börse sind, haben das Recht, die Schiedsrichter, welche sie zu bezeichnen haben, aus einer Liste von Personen zu entnehmen, die der Börse nicht angehören. Diese Liste hat einen im Börsenstatute festzusetzenden Theil der Gesamtzahl der Schiedsrichter zu enthalten.

Die in diese Liste aufzunehmenden Personen sind von den Handels- und Gewerbekammern, nöthigenfalls nach Einvernehmung von Gewerbegenossenschaften, von den Landesculturräthen oder von den Landwirtschaftsgesellschaften zu benennen. Dieselben müssen am Orte des Schiedsgerichtes ihren Wohnsitz oder Aufenthalt haben.

Die näheren Bestimmungen über die Anlegung und Ergänzung dieser Liste, insbesondere über die behufs Bildung derselben einzuvernehmenden Körperschaften, über die Qualification der in die Liste aufzunehmenden Personen, sowie über die Dauer ihrer Function als Schiedsrichter sind im Verordnungswege zu erlassen.

Die Liste ist im Locale des Schiedsgerichtes anzuschlagen.

Das Börsenstatut hat für den Fall Bestimmungen zu treffen, als die Befugnis, aus dieser Liste Schiedsrichter zu wählen, nicht rechtzeitig ausgeübt wird, oder die gewählten Schiedsrichter zur Verhandlung nicht erscheinen.

Wenn das Schiedsgericht aus Mitgliedern oder Besuchern der Börse und aus Personen zusammengesetzt sein soll, die der Börse nicht angehören, und die Schiedsrichter sich über den Obmann nicht einigen können, so ist derselbe von den Präsidenten des

(359) Schiedsrichtercollegiums nach der Reihenfolge der Streitfälle abwechselnd aus der Zahl der der Börse angehörenden Schiedsrichter oder aus den in die Liste aufgenommenen Schiedsrichtern zu ernennen.

Artikel XVII.

Das Verfahren vor den Schiedsgerichten wird durch das Börsenstatut geregelt. Auf dasselbe haben die §. 587 bis 599 C.P.O. keine Anwendung; jedoch sind die folgenden Vorschriften den Statuten zugrunde zu legen.

Artikel XVIII.

Das Börsenstatut hat Bestimmungen über die Zustellung zu enthalten, welche geeignet sind, die verlässliche Besorgung derselben zu gewährleisten. Ebenso hat das Statut die Gründe festzustellen, aus denen ein Mitglied des Schiedsgerichtes von den Parteien abgelehnt werden kann. Das Statut hat Vorschriften über die Aufnahme von Vergleichen zu enthalten.

Artikel XIX.

Die Verhandlung des Schiedsgerichtes sind öffentlich. In Ansehung der Ausschließung der Öffentlichkeit gelten die Vorschriften des Civilprocessordnung (§§. 172 und 173).

Im Falle die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird, hat jede der Parteien das im §. 174 C.P.O. bestimmte Rechte.

Dem Obmanne des Schiedsgerichtes steht die Sitzungspolizei im Umfange der §§. 197 und 198 C.P.O. zu.

Artikel XX.

Die Parteien sind berechtigt, sich bei der Verhandlung vertreten zu lassen. Als Parteienvertreter sind vor dem Schiedsgerichte die in die Liste auf Grund des Urteils XVI aufgenommenen Personen, Advocaten, öffentliche Gesellschafter, Procuristen, Handlungsgehilfen und sonstige Angestellte der Parteien, ferner Mitglieder oder Besucher der Börse und gerichtlich bestellte Curatoren oder Abhandlungspfleger zuzulassen.

Artikel XXI.

Der Obmann  des Schiedsgerichts und der Sekretär haben für die richtige Ausfertigung des Erkenntnisses Sorge zu tragen. Die Ausfertigung hat die Namen sämtlicher Schiedsrichter auszuweisen, welche an der Verhandlung teilgenommen haben. Dieselbe ist vom Obmanne und dem Secretär zu unterzeichnen. Die vor dem Schiedsgerichte abgeschlossenen Vergleiche sind nur giltig, wenn sie von  beiden Parteien unterschrieben sind.

Artikel XXII.

Das Schiedsgericht kann Parteien, Zeugen und Sachverständige unbeeidigt vernehmen. Ist eine eidliche Vernehmung der Partei oder die Beeidigung eines Zeugen oder Sachverständigen nothwendig oder weigert sich eine Partei, ein Zeuge oder Sachverständiger sich vernehmen zu lassen, so ist jenes Bezirksgericht, in dessen Sprengel die zu vernehmende oder zu beeidigende Person wohnt oder sich aufhält, um die Vornahme zu ersuchen.

Ein solches Ansuchen kann auch gestellt werden, wenn die Beweisaufnahme außerhalb des Ortes stattfinden soll, wo das Schiedsgericht seinen Sitz hat.

Artikel XXIII.

Ein Erkenntnis des Börsenschiedsgerichtes kann mittels Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden:

1. wenn der Schiedsvertrag ungiltig ist; ein Schiedsvertrag ist insbesondere ungiltig, wenn der Beschwerdeführer denselben mit Rücksicht auf die von Mitgliedern eines Unternehmerverbandes (Kartell) getroffene Verabredung eingegangen ist, wonach für seine gewerbliche Production erforderliche Stoffe, Werkzeuge und sonstige Hilfsmittel im inländischen Verkehre nur unter der Bedingung veräußert werden sollen, dass sich der Käufer in Anlehnung der aus dem Geschäfte entspringenden Streitigkeiten einem Börsenschiedsgerichte unterwerfe; auf die Geltendmachung dieser Ungiltigkeit kann vor Beginn der schiedsgerichtlichen Verhandlung nicht wirksam verzichtet werden;

2. wenn das Schiedsgericht sich mit Unrecht für zuständig oder für unzuständig erklärt;

3. wenn das Schiedsgericht die Klage nicht nach Vorschrift des Artikels XIV, vorletzter Absatz, zurückgewiesen hat;

4. wenn die Zustellung der Klage nicht statutenmäßig erfolgt ist oder einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, durch statutenwidrigen Vorgang entzogen wurde;

5. wenn eine Person verhandelt hat, welche hiezu gesetzlich nicht befähigt oder nicht berechtigt war;

6. wenn ein auf Grund der Statuten abgelehnter Richter an der Verhandlung theilgenommen hat;

7. wenn das Schiedsgericht nicht ordnungsmäßig zusammengesetzt war;

8. wenn die Öffentlichkeit in ungerechtfertigter Weise ausgeschlossen wurde.

(360) Die Nichtigkeitsbeschwerde ist  beim Gerichtshof erster Instanz (Handelsgericht), in dessen Sprengel das Schiedsgericht seinen Sitz hat, binnen vierzehn Tagen nach Zustellung des schiedsgerichtlichen Erkenntnisses einzubringen. Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung der Parteien und erforderlichenfalls des Obmannes und Secretärs des Schiedsgerichtes durch Beschluss.

Durch die Einbringung der Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schiedsspruch wird die Execution desselben nicht gehemmt. Wenn jedoch die obsiegende Partei durch den Vollzug einer Executionshandlung oder in anderer Weise sichergestellt ist, oder wenn, soweit im Schiedsspruche eine Geldleistung auferlegt wurde, der fragliche Geldbetrag gerichtlich erlegt wird, ist die Execution auf  Antrag bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde aufzuschieben.

Artikel XXIV.

Hat sich das Schiedsgericht rechtskräftig für unzuständig erklärt, oder die Klage auf Grund des Artikels XIV, vorletzter Absatz, rechtskräftig zurückgewiesen, so kann das ordentliche Gericht die Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache nicht ablehnen.

Artikel XXV.

Wenn der Schiedsspruch gegen zwingende Rechtsvorschriften verstößt, ferner wenn das Schiedsgericht in Streitigkeiten, die nicht aus Börsengeschäften (§. 12 des Gesetzes vom 1. April 1875, R.G.Bl. Nr. 67) herrühren, über die Einwendung, dass dem eingeklagten Anspruche ein als Spiel oder Wette zu beurtheilendes Differenzgeschäft zugrunde liege, überhaupt nicht oder unrichtig entschieden hat, kann das schiedsrichterliche Erkenntnis mittels Klage vor dem ordentlichen Richter als unwirksam angefochten und das kraft des Erkenntnisses Geleistete zurückgefordert werden.

Diese Klage ist binnen dreißig Tagen nach Zustellung des schiedsgerichtlichen Erkenntnisses beim Gerichtshof erster Instanz (Handelsgericht), in dessen Sprengel das Schiedsgericht seinen Sitz hat, zu erheben. Durch die Erhebung derselben wird die Execution des schiedsgerichtlichen Erkenntnisses nicht gehemmt, jedoch findet die Bestimmung des Urteils XXIII, Absatz 3, auch hier Anwendung.

Artikel XXVI.

In allen Angelegenheiten, welche das Börsenschiedsgericht betreffen, hat sich die Börsenleitung an das Finanzministerium zu wenden, welches im Einvernehmen mit dem Justiz- und dem Handelsministerium und nach Lage der Sache auch im Einvernehmen mit dem Ackerbauministerium entscheidet.

Das Justizministerium kann jederzeit durch einen Delegirten von der Rechtsprechung des Schiedsgerichtes Kenntnis nehmen, die Acten einsehen und sich vom ordnungsmäßigen Gang der Geschäfte überzeugen. Zu diesem Zwecke ist in das Statut auch die Bestimmung aufzunehmen, dass die Börsenschiedsgerichte dem Justizministerium alljährlich genaue statistische Ausweise über ihre Geschäftsthätigkeit vorzulegen haben.

Durch vorstehende Bestimmungen werden im übrigen die gesetzlichen Vorschriften über die staatliche Börsenaufsicht nicht berührt.

Artikel XXVII.

Die dermalen in Geltung stehenden Börsenstatute sind, soweit sie sich auf Schiedsgerichte beziehen, im Sinne der vorstehenden Bestimmungen abzuändern und binnen drei Monaten nach Kundmachung dieses Gesetzes zur Genehmigung vorzulegen.

Bestimmungen über Schiedsgerichte in neuen Börsenstatuten bedürfen der Genehmigung der im Artikel XXVI, Absatz 1, bezeichneten Ministerien.

 Artikel XXVIII.

In dem bisherigen Umfange wirksam bleiben das Gesetz vom 27. April 1873, R.G.Bl. Nr. 67, betreffend das Mahnverfahren, mit folgenden Abweichungen: 1. Zur Erlassung des bedingten Zahlungsbefehles sind auch die Bezirksgerichte in Handels- und Seesachen zuständig.

2. Für die Zustellung des bedingten Zahlungsbefehles an den Schuldner (§. 7, Absatz 2 des Gesetzes vom 27. April 1873, R.G.Bl. Nr. 67) haben die in der Civilprocessordnung für die Zustellung von Klagen erlassenen Vorschriften zu gelten.

3. Die Frist für das Ansuchen um Wiedereinsetzung in den  vorigen Stand wegen Versäumung des Widerspruches (§. 14 des citirten Gesetzes) wird auf vierzehn Tage verlängert.

4. Die Bestimmung des §. 20 des citirten Gesetzes über die Competenz des Bagatellgerichte für Handelssachen wird aufgehoben.

Artikel XXIX.

Als Inland im Sinne der Civilprocessordung gilt das Gebiet der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder. Personen, welche in diesem Gebiete das Staatsbürgerrecht nicht genießen, sind in Bezug auf die Vorschriften der Civilprocessordnung als Ausländer anzusehen.

(361) Ungarische Staatsangehörige, welche dem stehenden Heere oder der Kriegsmarine angehören oder bei Behörden der gemeinsamen Angelegenheiten angestellt sind und bei einem inländischen Gerichte als Kläger auftreten, sind von der Sicherheitsleistung für die Processkosten befreit.

Artikel XXX.

Insoferne sich die Civilprocessordnung auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes beruft, sind darunter nicht nur die Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, sondern auch jene des Handelsrechtes und der Wechselordnung und die in anderen Gesetzen enthaltene Normen des Privatrechtes zu verstehen.

Artikel XXXI.

Die nach dem bürgerlichen Rechte einer Partei, die von der Gewährleistung Gebrauch machen will, obliegende Verpflichtung, die Vertretungsleistung zu begehren, ist als Verpflichtung zur Streitverkündigung anzusehen. Die Unterlassung der Streitverkündigung ist mit den nach dem bürgerlichen Rechte an das unterlassene Begehren um Vertretungsleistung geknüpften Rechtsfolgen verbunden.

Artikel XXXII.

Die Bestimmungen der Civilprocessordnung über Advocaten und deren Stellvertreter sind sinngemäß auch auf die Finanzprocuraturen anzuwenden.

Artikel XXXIII.

Der für eine arme Partei gemäß §. 64, Z. 3 C.P.O. bestellte Advocat kann, wenn die ihm übertragene Rechtsverfolgung oder Rechtsvertheidigung muthwillig oder aussichtslos erscheint, beim Processgerichte erster Instanz seine Enthebung von der Vertretung ansuchen. Das Gericht entscheidet hierüber nach Anhörung der armen Partei durch Beschluss. Die arme Partei kann einen Recurs gegen diesen Beschluss auch bei Gerichtshöfen mündlich zu Protokoll anbringen.

Soferne in der fraglichen Rechtssache die Vertretung durch Advocaten durch das Gesetz geboten ist, erlischt mit rechtskräftiger Bewilligung der Enthebung auch das gewährte Armenrecht.

Artikel XXXIV.

Die Bestimmung der Zehr- und Ganggelder und der Zustellungsgebüren, sowie die Regelung des Verfahrens bei Vorschreibung und Einhebung derselben hat im Verordnungswege zu erfolgen; bis zur Erlassung neuer Vorschriften bleiben die zur Zeit darüber bestehenden Anordnungen in Geltung.

Artikel XXXV.

Für den Verkehr der Gerichte mit den im Auslande befindlichen Behörden und Parteien sind die in den bestehenden und in Hinkunft zu erlassenden Anordnungen (Staatsverträge, Regierungserklärungen, Ministerialverordnungen) enthaltenen näheren Bestimmungen maßgebend.

Artikel XXXVI.

Die Vorschriften der Civilprocessordnung über die Gerichtsferien finden keine Anwendung auf die Angelegenheiten des strafgerichtlichen Verfahrens, auf das Concursverfahren, sowie auf die Erledigungen von Grundbuchssachen. Andere Angelegenheiten des außerstreitigen Verfahrens sind als Ferialsache zu behandeln, wenn durch die Verzögerung einer Verfügung Nachtheil für eine Partei entstehen könnte.

Artikel XXXVII.

Die dem Besitzer einer unbeweglichen Sache oder eines dinglichen Rechtes gemäß §§. 340 bis 342 a.b.G.B. zustehende Berechtigung, das Verbot einer beabsichtigten Bauführung vor Gericht zu fordern, hat nicht mehr statt, wenn der Bauführer nach Inhalt der für die Bauführungen geltenden Vorschriften das Begehren um Ertheilung der Baubewilligung gestellt hat, der angeblich gefährdete, zur Baucommission gehörige und rechtzeitig geladene Besitzer jedoch bei derselben nicht erschienen ist oder gegen begehrte Baubewilligung keine Einwendungen erhoben hat.

Artikel XXXVIII.

An die Stelle der im Hofdecrete vom 6. März 1789, I.G.S. Nr. 984, im Patente vom 31. December 1800, I.G.S. Nr. 514, und im Patente vom 16. Jänner 1786, I.G.S. Nr. 516, zugelassenen Aufforderungsklage hat die Klage nach §. 228 C.P.O. zu treten; der Nachweis eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses ist in diesem Falle nicht erforderlich.

Der Richter und im Verfahren vor Gerichtshöfen der Vorsitzende können in solchen Processen auf Antrag des Klägers oder von amtswegen verfügen, dass der Beklagte in seinem Besitz befindliche, den Gegenstand des Rechtsstreites betreffende Urkunden und Acten vorlege. Sie können außerdem auf Antrag des Klägers oder von amtswegen die Herbeischaffung der den Gegenstand des Rechtsstreites betreffenden, bei einer öffentlichen Behörde oder bei einem Notar verwahrten Urkunden veranlassen.

Artikel XXXIX.

Im Falle des §. 48, Absatz 2, des allgemeinen Grundbuchsgesetzes kann der Eigenthümer einer

(362) Liegenschaft oder eines bücherlichen Rechtes auf Feststellung des Nichtbestehens des vorgemerkt gewesenen Rechtes klagen und im Falle eines günstigen Erkenntnisses durch Anmerkung desselben im Grundbuche einer wiederholten Bewilligung der Vormerkung vorbeugen.

Artikel XL.

Wenn nach den Vorschriften der Civilprocessordnung ein Eid abzulegen ist, so sind bei der Vornahme der Beeidigung die Bestimmungen des Gesetzes vom 3. Mai 1868, R.G.Bl. Nr. 33, zu beachten.

Artikel XLI.

Vormünder und Curatoren können in den Processen ihrer Mündel und Pflegebefohlenen die Beweisführung durch Vernehmung der Parteien beantragen, ohne hiezu der Einwilligung des vormundschaftlichen oder Curatelsgerichtes zu bedürfen.

Artikel XLII.

Wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet ist, oder wer von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, kann mittels Urtheils dazu verhalten werden, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens oder der Schulden anzugeben, was ihm von diesem Vermögen, von den Schulden oder von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bekannt ist, und einen Eid dahin zu leisten, dass seine Angaben richtig und vollständig sind.

Zur Klage ist befugt, wer ein privatrechtliches Interesse an der Ermittlung des Vermögens oder des Schuldenstandes hat.

Wenn mit der Klage auf eidliche Angaben des Vermögens die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistung, welche der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die eidliche Angabe über das Vermögen gemacht ist.

Artikel XLIII.

Die Vorlage einer gemeinschaftlichen Urkunde (§. 304 C.P.O.) kann auch außerhalb eines anhängigen Rechtsstreites im Wege der Klage gefordert werden.

Artikel XLIV.

In den Fällen der Artikel 348, 365 und 407 des Handelsgesetzes ist das im §. 384, Absatz 3 C.P.O. bezeichnete Gericht zuständig. Auf die Ernennung, Beeidigung und Vernehmung der Sachverständigen finden die Vorschriften der Civilprocessordnung über die Sicherung von Beweisen (§§. 384 bis 389) Anwendung.

Artikel XLV.

Der Behändigung der Klage steht in Bezug auf die wechselrechtliche Verjährung (Artikel 80 Wechselordnung) die Geltendmachung des Anspruches in der mündlichen Verhandlung (§. 232, Absatz 2 C.P.O.) gleich.

Artikel XLVI.

Eine während des Processes oder erst nach dessen Beendigung eingetretene Ersitzung oder Verjährung eines Rechtes kann nicht zum Nachtheile dessen geltend gemacht werden, dem nachträglich die Wiederaufnahme des über dieses Recht geführten Processes bewilligt wird.

Artikel XLVII.

Auf die Erledigung der Streitsachen, in welchen am Tage des Inkrafttretens der Civilprocessordnung die Einrede schon überreicht ist oder die Verhandlung der Hauptsache schon begonnen hat, findet die Civilprocessordnung, sofern in Folgendem nichts anderes angeführt wird, keine Anwendung; solche Rechtsstreite sind nach den bisher geltenden Processvorschriften zu verhandeln und zu entscheiden.

Auf alle anderen Streitssachen, die bereits vor dem Tage des Inkrafttretens der Civilprocessordnung bei Gericht angebracht worden sind, finden von diesem Tage an die Vorschriften der Civilprocessordnung mit der Maßgabe Anwendung, dass:

1. eine bei Beginn der Wirksamkeit der Civilprocessordnung im Zuge befindliche Verhandlung über processhindernde Einreden nach den bisher geltenden Processvorschriften zu Ende zu führen ist, und auch die Wirkung der darüber ergehenden Entscheidung sich nach diesen Processvorschriften zu bestimmen hat, und

2. die Zurücknahme der Klage gemäß §. 237 der Civilprocessordnung in dem unter Z. 1 angegebenen Falle noch bis zu Beginn der ersten zur Verhandlung der Hauptssache angeordneten Tagssatzung erfolgen kann.

In den im Absatze 2 bezeichneten Streitsachen verlieren mit dem Tage des Inkrafttretens der Civilprocessordnung die vor diesem Tage erlassenen Bescheide, wodurch dem Beklagten die Erstattung der Einrede aufgetragen wurde, ihre Wirksamkeit und gleichzeitig hört der Lauf der zur Erstattung der Einrede gewährten Frist auf. Das Processgericht hat von amtswegen über die Klage die Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.

(363) Diese Bestimmungen gelten insbesondere auch, soferne die Vorschriften der Civilprocessordnung gemäß Artikel II dieses Gesetzes an die Stelle anderer bisher vorgeschriebener Verfahrensarten zu treten haben.

Artikel XLVIII.

Wenn im Mandats-, Wechsel- oder Bestandverfahren die Klage, die Kündigung oder der Antrag auf Übergabe oder Übernahme der Bestandsache zwar vor Beginn der Wirksamkeit der Civilprocessordnung erhoben wurde, jedoch erst nach dem Inkrafttreten der Civilprocessordnung gegen den Zahlungs- oder Sicherstellungsauftrag, gegen die Ankündigung oder gegen den Antrag zur Übergabe oder Übernahme der Bestandsache rechtzeitig Einwendungen angebracht werden, oder wenn die Verhandlung über die früher rechtzeitig angebrachte Einwendungen am Tage des Inkrafttretens der Civilprocessordnung noch nicht begonnen hat, so haben in dem durch diese Einwendungen veranlassten Verfahren die Vorschriften der Civilprocessordnung zur Anwendung zu kommen.

Das Gleiche gilt für das durch einen Widerspruch im Mahnverfahren veranlasste Verfahren, wenn der Gläubiger in einer vor Beginn der Wirksamkeit der Civilprocessordnung zur Eintreibung seiner Forderungen erhobenen Klage das Begehren um Erlassung des bedingten Zahlungsbefehles gestellt hat, der Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl aber erst nach Inkrafttreten der Civilprocessordnung rechtzeitig erhoben wird oder die durch den früher rechtzeitig erhobenen Widerspruch veranlasste Verhandlung über die Klage am Tage des Inkrafttretens der Civilprocessordnung noch nicht begonnen hat.

Artikel XLIX.

In Streitsachen, in welchen am Tage des Inkrafttretens der Civilprocessordnung die Einrede bereits überreicht ist, oder die Verhandlung der Hauptsache schon begonnen hat, bleibt es den Parteien freigestellt, auf Grund beiderseitigen Übereinkommens unter Abstehen vom bisherigen Processverfahren zu begehren, dass die Rechtssache nach den Vorschriften der Civilprocessordnung verhandelt und entschieden, und zu diesem Zwecke erforderlichenfalls an das nach den Bestimmungen der neuen Jurisdictionsnorm zuständige Gericht abgetreten werde.

Die durch das Anbringen der Klage begründete Unterbrechung der Verjährung wird durch ein solches Übereinkommen nicht aufgehoben.

Artikel L.

Wenn in den Fällen des Artikels XLVIII und XLIX nach den bisherigen processrechtlichen Vorschriften das summarische oder das Bagatellverfahren anzuwenden gewesen wäre, ist die Rechtssache nach Verschiedenheit des zuständigen Gerichtes entweder nach den für das Verfahren vor Gerichtshöfen oder nach den für das bezirksgerichtliche Verfahren erlassenen Bestimmungen der Civilprocessordnung durchzuführen. Falls hienach das bezirksgerichtliche Verfahren der Civilprocessordnung an die Stelle des Bagatellverfahrens zu treten hat, sind überdies die besonderen Bestimmungen der §§. 449 bis 453 C.P.O. anzuwenden.

Artikel LI.

Gegen Endurtheile, die vor dem Tage des Inkrafttretens der Civilprocessordnung erflossen sind, sowie gegen die Endurtheile in den Processen, welche trotz Beginn der Wirksamkeit der Civilprocessordnung nach den bisherigen Processvorschriften verhandelt und entschieden wurden, findet die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den bisher geltenden Processvorschriften statt. Dagegen können solche Urtheile nach dem Inkrafttreten der Civilprocessordnung in derselben Weise, wie die in Gemäßheit der Vorschriften der Civilprocessordnung zustande gekommenen Urtheile mit der Richtigkeitslage angefochten werden (§. 529 C.P.O.).

Artikel LII.

Gesetzliche oder vom Richter bestimmte Fristen zur Erhebung einer Klage, wie insbesondere zur Besitzstörungsklage und zur Klage wegen Rechtfertigung einer grundbücherlichen Vormerkung oder eines provisorischen Sicherstellungsmittels, oder zur Anbringung von Einwendungen gegen einen Zahlungs- oder Sicherstellungsauftrag, gegen die Aufkündigung eines Bestandvertrages oder gegen den Auftrag zur Übergabe oder Übernahme des Bestandsache werden durch das Inkrafttreten der Civilprocessordnung in ihrem Laufe und in ihrer Dauer nicht berührt.

Artikel LIII.

Die Zulässigkeit der Anfechtung von Schiedssprüchen, die vor dem Beginne der Wirksamkeit der Civilprocessordnung gefällt wurden, richtet sich nach den bisherigen gesetzlichen Vorschriften.

Artikel LIV.

Die Bestimmungen der Artikel XIII bis XXVI treten mit Ablauf von sechs Monaten nach Kundmachung dieses Gesetzes, hingegen die Bestimmungen der Artikel II, V, XXVIII, XXXI, XXXII, XXXIII, XXXVI, XXXVII, XXXVIII, XXXIX, XLII, XLIII, XLIV, XLV und XLVI erst mit Beginn der Wirksamkeit der Civilprocessordnung in Kraft.

(364) Artikel LV.

Mit dem Vollzuge dieses Gesetzes ist der Justizminister beauftragt.

Soweit in diesem Gesetze nichts anderes bestimmt ist, hat der Justizminister alle zur Einführung und Durchführung des gegenwärtigen Gesetzes und der Civilprocessordnung erforderlichen Verordnungen, und zwar insoweit dieselben den Wirkungskreis der anderen Minister berühren, im Einvernehmen mit diesen zu erlassen.

Ischl, den 1. August 1895.

Franz Joseph m.p.

Kielmannsegg m.p. Krall m.p.