(Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie. I. Theil. Wien 1811.)

Wir Franz der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König zu Ungarn und Böhmen; Erzherzog zu Oesterreich, etc. etc.

Aus der Betrachtung, daß die bürgerlichen Gesetze, um den Bürgern volle Beruhigung über den gesicherten Genuß ihrer Privat-Rechte zu verschaffen, nicht nur nach den allgemeinen Grundsätzen der Gerechtigkeit; sondern auch nach den besonderen Verhältnissen der Einwohner bestimmt, in einer ihnen verständlichen Sprache bekannt gemacht, und durch eine ordentliche Sammlung in stätem Andenken erhalten werden sollen, haben Wir seit dem Antritte Unserer Regierung unausgesetzt Sorge getragen, daß die schon von Unseren Vorfahren beschlossene und unternommene Abfassung eines vollständigen, einheimischen bürgerlichen Gesetzbuches ihrer Vollendung zugeführt werde.

Der während Unserer Regierung von Unserer Hofcommission in Gesetzsachen zu Stande gebrachte Entwurf ward, so wie ehedem der Entwurf des Gesetzbuches über Verbrechen und schwere Polizey-Uebertretungen, den in den verschiedenen Provinzen eigens aufgestellten Commissionen zur Beurtheilung mitgetheilt, in Galizien aber inzwischen schon in Anwendung gesetzt.

Nachdem auf solche Art die Meinungen der Sachverständigen, und die aus der Anwendung eingehohlten Erfahrungen zur Berichtigung dieses so wichtigen Zweiges der Gesetzgebung benützt worden sind; haben Wir nun beschlossen, dieses allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für Unsere gesammten Deutschen Erbländer kund zu machen, und zu verordnen, daß dasselbe mit dem ersten Januar 1812 zur Anwendung kommen solle.

Dadurch wird das bis jetzt angenommene gemeine Recht, der am 1. November 1786 kund gemachte erste Theil des bürgerlichen Gesetzbuches, das für Galizien gegebene bürgerliche Gesetzbuch, sammt allen auf die Gegenstände dieses allgemeinen bürgerlichen Rechtes sich beziehenden Gesetzen und Gewohnheiten, außer Wirksamkeit gesetzt.

Wie Wir aber in dem Gesetzbuche selbst zur allgemeinen Vorschrift aufgestellt haben, daß die Gesetze nicht zurück wirken sollen; so soll auch dieses Gesetzbuch auf Handlungen, die dem Tage, an welchem es verbindliche Kraft erhält, vorhergegangen, und auf die nach den früheren Gesetzen bereits erworbenen Rechte keinen Einfluß haben; diese Handlungen mögen in zweyseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, oder in solchen Willenserklärungen bestehen, die von dem Erklärenden noch eigenmächtig abgeändert, und nach den in dem gegenwärtigen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften eingerichtet werden könnten.

Daher ist auch eine schon vor der Wirksamkeit dieses Gesetzbuches angefangene Ersitzung oder Verjährung nach den älteren Gesetzen zu beurtheilen. Wollte sich jemand auf eine Ersitzung oder Verjährung berufen, die in dem neueren Gesetze auf eine kürzere Zeit als in den früheren Gesetzen bestimmt ist; so kann er auch diese kürzere Frist erst von dem Zeitpuncte, an welchem das gegenwärtige Gesetz verbindliche Kraft erhält, zu berechnen anfangen.

Die Vorschriften dieses Gesetzbuches sind zwar allgemein verbindlich; doch bestehen für den Militär-Stand und für die zum Militär-Körper gehörigen Personen besondere, auf das Privat-Recht sich beziehende Vorschriften, welche bey den von, oder mit ihnen vorzunehmenden Rechtsgeschäften, obschon in dem Gesetzbuche nicht ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, zu beobachten sind. Handels- und Wechselgeschäfte werden nach den besonderen Handels- und Wechselgesetzen, in so fern sie von den Vorschriften dieses Gesetzbuches abweichen, beurtheilt.

Auch bleiben die über politische, Cameral- oder Finanz-Gegenstände kund gemachten, die Privat-Rechte beschränkenden, oder näher bestimmenden Verordnungen, obschon in diesem Gesetzbuche sich darauf nicht ausdrücklich bezogen wurde, in ihrer Kraft.

Ins besondere sind die auf Geldzahlungen sich beziehenden Rechte und Verbindlichkeiten nach dem, über das zum Umlauf und zur gemeinen Landes- (Wiener) Währung bestimmte Geld, bereits erlassenen Patente vom 20. Hornung 1811, oder nach den noch zu erlassenden besonderen Gesetzen, und nur bey deren Ermanglung, nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzbuches zu beurtheilen.

Wir erklären zugleich den gegenwärtigen Deutschen Text des Gesetzbuches als den Urtext, wonach die veranstalteten Uebersetzungen in die verschiedenen Landessprachen Unserer Provinzen zu beurtheilen sind.

Gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt Wien, den ersten Monathstag Junius, im eintausend achthundert und eilften, Unserer Reiche im neunzehnten Jahre.

Franz (L. S.)

Aloys Graf von und zu Ugarte,

königlich-Böhmischer oberster und erzherzoglich-Oesterreichischer erster Kanzler.

Franz Graf von Woyna.

Nach Sr. k. k. Majestät

höchst eigenem Befehle:

Johann Nepomuk Freyh. v. Geißlern.

 

Inhalt.

Einleitung. Von den bürgerlichen Gesetzen überhaupt. §. 1-14.

Erster Theil.

Von dem Personenrechte.

Erstes Hauptstück. Von den Rechten, welche sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse beziehen. §. 15-43.

Zweytes Hauptstück. Von dem Eherechte. §. 44-136.

Drittes Hauptstück. Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern §. 137-186.

Viertes Hauptstück. Von der Obsorge einer anderen Person §. 187-267.

Fünftes Hauptstück. Von der Sachwalterschaft, der sonstigen gesetzlichen Vertretung und der Vorsorgemacht §. 268-284.

Zweyter Theil.

Von dem Sachenrechte.

Von Sachen und ihrer rechtlichen Eintheilung. §. 285-308.

Erste Abtheilung

des Sachenrechtes.

Von den dinglichen Rechten.

Erstes Hauptstück. Von dem Besitze. §. 309-352.

Zweytes Hauptstück. Von dem Eigenthumsrechte. §. 353-379.

Drittes Hauptstück. Von der Erwerbung des Eigenthums durch Zueignung. §. 380-403.

Viertes Hauptstück. Von Erwerbung des Eigenthumes durch Zuwachs. §. 404-422.

Fünftes Hauptstück. Von Erwerbung des Eigenthumes durch Uebergabe. §. 423-446.

Sechstes Hauptstück. Von dem Pfandrechte. §. 447-471.

Siebentes Hauptstück. Von Dienstbarkeiten. (Servituten.) §. 472-530.

Achtes Hauptstück. Von dem Erbrechte. §. 531-551.

Neuntes Hauptstück. Von der Erklärung des letztes Willens überhaupt und den Testamenten ins besondere. §. 552-603.

Zehntes Hauptstück. Von Nacherben und Fideicomissen. §. 604-646.

Eilftes Hauptstück. Von Vermächtnissen. §. 647-694.

Zwölftes Hauptstück. Von Einschränkung und Aufhebung des letzten Willens. §. 695-726.

Dreyzehntes Hauptstück. Von der gesetzlichen Erbfolge. §. 727-761.

Vierzehntes Hauptstück. Von dem Pflichttheile und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil. §. 762-796.

Fünfzehntes Hauptstück. Von Besitznehmung der Erbschaft. §. 797-824.

Sechzehntes Hauptstück. Von der Gemeinschaft des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte. §. 825-858.

Zweyte Abtheilung.

Von den persönlichen Sachenrechten.

Siebzehntes Hauptstück. Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt. §. 859-937.

Achtzehntes Hauptstück. Von Schenkungen. §. 938-956.

Neunzehntes Hauptstück. Von dem Verwahrungsvertrage. §. 957-970.

Zwanzigstes Hauptstück. Von dem Leihvertrage. §. 971-982.

Ein und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Darleihensvertrage. §. 983-1001.

Zwey und zwanzigstes Hauptstück. Von der Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung. §. 1002-1044.

Drey und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Tauschvertrage. §. 1045-1052.

Vier und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Kaufvertrage. §. 1053-1089.

Fünf und zwanzigstes Hauptstück. Von Bestand- Erbpacht- und Erbzins-Verträgen. §. 1090-1150.

Sechs und zwanzigstes Hauptstück. Von Verträgen über Dienstleistungen §. 1151-1174.

Sieben und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Vertrage über eine Gemeinschaft der Güter. §. 1175-1216.

Acht und zwanzigstes Hauptstück. Von den Ehepacten. §. 1217-1266.

Neun und zwanzigstes Hauptstück. Von den Glücksverträgen. §. 1267-1292.

Dreyßigstes Hauptstück. Von dem Rechte des Schadenersatzes und der Genugthuung. §. 1293-1341.

Dritter Theil.

Von den gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.

Erstes Hauptstück. Von Befestigung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1342-1374.

Zweytes Hauptstück. Von Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1375-1410.

Drittes Hauptstück. Von Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1411-1450.

Viertes Hauptstück. Von der Verjährung und Ersitzung. §. 1451-1502.

 

Einleitung.

Von den bürgerlichen Gesetzen überhaupt.

Begriff des bürgerlichen Rechtes.

§. 1. Der Inbegriff der Gesetze, wodurch die Privat-Rechte und Pflichten der Einwohner des Staates unter sich bestimmt werden, macht das bürgerliche Recht in demselben aus.

§. 2. So bald ein Gesetz gehörig kund gemacht worden ist, kann sich niemand damit entschuldigen, daß ihm dasselbe nicht bekannt geworden sey.

Anfang der Wirksamkeit der Gesetze.

§. 3. Die Wirksamkeit eines Gesetzes und die daraus entspringenden rechtlichen Folgen nehmen gleich nach der Kundmachung ihren Anfang; es wäre denn, daß in dem kund gemachten Gesetze selbst der Zeitpunct seiner Wirksamkeit weiter hinaus bestimmt würde.

Umfang des Gesetzes.

§. 4. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)

§. 5. Gesetze wirken nicht zurück; sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluß.

Auslegung.

§. 6. Einem Gesetze darf in der Anwendung kein anderer Verstand beygelegt werden, als welcher aus der eigenthümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.

§. 7. Läßt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muß auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden. Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft; so muß solcher mit Hinsicht auf die sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen entschieden werden.

§. 8. Nur dem Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art zu erklären. Eine solche Erklärung muß auf alle noch zu entscheidende Rechtsfälle angewendet werden, dafern der Gesetzgeber nicht hinzufügt, daß seine Erklärung bey Entscheidung solcher Rechtsfälle, welche die vor der Erklärung unternommenen Handlungen und angesprochenen Rechte zum Gegenstande haben, nicht bezogen werden solle.

Dauer des Gesetzes.

§. 9. Gesetze behalten so lange ihre Kraft, bis sie von dem Gesetzgeber abgeändert oder ausdrücklich aufgehoben werden.

Andere Arten der Vorschriften, als: a) Gewohnheiten.

§. 10. Auf Gewohnheiten kann nur in den Fällen, in welchen sich ein Gesetz darauf beruft, Rücksicht genommen werden.

b) Provinzial-Statuten.

§. 11. Nur jene Statuten einzelner Provinzen und Landesbezirke haben Gesetzeskraft, welche nach der Kundmachung dieses Gesetzbuches von dem Landesfürsten ausdrücklich bestätiget werden.

c) Richterliche Aussprüche.

§. 12. Die in einzelnen Fällen ergangenen Verfügungen und die von Richterstühlen in besonderen Rechtsstreitigkeiten gefällten Urtheile haben nie die Kraft eines Gesetzes, sie können auf andere Fälle oder auf andere Personen nicht ausgedehnet werden.

d) Privilegien.

§. 13. Die einzelnen Personen oder auch ganzen Körpern verliehenen Privilegien und Befreyungen sind, so fern hierüber die politischen Verordnungen keine besondere Bestimmung enthalten, gleich den übrigen Rechten zu beurtheilen.

Haupteintheilung des bürgerlichen Rechtes.

§. 14. Die in dem bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften haben das Personen-Recht, das Sachenrecht und die denselben gemeinschaftlich zukommenden Bestimmungen zum Gegenstande.

 

Erster Theil.

Von dem Personen-Rechte.

Erstes Hauptstück.

Von den Rechten, welche sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse beziehen.

Personen-Rechte.

§. 15. Die Personen-Rechte beziehen sich theils auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse; theils gründen sie sich in dem Familien-Verhältnisse.

I. Aus dem Charakter der Persönlichkeit.

Angeborne Rechte.

§. 16. Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten. Sclaverey oder Leibeigenschaft, und die Ausübung einer darauf sich beziehenden Macht wird in diesen Ländern nicht gestattet.

Rechtliche Vermuthung derselben.

§. 17. Was den angebornen natürlichen Rechten angemessen ist, dieses wird so lange als bestehend angenommen, als die gesetzmäßige Beschränkung dieser Rechte nicht bewiesen wird.

Erwerbliche Rechte.

§. 18. Jedermann ist unter den von den Gesetzen vorgeschriebenen Bedingungen fähig, Rechte zu erwerben.

Verfolgung der Rechte.

§. 19. Jedem, der sich in seinem Rechte gekränkt zu seyn erachtet, steht es frey, seine Beschwerde vor der durch die Gesetze bestimmten Behörde anzubringen. Wer sich aber mit Hintansetzung derselben der eigenmächtigen Hülfe bedienet, oder, wer die Gränzen der Nothwehre überschreitet, ist dafür verantwortlich.

§. 20. Auch solche Rechtsgeschäfte, die das Oberhaupt des Staates betreffen, aber auf dessen Privat-Eigenthum, oder auf die in dem bürgerlichen Rechte gegründeten Erwerbungsarten sich beziehen, sind von den Gerichtsbehörden nach den Gesetzen zu beurtheilen.

II. Personenrechte der Minderjährigen und der sonst in ihrer Handlungsfähigkeit Beeinträchtigten

§. 21. Minderjährige und Personen, die aus einem anderen Grund als dem ihrer Minderjährigkeit alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht vermögen, stehen unter dem besonderen Schutz der Gesetze.

Minderjährige sind Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben; haben sie das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so sind sie unmündig.

§. 22. Selbst ungeborne Kinder haben von dem Zeitpuncte ihrer Empfängniß an einen Anspruch auf den Schutz der Gesetze. In so weit es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten zu thun ist, werden sie als Geborne angesehen; ein todtgebornes Kind aber wird in Rücksicht auf die ihm für den Lebensfall vorbehaltenen Rechte so betrachtet, als wäre es nie empfangen worden.

§. 23. In zweifelhaftem Falle, ob ein Kind lebendig oder todt geboren worden sey, wird das Erstere vermuthet. Wer das Gegentheil behauptet, muß es beweisen.

III. Aus dem Verhältnisse der Abwesenheit.

§. 24. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)

§. 25. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)

IV. Aus dem Verhältnisse einer moralischen Person.

§. 26. Die Rechte der Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft unter sich werden durch den Vertrag oder Zweck und die besonderen für dieselben bestehenden Vorschriften bestimmt. Im Verhältnisse gegen Andere genießen erlaubte Gesellschaften in der Regel gleiche Rechte mit den einzelnen Personen. Unerlaubte Gesellschaften haben als solche keine Rechte, weder gegen die Mitglieder, noch gegen Andere, und sie sind unfähig, Rechte zu erwerben. Unerlaubte Gesellschaften sind aber diejenigen, welche durch die politischen Gesetze insbesondere verbothen werden, oder offenbar der Sicherheit, öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten widerstreiten.

§. 27. In wie fern Gemeinden in Rücksicht ihrer Rechte unter einer besonderen Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehen, ist in den politischen Gesetzen enthalten.

V. Aus dem Verhältnisse eines Staatsbürgers.

§. 28. Den vollen Genuß der bürgerlichen Rechte erwirbt man durch die Staatsbürgerschaft. Die Staatsbürgerschaft in diesen Erbstaaten ist Kindern eines Oesterreichischen Staatsbürgers durch die Geburt eigen.

Wie die Staatsbürgerschaft erworben;

§. 29. Fremde erwerben die Oesterreichische Staatsbürgerschaft durch Eintretung in einen öffentlichen Dienst; durch einen in diesen Staaten vollendeten zehnjährigen ununterbrochenen Wohnsitz, jedoch unter der Bedingung, daß der Fremde diese Zeit hindurch sich wegen eines Verbrechens keine Strafe zugezogen habe.

§. 30. Auch ohne Antretung eines Gewerbes oder Handwerkes, und vor verlaufenen zehn Jahren, kann die Einbürgerung bey den politischen Behörden angesucht, und von denselben, nachdem das Vermögen, die Erwerbfähigkeit und das sittliche Betragen des Ansuchenden beschaffen sind, verliehen werden.

§. 31. Durch die bloße Inhabung oder zeitliche Benützung eines Landgutes, Hauses oder Grundstückes; durch die Anlegung eines Handels, einer Fabrik, oder die Theilnahme an einem von beyden, ohne persönliche Ansässigkeit in einem Lande dieser Staaten, wird die Oesterreichische Staatsbürgerschaft nicht erworben.

wie sie verloren werde

§. 32. Der Verlust der Staatsbürgerschaft durch Auswanderung oder durch Verehelichung einer Staatsbürgerinn an einen Ausländer, wird durch die Auswanderungsgesetze bestimmt.

Rechte der Fremden.

§. 33. Den Fremden kommen überhaupt gleiche bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten mit den Eingebornen zu, wenn nicht zu dem Genusse dieser Rechte ausdrücklich die Eigenschaft eines Staatsbürgers erfordert wird. Auch müssen die Fremden, um gleiches Recht mit den Eingebornen zu genießen, in zweifelhaften Fällen beweisen, daß der Staat, dem sie angehören, die hierländigen Staatsbürger in Rücksicht des Rechtes, wovon die Frage ist, ebenfalls wie die seinigen behandle.

§. 34. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)

§. 35. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)

§. 36. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)

§. 37. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)

§. 38. Die Gesandten, die öffentlichen Geschäftsträger und die in ihren Diensten stehenden Personen genießen die in dem Völkerrechte und in den öffentlichen Verträgen gegründeten Befreyungen.

VI. Personen-Rechte aus dem Religions-Verhältnisse.

§. 39. Die Verschiedenheit der Religion hat auf die Privat-Rechte keinen Einfluß, außer in so fern dieses bey einigen Gegenständen durch die Gesetze insbesondere angeordnet wird.

VII. Aus dem Familien-Verhältnisse.

Familie, Verwandtschaft und Schwägerschaft.

§. 40. Unter Familie werden die Stammältern mit allen ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung zwischen diesen Personen wird Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten entsteht, Schwägerschaft genannt.

§. 41. Die Grade der Verwandtschaft zwischen zwey Personen sind nach der Zahl der Zeugungen, mittelst welcher in der geraden Linie eine derselben von der anderen, und in der Seitenlinie beyde von ihrem nächsten gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu bestimmen. In welcher Linie und in welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten verwandt ist, in eben der Linie und in eben dem Grade ist er mit dem anderen Ehegatten verschwägert.

§. 42. Unter den Nahmen Aeltern werden in der Regel ohne Unterschied des Grades alle Verwandte in der aufsteigenden; und unter dem Nahmen Kinder, alle Verwandte in der absteigenden Linie begriffen.

VIII. Schutz des Namens

§. 43. Wird jemandem das Recht zur Führung seines Namens bestritten oder wird er durch unbefugten Gebrauch seines Namens (Decknamens) beeinträchtigt, so kann er auf Unterlassung und bei Verschulden auf Schadenersatz klagen.

Zweytes Hauptstück.

Von dem Eherechte.

Begriff der Ehe,

§. 44. Die Familien-Verhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwey Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitig Beystand zu leisten.

und des Eheverlöbnisses.

§. 45. Ein Eheverlöbniß oder ein vorläufiges Versprechen, sich zu ehelichen, unter was für Umständen oder Bedingungen es gegeben oder erhalten worden, zieht keine rechtliche Verbindlichkeit nach sich, weder zur Schließung der Ehe selbst, noch zur Leistung desjenigen, was auf den Fall des Rücktrittes bedungen worden ist.

Rechtliche Wirkung des Rücktrittes vom Eheverlöbnisse.

§. 46. Nur bleibt dem Theile, von dessen Seite keine gegründete Ursache zu dem Rücktritte entstanden ist, der Anspruch auf den Ersatz des wirklichen Schadens vorbehalten, welchen er aus diesem Rücktritte zu leiden beweisen kann.

Regel über die Fähigkeit zur Schließung einer Ehe.

§. 47. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

Hindernisse der Ehe:

I) Abgang der Einwilligung,

a) aus Mangel des Vermögens zur Einwilligung.

§. 48. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 49. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 50. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 51. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 52. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 53. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 54. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

b) aus Mangel der wirklichen Einwilligung.

§. 55. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 56. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 57. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 58. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 59. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

II. Abgang des Vermögens zum Zwecke:

a) des physischen Vermögens;

§. 60. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

b) des sittlichen Vermögens; wegen Verurtheilung zu einer schweren Criminalstrafe;

§. 61. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)

wegen Ehebandes;

§. 62. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

wegen Weihe oder Gelübdes;

§. 63. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

Religionsverschiedenheit;

§. 64. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

Verwandtschaft;

§. 65. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

oder Schwägerschaft;

§. 66. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

wegen Ehebruchs;

§. 67. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

oder Gattenmordes.

§. 68. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

III. Abgang der wesentlichen Feyerlichkeiten.

Solche sind:

§. 69. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

a) das Aufgeboth;

§. 70. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 71. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)

§. 72. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 73. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 74. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

b) die feyerliche Erklärung der Einwilligung.

§. 75. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 76. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 77. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)

§. 78. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 79. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 80. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 81. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 82. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

Dispensation von Ehehindernissen.

§. 83. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 84. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 85. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 86. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 87. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 88. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

Persönliche Rechtswirkungen der Ehe

§. 89. Die persönlichen Rechte und Pflichten der Ehegatten im Verhältnis zueinander sind, soweit in diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt ist, gleich.

§. 90. Die Ehegatten sind einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, sowie zur Treue, zur anständigen Begegnung und zum Beistand verpflichtet.

Im Erwerb des anderen hat ein Ehegatte mitzuwirken, soweit ihm dies zumutbar, es nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich und nicht anderes vereinbart ist.

§. 91. Die Ehegatten sollen ihre eheliche Lebensgemeinschaft, besonders die Haushaltsführung, die Erwerbstätigkeit, die Leistung des Beistandes und die Obsorge, unter Rücksichtnahme aufeinander und auf das Wohl der Kinder mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge einvernehmlich gestalten.

Von einer einvernehmlichen Gestaltung kann ein Ehegatte abgehen, wenn dem nicht ein wichtiges Anliegen des anderen oder der Kinder entgegensteht oder, auch wenn ein solches Anliegen vorliegt, persönliche Gründe des Ehegatten, besonders sein Wunsch nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, als gewichtiger anzusehen sind. In diesen Fällen haben sich die Ehegatten um ein Einvernehmen über die Neugestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu bemühen.

§. 92. Verlangt ein Ehegatte aus gerechtfertigten Gründen die Verlegung der gemeinsamen Wohnung, so hat der andere diesem Verlangen zu entsprechen, es sei denn, er habe gerechtfertigte Gründe von zumindest gleichem Gewicht, nicht mitzuziehen.

Ungeachtet des Abs. 1, kann ein Ehegatte vorübergehend gesondert Wohnung nehmen, solange ihm ein Zusammenleben mit dem anderen Ehegatten, besonders wegen körperlicher Bedrohung, unzumutbar oder dies aus wichtigen persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.

In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann jeder der Ehegatten vor oder auch nach der Verlegung der Wohnung oder der gesonderten Wohnungsnahme die Entscheidung des Gerichtes beantragen. Das Gericht hat im Verfahren außer Streitsachen festzustellen, ob das Verlangen auf Verlegung der gemeinsamen Wohnung oder die Weigerung mitzuziehen oder die gesonderte Wohnungsnahme durch einen Ehegatten rechtmäßig war oder ist. Es hat bei der Entscheidung auf die gesamten Umstände der Familie, besonders auf das Wohl der Kinder, Bedacht zu nehmen.

§. 93. Die Ehegatten führen den gleichen Familiennamen. Dieser ist der Familienname eines der Ehegatten, den die Verlobten vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde als gemeinsamen Familiennamen bestimmt haben. Mangels einer solchen Bestimmung wird der Familienname des Mannes gemeinsamer Familienname.

Derjenige Verlobte, der nach Abs. l als Ehegatte den Familiennamen des anderen als gemeinsamen Familiennamen zu führen hat, kann dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, bei der Führung des gemeinsamen Familiennamens diesem seinen bisherigen Familiennamen unter Setzung eines Bindestrichs zwischen den beiden Namen voran- oder nachzustellen. Dieser Ehegatte ist zur Führung des Doppelnamens verpflichtet. Eine andere Person kann ihren Namen nur vom gemeinsamen Familiennamen ableiten.

Derjenige Verlobte, der nach Abs. l mangels einer Bestimmung den Familiennamen des anderen Ehegatten als gemeinsamen Familiennamen zu führen hätte, kann dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, seinen bisherigen Familiennamen weiterzuführen; auf Grund einer solchen Erklärung führt jeder Ehegatte seinen bisherigen Familiennamen weiter. In diesem Fall haben die Verlobten den Familiennamen der aus der Ehe stammenden Kinder zu bestimmen (§ 139 Abs. 2).

§. 93a. Eine Person, deren Ehe aufgelöst ist, kann dem Standesbeamten gegenüber in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, einen früheren Familiennamen wieder anzunehmen. Ein Familienname, der von einem früheren Ehegatten aus einer geschiedenen oder aufgehobenen Ehe abgeleitet wird, darf nur wieder angenommen werden, wenn aus dieser früheren Ehe Nachkommenschaft vorhanden ist.

§. 94. Die Ehegatten haben nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsamen beizutragen.

Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, leistet dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1; er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Mißbrauch des Rechtes wäre. Ein Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch zu, soweit er seinen Beitrag nach Abs. 1 nicht zu leisten vermag.

Auf Verlangen des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist der Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in Geld zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf die zur Deckung der Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig wäre. Auf den Unterhaltsanspruch an sich kann im vorhinein nicht verzichtet werden.

§. 95. Die Ehegatten haben an der Führung des gemeinsamen Haushalts nach ihren persönlichen Verhältnissen, besonders unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Belastung, mitzuwirken. Ist jedoch ein Ehegatte nicht erwerbstätig, so obliegt diesem die Haushaltsführung; der andere ist nach Maßgabe des § 91 zur Mithilfe verpflichtet.

§. 96. Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt und keine Einkünfte hat, vertritt den anderen bei den Rechtsgeschäften des täglichen Lebens, die er für den gemeinsamen Haushalt schließt und die ein den Lebensverhältnissen der Ehegatten entsprechendes Maß nicht übersteigen. Dies gilt nicht, wenn der andere Ehegatte dem Dritten zu erkennen gegeben hat, daß er von seinem Ehegatten nicht vertreten sein wolle. Kann der Dritte aus den Umständen nicht erkennen, daß der handelnde Ehegatte als Vertreter auftritt, dann haften beide Ehegatten zur ungeteilten Hand.

§. 97. Ist ein Ehegatte über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt, so hat dieser einen Anspruch darauf, daß der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Dies gilt nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände erzwungen wird.

§. 98. Wirkt ein Ehegatte im Erwerb des anderen mit, so hat er Anspruch auf angemessene Abgeltung seiner Mitwirkung. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach der Art und Dauer der Leistungen; die gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten, besonders auch die gewährten Unterhaltsleistungen, sind angemessen zu berücksichtigen.

§. 99. Ansprüche auf Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen (§ 98) sind vererblich, unter Lebenden oder von Todes wegen übertragbar und verpfändbar, soweit sie durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht worden sind.

§. 100. Der § 98 berührt nicht vertragliche Ansprüche eines Ehegatten an den anderen aus einem Mit- oder Zusammenwirken im Erwerb. Solche Ansprüche schließen einen Anspruch nach § 98 aus; bei einem Dienstverhältnis bleibt dem Ehegatten jedoch der Anspruch nach § 98 gewahrt, soweit er seine Ansprüche aus dem Dienstverhältnis übersteigt.

§. 101. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 102. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

II. Wirkliche Aufhebung; a) zeitliche Scheidung; mit Einverständniß;

§. 103. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 104. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 105. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 106. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 107. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)

§. 108. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 109. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 110. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)

b) gänzliche Trennung; bey Katholiken durch den Tod,

§. 111. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

und die Todeserklärung;

§. 112. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)

§. 113. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)

§. 114. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)

bey andern christlichen Religions-Verwandten.

§. 115. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 116. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 117. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)

§. 118. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)

Beschränkung und Vorsichten in Rücksicht der Wiederverehelichung.

§. 119. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 120. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 121. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)

§. 122. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

Ausnahmen der Judenschaft;

§. 123. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

a) in Rücksicht der Ehehindernisse;

§. 124. (Anm.: Aufgehoben durch § 1, RGBl 1859/Nr. 217.)

§. 125. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

b) der Verkündigung.

§. 126. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

c) der Trauung;

§. 127. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 128. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 129. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 130. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 131. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

d) der Scheidung.

§. 132. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

e) der Trennung;

§. 133. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 134. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 135. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

§. 136. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)

 

Drittes Hauptstück.

Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern

Allgemeine Rechte und Pflichten

§. 137. Die Eltern haben für die Erziehung ihrer minderjährigen Kinder zu sorgen und überhaupt ihr Wohl zu fördern.

Eltern und Kinder haben einander beizustehen, die Kinder ihren Eltern Achtung entgegenzubringen.

Die Rechte und Pflichten des Vaters und der Mutter sind, soweit in diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt ist, gleich.

§. 137a. Dritte dürfen in die elterlichen Rechte nur insoweit eingreifen, als ihnen dies durch die Eltern selbst, unmittelbar auf Grund des Gesetzes oder durch eine behördliche Verfügung gestattet ist.

Abstammung des Kindes von Mutter und Vater

§. 137b. Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.

§. 138. Vater des Kindes ist der Mann,

1. der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder

2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder

3. dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.

Würden nach Abs. 1 Z 1 mehrere Männer als Vater in Betracht kommen, so ist derjenige von ihnen Vater, der mit der Mutter zuletzt die Ehe geschlossen hat.

§. 138a. Die nach diesem Gesetzbuch begründete Abstammung und deren Änderung sowie die Feststellung der Nichtabstammung wirken gegenüber jedermann.

Nach dem Tod der betroffenen Person können die Feststellung der Abstammung, deren Änderung oder die Feststellung der Nichtabstammung von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese begehrt werden.

§. 138b. Einsichts- und urteilsfähige Personen können, wenn sie nicht eigenberechtigt sind, in Angelegenheiten ihrer Abstammung und der Abstammung von ihnen rechtswirksam handeln, sofern ihr gesetzlicher Vertreter zustimmt. Handelt in einem solchen Fall der gesetzliche Vertreter, so bedarf er der Einwilligung der einsichts- und urteilsfähigen Person. Im Zweifel wird das Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet.

Der gesetzliche Vertreter hat sich vom Wohl des Vertretenen leiten zu lassen. Seine Vertretungshandlungen in Angelegenheiten der Abstammung bedürfen nicht der Genehmigung des Gerichtes.

Ehelichkeit

§. 138c. Ehelich ist ein Kind, das während der Ehe der Mutter mit seinem Vater oder, wenn die Ehe durch den Tod des Ehemanns aufgelöst wurde, innerhalb von 300 Tagen danach geboren wird; sonst ist das Kind unehelich.

Wird die Ehe der Eltern für nichtig erklärt, so bleibt das Kind ehelich.

§. 138d. Wird ein Kind innerhalb von 300 Tagen nach Scheidung oder Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe geboren, so wird es ehelich, wenn der frühere Ehemann der Mutter die Vaterschaft anerkennt (§§ 163c und 163e) oder durch das Gericht als Vater festgestellt wird (§§ 163 und 163b).

Wird ein Kind nach Ablauf von 300 Tagen nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe geboren, so hat das Gericht auf Antrag des Kindes oder des früheren Ehemanns der Mutter die Abstammung von diesem und die Ehelichkeit des Kindes festzustellen, wenn bewiesen ist, dass das Kind während der Ehe vom Ehemann der Mutter oder durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen des Ehemanns oder, sofern der Ehemann dem in Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsakts zugestimmt hat, mit dem Samen eines Dritten gezeugt wurde.

Für Kinder, die nach den vorstehenden Absätzen die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangen, gelten der § 161 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 162a bis 162d entsprechend. Hinsichtlich der Obsorge gilt § 166 erster Satz entsprechend, doch können die Eltern dem Gericht eine Vereinbarung über die Betrauung mit der Obsorge nach § 177 vorlegen; § 177a Abs. 2 gilt entsprechend.

Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und ehelichen Kindern

Name

§. 139. Haben die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen, so erhält das Kind diesen.

Haben die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen, so erhält das Kind den Familiennamen, den die Eltern dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde zum Familiennamen der aus der Ehe stammenden Kinder bestimmt haben. Hiezu können die Eltern nur den Familiennamen eines Elternteils bestimmen.

Mangels einer Bestimmung nach Abs. 2 erhält das Kind den Familiennamen des Vaters.

Unterhalt

§. 140. Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müßte, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.

Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.

§. 141. Soweit die Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Unterhalts nicht imstande sind, schulden ihn die Großeltern nach den den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Bedürfnissen des Kindes. Im übrigen gilt der § 140 sinngemäß; der Unterhaltsanspruch eines Enkels mindert sich jedoch auch insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Großelternteil nur insoweit Unterhalt zu leisten, als er dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.

§. 142. Die Schuld eines Elternteils, dem Kind den Unterhalt zu leisten, geht bis zum Wert der Verlassenschaft auf seine Erben über. In den Anspruch des Kindes ist alles einzurechnen, was das Kind nach dem Erblasser durch eine vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil oder durch eine öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält. Reicht der Wert der Verlassenschaft nicht aus, um dem Kind den geschuldeten Unterhalt bis zum voraussichtlichen Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit zu sichern, so mindert sich der Anspruch des Kindes entsprechend.

§. 143. Das Kind schuldet seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.

Die Unterhaltspflicht der Kinder steht der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.

Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.

Obsorge

§. 144. Die Eltern haben das minderjährige Kind zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es in diesen sowie allen anderen Angelegenheiten zu vertreten; Pflege und Erziehung sowie die Vermögensverwaltung umfassen auch die gesetzliche Vertretung in diesen Bereichen. Bei Erfüllung dieser Pflichten und Ausübung dieser Rechte sollen die Eltern einvernehmlich vorgehen.

§. 145. Ist ein Elternteil, der mit der Obsorge für das Kind gemeinsam mit dem anderen Elternteil betraut war, gestorben, ist sein Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten unbekannt, kann die Verbindung mit ihm nicht oder nur mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten hergestellt werden oder ist ihm die Obsorge ganz oder teilweise entzogen, so ist der andere Elternteil insoweit allein mit der Obsorge betraut. Ist in dieser Weise der Elternteil, der mit der Obsorge allein betraut ist, betroffen, so hat das Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes zu entscheiden, ob der andere Elternteil oder ob und welches Großelternpaar (Großelternteil) oder Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil) mit der Obsorge zu betrauen ist; Letzteres gilt auch, wenn beide Elternteile betroffen sind. Die Regelungen über die Obsorge gelten dann für dieses Großelternpaar (diesen Großelternteil).

Auf Antrag des Elternteiles, auf den die Obsorge nach Abs. 1 erster Satz übergegangen ist, hat das Gericht diesen Übergang festzustellen.

Geht die Obsorge auf den anderen Elternteil über oder überträgt das Gericht die Obsorge, so sind, sofern sich der Übergang oder die Übertragung der Obsorge darauf bezieht, das Vermögen sowie sämtliche die Person des Kindes betreffenden Urkunden und Nachweise zu übergeben.

§. 145a. Solange ein Elternteil nicht voll geschäftsfähig ist, hat er nicht das Recht und die Pflicht, das Vermögen des Kindes zu verwalten und das Kind zu vertreten.

§. 145b. Bei Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten nach diesem Hauptstück ist zur Wahrung des Kindeswohls alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Minderjährigen zu anderen Personen, denen nach diesem Hauptstück das Kind betreffende Rechte und Pflichten zukommen, beeinträchtigt oder die Wahrnehmung von deren Aufgaben erschwert.

§. 145c. Wird einem minderjährigen Kind ein Vermögen zugewendet und ein Elternteil von der Verwaltung ausgeschlossen, so ist der andere Elternteil mit der Verwaltung betraut. Sind beide Elternteile oder jener Elternteil, der mit der Obsorge allein betraut ist, ausgeschlossen, so hat das Gericht andere Personen mit der Verwaltung zu betrauen.

§. 146. Die Pflege des minderjährigen Kindes umfaßt besonders die Wahrnehmung des körperlichen Wohles und der Gesundheit sowie die unmittelbare Aufsicht, die Erziehung besonders die Entfaltung der körperlichen, geistigen, seelischen und sittlichen Kräfte, die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes sowie dessen Ausbildung in Schule und Beruf.

Das Ausmaß der Pflege und Erziehung richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Eltern.

Die Eltern haben in Angelegenheiten der Pflege und Erziehung auch auf den Willen des Kindes Bedacht zu nehmen, soweit dem nicht dessen Wohl oder ihre Lebensverhältnisse entgegenstehen. Der Wille des Kindes ist umso maßgeblicher, je mehr es den Grund und die Bedeutung einer Maßnahme einzusehen und seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen vermag.

§. 146a. Das minderjährige Kind hat Anordnungen der Eltern zu befolgen. Die Eltern haben bei ihren Anordnungen und deren Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu nehmen; die Anwendung von Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig.

§. 146b. Soweit die Pflege und Erziehung es erfordern, hat der hierzu berechtigte Elternteil auch das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Hält sich das Kind woanders auf, so haben die Behörden und Organe der öffentlichen Aufsicht auf Ersuchen eines berechtigten Elternteils bei der Ermittlung des Aufenthalts, notfalls auch bei der Zurückholung des Kindes mitzuwirken.

§. 146c. Einwilligungen in medizinische Behandlungen kann das einsichts- und urteilsfähige Kind nur selbst erteilen; im Zweifel wird das Vorliegen dieser Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet. Mangelt es an der notwendigen Einsichts- und Urteilsfähigkeit, so ist die Zustimmung der Person erforderlich, die mit Pflege und Erziehung betraut ist.

Willigt ein einsichts- und urteilsfähiges minderjähriges Kind in eine Behandlung ein, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, so darf die Behandlung nur vorgenommen werden, wenn auch die Person zustimmt, die mit der Pflege und Erziehung betraut ist.

Die Einwilligung des einsichts- und urteilsfähigen Kindes sowie die Zustimmung der Person, die mit Pflege und Erziehung betraut ist, sind nicht erforderlich, wenn die Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit der Einholung der Einwilligung oder der Zustimmung verbundene Aufschub das Leben des Kindes gefährden würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit verbunden wäre.

§. 146d. Weder ein minderjähriges Kind noch die Eltern können in eine medizinische Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit des minderjährigen Kindes zum Ziel hat, einwilligen.

§. 147. Hat das mündige Kind seine Meinung über seine Ausbildung den Eltern erfolglos vorgetragen, so kann es das Gericht anrufen. Dieses hat nach sorgfältiger Abwägung der von den Eltern und dem Kind angeführten Gründe die zum Wohl des Kindes angemessenen Verfügungen zu treffen.

§. 148. Lebt ein Elternteil mit dem minderjährigen Kind nicht im gemeinsamen Haushalt, so haben das Kind und dieser Elternteil das Recht, miteinander persönlich zu verkehren. Die Ausübung dieses Rechtes sollen das Kind und die Eltern einvernehmlich regeln. Soweit ein solches Einvernehmen nicht erzielt wird, hat das Gericht auf Antrag des Kindes oder eines Elternteils die Ausübung dieses Rechtes unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln.

Das Gericht hat nötigenfalls, insbesondere wenn der berechtigte Elternteil seine Verpflichtung aus § 145b nicht erfüllt, die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr einzuschränken oder zu untersagen.

Zwischen Enkeln und ihren Großeltern gelten Abs. 1 und 2 sinngemäß. Die Ausübung des Rechtes der Großeltern ist jedoch auch so weit einzuschränken oder zu untersagen, als sonst das Familienleben der Eltern (eines Elternteils) oder deren Beziehung zu dem Kind gestört würde.

Wäre durch das Unterbleiben des persönlichen Verkehrs des minderjährigen Kindes mit einem hiezu bereiten Dritten sein Wohl gefährdet, so hat das Gericht auf Antrag des Kindes, eines Elternteils, des Jugendwohlfahrtsträgers oder von Amts wegen die zur Regelung des persönlichen Verkehrs nötigen Verfügungen zu treffen.

§. 149. Die Eltern haben das Vermögen eines minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten. Sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert, haben sie es in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; Geld ist nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld anzulegen.

Aus dem Vermögen sind jedenfalls die Kosten der Verwaltung einschließlich der für die Erhaltung des Vermögens und den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb nötigen Aufwendungen und die fälligen Zahlungen zu berichtigen; weiter auch die Kosten des Unterhalts, soweit das Kind nach den §§ 140 und 141 zur Heranziehung seines Vermögens verpflichtet ist oder die Bedürfnisse des Kindes nicht in anderer Weise gedeckt sind.

§. 150. Die Eltern haben über das Vermögen des minderjährigen Kindes dem Gericht Rechnung zu legen; über die Erträgnisse jedoch nur, soweit sie nicht für den Unterhalt des Kindes verwendet worden sind. Näheres wird in den Verfahrensgesetzen bestimmt.

Das Gericht kann die Eltern von der Rechnungslegung ganz oder zum Teil befreien, soweit keine Bedenken bestehen, daß sie das Vermögen des Kindes ordentlich verwalten werden.

§. 151. Ein minderjähriges Kind kann ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten.

Nach erreichter Mündigkeit kann es jedoch über Sachen, die ihm zur freien Verfügung überlassen worden sind, und über sein Einkommen aus eigenem Erwerb so weit verfügen und sich verpflichten, als dadurch nicht die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse gefährdet wird.

Schließt ein minderjähriges eheliches Kind ein Rechtsgeschäft, das von Minderjährigen seines Alters üblicherweise geschlossen wird und eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, so wird dieses Rechtsgeschäft, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, mit der Erfüllung der das Kind treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam.

§. 152. Soweit nicht anderes bestimmt ist, kann sich ein mündiges minderjähriges Kind selbständig durch Vertrag zu Dienstleistungen verpflichten, ausgenommen zu Dienstleistungen auf Grund eines Lehr- oder sonstigen Ausbildungsvertrags. Der gesetzliche Vertreter des Kindes kann das durch den Vertrag begründete Rechtsverhältnis aus wichtigen Gründen vorzeitig lösen.

§. 153. Soweit einem minderjährigen Kind nicht bereits früher ein Verschulden zugerechnet werden kann (§ 1310), wird es mit der Erreichung der Mündigkeit nach den schadenersatzrechtlichen Bestimmungen verschuldensfähig.

§. 154. Jeder Elternteil ist für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu vertreten; seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.

Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils, die die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens, den Eintritt in eine Kirche oder Religionsgesellschaft und den Austritt aus einer solchen, die Übergabe in fremde Pflege, den Erwerb einer Staatsangehörigkeit oder den Verzicht auf eine solche, die vorzeitige Lösung eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrags und die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind betreffen, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteils. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.

Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils in Vermögensangelegenheiten bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteils und der Genehmigung des Gerichtes, sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört. Unter dieser Voraussetzung gehören dazu besonders die Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, die Gründung, der, auch erbrechtliche, Erwerb, die Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung sowie die Änderung des Gegenstandes eines Unternehmens, der, auch erbrechtliche, Eintritt in eine oder die Umwandlung einer Gesellschaft oder Genossenschaft, der Verzicht auf ein Erbrecht, die unbedingte Annahme oder die Ausschlagung einer Erbschaft, die Annahme einer mit Belastungen verbundenen Schenkung oder die Ablehnung eines Schenkungsanbots, die Anlegung von Geld mit Ausnahme der in den §§ 230a und 230b geregelten Arten sowie die Erhebung einer Klage und alle verfahrensrechtlichen Verfügungen, die den Verfahrensgegenstand an sich betreffen. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.

Bedarf ein Rechtsgeschäft der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, der Zustimmung des anderen Elternteils oder der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts, so ist bei deren Fehlen das volljährig gewordene Kind nur dann daraus wirksam verpflichtet, wenn es schriftlich erklärt, diese Verpflichtungen als rechtswirksam anzuerkennen. Fordert der Gläubiger den volljährig Gewordenen auf, sich nach dem ersten Satz zu erklären, so hat er ihm dafür eine angemessene Frist zu setzen.

§. 154a. In zivilgerichtlichen Verfahren ist nur ein Elternteil allein zur Vertretung des Kindes berechtigt; solange sich die Eltern nicht auf den anderen Elternteil einigen oder das Gericht nach § 176 diesen oder einen Dritten als Vertreter bestimmt, ist Vertreter derjenige Elternteil, der die erste Verfahrenshandlung setzt.

Die nach § 154 erforderliche Zustimmung des anderen Elternteils und Genehmigung des Gerichtes gelten für das ganze Verfahren.

§. 154b. Soweit einem Kind infolge merkbar verzögerter Entwicklung, einer psychischen Krankheit oder einer geistigen Behinderung die für eine einzelne oder einen Kreis von Angelegenheiten erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit fehlt, hat das Gericht dies von Amts wegen oder auf Antrag einer Person, die ganz oder zum Teil mit der Obsorge betraut ist, auszusprechen. Dieser Ausspruch wirkt, sofern er nicht vom Gericht widerrufen oder befristet wurde, längstens bis zur Volljährigkeit des Kindes.

§. 155. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 5, BGBl I 2004/Nr. 58.)

Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter

§. 156. Stammt ein Kind, das während der Ehe der Mutter oder vor Ablauf von 300 Tagen nach dem Tod des Ehemanns der Mutter geboren worden ist, nicht von diesem ab, so hat das Gericht dies auf Antrag festzustellen.

Der Antrag kann vom Kind gegen den Mann und von diesem gegen das Kind gestellt werden.

§. 156a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 157. Hat der Ehemann der Mutter einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten in Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsakts zugestimmt, so kann nicht die Feststellung begehrt werden, dass das mit dem Samen des Dritten gezeugte Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt.

§. 158. Ein Antrag auf Feststellung, dass das Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt, kann binnen zwei Jahren ab Kenntnis der hiefür sprechenden Umstände gestellt werden. Diese Frist beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes, im Fall einer Änderung der Abstammung frühestens mit der Wirksamkeit der Änderung. Ein Antrag ist nicht zulässig, solange die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann feststeht.

Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die antragsberechtigte Person nicht eigenberechtigt ist oder innerhalb des letzten Jahres der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Antragstellung gehindert ist.

Später als 30 Jahre nach der Geburt des Kindes oder nach einer Änderung der Abstammung kann nur das Kind die Feststellung der Nichtabstammung begehren.

§. 159. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 159a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 159b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 160. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 1, BGBl 1983/Nr. 566.)

Legitimation der unehelichen Kinder

b) durch die nachfolgende Ehe

§. 161. Ist die Vaterschaft zum Kind festgestellt und schließen Vater und Mutter des Kindes die Ehe, so wird das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung seiner Eltern ehelich.

Wird die Vaterschaft nach der Eheschließung festgestellt, so bleiben die vor der Feststellung für das Kind gesetzten Vertretungshandlungen unberührt.

Die Wirkungen der Legitimation treten nur auf Grund eines Anerkenntnisses nach § 163e Abs. 2 oder einer gerichtlichen Entscheidung außer Kraft, die in einem für die Beseitigung der Feststellung der Abstammung vorgesehenen Verfahren ergeht.

c) durch Begünstigung des Landesfürsten.

§. 162. Die uneheliche Geburt kann einem Kinde an seiner bürgerlichen Achtung und an seinem Fortkommen keinen Abbruch thun. Zu diesem Ende bedarf es keiner besonderen Begünstigung des Landesfürsten, wodurch das Kind als ein eheliches erklärt wird. Nur die Aeltern können um solche ansuchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der Standesvorzüge oder des Rechtes an dem frey vererblichen Vermögen theilhaft machen wollen. In Rücksicht auf die übrigen Familien-Glieder hat diese Begünstigung keine Wirkung.

§. 162a. Wird ein Kind legitimiert, so gilt § 139 entsprechend.

Wird ein bereits mündiges Kind legitimiert, so gilt der Abs. 1 nur, wenn das Kind der Namensänderung zustimmt.

§. 162b. Wird ein Ehegatte legitimiert, so ändert sich der gemeinsame Familienname nur, wenn beide Ehegatten der Namensänderung zustimmen. Sonst ändert sich, unter der Voraussetzung des § 162a Abs. 2, nur der Familienname des Legitimierten.

§. 162c. Führt ein Kind des Legitimierten einen von diesem allein abgeleiteten Familiennamen, so geht der vom Legitimierten erworbene Familienname auf das Kind über.

Ist das Kind des Legitimierten im Zeitpunkt der Legitimation bereits mündig, so gilt der Abs. 1 nur, wenn das Kind der Namensänderung zustimmt.

Im übrigen gelten für das Kind des Legitimierten die §§ 139, 162a und 162b entsprechend.

§. 162d. Eine Zustimmung nach den §§ 162a bis 162c ist dem Standesbeamten in öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunde zu erklären; ihre namensrechtlichen Wirkungen treten ein, sobald sie dem Standesbeamten zukommt.

Eine Zustimmung ist unwirksam, wenn sie dem Standesbeamten später als drei Jahre nach der Verständigung des Zustimmungsberechtigten vom Eintritt der Legitimation durch den Standesbeamten zugekommen ist.

Feststellung der Vaterschaft

§. 163. Als Vater hat das Gericht den Mann festzustellen, von dem das Kind abstammt. Der Antrag kann vom Kind gegen den Mann oder von diesem gegen das Kind gestellt werden.

Auf Antrag des Kindes kann der Mann als Vater festgestellt werden, welcher der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt beigewohnt hat oder mit dessen Samen an der Mutter in diesem Zeitraum eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden ist, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht von ihm abstammt. Eine solche Feststellung ist nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Tod des Mannes nicht mehr möglich, es sei denn, das Kind weist nach, dass ihm der Beweis nach Abs. 1 aus Gründen auf Seiten des Mannes nicht gelingt.

Ist an der Mutter innerhalb der im Abs. 2 genannten Frist eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten durchgeführt worden, so ist als Vater der Mann festzustellen, der dieser medizinisch unterstützten Fortpflanzung in Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsakts zugestimmt hat, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht durch diese medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugt worden ist.

Ein Dritter, dessen Samen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet wird, kann nicht als Vater des mit seinem Samen gezeugten Kindes festgestellt werden. Dritter ist, wer seinen Samen einer für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen zugelassenen Krankenanstalt mit dem Willen überlässt, nicht selbst als Vater eines mit diesem Samen gezeugten Kindes festgestellt zu werden.

§. 163a. Der gesetzliche Vertreter hat dafür zu sorgen, daß die Vaterschaft festgestellt wird, es sei denn, daß die Feststellung der Vaterschaft für das Wohl des Kindes nachteilig ist oder die Mutter von ihrem Recht, den Namen des Vaters nicht bekanntzugeben, Gebrauch macht.

Der Jugendwohlfahrtsträger hat die Mutter darauf aufmerksam zu machen, welche Folgen es hat, wenn die Vaterschaft nicht festgestellt wird.

§. 163b. Das Kind kann die Feststellung seiner Abstammung auch beantragen, wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes bereits feststeht. In einem solchen Fall hat die Feststellung der Abstammung die vom Gericht auszusprechende Wirkung, dass das Kind nicht vom anderen Mann abstammt.

§. 163c. Die Vaterschaft wird durch persönliche Erklärung in inländischer öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunde anerkannt. Das Anerkenntnis wirkt ab dem Zeitpunkt der Erklärung, sofern die Urkunde oder ihre öffentlich-beglaubigte Abschrift dem Standesbeamten zukommt.

Das Anerkenntnis soll eine genaue Bezeichnung des Anerkennenden, der Mutter und des Kindes, sofern es bereits geboren ist, enthalten.

Für Zustimmungen zum Anerkenntnis gelten die Abs. 1 und 2 entsprechend.

§. 163d. Das Kind oder die Mutter, sofern sie einsichts- und urteilsfähig sowie am Leben ist, können gegen das Anerkenntnis innerhalb von zwei Jahren ab Kenntnis von dessen Rechtswirksamkeit bei Gericht Widerspruch erheben.

Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die zum Widerspruch berechtigte Person nicht eigenberechtigt ist oder innerhalb des letzten Jahres der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am Widerspruch gehindert ist.

§. 163e. Steht zum Zeitpunkt der Anerkennung bereits die Vaterschaft eines anderen Mannes fest, so wird das Anerkenntnis erst rechtswirksam, sobald mit allgemein verbindlicher Wirkung festgestellt ist, dass der andere Mann nicht der Vater des betreffenden Kindes ist.

Ein zu einem Zeitpunkt, zu dem die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann feststand, abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis wird jedoch rechtswirksam, wenn in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde das Kind dem Anerkenntnis zustimmt. Ist das Kind nicht eigenberechtigt, so wird das Anerkenntnis überdies nur rechtswirksam, wenn die einsichts- und urteilsfähige Mutter selbst den Anerkennenden in der genannten Form als Vater bezeichnet. Das Anerkenntnis wirkt ab dem Zeitpunkt seiner Erklärung, sofern die über diese Erklärung sowie über die Zustimmung zum Anerkenntnis und, falls erforderlich, über die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater errichteten Urkunden oder ihre öffentlich-beglaubigten Abschriften dem Standesbeamten zukommen.

Der Mann, der als Vater feststand, oder die Mutter, sofern sie einsichts- und urteilsfähig sowie am Leben ist und nicht nach Abs. 2 den Anerkennenden als Vater bezeichnet hat, kann gegen das Anerkenntnis bei Gericht Widerspruch erheben. § 163d gilt entsprechend.

Für die Zustimmung des minderjährigen Kindes ist der Jugendwohlfahrtsträger gesetzlicher Vertreter des Kindes.

§. 164. Das Gericht hat das Anerkenntnis für rechtsunwirksam zu erklären

1. von Amts wegen, wenn

a) das Anerkenntnis oder – im Fall des § 163e Abs. 2 – die Zustimmung des Kindes oder die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater durch die Mutter nicht den Formvorschriften entspricht oder

b) es auf Seiten des Anerkennenden oder – im Fall des § 163e Abs. 2 – des Kindes oder der Mutter an der Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder – beim Anerkennenden oder beim Kind – an der gesetzlichen Vertretung gemangelt hat, es sei denn, der Mangel der gesetzlichen Vertretung ist nachträglich behoben worden oder der Anerkennende hat nach Erreichung der Eigenberechtigung das Anerkenntnis gebilligt;

2. aufgrund eines Widerspruchs, es sei denn, es ist erwiesen, dass das Kind vom Anerkennenden abstammt oder – wenn das Kind durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten gezeugt worden ist – dass der Anerkennende dem in Form eines gerichtlichen Protokolls oder Notariatsakts zugestimmt hat;

3. auf Antrag des Anerkennenden, wenn er beweist,

a) dass sein Anerkenntnis durch List, ungerechte und gegründete Furcht oder Irrtum darüber veranlasst worden ist, dass das Kind von ihm abstammt oder dass an der Mutter eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit seinem Samen oder mit seiner Zustimmung mit dem Samen eines Dritten vorgenommen wurde oder

b) dass das Kind nicht von ihm abstammt und er erst nachträglich von solchen Umständen Kenntnis erlangt hat, die für die Nichtabstammung des Kindes sprechen.

Der Antrag nach Abs. 1 Z 3 kann längstens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Entdeckung der Täuschung, des Irrtums oder der genannten Umstände oder nach Wegfall der Zwangslage erhoben werden. Die Frist beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes.

§. 164a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 164b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 164c. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 164d. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr. 58.)

Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und unehelichen Kindern

§. 165. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter.

§. 165a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)

§. 165b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)

§. 165c. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)

§. 166. Mit der Obsorge für das uneheliche Kind ist die Mutter allein betraut. Im übrigen gelten, soweit nicht anderes bestimmt ist, die das eheliche Kind betreffenden Bestimmungen über den Unterhalt und die Obsorge auch für das uneheliche Kind.

§. 166a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 167. Leben die Eltern des Kindes in häuslicher Gemeinschaft, so können sie vereinbaren, dass in Hinkunft beide Elternteile mit der Obsorge betraut sind. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht. Hebt ein Elternteil die häusliche Gemeinschaft nicht bloß vorübergehend auf, so sind die §§ 177 und 177a entsprechend anzuwenden.

Leben die Eltern nicht in häuslicher Gemeinschaft, so können sie vereinbaren, dass in Hinkunft auch der Vater ganz oder in bestimmten Angelegenheiten mit der Obsorge betraut ist, wenn sie dem Gericht eine Vereinbarung darüber vorlegen, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll. Soll sich das Kind hauptsächlich im Haushalt des Vaters aufhalten, so muss auch dieser immer mit der gesamten Obsorge betraut sein. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht. § 177a Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.

§. 168. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung sowie die Kosten ihres Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls infolge der Entbindung weitere Auslagen notwendig werden, auch diese zu ersetzen.

Die Forderung ist mit Ablauf von drei Jahren nach der Entbindung verjährt.

§. 169. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 169a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 170. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 15, BGBl 1989/Nr. 162 – Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz.)

§. 170a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 171. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1977/Nr. 403.)

Erlöschen der Obsorge

§. 172. Die Obsorge für das Kind erlischt mit dem Eintritt seiner Volljährigkeit.

Der gesetzliche Vertreter hat dem volljährig gewordenen Kind dessen Vermögen sowie sämtliche dessen Person betreffenden Urkunden und Nachweise zu übergeben.

§. 173. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 174. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 175. Ein verheiratetes minderjähriges Kind steht hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse einem Volljährigen gleich, solange die Ehe dauert.

Entziehung oder Einschränkung der Obsorge

§. 176. Gefährden die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes, so hat das Gericht, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen. Besonders darf das Gericht die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise, auch gesetzlich vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte, entziehen. Im Einzelfall kann das Gericht auch eine gesetzlich erforderliche Einwilligung oder Zustimmung ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.

Solche Verfügungen können von einem Elternteil, etwa wenn die Eltern in einer wichtigen Angelegenheit des Kindes kein Einvernehmen erzielen, den sonstigen Verwandten in gerader aufsteigender Linie, den Pflegeeltern (einem Pflegeelternteil), dem Jugendwohlfahrtsträger und dem mündigen Minderjährigen, von diesem jedoch nur in Angelegenheiten seiner Pflege und Erziehung, beantragt werden. Andere Personen können solche Verfügungen anregen.

Die gänzliche oder teilweise Entziehung der Pflege und Erziehung oder der Verwaltung des Vermögens des Kindes schließt die Entziehung der gesetzlichen Vertretung in dem jeweiligen Bereich mit ein; die gesetzliche Vertretung in diesen Bereichen kann für sich allein entzogen werden, wenn die Eltern oder der betreffende Elternteil ihre übrigen Pflichten erfüllen.

Fordert das Gesetz die Einwilligung oder Zustimmung der mit Pflege und Erziehung betrauten Personen (Erziehungsberechtigten), so ist die Erklärung der mit der gesetzlichen Vertretung in diesem Bereich betrauten Person notwendig, aber auch hinreichend, sofern nicht Abweichendes bestimmt ist.

§. 176a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 28, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 176b. Durch eine Verfügung nach § 176 darf das Gericht die Obsorge nur so weit beschränken, als dies zur Sicherung des Wohles des Kindes nötig ist.

§. 177. Wird die Ehe der Eltern eines minderjährigen ehelichen Kindes geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so bleibt die Obsorge beider Eltern aufrecht. Sie können jedoch dem Gericht – auch in Abänderung einer bestehenden Regelung – eine Vereinbarung über die Betrauung mit der Obsorge vorlegen, wobei die Betrauung eines Elternteils allein oder beider Eltern vereinbart werden kann. Im Fall der Obsorge beider Eltern kann diejenige eines Elternteils auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt sein.

In jedem Fall einer Obsorge beider Eltern haben sie dem Gericht eine Vereinbarung darüber vorzulegen, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll. Dieser Elternteil muss immer mit der gesamten Obsorge betraut sein.

Das Gericht hat die Vereinbarung der Eltern zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht.

§. 177a. Kommt innerhalb angemessener Frist nach Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe der Eltern eine Vereinbarung nach § 177 über den hauptsächlichen Aufenthalt des Kindes oder über die Betrauung mit der Obsorge nicht zustande oder entspricht sie nicht dem Wohl des Kindes, so hat das Gericht, wenn es nicht gelingt eine gütliche Einigung herbeizuführen, zu entscheiden, welcher Elternteil künftig allein mit der Obsorge betraut ist.

Sind beide Eltern gemäß § 177 nach Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe mit der Obsorge betraut und beantragt ein Elternteil die Aufhebung dieser Obsorge, so hat das Gericht, wenn es nicht gelingt eine gütliche Einigung herbeizuführen, nach Maßgabe des Kindeswohles einen Elternteil allein mit der Obsorge zu betrauen.

§. 177b. Die vorstehenden Bestimmungen sind auch anzuwenden, wenn die Eltern eines minderjährigen ehelichen Kindes nicht bloß vorübergehend getrennt leben. Doch entscheidet das Gericht in einem solchen Fall über die Obsorge nur auf Antrag eines Elternteils.

Informations- und Äußerungsrechte

§. 178. Soweit ein Elternteil nicht mit der Obsorge betraut ist, hat er, außer dem Recht auf persönlichen Verkehr, das Recht, von demjenigen, der mit der Obsorge betraut ist, von wichtigen Angelegenheiten, insbesondere von beabsichtigten Maßnahmen nach § 154 Abs. 2 und 3, rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu in angemessener Frist zu äußern. Findet trotz Bereitschaft des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils ein persönlicher Verkehr mit dem Kind nicht regelmäßig statt, so stehen diese Rechte auch in minderwichtigen Angelegenheiten zu, sofern es sich dabei nicht bloß um Angelegenheiten des täglichen Lebens handelt. Die Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.

Kommt der mit der Obsorge betraute Elternteil seinen Pflichten nach Abs. 1 beharrlich nicht nach, so hat das Gericht auf Antrag, sofern das Wohl des Kindes gefährdet scheint, auch von Amts wegen angemessene Verfügungen zu treffen.

Würde die Wahrnehmung der Rechte nach Abs. 1 das Wohl des Kindes ernstlich gefährden oder nimmt sie der mit der Obsorge nicht betraute Elternteil in rechtsmissbräuchlicher oder für den anderen in unzumutbarer Weise in Anspruch, so hat das Gericht diese Rechte auf Antrag einzuschränken oder ganz zu entziehen. Die Rechte nach Abs. 1 entfallen, wenn der mit der Obsorge nicht betraute Elternteil grundlos das Recht des Kindes auf persönlichen Verkehr ablehnt.

Berücksichtigung des Kindeswohls

§. 178a. Bei Beurteilung des Kindeswohls sind die Persönlichkeit des Kindes und seine Bedürfnisse, besonders seine Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die Lebensverhältnisse der Eltern entsprechend zu berücksichtigen.

§. 178b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

Annahme an Kindesstatt.

§. 179. Eigenberechtigte Personen, die den ehelosen Stand nicht feierlich angelobt haben, können an Kindesstatt annehmen. Durch die Annahme an Kindesstatt wird die Wahlkindschaft begründet.

Die Annahme eines Wahlkindes durch mehr als eine Person, sei es gleichzeitig, sei es, solange die Wahlkindschaft besteht, nacheinander, ist nur zulässig, wenn die Annehmenden miteinander verheiratet sind. Ehegatten dürfen in der Regel nur gemeinsam annehmen. Ausnahmen sind zulässig, wenn das leibliche Kind des anderen Ehegatten angenommen werden soll, wenn ein Ehegatte nicht annehmen kann, weil er die gesetzlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Eigenberechtigung oder des Alters nicht erfüllt, wenn sein Aufenthalt seit mindestens einem Jahr unbekannt ist, wenn die Ehegatten seit mindestens drei Jahren die eheliche Gemeinschaft aufgegeben haben oder wenn ähnliche und besonders gewichtige Gründe die Annahme durch nur einen der Ehegatten rechtfertigen.

Personen, denen die Sorge für das Vermögen des anzunehmenden Wahlkindes durch behördliche Verfügung anvertraut ist, können dieses so lange nicht annehmen, als sie nicht von dieser Pflicht entbunden sind. Sie müssen vorher Rechnung gelegt und die Bewahrung des anvertrauten Vermögens nachgewiesen haben.

Form; Eintritt der Wirksamkeit.

§. 179a. Die Annahme an Kindesstatt kommt durch schriftlichen Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind und durch gerichtliche Bewilligung auf Antrag eines Vertragsteiles zustande. Sie wird im Fall ihrer Bewilligung mit dem Zeitpunkt der vertraglichen Willenseinigung wirksam. Stirbt der Annehmende nach diesem Zeitpunkt, so hindert dies die Bewilligung nicht.

Das nicht eigenberechtigte Wahlkind schließt den Vertrag durch seinen gesetzlichen Vertreter, dieser bedarf hiezu keiner gerichtlichen Genehmigung. Verweigert der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung, so hat das Gericht sie auf Antrag des Annehmenden oder des Wahlkindes zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.

Alter.

§. 180. Der Wahlvater muß das dreißigste, die Wahlmutter das achtundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben. Nehmen Ehegatten gemeinsam an oder ist das Wahlkind ein leibliches Kind des Ehegatten des Annehmenden, so ist eine Unterschreitung dieser Altersgrenze zulässig, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht.

Wahlvater und Wahlmutter müssen mindestens achtzehn Jahre älter als das Wahlkind sein; eine geringfügige Unterschreitung dieses Zeitraums ist unbeachtlich, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht. Ist das Wahlkind ein leibliches Kind des Ehegatten des Annehmenden oder mit dem Annehmenden verwandt, so genügt ein Altersunterschied von sechzehn Jahren.

Bewilligung.

§. 180a. Die Annahme eines nicht eigenberechtigten Kindes ist zu bewilligen, wenn sie dessen Wohl dient und eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Ist das Wahlkind eigenberechtigt, so ist die Annahme nur zu bewilligen, wenn die Antragsteller nachweisen, dass bereits ein enges, der Beziehung zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechendes Verhältnis vorliegt, insbesondere wenn Wahlkind und Annehmender während fünf Jahren entweder in häuslicher Gemeinschaft gelebt oder einander in einer vergleichbar engen Gemeinschaft Beistand geleistet haben.

Die Bewilligung ist, außer bei Fehlen der Vorraussetzungen des Abs. 1, zu versagen, wenn ein überwiegendes Anliegen eines leiblichen Kindes des Annehmenden entgegensteht, insbesondere dessen Unterhalt oder Erziehung gefährdet wäre; im übrigen sind wirtschaftliche Belange nicht zu beachten, außer der Annehmende handelt in der ausschließlichen oder überwiegenden Absicht, ein leibliches Kind zu schädigen.

§. 181. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn folgende Personen der Annahme zustimmen:

1. die Eltern des minderjährigen Wahlkindes;

2. der Ehegatte des Annehmenden;

3. der Ehegatte des Wahlkindes.

Das Zustimmungsrecht einer im Abs. 1 genannten Person entfällt, wenn sie als gesetzlicher Vertreter des Wahlkindes den Annahmevertrag geschlossen hat; ferner, wenn sie zu einer verständigen Äußerung nicht nur vorübergehend unfähig oder ihr Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten unbekannt ist.

Das Gericht hat die verweigerte Zustimmung auf Antrag eines Vertragsteiles zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.

§. 181a. Ein Recht auf Anhörung haben:

1. das nicht eigenberechtigte Wahlkind ab dem vollendeten fünften Lebensjahr, außer es hat bereits seit diesem Zeitpunkt beim Annehmenden gelebt;

2. die Eltern des volljährigen Wahlkindes;

3. die Pflegeeltern oder der Leiter des Heimes, in dem sich das Wahlkind befindet;

4. der Jugendwohlfahrtsträger.

Das Anhörungsrecht eines im Abs. 1 genannten Berechtigten entfällt, wenn er als gesetzlicher Vertreter des Wahlkindes den Annahmevertrag geschlossen hat; ferner, wenn er nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten gehört werden könnte.

Wirkungen.

§. 182. Zwischen dem Annehmenden und dessen Nachkommen einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits entstehen mit diesem Zeitpunkt die gleichen Rechte, wie sie durch die eheliche Abstammung begründet werden.

Wird das Wahlkind durch Ehegatten als Wahleltern angenommen, so erlöschen mit den im § 182a bestimmten Ausnahmen die nicht bloß in der Verwandtschaft an sich (§ 40) bestehenden familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits mit diesem Zeitpunkt. Wird das Wahlkind nur durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter) angenommen, so erlöschen diese Beziehungen lediglich hinsichtlich des leiblichen Vaters (der leiblichen Mutter) und dessen (deren) Verwandten; insoweit danach diese Beziehungen aufrecht bleiben würden, hat das Gericht, wenn der in Frage kommende Elternteil darin eingewilligt hat, das Erlöschen diesem Elternteil gegenüber auszusprechen; das Erlöschen wirkt vom Zeitpunkt der Abgabe der Einwilligungserklärung, frühestens jedoch vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme.

§. 182a. Die im Familienrecht begründeten Pflichten der leiblichen Eltern und deren Verwandten zur Leistung des Unterhaltes, des Heiratsgutes und der Ausstattung gegenüber dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen bleiben aufrecht.

Das gleiche gilt für die Unterhaltspflicht des Wahlkindes gegenüber den leiblichen Eltern, sofern diese ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem noch nicht vierzehn Jahre alten Kinde vor dessen Annahme an Kindesstatt nicht gröblich vernachlässigt haben.

Die nach Abs. 1 und 2 aufrecht bleibenden Pflichten stehen jedoch den durch die Annahme begründeten gleichen Pflichten im Range nach.

§. 182b. Die im Erbrecht begründeten Rechte zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits bleiben aufrecht.

Bei der gesetzlichen Erbfolge in das Vermögen des Wahlkindes in der zweiten Linie gehen die Wahleltern und deren Nachkommen einerseits den leiblichen Eltern und deren Nachkommen andererseits vor; ist das Wahlkind nur durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter) angenommen worden und sind sowohl der Wahlvater (die Wahlmutter) oder dessen (deren) Nachkommen als auch die leibliche Mutter (der eheliche Vater) oder deren (dessen) Nachkommen vorhanden, so fällt der Nachlaß je zur Hälfte auf den Stamm des Wahlvaters (der Wahlmutter) und den der leiblichen Mutter (des ehelichen Vaters).

§. 183. Wird das Wahlkind nur von einer Person an Kindesstatt angenommen und erlöschen die familienrechtlichen Beziehungen zum anderen Elternteil im Sinn des § 182 Abs. 2 zweiter Satz, so erhält das Wahlkind den Familiennamen des Annehmenden. Die §§ 162a Abs. 2 bis 162d gelten entsprechend.

Im übrigen gelten für die Ableitung des Familiennamens des Wahlkindes von den Wahleltern beziehungsweise von einem Wahlelternteil und demjenigen Elternteil, zu dem die familienrechtlichen Beziehungen aufrecht geblieben sind, die §§ 139 sowie 162a Abs. 2 bis 162d entsprechend.

§. 183a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl 1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)

Widerruf und Aufhebung.

§. 184. Die gerichtliche Bewilligung ist vom Gericht mit rückwirkender Kraft zu widerrufen:

1. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn beim Abschluß des Annahmevertrages der Annehmende nicht eigenberechtigt gewesen ist, außer er hat nach der Erlangung seiner Eigenberechtigung zu erkennen gegeben, daß er die Wahlkindschaft fortsetzen wolle;

2. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn ein nicht eigenberechtigtes Wahlkind selbst den Annahmevertrag geschlossen hat, außer es hat der gesetzliche Vertreter oder nach Erlangung der Eigenberechtigung das Wahlkind nachträglich zugestimmt oder das Gericht die verweigerte nachträgliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters im Sinne des § 179a Abs. 2 ersetzt;

3. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn das Wahlkind durch mehr als eine Person angenommen worden ist, außer die Annehmenden sind im Zeitpunkt der Bewilligung miteinander verheiratet gewesen;

4. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn der Annahmevertrag ausschließlich oder vorwiegend in der Absicht geschlossen worden ist, dem Wahlkind die Führung des Familiennamens des Wahlvaters oder der Wahlmutter zu ermöglichen oder den äußeren Schein einer Wahlkindschaft zur Verdeckung rechtswidriger geschlechtlicher Beziehungen zu schaffen.

5. auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn der Annahmevertrag nicht schriftlich geschlossen worden ist und seit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbeschlusses nicht mehr als fünf Jahre verstrichen sind.

Hat einer der Vertragsteile den Widerrufsgrund (Abs. 1 Z. 1 bis 3 und 5) bei Abschließung des Annahmevertrages nicht gekannt, so gilt in seinem Verhältnis zum anderen Vertragsteil der Widerruf insoweit als Aufhebung (§ 184a), als er dies beansprucht.

Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Gültigkeit der Annahme an Kindesstatt vor dem Widerruf Rechte erworben hat, kann nicht eingewendet werden, daß die Bewilligung widerrufen worden ist. Zum Nachteil eines der Vertragsteile, der den Wiederrufsgrund bei Abschließung des Annahmevertrages nicht gekannt hat, kann ein Dritter nicht die Wirkungen des Widerrufes beanspruchen.

§. 184a. Die Wahlkindschaft ist vom Gericht aufzuheben:

1. wenn die Erklärung eines Vertragteiles oder eines Zustimmungsberechtigten durch List oder ungerechte und gegründete Furcht veranlaßt worden ist und der Betroffene die Aufhebung binnen Jahresfrist nach Entdeckung der Täuschung oder Wegfall der Zwangslage beantragt;

2. von Amts wegen, wenn die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft das Wohl des nicht eigenberechtigten Wahlkindes ernstlich gefährden würde;

3. auf Antrag des Wahlkindes, wenn die Aufhebung nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe der Wahleltern oder nach dem Tode des Wahlvaters (der Wahlmutter) dem Wohle des Wahlkindes dient und nicht einem gerechtfertigten Anliegen des (der) von der Aufhebung betroffenen, wenn auch bereits verstorbenen Wahlvaters (Wahlmutter) widerspricht;

4. wenn der Wahlvater (die Wahlmutter) und das eigenberechtigte Wahlkind die Aufhebung beantragen.

Besteht die Wahlkindschaft gegenüber einem Wahlvater und einer Wahlmutter, so darf die Aufhebung im Sinne des Abs. 1 nur beiden gegenüber bewilligt werden; die Aufhebung gegenüber einem von ihnen allein ist nur im Falle der Auflösung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe zulässig.

§. 185. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses erlöschen die durch die Annahme zwischen dem Wahlvater (der Wahlmutter) und dessen (deren) Nachkommen einerseits und dem Wahlkind und dessen Nachkommen andererseits begründeten Rechtsbeziehungen.

Mit diesem Zeitpunkt leben die familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen Nachkommen andererseits, soweit sie nach dem § 182 erloschen sind, wieder auf.

Mit dem im Abs. 1 genannten Zeitpunkt sind hinsichtlich des Wahlkindes und dessen minderjährigen Nachkommen die namensrechtlichen Wirkungen der Annahme so anzusehen, als wären sie nicht eingetreten.

§. 185a. Ein Widerruf oder eine Aufhebung aus anderen als den in den §§ 184 und 184a angeführten Gründen ist unzulässig; ebenso eine vertragliche Einigung oder ein Rechtsstreit über die Anfechtung des Annahmevertrages.

2. Pflegeeltern

§. 186. Pflegeeltern sind Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Sie haben das Recht, in den die Person des Kindes betreffenden Verfahren Anträge zu stellen.

§. 186a. Das Gericht hat einem Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil) auf seinen Antrag die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise zu übertragen, wenn das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist und die Übertragung dem Wohl des Kindes entspricht. Die Regelungen über die Obsorge gelten dann für dieses Pflegeelternpaar (diesen Pflegeelternteil).

Sind die Eltern oder Großeltern mit der Obsorge betraut und stimmen sie der Übertragung nicht zu, so darf diese nur verfügt werden, wenn ohne sie das Wohl des Kindes gefährdet wäre.

Die Übertragung ist aufzuheben, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht. Gleichzeitig hat das Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes auszusprechen, auf wen die Obsorge übergeht.

Das Gericht hat vor seiner Entscheidung die Eltern, den gesetzlichen Vertreter, weitere Erziehungsberechtigte, den Jugendwohlfahrtsträger und jedenfalls das bereits zehnjährige Kind zu hören. § 181a Abs. 2 gilt sinngemäß.

 

Viertes Hauptstück

Von der Obsorge einer anderen Person

I. Von der Obsorge einer anderen Person

§. 187. Soweit nach dem dritten Hauptstück weder Eltern noch Großeltern oder Pflegeeltern mit der Obsorge betraut sind oder betraut werden können und kein Fall des § 211 vorliegt, hat das Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes eine andere geeignete Person mit der Obsorge zu betrauen.

§. 188. Bei der Auswahl einer anderen Person für die Obsorge ist besonders auf das Wohl des Kindes Bedacht zu nehmen. Wünsche des Kindes und der Eltern, im Falle des § 145c des Zuwendenden, sind zu berücksichtigen, sofern sie dem Wohl des Kindes entsprechen.

Mit der Obsorge dürfen nicht betraut werden

1. nicht voll handlungsfähige Personen;

2. Personen, von denen, besonders auch wegen der durch eine strafgerichtliche Verurteilung zutage getretenen Veranlagung oder Eigenschaft, eine dem Wohl des minderjährigen Kindes förderliche Ausübung der Obsorge nicht zu erwarten ist.

§. 189. Derjenige, den das Gericht mit der Obsorge betrauen will, hat alle Umstände, die ihn dafür ungeeignet erscheinen lassen, dem Gericht mitzuteilen. Unterlässt er diese Mitteilung schuldhaft, so haftet er für alle dem minderjährigen Kind daraus entstehenden Nachteile.

Eine besonders geeignete Person kann die Betrauung mit der Obsorge nur ablehnen, wenn ihr diese unzumutbar wäre.

§. 190. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 191. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 192. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 193. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 194. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 195. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 196. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 197. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 198. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 199. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 200. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 201. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 202. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 203. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 204. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 205. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 206. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 207. (Anm.: Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 - Jugendwohlfahrtsgesetz.)

§. 208. (Anm.: Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 - Jugendwohlfahrtsgesetz.)

§. 209. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 210. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

Aufgaben des Jugendwohlfahrtsträgers

§. 211. Wird ein minderjähriges Kind im Inland gefunden und sind dessen Eltern unbekannt, so ist kraft Gesetzes der Jugendwohlfahrtsträger mit der Obsorge betraut. Dies gilt für den Bereich der Vermögensverwaltung und der Vertretung auch, wenn ein Kind im Inland geboren wird und in diesem Bereich kein Elternteil mit der Obsorge betraut ist.

§. 212. Der Jugendwohlfahrtsträger hat, soweit es nach den Umständen geboten scheint, den gesetzlichen Vertreter eines im Inland geborenen Kindes innerhalb angemessener Frist nach der Geburt über die elterlichen Rechte und Pflichten, besonders über den Unterhaltsanspruch des Kindes, gegebenenfalls auch über die Feststellung der Vaterschaft, in Kenntnis zu setzen und ihm für die Wahrnehmung der Rechte des Kindes seine Hilfe anzubieten.

Für die Festsetzung oder Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des Kindes sowie gegebenenfalls in Abstammungsangelegenheiten ist der Jugendwohlfahrtsträger Vertreter des Kindes, wenn die schriftliche Zustimmung des sonstigen gesetzlichen Vertreters vorliegt.

Für andere Angelegenheiten ist der Jugendwohlfahrtsträger Vertreter des Kindes, wenn er sich zur Vertretung bereit erklärt und die schriftliche Zustimmung des sonstigen gesetzlichen Vertreters vorliegt.

Durch die Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers wird die Vertretungsbefugnis des sonstigen gesetzlichen Vertreters nicht eingeschränkt, jedoch gilt § 154a sinngemäß. Der Jugendwohlfahrtsträger und der sonstige gesetzliche Vertreter haben einander über ihre Vertretungshandlungen in Kenntnis zu setzen.

Die Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers endet, wenn der sonstige gesetzliche Vertreter seine Zustimmung schriftlich widerruft, der Jugendwohlfahrtsträger seine Erklärung nach Abs. 3 zurücknimmt oder das Gericht den Jugendwohlfahrtsträger auf dessen Antrag als Vertreter enthebt, weil er zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung der Ansprüche des Kindes nach Lage des Falles nichts mehr beizutragen vermag.

§. 213. Ist eine andere Person mit der Obsorge für einen Minderjährigen ganz oder teilweise zu betrauen und lassen sich dafür Verwandte oder andere nahe stehende oder sonst besonders geeignete Personen nicht finden, so hat das Gericht die Obsorge dem Jugendwohlfahrtsträger zu übertragen. Gleiches gilt, wenn einem Minderjährigen ein Kurator zu bestellen ist.

§. 214. Die §§ 216, 234, 265, 266 und 267 gelten für den Jugendwohlfahrtsträger nicht. Dieser ist vor der Anlegung des Vermögens eines Minderjährigen nur im Fall des § 230e verpflichtet, die Zustimmung des Gerichtes einzuholen.

Der Jugendwohlfahrtsträger bedarf zum Abschluß von Vereinbarungen über die Höhe gesetzlicher Unterhaltsleistungen nicht der Genehmigung des Gerichtes. Vereinbarungen über die Leistung des Unterhalts eines Minderjährigen, die vor dem Jugendwohlfahrtsträger oder von ihm geschlossen und von ihm beurkundet werden, haben die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches.

Der Jugendwohlfahrtsträger hat Personen, die ein Kind pflegen und erziehen oder gesetzlich vertreten, über seine Vertretungstätigkeit bezüglich dieses Kindes Auskünfte zu erteilen, soweit das Wohl des Kindes hiedurch nicht gefährdet wird.

§. 215. Der Jugendwohlfahrtsträger hat die zur Wahrung des Wohles eines Minderjährigen erforderlichen gerichtlichen Verfügungen im Bereich der Obsorge zu beantragen. Bei Gefahr im Verzug kann er die erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig mit Wirksamkeit bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen; er hat diese Entscheidung unverzüglich, jedenfalls innerhalb von acht Tagen, zu beantragen. Im Umfang der getroffenen Maßnahmen ist der Jugendwohlfahrtsträger vorläufig mit der Obsorge betraut.

Eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO und deren Vollzug nach § 382d EO kann der Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des Minderjährigen beantragen, wenn der sonstige gesetzliche Vertreter einen erforderlichen Antrag nicht unverzüglich gestellt hat; § 212 Abs. 4 gilt hiefür entsprechend.

§. 215a. Sofern nicht anderes angeordnet ist, fallen die Aufgaben dem Bundesland als Jugendwohlfahrtsträger zu, in dem das minderjährige Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines solchen im Inland seinen Aufenthalt hat. Fehlt ein Aufenthalt im Inland, so ist, sofern das minderjährige Kind österreichischer Staatsbürger ist, für im Inland zu besorgende Aufgaben das Bundesland als Jugendwohlfahrtsträger zuständig, in dem der Minderjährige seinen letzten Aufenthalt gehabt hat, dann dasjenige, in dem ein Elternteil seinen Aufenthalt hat oder zuletzt gehabt hat. Wechselt das minderjährige Kind seinen Aufenthalt in ein anderes Bundesland, so kann der Jugendwohlfahrtsträger seine Aufgaben dem anderen mit dessen Zustimmung übertragen. Hievon ist das Gericht zu verständigen, wenn es mit den Angelegenheiten des minderjährigen Kindes bereits befasst war.

Besondere Pflichten und Rechte anderer mit der Obsorge betrauter Personen

a) in Angelegenheiten der Pflege und Erziehung

§. 216. Ist eine andere Person mit der Obsorge betraut, so hat sie, soweit nicht anderes bestimmt ist, in wichtigen, die Person des Kindes betreffenden Angelegenheiten, insbesondere in den Angelegenheiten des § 154 Abs. 2, die Genehmigung des Gerichtes einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr im Verzug vorliegt.

Einer medizinischen Behandlung, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, kann die mit der Obsorge betraute Person nur zustimmen, wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt in einem ärztlichen Zeugnis bestätigt, dass das Kind nicht über die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme der Behandlung zur Wahrung seines Wohles erforderlich ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt oder das Kind zu erkennen gibt, dass es die Behandlung ablehnt, bedarf die Zustimmung der Genehmigung des Gerichts. Erteilt die mit der Obsorge betraute Person die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl des Kindes gefährdet, so kann das Gericht die Zustimmung ersetzen oder die Obsorge an eine andere Person übertragen.

§. 217. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 218. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 219. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 220. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 221. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 222. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 223. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 224. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 225. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 226. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 227. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 228. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

b) in Angelegenheiten der Vermögensverwaltung

§. 229. Die mit der gesetzlichen Vertretung in Angelegenheiten der Vermögensverwaltung betraute Person hat bei Antritt der Obsorge nach gründlicher Erforschung des Vermögensstandes dem Gericht gegenüber das Vermögen im Einzelnen anzugeben und bei Beendigung der Obsorge Rechnung zu legen. Das Gericht hat die Tätigkeit des gesetzlichen Vertreters zur Vermeidung einer Gefährdung des Wohls des minderjährigen Kindes zu überwachen und die dazu notwendigen Aufträge zu erteilen. Näheres wird in den Verfahrensgesetzen bestimmt.

Auf Vertretungshandlungen und Einwilligungen in Vermögensangelegenheiten ist § 154 Abs. 3 und 4 sinngemäß anzuwenden.

Anlegung von Mündelgeld

§. 230. Soweit Geld eines Minderjährigen nicht, dem Gesetz entsprechend, für besondere Zwecke zu verwenden ist, ist es unverzüglich sicher und möglichst fruchtbringend durch Spareinlagen, den Erwerb von Wertpapieren (Forderungen), die Gewährung von Darlehen, den Erwerb von Liegenschaften oder in anderer Weise nach den folgenden Bestimmungen anzulegen.

Ist es wirtschaftlich zweckmäßig, so ist Mündelgeld auf mehrere dieser Arten anzulegen.

§. 230a. Spareinlagen bei einer inländischen Kreditunternehmung, die zur Entgegennahme von Spareinlagen berechtigt ist, sind zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn sie auf den Namen des Mündels lauten, ausdrücklich die Bezeichnung „Mündelgeld“ tragen und entweder allgemein für die Verbindlichkeiten der Kreditunternehmung der Bund oder eines der Länder oder für die Verzinsung und Rückzahlung der Mündelgeldspareinlagen im besonderen ein von der Kreditunternehmung gebildeter, jederzeit mit der jeweiligen Höhe solcher Einlagen übereinstimmender unbelasteter Deckungsstock haftet. Dieser Deckungsstock hat ausschließlich in mündelsicheren Wertpapieren (§ 230b), in Hypothekarforderungen mit gesetzgemäßer Sicherheit (§230c), in Forderungen, für die der Bund oder eines der Länder haftet, oder in Bargeld zu bestehen.

§. 230b. Der Erwerb folgender Wertpapiere und Forderungen ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet:

1. Teilschuldverschreibungen von Anleihen, für deren Verzinsung und Rückzahlung der Bund oder eines der Länder haftet;

2. Forderungen, die in das Hauptbuch der Staatsschuld eingetragen sind;

3. Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen der nach den gesetzlichen Vorschriften zur Ausgabe solcher Wertpapiere zugelassenen inländischen Kreditunternehmungen;

4. von einer inländischen Kreditunternehmung ausgegebene Teilschuldverschreibungen, sofern die Kreditunternehmung verpflichtet ist, die Ansprüche aus diesen Teilschuldverschreibungen vorzugsweise zu befriedigen und als Sicherheit für diese Befriedigung Forderungen der Kreditunternehmung, für die der Bund haftet, Wertpapiere oder Forderungen gemäß den Z. 1 bis 3 und 5 oder Bargeld zu bestellen, und dies auf den Teilschuldverschreibungen ausdrücklich ersichtlich gemacht ist;

5. sonstige Wertpapiere, sofern sie durch besondere gesetzliche Vorschriften zur Anlegung von Mündelgeld geeignet erklärt worden sind.

§. 230c. Darlehen sind zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn zu ihrer Sicherstellung an einer inländischen Liegenschaft eine Hypothek bestellt wird und die Liegenschaft samt ihrem Zubehör während der Laufzeit des Darlehens ausreichend feuerversichert ist. Liegenschaften, deren Wert sich wegen eines darauf befindlichen Abbaubetriebs ständig und beträchtlich vermindert, sind nicht geeignet.

Es darf jedoch eine Liegenschaft nicht über die Hälfte des Verkehrswertes belastet werden. Bei Weingärten, Wäldern und anderen Liegenschaften, deren Ertrag auf ähnlichen dauernden Anpflanzungen beruht, ist die Belastungsgrenze ohne Berücksichtigung des Wertes der Kulturgattung vom Grundwert zu errechnen. Ebenso ist bei industriell oder gewerblich genutzten Liegenschaften vom bloßen Grundwert auszugehen, doch sind von diesem die Kosten der Freimachung der Liegenschaft von industriell oder gewerblich genutzten Baulichkeiten abzuziehen. Die Art (Widmung, Nutzung) der Liegenschaft und die maßgebende Belastungsgrenze sind durch einen allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen festzustellen.

§. 230d. Der Erwerb inländischer Liegenschaften ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn sich ihr Wert nicht wegen eines darauf befindlichen Abbaubetriebs ständig und beträchtlich vermindert oder sie nicht ausschließlich oder überwiegend industriellen oder gewerblichen Zwecken dienen.

Der Kaufpreis soll in der Regel den Verkehrswert nicht übersteigen.

§. 230e. Die Anlegung von Mündelgeld in anderer Weise als nach den vorstehenden Bestimmungen hat das Gericht, im Fall des Erwerbes von Wertpapieren jedenfalls nach Anhörung eines Sachverständigen für das Börsen- oder Bankwesen, zu genehmigen, wenn sie nach den Verhältnissen des Einzelfalls den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht.

Unter diesen Voraussetzungen kommen für die Anlegung besonders in Betracht:

1. Wertpapiere, die im § 230b nicht genannt sind, sofern dafür vorgesorgt ist, daß die Verwaltung der Wertpapiere einschließlich eines Verkaufes, falls er durch die Marktlage geboten sein sollte, sachkundig vorgenommen wird;

2. Liegenschaften, die nicht geeignet im Sinn des § 230d sind, sofern ihr Erwerb dem Mündel mit Beziehung auf die gegenwärtige oder künftige Berufsausübung oder sonst zum klaren Vorteil gereichen würde; der Kaufpreis darf auch hier den gemeinen Wert nicht übersteigen.

§. 231. Das übrige bewegliche Vermögen, das nicht zur Befriedigung der gegenwärtigen oder zukünftigen Bedürfnisse des minderjährigen Kindes benötigt wird oder zumindest nicht dazu geeignet scheint, ist bestmöglich zu verwerten. Einer gerichtlichen Genehmigung bedarf es nur, wenn der Verkehrswert der einzelnen Sache voraussichtlich 1000 Euro oder die Summe der Werte der zur Verwertung bestimmten Sachen voraussichtlich 10000 Euro übersteigt.

§. 232. Ein unbewegliches Gut darf nur im Notfall oder zum offenbaren Vorteil des minderjährigen Kindes mit gerichtlicher Genehmigung veräußert werden.

§. 233. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 40, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 234. Der gesetzliche Vertreter kann 10000 Euro übersteigende Zahlungen an das minderjährige Kind nur entgegennehmen und darüber quittieren, wenn er dazu vom Gericht im Einzelfall oder allgemein ermächtigt wurde. Fehlt eine solche Ermächtigung, so wird der Schuldner durch Zahlung an den Vertreter von seiner Schuld nur befreit, wenn das Gezahlte noch im Vermögen des minderjährigen Kindes vorhanden ist oder für seine Zwecke verwendet wurde.

§. 235. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 41, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 236. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 237. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 238. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 239. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 240. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 241. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 242. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 243. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 244. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1989/Nr. 162 – Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz.)

§. 245. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 57, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 246. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl 1973/Nr. 108.)

§. 247. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 45, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 248. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1973/Nr. 108.)

§. 249. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 58, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

Änderungen in der Obsorge

§. 250. Die Obsorge des Jugendwohlfahrtsträgers (§ 211) endet, sofern der Umstand, der die Eltern von der Ausübung der Obsorge ausgeschlossen hat, weggefallen ist; im ersten Fall des § 211 bedarf es hiezu jedoch der Übertragung der Obsorge an die Eltern durch das Gericht.

§. 251. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 61, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 252. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl 1973/Nr. 108.)

§. 253. Das Gericht hat die Obsorge an eine andere Person zu übertragen, wenn das Wohl des minderjährigen Kindes dies erfordert, insbesondere wenn die mit der Obsorge betraute Person ihre Verpflichtungen aus § 145b nicht erfüllt, einer der Umstände des § 188 Abs. 2 eintritt oder bekannt wird oder die Person, die bisher mit der Obsorge betraut war, stirbt.

§. 254. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 255. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 256. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 257. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 258. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 259. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 47, BGBl 1977/Nr. 403.)

§. 260. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1973/Nr. 108.)

§. 261. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 262. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 263. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

Haftung

§. 264. Die nach § 187 mit der Obsorge betrauten Personen haften dem Kind gegenüber für jeden durch ihr Verschulden verursachten Schaden.

Soweit sich die mit der Obsorge betraute Person zu ihrer Ausübung rechtmäßig anderer Personen bedient, haftet sie nur insoweit, als sie schuldhaft eine untüchtige oder gefährliche Person ausgewählt, deren Tätigkeit nur unzureichend überwacht oder die Geltendmachung von Ersatzansprüchen des minderjährigen Kindes gegen diese Personen schuldhaft unterlassen hat.

§. 265. Der Richter kann die Ersatzpflicht nach § 264 insoweit mäßigen oder ganz erlassen, als sie die mit der Obsorge betraute Person unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Grades des Verschuldens oder eines besonderen Naheverhältnisses zwischen dem minderjährigen Kind und der mit der Obsorge betrauten Person, unbillig hart träfe.

Entschädigung

§. 266. Der nach § 187 mit der Obsorge betrauten Person gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang ihrer Tätigkeit und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung, soweit dadurch die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Kindes nicht gefährdet wird.

Sofern das Gericht nicht aus besonderen Gründen eine geringere Entschädigung für angemessen findet, beträgt sie fünf vom Hundert sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden gesetzlichen Steuern und Abgaben. Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, sind nicht als Einkünfte zu berücksichtigen. Übersteigt der Wert des Vermögens des minderjährigen Kindes 10000 Euro, so kann das Gericht überdies pro Jahr bis zu zwei vom Hundert des Mehrbetrags als Entschädigung gewähren, soweit sich die mit der Obsorge betraute Person um die Erhaltung des Vermögens oder dessen Verwendung zur Deckung von Bedürfnissen des Kindes besonders verdient gemacht hat. Betrifft die Obsorge nur einen Teilbereich der Obsorge oder dauert die Tätigkeit der mit der Obsorge betrauten Person nicht ein volles Jahr, so vermindert sich der Anspruch auf Entschädigung entsprechend.

Bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen der mit der Obsorge betrauten Person kann das Gericht die Entschädigung auch höher als nach Abs. 2 erster Satz bemessen, jedoch nicht höher als zehn vom Hundert der Einkünfte.

Entgelt und Aufwandsersatz

§. 267. Nützt die mit der Obsorge betraute Person für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten übertragen werden müsste, ihre besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat sie hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim minderjährigen Kind die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.

Zur zweckentsprechenden Ausübung der Obsorge notwendige Barauslagen, tatsächliche Aufwendungen und die Kosten der Versicherung der Haftpflicht nach § 264 sind der mit der Obsorge betrauten Person vom minderjährigen Kind jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.

Ansprüche nach den Abs. 1 und 2 bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Kindes gefährdet wäre.

Fünftes Hauptstück

Von der Sachwalterschaft, der sonstigen gesetzlichen Vertretung und der Vorsorgevollmacht

Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters oder Kurators

a) für behinderte Personen;

§. 268. Vermag eine volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist (behinderte Person), alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen.

Die Bestellung eines Sachwalters ist unzulässig, soweit Angelegenheiten der behinderten Person durch einen anderen gesetzlichen Vertreter oder im Rahmen einer anderen Hilfe, besonders in der Familie, in Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder im Rahmen sozialer oder psychosozialer Dienste, im erforderlichen Ausmaß besorgt werden. Ein Sachwalter darf auch dann nicht bestellt werden, soweit durch eine Vollmacht, besonders eine Vorsorgevollmacht, oder eine verbindliche Patientenverfügung für die Besorgung der Angelegenheiten der behinderten Person im erforderlichen Ausmaß vorgesorgt ist. Ein Sachwalter darf nicht nur deshalb bestellt werden, um einen Dritten vor der Verfolgung eines, wenn auch bloß vermeintlichen, Anspruchs zu schützen.

Je nach Ausmaß der Behinderung sowie Art und Umfang der zu besorgenden Angelegenheiten ist der Sachwalter zu betrauen

1. mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten, etwa der Durchsetzung oder der Abwehr eines Anspruchs oder der Eingehung und der Abwicklung eines Rechtsgeschäfts,

2. mit der Besorgung eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten, etwa der Verwaltung eines Teiles oder des gesamten Vermögens, oder,

3. soweit dies unvermeidlich ist, mit der Besorgung aller Angelegenheiten der behinderten Person.

Sofern dadurch nicht das Wohl der behinderten Person gefährdet wird, kann das Gericht auch bestimmen, dass die Verfügung oder Verpflichtung hinsichtlich bestimmter Sachen, des Einkommens oder eines bestimmten Teiles davon vom Wirkungsbereich des Sachwalters ausgenommen ist.

b) für Ungeborene;

§. 269. In Rücksicht auf Ungeborne wird ein Kurator entweder für die Nachkommenschaft überhaupt, oder für eine bereits vorhandene Leibesfrucht (§. 22) aufgestellet. Im ersten Falle hat der Kurator dafür zu sorgen, daß die Nachkommenschaft bey einem ihr bestimmten Nachlasse nicht verkürzet werde; im zweyten Falle aber, daß die Rechte des noch ungebornen Kindes erhalten werden.

c) für Abwesende und für unbekannte Teilnehmer an einem Geschäft;

§. 270. Die Bestellung eines Curators für Abwesende, oder für die dem Gerichte zur Zeit noch unbekannten Theilnehmer an einem Geschäfte findet dann Statt, wenn sie keinen ordentlichen Vertreter zurückgelassen haben, ohne solchen aber ihre Rechte durch Verzug gefährdet, oder die Rechte eines Anderen in ihrem Gange gehemmet würden und nicht in anderer Weise, etwa durch die Bestellung eines Kurators in einem bestimmten gerichtlichen Verfahren durch das dort zur Entscheidung berufene Gericht, für die Wahrung dieser Rechte Sorge getragen werden kann. Ist der Aufenthaltsort eines Abwesenden bekannt, so muß ihn sein Curator von der Lage seiner Angelegenheiten unterrichten, und diese Angelegenheiten, wenn keine andere Verfügung getroffen wird, wie jene eines Minderjährigen besorgen.

d) im Kollisionsfall

§. 271. Widerstreiten einander in einer bestimmten Angelegenheit die Interessen einer minderjährigen oder sonst nicht voll handlungsfähigen Person und jene ihres gesetzlichen Vertreters, so hat das Gericht der Person zur Besorgung dieser Angelegenheiten einen besonderen Kurator zu bestellen.

Der Bestellung eines Kurators bedarf es nicht, wenn eine Gefährdung der Interessen des minderjährigen Kindes oder der sonst nicht voll handlungsfähigen Person nicht zu besorgen ist und die Interessen des minderjährigen Kindes oder der sonst nicht voll handlungsfähigen Person vom Gericht ausreichend wahrgenommen werden können. Dies gilt im Allgemeinen in Verfahren zur Durchsetzung der Rechte des Kindes nach § 140 und § 148, auch wenn es durch den betreuenden Elternteil vertreten wird, sowie in Verfahren über Ansprüche nach § 266 Abs. 1 und 2 oder § 267.

§. 272. Widerstreiten einander die Interessen zweier oder mehrerer minderjähriger oder sonst nicht voll handlungsfähiger Personen, die denselben gesetzlichen Vertreter haben, so darf dieser keine der genannten Personen vertreten. Das Gericht hat für jede von ihnen einen besonderen Kurator zu bestellen.

§ 271 Abs. 2 gilt entsprechend.

Bestellung

§. 273. Bei der Auswahl des Sachwalters oder Kurators ist auf die Art der Angelegenheiten, die für die zu vertretende Person (den Pflegebefohlenen) zu besorgen sind, zu achten.

Mit der Sachwalterschaft oder Kuratel dürfen nicht betraut werden

1. nicht eigenberechtigte Personen;

2. Personen, von denen, besonders auch wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung, eine dem Wohl des Pflegebefohlenen förderliche Ausübung der Sachwalterschaft oder Kuratel nicht zu erwarten ist.

§. 273a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl I 2006/Nr. 92 – Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006.)

§. 274. Derjenige, den das Gericht zum Sachwalter (Kurator) bestellen will, hat alle Umstände, die ihn dafür ungeeignet erscheinen lassen, dem Gericht mitzuteilen. Unterlässt er diese Mitteilung schuldhaft, so haftet er für alle dem Pflegebefohlenen daraus entstehenden Nachteile.

Ein Rechtsanwalt oder Notar kann die Übernahme einer Sachwalterschaft (Kuratel) nur ablehnen, wenn ihm diese unter Berücksichtigung seiner persönlichen, familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht zugemutet werden kann. Dies wird bei mehr als fünf Sachwalterschaften (Kuratelen) vermutet.

Rechte und Pflichten

§. 275. Die Sachwalterschaft (Kuratel) umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die dem Sachwalter (Kurator) übertragenen Angelegenheiten zu besorgen. Der Sachwalter (Kurator) hat dabei das Wohl des Pflegebefohlenen bestmöglich zu fördern.

In wichtigen, die Person des Pflegebefohlenen betreffenden Angelegenheiten hat der Sachwalter (Kurator) die Genehmigung des Gerichts einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr im Verzug vorliegt.

In Vermögensangelegenheiten gelten die §§ 229 bis 234 sinngemäß.

Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz

§. 276. Dem Sachwalter (Kurator) gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit, insbesondere auch im Bereich der Personensorge, und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung. Diese beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind; bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters kann das Gericht die Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent dieser Einkünfte bemessen. Übersteigt der Wert des Vermögens des Pflegebefohlenen 10 000 Euro, so ist darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Das Gericht hat die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen für angemessen hält.

Nützt der Sachwalter (Kurator) für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich übertragen werden müsste, seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim Pflegebefohlenen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.

Die zur zweckentsprechenden Ausübung der Sachwalterschaft (Kuratel) notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die Kosten einer zur Deckung der Haftung nach § 277 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem Sachwalter vom Pflegebefohlenen jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.

Ansprüche nach den vorstehenden Absätzen bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wäre.

Haftung

§. 277. Der Sachwalter (Kurator) haftet dem Pflegebefohlenen für jeden durch sein Verschulden verursachten Schaden. Der Richter kann die Ersatzpflicht insoweit mäßigen oder ganz erlassen, als sie den Sachwalter (Kurator) unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Grades des Verschuldens oder eines besonderen Naheverhältnisses zwischen dem Pflegebefohlenen und dem Sachwalter (Kurator), unbillig hart träfe.

Änderung und Beendigung

§. 278. Das Gericht hat die Sachwalterschaft (Kuratel) auf Antrag oder von Amts wegen einer anderen Person zu übertragen, wenn der Sachwalter (Kurator) stirbt, nicht die erforderliche Eignung aufweist, ihm die Ausübung des Amtes nicht zugemutet werden kann, einer der Umstände des § 273 Abs. 2 eintritt oder bekannt wird oder das Wohl des Pflegebefohlenen dies aus anderen Gründen erfordert. § 145 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.

Der Sachwalter (Kurator) ist auf Antrag oder von Amts wegen zu entheben, wenn die Voraussetzungen für seine Bestellung nach den §§ 268 bis 272 wegfallen; fallen diese Voraussetzungen nur für einen Teil der dem Sachwalter (Kurator) übertragenen Angelegenheiten weg, so ist sein Wirkungskreis einzuschränken. Sein Wirkungskreis ist zu erweitern, wenn dies erforderlich ist. Stirbt der Pflegebefohlene, so erlischt die Sachwalterschaft (Kuratel). § 172 Abs. 2 sind sinngemäß anzuwenden.

Das Gericht hat in angemessenen, fünf Jahre nicht überschreitenden Zeitabständen zu prüfen, ob das Wohl des Pflegebefohlenen die Beendigung oder Änderung der Sachwalterschaft (Kuratel) erfordert.

Besondere Vorschriften für die Sachwalterschaft

a) Auswahl des Sachwalters;

§. 279. Bei der Auswahl des Sachwalters ist besonders auf die Bedürfnisse der behinderten Person und darauf Bedacht zu nehmen, dass der Sachwalter nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung steht, in der sich die behinderte Person aufhält oder von der sie betreut wird. Wünsche der behinderten Person, insbesondere solche, die sie vor Verlust der Geschäftsfähigkeit und Einsichts- und Urteilsfähigkeit geäußert hat (Sachwalterverfügung), und Anregungen nahe stehender Personen sind zu berücksichtigen, sofern sie dem Wohl der behinderten Person entsprechen.

Einer behinderten Person ist eine geeignete, ihr nahe stehende Person zum Sachwalter zu bestellen. Wird eine behinderte Person volljährig, so ist ein bisher mit der Obsorge betrauter Elternteil zum Sachwalter zu bestellen, sofern dies dem Wohl der behinderten Person nicht widerspricht.

Ist eine geeignete, nahe stehende Person nicht verfügbar, so ist ein geeigneter Verein mit dessen Zustimmung zum Sachwalter zu bestellen. Kommt auch ein Verein nicht in Betracht, so ist nach Maßgabe des § 274 Abs. 2 ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskandidat) oder eine andere geeignete Person mit deren Zustimmung zu bestellen.

Ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskandidat) ist vor allem dann zum Sachwalter zu bestellen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein geeigneter Verein vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der Sachwalterschaft verbunden sind.

Eine Person darf nur so viele Sachwalterschaften übernehmen, wie sie unter Bedachtnahme auf die Pflichten eines Sachwalters, insbesondere jene zur persönlichen Kontaktnahme, ordnungsgemäß besorgen kann. Eine Person – ausgenommen ein geeigneter Verein – darf insgesamt nicht mehr als fünf, ein Rechtsanwalt oder Notar nicht mehr als 25 Sachwalterschaften übernehmen; Sachwalterschaften zur Besorgung einzelner Angelegenheiten bleiben dabei außer Betracht.

b) Geschäftsfähigkeit der behinderten Person;

§. 280. Die behinderte Person kann innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters ohne dessen ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten.

Schließt die behinderte Person im Rahmen des Wirkungskreises des Sachwalters ein Rechtsgeschäft, das eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, so wird dieses Rechtsgeschäft mit der Erfüllung der die behinderte Person treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam.

c) Berücksichtigung des Willens und der Bedürfnisse der behinderten Person;

§. 281. Der Sachwalter hat danach zu trachten, dass die behinderte Person im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihre Lebensverhältnisse nach ihren Wünschen und Vorstellungen gestalten kann.

Die behinderte Person hat das Recht, von beabsichtigten, ihre Person oder ihr Vermögen betreffenden wichtigen Maßnahmen vom Sachwalter rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu, wie auch zu anderen Maßnahmen, in angemessener Frist zu äußern; diese Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl der behinderten Person nicht weniger entspricht.

Ist der Sachwalter mit der Verwaltung des Vermögens oder des Einkommens der behinderten Person betraut, so hat er diese vorrangig zur Deckung der den persönlichen Lebensverhältnissen entsprechenden Bedürfnisse der behinderten Person zu verwenden.

Ist das Wohl der behinderten Person gefährdet, so hat das Gericht jederzeit, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung ihres Wohles nötigen Verfügungen zu treffen.

d) Personensorge;

§. 282. Der Sachwalter hat mit der behinderten Person in dem nach den Umständen des Einzelfalls erforderlichen Ausmaß persönlichen Kontakt zu halten und sich darum zu bemühen, dass der behinderten Person die gebotene ärztliche und soziale Betreuung gewährt wird. Sofern der Sachwalter nicht bloß zur Besorgung einzelner Angelegenheiten bestellt ist, soll der Kontakt mindestens einmal im Monat stattfinden.

§. 283. In eine medizinische Behandlung kann eine behinderte Person, soweit sie einsichts- und urteilsfähig ist, nur selbst einwilligen. Sonst ist die Zustimmung des Sachwalters erforderlich, dessen Wirkungsbereich die Besorgung dieser Angelegenheit umfasst.

Einer medizinischen Behandlung, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, kann der Sachwalter nur zustimmen, wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt in einem ärztlichen Zeugnis bestätigt, dass die behinderte Person nicht über die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme der Behandlung zur Wahrung ihres Wohles erforderlich ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt oder die behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie die Behandlung ablehnt, bedarf die Zustimmung der Genehmigung des Gerichts. Erteilt der Sachwalter die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl der behinderten Person gefährdet, so kann das Gericht die Zustimmung des Sachwalters ersetzen oder die Sachwalterschaft einer anderen Person übertragen.

Die Einwilligung der einsichts- und urteilsfähigen behinderten Person, die Zustimmung des Sachwalters und die Entscheidung des Gerichts sind nicht erforderlich, wenn die Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit der Einholung der Einwilligung, der Zustimmung oder der gerichtlichen Entscheidung verbundene Aufschub das Leben der behinderten Person gefährden würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit verbunden wäre.

§. 284. Der Sachwalter kann einer medizinischen Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit der behinderten Person zum Ziel hat, nicht zustimmen, es sei denn, dass sonst wegen eines dauerhaften körperlichen Leidens eine ernste Gefahr für das Leben oder einer schweren Schädigung der Gesundheit der behinderten Person besteht. Ebenso kann der Sachwalter einer Forschung, die mit einer Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit der behinderten Person verbunden ist, nicht zustimmen, es sei denn, die Forschung kann für deren Gesundheit oder Wohlbefinden von unmittelbarem Nutzen sein. Die Zustimmung bedarf in jedem Fall einer gerichtlichen Genehmigung.

§. 284a. Über ihren Wohnort entscheidet eine behinderte Person, soweit sie einsichts- und urteilsfähig ist, selbst.

Sonst hat der Sachwalter diese Aufgabe zu besorgen, soweit dies zur Wahrung des Wohles der behinderten Person erforderlich ist und sein Wirkungskreis die Besorgung dieser Angelegenheit umfasst. Soll der Wohnort der behinderten Person dauerhaft geändert werden, so bedarf dies der gerichtlichen Genehmigung.

Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger

§. 284b. Vermag eine volljährige Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens nicht selbst zu besorgen und hat sie dafür keinen Sachwalter und auch sonst keinen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter, so kann sie bei diesen Rechtsgeschäften, soweit sie ihren Lebensverhältnissen entsprechen, von einem nächsten Angehörigen vertreten werden. Gleiches gilt für Rechtsgeschäfte zur Deckung des Pflegebedarfs sowie die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus Anlass von Alter, Krankheit, Behinderung oder Armut zustehen, insbesondere von sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen, Ansprüchen auf Pflegegeld und Sozialhilfe sowie Gebührenbefreiungen und anderen Begünstigungen.

Der nächste Angehörige ist befugt, über laufende Einkünfte der vertretenen Person und pflegebezogene Leistungen an diese insoweit zu verfügen, als dies zur Besorgung der Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens und zur Deckung des Pflegebedarfs erforderlich ist.

Die Vertretungsbefugnis des nächsten Angehörigen umfasst auch die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung, sofern diese nicht gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist und der vertretenen Person die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit fehlt.

§. 284c. Nächste Angehörige sind die Eltern, volljährige Kinder, der im gemeinsamen Haushalt mit der vertretenen Person lebende Ehegatte und der Lebensgefährte, wenn dieser mit der vertretenen Person seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt lebt.

Sind mehrere Angehörige vertretungsbefugt, so genügt die Erklärung einer Person. Liegen dem Erklärungsempfänger widerstreitende Erklärungen vor, so ist keine wirksam. Für die Vertretung in zivilgerichtlichen Verfahren gilt § 154a sinngemäß.

§. 284d. Der nächste Angehörige hat die vertretene Person von der Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnis zu informieren.

Die Vertretungsbefugnis eines nächsten Angehörigen tritt nicht ein oder endet, soweit ihr die vertretene Person ungeachtet des Verlusts ihrer Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit widersprochen hat oder widerspricht.

§. 284e. Bei Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnisse hat der nächste Angehörige das Wohl der vertretenen Person bestmöglich zu fördern und danach zu trachten, dass sie im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihre Lebensverhältnisse nach ihren Wünschen und Vorstellungen gestalten kann.

Der nächste Angehörige hat seine Vertretungsbefugnis vor der Vornahme einer Vertretungshandlung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis registrieren zu lassen. Ein Dritter darf auf die Vertretungsbefugnis eines nächsten Angehörigen vertrauen, wenn ihm dieser bei Vornahme einer Vertretungshandlung nach § 284b eine Bestätigung über die Registrierung der Vertretungsbefugnis im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis vorlegt. Dies gilt für Geldbezüge von einem Konto der vertretenen Person, soweit sie den erhöhten allgemeinen Grundbetrag des Existenzminimums (§ 291a Abs. 2 Z 1 EO) monatlich nicht überschreiten. Das Vertrauen des Dritten ist nicht geschützt, wenn ihm die mangelnde Vertretungsbefugnis des nächsten Angehörigen bekannt oder fahrlässig unbekannt ist.

Vorsorgevollmacht

§. 284f. Eine Vorsorgevollmacht ist eine Vollmacht, die nach ihrem Inhalt dann wirksam werden soll, wenn der Vollmachtgeber die zur Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten erforderliche Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder seine Äußerungsfähigkeit verliert. Die Angelegenheiten, zu deren Besorgung die Vollmacht erteilt wird, müssen bestimmt angeführt sein. Der Bevollmächtigte darf nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung stehen, in der sich der Vollmachtgeber aufhält oder von der dieser betreut wird.

Die Vorsorgevollmacht muss vom Vollmachtgeber eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden. Hat der Vollmachtgeber die Vollmacht zwar eigenhändig unterschrieben, nicht aber eigenhändig geschrieben, so muss er in Gegenwart dreier unbefangener, eigenberechtigter und sprachkundiger Zeugen bekräftigen, dass der Inhalt der von ihm unterschriebenen Vollmachtsurkunde seinem Willen entspricht. Die Einhaltung dieses Formerfordernisses ist von den Zeugen unmittelbar nach der Erklärung des Vollmachtgebers mit einem auf ihre Zeugeneigenschaft hinweisenden Zusatz auf der Urkunde zu bestätigen. Unterschreibt der Vollmachtgeber die Vollmachtsurkunde nicht, so muss ein Notar die Bekräftigung durch den Vollmachtgeber beurkunden. Die Vorsorgevollmacht kann immer auch als Notariatsakt aufgenommen werden.

Soll die Vorsorgevollmacht auch Einwilligungen in medizinische Behandlungen im Sinn des § 283 Abs. 2, Entscheidungen über dauerhafte Änderungen des Wohnorts sowie die Besorgung von Vermögensangelegenheiten, die nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören, umfassen, so muss sie unter ausdrücklicher Bezeichnung dieser Angelegenheiten vor einem Rechtsanwalt, einem Notar oder bei Gericht errichtet werden. Dabei ist der Vollmachtgeber über die Rechtsfolgen einer solchen Vorsorgevollmacht sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs zu belehren. Der Rechtsanwalt, der Notar oder das Gericht hat die Vornahme dieser Belehrung in der Vollmachtsurkunde unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren.

§. 284g. Eine behinderte Person, die eine Vorsorgevollmacht erteilt hat, bedarf insoweit keines Sachwalters, es sei denn, dass der Bevollmächtigte nicht oder nicht im Sinn des Bevollmächtigungsvertrags tätig wird, durch seine Tätigkeit sonst ihr Wohl gefährdet oder die behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie vom Bevollmächtigten nicht mehr vertreten sein will. Von der Bestellung eines Sachwalters kann auch dann abgesehen werden, wenn eine Vollmacht zwar nicht die Voraussetzungen des § 284f erfüllt, aber auf Grund der Umstände des Einzelfalles nicht zu befürchten ist, dass der Bevollmächtigte seine Aufgaben zum Nachteil der behinderten Person besorgen wird.

§. 284h. Der Bevollmächtigte hat bei Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten dem Willen des Vollmachtgebers, wie er in dem Bevollmächtigungsvertrag zum Ausdruck gebracht wird, zu entsprechen. Einem Willen des Vollmachtgebers, der nach Eintritt des Vorsorgefalls aus Äußerungen des Vollmachtgebers oder sonst aus den Umständen des Einzelfalls hervorgeht, hat der Bevollmächtigte Rechnung zu tragen, wenn er dem Wohl des Vollmachtgebers nicht weniger entspricht. Mangels eines feststellbaren Willens hat der Bevollmächtigte das Wohl des Vollmachtgebers bestmöglich zu fördern.

Ein Dritter darf auf den Eintritt des Vorsorgefalls vertrauen, wenn ihm der Bevollmächtigte bei Vornahme einer Vertretungshandlung eine Bestätigung über die Registrierung des Wirksamwerdens der Vorsorgevollmacht im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis vorlegt. Das Vertrauen des Dritten ist nicht geschützt, wenn ihm bekannt oder fahrlässig unbekannt ist, dass der Vorsorgefall nicht eingetreten ist.

Der Bevollmächtigte kann die Vollmacht zur Einwilligung in eine medizinische Behandlung oder zur Entscheidung über Änderungen des Wohnorts nicht weitergeben.

 

Zweyter Theil des bürgerlichen Gesetzbuches.

Von dem Sachenrechte.

Von Sachen und ihrer rechtlichen Eintheilung.

Begriff von Sachen im rechtlichen Sinne.

§. 285. Alles, was von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne eine Sache genannt.

§. 285a. Tiere sind keine Sachen; sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Die für Sachen geltenden Vorschriften sind auf Tiere nur insoweit anzuwenden, als keine abweichenden Regelungen bestehen.

Eintheilung der Sachen nach Verschiedenheit des Subjectes, dem sie gehören.

§. 286. Die Sachen in dem Staatsgebiethe sind entweder ein Staats- oder ein Privat-Gut. Das Letztere gehört einzelnen oder moralischen Personen, kleineren Gesellschaften, oder ganzen Gemeinden.

Freystehende Sachen; öffentliches Gut und Staatsvermögen.

§. 287. Sachen, welche allen Mitgliedern des Staates zur Zueignung überlassen sind, heißen freystehende Sachen. Jene, die ihnen nur zum Gebrauche verstattet werden, als: Landstraßen, Ströme, Flüsse, Seehäfen und Meeresufer, heißen ein allgemeines oder öffentliches Gut. Was zur Bedeckung der Staatsbedürfnisse bestimmt ist, als: das Münz- oder Post- und andere Regalien, Kammergüter, Berg- und Salzwerke, Steuern und Zölle, wird das Staatsvermögen genannt.

Gemeindegut; Gemeindevermögen.

§. 288. Auf gleiche Weise machen die Sachen, welche nach der Landesverfassung zum Gebrauche eines jeden Mitgliedes einer Gemeinde dienen, das Gemeindegut; diejenigen aber, deren Einkünfte zur Bestreitung der Gemeindeauslagen bestimmt sind, das Gemeindevermögen aus.

Privat-Gut des Landesfürsten.

§. 289. Auch dasjenige Vermögen des Landesfürsten, welches er nicht als Oberhaupt des Staates besitzt, wird als ein Privat-Gut betrachtet.

Allgemeine Vorschrift in Rücksicht dieser verschiedenen Arten der Güter.

§. 290. Die in diesem Privat-Rechte enthaltenen Vorschriften über die Art, wie Sachen rechtmäßig erworben, erhalten und auf Andere übertragen werden können, sind in der Regel auch von den Verwaltern der Staats- und Gemeindegüter, oder des Staats- und Gemeindevermögens zu beobachten. Die in Hinsicht auf die Verwaltung und den Gebrauch dieser Güter sich beziehenden Abweichungen und besonderen Vorschriften sind in dem Staatsrechte und in den politischen Verordnungen enthalten.

Eintheilung der Sachen nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit.

§. 291. Die Sachen werden nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit eingetheilt: in körperliche und unkörperliche; in bewegliche und unbewegliche; in verbrauchbare und unverbrauchbare; in schätzbare und unschätzbare.

Körperliche und unkörperliche Sachen;

§. 292. Körperliche Sachen sind diejenigen, welche in die Sinne fallen; sonst heißen sie unkörperliche; z. B. das Recht zu jagen, zu fischen und alle andere Rechte.

bewegliche und unbewegliche.

§. 293. Sachen, welche ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden können, sind beweglich; im entgegengesetzten Falle sind sie unbeweglich. Sachen, die an sich beweglich sind, werden im rechtlichen Sinne für unbeweglich gehalten, wenn sie vermöge des Gesetzes oder der Bestimmung des Eigenthümers das Zugehör einer unbeweglichen Sache ausmachen.

Zugehör überhaupt;

§. 294. Unter Zugehör versteht man dasjenige, was mit einer Sache in fortdauernde Verbindung gesetzt wird. Dahin gehören nicht nur der Zuwachs einer Sache, so lange er von derselben nicht abgesondert ist; sondern auch die Nebensachen, ohne welche die Hauptsache nicht gebraucht werden kann, oder die das Gesetz oder der Eigenthümer zum fortdauernden Gebrauche der Hauptsache bestimmt hat.

insbesondere bey Grundstücken und Teichen;

§. 295. Gras, Bäume, Früchte und alle brauchbare Dinge, welche die Erde auf ihrer Oberfläche hervorbringt, bleiben so lange ein unbewegliches Vermögen, als sie nicht von Grund und Boden abgesondert worden sind. Selbst die Fische in einem Teiche, und das Wild in einem Walde werden erst dann ein bewegliches Gut, wenn der Teich gefischet, und das Wild gefangen oder erlegt worden ist.

§. 296. Auch das Getreide, das Holz, das Viehfutter und alle übrige, obgleich schon eingebrachte Erzeugnisse, so wie alles Vieh und alle zu einem liegenden Gute gehörige Werkzeuge und Geräthschaften werden in so fern für unbewegliche Sachen gehalten, als sie zur Fortsetzung des ordentlichen Wirthschaftsbetriebes erforderlich sind.

und bey Gebäuden.

§. 297. Eben so gehören zu den unbeweglichen Sachen diejenigen, welche auf Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, daß sie stets darauf bleiben sollen, als: Häuser und andere Gebäude mit dem in senkrechter Linie darüber befindlichen Luftraume; ferner: nicht nur Alles, was erd- mauer- niet- und nagelfest ist, als: Braupfannen, Branntweinkessel und eingezimmerte Schränke, sondern auch diejenigen Dinge, die zum anhaltenden Gebrauche eines Ganzen bestimmt sind: z. B. Brunneneimer, Seile, Ketten, Löschgeräthe und dergleichen.

Maschinen.

§. 297a. Werden mit einer unbeweglichen Sache Maschinen in Verbindung gebracht, so gelten sie nicht als Zugehör, wenn mit Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft im öffentlichen Buch angemerkt wird, daß die Maschinen Eigentum eines anderen sind. Werden sie als Ersatz an Stelle solcher Maschinen angebracht, die als Zugehör anzusehen waren, so ist zu dieser Anmerkung auch die Zustimmung der früher eingetragenen bücherlich Berechtigten erforderlich. Die Anmerkung verliert mit Ablauf von fünf Jahren nach der Eintragung ihre Wirkung; durch das Konkurs- oder Zwangsversteigerungsverfahren wird der Ablauf der Frist gehemmt.

Rechte sind insgemein als bewegliche Sachen anzusehen;

§. 298. Rechte werden den beweglichen Sachen beygezählt, wenn sie nicht mit dem Besitze einer unbeweglichen Sache verbunden, oder durch die Landesverfassung für eine unbewegliche Sache erkläret sind.

auch die vorgemerkten Forderungen.

§. 299. Schuldforderungen werden durch die Sicherstellung auf ein unbewegliches Gut nicht in ein unbewegliches Vermögen verwandelt.

Nach welchen Gesetzen die unbeweglichen; und nach welchen die beweglichen Sachen zu beurtheilen sind.

§. 300. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)

Verbrauchbare und unverbrauchbare Sachen.

§. 301. Sachen, welche ohne ihre Zerstörung oder Verzehrung den gewöhnlichen Nutzen nicht gewähren, heißen verbrauchbare; die von entgegengesetzter Beschaffenheit aber, unverbrauchbare Sachen.

Gesammtsache (universitas rerum).

§. 302. Ein Inbegriff von mehreren besonderen Sachen, die als Eine Sache angesehen, und mit einem gemeinschaftlichen Nahmen bezeichnet zu werden pflegen, macht eine Gesammtsache aus, und wird als ein Ganzes betrachtet.

Schätzbare und unschätzbare;

§. 303. Schätzbare Sachen sind diejenigen, deren Werth durch Vergleichung mit anderen zum Verkehre bestimmt werden kann; darunter gehören auch Dienstleistungen, Hand- und Kopfarbeiten. Sachen hingegen, deren Werth durch keine Vergleichung mit anderen im Verkehre befindlichen Sachen bestimmt werden kann, heißen unschätzbare.

Maßstab der gerichtlichen Schätzung.

§. 304. Der bestimmte Werth einer Sache heißt ihr Preis. Wenn eine Sache vom Gerichte zu schätzen ist, so muß die Schätzung nach einer bestimmten Summe Geldes geschehen.

Ordentlicher und außerordentlicher Preis.

§. 305. Wird eine Sache nach dem Nutzen geschätzt, den sie mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich und allgemein leistet, so fällt der ordentliche und gemeine Preis aus; nimmt man aber auf die besonderen Verhältnisse und auf die in zufälligen Eigenschaften der Sache gegründete besondere Vorliebe desjenigen, dem der Werth ersetzt werden muß, Rücksicht, so entsteht ein außerordentlicher Preis.

Welcher bey gerichtlichen Schätzungen zur Richtschnur zu nehmen.

§. 306. In allen Fällen, wo nichts Anderes entweder bedungen, oder von dem Gesetze verordnet wird, muß bey der Schätzung einer Sache der gemeine Preis zur Richtschnur genommen werden.

Begriffe vom dinglichen und persönlichen Sachenrechte.

§. 307. Rechte, welche einer Person über eine Sache ohne Rücksicht auf gewisse Personen zustehen, werden dingliche Rechte genannt. Rechte, welche zu einer Sache nur gegen gewisse Personen unmittelbar aus einem Gesetze, oder aus einer verbindlichen Handlung entstehen, heißen persönliche Sachenrechte.

§. 308. Dingliche Sachenrechte sind das Recht des Besitzes, des Eigenthumes, des Pfandes, der Dienstbarkeit und des Erbrechtes.

 

Erste Abtheilung des Sachenrechtes.

Von den dinglichen Rechten.

Erstes Hauptstück.

Von dem Besitze.

Inhaber. Besitzer.

§. 309. Wer eine Sache in seiner Macht oder Gewahrsame hat, heißt ihr Inhaber. Hat der Inhaber einer Sache den Willen, sie als die seinige zu behalten, so ist er ihr Besitzer.

Erwerbung des Besitzes. Fähigkeit der Person zur Besitzerwerbung.

§. 310. Kinder unter sieben Jahren und Personen über sieben Jahre, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, können – außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 und § 280 Abs. 2 – Besitz nur durch ihren gesetzlichen Vertreter erwerben. Im übrigen ist die Fähigkeit zum selbständigen Besitzerwerb gegeben.

Gegenstände des Besitzes.

§. 311. Alle körperliche und unkörperliche Sachen, welche ein Gegenstand des rechtlichen Verkehres sind, können in Besitz genommen werden.

Arten der Besitzerwerbung;

§. 312. Körperliche, bewegliche Sachen werden durch physische Ergreifung, Wegführung oder Verwahrung; unbewegliche aber durch Betretung, Verrainung, Einzäunung, Bezeichnung oder Bearbeitung in Besitz genommen. In den Besitz unkörperlicher Sachen oder Rechte kommt man durch den Gebrauch derselben im eigenen Nahmen.

insbesondere von einem bejahenden, verneinenden oder einem Verbothsrechte.

§. 313. Der Gebrauch eines Rechtes wird gemacht, wenn jemand von einem Anderen etwas als eine Schuldigkeit fordert, und dieser es ihm leistet; ferner, wenn jemand die einem Anderen gehörige Sache mit dessen Gestattung zu seinem Nutzen anwendet; endlich, wenn auf fremdes Verboth ein Anderer das, was er sonst zu thun befugt wäre, unterläßt.

Unmittelbare und mittelbare Erwerbungsart des Besitzes.

§. 314. Den Besitz sowohl von Rechten, als von körperlichen Sachen erlangt man entweder unmittelbar, wenn man freystehender Rechte und Sachen; oder mittelbar, wenn man eines Rechtes, oder einer Sache, die einem Anderen gehört, habhaft wird.

Umfang der Erwerbung.

§. 315. Durch die unmittelbare und durch die mittelbare eigenmächtige Besitzergreifung erhält man nur so viel in Besitz, als wirklich ergriffen, betreten, gebraucht, bezeichnet, oder in Verwahrung gebracht worden ist; bey der mittelbaren, wenn uns der Inhaber in seinem oder eines Anderen Nahmen ein Recht oder eine Sache überläßt, erhält man Alles, was der vorige Inhaber gehabt und durch deutliche Zeichen übergeben hat, ohne daß es nöthig ist, jeden Theil des Ganzen besonders zu übernehmen.

Rechtmäßiger, unrechtmäßiger Besitz.

§. 316. Der Besitz einer Sache heißt rechtmäßig, wenn er auf einem gültigen Titel, das ist, auf einem zur Erwerbung tauglichen Rechtsgrunde beruhet. Im entgegengesetzten Falle heißt er unrechtmäßig.

Haupttitel des rechtmäßigen Besitzes.

§. 317. Der Titel liegt bey freystehenden Sachen in der angebornen Freyheit zu Handlungen, wodurch die Rechte Anderer nicht verletzet werden; bey Anderen in dem Willen des vorigen Besitzers, oder in dem Ausspruche des Richters, oder endlich in dem Gesetze, wodurch jemanden das Recht zum Besitze ertheilet wird.

Der Inhaber hat noch keinen Titel;

§. 318. Dem Inhaber, der eine Sache nicht in seinem, sondern im Nahmen eines Anderen inne hat, kommt noch kein Rechtsgrund zur Besitznahme dieser Sache zu.

und kann ihn nicht eigenmächtig erlangen.

§. 319. Der Inhaber einer Sache ist nicht berechtiget, den Grund seiner Gewahrsame eigenmächtig zu verwechseln, und sich dadurch eines Titels anzumaßen; wohl aber kann derjenige, welcher bisher eine Sache in eigenem Nahmen rechtmäßig besaß, das Besitzrecht einem Anderen überlassen, und sie künftig in dessen Nahmen inne haben.

Wirkung des bloßen Titels.

§. 320. Durch einen gültigen Titel erhält man nur das Recht zum Besitze einer Sache, nicht den Besitz selbst. Wer nur das Recht zum Besitze hat, darf sich im Verweigerungsfalle nicht eigenmächtig in den Besitz setzen; er muß ihn von dem ordentlichen Richter mit Anführung seines Titels im Wege Rechtens fordern.

Erforderung zum wirklichen Besitzrechte.

§. 321. Wo so genannte Landtafeln, Stadt- oder Grundbücher, oder andere dergleichen öffentliche Register eingeführt sind, wird der rechtmäßige Besitz eines dinglichen Rechtes auf unbewegliche Sachen nur durch die ordentliche Eintragung in diese öffentlichen Bücher erlangt.

§. 322. Ist eine bewegliche Sache nach und nach mehreren Personen übergeben worden; so gebühret das Besitzrecht derjenigen, welche sie in ihrer Macht hat. Ist aber die Sache unbeweglich, und sind öffentliche Bücher eingeführt; so steht das Besitzrecht ausschließlich demjenigen zu, welcher als Besitzer derselben eingeschrieben ist.

Der Besitzer kann zur Angabe des Rechtsgrundes nicht aufgefordert werden.

§. 323. Der Besitzer einer Sache hat die rechtliche Vermuthung eines gültigen Titels für sich; er kann also zur Angabe desselben nicht aufgefordert werden.

§. 324. Diese Aufforderung findet auch dann noch nicht Statt, wenn jemand behauptet, daß der Besitz seines Gegners mit anderen rechtlichen Vermuthungen, z. B. mit der Freyheit des Eigenthumes, sich nicht vereinbaren lasse. In solchen Fällen muß der behauptende Gegner vor dem ordentlichen Richter klagen, und sein vermeintliches stärkeres Recht darthun. Im Zweifel gebührt dem Besitzer der Vorzug.

Ausnahme.

§. 325. In wie fern der Besitzer einer Sache, deren Verkehr verbothen; oder die entwendet zu seyn scheint, den Titel seines Besitzes anzuzeigen verbunden sey, darüber entscheiden die Straf- und politischen Gesetze.

Redlicher und unredlicher Besitzer.

§. 326. Wer aus wahrscheinlichen Gründen die Sache, die er besitzt, für die seinige hält, ist ein redlicher Besitzer. Ein unredlicher Besitzer, ist derjenige, welcher weiß oder aus den Umständen vermuthen muß, daß die in seinem Besitze befindliche Sache einem Anderen zugehöre. Aus Irrthum in Thatsachen oder aus Unwissenheit der gesetzlichen Vorschriften kann man ein unrechtmäßiger (§. 316) und doch ein redlicher Besitzer seyn.

Wie ein Mitbesitzer zum unredlichen oder unrechtmäßigen Besitzer werde.

§. 327. Besitzt eine Person die Sache selbst, eine andere aber das Recht auf alle oder auf einige Nutzungen dieser Sache; so kann eine und dieselbe Person, wenn sie die Gränzen ihres Rechtes überschreitet, in verschiedenen Rücksichten ein redlicher und unredlicher, ein rechtmäßiger und unrechtmäßiger Besitzer seyn.

Entscheidung über die Redlichkeit des Besitzes.

§. 328. Die Redlichkeit oder Unredlichkeit des Besitzes muß im Falle eines Rechtsstreites durch richterlichen Ausspruch entschieden werden. Im Zweifel ist die Vermuthung für die Redlichkeit des Besitzes.

Fortdauer des Besitzes. Rechte des redlichen Besitzes; a) in Rücksicht der Substanz der Sache;

§. 329. Ein redlicher Besitzer kann schon allein aus dem Grunde des redlichen Besitzes die Sache, die er besitzt, ohne Verantwortung nach Belieben brauchen, verbrauchen, auch wohl vertilgen.

b) der Nutzungen;

§. 330. Dem redlichen Besitzer gehören alle aus der Sache entspringende Früchte, so bald sie von der Sache abgesondert worden sind; ihm gehören auch alle andere schon eingehobene Nutzungen, in so fern sie während des ruhigen Besitzes bereits fällig gewesen sind.

c) des Aufwandes.

§. 331. Hat der redliche Besitzer an die Sache entweder zur fortwährenden Erhaltung der Substanz einen nothwendigen, oder, zur Vermehrung noch fortdauernder Nutzungen einen nützlichen Aufwand gemacht; so gebührt ihm der Ersatz nach dem gegenwärtigen Werthe, in so fern er den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt.

§. 332. Von dem Aufwande, welcher nur zum Vergnügen und zur Verschönerung gemacht worden ist, wird nur so viel ersetzt, als die Sache dem gemeinen Werthe nach wirklich dadurch gewonnen hat; doch hat der vorige Besitzer die Wahl, Alles für sich wegzunehmen, was davon ohne Schaden der Substanz weggenommen werden kann.

Anspruch auf den Ersatz des Preises.

§. 333. Selbst der redliche Besitzer kann den Preis, welchen er seinem Vormanne für die ihm überlassene Sache gegeben hat, nicht fordern. Wer aber eine fremde Sache, die der Eigenthümer sonst schwerlich wieder erlangt haben würde, redlicher Weise an sich gelöset, und dadurch dem Eigenthümer einen erweislichen Nutzen verschaffet hat, kann eine angemessene Vergütung fordern.

§. 334. Ob einem redlichen Inhaber das Recht zustehe, seiner Forderung wegen die Sache zurück zu behalten, wird in dem Hauptstücke vom Pfandrechte bestimmt.

Verbindlichkeit des unredlichen Besitzers.

§. 335. Der unredliche Besitzer ist verbunden, nicht nur alle durch den Besitz einer fremden Sache erlangte Vortheile zurück zu stellen; sondern auch diejenigen, welche der Verkürzte erlangt haben würde, und allen durch seinen Besitz entstandenen Schaden zu ersetzen. In dem Falle, daß der unredliche Besitzer durch eine in den Strafgesetzen verbothene Handlung zum Besitze gelanget ist, erstrecket sich der Ersatz bis zum Werthe der besonderen Vorliebe.

§. 336. Hat der unredliche Besitzer einen Aufwand auf die Sache gemacht, so ist dasjenige anzuwenden, was in Rücksicht des von einem Geschäftsführer ohne Auftrag gemachten Aufwandes in dem Hauptstücke von der Bevollmächtigung verordnet ist.

Beurtheilung der Redlichkeit des Besitzes einer Gemeinde.

§. 337. Der Besitz einer Gemeinde wird nach der Redlichkeit oder Unredlichkeit der im Nahmen der Mitglieder handelnden Machthaber beurtheilet. Immer müssen jedoch die unredlichen sowohl den redlichen Mitgliedern, als dem Eigenthümer den Schaden ersetzen.

In wie fern durch die Klage der Besitz unredlich werde.

§. 338. Auch der redliche Besitzer, wenn er durch richterlichen Ausspruch zur Zurückstellung der Sache verurtheilet wird, ist in Rücksicht des Ersatzes der Nutzungen und des Schadens, wie auch in Rücksicht des Aufwandes, von dem Zeitpuncte der ihm zugestellten Klage, gleich einem unredlichen Besitzer zu behandeln; doch haftet er für den Zufall, der die Sache bey dem Eigenthümer nicht getroffen hätte, nur in dem Falle, daß er die Zurückgabe durch einen muthwilligen Rechtsstreit verzögert hat.

Rechtsmittel des Besitzers bey einer Störung seines Besitzes;

§. 339. Der Besitz mag von was immer für einer Beschaffenheit seyn, so ist niemand befugt, denselben eigenmächtig zu stören. Der Gestörte hat das Recht, die Untersagung des Eingriffes, und den Ersatz des erweislichen Schadens gerichtlich zu fordern.

besonders durch eine Bauführung;

§. 340. Wird der Besitzer einer unbeweglichen Sache oder eines dinglichen Rechtes durch Führung eines neuen Gebäudes, Wasserwerkes, oder anderen Werkes in seinen Rechten gefährdet, ohne daß sich der Bauführer nach Vorschrift der allgemeinen Gerichtsordnung gegen ihn geschützt hat; so ist der Gefährdete berechtiget, das Verboth einer solchen Neuerung vor Gericht zu fordern, und das Gericht ist verbunden, die Sache auf das schleunigste zu entscheiden.

§. 341. Bis zur Entscheidung der Sache ist die Fortsetzung des Baues von dem Gerichte in der Regel nicht zu gestatten. Nur bey einer nahen, offenbaren Gefahr, oder, wenn der Bauführer eine angemessene Sicherheit leistet, daß er die Sache in den vorigen Stand setzen, und den Schaden vergüten wolle, der Verbothsleger dagegen in dem letzteren Falle keine ähnliche Sicherstellung für die Folgen seines Verboths leistet, ist die einstweilige Fortsetzung des Baues zu bewilligen.

§. 342. Was in den vorhergehenden §§. in Rücksicht einer neuen Bauführung verordnet wird, ist auch auf die Niederreißung eines alten Gebäudes, oder anderen Werkes anzuwenden.

und bey der Gefahr eines vorhandenen Baues.

§. 343. Kann der Besitzer eines dinglichen Rechtes beweisen, daß ein bereits vorhandener fremder Bau oder eine andere fremde Sache dem Einsturze nahe sey, und ihm offenbarer Schaden drohe; so ist er befugt, gerichtlich auf Sicherstellung zu dringen, wenn anders die politische Behörde nicht bereits hinlänglich für die öffentliche Sicherheit gesorgt hat.

Rechtsmittel zur Erhaltung des Besitzstandes: a) bey dringender Gefahr;

§. 344. Zu den Rechten des Besitzes gehört auch das Recht, sich in seinem Besitze zu schützen, und in dem Falle, daß die richterliche Hülfe zu spät kommen würde, Gewalt mit angemessener Gewalt abzutreiben (§. 19). Uebrigens hat die politische Behörde für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, so wie das Strafgericht für die Bestrafung öffentlicher Gewaltthätigkeiten, zu sorgen.

b) gegen den unechten Besitzer;

§. 345. Wenn sich jemand in den Besitz eindringt, oder durch List oder Bitte heimlich einschleicht, und das, was man ihm aus Gefälligkeit, ohne sich einer fortdauernden Verbindlichkeit zu unterziehen gestattet, in ein fortwährendes Recht zu verwandeln sucht; so wird der an sich unrechtmäßige und unredliche Besitz noch überdieß unecht; in entgegengesetzten Fällen wird der Besitz für echt angesehen.

§. 346. Gegen jeden unechten Besitzer kann so wohl die Zurücksetzung in die vorige Lage, als auch die Schadloshaltung eingeklagt werden. Beydes muß das Gericht nach rechtlicher Verhandlung, selbst ohne Rücksicht auf ein stärkeres Recht, welches der Geklagte auf die Sache haben könnte, verordnen.

c) beym Zweifel über die Echtheit des Besitzes.

§. 347. Zeigt es sich nicht gleich auf der Stelle, wer sich in einem echten Besitze befinde, und in wie fern der eine oder der andere Theil auf gerichtliche Unterstützung Anspruch habe; so wird die im Streite verfangene Sache so lange der Gewahrsame des Gerichtes oder eines Dritten anvertraut, bis der Streit über den Besitz verhandelt und entschieden worden ist. Der Sachfällige kann auch nach dieser Entscheidung die Klage aus einem vermeintlich stärkeren Rechte auf die Sache noch anhängig machen.

Verwahrungsmittel des Inhabers gegen mehrere zusammentreffende Besitzwerber.

§. 348. Wenn der bloße Inhaber von mehreren Besitzwerbern zugleich um die Uebergabe der Sache angegangen wird, und sich Einer darunter befindet, in dessen Nahmen die Sache aufbewahrt wurde; so wird sie vorzüglich diesem übergeben, und die Uebergabe den Uebrigen bekannt gemacht. Kommt dieser Umstand Keinem zu Statten, so wird die Sache der Gewahrsame des Richters oder eines Dritten anvertraut. Der Richter hat die Rechtsgründe der Besitzwerber zu prüfen, und darüber zu entscheiden.

Erlöschung des Besitzes: a) körperlicher Sachen;

§. 349. Der Besitz einer körperlichen Sache geht insgemein verloren, wenn dieselbe ohne Hoffnung, wieder gefunden zu werden, in Verlust geräth; wenn sie freywillig verlassen wird; oder in fremden Besitz kommt.

b) der in die öffentlichen Bücher eingetragenen Rechte;

§. 350. Der Besitz derjenigen Rechte und unbeweglichen Sachen, welche einen Gegenstand der öffentlichen Bücher ausmachen, erlischt, wenn sie aus den landtäflichen, Stadt- oder Grundbüchern gelöscht; oder, wenn sie auf den Nahmen eines Anderen eingetragen werden.

c) anderer Rechte.

§. 351. Bey anderen Rechten hört der Besitz auf, wenn der Gegentheil das, was er sonst geleistet hat, nicht mehr leisten zu wollen erkläret; wenn er die Ausübung des Rechtes eines Anderen nicht mehr duldet; oder, wenn er das Verboth, etwas zu unterlassen, nicht mehr achtet, der Besitzer aber in allen diesen Fällen es dabey bewenden läßt, und die Erhaltung des Besitzes nicht einklagt. Durch den bloßen Nichtgebrauch eines Rechtes geht der Besitz, außer den im Gesetze bestimmten Verjährungsfällen, nicht verloren.

§. 352. So lange noch Hoffnung vorhanden ist, eine verlorne Sache zu erhalten, kann man sich durch den bloßen Willen in ihrem Besitze erhalten. Die Abwesenheit des Besitzers oder die eintretende Unfähigkeit, einen Besitz zu erwerben, heben den bereits erworbenen Besitz nicht auf.

 

Zweytes Hauptstück.

Von dem Eigenthumsrechte.

Begriff des Eigenthumes; Eigenthum im objectiven Sinne;

§. 353. Alles, was jemanden zugehöret, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen sein Eigenthum.

im subjectiven.

§. 354. Als ein Recht betrachtet, ist Eigenthum das Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Anderen davon auszuschließen.

objective und subjective Möglichkeit der Erwerbung des Eigenthumes.

§. 355. Alle Sachen sind insgemein Gegenstände des Eigenthumsrechtes, und jedermann, den die Gesetze nicht ausdrücklich ausschließen, ist befugt, dasselbe durch sich selbst oder durch einen Anderen in seinem Nahmen zu erwerben.

§. 356. Wer also behauptet, daß der Person, die etwas erwerben will, in Rücksicht ihrer persönlichen Fähigkeit, oder in Rücksicht auf die Sache, die erworben werden soll, ein gesetzliches Hinderniß entgegen stehe, dem liegt der Beweis ob.

Eintheilung des Eigenthumes in vollständiges und unvollständiges.

§. 357. Wenn das Recht auf die Substanz einer Sache mit dem Rechte auf die Nutzungen in Einer und derselben Person vereinigt ist, so ist das Eigenthumsrecht vollständig und ungetheilt. Kommt aber Einem nur ein Recht auf die Substanz der Sache; dem Anderen dagegen nebst einem Rechte auf die Substanz, das ausschließende Recht auf derselben Nutzungen zu, dann ist das Eigenthumsrecht getheilt und für beyde unvollständig. Jener wird Obereigenthümer; dieser Nutzungseigenthümer genannt.

§. 358. Alle andere Arten der Beschränkungen durch das Gesetz oder durch den Willen des Eigenthümers heben die Vollständigkeit des Eigenthumes nicht auf.

§. 359. Die Absonderung des Rechtes auf die Substanz von dem Rechte auf die Nutzungen entsteht theils durch Verfügung des Eigenthümers; theils durch gesetzliche Verordnung. Nach Verschiedenheit der zwischen dem Ober- und Nutzungseigenthümer obwaltenden Verhältnisse werden die Güter, worin das Eigenthum getheilt ist, Lehen- Erbpacht- und Erbzinsgüter genannt. Von dem Lehen wird in dem besonders bestehenden Lehenrechte; von den Erbpacht- und Erbzinsgütern aber in dem Hauptstücke von Bestandverträgen gehandelt.

§. 360. Aus der bloßen Abführung eines fortdauernden Zinses, oder jährlicher Renten von einem Grundstücke kann man noch nicht auf die Theilung des Eigenthumes folgern. In allen Fällen, in welchen die Trennung des Rechtes auf die Substanz von dem Rechte auf die Nutzungen nicht ausdrücklich erhellet, ist jeder redliche Besitzer als vollständiger Eigenthümer anzusehen.

Miteigenthum.

§. 361. Wenn eine noch ungetheilte Sache mehreren Personen zugleich zugehört; so entsteht ein gemeinschaftliches Eigenthum. In Beziehung auf das Ganze werden die Miteigenthümer für eine einzige Person angesehen; in so weit ihnen aber gewisse, obgleich unabgesonderte Theile angewiesen sind, hat jeder Miteigenthümer das vollständige Eigenthum des ihm gehörigen Theiles.

Rechte des Eigenthümers.

§. 362. Kraft des Rechtes, frey über sein Eigenthum zu verfügen, kann der vollständige Eigenthümer in der Regel seine Sache nach Willkühr benützen oder unbenützt lassen; er kann sie vertilgen, ganz oder zum Theile auf Andere übertragen, oder unbedingt sich derselben begeben, das ist, sie verlassen.

Beschränkungen derselben.

§. 363. Eben diese Rechte genießen auch unvollständige, sowohl Ober- als Nutzungseigenthümer; nur darf der Eine nichts vornehmen, was mit dem Rechte des Anderen im Widerspruche steht.

§. 364. Ueberhaupt findet die Ausübung des Eigenthumsrechtes nur in so fern Statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden. Im Besonderen haben die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen.

Der Eigentümer eines Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.

Ebenso kann der Grundstückseigentümer einem Nachbarn die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft insoweit untersagen, als diese das Maß des Abs. 2 überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks führen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.

§. 364a. Wird jedoch die Beeinträchtigung durch eine Bergwerksanlage oder eine behördlich genehmigte Anlage auf dem nachbarlichen Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise verursacht, so ist der Grundbesitzer nur berechtigt, den Ersatz des zugefügten Schadens gerichtlich zu verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände verursacht wird, auf die bei der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht genommen wurde.

§. 364b. Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden, daß der Boden oder das Gebäude des Nachbars die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, daß der Besitzer des Grundstückes für eine genügende anderweitige Befestigung Vorsorge trifft.

§. 364c. Ein vertragsmäßiges oder letztwilliges Veräußerungs- oder Belastungsverbot hinsichtlich einer Sache oder eines dingliches Rechtes verpflichtet nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstige Rechtsnachfolger. Gegen Dritte wirkt es dann, wenn es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder deren Ehegatten begründet und im öffentlichen Buche eingetragen wurde.

§. 365. Wenn es das allgemeine Beste erheischt, muß ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das vollständige Eigenthum einer Sache abtreten.

Klagen aus dem Eigenthumsrechte:

a) Eigentliche Eigenthumsklage: wem und gegen wen sie gebühre?

§. 366. Mit dem Rechte des Eigenthümers jeden Anderen von dem Besitze seiner Sache auszuschließen, ist auch das Recht verbunden, seine ihm vorenthaltene Sache von jedem Inhaber durch die Eigenthumsklage gerichtlich zu fordern. Doch steht dieses Recht demjenigen nicht zu, welcher eine Sache zur Zeit, da er noch nicht Eigenthümer war, in seinem eigenen Nahmen veräußert, in der Folge aber das Eigenthum derselben erlangt hat.

Gutgläubiger Erwerb

§. 367. Die Eigentumsklage gegen den rechtmäßigen und redlichen Besitzer einer beweglichen Sache ist abzuweisen, wenn er beweist, dass er die Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung, von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens oder von jemandem erworben hat, dem sie der vorige Eigentümer anvertraut hatte. In diesen Fällen erwirbt der rechtmäßige und redliche Besitzer das Eigentum. Der Anspruch des vorigen Eigentümers auf Schadenersatz gegen seinen Vertrauensmann oder gegen andere Personen bleibt unberührt.

Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet, so erlischt dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums durch den rechtmäßigen und redlichen Besitzer, es sei denn, dass dieser in Ansehung dieses Rechtes nicht redlich ist.

§. 368. Der Besitzer ist redlich, wenn er weder weiß noch vermuten muss, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. Beim Erwerb von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens genügt der gute Glaube an die Befugnis des Veräußerers, über die Sache zu verfügen.

Beweist der Eigentümer, dass der Besitzer aus der Natur der Sache, aus ihrem auffällig geringen Preis, aus den ihm bekannten persönlichen Eigenschaften seines Vormanns, aus dessen Unternehmen oder aus anderen Umständen einen gegründeten Verdacht hätte schöpfen müssen, so hat der Besitzer die Sache dem Eigentümer zu überlassen.

Was dem Kläger zu beweisen obliege?

§. 369. Wer die Eigenthumsklage übernimmt, muß den Beweis führen, daß der Geklagte die eingeklagte Sache in seiner Macht habe, und daß diese Sache sein Eigenthum sey.

§. 370. Wer eine bewegliche Sache gerichtlich zurückfordert, muß sie durch Merkmahle beschreiben, wodurch sie von allen ähnlichen Sachen gleicher Gattung ausgezeichnet wird.

§. 371. Sachen, die sich auf diese Art nicht unterscheiden lassen, wie bares Geld mit anderem baren Gelde vermenget, oder auf den Ueberbringer lautende Schuldbriefe, sind also in der Regel kein Gegenstand der Eigenthumsklage; wenn nicht solche Umstände eintreten, aus denen der Kläger sein Eigenthumsrecht beweisen kann, und aus denen der Geklagte wissen mußte, daß er die Sache sich zuzuwenden nicht berechtiget sey.

b) Eigenthumsklage aus dem rechtlich vermutheten Eigenthume des Klägers.

Gegen welche Besitzer diese Vermuthung eintrete?

§. 372. Wenn der Kläger mit dem Beweise des erworbenen Eigenthumes einer ihm vorenthaltenen Sache zwar nicht ausreicht, aber den gültigen Titel, und die echte Art, wodurch er zu ihrem Besitze gelangt ist, dargethan hat; so wird er doch in Rücksicht eines jeden Besitzers, der keinen, oder nur einen schwächeren Titel seines Besitzes anzugeben vermag, für den wahren Eigenthümer gehalten.

§. 373. Wenn also der Geklagte die Sache auf eine unredliche oder unrechtmäßige Weise besitzt; wenn er keinen oder nur einen verdächtigen Vormann anzugeben vermag; oder, wenn er die Sache ohne Entgeld, der Kläger aber gegen Entgeld erhalten hat; so muß er dem Kläger weichen.

§. 374. Haben der Geklagte und der Kläger einen gleichen Titel ihres echten Besitzes, so gebühret dem Geklagten kraft des Besitzes der Vorzug.

§. 375. Wer eine Sache in fremdem Nahmen besitzt, kann sich gegen die Eigenthumsklage dadurch schützen, daß er seinen Vormann nahmhaft macht, und sich darüber ausweiset.

Gesetzliche Folge: a) der Abläugnung des Besitzes;

§. 376. Wer den Besitz einer Sache vor Gericht läugnet, und dessen überwiesen wird, muß dem Kläger deßwegen allein schon den Besitz abtreten; doch behält er das Recht, in der Folge seine Eigenthumsklage anzustellen.

b) des vorgegebenen Besitzes;

§. 377. Wer eine Sache, die er nicht besitzt, zu besitzen vorgibt, und den Kläger dadurch irre führt, haftet für allen daraus entstehenden Schaden.

c) des aufgegebenen Besitzes der streitigen Sache.

§. 378. Wer eine Sache im Besitze hatte, und nach zugestellter Klage fahren ließ, muß sie dem Kläger, wenn dieser sich nicht an den wirklichen Inhaber halten will, auf seine Kosten zurück verschaffen, oder den außerordentlichen Werth derselben ersetzen.

Was der Besitzer dem Eigenthümer erstatte.

§. 379. Was sowohl der redliche als unredliche Besitzer dem Eigenthümer in Ansehung des entgangenen Nutzens, oder des erlittenen Schadens zu ersetzen habe, ist in dem vorigen Hauptstücke bestimmt worden.

 

Drittes Hauptstück.

Von der Erwerbung des Eigenthumes durch Zueignung.

Rechtliche Erfordernisse der Erwerbung.

§. 380. Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein Eigenthum erlangt werden.

Titel und Art der unmittelbaren Erwerbung:

Die Zueignung.

§. 381. Bey freystehenden Sachen besteht der Titel in der angebornen Freyheit, sie in Besitz zu nehmen. Die Erwerbungsart ist die Zueignung, wodurch man sich einer freystehenden Sache bemächtiget, in der Absicht, sie als die seinige zu behandeln.

§. 382. Freystehende Sachen können von allen Mitgliedern des Staates durch die Zueignung erworben werden, in so fern dieses Befugniß nicht durch politische Gesetze eigeschränkt ist, oder einigen Mitgliedern das Vorrecht der Zueignung zusteht.

1) durch den Thierfang.

§. 383. Dieses gilt insbesondere von dem Thierfange. Wem das Recht zu jagen oder zu fischen gebühre; wie der übermäßige Anwachs des Wildes gehemmet, und der vom Wilde verursachte Schade ersetzet werde; wie der Honigraub, der durch fremde Bienen geschieht, zu verhindern sey; ist in den politischen Gesetzen festgesetzt. Wie Wilddiebe zu bestrafen seyn, wird in den Strafgesetzen bestimmt.

§. 384. Häusliche Bienenschwärme und andere zahme oder zahm gemachte Thiere sind kein Gegenstand des freyen Thierfanges, vielmehr hat der Eigenthümer das Recht, sie auf fremdem Grunde zu verfolgen; doch soll er dem Grundbesitzer den ihm etwa verursachten Schaden ersetzen. Im Falle, daß der Eigenthümer des Mutterstockes den Schwarm durch zwey Tage nicht verfolgt hat; oder, daß ein zahm gemachtes Thier durch zwey und vierzig Tage von selbst ausgeblieben ist, kann sie auf gemeinem Grunde jedermann; auf dem seinigen der Grundeigenthümer für sich nehmen, und behalten.

2) durch das Finden freystehender Sachen.

§. 385. Keine Privat-Person ist berechtiget, die dem Staate durch die politischen Verordnungen vorbehaltenen Erzeugnisse sich zuzueignen.

§. 386. Bewegliche Sachen, welche der Eigenthümer nicht mehr als die seinigen behalten will, und daher verläßt, kann sich jedes Mitglied des Staates eigen machen. Im Zweifel ist nicht zu vermuten, dass jemand sein Eigentum aufgeben wolle; daher darf kein Finder eine gefundene Sache für verlassen ansehen und sich diese zueignen.

§. 387. In wie fern Grundstücke wegen gänzlicher Unterlassung ihres Anbaues, oder Gebäude wegen der unterlassenen Herstellung für verlassen anzusehen, oder einzuziehen seyn, bestimmen die politischen Gesetze.

Vorschriften über das Finden

a) verlorener und vergessener Sachen

§. 388. Verloren sind bewegliche, in niemandes Gewahrsame stehende Sachen, die ohne den Willen des Inhabers aus seiner Gewalt gekommen sind.

Vergessen sind bewegliche Sachen, die ohne den Willen des Inhabers an einem fremden, unter der Aufsicht eines anderen stehenden Ort zurückgelassen worden und dadurch in fremde Gewahrsame gekommen sind.

§. 389. Finder ist, wer eine verlorene oder vergessene Sache entdeckt und an sich nimmt.

Verlustträger sind der Eigentümer und andere zur Innehabung der verlorenen oder vergessenen Sache berechtigte Personen.

§. 390. Der Finder hat den Fund unverzüglich der zuständigen Fundbehörde (§ 14 Abs. 5 SPG) unter Abgabe der gefundenen Sache anzuzeigen und über alle für die Ausforschung eines Verlustträgers maßgeblichen Umstände Auskunft zu geben.

§. 391. Die Pflichten nach § 390 bestehen nicht, wenn

1. der Finder die gefundene Sache einem Verlustträger vor der Anzeigeerstattung ausfolgt oder

2. der gemeine Wert der gefundenen Sache 10 Euro nicht übersteigt, es sei denn erkennbar, dass die Wiedererlangung der Sache für einen Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist.

§. 392. Der Finder hat gegen den, dem der Fundgegenstand ausgefolgt wird, Anspruch auf Finderlohn und auf Ersatz des notwendig und zweckmäßig gemachten Aufwandes.

§. 393. Der Finderlohn beträgt bei verlorenen Sachen 10 vH, bei vergessenen Sachen 5 vH des gemeinen Wertes. Übersteigt der gemeine Wert 2 000 Euro, so beträgt der Finderlohn in Rücksicht des Übermaßes die Hälfte dieser Hundertersätze.

Bei unschätzbaren Sachen und solchen, deren Wiedererlangung für den Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist, ist der Finderlohn nach billigem Ermessen festzulegen; hierbei ist auf die Grundsätze des Abs. 1, auf die dem Finder entstandene Mühe und auf den dem Verlustträger durch die Wiedererlangung der gefundenen Sache verschafften Vorteil Bedacht zu nehmen.

§. 394. Ein Anspruch auf Finderlohn besteht nicht, wenn

1. die Sache von einer Person im Rahmen ihrer privat- oder öffentlich-rechtlichen, die Rettung der Sache umfassenden Pflicht gefunden worden ist oder

2. der Finder die in den §§ 390 und 391 enthaltenen Anordnungen schuldhaft verletzt hat oder

3. die vergessene Sache auch sonst ohne deren Gefährdung wiedererlangt worden wäre.

§. 395. Wird die Sache innerhalb eines Jahres von keinem Verlustträger angesprochen, so erwirbt der Finder das Eigentum an der in seiner Gewahrsame befindlichen Sache mit Ablauf der Frist, an der abgegebenen Sache mit ihrer Ausfolgung an ihn. Die Frist beginnt im Fall des § 391 Z 2 mit dem Zeitpunkt des Findens, sonst mit der Erstattung der Anzeige (§ 390).

§. 396. Wer eine verlorene oder vergessene Sache entdeckt, sie aber nicht an sich nehmen kann, hat Anspruch auf die Hälfte des im § 393 bestimmten Finderlohnes, wenn er die Entdeckung einer im § 390 bezeichneten Stelle anzeigt und der Verlustträger die Sache dadurch wiedererlangt, es sei denn, dass dieser die Sache auch sonst ohne deren Gefährdung wiedererlangt hätte. § 394 Z 1 ist anzuwenden.

b) verborgener Gegenstände

§. 397. Werden vergrabene, eingemauerte oder sonst verborgene Sachen eines unbekannten Eigentümers entdeckt, so gilt sinngemäß das, was für die verlorenen Sachen bestimmt ist.

Der Finderlohn ist auch dann nicht zu entrichten, wenn die Sache auch sonst ohne deren Gefährdung wiedererlangt worden wäre.

e) eines Schatzes;

§. 398. Bestehen die entdeckten Sachen in Geld, Schmuck oder anderen Kostbarkeiten, die so lange im Verborgenen gelegen haben, daß man ihren vorigen Eigenthümer nicht mehr erfahren kann, dann heißen sie ein Schatz. Die Entdeckung eines Schatzes ist von der Obrigkeit der Landesstelle anzuzeigen.

§. 399. Von einem Schatz erhalten der Finder und der Eigentümer des Grundes je die Hälfte.

§. 400. Wer sich dabey einer unerlaubten Handlung schuldig gemacht; wer ohne Wissen und Willen des Nutzungseigenthümers den Schatz aufgesucht; oder den Fund verheimlichet hat; dessen Antheil soll dem Angeber; oder, wenn kein Angeber vorhanden ist, dem Staate zufallen.

§. 401. Finden Arbeitsleute zufälliger Weise einen Schatz, so gebührt ihnen als Findern ein Drittheil davon. Sind sie aber von dem Eigenthümer ausdrücklich zur Aufsuchung eines Schatzes gedungen worden, so müssen sie sich mit ihrem ordentlichen Lohne begnügen.

3) Von der Beute.

§. 402. Ueber das Recht der Beute und der von dem Feinde zurück erbeuteten Sachen sind die Vorschriften in den Kriegsgesetzen enthalten.

Von dem Rechte aus der Rettung einer fremden beweglichen Sache.

§. 403. Wer eine fremde bewegliche Sache von dem unvermeidlichen Verluste oder Untergange rettet, ist berechtiget, von dem rückfordernden Eigenthümer den Ersatz seines Aufwandes und eine verhältnißmäßige Belohnung von höchstens Zehen von Hundert zu fordern.

 

Viertes Hauptstück.

Von Erwerbung des Eigenthumes durch Zuwachs.

Zuwachs.

§. 404. Zuwachs heißt Alles, was aus einer Sache entsteht, oder neu zu derselben kommt, ohne daß es dem Eigenthümer von jemand Anderen übergeben worden ist. Der Zuwachs wird durch Natur, durch Kunst, oder durch beyde zugleich bewirkt.

I. Natürlicher Zuwachs:

a) an Natur-Producten;

b) Werfen der Thiere;

§. 405. Die natürlichen Früchte eines Grundes, nähmlich solche Nutzungen, die er, ohne bearbeitet zu werden, hervor bringt, als: Kräuter, Schwämme und dergleichen, wachsen dem Eigenthümer des Grundes, so wie alle Nutzungen, welche aus einem Thiere entstehen, dem Eigenthümer des Thieres zu.

§. 406. Der Eigenthümer eines Thieres, welches durch das Thier eines andern befruchtet wird, ist diesem keinen Lohn schuldig, wenn er nicht bedungen worden ist.

c) Inseln;

§. 407. Wenn in der Mitte eines Gewässers eine Insel entsteht, so sind die Eigenthümer der nach der Länge derselben an beyden Ufern liegenden Grundstücke ausschließend befugt, die entstandene Insel in zwey gleichen Theilen sich zuzueignen, und nach Maß der Länge ihrer Grundstücke unter sich zu theilen. Entsteht die Insel auf der einen Hälfte des Gewässers, so hat der Eigenthümer des näheren Uferlandes allein darauf Anspruch. Inseln auf schiffbaren Flüssen bleiben dem Staate vorbehalten.

§. 408. Werden bloß durch die Austrocknung des Gewässers, oder durch desselben Theilung in mehrere Arme, Inseln gebildet, oder Grundstücke überschwemmt; so bleiben die Rechte des vorigen Eigenthumes unverletzt.

d) vom verlassenen Wasserbeete;

§. 409. Wenn ein Gewässer sein Beet verläßt, so haben vor Allem die Grundbesitzer, welche durch den neuen Lauf des Gewässers Schaden leiden, das Recht, aus dem verlassenen Beete oder dessen Werthe entschädigt zu werden.

§. 410. Außer dem Falle einer solchen Entschädigung gehört das verlassene Beet, so wie von einer entstandenen Insel verordnet wird, den angränzenden Uferbesitzern.

e) vom Anspühlen;

§. 411. Das Erdreich, welches ein Gewässer unmerklich an ein Ufer anspühlt, gehört dem Eigenthümer des Ufers.

f) vom abgerissenen Lande.

§. 412. Wird aber ein merklicher Erdtheil durch die Gewalt des Flusses an ein fremdes Ufer gelegt; so verliert der vorige Besitzer sein Eigenthumsrecht darauf nur in dem Falle, wenn er es in einer Jahresfrist nicht ausübt.

§. 413. Jeder Grundbesitzer ist befugt, sein Ufer gegen das Ausreißen des Flusses zu befestigen. Allein niemand darf solche Werke oder Pflanzungen anlegen, die den ordentlichen Lauf des Flusses verändern, oder die der Schiffahrt, den Mühlen, der Fischerey oder andern fremden Rechten nachtheilig werden könnten. Ueberhaupt können ähnliche Anlagen nur mit Erlaubniß der politischen Behörde gemacht werden.

II. Künstlicher Zuwachs durch Verarbeitung oder Vereinigung überhaupt;

§. 414. Wer fremde Sachen verarbeitet; wer sie mit den seinigen vereinigt, vermengt, oder vermischt, erhält dadurch noch keinen Anspruch auf das fremde Eigenthum.

§. 415. Können dergleichen verarbeitete Sachen in ihren vorigen Stand zurückgebracht; vereinigte, vermengte oder vermischte Sachen wieder abgesondert werden; so wird einem jeden Eigenthümer das Seinige zurückgestellet, und demjenigen Schadloshaltung geleistet, dem sie gebührt. Ist die Zurücksetzung in den vorigen Stand, oder die Absonderung nicht möglich, so wird die Sache den Theilnehmern gemein; doch steht demjenigen, mit dessen Sache der Andere durch Verschulden die Vereinigung vorgenommen hat, die Wahl frey, ob er den ganzen Gegenstand gegen Ersatz der Verbesserung behalten, oder ihn dem Andern ebenfalls gegen Vergütung überlassen wolle. Der Schuld tragende Theilnehmer wird nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht behandelt. Kann aber keinem Theile ein Verschulden beygemessen werden, so bleibt dem, dessen Antheil mehr werth ist, die Auswahl vorbehalten.

§. 416. Werden fremde Materialien nur zur Ausbesserung einer Sache verwendet, so fällt die fremde Materie dem Eigenthümer der Hauptsache zu, und dieser ist verbunden, nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Verfahrens, dem vorigen Eigenthümer der verbrauchten Materialien den Werth derselben zu bezahlen.

insbesondere bey einem Baue.

§. 417. Wenn jemand auf eigenem Boden ein Gebäude aufführet, und fremde Materialien dazu verwendet hat, so bleibt das Gebäude zwar sein Eigenthum; doch muß selbst ein redlicher Bauführer dem Beschädigten die Materialien, wenn er sie außer den im §. 367. angeführten Verhältnissen an sich gebracht hat, nach dem gemeinen; ein unredlicher aber muß sie nach dem höchsten Preise, und überdieß noch allen anderweitigen Schaden ersetzen.

§. 418. Hat im entgegen gesetzten Falle jemand mit eigenen Materialien, ohne Wissen und Willen des Eigenthümers auf fremdem Grunde gebaut, so fällt das Gebäude dem Grundeigenthümer zu. Der redliche Bauführer kann den Ersatz der nothwendigen und nützlichen Kosten fordern; der unredliche wird gleich einem Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigenthümer des Grundes die Bauführung gewußt, und sie nicht sogleich dem redlichen Bauführer untersagt, so kann er nur den gemeinen Werth für den Grund fordern.

§. 419. Ist das Gebäude auf fremden Grunde, und aus fremden Materialien entstanden, so wächst auch in diesem Falle das Eigenthum desselben dem Grundeigenthümer zu. Zwischen dem Grundeigenthümer und dem Bauführer treten die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten, wie in dem vorstehenden Paragraphe, ein, und der Bauführer muß dem vorigen Eigenthümer der Materialien, nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht, den gemeinen oder den höchsten Werth ersetzen.

III. Vermischter Zuwachs.

§. 420. Was bisher wegen der mit fremden Materialien aufgeführten Gebäude bestimmt worden ist, gilt auch für die Fälle, wenn ein Feld mit fremden Samen besäet, oder mit fremde Pflanzen besetzt worden ist. Ein solcher Zuwachs gehört dem Eigenthümer des Grundes, wenn anders die Pflanzen schon Wurzel geschlagen haben.

§. 421. Das Eigenthum eines Baumes wird nicht nach den Wurzeln, die sich in einem angränzenden Grunde verbreiten, sondern nach dem Stamme bestimmt, der aus dem Grunde hervorragt. Steht der Baum auf den Gränzen mehrerer Eigenthümer, so ist ihnen der Baum gemein.

§. 422. Jeder Eigentümer kann die in seinen Grund eindringenden Wurzeln eines fremden Baumes oder einer anderen fremden Pflanze aus seinem Boden entfernen und die über seinem Luftraum hängenden Äste abschneiden oder sonst benützen. Dabei hat er aber fachgerecht vorzugehen und die Pflanze möglichst zu schonen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.

Die für die Entfernung der Wurzeln oder das Abschneiden der Äste notwendigen Kosten hat der beeinträchtigte Grundeigentümer zu tragen. Sofern diesem aber durch die Wurzeln oder Äste ein Schaden entstanden ist oder offenbar droht, hat der Eigentümer des Baumes oder der Pflanze die Hälfte der notwendigen Kosten zu ersetzen.

 

Fünftes Hauptstück.

Von Erwerbung des Eigenthumes durch Uebergabe.

Mittelbare Erwerbung.

§. 423. Sachen, die schon einen Eigenthümer haben, werden mittelbar erworben, indem sie auf eine rechtliche Art von dem Eigenthümer auf einen Andern übergehen.

Titel derselben.

§. 424. Der Titel der mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrage; in einer Verfügung auf den Todesfall; in dem richterlichen Ausspruche; oder, in der Anordnung des Gesetzes.

Mittelbare Erwerbungsart.

§. 425. Der bloße Titel gibt noch kein Eigenthum. Das Eigenthum und alle dingliche Rechte überhaupt können, außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche Uebergabe und Uebernahme erworben werden.

Arten der Uebergabe:

1) bey beweglichen Sachen:

a) körperliche Uebergabe;

§. 426. Bewegliche Sachen können in der Regel nur durch körperliche Uebergabe von Hand zu Hand an einen Andern übertragen werden.

b) Uebergabe durch Zeichen;

§. 427. Bey solchen beweglichen Sachen aber, welche ihrer Beschaffenheit nach keine körperliche Uebergabe zulassen, wie bey Schuldforderungen, Frachtgütern, bey einem Waarenlager oder einer andern Gesammtsache, gestattet das Gesetz die Uebergabe durch Zeichen; indem der Eigenthümer dem Uebernehmer die Urkunden, wodurch das Eigenthum dargethan wird, oder die Werkzeuge übergibt, durch die der Uebernehmer in den Stand gesetzt wird, ausschließend den Besitz der Sache zu ergreifen; oder, indem man mit der Sache ein Merkmahl verbindet, woraus jedermann deutlich erkennen kann, daß die Sache einem Andern überlassen worden ist.

c) durch Erklärung.

§. 428. Durch Erklärung wird die Sache übergeben, wenn der Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen Willen an den Tag legt, daß er die Sache künftig im Nahmen des Uebernehmers inne habe; oder, daß der Uebernehmer die Sache, welche er bisher ohne ein dingliches Recht inne hatte, künftig aus einem dinglichen Recht besitzen solle.

Folge in Rücksicht der übersendeten;

§. 429. In der Regel werden überschickte Sachen erst dann für übergeben gehalten, wenn sie der Uebernehmer erhält; es wäre denn, daß dieser die Ueberschickungsart selbst bestimmt oder genehmiget hätte.

oder, an Mehrere veräußerten Sachen.

§. 430. Hat ein Eigenthümer eben dieselbe bewegliche Sache an zwey verschiedene Personen, an Eine mit, an die Andere ohne Uebergabe veräußert; so gebührt sie derjenigen, welcher sie zuerst übergeben worden ist; doch hat der Eigenthümer dem verletzten Theile zu haften.

2. Bei unbeweglichen Sachen und Bauwerken.

§. 431. Zur Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen muß das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Eintragung nennt man Einverleibung (Intabulation).

Insbesondere bei Erwerbung

a) durch Vertrag

§. 432. Zu diesem Zwecke muß über das Erwerbungsgeschäft eine beglaubigte Urkunde in der zur Gültigkeit des Geschäftes vorgeschriebenen Form oder eine öffentliche Urkunde ausgefertigt werden.

§. 433. Die Urkunde muß die genaue Angabe der Personen, die das Eigentum übergeben und übernehmen; die Liegenschaft, die übergeben werden soll, mit ihren Bestandteilen; des Rechtsgrundes der Übergabe; ferner des Ortes und der Zeit des Vertragsschlusses enthalten; und es muß von dem Übergeber in dieser oder in einer besonderen Urkunde die ausdrückliche Erklärung abgegeben werden, daß er in die Einverleibung einwillige.

§. 434. Zur Übertragung des Eigentums an Liegenschaften, die in keinem Grundbuche eingetragen sind, muß eine mit den Erfordernissen der §§ 432 und 433 versehene Urkunde bei Gericht hinterlegt werden. An die Stelle der Bewilligung der Einverleibung tritt die Erklärung der Einwilligung zur Hinterlegung der Urkunde.

§. 435. Dasselbe gilt auch für die Übertragung des Eigentums an Bauwerken, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt sind, daß sie nicht stets darauf bleiben sollen, soferne sie nicht Zugehör eines Baurechtes sind.

b) durch Urtheil und andere gerichtliche Urkunden;

§. 436. Wenn das Eigentum unbeweglicher Sachen oder eines Bauwerkes zufolge rechtskräftigen Urteils, gerichtlicher Teilung oder Einantwortung einer Erbschaft übertragen werden soll, ist ebenfalls die Einverleibung (§§ 431 bis 433) oder die Hinterlegung der Urkunde (§§ 434, 435) erforderlich.

oder c) durch Vermächtniß.

§. 437. Ebenso ist es, um das Eigentum eines vermachten unbeweglichen Gutes oder eines Bauwerkes zu erwerben, notwendig, daß die Sache dem Vermächtnisnehmer gemäß §§ 431 bis 435 übergeben werde.

Bedingte Aufzeichnung in das öffentliche Buch; oder Vormerkung.

§. 438. Wenn derjenige, welcher das Eigenthum einer unbeweglichen Sache anspricht, darüber zwar eine glaubwürdige, aber nicht mit allen in den §§. 434 und 435 zur Einverleibung vorgeschriebenen Erfordernissen versehene Urkunde besitzt; so kann er doch, damit ihm niemand ein Vorrecht abgewinne, die bedingte Eintragung in das öffentliche Buch bewirken, welche Vormerkung (Pränotation) genannt wird. Dadurch erhält er ein bedingtes Eigenthumsrecht, und er wird, sobald er zu Folge richterlichen Anspruches die Vormerkung gerechtfertiget hat, von der Zeit des nach gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches, für den wahren Eigenthümer gehalten.

§. 439. Die geschehene Vormerkung muß sowohl demjenigen, der sie bewirkt hat, als auch seinem Gegner durch Zustellung zu eigenen Handen bekannt gemacht werden. Der Vormerkungswerber muß binnen vierzehn Tagen, vom Tage der erhaltenen Zustellung, die ordentliche Klage zum Erweise des Eigenthumsrechtes einreichen; widrigen Falls soll die bewirkte Vormerkung auf Ansuchen des Gegners gelöschet werden.

Vorschrift über die Collision der Einverleibungen.

§. 440. Hat der Eigenthümer eben dieselbe unbewegliche Sache zwey verschiedenen Personen überlassen; so fällt sie derjenigen zu, welche früher die Einverleibung angesucht hat.

Folge der Erwerbung:

a) in Rücksicht des Besitzes;

§. 441. So bald die Urkunde über das Eigenthumsrecht in das öffentliche Buch eingetragen ist, tritt der neue Eigenthümer in den rechtmäßigen Besitz.

b) der damit verbundenen Rechte;

§. 442. Wer das Eigenthum einer Sache erwirbt, erlangt auch die damit verbundenen Rechte. Rechte, die auf die Person des Uebergebers eingeschränkt sind, kann er nicht übergeben. Ueberhaupt kann niemand einem Andern mehr Recht abtreten, als er selbst hat.

c) Lasten.

§. 443. Mit dem Eigenthume unbeweglicher Sachen werden auch die darauf haftenden, in den öffentlichen Büchern angemerkten Lasten übernommen. Wer diese Bücher nicht einsieht, leidet in allen Fällen für seine Nachlässigkeit. Andere Forderungen und Ansprüche, die jemand an den vorigen Eigenthümer hat, gehen nicht auf den neuen Erwerbe über.

Erlöschung des Eigenthumsrechtes.

§. 444. Das Eigenthum überhaupt kann durch den Willen des Eigenthümers; durch das Gesetz; und durch richterlichen Ausspruch verloren gehen. Das Eigenthum der unbeweglichen Sachen aber wird nur durch die Löschung aus den öffentlichen Büchern aufgehoben.

Ausdehnung dieser Vorschriften auf andere dingliche Rechte.

§. 445. Nach den in diesem Hauptstücke über die Erwerbungs- und Erlöschungsart des Eigenthumsrechtes unbeweglicher Sachen gegebenen Vorschriften hat man sich auch bey den übrigen, auf unbewegliche Sachen sich beziehenden, dinglichen Rechten zu verhalten.

Form und Vorsichten der Einverleibungen.

§. 446. Auf was Art und mit welchen Vorsichten überhaupt bey Einverleibung dinglicher Rechte vorzugehen sey, ist in den über die Einrichtung der Landtafeln und Grundbücher bestehenden besondern Anordnungen enthalten.

 

Sechstes Hauptstück.

Von dem Pfandrechte.

Begriff von dem Pfandrechte und Pfande.

§. 447. Das Pfandrecht ist das dingliche Recht, welches vom Gläubiger eingeräumt wird, aus einer Sache, wenn die Verbindlichkeit zur bestimmten Zeit nicht erfüllt wird, die Befriedigung zu erlangen. Die Sache, worauf dem Gläubiger dieses Recht zusteht, heißt überhaupt ein Pfand.

Arten des Pfandes.

§. 448. Als Pfand kann jede Sache dienen, die im Verkehre steht. Ist sie beweglich, so wird sie Handpfand, oder ein Pfand in enger Bedeutung genannt; ist sie unbeweglich, so heißt sie eine Hypothek oder ein Grundpfand.

Titel des Pfandrechtes:

§. 449. Das Pfandrecht bezieht sich zwar immer auf eine gültige Forderung, aber nicht jede Forderung gibt einen Titel zur Erwerbung des Pfandrechtes. Dieser gründet sich auf das Gesetz; auf einen richterlichen Ausspruch; auf einen Vertrag; oder den letzten Willen des Eigenthümers.

§. 450. Die Fälle, in welchen das Gesetz jemanden das Pfandrecht einräumt, sind am gehörigen Orte dieses Gesetzbuches und bey dem Verfahren in Concurs-Fällen angegeben. In wie fern das Gericht ein Pfandrecht einräumen könne, bestimmt die Gerichtsordnung. Soll durch die Einwilligung des Schuldners oder eines Dritten, der seine Sache für ihn verhaftet, das Pfandrecht erworben werden; so dienen die Vorschriften von Verträgen und Vermächtnissen zur Richtschnur.

Erwerbungsart des Pfandrechtes:

a) durch körperliche Übergabe;

b) durch Einverleibung oder gerichtliche Urkundenhinterlegung;

§. 451. Um das Pfandrecht wirklich zu erwerben, muß der mit einem Titel versehene Gläubiger, die verpfändete Sache, wenn sie beweglich ist, in Verwahrung nehmen; und, wenn sie unbeweglich ist, seine Forderung auf die zur Erwerbung des Eigenthumes liegender Güter vorgeschriebene Art einverleiben lassen. Der Titel allein gibt nur ein persönliches Recht zu der Sache, aber kein dingliches Recht auf die Sache.

Das Pfandrecht an bücherlich nicht eingetragenen Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435) wird durch die gerichtliche Hinterlegung einer beglaubigten Pfandbestellungsurkunde erworben. Die Urkunde muß die genaue Angabe des Pfandgegenstandes und der Forderung mit einer ziffermäßig bestimmten Geldsumme, bei einer verzinslichen Forderung auch die Höhe der Zinsen; ferner die ausdrückliche Zustimmung des Verpfänders zu der gerichtlichen Hinterlegung enthalten.

c) durch symbolische Uebergabe;

§. 452. Bey Verpfändung derjenigen beweglichen Sachen, welche keine körperliche Uebergabe von Hand zu Hand zulassen, muß man sich, wie bey der Uebertragung des Eigenthumes (§. 427.), solcher Zeichen bedienen, woraus jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann. Wer diese Vorsicht unterläßt, haftet für die nachtheiligen Folgen.

d) durch die Vormerkung.

§. 453. Findet die Einverleibung einer Forderung in die öffentlichen Bücher wegen Mangels gesetzmäßiger Förmlichkeit in der Urkunde nicht Statt; so kann sich der Gläubiger vormerken (pränotiren) lassen. Durch die Vormerkung erhält er ein bedingtes Pfandrecht, welches, wenn die Forderung auf die oben §§. 438 und 439. angeführte Art gerechtfertiget worden ist, von dem Zeitpuncte des nach gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches in ein unbedingtes übergeht.

Erwerbung eines Afterpfandes.

§. 454. Der Pfandinhaber kann sein Pfand, in so weit er ein Recht darauf hat, einem Dritten wieder verpfänden, und in so fern wird es zum Afterpfande, wenn zugleich Letzterer sie dasselbe übergeben, oder die Afterverpfändung auf das Pfandrecht in die öffentlichen Bücher eintragen läßt.

§. 455. Wird der Eigenthümer von der weiteren Verpfändung benachrichtiget; so kann er seine Schuld nur mit Willen dessen, der das Afterpfand hat, dem Gläubiger abführen, oder er muß sie gerichtlich hinterlegen, sonst bleibt das Pfand dem Inhaber des Afterpfandes verhaftet.

Verpfändung einer fremden Sache.

§. 456. Wird eine bewegliche Sache von jemandem verpfändet, dem sie nicht gehört und der darüber auch nicht verfügen kann, so hat der Eigentümer zwar in der Regel das Recht, sie zurückzufordern. In solchen Fällen, in denen die Eigentumsklage gegen einen rechtmäßigen und redlichen Besitzer abzuweisen ist (§§ 367 und 368), ist er aber verpflichtet, den Pfandbesitzer schadlos zu halten oder das Pfand fahren zu lassen und sich mit dem Schadenersatzanspruch gegen den Verpfänder oder dritte Personen zu begnügen.

Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet, so geht das Pfandrecht des rechtmäßigen und redlichen Pfandbesitzers diesem Recht vor, es sei denn, dass der Pfandbesitzer in Ansehung dieses Rechtes nicht redlich ist (§ 368).

Objectiver Umfang des Pfandrechtes.

§. 457. Das Pfandrecht erstreckt sich auf alle zu dem freyen Eigenthume des Verpfänders gehörige Theile, auf Zuwachs und Zugehör des Pfandes, folglich auch auf die Früchte, in so lange sie noch nicht abgesondert oder bezogen sind. Wenn also ein Schuldner einem Gläubiger sein Gut, und einem andern später die Früchte desselben verpfändet; so ist die spätere Verpfändung nur in Rücksicht auf die schon abgesonderten und bezogenen Früchte wirksam.

Rechte und Verbindlichkeiten des Pfandgläubigers:

a) bey Entdeckung eines unzureichenden Pfandes;

§. 458. Wenn der Werth eines Pfandes durch Verschulden des Pfandgebers, oder wegen eines erst offenbar gewordenen Mangels der Sache zur Bedeckung der Schuld nicht mehr zureichend gefunden wird; so ist der Gläubiger berechtigt, von dem Pfandgeber ein anderes angemessenes Pfand zu fordern.

b) vor dem Verfalle;

§. 459. Ohne Bewilligung des Pfandgebers darf der Gläubiger das Pfandstück nicht benützen; er muß es vielmehr genau bewahren, und, wenn es durch sein Verschulden in Verlust geräth, dafür haften. Geht es ohne sein Verschulden verloren, so verliert er deswegen seine Forderung nicht.

§. 460. Hat der Gläubiger das Pfand weiter verpfändet; so haftet er selbst für einen solchen Zufall, wodurch das Pfand bey ihm nicht zu Grunde gegangen oder verschlimmert worden wäre.

§. 460a. Wenn eine bewegliche körperliche Sache einschließlich eines Inhaber- oder Orderpapiers als Pfand zu verderben oder erheblich und dauernd so an Wert zu verlieren droht, dass die Sicherheit des Pfandgläubigers gefährdet wird, kann dieser das Pfand bereits vor der Fälligkeit seiner Forderung gemäß den §§ 466a bis 466d außergerichtlich verwerten. Der Pfandgläubiger hat dem Pfandgeber tunlichst die Gelegenheit zur Leistung einer anderweitigen Sicherheit einzuräumen.

Der Erlös tritt an die Stelle des Pfandes. Auf Verlangen des Pfandgebers ist der Erlös zu hinterlegen.

c) nach dem Verfalle der Forderung.

§. 461. Wird der Pfandgläubiger nach Verlauf der bestimmten Zeit nicht befriediget; so ist er befugt, Feilbiethung des Pfandes gerichtlich zu verlangen. Das Gericht hat dabey nach Vorschrift der Gerichtsordnung zu verfahren.

§. 462. Vor der Feilbiethung des Gutes ist jedem darauf eingetragenen Pfandgläubiger die Einlösung der Forderung, wegen welcher die Feilbiethung angesucht worden, zu gestatten.

§. 463. Schuldner haben kein Recht bey Versteigerung einer von ihnen verpfändeten Sache mitzubiethen.

§. 464. Wird der Schuldbetrag aus dem Pfande nicht gelöset, so ersetzt der Schuldner das Fehlende; ihm fällt aber auch das zu, was über den Schuldbetrag gelöset wird.

§. 465. In wie fern ein Pfandgläubiger sich an sein Pfand zu halten schuldig; oder, auf ein anderes Vermögen seines Schuldners zu greifen berechtiget sey, bestimmt die Gerichtsordnung.

§. 466. Hat der Schuldner während der Verpfändungszeit das Eigenthum der verpfändeten Sache auf einen Andern übertragen, so steht dem Gläubiger frey, erst sein persönliches Recht gegen den Schuldner, und dann seine volle Befriedigung an der verpfändeten Sache zu suchen.

d) außergerichtliche Pfandverwertung

§. 466a. Der Pfandgläubiger kann sich aus einer beweglichen körperlichen Sache (§ 460a Abs. 1), die ihm verpfändet worden ist oder an der er ein gesetzliches Pfandrecht erworben hat, auch durch den Verkauf der Sache befriedigen.

Der Pfandgläubiger hat bei der Verwertung der Sache angemessen auf die Interessen des Pfandgebers Bedacht zu nehmen.

Der Pfandgläubiger und der Pfandgeber können abweichende Arten der außergerichtlichen Pfandverwertung vereinbaren. Besondere Vorschriften über die außergerichtliche Verwertung von Sicherheiten bleiben unberührt.

§. 466b. Der Pfandgläubiger hat dem Pfandgeber nach Eintritt der Fälligkeit der gesicherten Forderung den Verkauf der Sache anzudrohen, soweit dies nicht untunlich ist. Er hat dabei die Höhe der ausstehenden Forderung anzugeben. Der Verkauf darf erst einen Monat nach dessen Androhung oder, wenn diese untunlich war, nach Eintritt der Fälligkeit stattfinden. Besteht an der Sache ein anderes Pfandrecht, so hat der Gläubiger den Verkauf auch dem anderen Pfandgläubiger anzudrohen. Diesem ist die Einlösung der Forderung zu gestatten (§ 462).

Der Verkauf ist im Wege einer öffentlichen Versteigerung durch einen dazu befugten Unternehmer zu bewirken.

Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung des Pfandes öffentlich bekannt zu machen. Der Pfandgeber und Dritte, denen Rechte am Pfand zustehen, sind hievon zu benachrichtigen.

Sachen mit einem Börsen- oder Marktpreis dürfen zu diesem Preis vom Pfandgläubiger auch aus freier Hand verkauft werden. Wertpapiere, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, sowie Sparurkunden dürfen nur aus freier Hand zu ihrem Preis oder Wert verkauft werden.

§. 466c. Das Pfand darf nur mit der Bestimmung verkauft werden, dass der Erwerber den Kaufpreis sofort zu entrichten hat. Wird die Sache dem Erwerber vor der Entrichtung des Preises übergeben, so gilt auch der Kaufpreis als dem Pfandgläubiger übergeben.

Der Pfandgläubiger hat den Pfandgeber vom Verkauf des Pfandes und von dessen Ergebnis unverzüglich zu verständigen.

Mit dem Verkauf erlöschen die Pfandrechte an der Sache selbst. Das Gleiche gilt für andere dingliche Rechte, sofern diese nicht allen Pfandrechten im Rang vorgehen.

Der Kaufpreis gebührt dem Pfandgläubiger nach Maßgabe seines Ranges im Ausmaß der gesicherten Forderung und der angemessenen Kosten einer zweckentsprechenden Verwertung. Im Übrigen tritt der Anspruch des Pfandgebers auf Herausgabe des Mehrbetrags an die Stelle des Pfandes.

Wenn der Pfandgläubiger und der Pfandgeber eine abweichende Art der Pfandverwertung vereinbaren und am Pfand einem Dritten ein Recht zusteht, das durch die Verwertung erlischt, so bedarf die Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Dritten.

§. 466d. Wenn der Pfandgläubiger die Sache außergerichtlich als Pfand verwertet, genügt für die Redlichkeit des Erwerbers (§§ 367 und 368) der gute Glaube in die Befugnis des Pfandgläubigers, über die Sache zu verfügen.

§. 466e. Besteht das Pfandrecht an einem Inhaber- oder Orderpapier, so ist der Pfandgläubiger berechtigt, eine etwa erforderliche Kündigung vorzunehmen und die Forderung aus dem Wertpapier einzuziehen.

Ist die Forderung aus dem verpfändeten Papier bereits fällig, so kann der Pfandgläubiger diese auch dann einziehen, wenn die gesicherte Forderung noch nicht fällig ist. In diesem Fall erwirbt der Pfandgläubiger ein Pfandrecht an der erhaltenen Leistung. Besteht die Leistung in Geld, so hat der Pfandgläubiger den erhaltenen Betrag nach den Bestimmungen über die Anlegung von Mündelgeld zu veranlagen.

Erlöschung des Pfandrechtes.

§. 467. Wenn die verpfändete Sache zerstört wird; wenn sich der Gläubiger seines Rechtes darauf gesetzmäßig begibt; oder, wenn er sie dem Schuldner ohne Vorbehalt zurückstellt; so erlischt zwar das Pfandrecht, aber die Schuldforderung besteht noch.

§. 468. Das Pfandrecht erlischt ferner mit der Zeit, auf welche es eingeschränkt war, folglich auch mit dem zeitlichen Rechte des Pfandgebers auf die verpfändete Sache; wenn anders dieser Umstand dem Gläubiger bekannt war, oder aus den öffentlichen Büchern bekannt seyn konnte.

§. 469. (Durch Tilgung der Schuld hört das Pfandrecht auf. Der Pfandgeber ist aber die Schuld nur gegen dem zu tilgen verbunden, daß ihm das Pfand zugleich zurückgestellt werde. Zur Aufhebung einer Hypothek ist die Tilgung der Schuld allein nicht hinreichend. Ein Hypothekargut bleibt so lange verhaftet, bis die Schuld aus den öffentlichen Büchern gelöscht ist.) Bis dahin kann der Eigentümer des Gutes auf Grund einer Quittung oder einer anderen, das Erlöschen der Pfandschuld dartuenden Urkunde das Pfandrecht auf eine neue Forderung übertragen, die den Betrag der eingetragenen Pfandforderung nicht übersteigt.

§. 469a. Bei Bestellung des Pfandrechtes kann auf dieses Verfügungsrecht nicht verzichtet werden. Ist jedoch im öffentlichen Buch ein der Hypothek im Rang nachfolgendes oder ihr gleichrangiges, rechtsgeschäftlich bestelltes Recht eingetragen, so kann der Eigentümer über die Hypothek nur dann verfügen, wenn er sich das Verfügungsrecht gegenüber dem Buchberechtigten vertraglich vorbehalten hat und dieser Vorbehalt im öffentlichen Buch bei der Hypothek angemerkt ist.

§. 470. Wird nach Tilgung der Schuld (§ 469) oder eingetretener Vereinigung (§ 1446), bevor das Pfandrecht bücherlich gelöscht oder die Liegenschaft oder das Pfandrecht übertragen worden ist, das Hypothekargut zwangsweise versteigert oder dessen Zwangsverwaltung bewilligt, so ist bei Verteilung des Erlöses auf dieses Pfandrecht keine Rücksicht zu nehmen. Nur insoweit die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung gegen einen Dritten noch fortbesteht oder dem Eigentümer der Ersatz für deren Tilgung gebührt (§ 1358), wird der darauf entfallende Teil dem Eigentümer zugewiesen.

Von dem Retentions-Rechte.

§. 471. Wer zur Herausgabe einer Sache verpflichtet ist, kann sie zur Sicherung seiner fälligen Forderungen wegen des für die Sache gemachten Aufwandes oder des durch die Sache ihm verursachten Schadens mit der Wirkung zurückbehalten, daß er zur Herausgabe nur gegen die Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung verurteilt werden kann.

Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes kann durch Sicherheitsleistung abgewendet werden; Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.

 

Siebentes Hauptstück.

Von Dienstbarkeiten.

(Servituten.)

Begriff des Rechtes der Dienstbarkeit.

§. 472. Durch das Recht der Dienstbarkeit wird ein Eigenthümer verbunden, zum Vortheile eines Andern in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.

Eintheilung der Dienstbarkeiten in Grunddienstbarkeiten und persönliche;

§. 473. Wird das Recht der Dienstbarkeit mit dem Besitze eines Grundstückes zu dessen vortheilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft; so entsteht eine Grunddienstbarkeit; außer dem ist die Dienstbarkeit persönlich.

in Feld- und Haus-Servituten.

§. 474. Grunddienstbarkeiten setzen zwey Grundbesitzer voraus, deren Einem als Verpflichteten das dienstbare; dem Andern als Berechtigten das herrschende Gut gehört. Das herrschende Grundstück ist entweder zur Landwirthschaft oder zu einem andern Gebrauche bestimmt; daher unterscheidet man auch die Feld- und Haus-Servituten.

Gewöhnlichere Arten: a) der Haus-Servituten;

§. 475. Die Haus-Servituten sind gewöhnlich:

1) Das Recht, eine Last seines Gebäudes auf ein fremdes Gebäude zu setzen;

2) Einen Balken oder Sparren in eine fremde Wand einfügen;

3) Ein Fenster in der fremden Wand zu öffnen; es sey des Lichtes oder der Aussicht wegen;

4) Ein Dach oder einen Erker über des Nachbars Luftraum zu bauen;

5) Den Rauch durch des Nachbars Schorstein zu führen;

6) Die Dachtraufe auf fremden Grund zu leiten;

7) Flüssigkeiten auf des Nachbars Grund zu gießen oder durchzuführen.

Durch diese und ähnliche Haus-Servituten wird ein Hausbesitzer befugt, etwas auf dem Grunde seines Nachbars vorzunehmen, was dieser dulden muß.

§. 476. Durch andere Haus-Servituten wird der Besitzer des dienstbaren Grundes verpflichtet, etwas zu unterlassen, was ihm sonst zu thun frey stand. Dergleichen sind:

8) sein Haus nicht zu erhöhen;

9) es nicht niedriger zu machen;

10) dem herrschenden Gebäude Licht und Luft;

11) oder Aussicht nicht zu benehmen;

12) die Dachtraufe seines Hauses von dem Grunde des Nachbars, dem sie zur Bewässerung seines Gartens oder zur Füllung seiner Zisterne, oder auf eine andere Art nützlich seyn kann, nicht abzuleiten.

b) der Feld-Servituten;

§. 477. Die vorzüglichen Feld-Servituten sind:

1) das Recht, einen Fußsteig, Viehtrieb oder Fahrweg auf fremden Grund und Boden zu halten.

2) das Wasser zu schöpfen, das Vieh zu tränken, das Wasser ab- und herzuleiten;

3) Das Vieh zu hüthen und zu weiden;

4) Holz zu fällen, verdorrte Aeste und Reiser zu sammeln, Eicheln zu lösen, Laub zu rechen;

5) zu jagen, zu fischen, Vögel zu fangen;

6) Steine zu brechen, Sand zu graben, Kalk zu brennen.

Arten der persönlichen Dienstbarkeiten.

§. 478. Die persönlichen Servituten sind: der nöthige Gebrauch einer Sache; die Fruchtnießung; und die Wohnung.

Unregelmäßige und Schein-Servituten.

§. 479. Es können aber auch Dienstbarkeiten, welche an sich Grunddienstbarkeiten sind, der Person allein; oder, es können Begünstigungen, die ordentlicher Weise Servituten sind, nur bloß auf Widerrufen zugestanden werden. Die Abweichungen von der Natur einer Servitut werden jedoch nicht vermuthet; wer sie behauptet, dem liegt der Beweis ob.

Erwerbung des Rechtes der Dienstbarkeit. Titel zur Erwerbung.

§. 480. Der Titel zu einer Servitut ist auf einem Vertrage; auf einer letzten Willenserklärung; auf einem bey der Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtsspruche; oder endlich, auf Verjährung gegründet.

Erwerbungsart.

§. 481. Das dingliche Recht der Dienstbarkeit kann an Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern eingetragen sind, nur durch die Eintragung in diese erworben werden.

An bücherlich nicht eingetragenen Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435) wird das dingliche Recht durch die gerichtliche Hinterlegung einer über die Einräumung der Dienstbarkeit errichteten beglaubigten Urkunde; auf andere Sachen aber durch die oben (§§ 426 bis 428) angegebenen Arten der Übergabe erworben.

Rechtsverhältniß bey den Dienstbarkeiten.

Allgemeine Vorschriften über das Recht der Dienstbarkeit.

§. 482. Alle Servituten kommen darin überein, daß der Besitzer der dienstbaren Sache in der Regel nicht verbunden ist, etwas zu thun; sondern nur einem Andern die Ausübung eines Rechtes zu gestatten, oder das zu unterlassen, was er als Eigenthümer sonst zu thun berechtiget wäre.

§. 483. Daher muß auch der Aufwand zur Erhaltung und Herstellung der Sache, welche zur Dienstbarkeit bestimmt ist, in der Regel von dem Berechtigten getragen werden. Wenn aber diese Sache auch von dem Verpflichteten benützet wird; so muß er verhältnißmäßig zu dem Aufwande beytragen, und nur durch die Abtretung derselben an dem Berechtigten kann er sich, auch ohne dessen Beystimmung, von dem Beytrage befreyen.

§. 484. Der Besitzer des herrschenden Gutes kann zwar sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben; doch dürfen Servituten nicht erweitert, sie müssen vielmehr, in so weit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestattet, eingeschränkt werden.

§. 485. Keine Servitut läßt sich eigenmächtig von der dienstbaren Sache absondern, noch auf eine andere Sache oder Person übertragen. Auch wird jede Servitut insofern für unteilbar gehalten, als das auf dem Grundstücke haftende Recht durch Vergrößerung, Verkleinerung oder Zerstücklung desselben, abgesehen von dem im § 847 bezeichneten Falle, weder verändert noch geteilt werden kann.

§. 486. Ein Grundstück kann mehrern Personen zugleich dienstbar seyn, wenn anders die ältern Rechte eines Dritten nicht darunter leiden.

Anwendung auf die Grunddienstbarkeiten; insbesondere auf das Recht, eine Last, einen Balken auf fremdem Gebäude zu haben, oder, den Rauch durchzuführen.

§. 487. Nach den hier aufgestellten Grundsätzen sind die Rechtsverhältnisse bey den besondern Arten der Servituten zu bestimmen. Wer also die Last des benachbarten Gebäudes zu tragen; die Einfügung des fremden Balkens an seiner Wand; oder, den Durchzug des fremden Rauches in seinem Schorsteine zu dulden hat; der muß verhältnißmäßig zur Erhaltung der dazu bestimmten Mauer, Säule, Wand oder des Schorsteines beytragen. Es kann ihm aber nicht zugemuthet werden, daß er das herrschende Gut unterstützen oder den Schorstein des Nachbars ausbessern lasse.

Fensterrecht.

§. 488. Das Fensterrecht gibt nur auf Licht und Luft Anspruch; die Aussicht muß besonders bewilliget werden. Wer kein Recht zur Aussicht hat, kann angehalten werden, das Fenster zu vergittern. Mit dem Fensterrechte ist die Schuldigkeit verbunden, die Oeffnung zu verwahren; wer diese Verwahrung vernachlässiget, haftet für den daraus entstehenden Schaden.

Recht der Dachtraufe.

§. 489. Wer das Recht der Dachtraufe besitzt, kann das Regenwasser auf das fremde Dach frey oder durch Rinnen abfließen lassen; er kann auch sein Dach erhöhen; doch muß er solche Vorkehrungen treffen, daß dadurch die Dienstbarkeit nicht lästiger werde. Eben so muß er häufig gefallenen Schnee zeitig hinwegräumen, wie auch die zum Abflusse bestimmten Rinnen unterhalten.

Recht der Ableitung des Regenwassers.

§. 490. Wer das Recht hat, das Regenwasser von dem benachbarten Dache auf seinen Grund zu leiten, hat die Obliegenheit, für Rinnen, Wasserkästen und andere dazu gehörige Anstalten die Auslagen allein zu bestreiten.

§. 491. Erfordern die abzuführenden Flüssigkeiten Gräben und Canäle; so muß sie der Eigenthümer des herrschenden Grundes errichten; er muß sie auch ordentlich decken und reinigen, und dadurch die Last des dienstbaren Grundes erleichtern.

Recht des Fußsteiges, Viehtriebes und Fahrweges.

§. 492. Das Recht des Fußsteiges begreift das Recht in sich, auf diesem Steige zu gehen, sich von Menschen tragen, oder andere Menschen zu sich kommen zu lassen. Mit dem Viehtriebe ist das Recht, einen Schiebkarren zu gebrauchen; und, mit dem Fahrwege das Recht, mit Einem oder mehrern Zügen zu fahren, verbunden.

§. 493. Hingegen kann, ohne besondere Bewilligung das Recht zu gehen, nicht auf das Recht, zu reiten oder sich durch Thiere tragen zu lassen; weder das Recht des Viehtriebes auf das Recht, schwere Lasten über den dienstbaren Grund zu schleifen; noch das Recht zu fahren, auf das Recht, frey gelassenes Vieh darüber zu treiben, ausgedehnet werden.

§. 494. Zur Erhaltung des Weges, der Brücken und Stege tragen verhältnißmäßig alle Personen oder Grundbesitzer, denen der Gebrauch derselben zusteht, folglich auch der Besitzer des dienstbaren Grundes, so weit bey, als er davon Nutzen zieht.

Raum hierzu.

§. 495. Der Raum für diese drey Servituten muß dem nöthigen Gebrauche und den Umständen des Ortes angemessen seyn. Werden Wege und Steige durch Überschwemmung oder durch einen andern Zufall unbrauchbar; so muß, bis zu der Herstellung in den vorigen Stand, wenn nicht schon die politische Behörde eine Vorkehrung getroffen hat, ein neuer Raum angewiesen werden.

Recht, Wasser zu schöpfen.

§. 496. Mit dem Rechte, fremdes Wasser zu schöpfen, wird auch der Zugang zu demselben gestattet.

Recht der Wasserleitung

§. 497. Wer das Recht hat, Wasser von fremdem Grunde auf den seinigen; oder, von seinem Grunde auf fremden zu leiten, ist auch berechtigt, die dazu nöthigen Röhren, Rinnen und Schleußen auf eigene Kosten anzulegen. Das nicht zu überschreitende Maß dieser Anlagen wird durch das Bedürfniß des herrschenden Grundes festgesetzt.

Weiderecht.

§. 498. Ist bey Erwerbung des Weiderechtes die Gattung und die Anzahl des Triebviehes; ferner, die Zeit und das Maß des Genusses nicht bestimmt worden; so ist der ruhige dreyßigjährige Besitz zu schützen. In zweifelhaften Fällen dienen folgende Vorschriften zur Richtschnur.

Gesetzliche Bestimmung:

a) über die Gattung des Triebviehes;

§. 499. Das Weiderecht erstrecket sich, in so weit die politischen und im Forstwesen gegebenen Verordnungen nicht entgegenstehen, auf jede Gattung von Zug-, Rind- und Schafvieh, aber nicht auf Schweine und Federvieh; eben so wenig in waldigen Gegenden auf Ziegen. Unreines, ungesundes und fremdes Vieh ist stets von der Weide ausgeschlossen.

b) dessen Anzahl;

§. 500. Hat die Anzahl des Triebviehes während der letzten dreyßig Jahre abgewechselt; so muß aus dem Triebe der drey ersten Jahre die Mittelzahl angenommen werden. Erhellet auch diese nicht; so ist theils auf den Umfang, theils auf die Beschaffenheit der Weide billige Rücksicht zu nehmen, und dem Berechtigten wenigstens nicht gestattet, daß er mehr Vieh auf der fremden Weide halte, als er mit dem auf dem herrschenden Grunde erzeugten Futter durchwintern kann. Säugevieh wird nicht zur bestimmten Anzahl gerechnet.

c) Triftzeit;

§. 501. Die Triftzeit wird zwar überhaupt durch den in jeder Feldmarke eingeführten unangefochtenen Gebrauch bestimmt: allein in keinem Falle darf der vermöge politischer Bestimmungen geordnete Wirtschaftsbetrieb durch die Behütung verhindert, oder erschweret werden.

d) Maß des Genusses.

§. 502. Der Genuß des Weiderechtes erstreckt sich auf keine andere Benutzung. Der Berechtigte darf weder Gras mähen, noch in der Regel den Eigenthümer des Grundstückes von der Mitweide ausschließen, am wenigsten aber die Substanz der Weide verletzen.

Wenn ein Schade zu befürchten ist, muß er sein Vieh von einem Hirten hüthen lassen.

Anwendung dieser Bestimmungen auf andere Servituten.

§. 503. Was bisher in Rücksicht auf das Weiderecht vorgeschrieben worden, ist verhältnißmäßig auch auf die Rechte des Thierfanges, des Holzschlages, des Steinbrechens und die übrigen Servituten anzuwenden. Glaubt jemand diese Rechte auf das Miteigenthum gründen zu können; so sind die darüber entstehenden Streitigkeiten nach den, in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes, enthaltenen Grundsätzen zu entscheiden.

Persönliche Dienstbarkeiten; insbesondere:

1) das Recht des Gebrauches;

§. 504. Die Ausübung persönlicher Servituten wird, wenn nichts anderes verabredet worden ist, nach folgenden Grundsätzen bestimmt: Die Servitut des Gebrauches besteht darin, daß jemand befugt ist, eine fremde Sache, ohne Verletzung der Substanz, bloß zu seinem Bedürfnisse zu benützen.

Bestimmung in Rücksicht der Nutzungen;

§. 505. Wer also das Gebrauchsrecht einer Sache hat, der darf, ohne Rücksicht auf sein übriges Vermögen, den seinem Stande, seinem Gewerbe, und seinem Hauswesen angemessenen Nutzen davon ziehen.

§. 506. Das Bedürfniß ist nach dem Zeitpuncte der Bewilligung des Gebrauches zu bestimmen. Nachfolgende Veränderungen in dem Stande oder Gewerbe des Berechtigten geben keinen Anspruch auf einen ausgedehnteren Gebrauch.

der Substanz;

§. 507. Der Berechtigte darf die Substanz der ihm zum Gebrauche bewilligten Sache nicht verändern; er darf auch das Recht an keinen Andern übertragen.

und der Lasten;

§. 508. Alle Benützungen, die sich ohne Störung des Gebrauchsberechtigten aus der Sache schöpfen lassen, kommen dem Eigenthümer zu Statten. Dieser ist aber verbunden, alle ordentliche und außerordentliche, auf der Sache haftende Lasten zu tragen, und sie auf seine Kosten in gutem Stande zu erhalten. Nur wenn die Kosten denjenigen Nutzen übersteigen, der dem Eigenthümer übrig bleibt, muß der Berechtigte den Ueberschuß tragen, aber vom Gebrauche abstehen.

2) der Fruchtnießung.

§. 509. Die Fruchtnießung ist das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen.

In wie fern sie sich auf verbrauchbare Sachen erstrecken könne.

§. 510. Verbrauchbare Sachen sind an sich selbst kein Gegenstand des Gebrauches oder der Fruchtnießung, sondern nur ihr Werth. Mit dem baren Gelde kann der Berechtigte nach Belieben verfügen. Wird aber ein bereits anliegendes Capital zum Fruchtgenusse oder Gebrauche bewilliget; so kann der Berechtigte nur die Zinsen fordern.

Rechte und Verbindlichkeiten des Fruchtnießers.

§. 511. Der Fruchtnießer hat ein Recht auf den vollen, sowohl gewöhnlichen als ungewöhnlichen, Ertrag; ihm gehört daher auch die mit Beobachtung der bestehenden Bergwerksordnung erhaltene reine Ausbeute von Bergwerksantheilen, und das forstmäßig geschlagene Holz. Auf einen Schatz, welcher in dem zur Fruchtnießung bestimmten Grunde gefunden wird, hat er keinen Anspruch.

Insbesondere:

a) in Rücksicht der auf der Sache haftenden Lasten;

§. 512. Als ein reiner Ertrag kann aber nur das angesehen werden, was nach Abzug aller nöthigen Auslagen übrig bleibt. Der Fruchtnießer übernimmt also alle Lasten, welche zur Zeit der bewilligten Fruchtnießung mit der dienstbaren Sache verbunden waren, mithin auch die Zinsen der darauf eingetragenen Capitalien. Auf ihn fallen alle ordentliche und außerordentliche, von der Sache zu leistende Schuldigkeiten, in so fern sie aus den während der Dauer der Fruchtnießung gezogenen Nutzungen bestritten werden können; er trägt auch die Kosten, ohne welche die Früchte nicht erzielet werden.

b) der Erhaltung der Sache;

§. 513. Der Fruchtnießer ist verbunden, die dienstbare Sache als ein guter Haushälter in dem Stande, in welchem er sie übernommen hat, zu erhalten, und aus dem Ertrage die Ausbesserungen, Ergänzungen und Herstellungen zu besorgen. Wird dessen ungeachtet der Werth der dienstbaren Sache bloß durch den rechtmäßigen Genuß ohne Verschulden des Fruchtnießers verringert; so ist er dafür nicht verantwortlich.

c) der Bauführungen;

§. 514. Wenn der Eigenthümer Bauführungen, die durch das Alter des Gebäudes, oder durch einen Zufall nothwendig gemacht werden, auf Anzeige des Fruchtnießers auf seine Kosten besorgt; ist ihm der Fruchtnießer, nach Maß der dadurch verbesserten Fruchtnießung, die Zinsen des verwendeten Capitals zu vergüten schuldig.

§. 515. Kann oder will der Eigenthümer dazu sich nicht verstehen; so ist der Fruchtnießer berechtigt, entweder den Bau zu führen, und nach geendigter Fruchtnießung, gleich einem redlichen Besitzer, den Ersatz zu fordern; oder, für die durch Unterbleibung des Baues vermißte Fruchtnießung, eine angemessene Vergütung zu verlangen.

§. 516. Bauführungen, welche nicht nothwendig, obgleich sonst zur Vermehrung des Ertrages gedeihlich sind, ist der Fruchtnießer nicht verbunden, ohne vollständige Entschädigung zu gestatten.

d) der Meliorationskosten.

§. 517. Was der Fruchtnießer ohne Einwilligung des Eigenthümers zur Vermehrung fortdauernder Nutzungen verwendet hat, kann er zurücknehmen; eine Vergütung der aus der Verbesserung noch bestehenden Nutzungen aber kann er nur fordern, in so fern sie ein Geschäftsführer ohne Auftrag zu fordern berechtigt ist.

Beweismittel darüber.

§. 518. Zur Erleichterung des Beweises der gegenseitigen Forderungen, sollen der Eigenthümer und der Fruchtnießer eine beglaubte Beschreibung aller dienstbaren Sachen aufnehmen lassen. Ist sie unterlassen worden; so wird vermuthet, daß der Fruchtnießer die Sache sammt allen zur ordentlichen Benützung derselben erforderlichen Stücken in brauchbarem Zustande von mittlerer Beschaffenheit erhalten habe.

Zutheilung der Nutzungen bey Erlöschung der Fruchtnießung.

§. 519. Nach geendigter Fruchtnießung gehören die noch stehenden Früchte dem Eigenthümer; doch muß er die auf deren Erzielung verwendeten Kosten dem Fruchtnießer oder dessen Erben, gleich einem redlichen Besitzer, ersetzen. Auf andere Nutzungen haben der Fruchtnießer oder dessen Erben den Anspruch nach Maß der Dauer der Fruchtnießung.

In wie fern der Gebrauchsberechtigte oder der Fruchtnießer zur Sicherstellung verbunden sey.

§. 520. In der Regel kann der Eigenthümer von dem Gebrauchsberechtigten oder Fruchtnießer nur bey einer sich äußernden Gefahr die Sicherstellung der Substanz verlangen. Wird sie nicht geleistet; so soll die Sache entweder dem Eigenthümer gegen eine billige Abfindung überlassen, oder nach Umständen in gerichtliche Verwaltung gegeben werden.

Dienstbarkeit der Wohnung.

§. 521. Die Servitut der Wohnung ist das Recht, die bewohnbaren Theile eines Hauses zu seinem Bedürfnisse zu benützen. Sie ist also ein Servitut des Gebrauches von dem Wohngebäude. Werden aber jemanden alle bewohnbare Theile des Hauses, mit Schonung der Substanz, ohne Einschränkung zu genießen überlassen; so ist es eine Fruchtnießung des Wohngebäudes. Hiernach sind die oben gegebenen Vorschriften auf das rechtliche Verhältniß zwischen dem Berechtigten und dem Eigenthümer anzuwenden.

§. 522. In jedem Falle behält der Eigenthümer das Recht, über alle Theile des Hauses, die nicht zur eigentlichen Wohnung gehören, zu verfügen; auch darf ihm die nöthige Aufsicht über sein Haus nicht erschweret werden.

Klagerecht in Rücksicht der Servituten.

§. 523. In Ansehung der Servituten findet ein doppeltes Klagerecht Statt. Man kann gegen den Eigenthümer das Recht der Servitut behaupten; oder der Eigenthümer kann sich über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muß der Kläger die Erwerbung der Servitut, oder wenigstens den Besitz derselben als eines dinglichen Rechtes, im zweyten Falle muß er die Anmaßung der Servitut in seiner Sache beweisen.

Erlöschung der Dienstbarkeiten.

Im Allgemeinen.

§. 524. Die Servituten erlöschen im Allgemeinen auf diejenigen Arten, wodurch, nach dem dritten und vierten Hauptstücke des dritten Theiles, Rechte und Verbindlichkeiten überhaupt aufgehoben werden.

Besondere Anordnung bey deren Erlöschung:

a) durch den Untergang des dienstbaren oder herrschenden Grundes.

§. 525. Der Untergang des dienstbaren oder des herrschenden Grundes stellt zwar die Dienstbarkeit ein; sobald aber der Grund, oder das Gebäude wieder in den vorigen Stand gesetzt ist, erhält die Servitut wieder ihre vorige Kraft.

b) durch Vereinigung;

§. 526. Wenn das Eigenthum des dienstbaren und des herrschenden Grundes in Einer Person vereiniget wird, hört die Dienstbarkeit von selbst auf. Wird aber in der Folge Einer dieser vereinigten Gründe wieder veräußert, ohne daß inzwischen in den öffentlichen Büchern die Dienstbarkeit gelöschet worden; so ist der neue Besitzer des herrschenden Grundes befugt, die Servitut auszuüben.

c) durch Zeitverlauf.

§. 527. Hat das bloß zeitliche Recht desjenigen, der die Servitut bestellt hat, oder die Zeit, auf welche sie beschränkt worden ist, dem Servituts-Inhaber aus öffentlichen Büchern, oder auf eine andere Art bekannt seyn können; so hört nach Verlauf dieser Zeit die Servitut von selbst auf.

§. 528. Eine Servitut, welche jemanden bis zur Zeit, da ein Dritter ein bestimmtes Alter erreicht, verliehen wird, erlischt erst zu der bestimmten Zeit, obschon der Dritte vor diesem Alter verstorben ist.

Erlöschung der persönlichen Servituten insbesondere.

§. 529. Persönliche Servituten hören mit dem Tode auf. Werden sie ausdrücklich auf die Erben ausgedehnt; so sind im Zweifel nur die ersten gesetzlichen Erben darunter verstanden. Das einer Familie verliehene Recht aber geht auf alle Mitglieder derselben über. Die von einer Gemeinde oder einer andern moralischen Person erworbene persönliche Servitut dauert so lange, als die moralische Person besteht.

Unanwendbarkeit auf beständige Renten.

§. 530. Beständige jährliche Renten sind keine persönliche Servitut, und können also ihrer Natur nach auf alle Nachfolger übertragen werden.

 

Achtes Hauptstück.

Von dem Erbrechte.

Verlassenschaft.

§. 531. Der Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen, in so fern sie nicht in bloß persönlichen Verhältnissen gegründet sind, heißt desselben Verlassenschaft oder Nachlaß.

Erbrecht und Erbschaft.

§. 532. Das ausschließende Recht, die ganze Verlassenschaft, oder einen in Beziehung auf das Ganze bestimmten Theil derselben (z. B. die Hälfte, ein Drittheil) in Besitz zu nehmen, heißt Erbrecht. Es ist ein dingliches Recht, welches gegen einen jeden, der sich der Verlassenschaft anmaßen will, wirksam ist. Derjenige, dem das Erbrecht gebührt, wird Erbe, und die Verlassenschaft, in Beziehung auf den Erben, Erbschaft genannt.

Titel zu dem Erbrechte.

§. 533. Das Erbrecht gründet sich auf den nach gesetzlicher Vorschrift erklärten Willen des Erblassers; auf einen nach dem Gesetze zulässigen Erbvertrag (§. 602), oder auf das Gesetz.

§. 534. Die erwähnten drey Arten des Erbrechtes können auch neben einander bestehen, so daß einem Erben ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter Theil aus dem letzten Willen, dem andern aus dem Vertrage, und einem Dritten aus dem Gesetze gebührt.

Unterschied zwischen Erbschaft und Vermächtniß.

§. 535. Wird jemanden kein solcher Erbtheil, der sich auf den ganzen Nachlaß bezieht; sondern nur eine einzelne Sache, Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung; eine Summe; oder ein Recht zugedacht; so heißt das Zugedachte, obschon dessen Werth den größten Theil der Verlassenschaft ausmacht, ein Vermächtniß (Legat), und derjenige, dem es hinterlassen worden, ist nicht als ein Erbe, sondern nur als ein Vermächtnißnehmer (Legatar) zu betrachten.

Zeitpunct des Erbanfalles.

§. 536. Das Erbrecht tritt erst nach dem Tode des Erbassers ein. Stirbt ein vermeintlicher Erbe vor dem Erblasser; so hat er das noch nicht erlangte Erbrecht auch nicht auf seinen Erben übertragen können.

§. 537. Hat der Erbe den Erblasser überlebt; so geht das Erbrecht auch vor Uebernahme der Erbschaft, wie andere frey vererbliche Rechte, auf seine Erben über; wenn es anders durch Entsagung, oder auf eine andere Art noch nicht erloschen war.

Fähigkeit zu erben.

§. 538. Wer ein Vermögen zu erwerben berechtigt ist, kann in der Regel auch erben. Hat jemand dem Rechte etwas zu erwerben überhaupt entsagt, oder auf eine bestimmte Erbschaft gültig Verzicht gethan; so ist er dadurch des Erbrechtes überhaupt, oder des Rechtes auf eine bestimmte Erbschaft verlustig geworden.

§. 539. In wie fern geistliche Gemeinden, oder deren Glieder erbfähig sind, bestimmen die politischen Vorschriften.

Ursachen der Unfähigkeit.

§. 540. Wer gegen den Erblasser eine gerichtlich strafbare Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, begangen oder seine aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern sich ergebenden Pflichten dem Erblasser gegenüber gröblich vernachlässigt hat, ist so lange des Erbrechts unwürdig, als sich nicht aus den Umständen entnehmen läßt, daß ihm der Erblasser vergeben habe.

§. 541. Bei gesetzlicher Erbfolge sind die Nachkommen desjenigen, welcher sich des Erbrechtes unwürdig gemacht hat, an dessen Stelle zur Erbfolge berufen, wenngleich er den Erblasser überlebt hat.

§. 542. Wer den Erblasser zur Erklärung des letzten Willens gezwungen; oder betrüglicher Weise verleitet, an der Erklärung, oder Abänderung des letzten Willens gehindert, oder einen von ihm bereits errichteten letzten Willen unterdrückt hat, ist von dem Erbrechte ausgeschlossen, und bleibt für allen einem Dritten dadurch zugefügten Schaden verantwortlich.

§. 543. Personen, welche des Ehebruches, oder der Blutschande gerichtlich geständig, oder überwiesen sind, werden unter sich von dem Erbrechte aus einer Erklärung des letzten Willens ausgeschlossen.

§. 544. In wie fern Landeseingeborne, die ihr Vaterland, oder die Kriegsdienste ohne ordentliche Erlaubniß verlassen haben, des Erbrechtes verlustig werden, bestimmen die politischen Verordnungen.

Nach welchem Zeitpuncte die Fähigkeit zu beurtheilen.

§. 545. Die Erbfähigkeit kann nur nach dem Zeitpuncte des wirklichen Erbanfalles bestimmet werden. Dieser Zeitpunct ist in der Regel der Tod des Erblassers. (§. 703.)

§. 546. Eine später erlangte Erbfähigkeit gibt kein Recht, Andern das zu entziehen, was ihnen bereits rechtmäßig angefallen ist.

Wirkung der Annahme der Erbschaft.

§. 547. Der Erbe stellt, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in Rücksicht auf dieselbe den Erblasser vor. Beyde werden in Beziehung auf einen Dritten für Eine Person gehalten. Vor der Annahme des Erben wird die Verlassenschaft so betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen würde.

§. 548. Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen zu leisten gehabt hätte, übernimmt sein Erbe. Die von dem Gesetze verhängten Geldstrafen, wozu der Verstorbene noch nicht verurtheilet war, gehen nicht auf den Erben über.

§. 549. Zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten gehören auch die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbniß.

§. 550. Mehrere Erben werden in Ansehung ihres gemeinschaftlichen Erbrechtes für Eine Person angesehen. Sie stehen in dieser Eigenschaft vor der gerichtlichen Uebergabe (Einantwortung) der Erbschaft alle für Einen und Einer für alle. In wie fern sie nach der erfolgten Uebergabe zu haften haben, wird in dem Hauptstücke von der Besitznehmung der Erbschaft bestimmt.

Verzicht auf das Erbrecht.

§. 551. Wer über sein Erbrecht gültig verfügen kann, ist auch befugt, durch Vertrag mit dem Erblasser im voraus darauf Verzicht zu tun. Der Vertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Eine solche Verzichtleistung wirkt, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen.

 

Neuntes Hauptstück.

Von der Erklärung des letzten Willens überhaupt und den Testamenten ins besondere.

Erklärung des letzten Willens.

§. 552. Die Anordnung, wodurch ein Erblasser sein Vermögen, oder einen Theil desselben Einer oder mehrern Personen widerruflich auf den Todesfall überläßt, heißt eine Erklärung des letzten Willens.

Erfordernisse:

I. Innere Form.

§. 553. Wird in einer letzten Anordnung ein Erbe eingesetzt, so heißt sie Testament; enthält sie aber nur andere Verfügungen, so heißt sie Codicill.

Zutheilung der Erbschaft:

a) wenn nur Ein Erbe;

§. 554. Hat der Erblasser einen einzigen Erben, ohne ihn auf einen Theil der Verlassenschaft zu beschränken, unbestimmt eingesetzt; so erhält er den ganzen Nachlaß. Ist aber dem einzigen Erben nur ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter Erbtheil ausgemessen worden; so fallen die übrigen Theile den gesetzlichen Erben zu.

b) wenn mehrere ohne Theilung;

§. 555. Sind ohne Vorschrift einer Theilung mehrere Erben eingesetzt worden, so theilen sie zu gleichen Theilen.

c) wenn alle in bestimmten Theilen;

§. 556. Sind mehrere Erben und zwar alle in bestimmten Erbtheilen, die aber das Ganze nicht erschöpfen, eingesetzt worden, so fallen die übrigen Theile den gesetzlichen Erben zu. Hat aber der Erblasser die Erben zum ganzen Nachlasse berufen; so haben die gesetzlichen Erben keinen Anspruch, obschon er in der Berechnung der Beträge, oder in der Aufzählung der Erbstücke etwas übergangen hätte.

d) wenn einige mit Theilen, andere ohne Theile eingesetzt sind.

§. 557. Wird unter mehrern eingesetzten Erben einigen ein bestimmter Theil (z. B. ein Drittheil, ein Sechstheil), andern aber nichts Bestimmtes ausgemessen; so erhalten diese den übrigen Nachlaß zu gleichen Theilen.

§. 558. Bleibt nichts übrig, so muß von sämmtlichen bestimmten Theilen für den unbestimmt eingesetzten Erben verhältnißmäßig so viel abgezogen werden, daß er einen gleichen Antheil mit demjenigen erhalte, der am geringsten bedacht worden ist. Sind die Theile der Erben gleich groß, so haben sie an dem unbestimmt eingesetzten Erben so viel abzugeben, daß er einen gleichen Antheil mit ihnen empfange. In allen andern Fällen, wo ein Erblasser sich verrechnet hat, ist die Theilung auf eine Art vorzunehmen, wodurch der Wille des Erblassers nach den über das Ganze erklärten Verhältnissen auf das möglichste erfüllt wird.

Welche Erben als Eine Person betrachtet werden.

§. 559. Treffen unter den eingesetzten Erben solche Personen zusammen, wovon einige bey der gesetzlichen Erbfolge gegen die übrigen als Eine Person angesehen werden müssen, (z. B. die Bruderskinder gegen des Bruder des Erblassers); so werden sie auch bey der Theilung aus dem Testamente nur als Eine Person betrachtet. Ein Körper, eine Gemeinde, eine Versammlung (z. B. die Armen) werden immer nur für Eine Person gerechnet.

Recht des Zuwachses.

§. 560. Wenn alle Erben ohne Bestimmung der Theile, oder in dem allgemeinen Ausdrucke einer gleichen Theilung zur Erbschaft berufen werden, und es kann, oder will einer der Erben von seinem Erbrecht keinen Gebrauch machen; so wächst der erledigte Theil den übrigen eingesetzten Erben zu.

§. 561. Sind Ein oder mehrere Erben mit, ein anderer oder mehrere ohne Bestimmung des Erbtheiles eingesetzt; so wächst der erledigte Theil nur dem einzelnen, oder den mehrern noch übrigen, unbestimmt eingesetzten Erben zu.

§. 562. Einem bestimmt eingesetzten Erben gebührt in keinem Falle das Zuwachsrecht. Wenn also kein unbestimmt eingesetzter Erbe übrig ist; so fällt ein erledigter Erbtheil nicht einem noch übrigen, für einen bestimmten Theil eingesetzten, sondern dem gesetzlichen Erben zu.

§. 563. Wer den erledigten Erbtheil erhält, übernimmt auch die damit verknüpften Lasten, in so fern sie nicht auf persönliche Handlungen des eingesetzten Erben eingeschränkt sind.

§. 564. Der Erblasser muß den Erben selbst einsetzen; er kann dessen Ernennung nicht dem Ausspruche eines Dritten überlassen.

Die Erklärung muß überlegt, bestimmt und frey seyn.

§. 565 Der Wille des Erblassers muß bestimmt, nicht durch bloße Bejahung eines ihm gemachten Vorschlages; er muß im Zustande der vollen Besonnenheit; mit Ueberlegung und Ernst, frey von Zwang, Betrug, und wesentlichem Irrthume erkläret werden.

Ursachen der Unfähigkeit zu testiren;

1) Mangel der Besonnenheit;

§. 566. Wird bewiesen, daß die Erklärung in einem die hiefür erforderliche Besonnenheit ausschließenden Zustand, wie dem einer psychischen Krankheit, einer geistigen Behinderung oder der Trunkenheit, geschehen sei, so ist sie ungültig.

§. 567. Wenn behauptet wird, daß der Erblasser, welcher den Gebrauch des Verstandes verloren hatte, zur Zeit der letzten Anordnung bey voller Besonnenheit gewesen sei; so muß die Behauptung durch Kunstverständige, oder durch obrigkeitliche Personen, die den Gemüthszustand des Erblassers genau erforschten, oder durch andere zuverlässige Beweise außer Zweifel gesetzt werden.

§. 568. Eine Person, für die ein Sachwalter nach § 273 bestellt ist, kann, sofern dies gerichtlich angeordnet ist, nur mündlich vor Gericht oder Notar testieren; dies gilt nicht im Fall des § 597. Das Gericht muss sich durch eine angemessene Erforschung zu überzeugen suchen, dass die Erklärung des letzten Willens frei und mit Überlegung geschehe. Die Erklärung muss in ein Protokoll aufgenommen, und dasjenige, was sich aus der Erforschung ergeben hat, beigerückt werden.

3) unreifes Alter;

§. 569. Unmündige sind zu testieren unfähig. Mündige Minderjährige können, außer im Fall des § 597, nur mündlich vor Gericht oder Notar testieren. § 568 zweiter und dritter Satz gelten entsprechend.

4) wesentlicher Irrthum;

§. 570. Ein wesentlicher Irrthum des Erblassers macht die Anordnung ungültig. Der Irrthum ist wesentlich, wenn der Erblasser die Person, welche er bedenken, oder den Gegenstand, welchen er vermachen wollte, verfehlet hat.

§. 571. Zeigt sich, daß die bedachte Person, oder die vermachte Sache nur unrichtig benannt, oder beschrieben worden; so ist die Verfügung gültig.

§. 572. Auch wenn der von dem Erblasser angegebene Beweggrund falsch befunden wird, bleibt die Verfügung gültig; es wäre denn erweislich, daß der Wille des Erblassers einzig und allein auf diesem irrigen Beweggrunde beruht habe.

5) Ordensgelübde;

§. 573. Ordenspersonen sind in der Regel nicht befugt, zu testiren: allein, wenn der Orden eine besondere Begünstigung, daß seine Glieder testiren können, erlangt hat; wenn Ordenspersonen die Auflösung von den Gelübden erhalten haben; wenn sie durch Aufhebung ihres Ordens, Stiftes oder Klosters aus ihrem Stande getreten sind; oder wenn sie in einem solchen Verhältnisse angestellt sind, daß sie vermöge der politischen Verordnungen nicht mehr als Angehörige des Ordens, Stiftes oder Klosters angesehen werden, sondern vollständiges Eigenthum erwerben können; so ist es ihnen erlaubt, durch Erklärung des letzten Willens darüber zu verfügen.

6) schwere Criminal-Strafe;

§. 574. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)

Zeitpunct der Gültigkeit der Anordnung.

§. 575. Ein rechtsgültig erklärter letzter Wille kann durch später eintretende Hindernisse seine Gültigkeit nicht verlieren.

§. 576. Einen anfänglich ungültigen letzten Willen macht die später erfolgte Aufhebung des Hindernisses nicht gültig. Wird in diesem Falle keine neue Verfügung getroffen; so tritt das gesetzliche Erbrecht ein.

II.) Aeußere Form der Erklärungen des letzten Willens;

§. 577. Man kann außergerichtlich oder gerichtlich, schriftlich oder mündlich; schriftlich aber mit, oder ohne Zeugen testiren.

1) der außergerichtlichen schriftlichen;

§. 578. Wer schriftlich, und ohne Zeugen testiren will, der muß das Testament oder Codicill eigenhändig schreiben, und eigenhändig mit seinem Nahmen unterfertigen. Die Beysetzung des Tages, des Jahres, und des Ortes, wo der letzte Wille errichtet wird, ist zwar nicht nothwendig, aber zur Vermeidung der Streitigkeiten räthlich.

§. 579. Einen letzten Willen, welchen der Erblasser von einer anderen Person niederschreiben ließ, muß er eigenhändig unterfertigen. Er muß ferner vor drei fähigen Zeugen, wovon wenigstens zwei zugleich gegenwärtig sein müssen, ausdrücklich erklären, daß der Aufsatz seinen letzten Willen enthalte. Endlich müssen sich auch die Zeugen, entweder inwendig oder von außen, immer aber auf der Urkunde selbst, und nicht etwa auf einem Umschlag, mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden Zusatz unterschreiben. Den Inhalt des Testaments hat der Zeuge zu wissen nicht nötig.

§. 580. Ein Erblasser, welcher nicht schreiben kann, muß nebst Beobachtung der in dem vorigen §. vorgeschriebenen Förmlichkeiten, anstatt der Unterschrift sein Handzeichen, und zwar in Gegenwart aller drey Zeugen, eigenhändig beysetzen. Zur Erleichterung eines bleibenden Beweises, wer der Erblasser sey, ist es auch vorsichtig, daß Einer der Zeugen den Nahmen des Erblassers als Nahmensunterfertiger beysetze.

§. 581. Wenn der Erblasser nicht lesen kann, so muß er den Aufsatz von einem Zeugen in Gegenwart der anderen zwei Zeugen, die den Inhalt eingesehen haben, sich vorlesen lassen, und bekräftigen, daß derselbe seinem Willen gemäß sei. Der Schreiber des letzten Willens kann in allen Fällen zugleich Zeuge sein, ist aber, wenn der Erblasser nicht lesen kann, von der Vorlesung des Aufsatzes ausgeschlossen.

§. 582. Eine Verfügung des Erblassers durch Beziehung auf einen Zettel oder auf einen Aufsatz, ist nur dann von Wirkung, wenn ein solcher Aufsatz mit allen zur Gültigkeit einer letzten Willenserklärung nöthigen Erfordernissen versehen ist. Außer dem können dergleichen von dem Erblasser angezeigte schriftliche Bemerkungen nur zur Erläuterung seines Willens angewendet werden.

§. 583. In der Regel gilt ein und derselbe Aufsatz nur für Einen Erblasser. Die Ausnahme in Rücksicht der Ehegatten ist in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten enthalten.

§. 584. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 585. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 586. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr. 58.)

2. der gerichtlichen

§. 587. Der Erblasser kann auch vor einem Gerichte schriftlich oder mündlich testiren. Die schriftliche Anordnung muß von dem Erblasser wenigstens eigenhändig unterschrieben seyn, und dem Gerichte persönlich übergeben werden. Das Gericht hat den Erblasser auf den Umstand, daß seine eigenhändige Unterschrift beygerückt seyn müsse, aufmerksam zu machen, dann den Aufsatz gerichtlich zu versiegeln und auf dem Umschlage anzumerken, wessen letzter Wille darin enthalten sey. Ueber das Geschäft ist ein Protokoll aufzunehmen, und der Aufsatz gegen Ausstellung eines Empfangscheines gerichtlich zu hinterlegen.

§. 588. Will der Erblasser seinen Willen mündlich erklären; so ist die Erklärung in ein Protokoll aufzunehmen, und dasselbe eben so, wie in dem vorhergehenden §. von dem schriftlichen Aufsatze gemeldet worden ist, versiegelt zu hinterlegen.

§. 589. Das Gericht, welches die schriftliche oder mündliche Erklärung des letzten Willens aufnimmt, muß wenigstens aus zwey eidlich verpflichteten Gerichtspersonen bestehen, deren Einer in dem Orte, wo die Erklärung aufgenommen wird, das Richteramt zusteht. Die Zeugenschaft der zweyten Gerichtsperson, außer dem Richter, können auch zwey andere Zeugen vertreten.

§. 590. Im Notfall können sich die Gerichtspersonen zum Erblasser begeben, um seinen letzten Willen zu Protokoll zu nehmen.

Unfähige Zeugen bey letzten Anordnungen.

§. 591. Personen unter achtzehn Jahren, Personen, denen auf Grund einer Behinderung die Fähigkeit fehlt, entsprechend der jeweiligen Testamentsform den letzten Willen des Erblassers zu bezeugen, sowie diejenigen, welche die Sprache des Erblassers nicht verstehen, können bei letzten Anordnungen nicht Zeugen sein.

§. 592. (Anm.: Aufgehoben durch § 57, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

§. 593. (Anm.: Aufgehoben durch § 1, RGBl 1860/Nr. 9.)

§. 594. Ein Erbe oder Legatar ist in Rücksicht des ihm zugedachten Nachlasses kein fähiger Zeuge, und eben so wenig dessen Gatte, Aeltern, Kinder, Geschwister, oder in eben dem Grade verschwägerte Personen und die besoldeten Hausgenossen. Die Verfügung muß, um gültig zu seyn, von dem Erblasser eigenhändig geschrieben; oder, durch drey von den gedachten Personen verschiedene Zeugen bestätiget werden.

§. 595. Wenn der Erblasser demjenigen, welcher den letzten Willen schreibt, oder dessen Ehegatten, Kindern, Aeltern, Geschwistern oder in eben dem Grade verschwägerten Personen einen Nachlaß bestimmt; so muß die Anordnung auf die im vorgehenden §. erwähnte Art außer Zweifel gesetzt seyn.

§. 596. Was von der Unbefangenheit und Fähigkeit des Zeugen, die Person des Erblassers außer Zweifel zu setzen, verordnet wird, ist auch auf die gerichtlichen Personen, die einen letzten Willen aufnehmen, anzuwenden.

Von den begünstigten letzten Anordnungen.

§. 597. Droht unmittelbar die Gefahr, dass der Erblasser stirbt oder die Fähigkeit zu testieren verliert, bevor er seinen letzten Willen auf andere Weise zu erklären vermag, so kann er auch mündlich oder schriftlich (§ 579) unter Beiziehung zweier fähiger Zeugen testieren, die zugleich gegenwärtig sein müssen. Ein so erklärter letzter Wille verliert drei Monate nach Wegfall der Gefahr seine Gültigkeit.

Eine mündliche letzte Anordnung muss auf Verlangen eines jeden, dem daran gelegen ist, durch die übereinstimmenden Aussagen der zwei Zeugen bestätigt werden, widrigenfalls diese Erklärung des letzten Willens ungültig ist (§ 601).

§. 598. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 599. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr. 58.)

§. 600. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr. 58.)

Ungültigkeit der unförmlichen letzten Anordnungen.

§. 601. Wenn der Erblasser Eines der hier vorgeschriebenen, und nicht ausdrücklich der bloßen Vorsicht überlassenen Erfordernisse nicht beobachtet hat; so ist die letzte Willenserklärung ungültig.

Erbverträge sind nur unter Ehegatten gültig.

§. 602. Erbverträge über die ganze Verlassenschaft, oder einen in Beziehung auf das Ganze bestimmten Theil derselben, können nur unter Ehegatten gültig geschlossen werden. Die Vorschriften hierüber sind in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten enthalten.

Von Schenkungen auf den Todesfall. Beziehung.

§. 603. In wie fern eine Schenkung auf den Todesfall als ein Vertrag, oder als ein letzter Wille zu betrachten sey, wird in dem Hauptstücke von den Schenkungen bestimmt.

 

Zehntes Hauptstück.

Von Nacherben und Fideicommissen.

Gemeine Substitution.

§. 604. Jeder Erblasser kann für den Fall, daß der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht erlangt, Einen; und, wenn auch dieser sie nicht erlangt, einen zweyten, und im gleichen Falle einen dritten, oder auch noch mehrere Nacherben berufen. Diese Anordnung heißt eine gemeine Substitution. Der in der Reihe zunächst Berufene wird Erbe.

§. 605. Hat der Erblasser aus den bestimmten Fällen, daß der ernannte Erbe nicht Erbe seyn kann, oder, daß er nicht Erbe seyn will, nur Einen ausgedrückt; so ist der andere Fall ausgeschlossen.

Rechte aus derselben.

§. 606. Die dem Erben aufgelegten Lasten werden auch auf den an seine Stelle tretenden Nacherben ausgedehnt, wofern sie nicht durch den ausdrücklichen Willen, oder die Beschaffenheit der Umstände, auf die Person des Erben eingeschränkt sind.

§. 607. Sind die Miterben allein wechselseitig zu Nacherben berufen worden; so wird angenommen, daß der Erblasser die in der Einsetzung ausgemessenen Theile auch auf die Substitution ausdehnen wollte. Wird aber in der Substitution, außer den Miterben, noch sonst jemand berufen, so fällt der erledigte Erbtheil Allen zu gleichen Theilen zu.

Fideicommissarische.

§. 608. Der Erblasser kann seinen Erben verpflichten, daß er die angetretene Erbschaft nach seinem Tode, oder in andern bestimmten Fällen, einem zweyten ernannten Erben überlasse. Diese Anordnung wird eine fideicommissarische Substitution genannt. Die fideicommissarische Substitution begreift stillschweigend die gemeine in sich.

In wie fern die Aeltern ihren Kindern substituiren dürfen.

§. 609. Auch die Aeltern können ihren Kindern, selbst in dem Falle, daß diese zu testiren unfähig sind, nur in Rücksicht des Vermögens, das sie ihnen hinterlassen, einen Erben oder Nacherben ernennen.

Stillschweigende fideicommissarische Substitution.

§. 610. Hat der Erblasser dem Erben verbothen, über den Nachlaß zu testiren; so ist es eine fideicommissarische Substitution, und der Erbe muß den Nachlaß für seine gesetzlichen Erben aufbewahren. Das Verboth, die Sache zu veräußern, schließt das Recht, darüber zu testiren, nicht aus.

Einschränkung der fideicommissarischen Substitution.

§. 611. Die Reihe, in welcher die fideicommissarischen Erben auf einander folgen sollen, wird, wenn sie Alle Zeitgenossen des Erblassers sind, gar nicht beschränkt, sie kann sich auf den Dritten, Vierten und noch weiter ausdehnen.

§. 612. Sind es nicht Zeitgenossen, sondern solche Nacherben, die zur Zeit des errichteten Testamentes noch nicht geboren sind; so kann sich die fideicommissarische Substitution in Rücksicht auf Geldsummen, und andere bewegliche Sachen bis auf den zweyten Grad erstrecken. In Ansehung unbeweglicher Güter gilt sie nur auf den ersten Grad; doch wird bey Bestimmung der Grade nur derjenige Nacherbe gezählt, welcher zum Besitze der Erbschaft gelangt ist.

Rechte des Erben bey einer fideicommisarischen Substitution.

§. 613. Bis der Fall der fideicommissarischen Substitution eintritt, kommt den eingesetzten Erben das eingeschränkte Eigenthumsrecht, mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers zu.

Auslegung der Substitutionen.

§. 614. Ist eine Substitution zweifelhaft ausgedrückt; so ist sie auf eine solche Art auszulegen, wodurch die Freyheit des Erben, über das Eigenthum zu verfügen, am mindesten eingeschränkt wird.

Erlöschungsarten der gemeinen und fideicommissarischen Substitution.

§. 615. Die gemeine Substitution erlischt, sobald der eingesetzte Erbe die Erbschaft angetreten hat; die fideikommissarische, wenn keiner von den berufenen Nacherben mehr übrig ist; oder wenn der Fall, für den sie errichtet worden, aufhört.

Sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, geht das Recht des fideikommissarischen Erben auch dann auf dessen Erben über (§ 537), wenn er den Eintritt des Substitutionsfalles nicht erlebt.

§. 616. Ins besondere verliert die einem Testierunfähigen gemachte fideicommissarische Substitution (§§. 608-609.) ihre Kraft, wenn bewiesen wird, daß er zur Zeit seiner letzten Anordnung bey voller Besonnenheit war; oder, wenn ihm das Gericht wegen erlangten Verstandgebrauches die freye Verwaltung des Vermögens eingeräumt hat; und die Substitution lebt nicht wieder auf, ob er gleich wegen Rückfalls wieder unter einen Curator gesetzt worden ist, und in der Zwischenzeit keine letzte Anordnung errichtet hat.

§. 617. Die von einem Erblasser seinem Kinde zur Zeit, da es noch keine Nachkommenschaft hatte, gemachte Substitution erlischt, wenn dasselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen hat.

Fideicommiß.

§. 618. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Hauptarten der Fideicommisse:

§. 619. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 620. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Erbfolge in denselben.

§. 621. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 622. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 623. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 624. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 625. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 626. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Bedingungen zur Errichtung eines Fideicommisses.

§. 627. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Widerruf der Errichtung.

§. 628. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Grundsatz über die Rechte der Anwärter u. des Inhabers des Fideicommisses.

§. 629. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Besondere Rechte der Anwärter.

§. 630. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Uneingeschränkte Rechte des Inhabers u. Verbindlichkeiten desselben.

§. 631. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Eingeschränkte Rechte:

a) zur Verzichtung und Verpfändung.

§. 632. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

b) zur Verwandlung, Vertauschung oder Erbverpachtung des Fideicommiß-Gutes.

§. 633. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 634. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

c) Verschuldung.

§. 635. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Bestimmung des zu verschuldenden Drittheils,

§. 636. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

und des Werthes des Fideicommiß-Gutes.

§. 637. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Art der Rückzahlung.

§. 638. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 639. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Haftung des Nachfolgers für die Schulden.

§. 640. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 641. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

§. 642. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Theilung der Früchte des letzten Jahres.

§. 643. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Auflösung,

§. 644. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

oder Erlöschung eines Fideicommisses.

§. 645. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)

Unterschied eines Fideicommisses von Stiftungen.

§. 646. Von den Substitutionen und Fideicommissen unterscheiden sich die Stiftungen, wodurch die Einkünfte von Capitalien, Grundstücken oder Rechten zu gemeinnützigen Anstalten, als: für geistliche Pfründen, Schulen, Kranken- oder Armenhäuser; oder zum Unterhalte gewisser Personen auf alle folgende Zeiten bestimmt werden. Die Vorschriften über Stiftungen sind in den politischen Verordnungen enthalten.

 

Eilftes Hauptstück.

Von Vermächtnissen.

Von wem, wie und wem legiret;

§. 647. Zur Gültigkeit eines Vermächtnisses (§. 535.) ist nothwendig, daß es von einem fähigen Erblasser, einer Person, die zu erben fähig ist, durch eine gültige letzte Willenserklärung hinterlassen werde.

§. 648. Der Erblasser kann auch Einem oder mehrern Miterben ein Vermächtniß vorausbestimmen, in Rücksicht desselben sind sie nur als Legatare zu betrachten.

und wer mit der Entrichtung des Vermächtnisses beschweret werden könne.

§. 649. Die Vermächtnisse fallen in der Regel allen Erben, selbst in dem Falle, daß die einem Miterben gehörige Sache vermacht worden ist, nach Maß ihres Erbtheiles zur Last. Es hängt jedoch von dem Erblasser ab, ob er die Abführung des Legats einem Miterben, oder auch einem Legatar besonders auftragen wolle.

§. 650. Ein Legatar kann sich von der vollständigen Erfüllung des ihm aufgetragenen weitern Vermächtnisses aus dem Grunde, daß es den Werth des ihm zugedachten Legats übersteige, nicht entschlagen. Nimmt er aber das Legat nicht an; so muß derjenige, dem es zufällt, den Auftrag übernehmen, oder das ihm zugefallene Vermächtniß dem darauf gewiesenen Vermächtnißnehmer überlassen.

§. 651. Ein Erblasser, welcher ein Legat einer gewissen Classe von Personen, als: Verwandten, Dienstpersonen oder Armen zugedacht hat, kann die Vertheilung, welchen aus diesen Personen, und, was jeder zukommen soll, dem Erben oder einem Dritten überlassen. Hat der Erblasser hierüber nichts bestimmt; so bleibt die Wahl dem Erben vorbehalten.

Substitutionen bey Vermächtnissen.

§. 652. Der Erblasser kann bey einem Vermächtnisse eine gemeine, oder fideicommissarische Substitution anordnen; dabey sind die in dem vorigen Hauptstücke gegebenen Vorschriften anzuwenden.

Gegenstände eines Vermächtnisses.

§. 653. Alles, was im gemeinen Verkehre steht: Sachen, Rechte, Arbeiten und andere Handlungen, die einen Werth haben, können vermacht werden.

§. 654. Werden Sachen vermacht, die zwar im gemeinen Verkehre stehen, die aber der Legatar zu besitzen für seine Person unfähig ist, so wird ihm der ordentliche Werth vergütet.

Allgemeine Auslegungsregel bey Vermächtnissen.

§. 655. Worte werden auch bey Vermächtnissen in ihrer gewöhnlichen Bedeutung genommen; es müßte denn bewiesen werden, daß der Erblasser mit gewissen Ausdrücken einen ihm eigenen besondern Sinn zu verbinden gewohnt gewesen ist; oder, daß das Vermächtniß sonst ohne Wirkung wäre.

Besondere Vorschriften über das Vermächtniß:

a) von Sachen einer gewissen Gattung;

§. 656. Hat der Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung, aber ohne eine nähere Bestimmung, vermacht, und sind mehrere solche Sachen in der Verlassenschaft vorhanden; so steht dem Erben die Wahl zu. Er muß aber ein Stück wählen, wovon der Legatar Gebrauch machen kann. Wird dem Legatar überlassen, Eine von den mehrern Sachen zu nehmen oder zu wählen; so kann er auch die beste wählen.

§. 657. Wenn der Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung ausdrücklich nur aus seinem Eigenthume vermacht hat, und es finden sich dergleichen gar nicht in der Verlassenschaft; so verliert das Vermächtniß seine Wirkung. Finden sie sich nicht in der verordneten Menge; so muß sich der Legatar mit den vorhandenen begnügen.

§. 658. Vermacht der Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung nicht ausdrücklich aus seinem Eigenthume, und es finden sich dergleichen nicht in der Verlassenschaft; so muß der Erbe sie dem Legatar in einer, dessen Stande und Bedürfnissen angemessenen, Eigenschaft verschaffen. Das Legat einer Summe Geldes verbindet den Erben zur Zahlung derselben, ohne Rücksicht, ob bares Geld in der Verlassenschaft vorhanden sey oder nicht.

§. 659. Der Erblasser kann die Auswahl, welche Sache aus mehrern der Legatar haben soll, auch einem Dritten überlassen. Schlägt sie dieser aus oder ist er vor getroffener Auswahl gestorben; so bestimmt die Gerichtsbehörde das Legat mit Rücksicht auf den Stand und das Bedürfniß des Legatars. Diese gerichtliche Bestimmung tritt auch in dem Falle ein, daß der Legatar vor der ihm überlassenen Auswahl verstorben ist.

b) das Vermächtniß einer bestimmten Sache;

§. 660. Das Vermächtniß einer bestimmten Sache kann von dem Legatar, wenn es in Einer oder in verschiedenen Anordnungen wiederhohlt wird, nicht zugleich in Natur, und dem Werthe nach verlangt werden. Andere Vermächtnisse, ob sie gleich eine Sache der nähmlichen Art oder den nähmlichen Betrag enthalten, gebühren dem Legatar so oft, als sie wiederhohlt worden sind.

§. 661. Das Vermächtniß ist ohne Wirkung, wenn das vermachte Stück zur Zeit der letzten Anordnung schon ein Eigenthum des Legatars war. Hat er es später an sich gebracht; so wird ihm der ordentliche Werth bezahlt. Wenn er es aber von dem Erblasser selbst und zwar unentgeldlich erhalten hat, ist das Vermächtniß für aufgehoben zu halten.

c) einer fremden Sache;

§. 662. Das Vermächtniß einer fremden Sache, die weder dem Erblasser, noch dem Erben oder Legatar, welcher sie einem Dritten leisten soll, gehört, ist wirkungslos. Gebührt den erwähnten Personen ein Antheil oder Anspruch an der Sache; so ist das Vermächtniß nur von diesem Anspruche oder Antheile zu verstehen. Ist die vermachte Sache verpfändet oder belastet; so übernimmt der Empfänger auch die darauf haftenden Lasten. Wenn aber der Erblasser ausdrücklich verordnet, daß eine bestimmte fremde Sache gekauft, und dem Legatar geleistet werden solle, der Eigenthümer hingegen sie um den Schätzungspreis nicht veräußern will; so ist dem Legatar dieser Werth zu entrichten.

d) einer Forderung;

§. 663. Das Vermächtniß einer Forderung, die der Erblasser an den Legatar zu machen hat, verpflichtet den Erben, den Schuldschein zurückzustellen; oder, dem Legatar die Befreyung von der Schuld und den rückständigen Zinsen auszufertigen.

§. 664. Vermacht der Erblasser jemanden eine Forderung, die er an einen Dritten zu stellen hat; so muß der Erbe die Forderung sammt den rückständigen und weiter laufenden Zinsen dem Legatar überlassen.

§. 665. Das Vermächtniß der Schuld, die der Erblasser dem Legatar zu entrichten hat, hat die Wirkung, daß der Erbe die von dem Erblasser bestimmt ausgedrückte, oder von dem Legatar ausgewiesene Schuld anerkennen, und sie, ohne Rücksicht auf die in der Schuldverschreibung enthaltenen Bedingungen oder Fristen, längstens in der zur Abführung der übrigen Legate bestimmten Zeitfrist berichtigen muß. Den gefährdeten Gläubigern des Erblassers aber kann dessen Anerkennung nicht zum Nachtheile gereichen.

§. 666. Die Erlassung der Schuld ist nur von den gegenwärtigen, nicht auch von den erst nach dem errichteten Vermächtnisse entstandenen Schulden zu verstehen. Wird durch ein Vermächtniß das Pfandrecht, oder die Bürgschaft erlassen; so folgt daraus nicht, daß auch die Schuld erlassen worden sey. Werden die Zahlungsfristen verlängert; so müssen doch die Zinsen fort bezahlt werden.

§. 667. Wenn der Erblasser einer Person eine Summe schuldig ist, und ihr eine gleiche Summe vermacht; so wird nicht vermuthet, daß er die Schuld mit dem Vermächtnisse habe tilgen wollen. Der Erbe bezahlt in diesem Falle die Summe doppelt; ein Mahl als Schuld, und dann als Vermächtniß.

§. 668. Unter dem Vermächtnisse aller ausstehenden Forderungen sind doch weder die Forderungen aus öffentlichen Credits-Papieren, noch auch die auf einem unbeweglichen Gute haftenden Capitalien, oder die aus einem dinglichen Rechte entstehenden Forderungen begriffen.

e) des Heirathsgutes;

§. 669. Das Heirathsgut kann vermacht werden, entweder um den Gatten von der Zurückzahlung desselben zu befreyen; oder, um den Erben zu verpflichten, daß er der Gattinn die als Heirathsgut eingebrachte Summe oder Sache ohne Beweis, und ohne Abzug der darauf verwendeten Kosten abführe. Hier gelten die für andere vermachte Forderungen gegebenen Vorschriften.

§. 670. Vermacht der Erblasser einer dritten Person ein unbestimmtes Heiratsgut, so versteht man darunter, ohne Rücksicht auf ihr eigenes Vermögen, ein solches Heiratsgut, das die Eltern dieser Person zu geben schuldig wären, wenn sie ein ihren Lebensverhältnissen entsprechendes durchschnittliches Vermögen hätten.

§. 671. Vermachen Aeltern den Töchtern ein Heirathsgut; so wird dasselbe, wofern es nicht ausdrücklich als ein Vorausvermächtniß erkläret worden, in den gesetzlichen oder letztwilligen Erbtheil eingerechnet.

f) des Unterhaltes; der Erziehung; oder Kost;

§. 672. Das Vermächtniß des Unterhaltes begreift Nahrung, Kleidung, Wohnung und die übrigen Bedürfnisse, und zwar auf lebenslang, wie auch den nöthigen Unterricht in sich. Alles dieses wird auch unter Erziehung verstanden. Die Erziehung endigt sich mit der Volljährigkeit. Unter Kost wird Speise und Trank auf lebenslang begriffen.

§. 673. Das Maß der im vorstehenden §. angeführten Vemächtnisse, wenn es weder aus dem ausdrücklichen, noch aus dem stillschweigenden, durch die bisherige Unterstützung erklärten Willen des Erblassers erhellet, muß nach dem Stande bestimmt werden, welcher dem Legatar eigen ist, oder, wozu er durch die genossene Verpflegung vorbereitet worden ist.

g) der Mobilien; des Hausrathes;

§. 674. Unter Mobilien (Meublen) werden nur die zum anständigen Gebrauche der Wohnung; unter Hausrath oder Einrichtung zugleich die zur Führung der Haushaltung erforderlichen Geräthschaften verstanden. Die Werkzeuge zum Betriebe der Gewerbes sind, ohne eine deutlichere Erklärung, darunter nicht begriffen.

h) eines Behältnisses;

§. 675. Ist jemanden ein Behältniß vermacht worden, welches nicht für sich selbst bestehet, sondern nur ein Theil eines Ganzen ist; so wird in der Regel vermuthet, daß nur diejenigen Stücke zugedacht worden sind, welche sich bey dem Ableben des Erblassers darin vorfinden, und zu deren Aufbewahrung das Behältniß seiner Natur nach bestimmt, oder von dem Erblasser gewöhnlich verwendet worden ist.

§. 676. Ist hingegen das Behältniß beweglich, oder doch eine für sich bestehende Sache; so hat der Legatar nur auf das Behältniß, nicht auch auf die darin befindlichen Sachen Anspruch.

§. 677. Wird ein Schrank, ein Kasten oder eine Lade mit allen darin befindlichen Sachen vermacht; so rechnet man dazu auch Gold und Silber, Schmuck und bares Geld, selbst die vom Legatar dem Erblasser ausgestellten Schuldscheine. Andere Schuldscheine oder Urkunden, worauf sich Forderungen und Rechte des Erblassers gründen, werden nur dann dazu gerechnet, wenn sich außer denselben nichts in dem Behältnisse befindet. Zu einem Vermächtnisse flüssiger Sachen gehören auch die zu ihrer Verführung bestimmten Gefäße.

i) der Juwelen, des Schmuckes und Putzes;

§. 678. Unter Juwelen werden in der Regel nur Edelsteine und gute Perlen; unter Schmuck auch die unechten Steine, und das aus Gold oder Silber verfertigte oder damit überzogene Geschmeide, welches zur Zierde der Person dient; und unter Putz dasjenige verstanden, was außer Schmuck, Geschmeide und Kleidungsstücken zur Verzierung der Person gebraucht wird.

k) des Goldes oder Silbers; der Wäsche; Equipage;

§. 679. Das Vermächtniß des Goldes oder Silbers begreift das verarbeitete und unverarbeitete, doch nicht das gemünzte noch auch dasjenige in sich, was nur ein Theil oder eine Verzierung eines andern Verlassenschaftsstückes, z. B. einer Uhr oder Dose, ausmacht. Die Wäsche wird nicht zur Kleidung, und Spitzen werden nicht zur Wäsche, sondern zum Putze gerechnet. Unter Equipage werden die zur Bequemlichkeit des Erblassers bestimmten Zugpferde und Wagen sammt dem dazu gehörigen Geschirre; nicht auch Reitpferde und Reitzeug verstanden.

l) der Barschaft;

§. 680. Zur Barschaft gehören auch jene öffentlichen Credits-Papiere, welche im ordentlichen Umlaufe die Stelle des baren Geldes vertreten.

m) Ueber die Benennung: Kinder;

§. 681. Unter dem Worte: Kinder, werden, wenn der Erblasser die Kinder eines Andern bedenkt, nur die Söhne und Töchter: wenn er aber seine eigenen Kinder bedenkt, auch die an deren Stelle tretenden Nachkömmlinge begriffen, welche bey dem Ableben des Erblassers schon erzeugt waren.

n) Verwandte;

§. 682. Ein ohne nähere Bestimmung für die Verwandten ausgesetztes Vermächtniß wird denjenigen, welche nach der gesetzlichen Erbfolge die nächsten sind, zugewendet, und die oben in dem §. 559. über die Vertheilung einer Erbschaft unter solchen Personen, welche für eine Person angesehen werden, aufgestellte Regel ist auch auf Vermächtnisse anzuwenden.

o) Dienstpersonen.

§. 683. Hat der Erblasser seinen Dienstpersonen ein Vermächtniß hinterlassen, und sie bloß durch das Dienstverhältniß bezeichnet; so wird vermuthet, daß es diejenigen erhalten sollen, welche zur Zeit seines Ablebens in dem Dienstverhältnisse stehen. Doch kann in diesem, so wie in den übrigen Fällen, die Vermuthung durch entgegengesetzte stärkere Vermuthungsgründe aufgehoben werden.

Anfallstag bey den Vermächtnissen.

§. 684. Der Legatar erwirbt in der Regel (§. 699.) gleich nach dem Tode des Erblassers für sich und seine Nachfolger ein Recht auf das Vermächtniß. Das Eigenthumsrecht auf die vermachte Sache aber kann nur nach den für die Erwerbung des Eigenthumes in dem fünften Hauptstücke aufgestellten Vorschriften erlanget werden.

Zahlungstag.

§. 685. Das Vermächtniß einzelner Verlassenschaftsstücke und darauf sich beziehender Rechte, kleine Belohnungen des Dienstgesindes, und fromme Vermächtnisse können sogleich; andere aber erst nach einem Jahre, von dem Tode des Erblassers, gefordert werden.

§. 686. Bey dem Vermächtnisse eines einzelnen Verlassenschaftsstückes kommen dem Legatar auch die seit dem Tode des Erblassers laufenden Zinsen, entstandenen Nutzungen, und jeder andere Zuwachs zu Statten. Er trägt hingegen auch alle auf dem Legate haftende Lasten und selbst den Verlust, wenn es ohne Verschulden eines Andern vermindert wird, oder gänzlich zu Grunde geht.

§. 687. Wird jemanden ein in wiederkehrenden Fristen, als: alle Jahre, Monathe und dergleichen zu leistender Betrag vermacht; so erhält der Legatar ein Recht auf den ganzen Betrag dieser Frist, wenn er auch nur den Anfang der Frist erlebt hat. Doch kann der Betrag erst mit Ablauf der Frist gefordert werden. Die erste Frist fängt mit dem Sterbetage des Erblassers zu laufen an.

Recht des Legatars zur Sicherstellung.

§. 688. In allen Fällen, in welchen ein Gläubiger von einem Schuldner Sicherstellung zu fordern berechtigt ist; kann auch ein Legatar die Sicherstellung seines Legates verlangen. Wie die Einverleibung eines Vermächtnisses, zur Begründung eines dinglichen Rechtes, geschehen müsse, ist oben §. 437. vorgeschrieben worden.

Wem ein erledigtes Vermächtniß zufalle?

§. 689. Ein Vermächtniß, welches der Legatar nicht annehmen kann oder will, fällt auf den Nachberufenen. (§. 652). Ist kein Nachberufener vorhanden, und ist das ganze Vermächtniß mehrern Personen ungetheilt oder ausdrücklich zu gleichen Theilen zugedacht; so wächst der Antheil, den einer von ihnen nicht erhält, den übrigen eben so, wie den Miterben die Erbschaft zu. Außer den gedachten zwey Fällen bleibt das erledigte Vermächtniß in der Erbschafts-Masse.

Recht des Erben, wenn die Lasten die Masse erschöpfen;

§. 690. Wenn die ganze Erbschaft durch Vermächtnisse erschöpft ist; so hat der Erbe nichts weiter, als die Vergütung seiner zum Besten der Masse gemachten Auslagen und eine seinen Bemühungen angemessene Belohnung zu fordern. Will er den Nachlaß nicht selbst verwalten; so muß er um die Aufstellung eines Curators anlangen.

§. 691. Können nicht alle Legatare aus der Verlassenschafts-Masse befriediget werden; so wird das Legat des Unterhaltes vor allen andern entrichtet, und dem Legatar gebührt der Unterhalt von dem Tage des Erbanfalles.

oder gar übersteigen.

§. 692. Reicht die Verlassenschaft zur Bezahlung der Schulden, anderer pflichtmäßigen Auslagen, und zur Berichtigung aller Vermächtnisse nicht zu; so leiden die Legatare einen verhältnißmäßigen Abzug. Daher ist der Erbe, so lange eine solche Gefahr obwaltet, die Vermächtnisse ohne Sicherstellung zu berichtigen nicht schuldig.

§. 693. Im Falle aber, daß die Legatare die Vermächtnisse bereits empfangen haben, wird der Abzug nach dem Werthe, den das Vermächtniß zur Zeit des Empfanges hatte, und den daraus gezogenen Nutzungen bestimmt. Doch steht dem Legatar auch nach empfangenem Vermächtnisse noch immer frey, zur Vermeidung des Beytrages, das Vermächtniß, oder den oben erwähnten Werth und die bezogenen Nutzungen in die Masse zurückzustellen; in Rücksicht der Verbesserungen und Verschlimmerungen wird er als ein redlicher Besitzer behandelt.

Von den gesetzlichen Beyträgen zu öffentlichen Anstalten.

§. 694. Die Beyträge, welche ein Erblasser nach den politischen Vorschriften zur Unterstützung der Armen-, Invaliden- und Krankenhäuser und des öffentlichen Unterrichtes in dem Testamente ausgesetzt hat, sind nicht als Vermächtnisse anzusehen; sie sind eine Staatsauflage, müssen selbst von den gesetzlichen Erben entrichtet, und können nicht nach den Grundsätzen des Privat-Rechtes, sondern nur nach den politischen Verordnungen beurtheilt werden.

 

Zwölftes Hauptstück.

Von Einschränkung und Aufhebung des letzten Willens.

Recht des Erblassers zur Einschränkung oder Aenderung seines letzten Willens.

§. 695. Der Erblasser kann seine Anordnung auf eine Bedingung; auf einen Zeitpunct; durch einen Auftrag; oder, eine erklärte Absicht einschränken. Er kann auch sein Testament oder Codicill abändern, oder es ganz aufheben.

Arten der Einschränkung des letzten Willens:

1) Bedingung.

§. 696. Eine Bedingung heißt eine Ereignung, wovon ein Recht abhängig gemacht wird. Die Bedingung ist bejahend oder verneinend, je nachdem sie sich auf den Erfolg, oder Nichterfolg der Ereignung bezieht. Sie ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst nach ihrer Erfüllung zu seiner Kraft gelangt; sie ist auflösend, wenn das zugedachte Recht bey ihrem Eintritte verloren geht.

Vorschriften:

a) über unverständliche;

§. 697. Ganz unverständliche Bedingungen sind für nicht beygesetzt zu achten.

b) unmögliche oder unerlaubte;

§. 698. Die Anordnung, wodurch jemanden unter einer aufschiebenden unmöglichen Bedingung ein Recht ertheilt wird, ist ungültig, obschon die Erfüllung der Bedingung erst in der Folge unmöglich, und die Unmöglichkeit den Erblasser bekannt geworden wäre. Eine auflösende unmögliche Bedingung wird als nicht beygesetzt angesehen. Alles dieses gilt auch von den unerlaubten Bedingungen.

c) mögliche und erlaubte Bedingungen;

§. 699. Sind die Bedingungen möglich und erlaubt; so kann das davon abhängende Recht nur durch ihre genaue Erfüllung erworben werden, sie mögen vom Zufalle, von dem Willen des bedachten Erben, Legatars, oder eines Dritten abhängen.

d) Bedingung der Nichtverehelichung;

§. 700. Die Bedingung, daß der Erbe oder der Legatar sich, selbst nach erreichter Volljährigkeit, nicht verehelichen solle, ist als nicht beygesetzt anzusehen. Nur eine verwitwete Person muß, wenn sie Ein oder mehrere Kinder hat, die Bedingung erfüllen. Die Bedingung, daß der Erbe oder Legatar eine bestimmte Person nicht heirathe, kann gültig auferlegt werden.

e) wenn die Bedingung bey dem Leben des Erblassers erfüllet worden.

§. 701. Ist die in der letzten Willenserklärung vorgeschriebene Bedingung schon bey dem Leben des Erblassers eingetroffen; so muß die Erfüllung derselben nach dem Tode des Erblassers nur dann wiederhohlt werden, wenn die Bedingung in einer Handlung des Erben oder Legatars besteht, welche von ihm wiederhohlt werden kann.

Ob die Bedingung auch auf die Nachberufenen auszudehnen sey.

§. 702. Eine dem Erben oder Legatar beygerückte Bedingung ist, ohne ausdrückliche Erklärung des Erblassers, auf den von dem Erblasser nachberufenen Erben oder Legatar nicht auszudehnen.

Wirkung einer möglichen aufschiebenden Bedingung.

§. 703. Zur Erwerbung eines unter einer aufschiebenden Bedingung zugedachten Nachlasses ist nothwendig, daß die bedachte Person die Erfüllung der Bedingung überlebe, und bey dem Eintritte derselben erbfähig sey.

2) Zeitpunct.

§. 704. Ist es ungewiß, ob der Zeitpunct, auf welchen der Erblasser das zugedachte Recht eingeschränkt, kommen oder nicht kommen werde; so wird diese Einschränkung als eine Bedingung angesehen.

§. 705. Ist der Zeitpunct von der Art, daß er kommen muß; so wird das zugedachte Recht, wie andere unbedingte Rechte, auch auf die Erben der bedachten Person übertragen, und nur die Uebergabe bis zum gesetzten Termine verschoben.

§. 706. Wäre es offenbar, daß die in der letzten Anordnung ausgemessene Zeit nie kommen könne; so wird die Bestimmung dieser Zeit wie die Beysetzung einer unmöglichen Bedingung angesehen. Nur in dem Falle, daß der Erblasser wahrscheinlich bloß in der Berechnung der Zeit sich geirret hat, wird der Zeitpunct nach dem wahrscheinlichen Willen des Erblasser zu bestimmen seyn.

Rechtsverhältniß bey einer Bedingung oder einem Zeitpuncte zwischen der bedachten und ihr nachfolgenden Person.

§. 707. So lange das Recht des Erben oder des Legatars wegen einer noch nicht erfüllten Bedingung, oder wegen des noch nicht gekommenen Zeitpunctes verschoben bleibt; so lange finden im ersten Falle zwischen dem gesetzlichen und eingesetzten Erben; und im zweyten Falle zwischen dem Erben und Legatar, in Hinsicht auf den einstweiligen Besitz und Genuß des Nachlasses oder Legates, die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten, wie bey einer fideicommissarischen Substitution, Statt.

§. 708. Wer eine Erbschaft oder ein Vermächtniß unter einer verneinenden oder auflösenden Bedingung; oder, nur auf eine gewisse Zeit erhält, hat gegen den, welchem die Erbschaft, oder das Vermächtniß, beym Eintritte der Bedingung, oder des bestimmten Zeitpunctes zufällt, die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten, welche einem Erben oder Legatar gegen den fideicommissarischen Substituten zukommen (§. 613).

3) Auftrag.

§. 709. Hat der Erblasser jemanden einen Nachlaß unter einem Auftrage zugewendet; so ist dieser Auftrag als eine auflösende Bedingung anzusehen, daß durch die Nichterfüllung des Auftrages der Nachlaß verwirkt werden solle (§. 696).

§. 710. In dem Falle, daß der Auftrag nicht genau erfüllet werden kann, muß man demselben wenigstens nach Möglichkeit nahe zu kommen suchen. Kann auch dieses nicht geschehen; so behält doch der Belastete, wofern aus dem Willen des Erblassers nicht das Gegentheil erhellet, den zugedachten Nachlaß. Wer sich zur Erfüllung des Auftrages selbst unfähig gemacht hat, wird des ihm zugedachten Nachlasses verlustig.

§. 711. Wenn der Erblasser die Absicht, wozu er den Nachlaß bestimmt, zwar ausgedrückt, aber nicht zur Pflicht gemacht hat, so kann die bedachte Person nicht angehalten werden, den Nachlaß zu dieser Absicht zu verwenden.

§. 712. Die Anordnung, wodurch der Erblasser seinem Erben eine unmögliche oder unerlaubte Handlung mit dem Beysatze aufträgt, daß er, wofern er den Auftrag nicht befolgte, einem Dritten ein Legat entrichten soll, ist ungültig.

Von Aufhebung der Anordnungen, und zwar: 1) durch Errichtung einer neuen Anordnung; eines Testamentes;

§. 713. Ein früheres Testament wird durch ein späteres gültiges Testament nicht nur in Rücksicht der Erbseinsetzung, sondern auch in Rücksicht der übrigen Anordnungen aufgehoben; dafern der Erblasser in dem letztern nicht deutlich zu erkennen gibt, daß das frühere ganz oder zum Theil bestehen solle. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn in dem spätern Testamente der Erbe nur zu einem Theile der Erbschaft berufen wird. Der übrig bleibende Theil fällt nicht den in dem frühern Testamente eingesetzten, sondern den gesetzlichen Erben zu.

oder Codicills;

§. 714. Durch ein späteres Codicill, deren mehrere neben einander bestehen können, werden frühere Vermächtnisse oder Codicille nur in so fern aufgehoben, als sie mit demselben im Widerspruche stehen.

§. 715. Kann man nicht entscheiden, welches Testament oder Codicill das spätere sey; so gelten, in so fern sie neben einander bestehen können, beyde, und es kommen die im Hauptstück von der Gemeinschaft des Eigenthums aufgestellten Vorschriften zur Anwendung.

ungeachtet der früher erklärten Unabänderlichkeit.

§. 716. Der in einem Testament oder Kodizill angehängte Beisatz: daß jede spätere Anordnung überhaupt, oder, wenn sie nicht mit einem bestimmten Merkmale bezeichnet ist, null und nichtig sein solle, ist als nicht beigesetzt anzusehen.

2) durch Widerruf;

§. 717. Will der Erblasser seine Anordnung aufheben, ohne eine neue zu errichten; so muß er sie ausdrücklich entweder mündlich, oder schriftlich widerrufen, oder die Urkunde vertilgen.

§. 718. Der Widerruf kann nur in einem solchen Zustande gültig geschehen, worin man einen letzten Willen zu erklären fähig ist.

a) einen ausdrücklichen;

§. 719. Ein mündlicher Widerruf einer gerichtlichen oder außergerichtlichen letzten Anordnung erfordert so viele und solche Zeugen, als zur Gültigkeit eines mündlichen Testamentes nöthig sind; ein schriftlicher aber, eine von dem Erblasser eigenhändig geschriebene und unterschriebene, oder wenigstens von ihm und den zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen Zeugen unterfertigte Erklärung.

§. 720. Eine Anordnung des Erblassers, wodurch er dem Erben oder Legatar unter angedrohter Entziehung eines Vortheiles verbiethet, den letzten Willen zu bestreiten, soll für den Fall, daß nur die Echtheit oder der Sinn der Erklärung angefochten wird, nie von einer Wirkung seyn.

b) stillschweigenden;

§. 721. Wer in seinem Testamente oder Codicille die Unterschrift durchschneidet; sie durchstreicht; oder, den ganzen Inhalt auslöscht, vertilgt es. Wenn von mehreren gleichlautenden Urkunden nur Eine vertilgt worden; so kann man daraus auf keinen Widerruf schließen.

§. 722. Sind die gedachten Verletzungen der Urkunde nur zufällig geschehen; oder, ist die Urkunde in Verlust geraten; so verliert der letzte Wille seine Wirkung nicht; wenn anders der Zufall und der Inhalt der Urkunde erwiesen wird.

§. 723. Hat ein Erblasser eine spätere Anordnung vernichtet, die frühere schriftliche Anordnung aber unversehrt gelassen; so kommt die frühere schriftliche wieder zur Kraft. Eine mündliche frühere Anordnung lebt dadurch nicht wieder auf.

oder c) vermutheten.

§. 724. Ein Legat wird für widerrufen angesehen, wenn der Erblasser die vermachte Forderung eingetrieben und erhoben; wenn er die jemanden zugedachte Sache veräußert, und nicht wieder zurück erhalten; oder wenn er sie auf eine solche Art in eine andere verwandelt hat, daß die Sache ihre vorige Gestalt und ihren vorigen Rahmen verliert.

§. 725. Wenn aber der Schuldner die Forderung aus eigenem Antriebe berichtiget hat; wenn die Veräußerung des Legats auf gerichtliche Anordnung geschehen; wenn die Sache ohne Einwilligung des Erblassers verwandelt worden ist; so besteht das Legat.

3) durch Entsagung der Erben.

§. 726. Will oder kann weder ein Erbe, noch ein Nacherbe die Verlassenschaft annehmen; so fällt das Erbrecht auf die gesetzlichen Erben. Diese sind aber verpflichtet, die übrigen Verfügungen des Erblassers zu befolgen. Entsagen auch sie der Erbschaft; so werden die Legatare verhältnißmäßig als Erben betrachtet.

 

Dreyzehntes Hauptstück.

Von der gesetzlichen Erbfolge.

Fälle der gesetzlichen Erbfolge.

§. 727. Wenn der Verstorbene keine gültige Erklärung des letzten Willens hinterlassen; wenn er in derselben nicht über sein ganzen Vermögen verfüget; wenn er die Personen, denen er kraft des Gesetzes einen Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, nicht gehörig bedacht hat; oder, wenn die eingesetzten Erben die Erbschaft nicht annehmen können oder wollen; so findet die gesetzliche Erbfolge ganz oder zum Theile Statt.

§. 728. In Ermangelung einer gültigen Erklärung des letzten Willens fällt die ganze Verlassenschaft des Verstorbenen den gesetzlichen Erben zu. Ist aber eine gültige Erklärung des letzten Willens vorhanden; so kommt ihnen derjenige Erbtheil zu, welcher in derselben Niemanden zugedacht ist.

Vorschrift für den Fall des verkürzten Pflichttheiles.

§. 729. Ist eine Person, welcher der Erblasser kraft der Gesetze einen Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, durch eine letzte Willenserklärung verkürzt worden; so kann sie sich auf die Vorschrift des Gesetzes berufen, und den nach Maßgabe des folgenden Hauptstückes ihr gebührenden Erbtheil gerichtlich fordern.

Gesetzliche Erben

§. 730. Gesetzliche Erben sind der Ehegatte und diejenigen Personen, die mit dem Erblasser in nächster Linie verwandt sind.

I. Gesetzliches Erbrecht der Verwandten

§. 731. Zur ersten Linie gehören diejenigen, welche sich unter dem Erblasser, als ihrem Stamme, vereinigen, nämlich: seine Kinder und ihre Nachkömmlinge.

Zur zweiten Linie gehören des Erblassers Vater und Mutter samt denjenigen, die sich mit ihm unter Vater und Mutter vereinigen, nämlich: seine Geschwister und ihre Nachkömmlinge.

Zur dritten Linie gehören die Großeltern samt den Geschwistern der Eltern und ihren Nachkömmlingen.

Von der vierten Linie sind nur des Erblassers erste Urgroßeltern zur Erbfolge berufen.

1. Linie: Die Kinder;

§. 732. Wenn der Erblasser Kinder des ersten Grades hat, so fällt ihnen die ganze Erbschaft zu; sie mögen männlichen oder weiblichen Geschlechtes; sie mögen bey Lebzeiten des Erblassers oder nach seinem Tode geboren seyn. Mehrere Kinder theilen die Erbschaft nach ihrer Zahl in gleiche Theile. Enkel von noch lebenden Kindern, und Urenkel von noch lebenden Enkeln haben kein Recht zur Erbfolge.

§. 733. Ist ein Kind des Erblassers vor ihm gestorben, und sind von demselben Ein oder mehrere Enkel vorhanden; so fällt der Antheil, welcher dem verstorbenen Kinde gebührt hätte, diesem nachgelassenen Enkel ganz, oder den mehrern Enkeln zu gleichen Theilen zu. Ist von diesen Enkeln ebenfalls Einer gestorben und hat Urenkel nachgelassen; so wird auf die nähmliche Art der Antheil des verstorbenen Enkels unter die Urenkel gleich getheilt. Sind von einem Erblasser noch entferntere Nachkömmlinge vorhanden; so wird die Theilung verhältnißmäßig nach der eben gegebenen Vorschrift vorgenommen.

§. 734. Auf diese Art wird eine Erbschaft nicht nur dann getheilet, wenn Enkel von verstorbenen Kindern mit noch lebenden Kindern, oder entferntere Nachkömmlinge mit nähern Nachkömmlingen des Erblassers zusammentreffen; sondern auch dann, wenn die Erbschaft bloß zwischen Enkeln von verschiedenen Kindern; oder zwischen Urenkeln von verschiedenen Enkeln zu theilen ist. Es können also die von jedem Kinde nachgelassenen Enkel, und die von jedem Enkel nachgelassenen Urenkel, ihrer seyn viele oder wenige, nie mehr und nie weniger erhalten, als das verstorbene Kind oder der verstorbene Enkel erhalten hätten, wenn sie am Leben geblieben wären.

2. Linie: Die Aeltern und ihre Nachkömmlinge:

§. 735. Ist Niemand vorhanden, der von dem Erblasser selbst abstammt; so fällt die Erbschaft auf diejenigen, die mit ihm durch die zweyte Linie verwandt sind, nähmlich: auf seine Aeltern und ihre Nachkömmlinge. Leben noch beyde Aeltern; so gebührt ihnen die ganze Erbschaft zu gleichen Theilen. Ist Eines dieser Aeltern verstorben; so treten dessen nachgelassene Kinder oder Nachkömmlinge in sein Recht ein, und es wird die Hälfte, die dem Verstorbenen gebührt hätte, unter sie nach jenen Grundsätzen getheilt, welche in den §§. 732-734 wegen Theilung der Erbschaft zwischen Kindern und entferntern Nachkömmlingen des Erblassers festgesetzt worden sind.

§. 736. Wenn beyde Aeltern des Erblassers verstorben sind, so wird jene Hälfte der Erbschaft, welche dem Vater zugefallen wäre, unter seine hinterlassenen Kinder und derselben Nachkömmlinge; die andere Hälfte aber, welche der Mutter gebührt hätte, unter ihre Kinder und derselben Nachkömmlinge nach den §§. 732-734. getheilet. Sind von diesen Aeltern keine andere als von ihnen gemeinschaftlich erzeugte Kinder, oder derselben Nachkömmlinge vorhanden; so theilen sie die beyden Hälften unter sich gleich. Sind aber außer diesen noch Kinder vorhanden, die von dem Vater oder von der Mutter, oder von einem und der andern in einer andern Ehe erzeugt worden sind; so erhalten die von dem Vater und der Mutter gemeinschaftlich erzeugten Kinder oder ihre Nachkömmlinge sowohl an der väterlichen, als an der mütterlichen Hälfte ihren gebührenden, mit den einseitigen Geschwistern gleichen Antheil.

§. 737. Wenn Eines der verstorbenen Aeltern des Erblassers weder Kinder, noch Nachkömmlinge hinterlassen hat; so fällt die ganze Erbschaft dem andern noch lebenden Aelterntheile zu. Ist dieser Theil auch nicht mehr am Leben; so wird die ganze Erbschaft unter seinen Kindern und Nachkömmlingen nach den bereits angeführten Grundsätzen vertheilet.

3. Linie: Die Großältern und ihre Nachkommenschaft.

§. 738. Sind die Aeltern des Erblassers ohne Nachkömmlinge verstorben; so kommt die Erbschaft auf die dritte Linie, nähmlich: auf des Erblassers Großältern und ihre Nachkommenschaft. Die Erbschaft wird dann in zwey gleiche Theile getheilet. Eine Hälfte gehört den Aeltern des Vaters und ihren Nachkömmlingen; die andere den Aeltern der Mutter und ihren Nachkömmlingen.

§. 739. Jede dieser Hälften wird unter den Großältern der einen und der anderen Seite, wenn sie beyde noch leben, gleich getheilt. Ist eines der Großältern, oder sind beyde von der einen oder anderen Seite gestorben; so wird die dieser Seite zugefallene Hälfte zwischen den Kindern und Nachkömmlingen dieser Großältern nach jenen Grundsätzen getheilt, nach welchen in der zweyten Linie die ganze Erbschaft zwischen den Kindern und Nachkömmlingen der Aeltern des Erblassers getheilt werden muß. (§§. 735-737.)

§. 740. Sind von der väterlichen oder von der mütterlichen Seite beyde Großältern verstorben, und weder von dem Großvater, noch von der Großmutter dieser Seite Nachkömmlinge vorhanden; dann fällt den von der anderen Seite noch lebenden Großältern, oder, nach derselben Tode, ihren hinterlassenen Kindern und Nachkömmlingen die ganze Erbschaft zu.

Vierte Linie: Die Urgroßeltern.

§. 741. Nach gänzlicher Erlöschung der dritten Linie sind die Urgroßeltern des Erblassers zur gesetzlichen Erbfolge berufen. Auf die Großeltern des Vaters des Erblassers entfällt die eine Hälfte der Erbschaft, auf die Großeltern der Mutter die andere Hälfte. In jede Hälfte der Erbschaft teilen sich die beiden Großelternpaare zu gleichen Teilen. Ist ein Teil eines Großelternpaares nicht vorhanden, so fällt das auf diesen Teil entfallende Achtel der Erbschaft an den überlebenden Teil dieses Großelternpaares. Fehlt ein Großelternpaar, so ist zu seinem Viertel das andere Großelternpaar desselben Elternteiles des Erblassers berufen.

Fehlen die Großelternpaare des einen Elternteiles des Erblassers, so sind zu der auf sie entfallenden Nachlaßhälfte die Großelternpaare des anderen Elternteiles in demselben Ausmaß wie zu der ihnen unmittelbar zufallenden Nachlaßhälfte berufen.

§. 742. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

§. 743. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

5. Linie: Die zweyten Urgroßältern und ihre Nachkömmlinge.

§. 744. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

§. 745. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

§. 746. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

§. 747. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

6. Linie: Die dritten Urgroßältern u. ihre Nachkommenschaft.

§. 748. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

§. 749. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)

§. 750. Wenn jemand mit dem Erblasser von mehr als einer Seite verwandt ist; so genießt er von jeder Seite dasjenige Erbrecht, welches ihm, als einem Verwandten von dieser Seite ins besondere betrachtet, gebührt. (§. 736.)

Ausschließung der entferntern Verwandten.

§. 751. Auf diese vier Linien der Verwandtschaft wird das Recht der Erbfolge in Ansehung eines frei vererblichen Vermögens eingeschränkt.

§. 752. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)

§. 753. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)

§. 754. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)

§. 755. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)

§. 755a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)

§. 756. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)

II. Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten

§. 757. Der Ehegatte des Erblassers ist neben Kindern des Erblassers und deren Nachkommen zu einem Drittel des Nachlasses, neben Eltern und Geschwistern des Erblassers oder neben Großeltern zu zwei Dritteln des Nachlasses gesetzlicher Erbe. Sind neben Großeltern Nachkommen verstorbener Großeltern vorhanden, so erhält überdies der Ehegatte von dem restlichen Drittel des Nachlasses den Teil, der den Nachkommen der verstorbenen Großeltern zufallen würde. Gleiches gilt für jene Erbteile, die den Nachkommen verstorbener Geschwister zufallen würden. In den übrigen Fällen erhält der Ehegatte den ganzen Nachlass.

In den Erbteil des Ehegatten ist alles einzurechnen, was dieser durch Ehepakt oder Erbvertrag aus dem Vermögen des Erblassers erhält.

§. 758. Sofern der Ehegatte nicht rechtmäßig enterbt worden ist, gebühren ihm als gesetzliches Vorausvermächtnis das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen, und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, soweit sie zu dessen Fortführung entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen erforderlich sind.

§. 759. Ein aus seinem Verschulden geschiedener Ehegatte hat kein gesetzliches Erbrecht und keinen Anspruch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis.

Das gesetzliche Erbrecht und der Anspruch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis ist dem überlebenden Ehegatten auch dann versagt, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe gemäß dem Ehegesetz vom 6. Juli 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 807) zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben hatte, sofern im Falle der Scheidung oder Aufhebung der Ehegatte als schuldig anzusehen wäre.

Erblose Verlassenschaft.

§. 760. Wenn kein zur Erbfolge Berechtigter vorhanden ist oder wenn niemand die Erbschaft erwirbt, fällt die Verlassenschaft als ein erbloses Gut dem Staate anheim.

Abweichungen von der allgemeinen Erbfolgeordnung.

§. 761. Die Abweichungen von der in diesem Hauptstücke bestimmten gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf Bauerngüter, und die Verlassenschaft geistlicher Personen sind in den politischen Gesetzen enthalten.

 

Vierzehntes Hauptstück.

Von dem Pflichttheile und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil.

Welchen Personen als Notherben ein Pflichttheil gebühre.

§. 762. Die Personen, die der Erblasser in der letzten Anordnung bedenken muß, sind seine Kinder, in Ermangelung solcher seine Eltern, und der Ehegatte.

§. 763. Unter dem Nahmen Kinder werden nach der allgemeinen Regeln (§. 42.) auch Enkel und Urenkel; und unter dem Nahmen Aeltern alle Großältern begriffen. Es findet hier zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlechte; zwischen ehelicher und unehelicher Geburt kein Unterschied Statt, sobald für diese Person das Recht und die Ordnung der gesetzlichen Erbfolge eintreten würde.

§. 764. Der Erbtheil, welchen diese Personen zu fordern berechtigt sind, heißt: Pflichttheil; sie selbst werden in dieser Rücksicht Notherben genannt.

In welchem Betrage,

§. 765. Als Pflichtteil gebührt jedem Kind und dem Ehegatten die Hälfte dessen, was ihm nach der gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre.

§. 766. In der aufsteigenden Linie gebührt jedem Notherben als Pflichttheil ein Drittheil dessen, was er nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten haben würde.

und unter was für Beschränkungen.

§. 767. Wer auf das Erbrecht Verzicht geleistet hat; wer nach den in dem achten Hauptstücke enthaltenen Vorschriften von dem Erbrechte ausgeschlossen wird; oder von dem Erblasser rechtmäßig enterbet worden ist; hat auf einen Pflichttheil einen Anspruch, und wird bey der Ausmessung desselben so betrachtet, als wenn er gar nicht vorhanden wäre.

Eine Pflichtteilsminderung nach § 773a erhöht den Pflichtteil der übrigen Noterben nicht.

Erfordernisse einer rechtmäßigen Enterbung.

§. 768. Ein Kind kann enterbt werden:

1) (Anm.: Aufgehoben durch Art. 7, RGBl 1868/Nr. 49.)

2) wenn es den Erblasser im Nothstande hülflos gelassen hat;

3) wenn es wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist;

4) wenn es eine gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensart beharrlich führet.

§. 769. Aus den gleichen Gründen können auch der Ehegatte und die Eltern enterbt werden; der Ehegatte außerdem dann, wenn er seine Beistandspflicht gröblich vernachlässigt hat.

§. 770. Ueberhaupt kann einem Notherben auch solcher Handlungen wegen, die einen Erben nach den §§. 540-542. des Erbrechtes unwürdig machen, durch die letzte Willenserklärung der Pflichttheil entzogen werden.

§. 771. Die Enterbungsursache muß immer, sie mag von dem Erblasser ausgedrückt seyn oder nicht, von dem Erben erwiesen werden, und in den Worten, und dem Sinne des Gesetzes gegründet seyn.

§. 772. Die Enterbung wird nur durch einen ausdrücklichen in der gesetzlichen Form erklärten Widerruf aufgehoben.

§. 773. Wenn bey einem sehr verschuldeten oder verschwenderischen Notherben das wahrscheinliche Besorgniß obwaltet, daß der ihm gebührende Pflichttheil ganz oder größten Theils seinen Kindern entgehen würde; so kann ihm der Pflichttheil von dem Erblasser, jedoch nur dergestalt entzogen werden, daß solcher den Kindern des Notherben zugewendet werde.

Pflichtteilsminderung

§. 773a. Standen der Erblasser und der Pflichtteilsberechtigte zu keiner Zeit in einem Naheverhältnis, wie es in der Familie zwischen solchen Verwandten gewöhnlich besteht, so kann der Erblasser den Pflichtteil auf die Hälfte mindern.

Die §§ 771 und 772 gelten sinngemäß für die Pflichtteilsminderung.

Das Recht auf Pflichtteilsminderung steht nicht zu, wenn der Erblasser die Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem Pflichtteilsberechtigten grundlos abgelehnt hat.

Wie der Pflichttheil zu hinterlassen.

§. 774. Der Pflichttheil kann in Gestalt eines Erbtheiles oder Vermächtnisses, auch ohne ausdrückliche Benennung des Pflichttheiles hinterlassen werden. Er muß aber dem Notherben ganz frey bleiben. Jede denselben einschränkende Bedingung oder Belastung ist ungültig. Wird dem Notherben ein größerer Erbtheil zugedacht; so kann sie nur auf den Theil, welcher den Pflichttheil übersteigt, bezogen werden.

Rechtsmittel des Notherben:

a) bey einer widerrechtlichen Enterbung oder Verkürzung in dem Pflichttheile;

§. 775. Ein Notherbe, welcher ohne die in den §§. 768-773 vorgeschriebenen Bedingungen enterbt worden, kann den ihm gebührenden vollen Pflichttheil; und, wenn er in dem reinen Betrage des Pflichttheils verkürzt worden ist, die Ergänzung desselben fordern.

b) bey einer gänzlichen Uebergehung.

§. 776. Wenn aus mehrern Kindern, deren Daseyn dem Erblasser bekannt war, Eines ganz mit Stillschweigen übergangen wird; so kann es ebenfalls nur den Pflichttheil fordern.

§. 777. Wenn aber aus den Umständen erwiesen werden kann, daß die Uebergehung Eines aus mehrern Kindern nur daher rühre, weil dem Erblasser das Daseyn desselben unbekannt war, so ist der Uebergangene nicht schuldig, sich mit dem Pflichttheile zu begnügen; sondern er kann den Erbtheil, welcher für den am mindesten begünstigten Notherben ausfällt; wofern aber der einzige noch übrige Notherbe eingesetzt wird, oder alle übrige zu gleichen Theilen berufen sind, einen gleichen Erbtheil verlangen.

§. 778. Hat der Erblasser einen einzigen Notherben, und er übergeht ihn aus oben gedachtem Irrthume mit Stillschweigen; oder erhält ein kinderloser Erblasser erst nach Erklärung seines letzten Willens einen Notherben, für den keine Vorsehung getroffen ist; so werden nur die zu öffentlichen Anstalten, zur Belohnung geleisteter Dienste, oder zu frommen Absichten bestimmten Vermächtnisse in einem, den vierten Theil der reinen Verlassenschaft nicht übersteigenden, Betrage verhältnißmäßig entrichtet, alle übrige Anordnungen den letzten Willens aber gänzlich entkräftet. Sie erlangen jedoch, wenn der Notherbe vor dem Erblasser verstorben ist, wieder ihre Kraft.

§. 779. Wenn ein Kind vor dem Erblasser stirbt und Abstämmlinge hinterläßt; so treten diese mit Stillschweigen übergangenen Abstämmlinge in Ansehung des Erbrechtes an die Stelle des Kindes.

Die Nachkommen eines vorverstorbenen Noterben, dessen Pflichtteil gemindert worden ist, können nur den geminderten Pflichtteil fordern.

§. 780. Die Abstämmlinge eines enterbten Kindes sind bloß befugt, den Pflichtteil zu verlangen, dies aber auch, wenn der Enterbte den Erblasser überlebt hat.

§. 781. Werden der Ehegatte oder die Eltern mit Stillschweigen übergangen, so können sie nur den Pflichtteil fordern.

§. 782. Wenn der Erbe beweisen kann, daß ein mit Stillschweigen übergangener Notherbe sich einer der in den §§. 768-770. angeführten Enterbungsursachen schuldig gemacht hat; so wird die Uebergehung als eine stillschweigende rechtliche Enterbung angesehen.

Wer zur Entrichtung des Erb- oder Pflichttheils beyzutragen habe.

§. 783. In allen Fällen, wo einem Noterben der gebührende Erb- oder Pflichtteil gar nicht oder nicht vollständig ausgemessen worden ist, müssen sowohl die eingesetzten Erben als auch die Legatare, nicht jedoch der Ehegatte mit dem gesetzlichen Vorausvermächtnis, verhältnismäßig zur vollständigen Entrichtung beitragen.

Art der Ausmessung und Berechnung des Pflichttheiles.

§. 784. Um den Pflichtteil richtig ausmessen zu können, werden alle zur Verlassenschaft gehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen, alle Rechte und Forderungen, welche der Erblasser auf seine Nachfolger frei zu vererben befugt war, selbst alles, was ein Erbe oder Legatar in die Masse schuldig ist, genau beschrieben und geschätzt. Den Noterben steht frei, der Schätzung beizuwohnen und ihre Erinnerungen dabei zu machen. Auf eine Feilbietung der Verlassenschaftsstücke zur Erhebung des wahren Wertes kann von ihnen nicht gedrungen werden. Schulden und andere Lasten, welche schon bei Lebzeiten des Erblassers auf dem Vermögen hafteten, werden von der Masse abgerechnet.

§. 785. Auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder des pflichtteilsberechtigten Ehegatten sind bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Der Gegenstand der Schenkung ist dem Nachlaß mit dem Wert hinzuzurechnen, der für die Anrechnung nach § 794 maßgebend ist.

Das Recht nach Abs. 1 steht einem Kind nur hinsichtlich solcher Schenkungen zu, die der Erblasser zu einer Zeit gemacht hat, zu der er ein pflichtteilsberechtigtes Kind gehabt hat, dem Ehegatten nur hinsichtlich solcher Schenkungen, die während seiner Ehe mit dem Erblasser gemacht worden sind.

In jedem Fall bleiben Schenkungen unberücksichtigt, die der Erblaser aus Einkünften ohne Schmälerung seines Stammvermögens, zu gemeinnützigen Zwecken, in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksichten des Anstandes gemacht hat. Gleiches gilt für Schenkungen, die früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht worden sind.

§. 786. Der Pflichttheil wird ohne Rücksicht auf Vermächtnisse, und andere aus dem letzten Willen entspringenden Lasten berechnet. Bis zur wirklichen Zutheilung ist die Verlassenschaft, in Ansehung des Gewinnes und der Nachtheile, als ein zwischen den Haupt- und Notherben verhältnißmäßig gemeinschaftliches Gut zu betrachten.

Anrechnung zum Pflichttheile.

§. 787. Alles, was die Notherben durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers wirklich aus der Verlassenschaft erhalten, wird bey Bestimmung ihres Pflichttheiles in Rechnung gebracht.

Wenn bei Bestimmung des Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag zu bringen sind, muß sich jeder Noterbe auf die dadurch bewirkte Erhöhung seines Pflichtteiles die nach § 785 zum Nachlasse hinzuzurechnenden Geschenke anrechnen lassen, die er selbst vom Erblasser erhalten hat.

§. 788. Was der Erblasser bey Lebzeiten seiner Tochter oder Enkelinn zum Heirathsgute; seinem Sohne oder Enkel zur Ausstattung, oder unmittelbar zum Antritte eines Amtes, oder was immer für eines Gewerbes gegeben; oder zur Bezahlung der Schulden eines volljährigen Kindes verwendet hat, wird in den Pflichttheil eingerechnet.

§. 789. Überhaupt sind in den Pflichtteil die als Vorschuß darauf geleisteten Zuwendungen des Erblassers unter Lebenden einzurechnen; in den Pflichtteil des Ehegatten außerdem alles, was er als gesetzliches Vorausvermächtnis (§ 758) erhält.

oder zum Erbtheile bey der gesetzlichen Erbfolge.

§. 790. Die Anrechnung bey der Erbfolge der Kinder aus einem letzten Willen geschieht nur dann, wenn sie von dem Erblasser ausdrücklich verordnet wird. Dagegen muß auch bey der gesetzlichen Erbfolge ein Kind sich dasjenige, was es von dem Erblasser bey dessen Lebenszeit zu den oben (§. 788.) erwähnten Zwecken empfangen hat, anrechnen lassen. Einem Enkel wird nicht nur das, was er unmittelbar selbst; sondern auch, was seine Aeltern, in deren Stelle er tritt, auf solche Arte empfangen haben, in den Erbtheil eingerechnet.

§. 791. Was Aeltern außer den erwähnten Fällen einem Kinde zugewendet haben, wird, wenn die Aeltern nicht ausdrücklich die Erstattung sich ausbedungen haben, für eine Schenkung gehalten, und nicht angerechnet.

§. 792. Die Aeltern können einem Kinde die Anrechnung auch bey der gesetzlichen Erbfolge ausdrücklich erlassen. Wenn aber die nöthige Erziehung der übrigen Kinder weder aus ihrem eigenen, noch aus dem Vermögen der Aeltern bestritten werden könnte; so muß das Kind dasjenige, was es zu den im §. 788. erwähnten Zwecken in voraus empfangen hat, sich in dem Maße anrechnen lassen, als es zur Erziehung für die Geschwister nothwendig ist.

§. 793. Die Anrechnung des Empfangenen zum Erbtheile geschieht dadurch, daß jedes Kind den nähmlichen Betrag noch vor der Theilung erhält. Ist die Verlassenschaft dazu nicht hinreichend; so kann zwar das früher begünstigte Kind keinen Erbtheil ansprechen, aber auch zu keiner Erstattung angehalten werden.

§. 794. Bey jeder Anrechnung wird, wenn das Empfangene nicht in barem Gelde; sondern in andern beweglichen oder unbeweglichen Sachen bestand, der Werth der letztern nach dem Zeitpuncte des Empfanges; der erstern dagegen nach dem Zeitpuncte des Erbanlasses bestimmt.

Anspruch des Notherben auf den nothwendigen,

§. 795. Einem Notherben, der von seinem Pflichttheile selbst gesetzmäßig ausgeschlossen wird, muß doch immer der nothwendige Unterhalt ausgemessen werden.

und des Ehegatten auf den Unterhalt

§. 796. Der Ehegatte hat, außer in den Fällen der §§ 759 und 795, solange er sich nicht wiederverehelicht, an die Erben bis zum Wert der Verlassenschaft einen Anspruch auf Unterhalt nach den sinngemäß anzuwendenden Grundsätzen des § 94. In diesen Anspruch ist alles einzurechnen, was der Ehegatte nach dem Erblasser durch vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil, durch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält; desgleichen eigenes Vermögen des Ehegatten oder Erträgnisse einer von ihm tatsächlich ausgeübten oder einer solchen Erwerbstätigkeit, die von ihm den Umständen nach erwartet werden kann.

 

Fünfzehntes Hauptstück.

Von Besitznehmung der Erbschaft.

Bedingungen zur rechtlichen Besitznehmung einer Erbschaft.

§. 797. Niemand darf eine Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen. Das Erbrecht muß vor Gericht verhandelt und von demselben die Einantwortung des Nachlasses, das ist, die Uebergabe in den rechtlichen Besitz, bewirket werden.

§. 798. Wie weit das Gericht nach einem Todesfalle von Amts wegen vorzugehen habe, und welche Fristen und Vorsichtsmittel bey diesem Abhandlungsgeschäfte zu beobachten seyn, bestimmen die besondern, über das gerichtliche Verfahren bestehenden, Vorschriften. Hier wird festgesetzt, was dem Erben oder demjenigen, der sonst einen Anspruch an die Verlassenschaft hat, zu thun obliege, um zu dem Besitze dessen, was ihm gebühret, zu gelangen.

§. 798a. Überlässt das Gericht eine überschuldete Verlassenschaft an Zahlungs statt, so bildet der Überlassungsbeschluss einen Titel zum Erwerb.

Ausweisung des Rechtstitels: Erbantrittserklärung.

§. 799. Wer eine Erbschaft in Besitz nehmen will, muß den Rechtstitel, ob sie ihm aus einer letzten Anordnung; aus einem gültigen Erbvertrage; oder aus dem Gesetze zufalle, dem Gerichte ausweisen, und sich ausdrücklich erklären, daß er die Erbschaft annehme.

§. 800. Die Antretung der Erbschaft oder die Erbantrittserklärung muß zugleich enthalten, ob sie unbedingt, oder mit Vorbehalt der Rechtswohlthat des Inventariums geschehe.

Wirkung der unbedingten,

§. 801. Die unbedingte Erbantrittserklärung hat zur Folge, daß der Erbe allen Gläubigern des Erblassers für ihre Forderungen, und allen Legataren für ihre Vermächtnisse haften muß, wenn gleich die Verlassenschaft nicht hinreichet.

und der bedingten Erklärung.

§. 802. Wird die Erbschaft mit Vorbehalt der rechtlichen Wohlthat des Inventariums angetreten; so ist sogleich vom Gerichte das Inventarium auf Kosten der Masse aufzunehmen. Ein solcher Erbe wird den Gläubigern und Legataren nur so weit verbunden, als die Verlassenschaft für ihre, und auch seine eigenen, außer dem Erbrechte ihm zustehenden, Forderungen hinreicht.

Berechtigung zur bedingten oder unbedingten Antretung oder Ausschlagung der Erbschaft.

§. 803. Der Erblasser kann dem Erben den Vorbehalt dieser rechtlichen Wohltat nicht benehmen, noch die Errichtung eines Inventariums verbiethen. Selbst die in einem Erbvertrage zwischen Ehegatten darauf geschehene Verzicht ist von keiner Wirkung.

§. 804. Die Errichtung des Inventariums kann auch von demjenigen verlangt werden, dem ein Pflichttheil gebühret.

§. 805. Wer seine Rechte selbst verwalten kann, dem steht frey, die Erbschaft unbedingt, oder mit Vorbehalt der obigen Rechtswohlthat anzutreten oder auch auszuschlagen.

§. 806. Der Erbe kann seine gerichtliche Erbantrittserklärung nicht mehr widerrufen, noch auch die unbedingte abändern, und sich die Rechtswohlthat des Inventariums vorbehalten.

§. 807. Wenn aus mehrern Miterben einige unbedingt; andere aber, oder auch nur Einer aus ihnen mit Vorbehalt der erwähnten Rechtswohlthat sich zu Erben erklären; so ist ein Inventarium zu errichten und die auf diesen Vorbehalt beschränkte Erbantrittserklärung der Verlassenschaftsabhandlung zum Grunde zu legen. In diesem, so wie in allen Fällen, in welchen ein Inventarium errichtet werden muß, genießt auch derjenige, welcher einer unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben hat, so lange ihm die Erbschaft noch nicht übergeben worden, die rechtliche Wohlthat des Inventariums.

§. 808. Wird jemand zum Erben eingesetzt, dem auch ohne letzte Willenserklärung das Erbrecht ganz oder zum Theile gebührt hätte; so ist er nicht befugt, sich auf die gesetzliche Erbfolge zu berufen und dadurch die Erklärung des letzten Willens zu vereiteln. Er muß die Erbschaft entweder aus dem letzten Willen antreten, oder ihr ganz entsagen. Personen aber, denen ein Pflichttheil gebühret, können die Erbschaft mit Vorbehalt ihres Pflichttheiles ausschlagen.

Uebertragung des Erbrechtes.

§. 809. Stirbt der Erbe ehe, als er die angefallene Erbschaft angetreten oder ausgeschlagen hat; so treten seine Erben, wenn der Erblasser diese nicht ausgeschlossen, oder nicht andere Nacherben bestimmt hat, in das Recht, die Erbschaft anzunehmen, oder auszuschlagen. (§. 537.)

Vorkehrungen vor Einantwortung der Erbschaft:

a) Verwaltung;

§. 810. Der Erbe, der bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, hat das Recht, das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet. Trifft dies auf mehrere Personen zu, so üben sie dieses Recht gemeinsam aus, soweit sie nichts anderes vereinbaren.

Verwaltungs- und Vertretungshandlungen vor Abgabe von Erbantrittserklärungen zur gesamten Verlassenschaft sowie alle Veräußerungen von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen bedürfen der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts, wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Handlung für die Verlassenschaft offenbar nachteilig wäre.

Ist nach der Aktenlage die Errichtung eines Inventars zu erwarten, so dürfen Vermögensgegenstände, deren Veräußerung nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört, erst veräußert werden, nachdem sie in ein Inventar (Teilinventar) aufgenommen worden sind.

b) Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger;

§. 811. Für die Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger des Erblassers wird vom Gerichte nicht weiter gesorgt, als sie selbst verlangen. Die Gläubiger sind aber nicht schuldig, eine Erbantrittserklärung abzuwarten. Sie können ihre Ansprüche wider die Masse anbringen, und begehren: daß zur Vertretung derselben ein Curator bestellt werde, gegen welchen sie ihre Forderungen ausführen können.

c) Absonderung der Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben;

§. 812. Besorget ein Erbschaftsgläubiger, ein Legatar, oder ein Notherbe, daß er durch Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr laufen könne; so kann er vor der Einantwortung verlangen, daß die Erbschaft von dem Vermögen des Erben abgesondert, vom Gerichte verwahrt, oder von einem Curator verwaltet, sein Anspruch darauf vorgemerkt und berichtiget werde. In einem solchen Falle hat ihm aber der Erbe, obschon dieser sich unbedingt als Erbe erkläret hätte, aus eigenem Vermögen nicht

mehr zu haften.

d) Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger.

§. 813. Dem Erben oder dem aufgestellten Verlassenschafts-Curator steht es frey, zur Erforschung des Schuldenstandes die Ausfertigung eines Edictes, wodurch alle Gläubiger zur Anmeldung und Darthuung ihrer Forderungen auf eine den Umständen angemessene Zeit einberufen werden, nachzusuchen, und bis nach verstrichener Frist mit der Befriedigung der Gläubiger inne zu halten.

Wirkung der Einberufung;

§. 814. Die Wirkung dieser gerichtlichen Einberufung ist, daß den Gläubigern, welche sich binnen der bestimmten Zeitfrist nicht gemeldet haben, an die Verlassenschaft, wenn sie durch die Bezahlung der angemeldeten Forderungen erschöpft worden ist, kein weiterer Anspruch zusteht, als in so fern ihnen ein Pfandrecht gebühret.

oder, der Unterlassung derselben.

§. 815. Unterläßt der Erbe die ihm bewilligte Vorsicht der gerichtlichen Einberufung; oder befriediget er sogleich einige der sich anmeldenden Gläubiger, ohne auf die Rechte der übrigen Rücksicht zu nehmen, und bleiben einige Gläubiger aus Unzulänglichkeit der Verlassenschaft unbezahlt; so haftet er ihnen, ungeachtet der bedingten Erbantrittserklärung, mit seinem ganzen Vermögen in dem Maße, als sie die Zahlung erhalten haben würden, wenn die Verlassenschaft nach der gesetzlichen Ordnung zur Befriedigung der Gläubiger verwendet worden wäre.

e) Ausweisung über die Erfüllung des letzten Willens, entweder von dem Testaments-Executor;

§. 816. Hat der Erblasser einen Vollzieher (Executor) seines letzten Willens ernannt; so hängt es von dessen Willkühr ab, dieses Geschäft auf sich zu nehmen. Hat er es übernommen, so ist er schuldig, entweder als ein Machthaber die Anordnungen des Erblassers selbst zu vollziehen, oder den saumseligen Erben zur Vollziehung derselben zu betreiben.

oder dem Erben.

§. 817. Ist kein Vollzieher der letzten Willens ernannt, oder unterzieht sich der ernannte dem Geschäfte nicht; so liegt dem Erben unmittelbar ob, den Willen des Erblassers so viel möglich zu erfüllen, oder die Erfüllung sicher zu stellen, und sich gegen das Gericht darüber auszuweisen. In Ansehung bestimmter Legatare hat er bloß darzuthun, daß er denselben von dem ihnen zugefallenen Vermächtnisse Nachricht gegeben habe (§. 688.)

§. 818. Was der Erbe, ehe er zum Besitze der Erbschaft gelangen kann, an Abgaben zu entrichten, und im Falle, daß sein Erblasser gegen das Staats-Aerarium in Verrechnung gestanden ist, hierwegen auszuweisen habe, darüber enthalten die politischen Verordnungen die besondere Vorschrift.

Wann die Erbschaft einzuantworten.

§. 819. Sobald über die eingebrachte Erbantrittserklärung der rechtmäßige Erbe vom Gerichte erkannt, und von demselben die Erfüllung der Verbindlichkeiten geleistet ist, wird ihm die Erbschaft eingeantwortet und die Abhandlung geschlossen. Uebrigens hat der Erbe um die Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen zu erwirken, die Vorschrift des §. 436. zu befolgen.

Haftung der gemeinschaftlichen Erben.

§. 820. Mehrere Erben, welche eine gemeinschaftliche Erbschaft ohne die rechtliche Wohlthat des Inventariums angetreten haben, haften allen Erbschaftsgläubigern und Legataren, selbst nach der Einantwortung, Alle für Einen und Einer für Alle. Unter sich aber sind sie nach Verhältniß ihrer Erbtheile beyzutragen schuldig.

§. 821. Haben die gemeinschaftlichen Erben von der rechtlichen Wohlthat des Inventariums Gebrauch gemacht; so sind sie vor der Einantwortung den Erbschaftsgläubigern und Legataren nach dem §. 550. zu haften verbunden. Nach der erfolgten Einantwortung haftet jeder einzelne selbst für die, die Erbschafts-Masse nicht übersteigenden, Lasten nur nach Verhältniß seines Erbtheiles.

Sicherheitsmittel der Gläubiger des Erben.

§. 822. Vor der Einantwortung können Gläubiger des Erben nur auf die einzelnen Bestandteile des Nachlasses Exekution führen, über welche dem Erben vom Nachlaßgerichte die freie Verfügung überlassen worden ist.

Erbschaftsklagen.

§. 823. Auch nach erhaltener Einantwortung kann der Besitznehmer von jenem, der ein besseres oder gleiches Erbrecht zu haben behauptet, auf Abtretung oder Theilung der Erbschaft belangt werden. Das Eigenthum einzelner Erbschaftstücke wird nicht mit der Erbschafts-, sondern der Eigenthumsklage verfolgt.

Wirkung derselben.

§. 824. Wenn der Beklagte zur Abtretung der Verlassenschaft ganz oder zum Theile verhalten wird; so sind die Ansprüche auf die Zurückstellung der von dem Besitzer bezogenen Früchte; oder auf die Vergütung der von demselben in dem Nachlasse verwendeten Kosten nach jenen Grundsätzen zu beurtheilen, welche in Rücksicht auf den redlichen oder unredlichen Besitzer in dem Hauptstücke vom Besitze überhaupt festgesetzt sind. Ein dritter redlicher Besitzer ist für die in der Zwischenzeit erworbenen Erbstücke niemanden verantwortlich.

 

Sechzehntes Hauptstück.

Von der Gemeinschaft des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte.

Ursprung einer Gemeinschaft.

§. 825. So oft das Eigenthum der nähmlichen Sache, oder ein und dasselbe Recht mehreren Personen ungetheilt zukommt; besteht eine Gemeinschaft. Sie gründet sich auf eine zufällige Ereignung; auf ein Gesetz; auf eine letzte Willenserklärung; oder auf einen Vertrag.

§. 826. Nach Verschiedenheit der Quellen, aus denen eine Gemeinschaft entspringt, erhalten auch die Rechte und Pflichten der Theilhaber ihre nähere Bestimmung. Die besondern Vorschriften über eine durch Vertrag entstehende Gemeinschaft der Güter sind in dem sieben und zwanzigsten Hauptstücke enthalten.

§. 827. Wer einen Antheil an einer gemeinschaftlichen Sache anspricht, der muß sein Recht, wenn es von den übrigen Theilnehmern widersprochen wird, beweisen.

Gemeinschaftliche Rechte der Theilhaber.

§. 828. So lange alle Theilhaber einverstanden sind, stellen sie nur Eine Person vor, und haben das Recht, mit der gemeinschaftlichen Sache nach Belieben zu schalten. Sobald sie uneinig sind, kann kein Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache eine Veränderung vornehmen, wodurch über den Antheil des Andern verfügt würde.

Eine gerichtliche oder vertraglich vereinbarte Benützungsregelung zwischen den Teilhabern einer unbeweglichen Sache wirkt auch für deren Rechtsnachfolger, wenn sie im Grundbuch angemerkt ist.

Rechte des Theilhabers auf seinen Antheil.

§. 829. Jeder Theilhaber ist vollständiger Eigenthümer seines Antheiles. In so fern er die Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt, kann er denselben, oder die Nutzungen davon willkührlich und unabhängig verpfänden, vermachen, oder sonst veräußern. (§. 361.)

§. 830. Jeder Theilhaber ist befugt, auf Ablegung der Rechnung und auf Vertheilung des Ertrages zu dringen. Er kann in der Regel auch die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen; doch nicht zur Unzeit, oder zum Nachtheile der Uebrigen. Er muß sich daher einen, den Umständen angemessenen, nicht wohl vermeidlichen Aufschub gefallen lassen.

§. 831. Hat sich ein Theilhaber zur Fortsetzung der Gemeinschaft verbunden, so kann er zwar vor Verlauf der Zeit nicht austreten; allein diese Verbindlichkeit wird, wie andere Verbindlichkeiten, aufgehoben, und erstreckt sich nicht auf die Erben, wenn diese nicht selbst dazu eingewilliget haben.

§. 832. Auch die Anordnung eines Dritten, wodurch eine Sache zur Gemeinschaft bestimmt wird, muß zwar von den ersten Theilhabern, nicht auch von ihren Erben befolgt werden. Eine Verbindlichkeit zu einer immerwährenden Gemeinschaft kann nicht bestehen.

Rechte der Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache:

a) In Rücksicht des Hauptstammes.

§. 833. Der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache kommt allen Theilhabern insgesammt zu. In Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstammes betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach den Personen, sondern nach Verhältniß der Antheile der Theilnehmer gezählet werden.

§. 834. Bey wichtigen Veränderungen aber, welche zur Erhaltung oder bessern Benützung des Hauptstammes vorgeschlagen werden, können die Ueberstimmten Sicherstellung für künftigen Schaden; oder, wenn diese verweigert wird, den Austritt aus der Gemeinschaft verlangen.

§. 835. Wollen sie nicht austreten; oder geschähe der Austritt zur Unzeit; so soll das Los, ein Schiedsmann, oder, wofern sie sich darüber nicht einhellig vereinigen, der Richter entscheiden, ob die Veränderung unbedingt oder gegen Sicherstellung Statt finden soll oder nicht. Diese Arten der Entscheidung treten auch bey gleichen Stimmen der Mitglieder ein.

§. 836. Ist ein Verwalter der gemeinschaftlichen Sachen zu bestellen; so entscheidet über dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen, und in deren Abgang der Richter.

§. 837. Der Verwalter des gemeinschaftlichen Gutes wird als ein Machthaber angesehen. Er ist einerseits verbunden, ordentliche Rechnung abzulegen; andererseits aber befugt, alle nützlich gemachte Auslagen in Abrechnung zu bringen. Dieses gilt auch in dem Falle, daß ein Theilgenosse ein gemeinschaftliches Gut ohne Auftrag der übrigen Theilnehmer verwaltet.

§. 838. Wird die Verwaltung Mehrern überlassen; so entscheidet auch unter ihnen die Mehrheit der Stimmen.

§. 838a. Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten sind im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden.

b) der Nutzungen und Lasten.

§. 839. Die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten werden nach Verhältniß der Antheile ausgemessen. Im Zweifel wird jeder Antheil gleich groß angesehen; wer das Gegentheil behauptet, muß es beweisen.

§. 840. Ordentlicher Weise sind die erzielten Nutzungen in Natur zu theilen. Ist aber diese Vertheilung nicht thunlich; so ist jeder berechtigt, auf die öffentliche Feilbiethung zu dringen. Der gelöste Werth wird den Theilhabern verhältnißmäßig entrichtet.

c) der Theilung.

§. 841. Bey der nach aufgehobener Gemeinschaft vorzunehmenden Theilung der gemeinschaftlichen Sache gilt keine Mehrheit der Stimmen. Die Theilung muß zur Zufriedenheit eines jeden Sachgenossen vorgenommen werden. Können sie nicht einig werden; so entscheidet das Los, oder ein Schiedsmann, oder, wenn sie sich über die Bestimmung der einen oder andern dieser Entscheidungsarten nicht einhellig vereinigen, der Richter.

§. 842. Ein Schiedsmann oder der Richter entscheidet auch, ob bey der Theilung liegender Gründe oder Gebäude ein Theilgenosse, zur Benützung seines Antheiles, einer Servitut bedürfe, und unter welcher Bedingung sie ihm zu verwilligen sey.

§. 843. Kann eine gemeinschaftliche Sache entweder gar nicht, oder nicht ohne beträchtliche Verminderung des Werthes getheilt werden, so ist sie, und zwar wenn auch nur Ein Theilgenosse es verlangt, vermittelst gerichtlicher Feilbiethung zu verkaufen, und der Kaufschilling unter die Theilhaber zu vertheilen.

§. 844. Servituten, Grenzzeichen und die zum gemeinschaftlichen Gebrauche nötigen Urkunden sind keiner Teilung fähig. Die Urkunden werden, wenn sonst nichts im Wege steht, bei dem ältesten Teilhaber niedergelegt. Die übrigen erhalten auf ihre Kosten beglaubigte Abschriften. Die Grunddienstbarkeiten bestehen mangels Vereinbarung zugunsten aller Teile fort; jedoch darf die Dienstbarkeit dadurch nicht erweitert oder für das dienstbare Gut beschwerlicher werden. Kommt die Ausübung der Dienstbarkeit nur einzelnen Teilen zugute, so erlischt das Recht hinsichtlich der übrigen Teile.

§. 845. Bei Teilungen der Grundstücke sind die gegenseitigen Grenzen durch entsprechende Grenzzeichen auf eine deutliche und unwandelbare Art zu bezeichnen.

§. 846. Ueber die gemachte Theilung sind Urkunden zu errichten. Ein Theilhaber einer unbeweglichen Sache erhält auch erst dadurch ein dingliches Recht auf seinen Antheil, daß die darüber errichtete Urkunde den öffentlichen Büchern einverleibt wird. (§. 436.)

§. 847. Die bloße Teilung was immer für eines gemeinschaftlichen Gutes kann einem Dritten nicht zum Nachteile gereichen; alle ihm zustehenden Pfand-, Servituts- und anderen dinglichen Rechte werden nach wie vor der Teilung ausgeübt. Trifft jedoch die Ausübung einer Grunddienstbarkeit nur ein Teilstück, so erlischt das Recht hinsichtlich der übrigen Teile.

§. 848. Auch persönliche Rechte, die einem Dritten gegen eine Gemeinschaft zustehen, haben ungeachtet des erfolgten Austrittes ihre vorige Kraft. Ebenso kann derjenige, welcher an eine Gemeinschaft schuldig ist, die Zahlung nicht an einzelne Teilnehmer entrichten. Solche Schulden müssen an die ganze Gemeinschaft oder an jenen, der sie ordentlich vorstellt, abgetragen werden.

§. 848a. Gewährt eine Dienstbarkeit oder eine andere dingliche Last einen Anspruch auf Nutzungen, so kann bei Teilung des herrschenden Grundstückes jeder Berechtigte und bei Teilung des belasteten Grundstückes jeder Belastete eine gerichtliche Regelung der Ausübung begehren. Die Ausübung ist mit Rücksicht auf die Natur und Zweckbestimmung des Rechtes sowie auf das Größenverhältnis und die wirtschaftliche Besonderheit der einzelnen Liegenschaftsteile ohne Erschwerung der Last so zu regeln, wie es allen Interessen billigerweise entspricht.

§. 849. Was bisher von der Gemeinschaft überhaupt bestimmt worden ist, läßt sich auch auf die einer Familie, als einer Gemeinschaft, zustehenden Rechte und Sachen, z. B. Stiftungen, Fideicommisse u. dgl. anwenden.

Erneuerung und Berichtigung der Grenzen

§. 850. Wenn die Grenzzeichen zwischen zwei Grundstücken durch was immer für Umstände so verletzt worden sind, daß sie ganz unkenntlich werden könnten, oder wenn die Grenzen wirklich unkennbar oder streitig sind, so hat jeder der Nachbarn das Recht, die gerichtliche Erneuerung oder Berichtigung der Grenze zu verlangen. Zu diesem Behufe sind die Nachbarn zu einer Verhandlung im Verfahren außer Streitsachen mit dem Bedeuten zu laden, daß trotz Ausbleibens des Geladenen die Grenze festgesetzt und vermarkt werden wird.

§. 851. Sind die Grenzen wirklich unkennbar geworden oder streitig, so werden sie nach dem letzten ruhigen Besitzstande festgesetzt. Läßt sich dieser nicht feststellen, so hat das Gericht die streitige Fläche nach billigem Ermessen zu verteilen.

Jeder Partei bleibt es vorbehalten, ihr besseres Recht im Prozeßweg geltend zu machen.

§. 852. Die wichtigsten Behelfe bey einer Gränzberichtigung sind: die Ausmessung und Beschreibung, oder auch die Abzeichnung des streitigen Grundes; dann, die sich darauf beziehenden öffentlichen Bücher und andere Urkunden; endlich, die Aussagen sachkündiger Zeugen, und das von Sachverständigen nach vorgenommenem Augenscheine gegebene Gutachten.

§. 853. Die Kosten des Verfahrens sind von den Nachbarn nach Maß ihrer Grenzlinien zu bestreiten. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn sich aus der Verhandlung ergibt, daß die Grenzerneuerung oder Grenzberichtigung nicht notwendig war, weil die Grenze nicht bestritten oder hinlänglich kenntlich gewesen ist, oder weil die anderen Beteiligten zur außergerichtlichen Vermarkung bereit waren.

Wenn das Verfahren durch Störung des ruhigen Besitzes veranlaßt wurde, kann das Gericht die Kosten ganz oder teilweise der Partei auferlegen, die den Streit veranlaßt hat.

Vermuthete Gemeinschaft.

§. 853a. Für Grenzen von Grundstücken, die im Grenzkataster enthalten sind, finden die Bestimmungen der §§ 850 bis 853 keine Anwendung.

§. 854. Erdfurchen, Zäune, Hecken, Planken, Mauern, Privat-Bäche, Canäle, Plätze und andere dergleichen Scheidewände, die sich zwischen benachbarten Grundstücken befinden, werden für ein gemeinschaftliches Eigenthum angesehen; wenn nicht Wapen, Auf- oder Inschriften, oder andere Kennzeichen und Behelfe das Gegentheil beweisen.

§. 855. Jeder Mitgenosse kann eine gemeinschaftliche Mauer auf seiner Seite bis zur Hälfte in der Dicke benützen, auch Blindthüren und Wandschränke dort anbringen, wo auf der entgegengesetzten Seite noch keine angebracht sind. Doch darf das Gebäude durch einen Schorstein, Feuerherd oder andere Anlagen nicht in Gefahr gesetzt, und der Nachbar auf keine Art in dem Gebrauche seines Antheiles gehindert werden.

§. 856. Alle Miteigenthümer tragen zur Erhaltung solcher gemeinschaftlichen Scheidewände verhältnißmäßig bey. Wo sie doppelt vorhanden sind; oder das Eigenthum getheilt ist, bestreitet jeder die Unterhaltungskosten für das, was ihm allein gehört.

§. 857. Ist die Stellung einer Scheidewand von der Art, daß die Ziegel, Latten oder Steine nur auf einer Seite vorlaufen oder abhängen; oder sind die Pfeiler, Säulen, Ständer, Bachställe auf einer Seite eingegraben; so ist im Zweifel auf dieser Seite das ungetheilte Eigenthum der Scheidewand, wenn nicht aus einer beyderseitigen Belastung, Einfügung, aus andern Kennzeichen, oder sonstigen Beweisen das Gegentheil erhellet. Auch derjenige wird für den ausschließenden Besitzer einer Mauer gehalten, welcher eine in der Richtung gleich fortlaufende Mauer von gleicher Höhe und Dicke unstreitig besitzt.

§. 858. In der Regel ist der ausschließende Besitzer nicht schuldig, seine verfallene Mauer oder Planke neu aufzuführen; nur dann muß er sie in gutem Stande erhalten, wenn durch die Oeffung für den Gränznachbar Schaden zu befürchten stünde. Es ist aber jeder Eigenthümer verbunden, auf der rechten Seite seines Haupteinganges für die nöthige Einschließung seines Raumes, und für die Abtheilung von dem fremden Raume zu sorgen.

 

Zweyter Theil.

Zweyte Abtheilung.

Von den persönlichen Sachenrechten.

Siebzehntes Hauptstück.

Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt.

Grund der persönlichen Sachenrechte.

§. 859. Die persönlichen Sachenrechte, vermöge welcher eine Person einer andern zu einer Leistung verbunden ist, gründen sich unmittelbar auf ein Gesetz; oder auf ein Rechtsgeschäft; oder auf eine erlittene Beschädigung.

Auslobung

§. 860. Die nicht an bestimmte Personen gerichtete Zusage einer Belohnung für eine Leistung oder einen Erfolg (Auslobung) wird durch die öffentliche Bekanntmachung verbindlich. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt ist.

§. 860a. Bis zur Vollendung der Leistung kann die Auslobung in derselben Form, in welcher sie bekannt gemacht war, oder einer gleich wirksamen Form, oder durch besondere Mitteilung widerrufen werden, wenn anders darauf in der Bekanntmachung nicht ausdrücklich oder durch Bestimmung einer Frist verzichtet ist. Der Widerruf ist aber unwirksam gegenüber demjenigen, der die Leistung im Hinblick auf die Auslobung vollbracht hat, wenn er dartut, daß der Widerruf ihm zu dieser Zeit ohne sein Verschulden nicht bekannt geworden war.

§. 860b. Ist die Leistung von mehreren Personen vollbracht worden, so gebührt, falls nicht aus der Auslobung ein anderer Wille hervorgeht, die Belohnung demjenigen, der die Leistung zuerst vollbracht hat, und bei gleichzeitiger Vollendung allen zu gleichen Teilen.

Abschließung des Vertrages.

§. 861. Wer sich erkläret, daß er jemanden sein Recht übertragen, daß heißt, daß er ihm etwas gestatten, etwas geben, daß er für ihn etwas thun, oder seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der Andere das Versprechen gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen beyder Theile ein Vertrag zu Stande. So lange die Unterhandlungen dauern, und das Versprechen noch nicht gemacht, oder weder zum voraus, noch nachher angenommen ist, entsteht kein Vertrag.

§. 862. Das Versprechen (Antrag) muß innerhalb der vom Antragsteller bestimmten Frist angenommen werden. In Ermanglung einer solchen muß der einem Anwesenden oder mittels Fernsprechers von Person zu Person gemachte Antrag sogleich, der sonst einem Abwesenden gemachte Antrag längstens bis zu dem Zeitpunkte angenommen werden, in welchem der Antragsteller unter der Voraussetzung, daß sein Antrag rechtzeitig angekommen sei, bei rechtzeitiger und ordnungsmäßiger Absendung der Antwort deren Eintreffen erwarten darf; widrigenfalls ist der Antrag erloschen. Vor Ablauf der Annahmefrist kann der Antrag nicht zurückgenommen werden. Er erlischt auch nicht, wenn ein Teil während der Annahmefrist stirbt oder handlungsunfähig wird, sofern nicht ein anderer Wille des Antragstellers aus den Umständen hervorgeht.

§. 862a. Als rechtzeitig gilt die Annahme, wenn die Erklärung innerhalb der Annahmefrist dem Antragsteller zugekommen ist. Trotz ihrer Verspätung kommt jedoch der Vertrag zustande, wenn der Antragsteller erkennen mußte, daß die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesendet wurde, und gleichwohl seinen Rücktritt dem andern nicht unverzüglich anzeigt.

§. 863. Man kann seinen Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und allgemein angenommene Zeichen; sondern auch stillschweigend durch solche Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen.

In bezug auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen ist auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.

§. 864. Ist eine ausdrückliche Erklärung der Annahme nach der Natur des Geschäftes oder der Verkehrssitte nicht zu erwarten, so kommt der Vertrag zustande, wenn dem Antrag innerhalb der hierfür bestimmten oder den Umständen angemessenen Frist tatsächlich entsprochen worden ist.

Das Behalten, Verwenden oder Verbrauchen einer Sache, die dem Empfänger ohne seine Veranlassung übersandt worden ist, gilt nicht als Annahme eines Antrags. Der Empfänger ist nicht verpflichtet, die Sache zu verwahren oder zurückzuleiten, er darf sich ihrer auch entledigen. Muß ihm jedoch nach den Umständen auffallen, daß die Sache irrtümlich an ihn gelangt ist, so hat er in angemessener Frist dies dem Absender mitzuteilen oder die Sache an den Absender zurückzuleiten.

§. 864a. Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.

Erfordernisse eines gültigen Vertrages:

1) Fähigkeiten der Personen;

§. 865. Kinder unter sieben Jahren und Personen über sieben Jahre, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, sind – außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 – unfähig, ein Versprechen zu machen oder es anzunehmen. Andere Minderjährige oder Personen, denen ein Sachwalter bestellt ist, können zwar ein bloß zu ihrem Vorteil gemachtes Versprechen annehmen; wenn sie aber eine damit verknüpfte Last übernehmen oder selbst etwas versprechen, hängt – außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 und des § 280 Abs. 2 – die Gültigkeit des Vertrages nach den in dem dritten und vierten Hauptstück des ersten Teiles gegebenen Vorschriften in der Regel von der Einwilligung des Vertreters oder zugleich des Gerichtes ab. Bis diese Einwilligung erfolgt, kann der andere Theil nicht zurücktreten, aber eine angemessene Frist zur Erklärung verlangen.

§. 866. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 83, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)

§. 867. Was zur Gültigkeit eines Vertrages mit einer unter der besondern Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehenden Gemeinde, (§. 27.) oder ihren einzelnen Gliedern und Stellvertretern erfordert werde, ist aus der Verfassung derselben und den politischen Gesetzen zu entnehmen. (§. 290.)

§. 868. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)

2) wahre Einwilligung.

§. 869. Die Einwilligung in einen Vertrag muß frey, ernstlich, bestimmt und verständlich erkläret werden. Ist die Erklärung unverständlich; ganz unbestimmt; oder erfolgt die Annahme unter andern Bestimmungen, als unter welchen das Versprechen geschehen ist; so entsteht kein Vertrag. Wer sich, um einen Andern zu bevortheilen, undeutlicher Ausdrücke bedient, oder ein Scheinhandlung unternimmt, leistet Genugthuung.

§. 870. Wer von dem anderen Teile durch List oder durch ungerechte und gegründete Furcht (§ 55) zu einem Vertrage veranlaßt worden, ist ihn zu halten nicht verbunden.

§. 871. War ein Teil über den Inhalt der von ihm abgegebenen oder dem anderen zugegangenen Erklärung in einem Irrtum befangen, der die Hauptsache oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erklärt wurde, so entsteht für ihn keine Verbindlichkeit, falls der Irrtum durch den anderen veranlaßt war, oder diesem aus den Umständen offenbar auffallen mußte oder noch rechtzeitig aufgeklärt wurde.

Ein Irrtum eines Teiles über einen Umstand, über den ihn der andere nach geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären gehabt hätte, gilt immer als Irrtum über den Inhalt des Vertrages und nicht bloß als solcher über den Bewegungsgrund oder den Endzweck (§ 901).

§. 872. Betrifft aber der Irrthum weder die Hauptsache, noch eine wesentliche Beschaffenheit derselben, sondern einen Nebenumstand; so bleibt der Vertrag, in so fern beyde Theile in den Hauptgegenstand gewilliget, und den Nebenumstand nicht als vorzügliche Absicht erkläret haben, noch immer gültig: allein dem Irregeführten ist von dem Urheber des Irrthumes die angemessene Vergütung zu leisten.

§. 873. Eben diese Grundsätze sind auch auf den Irrthum in der Person desjenigen, welchem ein Versprechen gemacht worden ist, anzuwenden; in so fern ohne den Irrthum der Vertrag entweder gar nicht, oder doch nicht auf solche Art errichtet worden wäre. Als Irrtum in der Person gilt jedenfalls der Irrtum über das Vorhandensein einer erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnis zur Erbringung der Leistung.

§. 874. In jedem Falle muß derjenige, welcher einen Vertrag durch List oder ungerechte Furcht bewirket hat, für die nachtheiligen Folgen Genugthuung leisten.

§. 875. Ist einer der Vertragschließenden von einem Dritten durch List oder durch ungerechte und gegründete Furcht zu einem Vertrage bewogen; oder zu einer irrtümlichen Erklärung veranlaßt worden; so ist der Vertrag gültig. Nur in dem Falle, daß der andere Teil an der Handlung des Dritten teilnahm oder von derselben offenbar wissen mußte, kommen die §§ 870 bis 874 zur Anwendung.

§. 876. Die vorstehenden Bestimmungen (§§ 869 bis 875) finden entsprechende Anwendung auf sonstige Willenserklärungen, welche einer anderen Person gegenüber abzugeben sind.

§. 877. Wer die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung verlangt, muß dagegen auch Alles zurückstellen, was es aus einem solchen Vertrage zu seinem Vortheile erhalten hat.

3) Möglichkeit der Leistung.

§. 878. Was geradezu unmöglich ist, kann nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden. Ist Mögliches und Unmögliches zugleich bedungen, so bleibt der Vertrag in ersterem Teile gültig, wenn anders aus dem Vertrage nicht hervorgeht, daß kein Punkt von dem anderen abgesondert werden könne. Wer bei Abschließung des Vertrages die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte, hat dem anderen Teile, falls von diesem nicht dasselbe gilt, den Schaden zu ersetzen, den er durch das Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrages erlitten hat.

§. 879. Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

Insbesondere sind folgende Verträge nichtig:

1. wenn etwas für die Unterhandlung eines Ehevertrages bedungen wird;

1a. wenn etwas für die Vermittlung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung bedungen wird;

2. wenn ein Rechtsfreund eine ihm anvertraute Streitsache ganz oder teilweise an sich löst oder sich einen bestimmten Teil des Betrages versprechen läßt, der der Partei zuerkannt wird;

3. wenn eine Erbschaft oder ein Vermächtnis, die man von einer dritten Person erhofft, noch bei Lebzeiten derselben veräußert wird;

4. wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren läßt, deren Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Mißverhältnisse steht.

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.

§. 880. Wird der Gegenstand, worüber ein Vertrag geschlossen worden, vor dessen Uebergabe dem Verkehre entzogen; so ist es eben so viel, als wenn man den Vertrag nicht geschlossen hätte.

§. 880a. Hat jemand einem andern eine Leistung eines Dritten versprochen, so gilt dies als Zusage seiner Verwendung bei dem Dritten; ist er aber für den Erfolg eingestanden, so haftet er für volle Genugtuung, wenn die Leistung des Dritten ausbleibt.

Verträge zugunsten Dritter

§. 881. Hat sich jemand eine Leistung an einen Dritten versprechen lassen, so kann er fordern, daß an den Dritten geleistet werde.

Ob und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, vom Versprechenden Erfüllung zu fordern, ist aus der Vereinbarung und der Natur und dem Zwecke des Vertrages zu beurteilen. Im Zweifel erwirbt der Dritte dieses Recht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteile gereichen soll.

Das Recht auf die bei einer Gutsabtretung vom Übernehmer zugunsten eines Dritten versprochenen Leistungen gilt mangels anderer Vereinbarungen dem Dritten als mit der Übergabe des Gutes erworben.

§. 882. Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht zurück, so gilt das Recht als nicht erworben.

Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegen den Dritten zu.

Form der Verträge.

§. 883. Ein Vertrag kann mündlich oder schriftlich; vor Gericht oder außerhalb desselben; mit oder ohne Zeugen errichtet werden. Diese Verschiedenheit der Form macht, außer den im Gesetze bestimmten Fällen, in Ansehung der Verbindlichkeit keinen Unterschied.

§. 884. Haben die Parteien für einen Vertrag die Anwendung einer bestimmten Form vorbehalten, so wird vermutet, daß sie vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen.

§. 885. Ist zwar noch nicht die förmliche Urkunde, aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte errichtet und von den Parteien unterfertigt worden (Punktation), so gründet auch schon ein solcher Aufsatz diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten, welche darin ausgedrückt sind.

§. 886. Ein Vertrag, für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, kommt durch die Unterschrift der Parteien oder, falls sie des Schreibens unkundig oder wegen Gebrechens unfähig sind, durch Beisetzung ihres gerichtlich oder notariell beglaubigten Handzeichens oder Beisetzung des Handzeichens vor zwei Zeugen, deren einer den Namen der Partei unterfertigt, zustande. Der schriftliche Abschluß des Vertrages wird durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung ersetzt. Eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege ist nur da genügend, wo sie im Geschäftsverkehr üblich ist.

§. 887. (Anm.: Aufgehoben durch § 95, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)

Gemeinschaftliche Verbindlichkeit oder Berechtigung.

§. 888. Wenn zwey oder mehrere Personen jemanden eben dasselbe Recht zu einer Sache versprechen, oder es von ihm annehmen; so wird sowohl die Forderung, als die Schuld nach den Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigenthumes getheilt.

§. 889. Außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen haftet also aus mehrern Mitschuldnern einer theilbaren Sache jeder nur für seinen Antheil, und eben so muß von mehrern Mitgenossen einer theilbaren Sache, jeder sich mit dem ihm gebührenden Theile begnügen.

§. 890. Betrifft es hingegen untheilbare Sachen; so kann ein Gläubiger, wenn er der einzige ist, solche von einem jeden Mitschuldner fordern. Wenn aber mehrere Gläubiger und nur Ein Schuldner da sind; so ist dieser die Sache einem einzelnen Mitgläubiger, ohne Sicherstellung heraus zu geben, nicht verpflichtet; er kann auf die Uebereinkunft aller Mitgläubiger dringen, oder die gerichtliche Verwahrung der Sache verlangen.

Correalität.

§. 891. Versprechen mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand dergestalt, daß sich Einer für Alle, und Alle für Einen ausdrücklich verbinden; so haftet jede einzelne Person für das Ganze. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von allen, oder von einigen Mitschuldnern das Ganze, oder nach von ihm gewählten Antheilen, oder ob er es von einem Einzigen fordern wolle. Selbst nach erhobener Klage bleibt ihm, wenn er von derselben absteht, diese Wahl vorbehalten; und, wenn er von einem oder dem andern Mitschuldner nur zum Theile befriediget wird; so kann er das Rückständige von den übrigen fordern.

§. 892. Hat hingegen einer mehrern Personen eben dasselbe Ganze zugesagt, und sind diese ausdrücklich berechtiget worden, es zur ungetheilten Hand fordern zu können; so muß der Schuldner das Ganze demjenigen dieser Gläubiger entrichten, der ihn zuerst darum angeht.

§. 893. Sobald ein Mitschuldner dem Gläubiger das Ganze entrichtet hat, darf dieser von den übrigen Mitschuldnern nichts mehr fordern; und sobald ein Mitgläubiger von dem Schuldner ganz befriediget worden ist, haben die übrigen Mitgläubiger keinen Anspruch mehr.

§. 894. Ein Mitschuldner kann dadurch, daß er mit dem Gläubiger lästigere Bedingungen eingeht, den übrigen keinen Nachtheil zuziehen, und die Nachsicht oder Befreyung, welche ein Mitschuldner für seine Person erhält, kommt den übrigen nicht zu Statten.

§. 895. Wie weit aus mehrern Mitgläubigern, welchen eben dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand zugesagt worden ist, derjenige, welcher die ganze Forderung für sich erhalten hat, den übrigen Gläubigern hafte, muß aus den besondern, zwischen den Mitgläubigern bestehenden, rechtlichen Verhältnissen bestimmt werden. Besteht kein solches Verhältniß; so ist einer dem andern keine Rechenschaft schuldig.

§. 896. Ein Mitschuldner zur ungetheilten Hand, welcher die ganze Schuld aus dem Seinigen abgetragen hat, ist berechtiget, auch ohne geschehene Rechtsabtretung, von den übrigen den Ersatz, und zwar, wenn kein anderes besonderes Verhältniß unter ihnen besteht, zu gleichen Theilen zu fordern. War einer aus ihnen unfähig, sich zu verpflichten, oder ist er unvermögend, seiner Verpflichtung Genüge zu leisten; so muß ein solcher ausfallender Antheil ebenfalls von allen Mitverpflichteten übernommen werden. Die erhaltene Befreyung eines Mitverpflichteten kann den übrigen bey der Forderung des Ersatzes nicht nachtheilig seyn. (§. 894.)

Nebenbestimmungen bey Verträgen:

1) Bedingungen;

§. 897. In Ansehung der Bedingungen bey Verträgen gelten überhaupt die nähmlichen Vorschriften, welche über die den Erklärungen des letzten Willens beygesetzten Bedingungen aufgestellt worden sind.

§. 898. Verabredungen unter solchen Bedingungen, welche bey einem letzten Willen für nicht beigesetzt angesehen werden, sind ungültig.

§. 899. Ist die in einem Vertrage vorgeschriebene Bedingung schon vor dem Vertrage eingetroffen; so muß sie nach dem Vertrage nur dann wiederhohlet werden, wenn sie in einer Handlung dessen, der das Recht erwerben soll, besteht und von ihm wiederhohlet werden kann.

2) Bewegungsgrund;

§. 900. Ein unter einer aufschiebenden Bedingung zugesagtes Recht geht auch auf die Erben über.

§. 901. Haben die Parteyen den Bewegungsgrund, oder den Endzweck ihrer Einwilligung ausdrücklich zur Bedingung gemacht; so wird der Bewegungsgrund oder Endzweck wie eine andere Bedingung angesehen. Außer dem haben dergleichen Aeußerungen auf die Gültigkeit entgeldlicher Verträge keinen Einfluß. Bey den unentgeldlichen aber sind die bey den letzten Anordnungen gegebenen Vorschriften anzuwenden.

3) Zeit, Ort und Art der Erfüllung;

§. 902. Eine durch Vertrag oder Gesetz bestimmte Frist ist vorbehaltlich anderer Festsetzung so zu berechnen, daß bei einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgezählt wird, in welchen das Ereignis fällt, von dem der Fristenlauf beginnt.

Das Ende einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist fällt auf denjenigen Tag der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach seiner Benennung oder Zahl dem Tage des Ereignisses entspricht, mit dem der Lauf der Frist beginnt, wenn aber dieser Tag in dem letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats.

Unter einem halben Monate sind fünfzehn Tage zu verstehen, unter der Mitte eines Monats der fünfzehnte dieses Monats.

§. 903. Ein Recht, dessen Erwerbung an einen bestimmten Tag gebunden ist, wird mit dem Anfang dieses Tages erworben. Die Rechtsfolgen der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit oder eines Versäumnisses treten erst mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist ein. Fällt der für die Abgabe einer Erklärung oder für eine Leistung bestimmte letzte Tag auf einen Sonntag oder anerkannten Feiertag, so tritt an dessen Stelle, vorbehaltlich gegenteiliger Vereinbarung, der nächstfolgende Werktag.

§. 904. Ist keine gewisse Zeit für die Erfüllung des Vertrages bestimmt worden; so kann sie sogleich, nähmlich ohne unnöthigen Aufschub, gefordert werden. Hat der Verpflichtete die Erfüllungszeit seiner Willkühr vorbehalten; so muß man entweder seinen Tod abwarten, und sich an die Erben halten; oder, wenn es um eine bloß persönliche, nicht vererbliche, Pflicht zu thun ist, die Erfüllungszeit von dem Richter nach Billigkeit festsetzen lassen. Letzteres findet auch dann Statt, wenn der Verpflichtete die Erfüllung, nach Möglichkeit, oder Thunlichkeit versprochen hat. Uebrigens müssen die Vorschriften, welche oben (§§. 704-706) in Rücksicht der den letzten Anordnungen beygerückten Zeitbestimmung gegeben werden, auch hier angewendet werden.

§. 905. Kann der Erfüllungsort weder aus der Verabredung noch aus der Natur oder dem Zwecke des Geschäftes bestimmt werden, so ist an dem Orte zu leisten, wo der Schuldner zur Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz hatte, oder, wenn die Verbindlichkeit im Betriebe des gewerblichen oder geschäftlichen Unternehmens des Schuldners entstand, am Orte der Niederlassung. In Ansehung des Maßes, des Gewichtes und der Geldsorten ist auf den Ort der Erfüllung zu sehen.

Geldzahlungen hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen. Hat sich dieser nach der Entstehung der Forderung geändert, so trägt der Gläubiger die dadurch bewirkte Erhöhung der Gefahr und der Kosten.

Aus der Übernahme der Kosten der Versendung durch den Schuldner allein folgt noch nicht, dass der Ort, an den die Versendung zu erfolgen hat, für den Schuldner als Erfüllungsort zu gelten hat.

§. 905a. Ist eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im Inland zu zahlen, so kann die Zahlung in inländischer Währung erfolgen, es sei denn, dass die Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen worden ist.

Die Umrechnung erfolgt nach dem zur Zeit der Zahlung am Zahlungsort maßgeblichen Kurswert. Wenn der Schuldner die Zahlung verzögert, hat der Gläubiger die Wahl zwischen dem bei Fälligkeit und dem zur Zeit der Zahlung maßgeblichen Kurswert.

§. 905b. Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache geschuldet, so ist diese in mittlerer Art und Güte zu leisten.

§. 906. Kann das Versprechen auf mehrere Arten erfüllt werden, so hat der Schuldner die Wahl. Er kann aber von der einmal getroffenen Wahl für sich allein nicht abgehen.

Hat der Gläubiger die Wahl und ist er mit ihr in Verzug, so kann der Schuldner die Wahl an Stelle des Gläubigers treffen oder nach den §§ 918 und 919 vorgehen. Wenn er die Wahl an Stelle des Gläubigers trifft, hat er diesen davon zu verständigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Vornahme einer anderen Wahl zu setzen. Trifft der Gläubiger keine solche Wahl, so ist die Wahl des Schuldners maßgebend. In jedem Fall gebührt dem Schuldner der Ersatz des Schadens.

§. 907. Wird ein Vertrag ausdrücklich mit Vorbehalt der Wahl geschlossen, und dieselbe durch zufälligen Untergang eines oder mehrerer Wahlstücke vereitelt; so ist der Theil, dem die Wahl zusteht, an den Vertrag nicht gebunden. Unterläuft aber ein Verschulden des Verpflichteten; so muß er dem Berechtigten für die Vereitlung der Wahl haften.

4) Angeld;

§. 908. Was bey Abschließung eines Vertrages voraus gegeben wird, ist, außer dem Falle einer besondern Verabredung, nur als ein Zeichen der Abschließung, oder als eine Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrages zu betrachten, und heißt Angeld. Wird der Vertrag durch Schuld einer Partey nicht erfüllet; so kann die schuldlose Partey das von ihr empfangene Angeld behalten, oder den doppelten Betrag des von ihr gegebenen Angeldes zurückfordern. Will sie sich aber damit nicht begnügen, so kann sie auf die Erfüllung; oder, wenn diese nicht mehr möglich ist, auf den Ersatz dringen.

5) Reugeld;

§. 909. Wird bey Schließung eines Vertrages ein Betrag bestimmt, welchen ein oder der andere Theil in dem Falle, daß er von dem Vertrage vor der Erfüllung zurücktreten will, entrichten muß; so wird der Vertrag gegen Reugeld geschlossen. In diesem Falle muß entweder der Vertrag erfüllt, oder das Reugeld bezahlet werden. Wer den Vertrag auch nur zum Theile erfüllet; oder das, was von dem Andern auch nur zum Theile zur Erfüllung geleistet worden ist, angenommen hat, kann selbst gegen Entrichtung des Reugeldes nicht mehr zurücktreten.

§. 910. Wenn ein Angeld gegeben, und zugleich das Befugniß des Rücktrittes ohne Bestimmung eines besondern Reugeldes bedungen wird; so vertritt das Angeld die Stelle des Reugeldes. Im Falle des Rücktrittes verliert also der Geber das Angeld; oder der Empfänger stellt das Doppelte zurück.

§. 911. Wer nicht durch bloßen Zufall, sondern durch sein Verschulden an der Erfüllung des Vertrages verhindert wird, muß ebenfalls das Reugeld entrichten.

6) Nebengebühren.

§. 912. Der Gläubiger ist von seinem Schuldner außer der Hauptschuld zuweilen auch Nebengebühren zu fordern berechtiget. Sie bestehen in dem Zuwachse, und in den Früchten der Hauptsache; in den bestimmten oder in den Zögerungs-Zinsen; oder in dem Ersatze des verursachten Schadens; oder dessen, was dem Andern daran liegt, daß die Verbindlichkeit nicht gehörig erfüllet worden; endlich in dem Betrage, welchen ein Theil sich auf diesen Fall bedungen hat.

§. 913. In wie weit mit einem dinglichen Rechte das Recht auf den Zuwachs, oder auf die Früchte verbunden sey, ist in dem ersten und vierten Hauptstücke des zweyten Theiles bestimmet worden. Wegen eines bloß persönlichen Rechtes hat der Berechtigte noch keinen Anspruch auf Nebengebühren. In wie weit dem Gläubiger ein Recht auf diese zukomme, ist theils aus den besondern Arten und Bestimmungen der Verträge; theils aus dem Hauptstücke, von dem Rechte des Schadenersatzes und der Genugthuung, zu entnehmen.

Auslegungsregeln bey Verträgen.

§. 914. Bei Auslegung von Verträgen ist nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.

§. 915. Bey einseitig verbindlichen Verträgen wird im Zweifel angenommen, daß sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bey zweyseitig verbindlichen wird eine undeutliche Aeußerung zum Nachtheile desjenigen erkläret, der sich derselben bedienet hat. (§. 869.)

§. 916. Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen.

Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Erklärung Rechte erworben hat, kann die Einrede des Scheingeschäftes nicht entgegengesetzt werden.

Allgemeine Bestimmungen über entgeltliche Verträge und Geschäfte

§. 917. Bei einem entgeltlichen Vertrage werden entweder Sachen mit Sachen, oder Handlungen, worunter auch die Unterlassungen gehören, mit Handlungen, oder endlich Sachen mit Handlungen und Handlungen mit Sachen vergolten.

§. 917a. Ist zum Schutz eines Vertragspartners gesetzlich bestimmt, daß kein höheres oder kein niedrigeres als ein bestimmtes Entgelt vereinbart werden darf, so ist eine Entgeltvereinbarung soweit unwirksam, als sie dieses Höchstmaß über- beziehungsweise dieses Mindestmaß unterschreitet. Im zweiten Fall gilt das festgelegte Mindestentgelt als vereinbart.

§. 918. Wenn ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, kann der andere entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung begehren oder unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklären.

Ist die Erfüllung für beide Seiten teilbar, so kann wegen Verzögerung einer Teilleistung der Rücktritt nur hinsichtlich der einzelnen oder auch aller noch ausstehenden Teilleistungen erklärt werden.

§. 919. Ist die Erfüllung zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist bei sonstigem Rücktritt bedungen, so muß der Rücktrittsberechtigte, wenn er auf der Erfüllung bestehen will, das nach Ablauf der Zeit dem andern ohne Verzug anzeigen; unterläßt er dies, so kann er später nicht mehr auf der Erfüllung bestehen. Dasselbe gilt, wenn die Natur des Geschäftes oder der dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen läßt, daß die verspätete Leistung oder, im Falle der Verspätung einer Teilleistung, die noch übrigen Leistungen für den Empfänger kein Interesse haben.

§. 920. Wird die Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten oder einen von ihm zu vertretenden Zufall vereitelt, so kann der andere Teil entweder Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern oder vom Vertrage zurücktreten. Bei teilweiser Vereitlung steht ihm der Rücktritt zu, falls die Natur des Geschäftes oder der dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen läßt, daß die teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat.

§. 921. Der Rücktritt vom Vertrage läßt den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt. Das bereits empfangene Entgelt ist auf solche Art zurückzustellen oder zu vergüten, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht.

Gewährleistung

§. 922. Wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, leistet Gewähr, dass sie dem Vertrag entspricht. Er haftet also dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, dass sie seiner Beschreibung, einer Probe oder einem Muster entspricht und dass sie der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung gemäß verwendet werden kann.

Ob die Sache dem Vertrag entspricht, ist auch danach zu beurteilen, was der Übernehmer auf Grund der über sie gemachten öffentlichen Äußerungen des Übergebers oder des Herstellers, vor allem in der Werbung und in den der Sache beigefügten Angaben, erwarten kann; das gilt auch für öffentliche Äußerungen einer Person, die die Sache in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt hat oder die sich durch die Anbringung ihres Namens, ihrer Marke oder eines anderen Kennzeichens an der Sache als Hersteller bezeichnet. Solche öffentlichen Äußerungen binden den Übergeber jedoch nicht, wenn er sie weder kannte noch kennen konnte, wenn sie beim Abschluss des Vertrags berichtigt waren oder wenn sie den Vertragsabschluss nicht beeinflusst haben konnten.

Fälle der Gewährleistung.

§. 923. Wer also der Sache Eigenschaften beylegt, die sie nicht hat, und die ausdrücklich oder vermöge der Natur des Geschäftes stillschweigend bedungen worden sind; wer ungewöhnliche Mängel, oder Lasten derselben verschweigt; wer eine nicht mehr vorhandene, oder eine fremde Sache als die seinige veräußert; wer fälschlich vorgibt, daß die Sache zu einem bestimmten Gebrauche tauglich; oder daß sie auch von den gewöhnlichen Mängeln und Lasten frey sey; der hat, wenn das Widerspiel hervorkommt, dafür zu haften.

Vermutung der Mangelhaftigkeit

§. 924. Der Übergeber leistet Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt. Die Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist.

§. 925. Durch Verordnung wird bestimmt, inwiefern die Vermutung eintritt, daß ein Tier schon vor der Übergabe krank gewesen ist, wenn innerhalb bestimmter Fristen gewisse Krankheiten und Mängel hervorkommen.

§. 926. Von der rechtlichen Vermutung, daß der Mangel schon vor der Übergabe des Tieres vorhanden war, kann aber der Übernehmer nur dann Gebrauch machen, wenn er dem Übergeber oder in dessen Abwesenheit dem Gemeindevorsteher sogleich von dem bemerkten Fehler Nachricht gibt oder das Tier durch einen Sachverständigen untersuchen läßt oder die gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt.

§. 927. Vernachlässigt der Übernehmer diese Vorsicht, so liegt ihm der Beweis ob, daß das Tier schon vor der Übergabe mangelhaft war. Immer steht aber auch dem Übergeber der Beweis offen, daß der gerügte Mangel erst nach der Übergabe eingetreten sei.

§. 928. Fallen die Mängel einer Sache in die Augen oder sind die auf der Sache haftenden Lasten aus den öffentlichen Büchern zu ersehen, so findet außer dem Falle arglistigen Verschweigens des Mangels oder einer ausdrücklichen Zusage, daß die Sache von allen Fehlern und Lasten frei sei, keine Gewährleistung statt (§ 443). Schulden und Rückstände, welche auf der Sache haften, müssen stets vertreten werden.

§. 929. Wer eine fremde Sache wissentlich an sich bringt, hat eben so wenig Anspruch auf eine Gewährleistung, als derjenige, welcher ausdrücklich darauf Verzicht gethan hat.

§. 930. Werden Sachen in Pausch und Bogen, nähmlich so, wie sie stehen und liegen, ohne Zahl, Maß und Gewicht übergeben; so ist der Uebergeber, außer dem Falle, daß eine von ihm fälschlich vorgegebene, oder von dem Empfänger bedungene Beschaffenheit mangelt, für die daran entdeckten Fehler nicht verantwortlich.

Bedingung der Gewährleistung.

§. 931. Wenn der Übernehmer wegen eines von einem Dritten auf die Sache erhobenen Anspruches von der Gewährleistung Gebrauch machen will, so muß er seinem Vormann den Streit verkündigen. Unterläßt er dies, so verliert er zwar noch nicht das Recht der Schadloshaltung, aber sein Vormann kann ihm alle wider den Dritten unausgeführt gebliebenen Einwendungen entgegensetzen und sich dadurch von der Entschädigung in dem Maße befreien, als erkannt wird, daß diese Einwendungen, wenn von ihnen der gehörige Gebrauch gemacht worden wäre, eine andere Entscheidung gegen den Dritten veranlaßt haben würden.

Rechte aus der Gewährleistung

§. 932. Der Übernehmer kann wegen eines Mangels die Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die Aufhebung des Vertrags (Wandlung) fordern.

Zunächst kann der Übernehmer nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich auch nach dem Wert der mangelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den mit der anderen Abhilfe für den Übernehmer verbundenen Unannehmlichkeiten.

Die Verbesserung oder der Austausch ist in angemessener Frist und mit möglichst geringen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer zu bewirken, wobei die Art der Sache und der mit ihr verfolgte Zweck zu berücksichtigen sind.

Sind sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, so hat der Übernehmer das Recht auf Preisminderung oder, sofern es sich nicht um einen geringfügigen Mangel handelt, das Recht auf Wandlung. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.

§. 932a. Während des Rechtsstreites über die Aufhebung des Vertrages wegen eines Viehmangels hat das Gericht auf Antrag einer der Parteien, sobald die Besichtigung nicht mehr erforderlich ist, durch einstweilige Verfügung den gerichtlichen Verkauf des Tieres und die gerichtliche Hinterlegung des Erlöses anzuordnen.

Verjährung

§. 933. Das Recht auf die Gewährleistung muss, wenn es unbewegliche Sachen betrifft, binnen drei Jahren, wenn es bewegliche Sachen betrifft, binnen zwei Jahren gerichtlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit dem Tag der Ablieferung der Sache, bei Rechtsmängeln aber erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird. Die Parteien können eine Verkürzung oder Verlängerung dieser Frist vereinbaren.

Bei Viehmängeln beträgt die Frist sechs Wochen. Sie beginnt bei Mängeln, für die eine Vermutungsfrist besteht, erst nach deren Ablauf.

In jedem Fall bleibt dem Übernehmer die Geltendmachung durch Einrede vorbehalten, wenn er innerhalb der Frist dem Übergeber den Mangel anzeigt.

Schadenersatz

§. 933a. Hat der Übergeber den Mangel verschuldet, so kann der Übernehmer auch Schadenersatz fordern.

Wegen des Mangels selbst kann der Übernehmer auch als Schadenersatz zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch verlangen. Er kann jedoch Geldersatz verlangen, wenn sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.

Nach Ablauf von zehn Jahren ab der Übergabe der Sache obliegt für einen Ersatzanspruch wegen der Mangelhaftigkeit selbst und wegen eines durch diese verursachten weiteren Schadens dem Übernehmer der Beweis des Verschuldens des Übergebers.

Besonderer Rückgriff

§. 933b. Hat ein Unternehmer einem Verbraucher Gewähr geleistet, so kann er von seinem Vormann, wenn auch dieser Unternehmer ist, auch nach Ablauf der Fristen des § 933 die Gewährleistung fordern. Dasselbe gilt für frühere Übergeber im Verhältnis zu ihren Vormännern, wenn sie selbst wegen der Gewährleistungsrechte des letzten Käufers ihrem Nachmann Gewähr geleistet haben. Der Anspruch ist mit der Höhe des eigenen Aufwandes beschränkt.

Ansprüche nach Abs. 1 sind innerhalb von zwei Monaten ab Erfüllung der eigenen Gewährleistungspflicht gerichtlich geltend zu machen. Die Haftung eines Rückgriffspflichtigen verjährt jedenfalls in fünf Jahren nach Erbringung seiner Leistung. Die Frist wird durch eine Streitverkündigung für die Dauer des Rechtsstreits gehemmt.

Schadloshaltung wegen Verkürzung über die Hälfte.

§. 934. Hat bey zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen, was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werthe erhalten; so räumt das Gesetz dem verletzten Theile das Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Dem andern Theile steht aber bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu erhalten, daß er den Abgang bis zum gemeinen Werthe zu ersetzen bereit ist. Das Mißverhältniß des Werthes wird nach dem Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.

§. 935. Die Anwendung des § 934 kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden; er ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn jemand erklärt hat, die Sache aus besonderer Vorliebe um einen außerordentlichen Werth zu übernehmen; wenn er, obgleich ihm der wahre Werth bekannt war, sich dennoch zu dem unverhältnißmäßigen Werthe verstanden hat; ferner, wenn aus dem Verhältnisse der Personen zu vermuthen ist, daß sie einen, aus einem entgeldlichen und unentgeldlichen vermischten, Vertrag schließen wollten; wenn sich der eigentliche Werth nicht mehr erheben läßt; endlich wenn die Sache von dem Gerichte versteigert worden ist.

Von der Verabredung eine künftigen Vertrages.

§. 936. Die Verabredung, künftig erst einen Vertrag schließen zu wollen, ist nur dann verbindlich, wenn sowohl die Zeit der Abschließung, als die wesentlichen Stücke des Vertrages bestimmt, und die Umstände inzwischen nicht dergestalt verändert worden sind, daß dadurch der ausdrücklich bestimmte, oder aus den Umständen hervorleuchtende Zweck vereitelt, oder das Zutrauen des einen oder andern Theiles verloren wird. Ueberhaupt muß auf die Vollziehung solcher Zusagen längstens in einem Jahre nach dem bedungenen Zeitpuncte gedrungen werden; widrigen Falls ist das Recht erloschen.

Von dem Verzicht auf Einwendungen.

§. 937. Allgemeine, unbestimmte Verzichtleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages sind ohne Wirkung.

 

Achtzehntes Hauptstück.

Von Schenkungen.

Schenkung.

§. 938. Ein Vertrag, wodurch eine Sache jemanden unentgeldlich überlassen wird, heißt eine Schenkung.

In wie fern eine Verzichtleistung eine Schenkung sey.

§. 939. Wer auf ein gehofftes, oder wirklich angefallenes, oder zweifelhaftes Recht Verzicht thut, ohne es einem Andern ordentlich abzutreten, oder dasselbe dem Verpflichteten mit dessen Einwilligung zu erlassen, ist für keinen Geschenkgeber anzusehen.

Belohnende Schenkung.

§. 940. Es verändert die Wesenheit der Schenkung nicht, wenn sie aus Erkenntlichkeit; oder in Rücksicht auf die Verdienste des Beschenkten; oder als eine besondere Belohnung desselben gemacht worden ist; nur darf er vorher kein Klagerecht darauf gehabt haben.

§. 941. Hat der Beschenkte ein Klagerecht auf die Belohnung gehabt, entweder, weil sie unter den Parteyen schon bedungen, oder durch das Gesetz vorgeschrieben war; so hört das Geschäft auf, eine Schenkung zu seyn, und ist als ein entgeldlicher Vertrag anzusehen.

Wechselseitige Schenkungen.

§. 942. Sind Schenkungen vorher dergestalt bedungen, das der Schenkende wieder beschenkt werden muß; so entsteht keine wahre Schenkung im Ganzen; sondern nur in Ansehung des übersteigenden Werthes.

Form des Schenkungsvertrages,

§. 943. Aus einem bloß mündlichen, ohne wirkliche Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses Recht muß durch eine schriftliche Urkunde begründet werden.

und Maß einer Schenkung.

§. 944. Ein unbeschränkter Eigenthümer kann mit Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften auch sein ganzes gegenwärtiges Vermögen verschenken. Ein Vertrag aber, wodurch das künftige Vermögen verschenket wird, besteht nur in so weit, als er die Hälfte diese Vermögens nicht übersteigt.

In wie fern der Geber für das Geschenkte hafte.

§. 945. Wer wissentlich eine fremde Sache verschenkt, und dem Geschenknehmer diesen Umstand verschweigt, haftet für die nachtheiligen Folgen.

Unwiderruflichkeit der Schenkungen.

§. 946. Schenkungsverträge dürfen in der Regel nicht widerrufen werden.

Ausnahmen:

1) wegen Dürftigkeit;

§. 947. Geräth der Geschenkgeber in der Folge in solche Dürftigkeit, daß es ihm an dem nöthigen Unterhalte gebricht; so ist er befugt, jährlich von dem geschenkten Betrage die gesetzlichen Zinsen, in so weit die geschenkte Sache, oder derselben Werth noch vorhanden ist, und ihm der nöthige Unterhalt mangelt, von dem Beschenkten zu fordern, wenn sich anders dieser nicht selbst in gleich dürftigen Umständen befindet. Aus mehrern Geschenknehmern ist der frühere nur in so weit verbunden, als die Beyträge der spätern zum Unterhalte nicht zureichen.

2) Undanks;

§. 948. Wenn der Beschenkte sich gegen seinen Wohlthäter eines groben Undankes schuldig macht, kann die Schenkung widerrufen werden. Unter groben Undanke wird eine Verletzung am Leibe, an Ehre, an Freyheit, oder am Vermögen verstanden, welche von der Art ist, daß gegen den Verletzer von Amts wegen, oder auf Verlangen des Verletzten nach dem Strafgesetze verfahren werden kann.

§. 949. Der Undank macht den Undankbaren für seine Person zum unredlichen Besitzer, und gibt selbst dem Erben, des Verletzten, in so fern der letztere den Undank nicht verziehen hat, und noch etwas von dem Geschenke in Natur oder Werthe vorhanden ist, ein Recht zur Widerrufungsklage auch gegen den Erben des Verletzers.

3) Verkürzung des schuldigen Unterhalts;

§. 950. Wer jemanden den Unterhalt zu reichen schuldig ist, kann dessen Recht durch Beschenkung eines Dritten nicht verletzen. Der auf solche Art Verkürzte ist befugt, den Beschenkten um die Ergänzung desjenigen zu belangen, was ihm der Schenkende nun nicht mehr zu leisten vermag. Bey mehrern Geschenknehmern ist die obige (§. 947.) Vorschrift anzuwenden.

4) des Pflichttheils;

§. 951. Wenn bei Bestimmung des Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag gebracht werden (§ 785), der Nachlaß aber zu dessen Deckung nicht ausreicht, kann der verkürzte Noterbe vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes zur Deckung des Fehlbetrages verlangen. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des Fehlbetrages abwenden.

Ist der Beschenkte selbst pflichtteilsberechtigt, so haftet er dem andern nur so weit, als er infolge der Schenkung mehr als den ihm bei Einrechnung der Schenkungen gebührenden Pflichtteil erhalten würde.

Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur in dem Maße, als der später Beschenkte zur Herausgabe nicht verpflichtet oder nicht imstande ist. Gleichzeitig Beschenkte haften verhältnismäßig.

§. 952. Besitzt der Beschenkte die geschenkte Sache oder ihren Werth nicht mehr; so haftet er nur in so fern, als er sie unredlicher Weise aus dem Besitze gelassen hat.

5) der Gläubiger;

§. 953. Unter eben dieser (§. 952.) Beschränkung können auch diejenigen Geschenke zurückgefordert werden, wodurch die zur Zeit der Schenkung schon vorhandenen Gläubiger verkürzt worden sind. Auf Gläubiger, deren Forderungen jünger sind, als die Schenkung, erstreckt sich dieses Recht nur dann, wenn der Beschenkte eines hinterlistigen Einverständnisses überwiesen werden kann.

6) wegen nachgeborner Kinder.

§. 954. Dadurch, daß einem kinderlosen Geschenkgeber nach geschlossenem Schenkungsvertrage Kinder geboren werden, erwächst weder ihm, noch den nachgebornen Kindern das Recht, die Schenkung zu widerrufen. Doch kann er, oder das nachgeborne Kind, im Nothfalle sowohl gegen den Beschenkten, als gegen dessen Erben das oben angeführte Recht auf die gesetzlichen Zinsen des geschenkten Betrages geltend machen. (§. 947.)

Welche Schenkungen auf die Erben nicht übergehen.

§. 955. Hat der Geschenkgeber dem Beschenkten eine Unterstützung in gewissen Fristen zugesichert, so erwächst für die Erben derselben weder ein Recht, noch eine Verbindlichkeit; es müßte denn in dem Schenkungsvertrage ausdrücklich anders bedungen worden seyn.

Schenkung auf den Todesfall.

§. 956. Eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen soll, ist mit Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als ein Vermächtniß gültig. Nur dann ist sie als ein Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat, und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten eingehändiget worden ist.

 

Neunzehntes Hauptstück.

Von dem Verwahrungsvertrage.

Verwahrungsvertrag.

§. 957. Wenn jemand eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt; so entsteht ein Verwahrungsvertrag. Das angenommene Versprechen, eine fremde, noch nicht übergebene Sache in die Obsorge zu übernehmen, macht zwar den versprechenden Theil verbindlich; es ist aber noch kein Verwahrungsvertrag.

§. 958. Durch den Verwahrungsvertrag erwirbt der Uebernehmer weder Eigenthum, noch Besitz, noch Gebrauchsrecht; er ist bloßer Inhaber mit der Pflicht, die ihm anvertraute Sache vor Schaden zu sichern.

Wann er in einen Darleihens- oder Leihvertrag;

§. 959. Wird dem Verwahrer auf sein Verlangen, oder durch freywilliges Anerbiethen des Hinterlegers der Gebrauch gestattet; so hört im ersten Falle der Vertrag gleich nach der Verwilligung; im zweyten aber von dem Augenblicke, da das Anerbiethen angenommen, oder von der hinterlegten Sache wirklich Gebrauch gemacht worden ist, auf, ein Verwahrungsvertrag zu seyn; er wird bey verbrauchbaren Sachen in einen Darleihens-, bey unverbrauchbaren in einen Leihvertrag umgeändert, und es treten die damit verbundenen Rechte und Pflichten ein.

oder in eine Bevollmächtigung übergehe.

§. 960. Es können bewegliche und unbewegliche Sachen in Obsorge gegeben werden. Wird aber dem Uebernehmer zugleich ein anderes, auf die anvertraute Sache sich beziehendes, Geschäft aufgetragen; so wird er als ein Gewalthaber angesehen.

Pflichten und Rechte des Verwahrers;

§. 961. Die Hauptpflicht des Verwahrers ist: die ihm anvertraute Sache durch die bestimmte Zeit sorgfältig zu bewahren, und nach Verlauf derselben dem Hinterleger in eben dem Zustande, in welchem er sie übernommen hat, und mit allem Zuwachse zurückzustellen.

§. 962. Der Verwahrer muß dem Hinterleger auf Verlangen die Sache auch noch vor Verlauf der Zeit zurückstellen, und kann nur den Ersatz des ihm etwa verursachten Schadens begehren. Er kann hingegen die ihm anvertraute Sache nicht früher zurückgeben; es wäre denn, daß ein unvorhergesehener Umstand ihn außer Stand setzte, die Sache mit Sicherheit oder ohne seinen eigenen Nachtheil zu verwahren.

§. 963. Ist die Verwahrungszeit weder ausdrücklich bestimmt worden, noch sonst aus Nebenumständen abzunehmen; so kann die Verwahrung nach Belieben aufgekündet werden.

§. 964. Der Verwahrer haftet dem Hinterleger für den aus der Unterlassung der pflichtmäßigen Obsorge verursachten Schaden, aber nicht für den Zufall; selbst dann nicht, wenn er die anvertraute, obschon kostbarere Sache, mit Aufopferung seiner eigenen hätte retten können.

§. 965. Hat aber der Verwahrer von der hinterlegten Sache Gebrauch gemacht; hat er sie ohne Noth und ohne Erlaubniß des Hinterlegers einem Dritten in Verwahrung gegeben; oder die Zurückstellung verzögert, und die Sache leidet einen Schaden, welchem sie bey dem Hinterleger nicht ausgesetzt gewesen wäre; so kann er keinen Zufall vorschützen, und die Beschädigung wird ihm zugerechnet.

§. 966. Wenn Sachen verschlossen oder versiegelt hinterlegt, und in der Folge das Schloß oder Siegel verletzt worden; so ist der Hinterleger, wenn er eine Abgang behauptet, zur Beschwörung seiner Schadens, in so fern derselbe nach seinem Stande, Gewerbe, Vermögen und den übrigen Umständen wahrscheinlich ist, nach Vorschrift der Gerichtsordnung zuzulassen; es wäre denn, daß der Verwahrer beweisen könnte, daß die Verletzung des Schlosses oder Siegels ohne sein Verschulden geschehen sey. Das Nähmliche hat auch dann zu gelten, wenn sämmtliche auf solche Art hinterlegte Sachen in Verlust gerathen sind.

und des Hinterlegers.

§. 967. Der Hinterleger ist verpflichtet, dem Verwahrer den schuldbarer Weise zugefügten Schaden, und die zur Erhaltung der verwahrten Sache, oder zur Vermehrung der fortdauernden Nutzungen verwendeten Kosten zu ersetzen. Hat der Verwahrer im Nothfalle, um das hinterlegte Gut zu retten, seine eigenen Sachen aufgeopfert; so kann er einen angemessenen Ersatz fordern. Die wechselseitigen Forderungen des Verwahrers und Hinterlegers einer beweglichen Sache können aber nur binnen dreyßig Tagen von Zeit der Zurückstellung angebracht werden.

Sequester.

§. 968. Wird eine in Anspruch genommene Sache von den streitenden Parteyen oder vom Gerichte jemanden in Verwahrung gegeben; so heißt der Verwahrer, Sequester. Die Rechte und Verbindlichkeiten des Sequesters werden nach den hier festgesetzten Grundsätzen beurtheilt.

Ob dem Verwahrer ein Lohn gebühre.

§. 969. Ein Lohn kann für die Aufbewahrung nur dann gefordert werden, wenn er ausdrücklich, oder nach dem Stande des Aufbewahrers stillschweigend bedungen worden ist.

Gastaufnahme

§. 970. Gastwirte, die Fremde beherbergen, haften als Verwahrer für die von den aufgenommenen Gästen eingebrachten Sache, sofern sie nicht beweisen, daß der Schaden weder durch sie oder einen ihrer Leute verschuldet noch durch fremde, in dem Hause aus- und eingehende Personen verursacht ist. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hat der Richter nach den Umständen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.

Als eingebracht gelten die Sachen, die dem Wirte oder einem seiner Leute übergeben oder an einen von diesen angewiesenen oder hierzu bestimmten Ort gebracht sind. Ebenso haften Unternehmer, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen eingestellten Tiere und Fahrzeuge und die auf diesen befindlichen Sachen.

Den Wirten werden gleichgehalten die Besitzer von Badeanstalten in Rücksicht auf die üblicherweise eingebrachten Sachen der Badegäste. 4 8

§. 970a. Ablehnung der Haftung durch Anschlag ist ohne rechtliche Wirkung. Für Kostbarkeiten, Geld und Wertpapiere haftet der Gastwirt nur bis zum Betrage von 550 Euro, es sei denn, daß er diese Sachen in Kenntnis ihrer Beschaffenheit zur Aufbewahrung übernommen hat oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet ist.

§. 970b. Der Ersatzanspruch aus der Gastaufnahme erlischt, wenn der Beschädigte nach erlangter Kenntnis von dem Schaden nicht ohne Verzug dem Wirte die Anzeige macht. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Sachen vom Wirte zur Aufbewahrung übernommen waren.

§. 970c. Den im § 970 bezeichneten Personen steht das Recht zu, zur Sicherung ihrer Forderungen aus der Beherbergung und Verpflegung sowie ihrer Auslagen für die Gäste die eingebrachten Sachen zurückzuhalten.

 

Zwanzigstes Hauptstück.

Von dem Leihvertrage.

Leihvertrag.

§. 971. Wenn jemanden eine unverbrauchbare Sache bloß zum unentgeldlichen Gebrauch auf eine bestimmte Zeit übergeben wird; so entsteht ein Leihvertrag. Der Vertrag, wodurch man jemanden eine Sache zu leihen verspricht, ohne sie zu übergeben, ist zwar verbindlich, aber noch kein Leihvertrag.

Rechte und Pflichten des Entlehners:

1) in Rücksicht des Verbrauches;

§. 972. Der Entlehner erwirbt das Recht, den ordentlichen oder näher bestimmten Gebrauch von der Sache zu machen. Nach Verlauf der Zeit ist er verpflichtet, eben dieselbe Sache zurückzustellen.

2) der Zurückstellung;

§. 973. Wenn keine Zeit zur Zurückgabe festgesetzt, wohl aber die Absicht des Gebrauches bestimmt worden ist; so ist der Entlehner verbunden, mit dem Gebrauche nicht zu zögern, und die Sache so bald als möglich zurück zu geben.

§. 974. Hat man weder die Dauer, noch die Absicht des Gebrauches bestimmt; so entsteht kein wahrer Vertrag, sondern ein unverbindliches Bittleihen (Precarium), und der Verleiher kann die entlehnte Sache nach Willkühr zurückfordern.

§. 975. Bey einem Streite über die Dauer des Gebrauches muß der Entlehner das Recht auf den längern Gebrauch beweisen.

§. 976. Wenn gleich die verlehnte Sache vor Verlauf der Zeit und vor geendigtem Gebrauche dem Verleiher selbst unentbehrlich wird; so hat er ohne ausdrückliche Verabredung doch kein Recht, die Sache früher zurück zu nehmen.

§. 977. Der Entlehner ist zwar in der Regel berechtiget, die entlehnte Sache auch vor der bestimmten Zeit zurück zu geben: fällt aber die frühere Zurückgabe dem Verleiher beschwerlich, so kann sie wider seinen Willen nicht Statt finden.

3) der Beschädigung;

§. 978. Wenn der Entlehner die geliehene Sache anders gebraucht, als es bedungen war, oder den Gebrauch derselben eigenmächtig einem Dritten gestattet; so ist er dem Verleiher verantwortlich, und dieser auch berechtiget, die Sache sogleich zurück zu fordern.

§. 979. Wird die geliehene Sache beschädiget, oder zu Grunde gerichtet; so muß der Entlehner nicht nur den zunächst durch sein Verschulden verursachten, sondern auch den zufälligen Schaden, den er durch eine widerrechtliche Handlung veranlaßt hat, so wie der Verwahrer einer Sache ersetzen. (§. 965.)

§. 980. Dadurch, daß der Entlehner für ein verlornes Lehnstück den Werth erlegt, hat er noch kein Recht, dasselbe, wenn es wieder gefunden wird, gegen den Willen des Eigenthümers für sich zu behalten, wenn dieser bereit ist, den empfangenen Werth zurück zu geben.

4) der Erhaltungskosten.

§. 981. Die mit dem Gebrauche ordentlicher Weise verbunden Kosten muß der Entlehner selbst bestreiten. Die außerordentlichen Erhaltungskosten hat er zwar, dafern er die Sache dem Verleiher nicht zur eigenen Besorgung überlassen kann oder will, inzwischen vorzuschießen; doch werden sie ihm gleich einem redlichen Besitzer vergütet.

Beschädigung der wechselseitigen Klagen.

§. 982. Wenn der Verleiher nach der Zurücknahme des Lehnstückes dessen Mißbrauch, oder übertriebene Abnutzung innerhalb dreyßig Tagen nicht gerüget; oder, wenn der Entlehner nach der Zurückgabe von den auf die Sache verwendeten außerordentlichen Kosten binnen eben diesem Zeitraume keine Meldung gemacht hat; so ist die Klage erloschen.

 

Ein u. zwanzigstes Hauptstück.

Von dem Darleihensvertrage.

Darleihen.

§. 983. Wenn jemanden verbrauchbare Sachen unter der Bedingung übergeben werden, daß er zwar willkührlich darüber verfügen könne, aber nach einer gewissen Zeit eben so viel von derselben Gattung und Güte zurück geben soll; so entsteht ein Darleihensvertrag. Er ist mit dem, obgleich ebenfalls verbindlichen Vertrage (§. 936), ein Darleihen künftig zu geben, nicht zu verwechseln.

Arten desselben.

§. 984. Ein Darleihen wird entweder in Geld oder in anderen verbrauchbaren Sachen, und zwar ohne, oder gegen Zinsen gegeben. Im letzteren Falle nennet man es auch einen Zinsenvertrag.

Gelddarleihen.

§. 985. Ein Gelddarleihen kann klingende Münze, oder Papiergeld, oder öffentliche Schuldscheine (Obligationen) zum Gegenstande haben.

a) in klingender Münze, oder Papiergeld;

§. 986. In wie fern ein Darleihen in klingender Münze überhaupt geschlossen werden könne, und in welcher Währung (Valuta) ein solches Darleihen, oder ein Darleihen in Papiergeld zurück zu zahlen sey, bestimmen die darüber bestehenden besonderen Vorschriften.

§. 987. Wenn ein Darleiher sich die Zahlungen in der besonderen, von ihm gegebenen, Münz-Sorte bedungen hat; so muß die Zahlung in eben dieser Münz-Sorte geleistet werden.

§. 988. Gesetzliche Münzveränderungen ohne Veränderung des inneren Gehaltes gehen auf Rechnung des Darleihers. Er empfängt die Zahlung in der bestimmten, gegebenen Münz-Sorte, z. B. von 1000 Stücken kaiserlicher Ducaten, oder 3000 Zwanzig-Kreuzer Stücken ohne Rücksicht, ob deren äußerer Werth in der Zwischenzeit erhöht oder vermindert worden ist. Wird aber der innere Werth geändert; so ist die Zahlung im Verhältniß zu dem inneren Werthe, den die gegebenen Münz-Sorte zur Zeit des Darleihens hatte, zu leisten.

§. 989. Sind zur Zeit der Rückzahlung dergleichen Münz-Sorten im Staate nicht im Umlaufe; so muß der Schuldner den Gläubiger mit zunächst ähnlichen Geldstücken in solcher Zahl und Art befriedigen, daß derselbe den zur Zeit des Darleihens bestandenen innern Werth dessen, was er gegeben hat, erhalte.

b) in Schuldscheinen.

§. 990. In öffentlichen Schuldscheinen können Darleihen in der Art gültig geschlossen werden, daß die Tilgung der Schuld entweder mit einem durchaus gleichen öffentlichen Schuldscheine, wie der dargeliehene war, geleistet, oder der Betrag nach dem Werthe, welchen der Schuldschein zur Zeit des Darleihens hatte, zurückgezahlt werde.

§. 991. Wenn statt Geldes ein Privat-Schuldschein oder Waaren gegeben worden sind; so ist der Schuldner nur verbunden, entweder den Schuldschein oder die empfangenen Waaren unbeschädigt zurück zu stellen, oder dem Gläubiger den von diesem zu erweisenden Schaden zu ersetzen.

c) Darleihen in anderen verbrauchbaren Gegenständen.

§. 992. Bey Darleihen, die nicht über Geld, sondern über andere verbrauchbare Gegenstände geschlossen werden, macht es, dafern nur die Zurückstellung in der nähmlichen Gattung, Güte und Menge bedungen worden, keinen Unterschied, wenn sie in der Zwischenzeit am Werthe gestiegen oder gefallen sind.

Zinsen.

§. 993. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)

§. 994. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)

§. 995. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)

§. 996. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)

§. 997. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)

§. 998. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)

§. 999. Zinsen von Gelddarleihen sind in der nähmlichen Währung (Valuta), wie das Capital selbst zu entrichten.

§. 1000. An Zinsen, die ohne Bestimmung der Höhe vereinbart worden sind oder aus dem Gesetz gebühren, sind, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, vier vom Hundert auf ein Jahr zu entrichten.

Der Gläubiger einer Geldforderung kann Zinsen von Zinsen verlangen, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Sonst kann er, sofern fällige Zinsen eingeklagt werden, Zinseszinsen vom Tag der Streitanhängigkeit an fordern. Wurde über die Höhe der Zinseszinsen keine Vereinbarung getroffen, so sind ebenfalls vier vom Hundert auf ein Jahr zu entrichten.

Haben die Parteien über die Frist zur Zahlung der Zinsen keine Vereinbarung getroffen, so sind diese bei der Zurückzahlung des Kapitals oder, sofern der Vertrag auf mehrere Jahre abgeschlossen worden ist, jährlich zu zahlen.

§. 1001. Damit ein Schuldschein über einen Darleihensvertrag einen vollständigen Beweis mache, müssen darin der eigentliche Darleiher oder Gläubiger sowohl, als der eigentliche Anleiher oder Schuldner; der Gegenstand und Betrag des Darleihens; und, wenn es in Geld gegeben wird, die Gattung desselben, wie auch alle auf die Zahlung der Hauptschuld sowohl, als auf die etwa zu entrichtenden Zinsen sich beziehende Bedingungen redlich und deutlich bestimmt werden. Die äußere, zur Beweiskraft nöthige Form einer Schuldurkunde setzt die Gerichtsordnung fest.

 

Zwey u. zwanzigstes Hauptstück.

Von der Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung.

Bevollmächtigungsvertrag.

§. 1002. Der Vertrag, wodurch jemand ein ihm aufgetragenes Geschäft im Nahmen des Andern zur Besorgung übernimmt, heißt Bevollmächtigungsvertrag.

§. 1003. Personen, welche zur Besorgung bestimmter Geschäfte öffentlich bestellt worden, sind schuldig, über einen darauf sich beziehenden Auftrag ohne Zögerung gegen den Auftragenden sich ausdrücklich zu erklären, ob sie denselben annehmen oder nicht; widrigen Falls bleiben sie dem Auftragenden für den dadurch veranlaßten Nachtheil verantwortlich.

Eintheilung der Bevollmächtigung in eine unentgeldliche oder entgeldliche;

§. 1004. Wird für die Besorgung eines fremden Geschäftes entweder ausdrücklich, oder nach dem Stande des Geschäftsträgers auch nur stillschweigend eine Belohnung bedungen; so gehört der Vertrag zu den entgeldlichen, außer dem aber zu den unentgeldlichen.

mündliche oder schriftliche;

§. 1005. Bevollmächtigungsverträge können mündlich oder schriftlich geschlossen werden. Die von dem Gewaltgeber dem Gewalthaber hierüber ausgestellte Urkunde wird Vollmacht genannt.

allgemeine oder besondere;

§. 1006. Es gibt allgemeine und besondere Vollmachten, je nachdem jemanden die Besorgung aller, oder nur einiger Geschäfte anvertraut wird. Die besonderen Vollmachten können bloß gerichtliche oder bloß außergerichtliche Geschäfte überhaupt; oder sie können einzelne Angelegenheiten der einen oder andern Gattung zum Gegenstande haben.

Unumschränkte, oder beschränkte;

§. 1007. Vollmachten werden entweder mit unumschränkter oder mit beschränkter Freyheit zu handeln ertheilet. Durch die erstere wird der Gewalthaber berechtiget, das Geschäft nach seinem besten Wissen und Gewissen zu leiten; durch die letztere aber werden ihm die Gränzen, wie weit, und die Art, wie er dasselbe betreiben soll, vorgeschrieben.

§. 1008. Folgende Geschäfte: Wenn im Nahmen eines Andern Sachen veräußert, oder entgeldlich übernommen; Anleihen oder Darleihen geschlossen; Geld oder Geldeswerth erhoben; Processe anhängig gemacht; Eide aufgetragen, angenommen oder zurückgeschoben, oder Vergleiche getroffen werden sollen, erfordern eine besondere, auf diese Gattungen der Geschäfte lautende Vollmacht. Wenn aber eine Erbschaft unbedingt angenommen oder ausgeschlagen; Gesellschaftsverträge errichtet; Schenkungen gemacht; das Befugniß, einen Schiedsrichter zu wählen, eingeräumt, oder Rechte unentgeldlich aufgegeben werden sollen; ist eine besondere, auf das einzelne Geschäft ausgestellte Vollmacht nothwendig. Allgemeine, selbst unbeschränkte Vollmachten sind in diesen Fällen nur hinreichend, wenn die Gattung des Geschäftes in der Vollmacht ausgedrückt worden ist.

Rechte und Verbindlichkeiten des Gewalthabers;

§. 1009. Der Gewalthaber ist verpflichtet, das Geschäft seinem Versprechen und der erhaltenen Vollmacht gemäß, emsig und redlich zu besorgen, und allen aus dem Geschäfte entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen. Er ist, ob er gleich eine beschränkte Vollmacht hat, berechtiget, alle Mittel anzuwenden, die mit der Natur des Geschäftes nothwendig verbunden, oder der erklärten Absicht des Machtgebers gemäß sind. Ueberschreitet er aber die Gränzen der Vollmacht; so haftet er für die Folgen.

§. 1010. Trägt der Gewalthaber das Geschäft ohne Noth einem Dritten auf; so haftet er ganz allein für den Erfolg. Wird ihm aber die Bestellung eines Stellvertreters in der Vollmacht ausdrücklich gestattet, oder durch die Umstände unvermeidlich; so verantwortet er nur ein bey der Auswahl der Person begangenes Verschulden.

§. 1011. Wird mehrern Bevollmächtigten zugleich ein Geschäft aufgetragen; so ist die Mitwirkung Aller zur Gültigkeit des Geschäftes, und Verpflichtung des Machtgebers nothwendig; wenn nicht ausdrücklich Einem oder Mehreren aus ihnen die volle Befugniß in der Vollmacht ertheilt worden ist.

§. 1012. Der Gewalthaber ist schuldig, dem Machtgeber den durch sein Verschulden verursachten Schaden zu ersetzen, und die bey dem Geschäfte vorkommenden Rechnungen, so oft dieser es verlangt, vorzulegen.

§. 1013. Gewalthaber sind, außer dem im §. 1004. enthaltenen Falle, nicht befugt, ihrer Bemühung wegen eine Belohnung zu fordern. Es ist ihnen nicht erlaubt, ohne Willen des Machtgebers in Rücksicht auf die Geschäftsverwaltung von einem Dritten Geschenke anzunehmen. Die erhaltenen werden zur Armen-Casse eingezogen.

des Gewaltgebers;

§. 1014. Der Gewaltgeber ist verbunden, dem Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäftes nothwendig oder nützlich gemachten Aufwand, selbst bey fehlgeschlagenem Erfolge, zu ersetzen, und ihm auf Verlangen zur Bestreitung der baren Auslagen auch einen angemessenen Vorschuß zu leisten; er muß ferner allen durch sein Verschulden entstandenen, oder mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen Schaden vergüten.

§. 1015. Leidet der Gewalthaber bey der Geschäftsführung nur zufälliger Weise Schaden; so kann er in dem Falle, daß er das Geschäft unentgeldlich zu besorgen übernahm, einen solchen Betrag fordern, welcher ihm bey einem entgeldlichen Vertrage zur Vergütung der Bemühung nach dem höchsten Schätzungswerthe gebührt haben würde.

§. 1016. Ueberschreitet der Gewalthaber die Gränzen seiner Vollmacht; so ist der Gewaltgeber nur in so fern verbunden, als er das Geschäft genehmiget, oder den aus dem Geschäfte entstandenen Vortheil sich zuwendet.

in Rücksicht eines Dritten.

§. 1017. In so fern der Gewalthaber nach dem Inhalte der Vollmacht den Gewaltgeber vorstellt, kann er ihm Rechte erwerben und Verbindlichkeiten auflegen. Hat er also innerhalb der Gränzen der offenen Vollmacht mit einem Dritten einen Vertrag geschlossen; so kommen die dadurch gegründeten Rechte und Verbindlichkeiten dem Gewaltgeber und dem Dritten; nicht aber dem Gewalthaber zu. Die dem Gewalthaber ertheilte geheime Vollmacht hat auf die Rechte des Dritten keinen Einfluß.

§. 1018. Auch in dem Falle, daß der Gewaltgeber einen solchen Gewalthaber, der sich selbst zu verbinden unfähig ist, aufgestellt hat, sind die innerhalb der Gränzen der Vollmacht geschlossenen Geschäfte sowohl für den Gewaltgeber, als für den Dritten verbindlich.

§. 1019. Ist der Gewalthaber zu dem von ihm geschlossenen Geschäft nicht oder nicht ausreichend bevollmächtigt, so ist er, wenn der Gewaltgeber weder das Geschäft genehmigt noch sich den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zuwendet (§ 1016), dem anderen Teil zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den dieser im Vertrauen auf die Vertretungsmacht erleidet. Der Gewalthaber haftet jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, das der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrages hat.

Auflösung des Vertrages durch den Widerruf.

§. 1020. Es steht dem Machtgeber frey, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen; doch muß er dem Gewalthaber nicht nur die in der Zwischenzeit gehabten Kosten und den sonst erlittenen Schaden ersetzen; sondern auch einen der Bemühung angemessenen Theil der Belohnung entrichten. Dieses findet auch dann Statt, wenn die Vollendung des Geschäftes durch einen Zufall verhindert worden ist.

die Aufkündung;

§. 1021. Auch der Machthaber kann die angenommene Vollmacht aufkünden. Wenn er sie aber vor Vollendung des ihm insbesondere aufgetragenen, oder vermöge der allgemeinen Vollmacht angefangenen Geschäftes aufkündet; so muß er, dafern nicht ein unvorgesehenes und unvermeidliches Hinderniß eingetreten ist, allen daraus entstandenen Schaden ersetzen.

den Tod.

§. 1022. In der Regel wird die Vollmacht sowohl durch den Tod des Gewaltgebers, als des Gewalthabers aufgehoben. Läßt sich aber das angefangene Geschäft ohne offenbaren Nachtheil der Erben nicht unterbrechen, oder erstreckt sich die Vollmacht selbst auf den Sterbefall des Gewaltgebers; so hat der Gewalthaber das Recht und die Pflicht, das Geschäft zu vollenden.

§. 1023. Die von einem Körper (Gemeinschaft) ausgestellten und übernommenen Vollmachten werden durch die Erlöschung der Gemeinschaft aufgehoben.

oder Concurs.

§. 1024. Verfällt der Machtgeber in Concurs; so sind alle Handlungen, die der Gewalthaber nach Kundmachung des Concurses im Nahmen des Concurs-Schuldners unternommen hat, ohne Rechtskraft. Eben so erklärt die Verhängung des Concurses über das Vermögen des Machthabers schon an und für sich die ertheilte Vollmacht für aufgehoben.

In wie fern die Verbindlichkeit fortdauere.

§. 1025. Wird die Vollmacht durch Widerruf, Aufkündung, oder durch den Tod des Gewaltgebers oder Gewalthabers aufgehoben; so müssen doch die Geschäfte, welche keinen Aufschub leiden, so lange fortgesetzt werden, bis von dem Machtgeber oder dessen Erben eine andere Verfügung getroffen worden ist, oder füglich getroffen werden konnte.

§. 1026. Auch bleiben die mit einem Dritten, dem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt war, geschlossenen Verträge verbindlich, und der Gewaltgeber kann sich nur bey dem Gewalthaber, der die Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines Schadens erhohlen.

Stillschweigende Bevollmächtigung der Dienstpersonen.

§. 1027. Die in diesem Hauptstücke enthaltenen Vorschriften haben auch ihre Anwendung auf die Eigenthümer einer Handlung, eines Schiffes, Kaufladens oder andern Gewerbes, welche die Verwaltung einem Factor, Schiffer, Ladendiener oder andern Geschäftsträgern anvertrauen.

§. 1028. Die Rechte solcher Geschäftsführer sind vorzüglich aus der Urkunde ihrer Bestellung, dergleichen unter Handelsleuten das ordentlich kundgemachte Befugniß der Unterzeichnung (Firma) ist, zu beurtheilen.

§. 1029. Ist die Vollmacht nicht schriftlich gegeben worden; so wird ihr Umfang aus dem Gegenstande, und aus der Natur des Geschäftes beurtheilet. Wer einem Andern eine Verwaltung anvertraut hat, von dem wird vermuthet, daß er ihm auch die Macht eingeräumt habe, alles dasjenige zu thun, was die Verwaltung selbst erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist. (§. 1009.)

Der Überbringer einer Quittung gilt als ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht dem Leistenden bekannte Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.

§. 1030. Gestattet der Eigenthümer einer Handlung, oder eines Gewerbes seinem Diener oder Lehrlinge, Waaren im Laden oder außer demselben zu verkaufen; so wird vermuthet, daß sie bevollmächtigt seyn, die Bezahlung zu empfangen, und Quittungen dagegen auszustellen.

§. 1031. Die Vollmacht, Waaren im Nahmen des Eigenthümers zu verkaufen, erstreckt sich aber nicht auf das Recht, in seinem Nahmen Waaren einzukaufen; auch dürfen Fuhrleute weder den Werth der ihnen anvertrauten Güter beziehen, noch Geld darauf anleihen, wenn es nicht ausdrücklich in Frachtbriefen bestimmt worden ist.

§. 1032. Dienstgeber und Familienhäupter sind nicht verbunden, das, was von ihren Dienstpersonen oder andern Hausgenossen in ihrem Nahmen auf Borg genommen wird, zu bezahlen. Der Borger muß in solchen Fällen den gemachten Auftrag erweisen.

§. 1033. Besteht aber zwischen dem Borgnehmer und dem Borggeber ein ordentliches Einschreibebuch, worin die ausgeborgten Sachen aufgezeichnet werden; so gilt die Vermuthung, daß der Ueberbringer dieses Buches bevollmächtiget sey, die Waare auf Borg zu nehmen.

Gerichtliche und gesetzliche Bevollmächtigung.

§. 1034. Das Recht der Großeltern, der Pflegeeltern, anderer mit der Obsorge betrauter Personen, der Sachwalter und Kuratoren, die Geschäfte ihrer Pflegebefohlenen zu verwalten, gründet sich auf die Anordnung des Gerichts. Die Eltern (ein Elternteil) werden unmittelbar durch das Gesetz mit der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder betraut; Gleiches gilt nach Maßgabe der §§ 211, 212 und 215 Abs. 1 letzter Satz für Jugendwohlfahrtsträger und nach Maßgabe der §§ 284b bis 284e für nächste Angehörige.

Geschäftsführung ohne Auftrag;

§. 1035. Wer weder durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag, noch vom Gerichte, noch aus dem Gesetze das Befugniß erhalten hat, darf der Regel nach sich in das Geschäft eines Andern nicht mengen. Hätte er sich dessen angemaßt; so ist er für alle Folgen verantwortlich.

im Nothfalle;

§. 1036. Wer, obgleich unberufen, ein fremdes Geschäft zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt, dem ist derjenige, dessen Geschäft er besorgt hat, den nothwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwand zu ersetzen schuldig; wenn gleich die Bemühung ohne Verschulden fruchtlos geblieben ist. (§. 403.)

oder zum Nutzen des Andern;

§. 1037. Wer fremde Geschäfte bloß, um den Nutzen des Andern zu befördern, übernehmen will, soll sich um dessen Einwilligung bewerben. Hat der Geschäftsführer zwar diese Vorschrift unterlassen, aber das Geschäft auf seine Kosten zu des Andern klarem, überwiegenden Vortheile geführet; so müssen ihm von diesem die darauf verwendeten Kosten ersetzt werden.

§. 1038. Ist aber der überwiegende Vortheil nicht klar; oder hat der Geschäftsführer eigenmächtig so wichtige Veränderungen in einer fremden Sache vorgenommen, daß die Sache dem Andern zu dem Zwecke, wozu er sie bisher benützte, unbrauchbar wird, so ist dieser zu keinem Ersatze verbunden; er kann vielmehr verlangen, daß der Geschäftsführer auf eigene Kosten die Sache in den vorigen Stand zurücksetze, oder, wenn das nicht möglich ist, ihm volle Genugthuung leiste.

§. 1039. Wer ein fremdes Geschäft ohne Auftrag auf sich genommen hat, muß es bis zur Vollendung fortsetzen, und gleich einem Bevollmächtigten genaue Rechnung darüber ablegen.

gegen den Willen des Andern.

§. 1040. Wenn jemand gegen den gültig erklärten Willen des Eigenthümers sich eines fremden Geschäftes anmasset, oder den rechtmäßigen Bevollmächtigten durch eine solche Einmengung an der Besorgung des Geschäftes verhindert; so verantwortet er nicht nur den hieraus erwachsenen Schaden und entgangenen Gewinn, sondern er verliert auch den gemachten Aufwand, in so fern er nicht in Natur zurück genommen werden kann.

Verwendung einer Sache zum Nutzen des Andern.

§. 1041. Wenn ohne Geschäftsführung eine Sache zum Nutzen eines Anderen verwendet worden ist; kann der Eigenthümer sie in Natur, oder, wenn dieß nicht mehr geschehen kann, den Werth verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der Nutzen in der Folge vereitelt worden ist.

§. 1042. Wer für einen Andern einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen müssen, hat das Recht, den Ersatz zu fordern.

§. 1043. Hat jemand in einem Nothfalle, um einen größern Schaden von sich und Andern abzuwenden, sein Eigenthum aufgeopfert; so müssen ihn Alle, welche daraus Vortheil zogen, verhältnißmäßig entschädigen. Die ausführlichere Anwendung dieser Vorschrift auf Seegefahren ist ein Gegenstand der Seegesetze.

§. 1044. Die Vertheilung der Kriegsschäden wird nach besondern Vorschriften von den politischen Behörden bestimmt.

 

Drey u. zwanzigstes Hauptstück.

Von dem Tauschvertrage.

Tausch.

§. 1045. Der Tausch ist ein Vertrag, wodurch eine Sache gegen eine andere Sache überlassen wird. Die wirkliche Uebergabe ist nicht zur Errichtung; sondern nur zur Erfüllung des Tauschvertrages, und zur Erwerbung des Eigenthumes nothwendig.

§. 1046. Das Geld ist kein Gegenstand des Tauschvertrages; doch lassen sich Gold und Silber als eine Waare und selbst als Münz-Sorten in so weit vertauschen, als sie nur gegen andere Münz-Sorten, goldene nähmlich gegen silberne, kleinere gegen größere Stücke verwechselt werden sollen.

Rechte und Pflichten der Tauschenden

§. 1047. Tauschende sind vermöge des Vertrages verpflichtet, die vertauschten Sachen der Verabredung gemäß mit ihren Bestandteilen und mit allem Zugehör zu rechter Zeit, am gehörigen Ort und in eben dem Zustand, in welchem sie sich bei Schließung des Vertrages befunden haben, zum freien Besitze zu übergeben und zu übernehmen.

insbesondere in Rücksicht der Gefahr

§. 1048. Ist keine Zeit bedungen, zu welcher die Uebergabe geschehen soll, und wird in der Zwischenzeit entweder die vertauschte bestimmte Sache durch Verboth außer Verkehr gesetzt, oder zufälliger Weise ganz, oder doch über die Hälfte am Werthe zu Grunde gerichtet, so ist der Tausch für nicht geschlossen anzusehen.

§. 1049. Andere in dieser Zwischenzeit durch Zufall erfolgte Verschlimmerungen der Sache und Lasten gehen auf die Rechnung des Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und Bogen behandelt worden; so trägt der Uebernehmer den zufälligen Untergang einzelner Stücke, wenn anders hierdurch das Ganze nicht über die Hälfte am Werthe verändert worden ist.

und der Nutzungen vor der Uebergabe.

§. 1050. Dem Besitzer gebühren die Nutzungen der vertauschten Sache bis zur bedungenen Zeit der Uebergabe. Von dieser Zeit an gebühren sie, sammt dem Zuwachse, dem Uebernehmer, obgleich die Sache noch nicht übergeben worden ist.

§. 1051. Ist keine Zeit zur Uebergabe der bestimmten Sache bedungen, und fällt keinem Theile ein Versehen zur Last; so sind die obigen Vorschriften wegen Gefahr und Nutzungen (§§. 1048-1050) auf den Zeitpunct der Uebergabe selbst anzuwenden; in so fern die Parteyen nicht etwas Anderes festgesetzt haben.

§. 1052. Wer auf die Übergabe dringen will, muß seine Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu erfüllen bereit sein. Auch der zur Vorausleistung Verpflichtete kann seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mußten.

 

Vier u. zwanzigstes Hauptstück.

Von dem Kaufvertrage.

Kaufvertrag.

§. 1053. Durch den Kaufvertrag wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem Andern überlassen. Er gehört, wie der Tausch zu den Titeln ein Eigenthum zu erwerben. Die Erwerbung erfolgt erst durch die Uebergabe des Kaufgegenstandes. Bis zur Uebergabe behält der Verkäufer das Eigenthumsrecht.

Erfordernisse des Kaufvertrages.

§. 1054. Wie die Einwilligung des Käufers und Verkäufers beschaffen seyn müssen, und welche Sache gekauft und verkauft werden dürfen, dieses wird nach den Regeln des Verträge überhaupt bestimmt. Der Kaufpreis muß im baren Gelde bestehen, und darf weder unbestimmt, noch gesetzwidrig seyn.

Der Kaufpreis muß

a) im baren Gelde bestehen;

§. 1055. Wird eine Sache theils gegen Geld; theils gegen eine andere Sache veräußert; so wird der Vertrag, je nachdem der Werth am Gelde mehr oder weniger, als der gemeine Werth der gegebenen Sache beträgt, zum Kaufe oder Tausche, und bey gleichem Werthe der Sache, zum Kaufe gerechnet.

b) bestimmt;

§. 1056. Käufer und Verkäufer können die Festsetzung des Preises auch einer dritten bestimmten Person überlassen. Wird von dieser in dem bedungenen Zeitraume nichts festgesetzt; oder will im Falle, daß kein Zeitraum bedungen worden ist, ein Theil vor der Bestimmung des Preises zurücktreten; so wird der Kaufvertrag als nicht geschlossen angesehen.

§. 1057. Wird die Bestimmung des Preises mehreren Personen überlassen, so entscheidet die Mehrheit der Stimmen. Fallen die Stimmen so verschieden aus, daß der Preis nicht einmahl durch wirkliche Mehrheit der Stimmen festgesetzt wird; so ist der Kauf für nicht eingegangen zu achten.

§. 1058. Auch der Werth, welcher bey einer frühern Veräußerung bedungen worden ist, kann zur Bestimmung des Preises dienen. Hat man den ordentlichen Marktpreis zum Grunde gelegt, so wird der mittlere Marktpreis des Ortes und der Zeit, wo und in welcher der Vertrag erfüllet werden muß, angenommen.

c) nicht gesetzwidrig seyn.

§. 1059. (Anm.: Aufgehoben durch § 33 Z. 7, BGBl 1979/Nr. 140 - Konsumentenschutzgesetz.)

§. 1060. Außer diesem Falle kann der Kauf sowohl von dem Käufer als Verkäufer nur wegen Verletzung über die Hälfte bestritten werden (§§. 934-935). Diese Beschwerde findet auch dann Statt, wenn der Ausspruch des Kaufpreises einem Dritten überlassen worden ist.

Pflichten des Verkäufers,

§. 1061. Der Verkäufer ist schuldig, die Sache bis zur Zeit der Uebergabe sorgfältig zu verwahren und sie dem Käufer nach eben den Vorschriften zu übergeben, welche oben bey dem Tausche (§. 1047) aufgestellt worden sind.

und des Käufers.

§. 1062. Der Käufer hingegen ist verbunden, die Sache sogleich, oder zur bedungenen Zeit zu übernehmen, zugleich aber auch das Kaufgeld bar abzuführen; widrigen Falls ist der Verkäufer ihm die Uebergabe der Sache zu verweigern berechtiget.

§. 1063. Wird die Sache dem Käufer von dem Verkäufer ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben; so ist die Sache auf Borg verkauft, und das Eigenthum derselben geht gleich auf den Käufer über.

§. 1063a. Die Kosten der Übergabe der verkauften Ware, insbesondere die Kosten des Messens und des Wägens, fallen dem Verkäufer zur Last, die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache an einen anderen Ort als den Erfüllungsort aber dem Käufer.

§. 1063b. Wenn dem Käufer beim Kauf einer beweglichen Sache die nähere Bestimmung der Form, des Maßes oder ähnlicher Verhältnisse vorbehalten ist, ist er verpflichtet, die vorbehaltene Bestimmung zu treffen. Im Übrigen gilt § 906 Abs. 2 sinngemäß.

Gefahr und Nutzen des Kaufgegenstandes.

§. 1064. In Rücksicht der Gefahr und Nutzungen einer zwar gekauften, aber noch nicht übergebenen Sache gelten die nähmlichen Vorschriften, die bey dem Tauschvertrage gegeben worden sind. (§§. 1048-1051.)

Kauf einer gehofften Sache.

§. 1065. Wenn Sachen, die noch zu erwarten stehen, gekauft werden; so sind die in dem Hauptstücke von gewagten Geschäften gegebenen Anordnungen anzuwenden.

Allgemeine Vorschrift.

§. 1066. In allen bey einem Kaufvertrag vorkommenden Fällen, welche in dem Gesetze nicht ausdrücklich entschieden werden, sind die in den Hauptstücken von Verträgen überhaupt, und von dem Tauschvertrage insbesondere aufgestellten Vorschriften anzuwenden.

Besondere Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages.

§. 1067. Besondere Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages sind: der Vorbehalt des Wiederkaufes, des Rückverkaufes, des Vorkaufes; der Verkauf auf die Probe; der Verkauf mit Vorbehalt eines bessern Käufers; und der Verkaufsauftrag.

Verkauf mit Vorbehalt des Wiederkaufes.

§. 1068. Das Recht eine verkaufte Sache wieder einzulösen, heißt das Recht des Wiederkaufes. Ist dieses Recht dem Verkäufer überhaupt und ohne nähere Bestimmung eingeräumt, so wird von einer Seite das Kaufstück in einem nicht verschlimmerten Zustande; von der andern Seite aber das erlegte Kaufgeld zurück gegeben, und die inzwischen beyderseits aus dem Gelde und der Sache gezogenen Nutzungen bleiben gegen einander aufgehoben.

§. 1069. Hat der Käufer das Kaufstück aus dem Seinigen verbessert; oder zu dessen Erhaltung außerordentliche Kosten verwendet, so gebührt ihm gleich einem redlichen Besitzer der Ersatz; er haftet aber auch dafür, wenn durch sein Verschulden der Werth verändert, oder die Zurückgabe vereitelt worden ist.

§. 1070. Der Vorbehalt des Wiederkaufes findet nur bei unbeweglichen Sachen statt und gebührt dem Verkäufer nur für seine Lebenszeit. Er kann sein Recht weder auf die Erben noch auf einen anderen übertragen. Ist das Recht in die öffentlichen Bücher einverleibt, so kann die Sache auch einem Dritten abgefordert werden und dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.

Kauf mit Vorbehalt des Rückverkaufes.

§. 1071. Den nähmlichen Beschränkungen unterliegt das von dem Käufer ausbedungene Recht, die Sache dem Verkäufer wieder zurück zu verkaufen; und es sind auf dasselbe die für den Wiederkauf ertheilten Vorschriften anzuwenden. Ist aber die Bedingung des Wiederverkaufs oder Wiederkaufs verstellt, und eigentlich, um ein Pfandrecht oder ein Borggeschäft zu verbergen, gebraucht worden, so tritt die Vorschrift des §. 916 ein.

Vorbehalt des Vorkaufsrechtes.

§. 1072. Wer eine Sache mit der Bedingung verkauft, daß der Käufer, wenn er solche wieder verkaufen will, ihm die Einlösung anbiethen soll, der hat das Vorkaufsrecht.

§. 1073. Das Vorkaufsrecht ist in der Regel ein persönliches Recht. In Rücksicht auf unbewegliche Güter kann es durch Eintragung in die öffentlichen Bücher in ein dingliches verwandelt werden.

§. 1074. Auch kann das Vorkaufsrecht weder einem Dritten abgetreten, noch auf die Erben des Berechtigten übertragen werden.

§. 1075. Der Berechtigte muß bewegliche Sachen binnen vier und zwanzig Stunden; unbewegliche aber binnen dreyßig Tagen, nach der geschehenen Anbiethung, wirklich einlösen. Nach Verlauf dieser Zeit ist das Vorkaufsrecht erloschen.

§. 1076. Das Vorkaufsrecht hat im Falle einer gerichtlichen Feilbiethung der mit diesem Rechte belasteten Sache keine andere Wirkung, als daß der den öffentlichen Büchern einverleibte Berechtigte zur Feilbiethung insbesondere vorgeladen werden muß.

§. 1077. Der zur Einlösung Berechtigte muß außer dem Falle einer andern Verabredung, den vollständigen Preis, welcher von einem Dritten angebothen worden ist, entrichten. Kann er die außer dem gewöhnlichen Kaufpreise angebothenen Nebenbedingungen nicht erfüllen, und lassen sie sich auch durch einen Schätzungswerth nicht ausgleichen; so kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden.

§. 1078. Das Vorkaufsrecht läßt sich auf andere Veräußerungsarten ohne eine besondere Verabredung nicht ausdehnen.

§. 1079. Hat der Besitzer dem Berechtigten die Einlösung nicht angebothen, so muß er ihm für allen Schaden haften. Im Falle eines dinglichen Vorkaufsrechtes kann die veräußerte Sache dem Dritten abgefordert werden, und dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.

Kauf auf die Probe.

§. 1080. Der Kauf auf Probe ist unter der im Belieben des Käufers stehenden Bedingung geschlossen, daß er die Ware genehmige. Die Bedingung ist im Zweifel eine aufschiebende; der Käufer ist vor der Genehmigung an den Kauf nicht gebunden, der Verkäufer hört auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer bis zum Ablaufe der Probezeit nicht genehmigt.

§. 1081. Ist die Sache zum Zwecke der Besichtigung oder Probe bereits übergeben, so gilt Stillschweigen des Käufers bis nach Ablauf der Probezeit als Genehmigung.

§. 1082. Ist bei einem Kauf auf Probe keine Probezeit vereinbart worden, so kann der Verkäufer dem Käufer eine angemessene Frist als Probezeit setzen.

§. 1083. Wird das Kaufgeschäft mit dem Vorbehalte verabredet, daß der Verkäufer, wenn sich binnen einer bestimmten Zeit ein besserer Käufer meldet, denselben vorzuziehen befugt sey; so bleibt in dem Falle, daß das Kaufstück nicht übergeben worden, die Wirklichkeit des Vertrages bis zum Eintritte der Bedingung aufgeschoben.

§. 1084. Ist das Kaufstück übergeben worden, so ist der Kaufvertrag abgeschlossen; er wird aber durch den Eintritt der Bedingung wieder aufgelöset. Bey dem Mangel einer ausdrücklichen Zeitbestimmung wird der bey dem Kaufe auf die Probe angenommene Zeitraum vermuthet.

§. 1085. Ob der neue Käufer besser sey, beurtheilet der Verkäufer. Er kann den zweyten Käufer, wenn der erste auch noch mehr zahlen wollte, vorziehen. Bey der Auflösung des Vertrages heben sich die Nutzungen der Sache und des Geldes gegen einander auf. In Rücksicht der Verbesserungen oder Verschlimmerungen wird der Käufer gleich einem redlichen Besitzer behandelt.

Verkaufsauftrag.

§. 1086. Wenn jemand seine bewegliche Sache einem Andern für einen gewissen Preis zum Verkaufe übergibt, mit der Bedingung, daß ihm der Uebernehmer binnen einer festgesetzten Zeit entweder das bestimmte Kaufgeld liefern oder die Sache zurückstellen soll; so ist der Uebergeber vor Verlauf der Zeit die Sache zurück zu fordern nicht berechtiget; der Uebernehmer aber muß nach deren Ablauf das bestimmte Kaufgeld entrichten.

§. 1087. Während der festgesetzten Zeit bleibt der Uebergeber Eigenthümer. Der Uebernehmer haftet ihm für den durch sein Verschulden verursachten Schaden, und es werden ihm bey Zurückstellung der Sache nur solche Kosten vergütet, die dem Uebergeber zum Nutzen gereichen.

§. 1088. Ist die Sache unbeweglich; oder ist der Preis, oder die Zahlungsfrist nicht bestimmt; so wird der Uebernehmer wie ein Gewalthaber angesehen. In keinem Falle kann die zum Verkaufe anvertraute Sache dem Dritten, welcher sie von dem Uebernehmer redlicher Weise an sich gebracht hat, abgefordert werden. (§. 367.)

§. 1089. Auch bey gerichtlichen Verkäufen finden die über Verträge, und den Tausch- und Kaufvertrag insbesondere aufgestellten Vorschriften in der Regel Statt; in so fern nicht in diesem Gesetze, oder in der Gerichtsordnung eigene Anordnungen enthalten sind.

 

Fünf u. zwanzigstes Hauptstück.

Von Bestand- Erbpacht- und Erbzins-Verträgen.

Bestandvertrag.

§. 1090. Der Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, heißt überhaupt Bestandvertrag.

I.) Mieth- und Pachtvertrag.

§. 1091. Der Bestandvertrag wird, wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere Bearbeitung gebrauchen läßt, ein Miethvertrag; wenn sie aber nur durch Fleiß und Mühe benützt werden kann, ein Pachtvertrag genannt. Werden durch einen Vertrag Sachen von der ersten und zweyten Art zugleich in Bestand gegeben; so ist der Vertrag nach der Beschaffenheit der Hauptsache zu beurtheilen.

Erfordernisse.

§. 1092. Mieth- und Pachtverträge können über die nähmlichen Gegenstände und auf die nähmliche Art, als der Kaufvertrag geschlossen werden. Der Mieth- und Pachtzins wird, wenn keine andere Uebereinkunft getroffen worden ist, wie das Kaufgeld entrichtet.

§. 1093. Der Eigenthümer kann sowohl seine beweglichen und unbeweglichen Sachen, als seine Rechte in Bestand geben; er kann aber auch in den Fall kommen, den Gebrauch seiner eigenen Sache, wenn er einem Dritten gebührt, in Bestand zu nehmen.

Wirkung.

§. 1094. Sind die vertragschließenden Theile über das Wesentliche des Bestandes, nähmlich über die Sache und den Preis, übereingekommen; so ist der Vertrag vollkommen abgeschlossen, und der Gebrauch der Sache für gekauft anzusehen.

§. 1095. Wenn ein Bestandvertrag in die öffentlichen Bücher eingetragen ist; so ist das Recht des Bestandnehmers als ein dingliches Recht zu betrachten, welches sich auch der nachfolgende Besitzer auf die noch übrige Zeit gefallen lassen muß.

Wechselseitige Rechte:

1) In Hinsicht auf Ueberlassung, Erhaltung, Benützung.

§. 1096. Vermieter und Verpächter sind verpflichtet, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Stande zu übergeben und zu erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen Gebrauche oder Genusse nicht zu stören. Ist das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft oder wird es während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft, daß es zu dem bedungenen Gebrauche nicht taugt, so ist der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit. Auf diese Befreiung kann bei der Miete unbeweglicher Sachen im voraus nicht verzichtet werden.

Der Pächter hat die gewöhnlichen Ausbesserungen der Wirtschaftsgebäude nur insoweit selbst zu tragen, als sie mit den Materialien des Gutes und den Diensten, die er nach der Beschaffenheit des Gutes zu fordern berechtigt ist, bestritten werden können.

§. 1097. Werden Ausbesserungen nötig, welche dem Bestandgeber obliegen, so ist der Bestandnehmer bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet, dem Bestandgeber ohne Verzug Anzeige zu machen. Der Bestandnehmer wird als ein Geschäftsführer ohne Auftrag betrachtet, wenn er auf das Bestandstück einen dem Bestandgeber obliegenden Aufwand (§ 1036) oder einen nützlichen Aufwand (§ 1037) gemacht hat; er muß aber den Ersatz längstens binnen sechs Monaten nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern, sonst ist die Klage erloschen.

§. 1098. Mieter und Pächter sind berechtiget, die Miet- und Pachtstücke dem Vertrage gemäß durch die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen, oder auch in Afterbestand zu geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann und im Vertrage nicht ausdrücklich untersagt worden ist.

2) Lasten;

§. 1099. Bey Vermiethungen trägt alle Lasten und Abgaben der Vermiether. Bey eigentlichen Pachtungen, wenn sie in Pausch und Bogen geschehen, übernimmt der Pächter, mit Ausschluß der eingetragenen Hypothecar-Lasten, alle übrige; wird aber die Pachtung nach einem Anschlage geschlossen, so trägt er jene Lasten, welche von dem Ertrage abgezogen worden sind, oder bloß von den Früchten, und nicht von dem Grunde selbst entrichtet werden müssen.

3) Zins.

§. 1100. Ist nichts anderes vereinbart oder ortsüblich, so ist der Zins, wenn eine Sache auf ein oder mehrere Jahre in Bestand genommen wird, halbjährlich, bei einer kürzeren Bestandzeit hingegen nach Verlauf derselben zu entrichten.

§. 1101. Zur Sicherstellung des Bestandzinses hat der Vermieter einer unbeweglichen Sache das Pfandrecht an den eingebrachten, dem Mieter oder seinen mit ihm in gemeinschaftlichem Haushalte lebenden Familienmitgliedern gehörigen Einrichtungsstücken und Fahrnissen, soweit sie nicht der Pfändung entzogen sind. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Gegenstände vor ihrer pfandweisen Beschreibung entfernt werden, es sei denn, daß dies infolge einer gerichtlichen Verfügung geschieht und der Vermieter binnen drei Tagen nach dem Vollzuge sein Recht bei Gericht anmeldet.

Zieht der Mieter aus oder werden Sachen verschleppt, ohne daß der Zins entrichtet oder sichergestellt ist, so kann der Vermieter die Sachen auf eigene Gefahr zurückbehalten, doch muß er binnen drei Tagen um die pfandweise Beschreibung ansuchen oder die Sachen herausgeben.

Dem Verpächter eines Grundstückes steht in gleichem Umfange und mit gleicher Wirkung das Pfandrecht an dem auf dem Pachtgute vorhandenen Vieh und den Wirtschaftsgerätschaften und den darauf noch befindlichen Früchten zu.

§. 1102. Der Bestandgeber kann sich zwar die Vorausbezahlung des Bestandzinses bedingen. Hat aber der Bestandnehmer mehr als eine Fristzahlung voraus geleistet, so kann er dieselbe einem später eingetragenen Gläubiger oder neuen Eigentümer nur dann entgegensetzen, wenn sie in dem öffentlichen Buch ersichtlich gemacht ist.

Zins in Früchten.

§. 1103. Wenn der Eigenthümer sein Gut mit der Bedingung überläßt, daß der Uebernehmer die Wirthschaft betreiben, und dem Uebergeber einen auf die ganze Nutzung sich beziehenden Theil, z. B. ein Drittheil oder die Hälfte der Früchte geben solle; so entsteht kein Pacht-, sondern ein Gesellschaftsvertrag, welcher nach den darüber aufgestellten Regeln beurtheilet wird.

Fälle und Bedingungen einer Erlassung des Zinses.

§. 1104. Wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Mißwachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.

§. 1105. Behält der Mieter trotz eines solchen Zufalls einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes, so wird ihm auch ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen. Dem Pächter gebührt ein Erlaß an dem Pachtzinse, wenn durch außerordentliche Zufälle die Nutzungen des nur auf ein Jahr gepachteten Gutes um mehr als die Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen sind. Der Verpächter ist so viel zu erlassen schuldig, als durch diesen Abfall an dem Pachtzinse mangelt.

§. 1106. Hat der Bestandnehmer unbestimmt alle Gefahren auf sich genommen; so werden darunter nur die Feuer-, Wasserschäden und Wetterschläge verstanden. Andere außerordentliche Unglücksfälle kommen nicht auf seine Gefahr. Verbindet er sich aber ausdrücklich, auch alle andere außerordentliche Unglücksfälle zu tragen; so wird deßwegen noch nicht vermuthet, daß er auch für den zufälligen Untergang des ganzen Pachtstückes haften wolle.

§. 1107. Wird der Gebrauch oder Genuß des Bestandstückes nicht wegen dessen Beschädigung oder sonst entstandener Unbrauchbarkeit, sondern aus einem dem Bestandnehmer zugestoßenen Hindernisse oder Unglücksfalle vereitelt, oder waren zur Zeit der Beschädigung die Früchte von dem Grunde schon abgesondert, so fällt die widrige Ereignung dem Bestandnehmer allein zur Last. Er muß den Zins doch entrichten. Der Bestandgeber muß sich aber den ersparten Aufwand und die Vorteile, die er durch anderweitige Verwertung des Bestandstückes erlangt, anrechnen.

§. 1108. Behauptet der Pächter den Erlaß des ganzen Pachtzinses oder eines Theiles davon entweder aus dem Vertrage oder aus dem Gesetze; so muß er dem Verpächter ohne Zeitverlust den geschehenen Unglücksfall anzeigen, und die Begebenheit, wenn sie nicht landkundig ist, gerichtlich, oder wenigstens durch zwey sachkundige Männer erheben lassen; ohne diese Vorsicht wird er nicht angehört.

4) Zurückstellung;

§. 1109. Nach geendigtem Bestandvertrage muß der Bestandnehmer die Sache dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat, gepachtete Grundstücke aber mit Rücksicht auf die Jahreszeit, in welcher der Pacht geendigt worden ist, in gewöhnlicher wirtschaftlicher Kultur zurückstellen. Weder ein Zurückbehaltungsrecht oder die Einwendung der Kompensation noch selbst des früheren Eigentumsrechtes kann ihn vor der Zurückstellung schützen.

§. 1110. Wenn bey dem Bestandvertrage kein Inventarium errichtet worden ist; so tritt die nähmliche Vermuthung, wie bey der Fruchtnießung (§. 518) ein.

§. 1111. Wird das Mieth- oder Pachtstück beschädiget, oder durch Mißbrauch abgenützt; so haften Miether und Pächter sowohl für ihr eigenes, als des Afterbestandnehmers Verschulden, nicht aber für den Zufall. Doch muß der Bestandgeber den Ersatz aus dieser Haftung längstens binnen Einem Jahre nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern; sonst ist das Recht erloschen.

5) Auflösung des Bestandvertrages:

a) durch Untergang der Sache;

§. 1112. Der Bestandvertrag löset sich von selbst auf, wenn die bestandene Sache zu Grunde geht. Geschieht dieß aus Verschulden des einen Theiles, so gebührt dem andern Ersatz; geschieht es durch einen Unglücksfall, so ist kein Theil dem andern dafür verantwortlich.

b) Verlauf der Zeit;

§. 1113. Der Bestandvertrag erlischt auch durch den Verlauf der Zeit, welcher ausdrücklich oder stillschweigend, entweder durch den nach einem gewissen Zeitraume ausgemessenen Zins, wie bey so genannten Tag- Wochen- und Monathzimmern, oder durch die erklärte, oder aus dem Umständen hervorleuchtende Absicht des Bestandnehmers bedungen worden ist.

wenn keine Erneuerung geschieht;

§. 1114. Der Bestandvertrag kann aber nicht nur ausdrücklich; sondern auch stillschweigend erneuert werden. Ist in dem Vertrage eine vorläufige Aufkündigung bedungen worden; so wird der Vertrag durch die Unterlassung der gehörigen Aufkündigung stillschweigend erneuert. Ist keine Aufkündigung bedungen worden; so geschieht eine stillschweigende Erneuerung, wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabey bewenden läßt.

§. 1115. Die stillschweigende Erneuerung des Bestandvertrages geschieht unter den nähmlichen Bedingungen, unter welchen er vorher geschlossen war. Doch erstreckt sie sich bey Pachtung nur auf Ein Jahr; wenn aber der ordentliche Genuß erst in einem spätern Zeitraume erfolgen kann, auf eine so lange Zeit als nothwendig ist, um die Nutzungen einmahl beziehen zu können. Miethungen, wofür man den Zins erst nach einem ganzen oder halben Jahre zu bezahlen pflegt, werden auf ein halbes Jahr; alle kürzere Miethungen aber auf diejenige Zeit stillschweigend erneuert, welche vorher durch den Bestandvertrag bestimmt war. Von wiederhohlten Erneuerungen gilt das Nähmliche, was hier in Rücksicht der ersten Erneuerung vorgeschrieben ist.

c) Aufkündigung;

§. 1116. In so fern die Dauer eines Bestandvertrages weder ausdrücklich, noch stillschweigend, noch durch besondere Vorschriften bestimmt ist, muß derjenige, welcher den Vertrag aufheben will, dem Andern die Pachtung sechs Monathe; die Miethung einer unbeweglichen Sache vierzehn Tage; und einer beweglichen vier und zwanzig Stunden vorher aufkündigen, als die Abtretung erfolgen soll.

§. 1116a. Durch den Tod eines der vertragschließenden Teile wird der Bestandvertrag nicht aufgeschoben. Wohnungsmieten können jedoch, wenn der Mieter stirbt, ohne Rücksicht auf die vereinbarte Dauer sowohl von den Erben des Mieters wie von dem Vermieter unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gelöst werden.

§. 1117. Der Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter auch dann zu, wenn er im Vertrage darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der Räume beim Vertragsabschluß gekannt hat.

§. 1118. Der Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer der Sache einen erheblichen nachtheiligen Gebrauch davon macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termines den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein vermiethetes Gebäude neu aufgeführt werden muß. Eine nützlichere Bauführung ist der Miether zu seinem Nachtheile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber nothwendige Ausbesserungen.

§. 1119. Wenn dem Vermiether die Nothwendigkeit der neuen Bauführung schon zur Zeit des geschlossenen Vertrages bekannt seyn mußte; oder, wenn die Nothwendigkeit der durch längere Zeit fortzusetzenden Ausbesserungen aus Vernachlässigung der kleinern Ausbesserungen entstanden ist; so muß dem Miether für den vermißten Gebrauch eine angemessene Entschädigung geleistet werden.

d) Veräußerung der Sache.

§. 1120. Hat der Eigenthümer das Bestandstück an einen Andern veräußert, und ihm bereits übergeben; so muß der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§. 1095), nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen. Er ist aber berechtiget, von dem Bestandgeber in Rücksicht auf den erlittenen Schaden, und entgangenen Nutzen eine vollkommene Genugthuung zu fordern.

§. 1121. Bei einer zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung ist das Bestandrecht, wenn es in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln. Hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muß ihm der Bestandnehmer nach gehöriger Aufkündigung weichen.

II. Erbpacht.

§. 1122. Der Vertrag, wodurch jemanden das Nutzeigenthum eines Gutes erblich unter der Bedingung überlassen wird, daß er die jährlichen Nutzungen mit einer jährlichen, im Verhältnisse zu dem Ertrage bestimmten Abgabe im Gelde, in Früchten, oder auch in verhältnißmäßigen Diensten vergelten solle, heißt ein Erbpachtvertrag.

III. Erbzinsvertrag.

§. 1123. Wird eine geringe Abgabe von dem Besitzer nur zur Anerkennung des Grundeigenthumes geleistet, so heißt der Grund ein Erbzinsgut und der darüber errichtete Vertrag ein Erbzinsvertrag.

§. 1124 Im Zweifel, ob ein Nutzeigenthum ein Erbpachtgut aber ein Erbzinsgut sey, ist auf den Betrag des jährlichen Zinses, und andere Schuldigkeiten Rücksicht zu nehmen. Steht dieser Betrag mit den jährlichen reinen Nutzungen außer allem Verhältnisse; so ist das Nutzeigenthum ein Erbzinsgut; läßt sich aber wenigstens von alten Zeiten her und bey ganz öde übernommenen Gründen ein Verhältniß denken; so ist es ein Erbpachtgut. (§. 359.)

IV. Bodenzins.

§. 1125. Ist ein Eigenthum dergestalt getheilt, daß einem Theile die Substanz des Grundes sammt der Benützung der Unterfläche, dem andern Theile aber nur die Benützung der Oberfläche erblich gehört; so heißt die jährliche von diesem letztern Besitzer zu entrichtende Abgabe, Bodenzins.

Erwerbung des nutzbaren Eigenthumes.

§. 1126. Das getheilte Eigenthum einer unbeweglichen Sache kann eben so wenig, als das vollständige ohne Einverleibung in die öffentlichen Bücher oder Register erworben werden. Ein gültiger Titel gründet nur ein persönliches Recht gegen die verbundene Person, aber kein dingliches Recht gegen einen Dritten. (§. 431.)

Gemeinschaftliche Rechte des Ober- und Nutzungseigenthümers.

§. 1127. Die Rechte des Ober- und Nutzungseigenthümers kommen überhaupt darin überein, daß ein Jeder mit seinem Theile in so weit verfügen kann, als die Rechte des Andern dadurch nicht verletzet werden. (§. 363.)

§. 1128. Einer wie der andere ist berechtiget, seinen Antheil gerichtlich zu verfolgen, ihn zu verpfänden, und unter Lebenden oder durch eine letzte Willenserklärung zu veräußern. Wer eine Einschränkung behauptet, muß solche durch die gehörigen Urkunden, durch so genannte Gewährbriefe oder Handfesten beweisen.

Besondere Rechte und Pflichten des Obereigenthümers.

§. 1129. Der Obereigenthümer ist insbesondere berechtigt, dem Nutzungseigenthümer nicht nur die Verringerung der Nutzungssache; sondern auch alle Veränderungen zu untersagen, wodurch die Ausübung seiner Rechte vereitelt oder erschwert werden kann.

1) in Rücksicht der Erhaltung, Bearbeitung und Veränderungen des Gutes.

§. 1130. Er kann also verlangen, daß der Nutzungseigenthümer für die Erhaltung und Bestellung der Grundstücke Sorge trage. Vernachlässiget er, ungeachtet der geschehenen Warnung, die Erfüllung dieser Pflichten, oder ist er die auf dem Grunde haftenden Lasten zu tragen unfähig; so kann der Obereigenthümer auf die Ueberlassung des Gutes an andere Erbpacht- oder Erbzins-Männer dringen.

2) des Erbzinses.

§. 1131. Das vorzüglichste Recht des Erbpacht- und Erbzinsherrn besteht in der Beziehung des jährlichen Zinses und anderer bedungenen Gebühren. Diese können unter keinem Vorwande erhöhet, von den zum Grunde nicht gehörigen Fahrnissen aber, so wie von andern beweglichen Sachen, gar nicht bezogen werden.

Wann der Zins zu entrichten.

§. 1132. Der jährliche Zins muß, wenn nichts verabredet oder durch Provincial-Gesetze bestimmt ist, in der ersten Hälfte des Monaths November abgeführt werden.

Wann eine Erlassung Statt finde?

§. 1133. In der Regel haftet ein unvollständiger Eigenthümer dem andern nicht für den Zufall: Allein, wenn ein Erbpächter durch Ueberschwemmungen, Krieg oder Seuchen sein Pachtgut zu benützen verhindert worden ist; so muß demselben für die Zeit der vermißten Benützung ein angemessener Erlaß vom Zinse gestattet werden.

§. 1134 Ein Erbzinsmann hat auf einen ähnlichen Erlaß keinen Anspruch; er muß, so lange ein Theil des Erbzinsgutes vorhanden ist, den festgesetzten Erbzins voll entrichten.

Recht bey verzögerter Entrichtung des Zinses.

§. 1135. Hat der Erbzinsmann den Zins in der bedungenen Zeit nicht abgeführt; so kann der Erbzinsherr verlangen, daß die Nutzung in Beschlag genommen, und er aus derselben schadlos gehalten werde.

§. 1136. Ein Erbpachtherr hat in Ansehung des über Ein Jahr ausständigen Zinses die Wahl, entweder die Pfändung der Nutzungen, oder die gerichtliche Versteigerung des Erbpachtgutes zur Berichtigung der Rückstände zu verlangen.

3) In Rücksicht der Lasten und Verbesserungen.

§. 1137. Der Obereigenthümer ist verpflichtet, den Nutzungseigenthümer in Rücksicht des unmittelbar von ihm erhaltenen Nutzungseigenthumes zu vertreten, und wenn das Nutzungsrecht mit der Substanz wieder vereiniget wird, ihm oder seinem Nachfolger die getroffenen Verbesserungen wie einem andern redlichen Besitzer zu vergüten, und für die Richtigkeit der öffentlichen Bücher und Register, die er über seine Zinsgüter führet, zu haften.

§. 1138. Für andere von dem Nutzungseigenthümer aufgebürdete und den öffentlichen Büchern nicht einverleibte Lasten haftet der Obereigenthümer nicht. Der Nutzungseigenthümer kann überhaupt einem Andern nicht mehr Recht übertragen, als er selbst hat. Das Recht des Einen erlischt also mit dem Rechte des Andern.

Rechte und Verbindlichkeiten des Nutzungseigenthümers überhaupt.

§. 1139. Die Rechte und Verbindlichkeiten des Nutzungseigenthümers stehen überhaupt mit den festgesetzten Verbindlichkeiten und Rechten des Obereigenthümers im Verhältnisse.

Insbesondere 1) in Rücksicht der Veräußerung.

§. 1140. Der Nutzungseigenthümer bedarf zur Veräußerung die Einwilligung des Obereigenthümers nicht; doch muß er ihn dem Nachfolger zur Beurtheilung, ob derselbe dem Gute vorzustehen, und die darauf haftenden Lasten zu entrichten fähig sey, nahmhaft machen. Auf ein Vorkaufs- oder Einstandsrecht hat der Obereigenthümer keinen Anspruch.

§. 1141. Hat sich aber der Obereigenthümer diese Einwilligung und Rechte ausdrücklich vorbehalten; so muß er sich binnen dreyßig Tagen nach der ihm gemachten ordentlichen Anzeige erklären. Nach dieser Frist wird seine Einwilligung für ertheilt gehalten. Ohne Ausübung des Vorkaufs- oder Einstandsrechtes kann er die Einwilligung nur wegen offenbarer Gefahr der Substanz und der damit verknüpften Rechte verweigern.

§. 1142. Die Abgabe, welche der Obereigenthümer zuweilen von einem neuen Nutzungseigenthümer zu fordern hat, heißt, wenn die Veränderung bey Lebzeiten geschieht, Lehenwaare (Laudemium); geschieht sie aber von Todes wegen, Sterbelehen. Beyde werden auch Veränderungsgebühren genannt. Ob und wie diese Rechte gegründet seyn, entscheidet die Landesverfassung, die öffentlichen Bücher und Urkunden, oder ein dreyßigjähriger ruhiger Besitz.

2) In Rücksicht eines Schatzes und der Verminderung der Substanz.

§. 1143. Dem Nutzungseigenthümer gebührt auch ein verhältnißmäßiger Theil von einem gefundenem Schatze (§. 399). Er ist sogar befugt, die Substanz zu verringern, wenn er dem Obereigenthümer beweisen kann, daß die Benutzung des Grundes sonst nicht Statt finde. (§. 1129.)

3) der Lasten;

§. 1144. Der Nutzungseigenthümer trägt alle ordentliche und außerordentliche dem Gute anklebende Lasten; er entrichtet die Steuern, Zehenden und andere besonders vorgemerkten Abgaben. Für Lasten, die den Zins betreffen, haftet der Obereigenthümer.

4) des Gewährbriefes.

§. 1145. Jeder neue Nutzungseigenthümer ist in der Regel verbunden, sich von dem Obereigenthümer einen Beglaubigungsschein oder eine Urkunde des erneuerten Nutzungseigenthumes zu verschaffen.

Besondere Verhältnisse zwischen Gutsbesitzern und Unterthanen.

§. 1146. In wie fern die Nutzungseigenthümer gegen die Obereigenthümer noch in andern Verhältnissen stehen, und welche Rechte und Verbindlichkeiten insbesondere zwischen den Gutsbesitzern und den Gutsunterthanen bestehen, ist aus der Verfassung jeder Provinz, und den politischen Vorschriften zu entnehmen.

Rechte aus dem Bodenzinse.

§. 1147. Wer nichts als einen Bodenzins entrichtet, hat nur auf die Benutzung der Oberfläche, als: Bäume, Pflanzen und Gebäude, und auf einen Theil des auf derselben gefundenen Schatzes Anspruch. Vergrabene Schätze und andere unterirdische Nutzungen gehören dem Obereigenthümer allein zu.

Erlöschung des Nutzungseigenthumes.

§. 1148. Was von der Aufhebung des vollständigen Eigenthumes bestimmt worden ist, (§. 444) gilt überhaupt auch von dem getheilten.

§. 1149. Erbpacht- und Erbzinsgüter gehen auf alle Erben über, die nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden sind. Hat der Nutzungseigenthümer keinen rechtmäßigen Nachfolger; so wird das Nutzungseigenthum mit dem Obereigenthume vereiniget. Doch muß der Obereigenthümer, wenn er von diesem Rechte Gebrauch machen will, alle Schulden des Nutzungseigenthümers, die aus einem andern Vermögen nicht getilgt werden können, berichtigen. In wie fern ein Obereigenthümer das heimgefallene Gut an Andere zu überlassen verbunden sey, bestimmen die politischen Verordnungen.

§. 1150. Durch Zerstörung der Pflanzen, Bäume und Gebäude geht das Nutzungseigenthum der Oberfläche nicht verloren. So lange noch ein Theil des Grundes bleibt, kann ihn der Besitzer, wenn er anders seinen Zins abführt, mit neuen Pflanzen, Bäumen und Gebäuden besetzen.

 

Sechs u. zwanzigstes Hauptstück.

Von Verträgen über Dienstleistungen

Dienst- und Werkvertrag.

§. 1151. Wenn jemand sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, so entsteht ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.

Insoweit damit eine Geschäftsbesorgung (§ 1002) verbunden ist, müssen auch die Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag beobachtet werden.

§. 1152. Ist im Vertrage kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen.

1. Dienstvertrag.

§. 1153. Wenn sich aus dem Dienstvertrage oder aus den Umständen nichts anderes ergibt, hat der Dienstnehmer die Dienste in eigener Person zu leisten und ist der Anspruch auf die Dienste nicht übertragbar. Soweit über Art und Umfang der Dienste nichts vereinbart ist, sind die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten.

Anspruch auf das Entgelt.

§. 1154. Wenn nichts anderes vereinbart oder bei Diensten der betreffenden Art üblich ist, ist das Entgelt nach Leistung der Dienste zu entrichten.

Ist das Entgelt nach Monaten oder kürzeren Zeiträumen bemessen, so ist es am Schlusse des einzelnen Zeitraumes; ist es nach längeren Zeiträumen bemessen, am Schlusse eines jeden Kalendermonats zu entrichten. Ein nach Stunden, nach Stück oder Einzelleistungen bemessenes Entgelt ist für die schon vollendeten Leistungen am Schlusse einer jeden Kalenderwoche, wenn es sich jedoch um Dienste höherer Art handelt, am Schlusse eines jeden Kalendermonats zu entrichten.

In jedem Falle wird das bereits verdiente Entgelt mit der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig.

§. 1154a. Der nach Stück oder Einzelleistungen entlohnte Dienstnehmer kann einen den geleisteten Diensten und seinen Auslagen entsprechenden Vorschuß vor Fälligkeit des Entgelts verlangen.

§. 1154b. Der Dienstnehmer behält seinen Anspruch auf das Entgelt, wenn er nach Antritt des Dienstes durch Krankheit oder Unglücksfall an der Dienstleistung verhindert ist, ohne dies vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet zu haben, bis zur Dauer von sechs Wochen. Der Anspruch auf das Entgelt erhöht sich auf die Dauer von acht Wochen, wenn das Dienstverhältnis fünf Jahre, von zehn Wochen, wenn es 15 Jahre und von zwölf Wochen, wenn es 25 Jahre ununterbrochen gedauert hat. Durch jeweils weitere vier Wochen behält der Dienstnehmer den Anspruch auf das halbe Entgelt.

Bei wiederholter Dienstverhinderung durch Krankheit (Unglücksfall) innerhalb eines Arbeitsjahres besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts nur insoweit, als die Dauer des Anspruchs gemäß Abs. 1 noch nicht erschöpft ist.

Wird ein Dienstnehmer durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit im Sinne der Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung an der Leistung seiner Dienste verhindert, ohne dass er die Verhinderung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, so behält er seinen Anspruch auf das Entgelt ohne Rücksicht auf andere Zeiten einer Dienstverhinderung bis zur Dauer von acht Wochen. Der Anspruch auf das Entgelt erhöht sich auf die Dauer von zehn Wochen, wenn das Dienstverhältnis 15 Jahre ununterbrochen gedauert hat. Bei wiederholten Dienstverhinderungen, die im unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit stehen, besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts innerhalb eines Dienstjahres nur insoweit, als die Dauer des Anspruchs nach dem ersten oder zweiten Satz noch nicht erschöpft ist. Ist ein Dienstnehmer gleichzeitig bei mehreren Dienstgebern beschäftigt, so entsteht ein Anspruch nach diesem Absatz nur gegenüber jenem Dienstgeber, bei dem die Dienstverhinderung im Sinne dieses Absatzes eingetreten ist; gegenüber den anderen Dienstgebern entstehen Ansprüche nach Abs. 1.

Kur- und Erholungsaufenthalte, Aufenthalte in Heil- und Pflegeanstalten, Rehabilitationszentren und Rekonvaleszentenheimen, die wegen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit von einem Träger der Sozialversicherung, dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen gemäß § 12 Abs. 4 Opferfürsorgegesetz, einem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen oder einer Landesregierung auf Grund eines Behindertengesetzes auf deren Rechnung bewilligt oder angeordnet werden, sind einer Dienstverhinderung gemäß Abs. 3 gleichzuhalten.

Der Dienstnehmer behält ferner den Anspruch auf das Entgelt, wenn er durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Dienstleistung verhindert wird.

Durch Kollektivvertrag können von Abs. 5 abweichende Regelungen getroffen werden. Bestehende Kollektivverträge gelten als abweichende Regelungen.

§. 1155. Auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, gebührt dem Dienstnehmer das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers liegen, daran gehindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.

Wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Dienstleistung verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung.

Erlöschen der Ansprüche.

§. 1156. Die dem Dienstgeber nach § 1154b obliegenden Verpflichtungen erlöschen, wenn das Dienstverhältnis infolge Ablaufes der Zeit, für die es eingegangen wurde, oder infolge einer früheren Kündigung oder einer Entlassung endet, die nicht durch die Erkrankung oder sonstige die Person des Dienstnehmers betreffende wichtige Gründe im Sinne des § 1154b verursacht ist. Wird der Dienstnehmer wegen der Verhinderung entlassen oder wird ihm während der Verhinderung gekündigt, so bleibt die dadurch herbeigeführte Beendigung des Dienstverhältnisses in Ansehung der bezeichneten Ansprüche außer Betracht.

§. 1156a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 2000/Nr. 44 – Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000.)

Erlöschen der Ansprüche.

§. 1156b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl 2000/Nr. 44 – Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000.)

Fürsorgepflicht des Dienstgebers.

§. 1157. Der Dienstgeber hat die Dienstleistungen so zu regeln und bezüglich der von ihm beizustellenden oder beigestellten Räume und Gerätschaften auf seine Kosten dafür zu sorgen, daß Leben und Gesundheit des Dienstnehmers, soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist, geschützt werden.

Ist der Dienstnehmer in die Hausgemeinschaft des Dienstgebers aufgenommen, so hat dieser in Ansehung des Wohn- und Schlafraumes, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit die mit Rücksicht auf Gesundheit, Sittlichkeit und Religion des Dienstnehmers erforderlichen Anordnungen zu treffen.

Endigung des Dienstverhältnisses.

§. 1158. Das Dienstverhältnis endet mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen wurde.

Ein auf Probe oder nur für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfes vereinbartes Dienstverhältnis kann während des ersten Monates von beiden Teilen jederzeit gelöst werden.

Ein für die Lebenszeit einer Person oder für länger als fünf Jahre vereinbartes Dienstverhältnis kann von dem Dienstnehmer nach Ablauf von fünf Jahren unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gelöst werden.

Ist das Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt worden, so kann es durch Kündigung nach folgenden Bestimmungen gelöst werden.

Kündigungsfristen.

§. 1159. Eine Kündigung ist zulässig:

wenn bei einem Dienstverhältnisse, das keine Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, das Entgelt nach Stunden oder Tagen, nach Stück oder Einzelleistungen bemessen ist, jederzeit für den folgenden Tag; wenn ein solches Dienstverhältnis die Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon drei Monate gedauert hat oder wenn das Entgelt nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktage für den Schluß der Kalenderwoche. Die Wirkung der Kündigung tritt im Falle der Entlohnung nach Stück oder Einzelleistungen keinesfalls vor Vollendung der zur Zeit der Kündigung in Ausführung begriffenen Leistungen ein.

§. 1159a. Wenn ein Dienstverhältnis, das Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, die Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon drei Monate gedauert hat, so ist ohne Rücksicht auf die Art der Bemessung des Entgelts eine mindestens vierwöchentliche Kündigungsfrist einzuhalten.

Dasselbe gilt überhaupt, wenn das Entgelt nach Jahren bemessen ist.

§. 1159b. In allen anderen Fällen kann das Dienstverhältnis unter Einhaltung einer mindestens vierzehntägigen Kündigungsfrist gelöst werden.

§. 1159c. Die Kündigungsfrist muß immer für beide Teile gleich sein. Wurden ungleiche Fristen vereinbart, so gilt für beide Teile die längere Frist.

Freizeit während der Kündigungsfrist

§. 1160. Bei Kündigung durch den Dienstgeber ist dem Dienstnehmer während der Kündigungsfrist auf sein Verlangen wöchentlich mindestens ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ohne Schmälerung des Entgelts freizugeben.

Ansprüche nach Abs. 1 bestehen nicht, wenn der Dienstnehmer einen Anspruch auf eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung hat, sofern eine Bescheinigung über die vorläufige Krankenversicherung vom Pensionsversicherungsträger ausgestellt wurde.

Abs. 2 gilt nicht bei Kündigung wegen Inanspruchnahme einer Gleitpension gemäß § 253c ASVG.

Durch Kollektivvertrag können abweichende Regelungen getroffen werden.

Konkurs.

§. 1161. Welche Wirkungen die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Dienstgebers auf das Dienstverhältnis hat, bestimmt die Konkursordnung.

Vorzeitige Auflösung.

§. 1162. Das Dienstverhältnis kann, wenn es für bestimmte Zeit eingegangen wurde, vor Ablauf dieser Zeit, sonst aber ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Teile aus wichtigen Gründen gelöst werden.

§. 1162a. Wenn der Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt, kann der Dienstgeber entweder dessen Wiedereintritt zur Dienstleistung nebst Schadenersatz oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages verlangen. Wird der Dienstnehmer wegen eines Verschuldens vorzeitig entlassen, so hat er Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages zu leisten. Für die schon bewirkten Leistungen, deren Entgelt noch nicht fällig ist, steht dem Dienstnehmer ein Anspruch auf den entsprechenden Teil des Entgelts nur insoweit zu, als sie nicht durch die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses für den Dienstgeber ihren Wert ganz oder zum größten Teil eingebüßt haben.

§. 1162b. Wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig entläßt oder wenn ihn ein Verschulden an dem vorzeitigen Austritte des Dienstnehmers trifft, behält dieser, unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes, seine vertragsgemäßen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der Vertragszeit oder durch ordnungsmäßige Kündigung hätte verstreichen müssen, unter Anrechnung dessen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Soweit jedoch der oben genannte Zeitraum drei Monate nicht übersteigt, kann der Dienstnehmer das ganze für diese Zeit gebührende Entgelt ohne Abzug sofort fordern.

§. 1162c. Trifft beide Teile ein Verschulden an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses, so hat der Richter nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.

§. 1162d. Ansprüche wegen vorzeitigen Austrittes oder vorzeitiger Entlassung im Sinne der §§ 1162a und 1162b müssen bei sonstigem Ausschlusse binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden konnten, gerichtlich geltend gemacht werden.

Zeugnis.

§. 1163. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses ist dem Dienstnehmer auf sein Verlangen ein schriftliches Zeugnis über die Dauer und Art der Dienstleistung auszustellen. Verlangt der Dienstnehmer während der Dauer des Dienstverhältnisses ein Zeugnis, so ist ihm ein solches auf seine Kosten auszustellen. Eintragungen und Anmerkungen im Zeugnisse, durch die dem Dienstnehmer die Erlangung einer neuen Stellung erschwert wird, sind unzulässig.

Zeugnisse des Dienstnehmers, die sich in Verwahrung des Dienstgebers befinden, sind dem Dienstnehmer auf Verlangen jederzeit auszufolgen.

Zwingende Vorschriften

§. 1164. Die Berechtigungen des Dienstnehmers, die sich aus den Bestimmungen der §§ 1154 Abs. 3, 1154b Abs. 1 bis 4, 1156 bis 1159b, 1160 und 1162a bis 1163 ergeben, können durch den Dienstvertrag oder durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung nicht aufgehoben oder beschränkt werden.

Die §§ 1154b, 1156 und 1164 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 sind auf Dienstverhinderungen anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2000 begonnenen Arbeitsjahren eingetreten sind.

Die verlängerte Anspruchsdauer nach § 1154b Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 bewirkt keine Verlängerung einer in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder Dienstverträgen vorgesehenen längeren Anspruchsdauer. Sehen Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder Dienstverträge einen zusätzlichen Anspruch im Anschluss an den Anspruch nach § 1154b Abs. 1 vor, wird die Gesamtdauer der Ansprüche nicht verlängert.

Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 für die Dienstnehmer günstigere Regelungen in Dienstverträgen oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung werden durch die Neuregelung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 nicht berührt.

Dienstzettel für das freie Dienstverhältnis

§. 1164a. Liegt ein freies Dienstverhältnis (§ 4 Abs. 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, in der jeweils geltenden Fassung) vor, so hat der Dienstgeber dem freien Dienstnehmer unverzüglich nach dessen Beginn eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem freien Dienstvertrag (Dienstzettel) auszuhändigen. Solche Aufzeichnungen sind von Stempel- und unmittelbaren Gebühren befreit. Der Dienstzettel hat folgende Angaben zu enthalten:

1. Name und Anschrift des Dienstgebers,

2. Name und Anschrift des freien Dienstnehmers,

3. Beginn des freien Dienstverhältnisses,

4. bei freien Dienstverhältnissen auf bestimmte Zeit das Ende des freien Dienstverhältnisses,

5. Dauer der Kündigungsfrist, Kündigungstermin,

6. vorgesehene Tätigkeit,

7. Entgelt, Fälligkeit des Entgelts.

Hat der freie Dienstnehmer seine Tätigkeit länger als einen Monat im Ausland zu verrichten, so hat der vor der Aufnahme der Auslandstätigkeit auszuhändigende Dienstzettel oder schriftliche freie Dienstvertrag zusätzlich folgende Angaben zu enthalten:

1. voraussichtliche Dauer der Auslandstätigkeit,

2. Währung, in der das Entgelt auszuzahlen ist, sofern es nicht in Euro auszuzahlen ist,

3. allenfalls Bedingungen für die Rückführung nach Österreich und

4. allfällige zusätzliche Vergütung für die Auslandstätigkeit.

Keine Verpflichtung zur Aushändigung eines Dienstzettels besteht, wenn

1. die Dauer des freien Dienstverhältnisses höchstens einen Monat beträgt oder

2. ein schriftlicher freier Dienstvertrag ausgehändigt wurde, der alle in Abs. 1 und 2 genannten Angaben enthält, oder

3. bei Auslandstätigkeit die in Abs. 2 genannten Angaben in anderen schriftlichen Unterlagen enthalten sind.

Jede Änderung der Angaben gemäß Abs. 1 und 2 ist dem freien Dienstnehmer unverzüglich, spätestens jedoch einen Monat nach ihrer Wirksamkeit schriftlich mitzuteilen, es sei denn, die Änderung erfolgte durch Änderung von Gesetzen.

Hat das freie Dienstverhältnis bereits am 1. Juli 2004 bestanden, so ist dem freien Dienstnehmer auf sein Verlangen binnen zwei Monaten ein Dienstzettel gemäß Abs. 1 auszuhändigen. Eine solche Verpflichtung des Dienstgebers besteht nicht, wenn ein früher ausgestellter Dienstzettel oder ein schriftlicher Vertrag über das freie Dienstverhältnis alle nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Angaben enthält.

Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 5 können durch den freien Dienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden.

2. Werkvertrag.

§. 1165. Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen.

§. 1166. Hat derjenige, der die Verfertigung einer Sache übernommen hat, den Stoff dazu zu liefern, so ist der Vertrag im Zweifel als Kaufvertrag; liefert aber der Besteller den Stoff, im Zweifel als Werkvertrag zu betrachten.

Gewährleistung

§. 1167. Bei Mängeln des Werkes kommen die für entgeltliche Verträge überhaupt geltenden Bestimmungen (§§ 922 bis 933b) zur Anwendung.

Vereitlung der Ausführung.

§. 1168. Unterbleibt die Ausführung des Werkes, so gebührt dem Unternehmer gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Besteller liegen daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Ausführung des Werkes verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung.

Unterbleibt eine zur Ausführung des Werkes erforderliche Mitwirkung des Bestellers, so ist der Unternehmer auch berechtigt, ihm zur Nachholung eine angemessene Frist zu setzen mit der Erklärung, daß nach fruchtlosem Verstreichen der Frist der Vertrag als aufgehoben gelte.

§. 1168a. Geht das Werk vor seiner Übernahme durch einen bloßen Zufall zugrunde, so kann der Unternehmer kein Entgelt verlangen. Der Verlust des Stoffes trifft denjenigen Teil, der ihn beigestellt hat. Mißlingt aber das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.

Fürsorgepflicht.

§. 1169. Die Bestimmungen des § 1157, mit Ausnahme der die Regelung der Dienstleistungen und die Arbeits- und Erholungszeit betreffenden, finden auf den Werkvertrag sinngemäße Anwendung.

Entrichtung des Entgelts.

§. 1170. In der Regel ist das Entgelt nach vollendetem Werk zu entrichten. Wird aber das Werk in gewissen Abteilungen verrichtet oder sind Auslagen damit verbunden, die der Unternehmer nicht auf sich genommen hat, so ist dieser befugt, einen verhältnismäßigen Teil des Entgelts und den Ersatz der gemachten Auslagen schon vorher zu fordern.

§. 1170a. Ist dem Vertrage ein Kostenvoranschlag unter ausdrücklicher Gewährleistung für seine Richtigkeit zugrunde gelegt, so kann der Unternehmer auch bei unvorhergesehener Größe oder Kostspieligkeit der voranschlagten Arbeiten keine Erhöhung des Entgelts fordern.

Ist ein Voranschlag ohne Gewährleistung zugrunde gelegt und erweist sich eine beträchtliche Überschreitung als unvermeidlich, so kann der Besteller unter angemessener Vergütung der vom Unternehmer geleisteten Arbeit vom Vertrage zurücktreten. Sobald sich eine solche Überschreitung als unvermeidlich herausstellt, hat der Unternehmer dies dem Besteller unverzüglich anzuzeigen, widrigenfalls er jeden Anspruch wegen der Mehrarbeiten verliert.

Sicherstellung bei Bauverträgen

§. 1170b. Der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage zu einem Bauwerk oder eines Teils hievon kann vom Besteller ab Vertragsabschluss für das noch ausstehende Entgelt eine Sicherstellung bis zur Höhe eines Fünftels des vereinbarten Entgelts, bei Verträgen, die innerhalb von drei Monaten zu erfüllen sind, aber bis zur Höhe von zwei Fünfteln des vereinbarten Entgelts, verlangen. Dieses Recht kann nicht abbedungen werden. Als Sicherstellung können Bargeld, Bareinlagen, Sparbücher, Bankgarantien oder Versicherungen dienen. Die Kosten der Sicherstellung hat der Sicherungsnehmer zu tragen, soweit sie pro Jahr zwei von Hundert der Sicherungssumme nicht übersteigen. Die Kostentragungspflicht entfällt, wenn die Sicherheit nur mehr wegen Einwendungen des Bestellers gegen den Entgeltanspruch aufrechterhalten werden muss und die Einwendungen sich als unbegründet erweisen.

Sicherstellungen nach Abs. 1 sind binnen angemessener, vom Unternehmer festzusetzender Frist zu leisten. Kommt der Besteller dem Verlangen des Unternehmers auf Leistung einer Sicherstellung nicht, nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig nach, so kann der Unternehmer seine Leistung verweigern und unter Setzung einer angemessenen Nachfrist die Vertragsaufhebung erklären (§ 1168 Abs. 2).

Abs. 1 und 2 gelten nicht, wenn der Werkbesteller eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 KSchG ist.

Erlöschen durch Tod.

§. 1171. Ein Werkvertrag über Arbeiten, bei denen es auf die besonderen persönlichen Eigenschaften des Unternehmers ankommt, erlischt durch dessen Tod und seine Erben können nur den Preis für den zubereiteten brauchbaren Stoff und einen dem Werte der geleisteten Arbeit angemessenen Teil des Entgelts fordern. Stirbt der Besteller, so bleiben die Erben an den Vertrag gebunden.

3. Verlagsvertrag.

§. 1172. Durch den Verlagsvertrag verpflichtet sich der Urheber eines Werkes der Literatur, der Tonkunst oder der bildenden Künste oder sein Rechtsnachfolger, das Werk einem anderen zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen, dieser (der Verleger) dagegen, das Werk zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsstücke zu verbreiten.

§. 1173. Wurde über die Anzahl der Auflagen nichts bestimmt, so ist der Verleger nur zu einer Auflage berechtigt. Vor dem Absatze der Auflage darf der Urheber über das Werk nur dann anderweitig verfügen, wenn er dem Verleger eine angemessene Schadloshaltung leistet.

4. Leistung zu unerlaubtem Zweck.

§. 1174. Was jemand wissentlich zur Bewirkung einer unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben hat, kann er nicht wieder zurückfordern. Inwiefern es der Fiskus einzuziehen berechtigt sei, bestimmen die politischen Verordnungen. Ist aber etwas zur Verhinderung einer unerlaubten Handlung demjenigen der diese Handlung begehen wollte, gegeben worden, so findet die Zurückforderung statt.

Ein zum Zweck eines verbotenen Spieles gegebenes Darlehen kann nicht zurückgefordert werden.

 

Sieben u. zwanzigst. Hauptstück.

Von dem Vertrage über eine Gemeinschaft der Güter.

Entstehung einer Erwerbsgesellschaft.

Begriff.

§. 1175. Durch einen Vertrag, vermöge dessen zwey oder mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe allein, oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, wird eine Gesellschaft zu einem gemeinschaftlichen Erwerbe errichtet.

Eintheilung.

§. 1176. Je nachdem die Mitglieder einer Gesellschaft nur einzelne Sachen, oder Summen; oder eine ganze Gattung von Sachen, z. B. alle Waaren, alle Früchte, alle liegende Gründe, oder endlich ihr ganzes Vermögen ohne Ausnahme der Gemeinschaft widmen, sind auch die Arten der Gesellschaft verschieden, und die Gesellschaftsrechte mehr oder weniger ausgedehnt.

§. 1177. Wenn ein Gesellschaftsvertrag auf das ganze Vermögen lautet; so wird doch nur das gegenwärtige darunter verstanden. Wird aber auch das künftige Vermögen mit begriffen; so versteht man darunter nur das erworbene, nicht das ererbte; außer es wäre beydes ausdrücklich bedungen worden.

Form der Errichtung.

§. 1178. Gesellschaftsverträge, welche sich nur auf das gegenwärtige, oder nur auf das zukünftige Vermögen beziehen, sind ungültig, wenn das von dem einen und dem andern Theile eingebrachte Gut nicht ordentlich beschrieben, und verzeichnet worden ist.

§. 1179. Wie der gesellschaftliche Vertrag unter Handelsleuten zu errichten, in die gehörigen Register einzutragen und öffentlich bekannt zu machen sey, bestimmen die besondern Handels- und politischen Gesetze. Werden nur einzelne Geschäfte gemeinschaftlich betrieben; so ist genug, wenn der darüber errichtete Vertrag in den Handlungsbüchern erscheint.

§. 1180. Der Vertrag über eine Gemeinschaft des ganzen sowohl gegenwärtigen als künftigen Vermögens, welcher gewöhnlich nur zwischen Ehegatten errichtet zu werden pflegt, ist nach den in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten hierüber ertheilten Vorschriften zu beurtheilen. Die gegenwärtigen Vorschriften beziehen sich auf die übrigen Arten der durch Vertrag errichteten Gütergemeinschaft.

Wirkung des Vertrages und des wirklichen Beytrages.

§. 1181. Der Gesellschaftsvertrag gehört zwar unter die Titel, ein Eigenthum zu erwerben; die Erwerbung selbst aber, und die Gemeinschaft der Güter oder Sachen kommt nur durch die Uebergabe derselben zu Stande.

Hauptstamm.

§. 1182. Alles, was ausdrücklich zum Betriebe des gemeinschaftlichen Geschäftes bestimmt worden ist, macht das Capital, oder den Hauptstamm der Gesellschaft aus. Das Uebrige, was jedes Mitglied besitzt, wird als ein abgesondertes Gut betrachtet.

§. 1183. Wenn Geld, verbrauchbare, oder zwar unverbrauchbare, jedoch in Geldwerth angeschlagene Sachen eingelegt werden; so ist nicht nur der daraus verschaffte Nutzen, sondern auch der Hauptstamm in Rücksicht der Mitglieder, welche hierzu beygetragen haben, als ein gemeinschaftlichen Eigenthum anzusehen. Wer nur seine Mühe zum gemeinschaftlichen Nutzen zu verwenden verspricht, hat zwar auf den Gewinn, nicht aber auf den Hauptstamm einen Anspruch. (§. 1192.)

Rechte und Pflichten der Mitglieder:

Beytrag zum Hauptstamme; (Fond)

§. 1184. Jedes Mitglied ist, außer dem Falle einer besonderen Verabredung, verbunden, einen gleichen Antheil zum gemeinschaftlichen Hauptstamme beyzutragen.

Mitwirkung;

§. 1185. In der Regel sind alle Mitglieder verbunden, ohne Rücksicht auf ihren größern oder geringern Antheil, zu dem gemeinschaftlichen Nutzen gleich mitzuwirken.

§. 1186. Kein Mitglied ist befugt, die Mitwirkung einem Dritten anzuvertrauen; oder jemanden in die Gesellschaft aufzunehmen; oder ein der Gesellschaft schädliches Nebengeschäft zu unternehmen.

§. 1187. Die Pflichten der Mitglieder werden durch den Vertrag genauer bestimmt. Wer sich bloß zur Arbeit verbunden hat, der ist keinen Beytrag schuldig. Wer lediglich einen Geld- oder andern Beytrag verheißen hat, der hat weder die Verbindlichkeit, noch das Recht, auf eine andere Art zu dem gemeinschaftlichen Erwerbe mitzuwirken.

§. 1188. Bey der Berathschlagung und Entscheidung über die gesellschaftlichen Angelegenheiten sind, wenn keine andere Verabredung besteht, die in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes gegebenen Vorschriften anzuwenden. (§§. 833-842.)

Nachschuß zum Hauptstamme;

§. 1189. Die Mitglieder können zu einem mehreren Beytrage, als wozu sie sich verpflichtet haben, nicht gezwungen werden. Fände jedoch bey veränderten Umständen ohne Vermehrung des Beytrages die Erreichung des gesellschaftlichen Zweckes gar nicht Statt; so kann das sich weigernde Mitglied austreten, oder zum Austritte verhalten werden.

Betrieb der anvertrauten Geschäfte;

§. 1190. Wird Einem oder einigen Mitgliedern der Betrieb der Geschäfte anvertraut; so sind sie als Bevollmächtigte zu betrachten. Auf ihre Berathschlagungen und Entscheidungen über gesellschaftliche Angelegenheiten sind ebenfalls, die oben (§§. 833-842) erwähnten Vorschriften anzuwenden.

Haftung für den Schaden;

§. 1191. Jedes Mitglied haftet für den Schaden, den es der Gesellschaft durch sein Verschulden zugefügt hat. Dieser Schaden läßt sich mit dem Nutzen, den es der Gesellschaft sonst verschaffte, nicht ausgleichen. Hat aber ein Mitglied durch ein eigenmächtig unternommenes neues Geschäft der Gesellschaft von einer Seite Schaden, und von der andern Nutzen verursacht; so soll eine verhältnißmäßige Ausgleichung Statt finden.

Vertheilung des Gewinnes;

§. 1192. Das Vermögen, welches nach Abzug aller Kosten und erlittenen Nachtheile über den Hauptstamm zurück bleibt, ist der Gewinn. Der Hauptstamm selbst bleibt ein Eigenthum derjenigen, welche dazu beygetragen haben; außer es wäre der Werth der Arbeiten zum Capitale geschlagen und alles als ein gemeinschaftliches Gut erklärt worden.

§. 1193. Der Gewinn wird nach Verhältniß der Capitals-Beyträge vertheilt, und die von allen Mitgliedern geleisteten Arbeiten heben sich gegen einander auf. Wenn ein oder einige Mitglieder bloß arbeiten, oder nebst dem Capitals–Beytrage zugleich Arbeiten leisten; so wird für die Bemühungen, wenn keine Verabredung besteht, und die Gesellschafter sich nicht vereinigen können, der Betrag mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des Geschäftes, die angewendete Mühe und den verschafften Nutzen vom Gerichte bestimmt.

§. 1194. Besteht der Gewinn nicht in barem Gelde, sondern in andern Arten der Nutzungen; so geschieht die Theilung nach der in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes enthaltenen Vorschrift. (§§. 840–843.)

§. 1195. Die Gesellschaft kann einem Mitgliede, seiner vorzüglichen Eigenschaften oder Bemühungen wegen, einen größern Gewinn bewilligen, als ihm nach seinem Antheile zukäme; nur dürfen dergleichen Ausnahmen nicht in gesetzwidrige Verabredungen oder Verkürzungen ausarten.

§. 1196. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)

Vertheilung des Verlustes;

§. 1197. Hat die Gesellschaft ihre Einlage ganz oder zum Theile verloren; so wird der Verlust in dem Verhältnisse vertheilet, wie im entgegengesetzten Falle der Gewinn vertheilt worden wäre. Wer kein Capital gegeben hat, büßt seine Bemühungen ein.

Rechnungslegung;

§. 1198. Die Mitglieder, denen die Verwaltung anvertraut ist, sind verbunden, über den gemeinschaftlichen Hauptstamm und über die dahin gehörigen Einnahmen und Ausgaben ordentlich Rechnung zu führen und abzulegen.

§. 1199. Die Schlußrechnung und Theilung des Gewinnes oder Verlustes kann vor Vollendung des Geschäftes nicht gefordert werden. Wenn aber Geschäfte betrieben werden, die durch mehrere Jahre fortdauern und einen jährlichen Nutzen abwerfen sollen; so können die Mitglieder, wenn anders das Hauptgeschäft nicht darunter leidet, jährlich sowohl die Rechnung, als die Vertheilung des Gewinnes verlangen. Uebrigens kann jedes Mitglied zu jeder Zeit auf seine Kosten die Rechnungen einsehen.

§. 1200. Wer sich mit der bloßen Vorlegung des Abschlusses (Bilanz) begnügt, oder auch seinem Rechte, Rechnung zu fordern, entsagt hat, kann, wenn er einen Betrug auch nur in Einem Theile der Verwaltung beweiset, sowohl für den vergangenen Fall, als für alle künftige Fälle auf eine vollständige Rechnung dringen.

Verhältniß gegen Nichtmitglieder.

§. 1201. Ohne die ausdrückliche oder stillschweigende, rechtliche Einwilligung der Mitglieder oder ihrer Bevollmächtigten kann die Gesellschaft einem Dritten nicht verbindlich gemacht werden. Bey Handelsleuten begreift das kund gemachte, Einem oder mehreren Mitgliedern ertheilte Recht, die Firma zu führen, nähmlich alle Urkunden und Schriften im Nahmen der Gesellschaft zu unterschreiben, schon eine allseitige Vollmacht in sich. (§. 1028.)

§. 1202. Ein Mitglied, welches nur mit einem Theile seines Vermögens in der Gesellschaft steht, kann ein von dem gemeinschaftlichen abgesondertes Vermögen besitzen, worüber es nach Belieben zu verfügen berechtiget ist. Rechte und Verbindlichkeiten, die ein Dritter gegen die Gesellschaft hat, müssen also von den Rechten und Verbindlichkeiten gegen einzelne Mitglieder unterschieden werden.

§. 1203. Was also jemand an ein einzelnes Mitglied, und nicht an die Gesellschaft zu fordern oder zu zahlen hat, kann er auch nur an das einzelne Mitglied, und nicht an die Gesellschaft fordern oder bezahlen. Eben so hat aber bey gesellschaftlichen Forderungen oder Schulden jedes Mitglied nur für seinen Antheil ein Recht oder eine Verbindlichkeit zur Zahlung, außer in dem Falle, welcher bey Handelsleuten vermuthet wird, daß Alle für Einen und Einer für Alle etwas zugesagt oder angenommen haben.

§. 1204. Die geheimen Mitglieder einer Handlungsgesellschaft; solche nähmlich, welche ihr einen Theil des Fonds auf Gewinn und Verlust dargeliehen haben, aber nicht als Mitglieder angekündiget worden sind, haften in keinem Falle mit mehr als mit dem dargeliehenen Capitale. Die kund gemachten Mitglieder haften mit ihrem ganzen Vermögen.

Auflösung der Gesellschaft, und Austritt aus derselben.

§. 1205. Die Gesellschaft löset sich von selbst auf, wenn das unternommene Geschäft vollendet; oder nicht mehr fortzuführen; wenn der ganze gemeinschaftliche Hauptstamm zu Grunde gegangen; oder wenn die zur Dauer der Gesellschaft festgesetzte Zeit verflossen ist.

§. 1206. Die gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten gehen in der Regel nicht auf die Erben eines Mitgliedes über. Doch sind diese, wenn mit ihnen die Gesellschaft nicht fortgesetzt wird, berechtiget, die Rechnungen bis auf den Tod des Erblassers zu fordern und berichtigen zu lassen. Sie sind aber im entgegengesetzten Falle auch verbunden, Rechnungen zu legen, und zu berichtigen.

§. 1207. Besteht die Gesellschaft nur aus zwey Personen; so erlischt sie durch das Absterben der Einen. Besteht sie aus mehreren; so wird von den übrigen Mitgliedern vermuthet, daß sie die Gesellschaft noch unter sich fortsetzen wollen. Diese Vermuthung gilt auch überhaupt von den Erben der Handelsleute.

§. 1208. Lautet der von Personen, die keine Handelsleute sind, errichtete Gesellschaftsvertrag ausdrücklich auch auf ihrer Erben; so sind diese, wenn sie die Erbschaft antreten, verpflichtet, sich nach dem Willen des Erblassers zu fügen; allein auf die Erbeserben erstreckt sich dieser Wille nicht; noch weniger vermag er eine immerwährende Gesellschaft zu begründen. (§. 832.)

§. 1209. Wenn der Erbe die von dem Verstorbenen für die Gesellschaft übernommenen Dienste zu erfüllen nicht im Stande ist; so muß er sich einem verhältnißmäßigen Abzuge an dem ausgemessenen Antheile unterziehen.

§. 1210. Wenn ein Mitglied die wesentlichen Bedingungen der Vertrages nicht erfüllet; wenn es in Concurs verfällt; wenn es durch eine oder mehrere gerichtlich strafbare Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind das Vertrauen verliert; so kann es vor Verlauf der Zeit von der Gesellschaft ausgeschlossen werden.

§. 1211. Man kann den Gesellschaftsvertrag vor Verlauf der Zeit aufkündigen, wenn dasjenige Mitglied, von welchem der Betrieb des Geschäftes vorzüglich abhing, gestorben oder ausgetreten ist.

§. 1212. Wenn die Zeit zur Dauer der Gesellschaft weder ausdrücklich bestimmt worden ist, noch aus der Natur des Geschäftes bestimmt werden kann; so mag jedes Mitglied den Vertrag nach Willkühr aufkündigen; nur darf es nicht mit Arglist oder zur Unzeit geschehen. (§. 830.)

§. 1213. Die Wirkungen einer zwar bestrittenen, aber in der Folge für rechtmäßig erklärten Ausschließung oder Aufkündung werden auf den Tag, wo sie geschehen sind, zurück gezogen.

§. 1214. Die Aufhebung einer Handlungsgesellschaft; die Aufnahme und der Austritt ihrer öffentlichen Mitglieder, muß eben so, wie die Errichtung, öffentlich bekannt gemacht werden. Aus dieser Bekanntmachung wird auch die Kraft und die Dauer der Vollmachten beurtheilt.

Theilung des gesellschaftlichen Vermögens.

§. 1215. Bey der nach Auflösung einer Gesellschaft vorzunehmenden Theilung des gesellschaftlichen Vermögens sind nebst den obigen Bestimmungen die nähmlichen Vorschriften zu beobachten, welche in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes über die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache überhaupt aufgestellet worden sind.

§. 1216. Die in diesem Hauptstücke enthaltenen Anordnungen sind auch auf die Handlungsgesellschaften anzuwenden; in so fern hierüber nicht besondere Vorschriften bestehen.

 

Acht u. zwanzigstes Hauptstück.

Von den Ehe-Pacten.

Ehe-Pacte.

§. 1217. Ehe-Pacte heißen diejenigen Verträge, welche in Absicht auf die eheliche Verbindung über das Vermögen geschlossen werden, und haben vorzüglich das Heirathsgut; die Widerlage; Morgengabe; die Gütergemeinschaft; Verwaltung und Fruchtnießung des eigenen Vermögens; die Erbfolge, oder die auf den Todesfall bestimmte lebenslange Fruchtnießung des Vermögens, und den Witwengehalt zum Gegenstande.

1) Heirathsgut.

§. 1218. Unter Heirathsgut versteht man dasjenige Vermögen, welches von der Ehegattinn, oder für sie von einem Dritten dem Manne zur Erleichterung des mit der ehelichen Gesellschaft verbundenen Aufwandes übergeben oder zugesichert wird.

Dessen Bestellung;

§. 1219. Wenn die Braut eigenes Vermögen besitzt, und volljährig ist; so hängt es von ihr und dem Bräutigame ab, wie sie sich wegen des Heirathsgutes, und wegen anderer wechselseitigen Gaben mit einander verstehen wollen. Ist aber die Braut noch minderjährig, so muß der Vertrag von ihrem gesetzlichen Vertreter geschlossen werden.

§. 1220. Besitzt die Braut kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen, so sind Eltern oder Großeltern nach der Reihenfolge und nach den Grundsätzen, nach denen sie für den Unterhalt der Kinder zu sorgen haben, verpflichtet, den Töchtern oder Enkelinnen bei ihrer Verehelichung ein Heiratsgut zu geben oder dazu verhältnismäßig beizutragen.

§. 1221. Berufen sich Aeltern oder Großältern auf ihr Unvermögen zur Bestellung eines anständigen Heirathsgutes; so soll auf Ansuchen der Brautperson das Gericht die Umstände, jedoch ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes, untersuchen, und hiernach ein angemessenes Heirathsgut bestimmen, oder die Aeltern und Großältern davon freysprechen.

§. 1222. Wenn eine Tochter ohne Wissen, oder gegen den Willen ihrer Aeltern sich verehelichet hat, und das Gericht die Ursache der Mißbilligung gegründet findet; so sind die Aeltern selbst in dem Falle, daß sie in der Folge die Ehe genehmigen, nicht schuldig, ihr ein Heirathsgut zu geben.

§. 1223. Hat eine Tochter ihr Heirathsgut schon erhalten, und es, obschon ohne ihr Verschulden, verloren; so ist sie nicht mehr, selbst nicht im Falle einer zweyten Ehe, berechtiget, ein neues zu fordern.

§. 1224. Im Zweifel, ob das Heirathsgut von dem Vermögen der Aeltern oder der Braut ausgesetzt worden sey, wird das Letztere angenommen. Haben aber Aeltern das Heirathsgut ihrer minderjährigen Tochter ohne obervormundschaftliche Genehmigung bereits ausgezahlt; so wird vermuthet, daß es die Aeltern aus eigenem Vermögen gethan haben.

Uebergabe,

§. 1225. Hat sich der Ehemann vor geschlossener Ehe kein Heirathsgut bedungen; so ist er auch keines zu fordern berechtiget. Die Uebergabe des bedungenen Heirathsgutes kann, wenn keine andere Zeit festgesetzt worden ist, gleich nach geschlossener Ehe begehret werden.

und Beweis derselben.

§. 1226. Wenn über das Vermögen des Ehemannes ein Concurs verhängt wird; so macht seine vor Ausbruch des Concurses geschehene schriftliche oder mündliche Bestätigung, daß er das Heirathsgut empfangen habe, gegen jedermann einen Beweis. Erfolgt aber die Bestätigung erst nach ausgebrochenem Concurse; so hat sie gegen die Gläubiger keine Beweiseskraft.

Gegenstand des Heirathsgutes und Rechte des Ehemannes und der Ehefrau in Rücksicht desselben.

§. 1227. Alles, was sich veräußern und nutzen läßt, ist zum Heirathsgute geeignet. So lange die eheliche Gesellschaft fortgesetzt wird, gehört die Fruchtnießung des Heirathsgutes, und dessen, was demselben zuwächst, dem Manne. Besteht das Heirathsgut in barem Gelde, in abgetretenen Schuldforderungen oder verbrauchbaren Sachen; so gebührt ihm das vollständige Eigenthum.

§. 1228. Besteht das Heirathsgut in unbeweglichen Gütern, in Rechten oder Fahrnissen, welche mit Schonung der Substanz benutzt werden können; so wird die Ehegattinn so lange als Eigenthümerinn und der Mann als Fruchtnießer desselben angesehen, bis bewiesen wird, daß der Ehemann das Heirathsgut für einen bestimmten Preis übernommen, und sich nur zur Zurückgabe dieses Geldbetrages verbunden hat.

§. 1229. Nach dem Gesetze fällt das Heirathsgut nach dem Tode des Mannes seiner Ehegattinn, und wenn sie vor ihm stirbt, ihren Erben heim. Soll sie oder ihre Erben davon ausgeschlossen seyn; so muß dieses ausdrücklich bestimmt werden. Wer das Heirathsgut freywillig bestellet, kann sich ausbedingen, daß es nach dem Tode des Mannes auf ihn zurückfalle.

2) Widerlage.

§. 1230. Was der Bräutigam oder ein Dritter der Braut zur Vermehrung des Heirathsgutes aussetzt, heißt Widerlage. Hiervon gebührt zwar der Ehegattinn während der Ehe kein Genuß; allein wenn sie den Mann überlebt, gebührt ihr ohne besondere Uebereinkunft auch das freye Eigenthum, obgleich dem Manne auf den Fall seines Ueberlebens das Heirathsgut nicht verschrieben worden ist.

§. 1231. Weder der Bräutigam, noch seine Aeltern sind verbunden, eine Widerlage zu bestimmen. Doch in eben der Art, in welcher die Aeltern der Braut schuldig sind, ihr ein Heirathsgut auszusetzen, liegt auch den Aeltern des Bräutigams ob, ihm eine ihrem Vermögen angemessene Ausstattung zu geben. (§§. 1220-1223).

3) Morgengabe.

§. 1232. Das Geschenk, welches der Mann seiner Gattinn am ersten Morgen zu geben verspricht, heißt Morgengabe. Ist dieselbe versprochen worden; so wird im Zweifel vermuthet, daß sie binnen den ersten drey Jahren der Ehe schon überreicht worden sey.

4) Gütergemeinschaft.

§. 1233. Die eheliche Verbindung allein begründet noch keine Gemeinschaft der Güter zwischen den Eheleuten. Dazu wird ein besonderer Vertrag erfordert, dessen Umfang und rechtliche Form nach den §§. 1177. u. 1178 des vorigen Hauptstückes beurtheilt wird.

§. 1234. Die Gütergemeinschaft unter Ehegatten wird in der Regel nur auf den Todesfall verstanden. Sie gibt dem Ehegatten das Recht auf die Hälfte dessen, was von den der Gemeinschaft wechselseitig unterzogenen Gütern nach Ableben des andern Ehegatten noch vorhanden seyn wird.

§. 1235. Bey einer Gemeinschaft, die sich auf das ganze Vermögen bezieht, sind vor der Theilung alle Schulden ohne Ausnahme; bey einer Gemeinschaft aber, die bloß das gegenwärtige, oder bloß das künftige Vermögen zum Gegenstande hat, nur diejenigen Schulden abzuziehen, die zum Nutzen des gemeinschaftlichen Gutes verwendet worden sind.

§. 1236. Besitzt ein Ehegatte ein unbewegliches Gut, und wird das Recht des andern Ehegatten zur Gemeinschaft in die öffentlichen Bücher eingetragen; so erhält dieser durch die Eintragung auf die Hälfte der Substanz des Gutes ein dingliches Recht, vermöge dessen der eine Ehegatte über diese Hälfte keine Anordnung machen kann; auf die Nutzungen aber während der Ehe erhält er durch die Einverleibung keinen Anspruch. Nach dem Tode des Ehegatten gebührt dem überlebenden Theile sogleich das freye Eigenthum seines Antheiles. Doch kann eine solche Einverleibung den auf das Gut früher eingetragenen Gläubigern nicht zum Nachtheile gereichen.

5. Gesetzlicher ehelicher Güterstand

§. 1237. Haben Eheleute über die Verwendung ihres Vermögens keine besondere Uebereinkunft getroffen; so behält jeder Ehegatte sein voriges Eigenthumsrecht, und auf das, was ein jeder Theil während der Ehe erwirbt, und auf was immer für eine Art überkommt, hat der andere keinen Anspruch.

§. 1238. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)

§. 1239. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)

§. 1240. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)

§. 1241. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)

6) Witwengehalt;

§. 1242. Das, was einer Gattinn auf den Fall des Witwenstandes zum Unterhalte bestimmt wird, heißt Witwengehalt. Dieser gebührt der Witwe gleich nach dem Tode des Mannes, und soll immer auf drey Monathe vorhinein entrichtet werden.

§. 1243. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 4, BGBl 1975/Nr. 412.)

§. 1244. Wenn die Witwe sich verehelichet; so verliert sie das Recht auf den Witwengehalt.

Sicherstellung des Heirathsgutes, der Widerlage und des Witwengehaltes;

§. 1245. Wer das Heirathsgut übergibt, ist berechtiget, bey der Uebergabe; oder wenn in der Folge Gefahr eintritt, von demjenigen, der es empfängt, eine angemessene Sicherstellung zu fordern.

Schenkungen unter Ehegatten und Verlobten;

§. 1246. Die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Schenkungen zwischen Ehegatten wird nach den für die Schenkungen überhaupt bestehenden Gesetzen beurtheilt.

§. 1247. Was ein Mann seiner Ehegattinn an Schmuck, Edelsteinen und andern Kostbarkeiten zum Putze gegeben hat, wird im Zweifel nicht für gelehnt; sondern für geschenkt angesehen. Wenn aber ein verlobter Theil dem andern; oder auch ein Dritter dem einen oder andern Theile in Rücksicht auf die künftige Ehe etwas zusichert oder schenket; so kann, wenn die Ehe ohne Verschulden des Geschenkgebers nicht erfolgt, die Schenkung widerrufen werden.

Wechselseitige Testamente;

§. 1248. Den Ehegatten ist gestattet, in einem und dem nähmlichen Testamente sich gegenseitig, oder auch andere Personen als Erben einzusetzen. Auch ein solches Testament ist widerruflich; es kann aber aus der Widerrufung des einen Theiles auf die Widerrufung des andern Theiles nicht geschlossen werden. (§. 583.)

Erbverträge.

Erfordernisse zur Gültigkeit des Erbvertrages.

§. 1249. Zwischen Ehegatten kann auch ein Erbvertrag, wodurch der künftige Nachlaß, oder ein Theil desselben versprochen, und das Versprechen angenommen wird, geschlossen werden. (§. 602.) Zur Gültigkeit eines solchen Vertrages ist jedoch nothwendig, daß er schriftlich mit allen Erfordernissen eines schriftlichen Testamentes errichtet werde.

§. 1250. Ein pflegebefohlener Ehegatte kann zwar die ihm versprochene, unnachtheilige Verlassenschaft annehmen; aber die Verfügung über seine eigene Verlassenschaft kann, ohne Genehmhaltung des Gerichtes, nur in so fern bestehen, als sie ein gültiges Testament ist.

Vorschrift über die eingerückten Bedingungen.

§. 1251. Was von Bedingungen bey Verträgen überhaupt gesagt worden ist, muß auch auf Erbverträge zwischen Ehegatten angewendet werden.

Wirkung des Erbvertrages.

§. 1252. Ein selbst den öffentlichen Büchern einverleibter Erbvertrag hindert den Ehegatten nicht, mit seinem Vermögen, so lange er lebt, nach Belieben zu schalten. Das Recht, welches daraus entsteht, setzt den Tod des Erblassers voraus; es kann von dem Vertragserben, wenn er den Erblasser nicht überlebt, weder auf Andere übertragen, noch der künftigen Erbschaft willen eine Sicherstellung gefordert werden.

§. 1253. Durch den Erbvertrag kann ein Ehegatte auf das Recht, zu testiren, nicht gänzlich Verzicht thun. Ein reiner Viertheil, worauf weder der jemanden gebührende Pflichttheil, noch eine andere Schuld haften darf, bleibt kraft des Gesetzes zur freyen letzten Anordnung immer vorbehalten. Hat der Erblasser darüber nicht verfüget; so fällt er doch nicht dem Vertragserben, obschon die ganze Verlassenschaft versprochen worden wäre, sondern den gesetzlichen Erben zu.

Erlöschung desselben.

§. 1254. Der Erbvertrag kann zum Nachtheile des andern Gatten, mit dem er geschlossen worden ist, nicht widerrufen; sondern nur nach Vorschrift der Gesetze entkräftet werden. Den Notherben bleiben ihre Rechte, wie gegen eine andere letzte Anordnung vorbehalten.

Fruchtnießung auf den Todesfall. (Advitalitäts-Recht.)

§. 1255. Wenn ein Ehegatte dem andern die Fruchtnießung seines Vermögens auf den Fall des Ueberlebens ertheilet; so wird er dadurch in der freyen Verfügung durch Handlungen unter Lebenden nicht beschränkt; das Recht der Fruchtnießung (§§. 509-520.) bezieht sich nur auf den Nachlaß des frey vererblichen Vermögens.

§. 1256. Wird aber die Fruchtnießung eines unbeweglichen Gutes mit Einwilligung des Verleihers den öffentlichen Büchern einverleibt; so kann dieselbe in Hinsicht dieses Gutes nicht mehr verkürzt werden.

§. 1257. In dem Falle, daß der überlebende Theil sich wieder verehelichet, oder die Fruchtnießung einem Andern abtreten will, haben die Kinder des verstorbenen Ehegatten das Recht zu verlangen, daß ihnen dieselbe gegen einen angemessenen jährlichen Betrag überlassen werde.

§. 1258. Ein Ehegatte, welcher auf die Fruchtnießung der ganzen Verlassenschaft des andern Ehegatten, oder eines Theiles derselben Anspruch macht, hat kein Recht, den ihm in dem Falle der gesetzlichen Erbfolge von dem Gesetze ausgemessenen Antheil zu fordern. (§§. 757–759.)

Einkindschaft.

§. 1259. Die Einkindschaft, das ist, ein Vertrag, wodurch Kinder aus verschiedenen Ehen in der Erbfolge einander gleich gehalten werden sollen, hat keine rechtliche Wirkung.

Absonderung des Vermögens in dem Falle:

1) eines Concurses;

§. 1260. Wenn über das Vermögen des Mannes bey seinen Lebzeiten ein Concurs eröffnet wird; so kann die Ehegattinn zwar noch nicht die Zurückstellung des Heirathsgutes, und die Herausgabe der Widerlage, sondern nur die Sicherstellung für den Fall der Auflösung der Ehe gegen die Gläubiger verlangen. Sie ist überdieß berechtiget, von Zeit der Concurs-Eröffnung den Genuß des witiblichen Unterhaltes, und wenn keiner bedungen ist, den Genuß des Heirathsgutes anzusprechen. Dieser Anspruch auf den einen, oder den andern Genuß hat aber nicht Statt, wenn bewiesen wird, daß die Ehegattinn an dem Verfalle der Vermögensumstände des Mannes Ursache sey.

§. 1261. Verfällt die Gattinn mit ihrem Vermögen in den Concurs; so bleiben die Ehe-Pacte unverändert.

§. 1262. Ist zwischen den Ehegatten eine Gemeinschaft der Güter bedungen; so hört dieselbe durch den Concurs des ein oder des andern Ehegatten auf, und das zwischen ihnen gemeinschaftliche Vermögen wird, wie bey dem Tode, getheilt.

2) einer freywilligen;

§. 1263. Wenn Ehegatten übereinkommen, geschieden zu leben, so hängt es auch von ihrem Einverständnisse ab, welches immer zugleich zu treffen ist, (§§. 103-105) ob sie ihre Ehe-Pacte fortdauern lassen, oder auf welche Art sie dieselben abändern wollen.

oder 3) einer gerichtlichen Scheidung;

§. 1264. Ist aber auf die Scheidung durch richterliches Urtheil erkannt worden, und trägt kein Theil, oder jeder Theil Schuld an der Scheidung, so kann ein oder der andere Ehegatte verlangen, daß die Ehe-Pacte für aufgehoben erklärt werden; worüber von dem Gerichte stets ein Vergleich zu versuchen ist (§. 108.). Ist ein Theil schuldlos, so steht demselben frey, die Fortsetzung oder Aufhebung der Ehe-Pacte, oder nach Umständen, den angemessenen Unterhalt zu verlangen.

4) Nichtigerklärung;

§. 1265. Wird eine Ehe für ungültig erklärt; so zerfallen auch die Ehe-Pacte, das Vermögen kommt, in so fern es vorhanden ist, in den vorigen Stand zurück. Der Schuldtragende Theil hat aber dem schuldlosen Theile Entschädigung zu leisten. (§. 102.)

5) Trennung der Ehe.

§. 1266. Wird die Trennung der Ehe (§§. 115 u. 133) auf Verlangen beyder Ehegatten, ihrer unüberwindlichen Abneigung wegen, verwilliget; so sind die Ehe-Pacte, so weit darüber kein Vergleich getroffen wird (§. 117), für beyde Theile erloschen. Wird auf die Trennung der Ehe durch Urtheil erkannt, so gebührt dem schuldlosen Ehegatten nicht nur volle Genugthuung, sondern von dem Zeitpuncte der erkannten Trennung alles dasjenige, was ihm in den Ehe-Pacten auf den Fall des Ueberlebens bedungen worden ist. Das Vermögen, worüber eine Gütergemeinschaft bestanden hat, wird wie bey dem Tode getheilt, und das Recht aus einem Erbvertrage bleibt dem Schuldlosen auf den Todesfall vorbehalten. Die gesetzliche Erbfolge (§§. 757-759) kann ein getrennter, obgleich schuldloser Ehegatte nicht ansprechen.

 

Neun u. zwanzigstes Hauptstück.

Von den Glücksverträgen.

Glücksverträge.

§. 1267. Ein Vertrag, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vortheiles versprochen und angenommen wird, ist ein Glücksvertrag. Er gehört, je nachdem etwas dagegen versprochen wird oder nicht, zu den entgeldlichen oder unentgeldlichen Verträgen.

§. 1268. Bey Glücksverträgen findet das Rechtsmittel wegen Verkürzung über die Hälfte des Werthes nicht Statt.

Arten der Glücksverträge.

§. 1269. Glücksverträge sind: die Wette; das Spiel und das Los; alle über gehoffte Rechte, oder über künftige noch unbestimmte Sachen errichtete Kauf- und andere Verträge; ferner, die Leibrenten; die gesellschaftlichen Versorgungsanstalten; endlich, die Versicherungs- und Bodmereyverträge.

1) die Wette;

§. 1270. Wenn über ein beyden Theilen noch unbekanntes Ereigniß ein bestimmter Preis zwischen ihnen für denjenigen, dessen Behauptung der Erfolg entspricht, verabredet wird; so entsteht eine Wette. Hatte der gewinnende Theil von dem Ausgange Gewißheit, und verheimlichte er sie dem andern Theile; so macht er sich einer Arglist schuldig, und die Wette ist ungültig. Der verlierende Theil aber, dem der Ausgang vorher bekannt war, ist als Geschenkgeber anzusehen.

§. 1271. Redliche und sonst erlaubte Wetten sind in so weit verbindlich, als der bedungene Preis nicht bloß versprochen; sondern wirklich entrichtet, oder hinterlegt worden ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden.

2) das Spiel;

§. 1272. Jedes Spiel ist eine Art von Wette. Die für Wetten festgesetzten Rechte gelten auch für Spiele. Welche Spiele überhaupt, oder für besondere Classen verbothen; wie Personen, die verbothene Spiele treiben, und diejenigen, die ihnen dazu Unterschleif geben, zu bestrafen sind, bestimmen die politischen Gesetze.

3) Los;

§. 1273. Ein zwischen Privat-Personen auf eine Wette oder auf ein Spiel abzielendes Los wird nach den für Wetten und Spiele festgesetzten Vorschriften beurtheilet. Soll aber eine Theilung, eine Wahl, oder eine Streitigkeit durch das Los entschieden werden; so treten dabey die Rechte der übrigen Verträge ein.

§. 1274. Staats-Lotterien sind nicht nach der Eigenschaft der Wette und des Spieles; sondern nach den jedes Mahl darüber kund gemachten Planen, zu beurtheilen.

4) Hoffnungskauf.

§. 1275. Wer für ein bestimmtes Maß von einem künftigen Erträgnisse einen verhältnißmäßigen Preis verspricht, schließt einen ordentlichen Kaufvertrag.

§. 1276. Wer die künftigen Nutzungen einer Sache in Pausch und Bogen; oder wer die Hoffnung derselben in einem bestimmten Preise kauft, errichtet einen Glücksvertrag; er trägt die Gefahr der ganz vereitelten Erwartung; es gebühren ihm aber auch alle ordentliche erzielte Nutzungen.

insbesondere eines Kuxes;

§. 1277. Der Antheil an einem Bergwerke heißt Kux. Der Kauf eines Kuxes gehört zu den gewagten Verträgen. Der Verkäufer haftet nur für die Richtigkeit des Kuxes, und der Käufer hat sich nach den Gesetzen über den Bergbau zu benehmen.

oder einer Erbschaft.

§. 1278. Der Käufer einer von dem Verkäufer angetretenen, oder ihm wenigstens angefallenen Erbschaft tritt nicht allein in die Rechte; sondern auch in die Verbindlichkeiten des Verkäufers als Erben ein, in so weit diese nicht bloß persönlich sind. Wenn also bey dem Kaufe kein Inventarium zum Grunde gelegt wird, ist auch der Erbschaftskauf ein gewagtes Geschäft.

Der Erbschaftskauf bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der Beurkundung durch gerichtliches Protokoll.

§. 1279. Auf Sachen, die dem Verkäufer nicht als Erben; sondern aus einem andern Grunde, z. B. als Vorausvermächtniß, als Fideicommiß, als Substitution, als Schuldforderung aus der Verlassenschaft gebühren, und ihm auch ohne Erbrecht gebührt hätten, hat der Erbschaftskäufer keinen Anspruch. Dagegen erhält er alles, was der Erbschaft selbst zuwächst, es sey durch den Abgang eines Legatars, oder eines Miterben, oder auf was immer für eine andere Art, in so weit der Verkäufer darauf Anspruch gehabt hätte.

§. 1280. Alles, was der Erbe aus dem Erbrechte erhält, wie z. B. die bezogenen Früchte und Forderungen, wird mit zur Masse gerechnet; alles hingegen, was er aus dem Seinigen auf die Antretung der Erbschaft, oder auf die Verlassenschaft verwendet hat, wird von der Masse abgezogen. Dahin gehören die bezahlten Schulden; die schon abgeführten Vermächtnisse, Abgaben und Gerichtsgebühren; und wenn es nicht ausdrücklich anders verabredet worden ist, auch die Begräbnißkosten.

§. 1281. In so weit der Verkäufer die Verlassenschaft vor der Uebergabe verwaltet hat, haftet er dem Käufer dafür, wie ein anderer Geschäftsträger.

§. 1282. Die Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer aber können sich ihrer Befriedigung wegen sowohl an den Käufer der Erbschaft, als an den Erben selbst halten. Ihre Rechte, so wie jene der Erbschaftsschuldner werden durch den Verkauf der Erbschaft nicht geändert, und die Erbschaftsantretung des Einen gilt auch für den Andern.

§. 1283. Hat man bey dem Verkaufe der Erbschaft ein Inventarium zum Grunde gelegt; so haftet der Verkäufer für dasselbe. Ist der Kauf ohne ein solches Verzeichniß geschehen; so haftet er für die Richtigkeit seines Erbrechtes, wie er es angegeben hat, und für allen dem Käufer durch sein Verschulden zugefügten Schaden.

5) Leibrente;

§. 1284. Wird jemanden für Geld, oder gegen eine für Geld geschätzte Sache auf die Lebensdauer einer gewissen Person eine bestimmte jährliche Entrichtung versprochen; so ist es ein Leibrentenvertrag.

§. 1285. Die Dauer der Leibrente kann von dem Leben des einen oder andern Theiles, oder auch eines Dritten abhängen. Sie wird im Zweifel vierteljährig vorhinein entrichtet; und nimmt in allen Fällen mit dem Leben desjenigen, auf dessen Kopf sie beruhet, ihr Ende.

§. 1286. Weder die Gläubiger, noch die Kinder desjenigen, welcher sich eine Leibrente bedingt, sind berechtiget, den Vertrag umzustoßen. Doch steht den Erstern frey, ihre Befriedigung aus den Leibrenten zu suchen; den Letztern aber, die Hinterlegung eines entbehrlichen Theiles der Rente zu fordern, um sich den ihnen nach dem Gesetze gebührenden Unterhalt darauf versichern zu lassen.

6) gesellschaftliche Versorgungsanstalten;

§. 1287. Der Vertrag, wodurch vermittelst einer Einlage ein gemeinschaftlicher Versorgungsfond für die Mitglieder, ihre Gattinnen oder Waisen errichtet wird, ist aus der Natur und dem Zwecke einer solchen Anstalt, und den darüber festgesetzten Bedingungen, zu beurtheilen.

7) Versicherungsvertrag;

§. 1288. Wenn jemand die Gefahr des Schadens, welcher einen Andern ohne dessen Verschulden treffen könnte, auf sich nimmt, und ihm gegen einen gewissen Preis den bedungenen Ersatz zu leisten verspricht; so entsteht der Versicherungsvertrag. Der Versicherer haftet dabey für den zufälligen Schaden, und der Versicherte für den versprochenen Preis.

§. 1289. Der gewöhnliche Gegenstand dieses Vertrages sind Waaren, die zu Wasser oder zu Lande verführt werden. Es können aber auch andere Sachen, z. B. Häuser und Grundstücke gegen Feuer- Wasser- und andere Gefahren versichert werden.

§. 1290. Ereignet sich der zufällige Schade, wofür die Entschädigung versichert worden ist; so muß der Versicherte, wenn kein unüberwindliches Hinderniß dazwischen kommt, oder nichts anderes verabredet worden ist, dem Versicherer, wenn sie sich im nähmlichen Orte befinden, binnen drey Tagen, sonst aber in derjenigen Zeitfrist davon Nachricht geben, welche zur Bekanntmachung der Annahme eines von einem Abwesenden gemachten Versprechens bestimmt worden ist. (§. 862). Unterläßt er die Anzeige; kann er den Unfall nicht erweisen; oder kann der Versicherer beweisen, daß der Schade aus Verschulden des Versicherten entstanden ist; so hat dieser auch keinen Anspruch auf die versicherte Summe.

§. 1291. Wenn der Untergang der Sache dem Versicherten; oder der gefahrlose Zustand derselben dem Versicherer zur Zeit des geschlossenen Vertrages schon bekannt war; so ist der Vertrag ungültig.

8) Bodmerey- und See-Assecurancen.

§. 1292. Die Bestimmungen in Rücksicht der Versicherungen zur See; so wie die Vorschriften über den Bodmerey-Vertrag sind ein Gegenstand der Seegesetze.

 

Dreyßigstes Hauptstück.

Von dem Rechte des Schadensersatzes und der Genugthuung.

Schade.

§. 1293. Schade heißt jeder Nachtheil, welcher jemanden an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist. Davon unterscheidet sich der Entgang des Gewinnes, den jemand nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge zu erwarten hat.

Quellen der Beschädigung.

§. 1294. Der Schade entspringt entweder aus einer widerrechtlichen Handlung, oder Unterlassung eines Andern; oder aus einem Zufalle. Die widerrechtliche Beschädigung wird entweder willkührlich, oder unwillkührlich zugefügt. Die willkührliche Beschädigung aber gründet sich theils in einer bösen Absicht, wenn der Schade mit Wissen und Willen; theils in einem Versehen, wenn er aus schuldbarer Unwissenheit, oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes verursacht worden ist. Beydes wird ein Verschulden genannt.

Von der Verbindlichkeit zum Schadensersatze:

1) von dem Schaden aus Verschulden;

§. 1295. Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.

Auch wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt, ist dafür verantwortlich, jedoch falls dies in Ausübung eines Rechtes geschah, nur dann, wenn die Ausübung des Rechtes offenbar den Zweck hatte, den anderen zu schädigen.

§. 1296. Im Zweifel gilt die Vermuthung, daß ein Schade ohne Verschulden eines Andern entstanden sey.

§. 1297. Es wird aber auch vermuthet, daß jeder, welcher den Verstandesgebrauch besitzt, eines solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit fähig sey, welcher bey gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann. Wer bey Handlungen, woraus eine Verkürzung der Rechte eines Andern entsteht, diesen Grad des Fleißes oder der Aufmerksamkeit unterläßt, macht sich eines Versehen schuldig.

§. 1298. Wer vorgibt, daß er an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert worden sey, dem liegt der Beweis ob. Soweit er auf Grund vertraglicher Vereinbarung nur für grobe Fahrlässigkeit haftet, muß er auch beweisen, daß es an dieser Voraussetzung fehlt.

insbesondere a) der Sachverständigen,

§. 1299. Wer sich zu einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich bekennet; oder wer ohne Noth freywillig ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse, oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß erfordert, gibt dadurch zu erkennen, daß er sich den nothwendigen Fleiß und die erforderlichen, nicht gewöhnlichen, Kenntnisse zutraue; er muß daher den Mangel derselben vertreten. Hat aber derjenige, welcher ihm das Geschäft überließ, die Unerfahrenheit desselben gewußt; oder, bey gewöhnlicher Aufmerksamkeit wissen können, so fällt zugleich dem Letzteren Versehen zur Last.

§. 1300. Ein Sachverständiger ist auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachtheiligen Rath ertheilet. Außer diesem Falle haftet ein Rathgeber nur für den Schaden, welchen er wissentlich durch Ertheilung des Rathes dem Andern verursachet hat.

oder b) mehrerer Theilnehmer.

§. 1301. Für einen widerrechtlich zugefügten Schaden können mehrere Personen verantwortlich werden, indem sie gemeinschaftlich, unmittelbarer oder mittelbarer Weise, durch Verleiten, Drohen, Befehlen, Helfen, Verhehlen und dgl.; oder auch nur durch Unterlassung der besonderen Verbindlichkeit das Uebel zu verhindert, dazu beygetragen haben.

§. 1302. In einem solchen Falle verantwortet, wenn die Beschädigung in einem Versehen gegründet ist, und die Antheile sich bestimmen lassen, jeder nur den durch sein Versehen verursachten Schaden. Wenn aber der Schade vorsätzlich zugefügt worden ist; oder, wenn die Antheile der Einzelnen an der Beschädigung sich nicht bestimmen lassen; so haften Alle für Einen und Einer für Alle; doch bleibt demjenigen, welcher den Schaden ersetzt hat, der Rückersatz gegen die Uebrigen vorbehalten.

§. 1303. In wie weit mehrere Mitschuldner bloß aus der unterlassenen Erfüllung ihrer Verbindlichkeit zu haften haben, ist aus der Beschaffenheit des Vertrages zu beurtheilen.

§. 1304. Wenn bey einer Beschädigung zugleich ein Verschulden von Seite des Beschädigten eintritt; so trägt er mit dem Beschädiger den Schaden verhältnißmäßig; und, wenn sich das Verhältniß nicht bestimmen läßt, zu gleichen Theilen.

2) aus dem Gebrauche des Rechtes;

§. 1305. Wer von seinem Rechte innerhalb der rechtlichen Schranken (§ 1295, Absatz 2) Gebrauch macht, hat den für einen anderen daraus entspringenden Nachteil nicht zu verantworten.

3) aus einer schuldlosen oder unwillkührlichen Handlung;

§. 1306. Den Schaden, welchen jemand ohne Verschulden oder durch eine unwillkührliche Handlung verursacht hat, ist er in der Regel zu ersetzen nicht schuldig.

§. 1306a. Wenn jemand im Notstand einen Schaden verursacht, um eine unmittelbar drohende Gefahr von sich oder anderen abzuwenden, hat der Richter unter Erwägung, ob der Beschädigte die Abwehr aus Rücksicht auf die dem anderen drohende Gefahr unterlassen hat, sowie des Verhältnisses der Größe der Beschädigung zu dieser Gefahr oder endlich des Vermögens des Beschädigers und des Beschädigten zu erkennen, ob und in welchem Umfange der Schaden zu ersetzen ist.

§. 1307. Wenn sich jemand aus eigenem Verschulden in einen Zustand der Sinnesverwirrung oder in einen Notstand versetzt hat, so ist auch der in demselben verursachte Schade seinem Verschulden zuzuschreiben. Eben dieses gilt auch von einem Dritten, der durch sein Verschulden diese Lage bei dem Beschädiger veranlaßt hat.

§. 1308. Wenn Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, oder Unmündige jemanden beschädigen, der durch irgendein Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben hat, so kann er keinen Ersatz ansprechen.

§. 1309. Außer diesem Falle gebührt ihm der Ersatz von denjenigen Personen, denen der Schade wegen Vernachlässigung der ihnen über solche Personen anvertrauten Obsorge beygemessen werden kann.

§. 1310. Kann der Beschädigte auf solche Art den Ersatz nicht erhalten; so soll der Richter mit Erwägung des Umstandes, ob dem Beschädiger, ungeachtet er gewöhnlich seines Verstandes nicht mächtig ist, in dem bestimmten Falle nicht dennoch ein Verschulden zur Last liege; oder, ob der Beschädigte aus Schonung des Beschädigers die Vertheidigung unterlassen habe; oder endlich, mit Rücksicht auf das Vermögen des Beschädigers und des Beschädigten; auf den ganzen Ersatz oder doch einen billigen Theil desselben erkennen.

4) durch Zufall.

§. 1311. Der bloße Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet. Hat aber jemand den Zufall durch ein Verschulden veranlaßt; hat er ein Gesetz, das den zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht, übertreten; oder sich ohne Noth in fremde Geschäfte gemengt; so haftet er für allen Nachtheil, welcher außer dem nicht erfolgt wäre.

§. 1312. Wer in einem Nothfalle jemanden einen Dienst geleistet hat, dem wird der Schade, welchen er nicht verhütet hat, nicht zugerechnet; es wäre denn, daß er einen Andern, der noch mehr geleistet haben würde, durch seine Schuld daran verhindert hätte. Aber auch in diesem Falle kann er den sicher verschaften Nutzen gegen den verursachten Schaden in Rechnung bringen.

5) durch fremde Handlungen.

§. 1313. Für fremde, widerrechtliche Handlungen, woran jemand keinen Theil genommen hat, ist er in der Regel auch nicht verantwortlich. Selbst in den Fällen, wo die Gesetze das Gegentheil anordnen, bleibt ihm der Rückersatz gegen den Schuldtragenden vorbehalten.

§. 1313a. Wer einem andern zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes.

§. 1314. Wer eine Dienstperson ohne Zeugnis aufnimmt oder wissentlich eine durch ihre Leibes- oder Gemütsbeschaffenheit gefährliche Person im Dienste behält oder ihr Aufenthalt gibt, haftet dem Hausherrn und den Hausgenossen für den Ersatz des durch die gefährliche Beschaffenheit dieser Personen verursachten Schadens.

§. 1315. Überhaupt haftet derjenige, welcher sich einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person zur Besorgung seiner Angelegenheiten bedient, für den Schaden, den sie in dieser Eigenschaft einem Dritten zufügt.

§. 1316. Gastwirte, die Fremde beherbergen, sowie die anderen in § 970 bezeichneten Personen, ferner Fuhrleute haften für den Schaden, welchen ihre eigenen oder die von ihnen zugewiesenen Dienstpersonen an den eingebrachten oder übernommenen Sachen einem Gast oder Reisenden in ihrem Hause, ihrer Anstalt oder ihrem Fahrzeuge verursachen.

§. 1317. In wie fern bey öffentlichen Versendungsanstalten für den Schaden eine Haftung übernommen werden, bestimmen die besondern Vorschriften.

§. 1318. Wird jemand durch das Herabfallen einer gefährlich aufgehängten oder gestellten Sache; oder, durch Herauswerfen oder Herausgießen aus einer Wohnung beschädiget; so haftet derjenige, aus dessen Wohnung geworfen oder gegossen worden, oder die Sache herabgefallen ist, für den Schaden.

6. Durch ein Bauwerk

§. 1319. Wird durch Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes jemand verletzt oder sonst ein Schaden verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes zum Ersatze verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe.

6a. durch einen Weg;

§. 1319a. Wird durch den mangelhaften Zustand eines Weges ein Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so haftet derjenige für den Ersatz des Schadens, der für den ordnungsgemäßen Zustand des Weges als Halter verantwortlich ist, sofern er oder einer seiner Leute den Mangel vorsätzlich oder grobfahrlässig verschuldet hat. Ist der Schaden bei einer unerlaubten, besonders auch widmungswidrigen, Benützung des Weges entstanden und ist die Unerlaubtheit dem Benützer entweder nach der Art des Weges oder durch entsprechende Verbotszeichen, eine Abschrankung oder eine sonstige Absperrung des Weges erkennbar gewesen, so kann sich der Geschädigte auf den mangelhaften Zustand des Weges nicht berufen.

Ein Weg im Sinn des Abs. 1 ist eine Landfläche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehrs benützt werden darf, auch wenn sie nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist; zu einem Weg gehören auch die in seinem Zug befindlichen und dem Verkehr dienenden Anlagen, wie besonders Brücken, Stützmauern, Futtermauern, Durchlässe, Gräben und Pflanzungen. Ob der Zustand eines Weges mangelhaft ist, richtet sich danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist.

Ist der mangelhafte Zustand durch Leute des Haftpflichtigen verschuldet worden, so haften auch sie nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.

7. Durch ein Tier

§. 1320. Wird jemand durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, daß er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hatte.

§. 1321. Wer auf seinem Grund und Boden fremdes Vieh antrifft, ist deßwegen noch nicht berechtigt, es zu tödten. Er kann es durch anpassende Gewalt verjagen; oder, wenn er dadurch Schaden gelitten hat, das Recht der Privat-Pfändung über so viele Stücke Viehes ausüben, als zu seiner Entschädigung hinreicht. Doch muß er binnen acht Tagen sich mit dem Eigenthümer abfinden, oder seine Klage vor den Richter bringen; widrigenfalls aber das gepfändete Vieh zurückstellen.

§. 1322. Das gepfändete Vieh muß auch zurückgestellt werden, wenn der Eigenthümer eine andere angemessene Sicherheit leistet.

Arten des Schadensersatzes.

§. 1323. Um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, muß alles in den vorigen Stand zurück versetzet, oder, wenn dieses nicht thunlich ist, der Schätzungswerth vergütet werden. Betrifft der Ersatz nur den erlittenen Schaden, so wird er eigentlich eine Schadloshaltung; wofern er sich aber auch auf den entgangenen Gewinn, und die Tilgung der verursachten Beleidigung erstreckt, volle Genugthuung genannt.

§. 1324. In dem Falle eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens ist der Beschädigte volle Genugthuung; in den übrigen Fällen aber nur die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtiget. Hiernach ist in den Fällen, wo im Gesetze der allgemeine Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu beurtheilen, welche Art des Ersatzes zu leisten sey.

Insbesondere 1) bey Verletzungen an dem Körper;

§. 1325. Wer jemanden an seinem Körper verletzt, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten; ersetzt ihm den entgangenen, oder, wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig wird, auch den künftig entgehenden Verdienst; und bezahlt ihm auf Verlangen überdieß ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzensgeld.

§. 1326. Ist die verletzte Person durch die Mißhandlung verunstaltet worden; so muß zumahl, wenn sie weiblichen Geschlechtes ist, in so fern auf diesen Umstand Rücksicht genommen werden, als ihr besseres Fortkommen dadurch verhindert werden kann.

§. 1327. Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so müssen nicht nur alle Kosten, sondern auch den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetze zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden.

1a. an der geschlechtlichen Selbstbestimmung

§. 1328. Wer jemanden durch eine strafbare Handlung oder sonst durch Hinterlist, Drohung oder Ausnutzung eines Abhängigkeits- oder Autoritätsverhältnisses zur Beiwohnung oder sonst zu geschlechtlichen Handlungen mißbraucht, hat ihm den erlittenen Schaden und den entgangenen Gewinn zu ersetzen sowie eine angemessene Entschädigung für die erlittene Beeinträchtigung zu leisten.

1b. am Recht auf Wahrung der Privatsphäre

§. 1328a. Wer rechtswidrig und schuldhaft in die Privatsphäre eines Menschen eingreift oder Umstände aus der Privatsphäre eines Menschen offenbart oder verwertet, hat ihm den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Bei erheblichen Verletzungen der Privatsphäre, etwa wenn Umstände daraus in einer Weise verwertet werden, die geeignet ist, den Menschen in der Öffentlichkeit bloßzustellen, umfasst der Ersatzanspruch auch eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

Abs. 1 ist nicht anzuwenden, sofern eine Verletzung der Privatsphäre nach besonderen Bestimmungen zu beurteilen ist. Die Verantwortung für Verletzungen der Privatsphäre durch Medien richtet sich allein nach den Bestimmungen des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, in der jeweils geltenden Fassung.

2) an der persönlichen Freyheit;

§. 1329. Wer jemanden durch gewaltsame Entführung, durch Privatgefangennehmung oder vorsätzlich durch einen widerrechtlichen Arrest seiner Freiheit beraubt, ist verpflichtet, dem Verletzten die vorige Freiheit zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten. Kann er ihm die Freiheit nicht mehr verschaffen, so muß er den Hinterbliebenen, wie bei der Tötung, Ersatz leisten.

3) an der Ehre;

§. 1330. Wenn jemandem durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schade oder Entgang des Gewinnes verursacht worden ist, so ist er berechtigt, den Ersatz zu fordern.

Dies gilt auch, wenn jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen mußte. In diesem Falle kann auch der Widerruf und die Veröffentlichung desselben verlangt werden. Für eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit der Mitteilende nicht kennt, haftet er nicht, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte.

4) an dem Vermögen.

§. 1331. Wird jemand an seinem Vermögen vorsätzlich oder durch auffallende Sorglosigkeit eines andern beschädiget; so ist er auch den entgangenen Gewinn, und wenn der Schade vermittelst einer durch ein Strafgesetz verbothenen Handlung, oder aus Muthwillen und Schadenfreude verursachet worden ist, den Werth der besondern Vorliebe zu fordern berechtiget.

§. 1332. Der Schade, welcher aus einem mindern Grade des Versehens oder der Nachlässigkeit verursacht worden ist, wird nach dem gemeinen Werthe, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte, ersetzt.

§. 1332a. Wird ein Tier verletzt, so gebühren die tatsächlich aufgewendeten Kosten der Heilung oder der versuchten Heilung auch dann, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen, soweit auch ein verständiger Tierhalter in der Lage des Geschädigten diese Kosten aufgewendet hätte.

Besonders durch die Verzögerung der Zahlung.

Gesetzliche Zinsen und weitere Schäden

§. 1333. Der Schaden, den der Schuldner seinem Gläubiger durch die Verzögerung der Zahlung einer Geldforderung zugefügt hat, wird durch die gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs. 1) vergütet.

Der Gläubiger kann außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.

§. 1334. Eine Verzögerung fällt einem Schuldner zur Last, wenn er den durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Zahlungstag nicht einhält. Sofern die Parteien nicht anderes vereinbart haben, hat der Schuldner seine Leistung bei vertragsgemäßer Erbringung der Gegenleistung ohne unnötigen Aufschub nach der Erfüllung durch den Gläubiger oder, wenn die Parteien ein solches Verfahren vereinbart haben, nach der Abnahme oder Überprüfung der Leistung des Gläubigers oder, wenn die Forderung der Höhe nach noch nicht feststeht, nach dem Eingang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung zu erbringen. Ist die Zahlungszeit sonst nicht bestimmt, so trägt der Schuldner die Folgen der Zahlungsverzögerung, wenn er sich nach dem Tag der gerichtlichen oder außergerichtlichen Einmahnung nicht mit dem Gläubiger abgefunden hat.

§. 1335. Hat der Gläubiger die Zinsen ohne gerichtliche Einmahnung bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen lassen, so erlischt das Recht, vom Kapital weitere Zinsen zu fordern. Vom Tag der Streitanhängigkeit an können jedoch neuerdings Zinsen verlangt werden.

Bedingung des Vergütungsvertrages (Conventional-Strafe).

§. 1336. Die vertragschließenden Teile können eine besondere Übereinkunft treffen, daß auf den Fall des entweder gar nicht oder nicht auf gehörige Art oder zu spät erfüllten Versprechens ein bestimmter Geld- oder anderer Betrag entrichtet werden solle (§ 912). Der Schuldner erlangt mangels besonderer Vereinbarung nicht das Recht, sich durch Bezahlung des Vergütungsbetrages von der Erfüllung zu befreien. Wurde die Konventionalstrafe für die Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes versprochen, so kann sie neben der Erfüllung gefordert werden.

In allen Fällen ist der Vergütungsbetrag, wenn er vom Schuldner als übermäßig erwiesen wird, von dem Richter, allenfalls nach Einvernehmung von Sachverständigen, zu mäßigen.

Der Gläubiger kann neben einer Konventionalstrafe den Ersatz eines diese übersteigenden Schadens geltend machen. Ist der Schuldner ein Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 KSchG, so muss dies im Einzelnen ausgehandelt werden.

Verbindlichkeit der Erben des Beschädigers.

§. 1337. Die Verbindlichkeit zum Ersatze des Schadens, und des entgangenen Gewinnes, oder zur Entrichtung des bedungenen Vergütungsbetrages haftet auf dem Vermögen, und geht auf die Erben über.

Rechtsmittel der Entschädigung.

§. 1338. Das Recht zum Schadensersatze muß in der Regel, wie jedes andere Privat-Recht, bey dem ordentlichen Richter angebracht werden. Hat der Beschädiger zugleich ein Strafgesetz übertreten; so trifft ihn auch die verhängte Strafe. Die Verhandlung über den Schadensersatz aber gehört auch in diesem Falle, in so fern sie nicht durch die Strafgesetze dem Strafgerichte oder der politischen Behörde aufgetragen ist, zu dem Civil-Gerichte.

§. 1339. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl 1974/Nr. 496.)

§. 1340. Diese Behörden haben in dem Falle, daß sich die Entschädigung unmittelbar bestimmen läßt, sogleich darüber nach den in diesem Hauptstücke ertheilten Vorschriften zu erkennen. Wenn aber der Ersatz des Schadens nicht unmittelbar bestimmt werden kann, ist in dem Erkenntnisse überhaupt auszudrücken, daß dem Beschädigten die Entschädigung im Wege Rechtens zu suchen vorbehalten bleibe. Dieser Weg ist auch in Criminal-Fällen dem Beschädigten, und in andern Fällen beyden Theilen dann vorbehalten, wenn sie mit der von der Strafbehörde erfolgten Bestimmung des Ersatzes sich nicht befriedigen wollten.

§. 1341. Gegen das Verschulden eines Richters beschwert man sich bey der höhern Behörde. Diese untersucht und beurtheilt die Beschwerde von Amts wegen.

 

Dritter Theil des bürgerlichen Gesetzbuches.

Von den gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.

Erstes Hauptstück.

Von Befestigung der Rechte und Verbindlichkeiten.

Gemeinschaftliche Bestimmungen der Rechte.

§. 1342. Sowohl Personenrechte als Sachenrechte, und daraus entspringende Verbindlichkeiten können gleichförmig befestiget, umgeändert und aufgehoben werden.

Arten der Befestigung eines Rechtes;

§. 1343. Die rechtlichen Arten der Sicherstellung einer Verbindlichkeit und der Befestigung eines Rechtes, durch welche den Berechtigten ein neues Recht eingeräumet wird, sind: die Verpflichtung eines Dritten für den Schuldner, und die Verpfändung.

I.) durch Verpflichtung eines Dritten.

§. 1344. Ein Dritter kann sich den Gläubiger für den Schuldner auf dreyerley Art verpflichten: Ein Mahl, wenn er mit Einwilligung des Gläubigers die Schuld als Alleinzahler übernimmt; dann, wenn er der Verbindlichkeit als Mitschuldner beytritt; endlich, wenn er sich für die Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verbindet, daß der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle.

§. 1345. Wenn jemand mit Einwilligung des Gläubigers die ganze Schuld eines Andern übernimmt; so geschieht keine Befestigung, sondern eine Umänderung der Verbindlichkeit, wovon in dem folgenden Hauptstücke gehandelt wird.

a) Als Bürge;

§. 1346. Wer sich zur Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verpflichtet, daß der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle, wird ein Bürge, und das zwischen ihm und dem Gläubiger getroffene Uebereinkommen ein Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt der erste Schuldner noch immer der Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als Nachschuldner hinzu.

Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages ist erforderlich, daß die Verpflichtungserklärung des Bürgen schriftlich abgegeben wird.

b) Als Mitschuldner;

§. 1347. Wenn jemand, ohne die den Bürgen zu Statten kommende Bedingung, einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beytritt; so entsteht eine Gemeinschaft mehrerer Mitschuldner, deren rechtliche Folgen nach den in dem Hauptstücke von Verträgen überhaupt gegebenen Vorschriften zu beurtheilen sind. (§§. 888-896.)

Entschädigungsbürge.

§. 1348. Wer dem Bürgen auf den Fall, daß derselbe durch seine Bürgschaft zu Schaden kommen sollte, Entschädigung zusagt, heißt Entschädigungsbürge.

Wer sich verbürgen könne.

§. 1349. Fremde Verbindlichkeiten kann ohne Unterschied des Geschlechtes jedermann auf sich nehmen, dem die freye Verwaltung seines Vermögens zusteht.

Für welche Verbindlichkeiten.

§. 1350. Eine Bürgschaft kann nicht nur über Summen und Sachen, sondern auch über erlaubte Handlungen und Unterlassungen in Beziehung auf den Vortheil oder Nachtheil, welcher aus denselben für den Sichergestellten entstehen kann, geleistet werden.

§. 1351. Verbindlichkeiten, welche nie zu Recht bestanden haben, oder schon aufgehoben sind, können weder übernommen, noch bekräftiget werden.

§. 1352. Wer sich für eine Person verbürgt, die sich vermöge ihrer persönlichen Eigenschaft nicht verbinden kann, ist, obschon ihm diese Eigenschaft unbekannt war, gleich einem ungetheilten Mitschuldner verpflichtet. (§. 896.)

Umfang der Bürgschaft.

§. 1353. Die Bürgschaft kann nicht weiter ausgedehnt werden, als sich der Bürge ausdrücklich erkläret hat. Wer sich für ein zinsbares Capital verbürget, haftet nur für jene rückständigen Zinsen, welche der Gläubiger noch nicht einzutreiben berechtiget war.

§. 1354. Von der Einwendung, wodurch ein Schuldner nach Vorschrift der Gesetze die Beybehaltung eines Theiles seines Vermögens zu seinem Unterhalte zu fordern berechtiget ist, kann der Bürge nicht Gebrauch machen.

Wirkung.

§. 1355. Der Bürge kann in der Regel erst dann belanget werden, wenn der Hauptschuldner auf des Gläubigers gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung seine Verbindlichkeit nicht erfüllet hat.

§. 1356. Der Bürge kann aber, selbst wenn er sich ausdrücklich nur für den Fall verbürget hat, daß der Hauptschuldner zu zahlen unvermögend sey, zuerst belanget werden, wenn der Hauptschuldner in Concurs verfallen, oder wenn er zur Zeit, als die Zahlung geleistet werden sollte, unbekannten Aufenthaltes, und der Gläubiger keiner Nachlässigkeit zu beschuldigen ist.

§. 1357. Wer sich als Bürge und Zahler verpflichtet hat, haftet als ungetheilter Mitschuldner für die ganze Schuld; es hängt von der Willkühr des Gläubigers ab, ob er zuerst den Hauptschuldner, oder den Bürgen, oder beyde zugleich belangen wolle. (§. 891.)

§. 1358. Wer eine fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet, tritt in die Rechte des Gläubigers und ist befugt, von dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Zu diesem Ende ist der befriedigte Gläubiger verbunden, dem Zahler alle vorhandenen Rechtsbehelfe und Sicherungsmittel auszuliefern.

§. 1359. Haben für den nähmlichen ganzen Betrag mehrere Personen Bürgschaft geleistet; so haftet jede für den ganzen Betrag. Hat aber Eine von ihnen die ganze Schuld abgetragen; so gebührt ihr gleich dem Mitschuldner (§. 896.) das Recht des Rückersatzes gegen die übrigen.

§. 1360. Wenn dem Gläubiger vor, oder bey Leistung der Bürgschaft noch außer derselben von dem Hauptschuldner, oder einem Dritten ein Pfand gegeben wird; so steht ihm zwar noch immer frey, den Bürgen der Ordnung nach (§. 1355.) zu belangen; aber er ist nicht befugt, zu dessen Nachtheil sich des Pfandes zu begeben.

§. 1361. Hat der Bürge oder Zahler den Gläubiger befriediget, ohne sich mit dem Hauptschuldner einzuverstehen; so kann dieser Alles gegen jene einwenden, was er gegen den Gläubiger hätte einwenden können.

§. 1362. Der Bürge kann von dem Entschädigungsbürgen nur dann Entschädigung verlangen, wenn er sich den Schaden nicht durch sein eigenes Verschulden zugezogen hat.

Arten der Erlöschung der Bürgschaft.

§. 1363. Die Verbindlichkeit des Bürgen hört verhältnißmäßig mit der Verbindlichkeit des Schuldners auf. Hat sich der Bürge nur auf eine gewisse Zeit verpflichtet; so haftet er nur für diesen Zeitraum. Die Entlassung eines Mitbürgen kommt diesem zwar gegen den Gläubiger; aber nicht gegen die übrigen Mitbürgen zu Statten. (§. 896).

§. 1364. Durch den Verlauf der Zeit, binnen welcher der Schuldner hätte zahlen sollen, wird der Bürge, wenn auch der Gläubiger auf die Befriedigung nicht gedrungen hat, noch nicht von seiner Bürgschaft befreyt; allein er ist befugt, von dem Schuldner, wenn er mit dessen Einwilligung Bürgschaft geleistet hat, zu verlangen, daß er ihm Sicherheit verschaffe. Auch der Gläubiger ist dem Bürgen in so weit verantwortlich, als dieser wegen dessen Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld an Erhohlung des Ersatzes zu Schaden kommt.

§. 1365. Wenn gegen den Schuldner ein gegründetes Besorgniß der Zahlungsunfähigkeit oder der Entfernung aus den Erbländern, für welche dieses Gesetzbuch vorgeschrieben ist, eintritt; so steht dem Bürgen das Recht zu, von dem Schuldner die Sicherstellung der verbürgten Schuld zu verlangen.

§. 1366. Wenn das verbürgte Geschäft beendiget ist; so kann die Abrechnung, und die Aufhebung der Bürgschaft gefordert werden.

§. 1367. Ist der Bürgschaftsvertrag weder durch eine Hypothek, noch durch ein Faustpfand befestiget; so erlischt er binnen drey Jahren nach dem Tode des Bürgen, wenn der Gläubiger in der Zwischenzeit unterlassen hat, von dem Erben die verfallene Schuld gerichtlich oder außergerichtlich einzumahnen.

II.) Durch Pfandvertrag.

§. 1368. Pfandvertrag heißt derjenige Vertrag, wodurch der Schuldner, oder ein Anderer anstatt seiner auf eine Sache dem Gläubiger das Pfandrecht wirklich einräumet, folglich ihm das bewegliche Pfandstück übergibt, oder das unbewegliche durch die Pfandbücher verschreibt. Der Vertrag, ein Pfand übergeben zu wollen, ist noch kein Pfandvertrag.

Wirkung des Pfandvertrages.

§. 1369. Was bey Verträgen überhaupt Rechtens ist, gilt auch bey dem Pfandvertrage; er ist zweyseitig verbindlich. Der Pfandnehmer muß das Handpfand wohl verwahren und es dem Verpfänder, so bald dieser die Befriedigung leistet, zurück geben. Betrifft es eine Hypothek; so muß der befriedigte Gläubiger den Verpfänder in den Stand setzen, die Löschung der Verbindlichkeit aus den Hypotheken-Büchern bewirken zu können. Die mit dem Pfandbesitze verknüpften Rechte und Verbindlichkeiten des Pfandgebers und Pfandnehmers sind im sechsten Hauptstücke des zweyten Theiles bestimmt worden.

§. 1370. Der Handpfandnehmer ist verbunden, dem Pfandgeber einen Pfandschein auszustellen, und darin die unterscheidenden Kennzeichen des Pfandes zu beschreiben. Auch können die wesentlichen Bedingungen des Pfandvertrages in dem Pfandscheine angeführet werden.

Unerlaubte Bedingungen.

§. 1371. Alle der Natur des Pfand- und Darleihensvertrages entgegen stehende Bedingungen und Nebenverträge sind ungültig. Dahin gehören die Verabredungen: daß nach der Verfallzeit der Schuldforderung das Pfandstück dem Gläubiger zufalle; daß er es nach Willkühr, oder in einem schon im voraus bestimmten Preise veräußern, oder für sich behalten könne; daß der Schuldner das Pfand niemahls einlösen, oder ein liegendes Gut keinem Andern verschreiben, oder daß der Gläubiger nach der Verfallzeit die Veräußerung des Pfandes nicht verlangen dürfe.

§. 1372. Der Nebenvertrag, daß dem Gläubiger die Fruchtnießung der verpfändeten Sache zustehen solle, ist ohne rechtliche Wirkung. Ist dem Gläubiger der bloße Gebrauch eines beweglichen Pfandstückes eingeräumt worden (§. 459.), so muß diese Benützung auf eine dem Schuldner unschädliche Art geschehen.

Auf welche Art in der Regel Sicherstellung zu leisten ist.

§. 1373. Wer verbunden ist, eine Sicherstellung zu leisten, muß diese Verbindlichkeit durch ein Handpfand, oder durch eine Hypothek erfüllen. Nur in dem Falle, daß er ein Pfand zu geben außer Stande ist, werden taugliche Bürgen angenommen.

§. 1374. Niemand ist verpflichtet, eine Sache, die zur Sicherstellung dienen soll, in einem höheren Wert als der Hälfte ihres Verkehrswertes zum Pfand anzunehmen. Wer ein angemessenes Vermögen besitzt und im Inland geklagt werden kann, ist ein tauglicher Bürge.

 

Zweytes Hauptstück.

Von Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten.

Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten;

§. 1375. Es hängt von dem Willen des Gläubigers und des Schuldners ab, ihre gegenseitigen willkührlichen Rechte und Verbindlichkeiten umzuändern. Die Umänderung kann ohne, oder mit Hinzukunft einer dritten Person, und zwar entweder eines neuen Gläubigers, oder eines neuen Schuldners geschehen.

1) durch Novation;

§. 1376. Die Umänderung ohne Hinzukunft einer dritten Person findet Statt, wenn der Rechtsgrund, oder wenn der Hauptgegenstand einer Forderung verwechselt wird, folglich die alte Verbindlichkeit in eine neue übergeht.

§. 1377. Eine solche Umänderung heißt Neuerungsvertrag (Novation). Vermöge dieses Vertrages hört die vorige Hauptverbindlichkeit auf, und die neue nimmt zugleich ihren Anfang.

§. 1378. Die mit der vorigen Hauptverbindlichkeit verknüpften Bürgschafts- Pfand- und anderen Rechte erlöschen durch den Neuerungsvertrag, wenn die Theilnehmer nicht durch ein besonderes Einverständniß hierüber etwas Anderes festgesetzt haben.

§. 1379. Die näheren Bestimmungen, wo, wann und wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllet werden soll, und andere Nebenbestimmungen, wodurch in Rücksicht auf den Hauptgegenstand oder Rechtsgrund keine Umänderung geschieht, sind eben so wenig als ein Neuerungsvertrag anzusehen, als die bloße Ausstellung eines neuen Schuldscheines, oder einer andern dahin gehörigen Urkunde. Auch kann eine solche Abänderung in den Nebenbestimmungen einem Dritten, welcher derselben nicht beygezogen worden ist, keine neue Last auflegen. Im Zweifel wird die alte Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, so lange sie mit der neuen noch wohl bestehen kann.

2) Vergleich.

§. 1380. Ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, daß jede Partey sich wechselseitig etwas zu geben, zu thun, oder zu unterlassen verbindet, heißt Vergleich. Der Vergleich gehört zu den zweyseitigen verbindlichen Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen beurtheilet.

§. 1381. Wer dem Verpflichteten mit dessen Einwilligung ein unstreitiges oder zweifelhaftes Recht unentgeldlich erläßt, macht eine Schenkung (§. 939).

Ungültigkeit eines Vergleiches in Rücksicht des Gegenstandes;

§. 1382. Es gibt zweifelhafte Fälle, welche durch einen Vergleich nicht beygelegt werden dürfen. Dahin gehört der zwischen Eheleuten über die Gültigkeit ihrer Ehe entstandene Streit. Diesen kann nur der durch das Gesetz bestimmte Gerichtsstand entscheiden.

§. 1383. Ueber den Inhalt einer letzten Anordnung kann vor deren Bekanntmachung kein Vergleich errichtet werden. Die hierüber entstandene Wette wird nach den Grundsätzen von Glücksverträgen beurtheilt.

§. 1384. Vergleiche über Gesetzübertretungen sind nur in Hinsicht auf die Privat-Genugthuung gültig; die gesetzmäßige Untersuchung und Bestrafung kann dadurch bloß dann abgewendet werden, wenn die Uebertretungen von der Art sind, daß die Behörde nur auf Verlangen der Parteyen ihr Amt zu handeln angewiesen ist.

oder anderer Mängel.

§. 1385. Ein Irrthum kann den Vergleich nur in so weit ungültig machen, als er die Wesenheit der Person, oder des Gegenstandes betrifft.

§. 1386. Aus dem Grunde einer Verletzung über die Hälfte kann ein redlich errichteter Vergleich nicht angefochten werden.

§. 1387. Eben so wenig können neu gefundene Urkunden, wenn sie auch den gänzlichen Mangel eines Rechtes auf Seite einer Partey entdeckten, einen redlich eingegangenen Vergleich entkräften.

§. 1388. Ein offenbarer Rechnungsverstoß, oder ein Fehler, welcher bey dem Abschlusse eines Vergleiches in dem Summiren oder Abziehen begangen wird, schadet keinem der vertragmachenden Theile.

Umfang des Vergleiches.

§. 1389. Ein Vergleich, welcher über eine besondere Streitigkeit geschlossen worden ist, erstreckt sich nicht auf andere Fälle. Selbst allgemeine, auf alle Streitigkeiten überhaupt lautende Vergleiche sind auf solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich verheimlichet worden sind, oder auf welche die sich vergleichenden Parteyen nicht denken konnten.

Wirkung in Rücksicht der Nebenverbindlichkeiten.

§. 1390. Bürgen und Pfänder, welche zur Sicherheit des ganzen noch streitigen Rechtes gegeben worden sind, haften auch für den Theil, der durch den Vergleich bestimmt worden ist. Doch bleiben dem Bürgen und einem dritten Verpfänder, welche dem Vergleiche nicht beygestimmt haben, alle Einwendungen gegen den Gläubiger vorbehalten, welche ohne geschlossenen Vergleich der Forderung hätten entgegengesetzt werden können.

§. 1391. Der Vertrag, wodurch Parteyen zur Entscheidung streitiger Rechte einen Schiedsrichter bestellen, erhält seine Bestimmung in der Gerichtsordnung.

3) Cession.

§. 1392. Wenn eine Forderung von einer Person an die andere übertragen, und von dieser angenommen wird; so entsteht die Umänderung des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers. Eine solche Handlung heißt Abtretung (Cession), und kann mit, oder ohne Entgeld geschlossen werden.

Gegenstände der Cession.

§. 1393. Alle veräußerliche Rechte sind ein Gegenstand der Abtretung. Rechte, die der Person ankleben, folglich mit ihr erlöschen, können nicht abgetreten werden. Schuldscheine, die auf den Ueberbringer lauten, werden schon durch Uebergabe abgetreten, und bedürfen nebst dem Besitze keines andern Beweises der Abtretung.

Wirkung.

§. 1394. Die Rechte des Uebernehmers sind mit den Rechten des Ueberträgers in Rücksicht auf die überlassene Forderung eben dieselben.

§. 1395. Durch den Abtretungsvertrag entsteht nur zwischen dem Ueberträger (Cedent) und dem Uebernehmer der Forderung (Cessionar); nicht aber zwischen dem Letzten und dem übernommenen Schuldner (Cessus) eine neue Verbindlichkeit. Daher ist der Schuldner, so lange ihm der Uebernehmer nicht bekannt wird, berechtiget, den ersten Gläubiger zu bezahlen, oder sich sonst mit ihm abzufinden.

§. 1396. Dieses kann der Schuldner nicht mehr, so bald ihm der Uebernehmer bekannt gemacht worden ist; allein es bleibt ihm das Recht, seine Einwendungen gegen die Forderung anzubringen. Hat er die Forderung gegen den redlichen Uebernehmer für richtig erkannt; so ist er verbunden, denselben als seinen Gläubiger zu befriedigen.

Zessionsverbot

§. 1396a. Eine Vereinbarung, dass eine Geldforderung zwischen Unternehmern aus unternehmerischen Geschäften nicht abgetreten werden darf (Zessionsverbot), ist nur verbindlich, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt worden ist und den Gläubiger unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nicht gröblich benachteiligt. Auch ein solches Zessionsverbot steht der Wirksamkeit einer Abtretung aber nicht entgegen; sobald die Abtretung und der Übernehmer dem Schuldner bekannt gemacht worden sind, kann dieser nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung an den Überträger leisten, es sei denn, dass ihm dabei nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt.

Rechte des Schuldners gegen den Überträger wegen der Verletzung eines verbindlichen Zessionsverbots bleiben unberührt, sie können aber gegen die Forderung nicht eingewendet werden. Der Übernehmer haftet dem Schuldner nicht allein deshalb, weil er das Zessionsverbot gekannt hat.

Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für Zessionsverbote, die zwischen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer von dieser gegründeten Einrichtung und einem Förderungswerber vereinbart werden.

Haftung des Cedenten.

§. 1397. Wer eine Forderung ohne Entgeld abtritt, also verschenkt, haftet nicht weiter für dieselbe. Kommt aber die Abtretung auf eine entgeldliche Art zu Stande; so haftet der Ueberträger dem Uebernehmer sowohl für die Richtigkeit, als für die Einbringlichkeit der Forderung, jedoch nie für mehr, als er von dem Uebernehmer erhalten hat.

§. 1398. In so fern der Uebernehmer über die Einbringlichkeit der Forderung aus den öffentlichen Pfandbüchern sich belehren konnte, gebührt ihm in Rücksicht der Uneinbringlichkeit keine Entschädigung. Auch für eine zur Zeit der Abtretung einbringliche, und durch einen bloßen Zufall oder durch Versehen des Uebernehmers uneinbringlich gewordene Forderung haftet der Ueberträger nicht.

§. 1399. Ein Versehen dieser Art begeht der Uebernehmer, wenn er die Forderung zur Zeit, als sie aufgekündiget werden kann, nicht aufkündiget, oder nach verfallener Zahlungsfrist nicht eintreibt; wenn er dem Schuldner nachsieht; wenn er die noch mögliche Sicherheit zu rechter Zeit sich zu verschaffen versäumt, oder die gerichtliche Execution zu betreiben unterläßt.

4) Anweisung (Assignation).

§. 1400. Durch die Anweisung auf eine Leistung eines Dritten wird der Empfänger der Anweisung (Assignatar) zur Einhebung der Leistung bei dem Angewiesenen (Assignat) und der letztere zur Leistung an ersteren für Rechnung des Anweisenden (Assignant) ermächtigt. Einen unmittelbaren Anspruch erlangt der Anweisungsempfänger gegen den Angewiesenen erst, wenn die Erklärung des Angewiesenen über die Annahme der Anweisung ihm zugekommen ist.

§. 1401. Insoweit der Angewiesene das zu Leistende dem Anweisenden bereits schuldet, ist er diesem gegenüber verpflichtet, der Anweisung Folge zu leisten. Wenn durch die Anweisung eine Schuld des Anweisenden bei dem Empfänger, der die Anweisung angenommen hat, getilgt werden soll, ist der Empfänger verpflichtet, den Angewiesenen zur Leistung aufzufordern.

Will der Empfänger von der Anweisung keinen Gebrauch machen oder verweigert der Angewiesene die Annahme oder die Leistung, so hat der Empfänger dies dem Anweisenden ohne Verzug anzuzeigen.

Die Tilgung der Schuld erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist, erst durch die Leistung.

§. 1402. Hat der Angewiesene die Anweisung dem Empfänger gegenüber angenommen, so kann er diesem nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder sich aus dem Inhalte der Anweisung oder aus seinen persönlichen Beziehungen zum Empfänger ergeben.

§. 1403. Solange der Angewiesene die Anweisung noch nicht dem Empfänger gegenüber angenommen hat, kann sie der Anweisende widerrufen. Besteht zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen kein anderer Rechtsgrund, so gelten für das Rechtsverhältnis zwischen beiden die Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag; die Anweisung erlischt jedoch nicht durch den Tod des Anweisenden oder Angewiesenen. Inwiefern die Aufhebung der Anweisung auch gegenüber dem Empfänger rechtswirksam ist, bestimmt sich nach dem zwischen diesem und dem Anweisenden obwaltenden Rechtsverhältnis.

Der Anspruch des Empfängers gegen den Angewiesenen verjährt in drei Jahren.

5. Schuldübernahme

§. 1404. Wer einem Schuldner verspricht, die Leistung an dessen Gläubiger zu bewirken (Erfüllungsübernahme), haftet dem Schuldner dafür, daß der Gläubiger ihn nicht in Anspruch nehme. Dem Gläubiger erwächst daraus unmittelbar kein Recht.

§. 1405. Wer einem Schuldner erklärt, seine Schuld zu übernehmen (Schuldübernahme), tritt als Schuldner an dessen Stelle, wenn der Gläubiger einwilligt. Bis diese Einwilligung erfolgt oder falls sie verweigert wird, haftet er wie bei Erfüllungsübernahme (§ 1404). Die Einwilligung des Gläubigers kann entweder dem Schuldner oder dem Übernehmer erklärt werden.

§. 1406. Auch ohne Vereinbarung mit dem Schuldner kann ein Dritter durch Vertrag mit dem Gläubiger die Schuld übernehmen.

Im Zweifel ist aber die dem Gläubiger erklärte Übernahme als Haftung neben dem bisherigen Schuldner, nicht an dessen Stelle zu verstehen.

§. 1407. Die Verbindlichkeiten des Übernehmers sind mit den Verbindlichkeiten des bisherigen Schuldners in Rücksicht auf die übernommene Schuld ebendieselben. Der Übernehmer kann dem Gläubiger die aus dem Rechtsverhältnis zwischen diesem und dem bisherigen Schuldner entspringenden Einwendungen entgegensetzen.

Die Nebenrechte der Forderung werden durch den Schuldnerwechsel nicht berührt. Bürgen und von dritten Personen bestellte Pfänder haften jedoch nur dann fort, wenn der Bürge oder Verpfänder dem Schuldnerwechsel zugestimmt hat.

§. 1408. Übernimmt bei Veräußerung einer Liegenschaft der Erwerber ein auf ihr haftendes Pfandrecht, so ist dies im Zweifel als Schuldübernahme zu verstehen. Der Veräußerer kann, nach vollzogener Übertragung des Eigentums, den Gläubiger zur Annahme des neuen Schuldners an seiner Stelle schriftlich mit der Wirkung auffordern, daß die Einwilligung als erteilt gilt, wenn sie nicht binnen sechs Monaten versagt wird. Auf diese Wirkung muß in der Aufforderung ausdrücklich hingewiesen sein.

§. 1409. Übernimmt jemand ein Vermögen oder ein Unternehmen, so ist er unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen mußte, unmittelbar verpflichtet. Er wird aber von der Haftung insoweit frei, als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt.

Ist jedoch ein naher Angehöriger des Veräußerers (§ 32 KO) der Übernehmer, so trifft ihn diese Verpflichtung, soweit er nicht beweist, daß ihm die Schulden bei der Übergabe weder bekannt waren noch bekannt sein mußten.

Entgegenstehende Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Übernehmer zum Nachteile der Gläubiger sind diesen gegenüber unwirksam.

§. 1409a. Wer ein Vermögen oder ein Unternehmen im Weg der Zwangsvollstreckung, des Konkurses, des Ausgleichsverfahrens (auch des fortgesetzten Verfahrens) oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger erwirbt, haftet nicht nach § 1409 Abs. 1 und 2.

§. 1410. Wird der Eintritt des neuen Schuldners an Stelle des bisherigen Schuldners in der Weise verabredet, daß an die Stelle des aufgehobenen Schuldverhältnisses eine Verpflichtung des neuen Schuldners aus selbständigem Rechtsgrunde oder unter Änderung des Hauptgegenstandes der Forderung gesetzt wird, so treten nicht die Wirkungen der Schuldübernahme, sondern eines Neuerungsvertrages (§§ 1377, 1378) ein.

 

Drittes Hauptstück.

Von Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten.

Aufhebung der Rechte u. Verbindlichkeiten.

§. 1411. Rechte und Verbindlichkeiten stehen in einem solchen Zusammenhange, daß mit Erlöschung des Rechtes die Verbindlichkeit, und mit Erlöschen der letzteren das Recht aufgehoben wird.

1.) Durch die Zahlung.

§. 1412. Die Verbindlichkeit wird vorzüglich durch die Zahlung, das ist, durch die Leistung dessen, was man zu leisten schuldig ist, aufgelöset (§. 469).

Wie die Zahlung zu leisten.

§. 1413. Gegen seinen Willen kann weder der Gläubiger gezwungen werden, etwas anderes anzunehmen, als er zu fordern hat, noch der Schuldner, etwas anderes zu leisten, als er zu leisten verbunden ist. Dieses gilt auch von der Zeit, dem Orte und der Art, die Verbindlichkeit zu erfüllen.

§. 1414. Wird, weil der Gläubiger und der Schuldner einverstanden sind, oder weil die Zahlung selbst unmöglich ist, etwas Anderes an Zahlungs-Statt gegeben; so ist die Handlung als ein entgeldliches Geschäft zu betrachten.

§. 1415. Der Gläubiger ist nicht schuldig, die Zahlung einer Schuldpost theilweise, oder auf Abschlag anzunehmen. Sind aber verschiedene Posten zu zahlen; so wird diejenige für abgetragen gehalten, welche der Schuldner, mit Einwilligung des Gläubigers tilgen zu wollen, sich ausdrücklich erkläret hat.

§. 1416. Wird die Willensmeinung des Schuldners bezweifelt, oder von dem Gläubiger widersprochen; so sollen zuerst die Zinsen, dann das Capital, von mehreren Capitalien aber dasjenige, welches schon eingefordert, oder wenigstens fällig ist, und nach diesem dasjenige, welches schuldig zu bleiben dem Schuldner am meisten beschwerlich fällt, abgerechnet werden.

wann;

§. 1417. Wenn die Zahlungsfrist auf keine Art bestimmt ist; so tritt die Verbindlichkeit, die Schuld zu zahlen, erst mit dem Tage ein, an welchem die Einmahnung geschehen ist. (§. 904.)

§. 1418. In gewissen Fällen wird die Zahlungsfrist durch die Natur der Sache bestimmt. Alimente werden wenigstens auf einen Monath voraus bezahlt. Stirbt der Verpflegte während dieser Zeit; so sind dessen Erben nicht schuldig, etwas von der Vorausbezahlung zurück zu geben.

§. 1419. Hat der Gläubiger gezögert, die Zahlung anzunehmen; so fallen die widrigen Folgen auf ihn.

§. 1420. Wenn der Ort und die Art der Leistung nicht bestimmt sind, so müssen die oben (§ 905) aufgestellten Vorschriften angewendet werden.

von wem;

§. 1421. Auch eine Person, die sonst unfähig ist, ihr Vermögen zu verwalten, kann eine richtige und verfallene Schuld rechtmäßig abtragen, und sich ihrer Verbindlichkeit entledigen. Hätte sie aber eine noch ungewisse, oder nicht verfallene Schuld abgetragen, so sind die mit der Obsorge betrauten Personen, ihr Sachwalter oder Kurator berechtigt, das Geleistete zurückzufordern.

§. 1422. Wer die Schuld eines anderen, für die er nicht haftet (§ 1358), bezahlt, kann vor oder bei der Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen; hat er dies getan, so wirkt die Zahlung als Einlösung der Forderung.

§. 1423. Wird die Einlösung mit Einverständnis des Schuldners angeboten, so muß der Gläubiger die Zahlung annehmen; doch hat er außer dem Falle des Betruges für die Einbringlichkeit und die Richtigkeit der Forderung nicht zu haften. Ohne Einwilligung des Schuldners kann dem Gläubiger von einem Dritten in der Regel (§ 462) die Zahlung nicht aufgedrängt werden.

an wen;

§. 1424. Der Schuldbetrag muß dem Gläubiger oder dessen zum Empfange geeigneten Machthaber, oder demjenigen geleistet werden, den das Gericht als Eigenthümer der Forderung anerkannt hat. Was jemand an eine Person bezahlt hat, die ihr Vermögen nicht selbst verwalten darf, ist er in so weit wieder zu zahlen verbunden, als das Bezahlte nicht wirklich vorhanden, oder zum Nutzen des Empfängers verwendet worden ist.

Gerichtliche Hinterlegung der Schuld.

§. 1425. Kann eine Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem Angebothenen unzufrieden ist, oder aus andern wichtigen Gründen nicht bezahlt werden; so steht dem Schuldner bevor, die abzutragende Sache bey dem Gerichte zu hinterlegen; oder, wenn sie dazu nicht geeignet ist, die gerichtliche Einleitung zu deren Verwahrung anzusuchen. Jede dieser Handlungen, wenn sie rechtmäßig geschehen und dem Gläubiger bekannt gemacht worden ist, befreyt den Schuldner von seiner Verbindlichkeit, und wälzt die Gefahr der geleisteten Sache auf den Gläubiger.

Quittungen;

§. 1426. (Der Zahler ist in allen Fällen berechtiget, von dem Befriedigten eine Quittung, nähmlich ein schriftliches Zeugniß der erfüllten Verbindlichkeit, zu verlangen. In der Quittung muß der Nahme des Schuldners und des Gläubigers, so wie der Ort, die Zeit und der Gegenstand der getilgten Schuld ausgedrückt, und sie muß von dem Gläubiger, oder dessen Machthaber unterschrieben werden.) Die Kosten der Quittung hat, wenn nichts anderes vereinbart ist, der Gläubiger zu tragen.

§. 1427. Eine Quittung über das bezahlte Capital gründet die Vermuthung, daß auch die Zinsen davon bezahlt worden seyn.

§. 1428. Besitzt der Gläubiger von dem Schuldner einen Schuldschein; so ist er nebst Ausstellung einer Quittung verbunden, denselben zurück zu geben, oder die allenfalls geleistete Abschlagszahlung auf dem Schuldschein selbst abschreiben zu lassen. Der zurück erhaltene Schuldschein ohne Quittung gründet für den Schuldner die rechtliche Vermuthung der geleisteten Zahlung; er schließt aber den Gegenbeweis nicht aus. Ist der Schuldschein, welcher zurück gegeben werden soll, in Verlust gerathen; so ist der Zahlende berechtiget, Sicherstellung zu fordern, oder den Betrag gerichtlich zu hinterlegen, und zu verlangen, daß der Gläubiger die Tödtung des Schuldscheines der Gerichtsordnung gemäß bewirke.

§. 1429. Eine Quittung, die der Gläubiger dem Schuldner für eine abgetragene neuere Schuldpost ausgestellt hat, beweiset zwar nicht, daß auch andere ältere Posten abgetragen worden seyn: wenn es aber gewisse Gefälle, Renten, oder solche Zahlungen betrifft, welche, wie Geld- Grund- Haus- oder Capitals-Zinsen, aus eben demselben Titel und zu einer gewissen Zeit geleistet werden sollen; so wird vermuthet, daß derjenige, welcher sich mit der Quittung des letzt verfallenen Termines ausweiset, auch die früher verfallenen berichtiget habe.

§. 1430. Eben so wird von Handels- und Gewerbsleuten, welche mit ihren Abnehmern (Kunden) zu gewissen Fristen die Rechnung abzuschließen pflegen, vermuthet; daß ihnen, wenn sie über die Rechnung aus einer späteren Frist quittirt haben, auch die früheren Rechnungen bezahlt seyn.

Zahlung einer Nichtschuld.

§. 1431. Wenn jemand aus einem Irrthume, wäre es auch ein Rechtsirrthum, eine Sache oder eine Handlung geleistet worden, wozu er gegen den Leistenden kein Recht hat; so kann in der Regel im ersten Falle die Sache zurückgefordert, im zweyten aber ein dem verschafften Nutzen angemessener Lohn verlangt werden.

§. 1432. Doch können Zahlungen einer verjährten, oder einer solchen Schuld, welche nur aus Mangel der Förmlichkeiten ungültig ist, oder zu deren Eintreibung das Gesetz bloß das Klagerecht versagt, eben so wenig zurückgefordert werden, als wenn jemand eine Zahlung leistet, von der er weiß, daß er sie nicht schuldig ist.

§. 1433. Diese Vorschrift (§. 1432) kann aber auf den Fall, in welchem ein Pflegebefohlener, oder eine andere Person bezahlt hat, welche nicht frey über ihr Eigenthum verfügen kann, nicht angewendet werden.

§. 1434. Die Zurückstellung des Bezahlten kann auch dann begehret werden, wenn die Schuldforderung auf was immer für eine Art noch ungewiß ist; oder wenn sie noch von der Erfüllung einer beygesetzten Bedingung abhängt. Die Bezahlung einer richtigen und unbedingten Schuld kann aber deßwegen nicht zurückgefordert werden, weil die Zahlungsfrist noch nicht verfallen ist.

§. 1435. Auch Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, kann der Geber von dem Empfänger zurück fordern, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat.

§. 1436. War jemand verbunden, aus zwey Sachen nur Eine nach seiner Willkühr zu geben, und hat er aus Irrthum beyde gegeben; so hängt es von ihm ab, die eine, oder die andere zurück zu fordern.

§. 1437. Der Empfänger einer bezahlten Nichtschuld wird als ein redlicher oder unredlicher Besitzer angesehen, je nachdem er den Irrthum des Gebers gewußt hat, oder aus den Umständen vermuthen mußte, oder nicht.

2) Compensation.

§. 1438. Wenn Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig, und so beschaffen sind, daß eine Sache, die dem Einen als Gläubiger gebührt, von diesem auch als Schuldner dem Andern entrichtet werden kann; so entsteht, in so weit die Forderungen sich gegen einander ausgleichen, eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeit (Compensation), welche schon für sich die gegenseitige Zahlung bewirket.

§. 1439. Zwischen einer richtigen und nicht richtigen, so wie zwischen einer fälligen und noch nicht fälligen Forderung findet die Compensation nicht Statt. In wie fern gegen eine Concurs-Masse die Compensation Statt finde, wird in der Gerichtsordnung bestimmt.

§. 1440. Ebenso lassen sich Forderungen, welche ungleichartige oder bestimmte und unbestimmte Sachen zum Gegenstande haben, gegeneinander nicht aufheben. Eigenmächtig oder listig entzogene, entlehnte, in Verwahrung oder in Bestand genommene Stücke sind überhaupt kein Gegenstand der Zurückbehaltung oder der Kompensation.

§. 1441. Ein Schuldner kann seinem Gläubiger dasjenige nicht in Aufrechnung bringen, was dieser einem Dritten und der Dritte dem Schuldner zu zahlen hat. Selbst eine Summe, die jemand an eine Staats-Casse zu fordern hat, kann gegen eine Zahlung, die er an eine andere Staats-Casse leisten muß, nicht abgerechnet werden.

§. 1442. Wenn eine Forderung allmählich auf mehrere übertragen wird; so kann der Schuldner zwar die Forderung, welche er zur Zeit der Abtretung an den ersten Inhaber derselben hatte, so wie auch jene, die ihm gegen den letzten Inhaber zusteht, in Abrechnung bringen; nicht aber auch diejenige, welche ihm an einen der Zwischeninhaber zustand.

§. 1443. Gegen eine den öffentlichen Büchern einverleibte Forderung kann die Einwendung der Compensation einem Cessionar nur dann entgegengesetzt werden, wenn die Gegenforderung ebenfalls und zwar bey der Forderung selbst eingetragen, oder dem Cessionar bey Uebernehmung der letztern bekannt gemacht worden ist.

3.) Entsagung.

§. 1444. In allen Fällen, in welchen der Gläubiger berechtiget ist, sich seines Rechtes zu begeben, kann er demselben auch zum Vortheile seines Schuldners entsagen, und hierdurch die Verbindlichkeit des Schuldners aufheben.

4) Vereinigung.

§. 1445. So oft auf was immer für eine Art das Recht mit der Verbindlichkeit in Einer Person vereinigt wird, erlöschen beyde; außer, wenn es dem Gläubiger noch frey steht, eine Absonderung seiner Rechte zu verlangen (§§. 802 und 812), oder wenn Verhältnisse von ganz verschiedener Art eintreten. Daher wird durch die Nachfolge des Schuldners in die Verlassenschaft seines Gläubigers in den Rechten der Erbschaftsgläubiger, der Miterben oder Legatare, und durch die Beerbung des Schuldners und Bürgen in den Rechten des Gläubigers nichts geändert.

§. 1446. Rechte und Verbindlichkeiten, welche den öffentlichen Büchern einverleibt sind, werden durch die Vereinigung nicht aufgehoben, bis die Löschung aus den öffentlichen Büchern erfolgt ist (§ 526). Bis dahin kann das eingetragene Pfandrecht vom Eigentümer oder im Wege der Zwangsvollstreckung auf einen Dritten übertragen werden (§§ 469 bis 470).

5.) Untergang der Sache.

§1447. Der zufällige gänzliche Untergang einer bestimmten Sache hebt alle Verbindlichkeit, selbst die, den Werth derselben zu vergüten, auf. Dieser Grundsatz gilt auch für diejenigen Fälle, in welchen die Erfüllung der Verbindlichkeit, oder die Zahlung einer Schuld durch einen andern Zufall unmöglich wird. In jedem Falle muß aber der Schuldner das, was er um die Verbindlichkeit in Erfüllung zu bringen erhalten hat, zwar gleich einem redlichen Besitzer, jedoch auf solche Art zurückstellen oder vergüten, daß er aus dem Schaden des Andern keinen Gewinn zieht.

6.) Tod.

§. 1448. Durch den Tod erlöschen nur solche Rechte und Verbindlichkeiten, welche auf die Person eingeschränkt sind, oder die bloß persönliche Handlungen des Verstorbenen betreffen.

7) Verlauf der Zeit.

§. 1449. Rechte und Verbindlichkeiten erlöschen auch durch den Verlauf der Zeit, worauf sie durch einen letzten Willen, Vertrag, richterlichen Ausspruch, oder durch das Gesetz beschränkt sind. Auf welche Art sie durch die vom Gesetze bestimmte Verjährung aufgehoben werden, wird in dem folgenden Hauptstücke festgesetzt.

Von der Einsetzung in den vorigen Stand.

§. 1450. Die bürgerlichen Gesetze, nach welchen widerrechtliche Handlungen und Geschäfte, wenn die Verjährung nicht im Wege steht, unmittelbar bestritten werden können, gestatten keine Einsetzung in den vorigen Stand. Die zum gerichtlichen Verfahren gehörigen Fälle der Einsetzung in den vorigen Stand sind in der Gerichtsordnung bestimmt.

 

Viertes Hauptstück.

Von der Verjährung und Ersitzung.

Verjährung.

§. 1451. Die Verjährung ist der Verlust eines Rechtes, welches während der von dem Gesetze bestimmten Zeit nicht ausgeübt worden ist.

Ersitzung.

§. 1452. Wird das verjährte Recht vermöge des gesetzlichen Besitzes zugleich auf jemand Andern übertragen; so heißt es ein ersessenes Recht, und die Erwerbungsart, Ersitzung.

Wer verjähren und ersitzen kann.

§. 1453. Jeder, der sonst zu erwerben fähig ist, kann auch ein Eigenthum oder andere Rechte durch Ersitzung erwerben.

Gegen wen?

§. 1454. Die Verjährung und Ersitzung kann gegen alle Privat-Personen, welche ihre Rechte selbst auszuüben fähig sind, Statt finden. Gegen Mündel und Pflegebefohlene; gegen Kirchen, Gemeinden und andere moralische Körper; gegen Verwalter des öffentlichen Vermögens und gegen diejenigen, welche ohne ihr Verschulden abwesend sind, wird sie nur unter den unten (§§. 1494, 1472 und 1475) folgenden Beschränkungen gestattet.

Welche Gegenstände.

§. 1455. Was sich erwerben läßt, kann auch ersessen werden. Sachen hingegen, welche man vermöge ihrer wesentlichen Beschaffenheit, oder vermöge der Gesetze nicht besitzen kann; ferner, Sachen und Rechte, welche schlechterdings unveräußerlich sind, sind kein Gegenstand der Ersitzung.

§. 1456. Aus diesem Grunde können weder die dem Staatsoberhaupte als solchen allein zukommenden Rechte, z. B. das Recht, Zölle anzulegen, Münzen zu prägen, Steuern auszuschreiben, und andere Hoheitsrechte (Regalien) durch Ersitzung erworben, noch die diesen Rechten entsprechenden Schuldigkeiten verjährt werden.

§. 1457. Andere dem Staatsoberhaupte zukommende, doch nicht ausschließend vorbehaltene Rechte, z. B. auf Waldungen, Jagden, Fischereyen u. d. gl., können zwar überhaupt von andern Staatsbürgern, doch nur binnen einem längern als dem gewöhnlichen Zeitraume (§. 1472.) ersessen werden.

§. 1458. Die Rechte eines Ehegatten, der Eltern, eines Kindes und andere Personen-Rechte sind kein Gegenstand der Ersitzung. Doch kommt denjenigen, welche dergleichen Rechte redlicher Weise ausüben, die schuldlose Unwissenheit zur einstweiligen Behauptung und Ausübung ihrer vermeinten Rechte zu Statten.

§. 1459. Die Rechte eines Menschen über seine Handlungen und über sein Eigenthum, z. B. eine Ware da oder dort zu kaufen, seine Wiesen oder sein Wasser zu benutzen, unterliegen, außer dem Falle, daß das Gesetz mit der binnen einem Zeitraume unterlassenen Ausübung ausdrücklich den Verlust derselben verknüpfet, keiner Verjährung. Hat aber eine Person der andern die Ausübung eines solchen Rechtes untersagt, oder sie daran verhindert; so fängt der Besitz des Untersagungsrechtes von Seite der Einen gegen die Freyheit der Andern von dem Augenblicke an, als sich diese dem Verbothe, oder der Verhinderung gefüget hat, und es wird dadurch, wenn alle übrige Erfordernisse eintreffen, die Verjährung oder die Ersitzung bewirket. (§. 313 u. 351.)

Erfordernisse zur Ersitzung:

1) Besitz.

§. 1460. Zur Ersitzung wird nebst der Fähigkeit der Person und des Gegenstandes erfordert: daß jemand die Sache oder das Recht, die auf diese Art erworben werden sollen, wirklich besitze; daß sein Besitz rechtmäßig, redlich und echt sey, und durch die ganze von dem Gesetze bestimmte Zeit fortgesetzt werde. (§. 309, 316, 326 und 345.)

Und zwar a) ein rechtmäßiger;

§. 1461. Jeder Besitz, der sich auf einen solchen Titel gründet, welche zur Uebernahme des Eigenthumes, wenn solches dem Uebergeber gebührt hätte, hinlänglich gewesen wäre, ist rechtmäßig und zur Ersitzung hinreichend. Dergleichen sind, z. B. das Vermächtniß, die Schenkung, das Darleihen, der Kauf und Verkauf, der Tausch, die Zahlung u. s. w.

§. 1462. Verpfändete, geliehene, in Verwahrung, oder zur Fruchtnießung gegebene Sachen können von Gläubigern, Entlehnern und Verwahrern oder Fruchtnießern, aus Mangel eines rechtmäßigen Titels, niemahls ersessen werden. Ihre Erben stellen die Erblasser vor, und haben nicht mehr Titel als dieselben. Nur dem dritten rechtmäßigen Besitzer kann die Ersitzungszeit zu Statten kommen.

b) redlicher;

§. 1463. Der Besitz muß redlich seyn. Die Unredlichkeit des vorigen Besitzers hindert aber einen redlichen Nachfolger oder Erben nicht, die Ersitzung von dem Tage seines Besitzes anzufangen. (§. 1493.)

c) echter.

§. 1464. Der Besitz muß auch echt seyn. Wenn jemand sich einer Sache mit Gewalt oder List bemächtiget, oder in den Besitz heimlich einschleicht, oder eine Sache nur bittweise besitzt; so kann weder er selbst, noch können seine Erben dieselbe verjähren.

2) Verlauf der Zeit.

§. 1465. Zur Ersitzung und Verjährung ist auch der in dem Gesetze vorgeschriebene Verlauf der Zeit nothwendig. Außer dem, durch die Gesetze für einige besondere Fälle festgesetzten Zeitraume, wird hier das in allen übrigen Fällen zur Ersitzung oder Verjährung nöthige Zeitmaß überhaupt bestimmt. Es kommt dabey sowohl auf die Verschiedenheit der Rechte und der Sachen, als der Personen an.

Ersitzungszeit. Ordentliche;

§. 1466. Das Eigenthumsrecht, dessen Gegenstand eine bewegliche Sache ist, wird durch einen dreyjährigen rechtlichen Besitz ersessen.

§. 1467. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)

§. 1468. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher eingeführt sind, und die Erwerbung unbeweglicher Sachen aus den Gerichts-Acten und andern Urkunden zu erweisen ist, oder wenn die Sache auf den Nahmen desjenigen, der die Besitzrechte darüber ausübet, nicht eingetragen ist; wird die Ersitzung erst nach dreyßig Jahren vollendet.

§. 1469. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)

§. 1470. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher bestehen, oder ein solches Recht denselben nicht einverleibt ist, kann es der redliche Inhaber erst nach dreyßig Jahren ersitzen.

§. 1471. Bey Rechten, die selten ausgeübt werden können, z. B. bey dem Rechte, eine Pfründe zu vergeben, oder jemanden bey Herstellung einer Brücke zum Beytrage anzuhalten, muß derjenige, welcher die Ersitzung behauptet, nebst einem Verlaufe von dreyßig Jahren, zugleich erweisen, daß der Fall zur Ausübung binnen dieser Zeit wenigstens drey Mahl sich ergeben, und er jedes Mahl dieses Recht ausgeübt habe.

Außerordentliche.

§. 1472. Gegen den Fiscus, das ist, gegen die Verwalter der Staatsgüter und des Staatsvermögens, in so weit die Verjährung Platz greift (§§. 287, 289 u. 1456-1457), ferner gegen die Verwalter der Güter der Kirchen, Gemeinden und anderer erlaubten Körper, reicht die gemeine ordentliche Ersitzungszeit nicht zu. Der Besitz beweglicher Sachen, so wie auch der Besitz der unbeweglichen, oder der darauf ausgeübten Dienstbarkeiten und anderer Rechte, wenn sie auf den Nahmen des Besitzers den öffentlichen Büchern einverleibt sind, muß durch sechs Jahre fortgesetzt werden. Rechte solcher Art, die auf den Nahmen des Besitzers in die öffentlichen Bücher nicht einverleibt sind, und alle übrige Rechte lassen sich gegen den Fiscus und die hier angeführten begünstigten Personen nur durch den Besitz von vierzig Jahren erwerben.

§. 1473. Wer mit einer von dem Gesetze in Ansehung der Verjährungszeit begünstigten Person in Gemeinschaft steht, dem kommt die nähmliche Begünstigung zu Statten. Begünstigungen der längeren Verjährungsfrist haben auch gegen andere, darin ebenfalls begünstigte, Personen ihre Wirkung.

§. 1474. Die Eigenschaft eines Familien-Fideicommisses, eines Erbpacht- und Erbzinsgutes geht nur durch einen frey eigenthümlichen Besitz von vierzig Jahren verloren.

§. 1475. Der Aufenthalt des Eigenthümers außer der Provinz, in welcher sich die Sache befindet, steht der ordentlichen Ersitzung und Verjährung in so weit entgegen, daß die Zeit einer willkührlichen und schuldlosen Abwesenheit nur zur Hälfte, folglich Ein Jahr nur für sechs Monathe, gerechnet wird. Doch soll auf kurze Zeiträume der Abwesenheit, welche durch kein volles Jahr ununterbrochen gedauert haben, nicht Bedacht genommen, und überhaupt die Zeit nie weiter als bis auf dreyßig Jahre zusammen ausgedehnet werden. Schuldbare Abwesenheit genießt keine Ausnahme von der ordentlichen Verjährungszeit.

§. 1476. Auch derjenige, welcher eine bewegliche Sache unmittelbar von einem unechten, oder von einem unredlichen Besitzer an sich gebracht hat, oder seinen Vormann anzugeben nicht vermag; muß den Verlauf der sonst ordentlichen Ersitzungszeit doppelt abwarten.

§. 1477. Wer die Ersitzung auf einen Zeitraum von dreyßig oder vierzig Jahren stützt, bedarf keiner Angabe des rechtmäßigen Titels. Die gegen ihn erwiesene Unredlichkeit des Besitzes schließt aber auch in diesem längeren Zeitraume die Ersitzung aus.

Verjährungszeit. Allgemeine.

§. 1478. In so fern jede Ersitzung eine Verjährung in sich begreift, werden beyde mit den vorgeschriebenen Erfordernissen in Einem Zeitraume vollendet. Zur eigentlichen Verjährung aber ist der bloße Nichtgebrauch eines Rechtes, das an sich schon hätte ausgeübt werden können, durch dreyßig Jahre hinlänglich.

§. 1479. Alle Rechte gegen einen Dritten, sie mögen den öffentlichen Büchern einverleibt seyn oder nicht, erlöschen also in der Regel längstens durch den dreyßigjährigen Nichtgebrauch, oder durch ein so lange Zeit beobachtetes Stillschweigen.

§. 1480. Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten erlöschen in drei Jahren; das Recht selbst wird durch einen Nichtgebrauch von dreißig Jahren verjährt.

Ausnahmen.

§. 1481. Die in dem Familien- und überhaupt in dem Personen-Rechte gegründeten Verbindlichkeiten, z. B. den Kindern den unentbehrlichen Unterhalt zu verschaffen, so wie diejenigen, welche dem oben (§. 1459.) angeführten Rechte, mit seinem Eigenthume frey zu schalten, zusagen, z. B. die Verbindlichkeit, die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache oder die Gränzbestimmung vornehmen zu lassen, können nicht verjährt werden.

§. 1482. Auf gleiche Weise wird derjenige, welcher ein Recht auf einem fremden Grunde in Ansehung des Ganzen oder auf verschiedene beliebige Arten ausüben konnte, bloß dadurch, daß er es durch noch so lange Zeit nur auf einem Theile des Grundes oder nur auf eine bestimmte Weise ausübte, in seinem Rechte nicht eingeschränkt; sondern die Beschränkung muß durch Erwerbung oder Ersitzung des Untersagungs- oder Hinderungsrechtes bewirkt werden. (§. 351.) Eben dieses ist auch auf den Fall anzuwenden, wenn jemand ein gegen alle Mitglieder einer Gemeinde zustehendes Recht bisher nur gegen gewisse Mitglieder derselben ausgeübt hat.

§. 1483. So lange der Gläubiger das Pfand in Händen hat, kann ihm die unterlassene Ausübung des Pfandrechtes nicht eingewendet und das Pfandrecht nicht verjährt werden. Auch das Recht des Schuldners, sein Pfand einzulösen, bleibt unverjährt. In so fern aber die Forderung den Werth des Pfandes übersteigt, kann sie inzwischen durch Verjährung erlöschen.

§. 1484. Zur Verjährung solcher Rechte, die nur selten ausgeübt werden können, wird erfordert, daß während der Verjährungszeit von dreyßig Jahren von drey Gelegenheiten, ein solches Recht auszuüben, kein Gebrauch gemacht worden sey. (§. 1471.)

§. 1485. In Rücksicht der in dem § 1472 begünstigten Personen werden, wie zur Ersitzung, also auch zur Verjährung, vierzig Jahre erfordert.

Die allgemeine Regel, daß ein Recht wegen des Nichtgebrauches erst nach Verlauf von dreißig oder vierzig Jahren verloren gehe, ist nur auf diejenigen Fälle anwendbar, für welche das Gesetz nicht einen kürzeren Zeitraum ausgemessen hat (§ 1465).

Besondere Verjährungszeit

§. 1486. In drei Jahren sind verjährt: die Forderungen

1. für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betriebe;

2. für Lieferung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse in einem Betriebe der Land- und Forstwirtschaft;

3. für die Übernahme zur Beköstigung, Pflege, Heilung, zur Erziehung oder zum Unterricht durch Personen, die sich damit befassen, oder in Anstalten, die diesem Zwecke dienen;

4. von Miet- und Pachtzinsen;

5. der Dienstnehmer wegen des Entgelts und des Auslagenersatzes aus den Dienstverträgen von Hilfsarbeitern, Taglöhnern, Dienstboten und allen Privatbediensteten, sowie der Dienstgeber wegen der auf solche Forderungen gewährten Vorschüsse;

6. der Ärzte, Tierärzte, Hebammen, der Privatlehrer, der Advokaten, Notare, Patentanwälte und aller anderen zur Besorgung gewisser Angelegenheiten öffentlich bestellten Personen wegen Entlohnung ihrer Leistungen und Ersatzes ihrer Auslagen, sowie der Parteien wegen der Vorschüsse an diese Personen.

§. 1486a. Der Anspruch eines Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb des anderen (§ 98) verjährt in sechs Jahren vom Ende des Monats, in dem die Leistung erbracht worden ist.

§. 1487. Die Rechte, eine Erklärung des letzten Willens umzustoßen; den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern; eine Schenkung wegen Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen oder den Beschenkten wegen Verkürzung des Pflichtteils in Anspruch zu nehmen; einen entgeltlichen Vertrag wegen Verletzung über die Hälfte aufzuheben, oder die vorgenommene Teilung eines gemeinschaftlichen Gutes zu bestreiten; und die Forderung wegen einer bei dem Vertrage unterlaufenen Furcht oder eines Irrtums, wobei sich der andere vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat, müssen binnen drei Jahren geltend gemacht werden. Nach Verlauf dieser Zeit sind sie verjährt.

§. 1488. Das Recht der Dienstbarkeit wird durch den Nichtgebrauch verjährt, wenn sich der verpflichtete Theil der Ausübung der Servitut widersetzt, und der Berechtigte durch drey auf einander folgende Jahre sein Recht nicht geltend gemacht hat.

§. 1489. Jede Entschädigungsklage ist in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein. Ist dem Beschädigten der Schade oder die Person des Beschädigers nicht bekannt geworden oder ist der Schade aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind entstanden, so erlischt das Klagerecht nur nach dreißig Jahren.

§. 1490. Klagen über Ehrenbeleidigungen, die lediglich in Beschimpfungen durch Worte, Schriften oder Geberden bestehen, können nach Verlauf eines Jahres nicht mehr erhoben werden. Besteht aber die Beleidigung in Tätlichkeiten, so dauert das Klagerecht auf Genugtuung durch drei Jahre.

Auf Schadenersatzklagen wegen Gefährdung des Kredits, des Erwerbes oder des Fortkommens eines andern durch Verbreitung unwahrer Tatsachen sind die Vorschriften des § 1489 anzuwenden.

§. 1491. Einige Rechte sind von den Gesetzen auf eine noch kürzere Zeit eingeschränkt. Hierüber kommen die Vorschriften an den Orten, wo diese Rechte abgehandelt werden, vor.

§. 1492. Wie lange das Wechselrecht einem Wechselbriefe zu Statten komme, ist in der Wechselordnung bestimmt.

Einrechnung der Verjährungszeit des Vorfahrers.

§. 1493. Wer eine Sache von einem rechtmäßigen und redlichen Besitzer redlich übernimmt, der ist als Nachfolger berechtiget, die Ersitzungszeit seines Vorfahrers mit einzurechnen (§. 1463). Eben dieses gilt auch von der Verjährungszeit. Bey einer Ersitzung von dreyßig oder vierzig Jahren findet diese Einrechnung auch ohne einen rechtmäßigen Titel, und bey der eigentlichen Verjährung selbst ohne guten Glauben, oder schuldlose Unwissenheit Statt.

Hemmung der Verjährung.

§. 1494. Gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre Rechte selbst zu verwalten unfähig sind, wie gegen Minderjährige oder Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, kann die Ersitzungs- oder Verjährungszeit, dafern diesen Personen keine gesetzlichen Vertreter bestellt sind, nicht anfangen. Die ein Mahl angefangene Ersitzungs- oder Verjährungszeit läuft zwar fort; sie kann aber nie früher als binnen zwey Jahren nach den gehobenen Hindernissen vollendet werden.

§. 1495. Auch zwischen Ehegatten sowie zwischen Minderjährigen oder anderen Pflegebefohlenen und den mit der Obsorge betrauten Personen, Sachwaltern oder Kuratoren kann, solange die Ehe aufrecht ist oder die Obsorge, Sachwalterschaft oder Kuratel durch dieselbe Person andauert, die Ersitzung oder Verjährung weder angefangen, noch fortgesetzt werden. Das gilt nicht für die Ansprüche eines Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb des anderen (§ 98); doch wird die Verjährung so lange gehemmt, als zwischen den Ehegatten ein gerichtliches Verfahren zur Entscheidung über einen Anspruch im Sinn des § 100 anhängig ist und gehörig fortgesetzt wird.

§. 1496. Durch Abwesenheit in Civil- oder Kriegsdiensten, oder durch gänzlichen Stillstand der Rechtspflege, z. B. in Pest- oder Kriegszeiten, wird nicht nur der Anfang, sondern so lange dieses Hinderniß dauert, auch die Fortsetzung der Ersitzung oder Verjährung gehemmet.

Unterbrechung der Verjährung.

§. 1497. Die Ersitzung sowohl, als die Verjährung wird unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des Andern anerkannt hat, oder wenn er von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Wird aber die Klage durch einen rechtskräftigen Spruch für unstatthaft erklärt; so ist die Verjährung für ununterbrochen zu halten.

Wirkung der Ersitzung oder Verjährung.

§. 1498. Wer eine Sache oder ein Recht ersessen hat, kann gegen den bisherigen Eigenthümer bey dem Gerichte die Zuerkennung des Eigenthumes ansuchen, und das zuerkannte Recht, wofern es einen Gegenstand der öffentlichen Bücher ausmacht, den letzteren einverleiben lassen.

§. 1499. Auf gleiche Art kann nach Verlauf der Verjährung der Verpflichtete die Löschung seiner in den öffentlichen Büchern eingetragenen Verbindlichkeit, oder die Nichtigerklärung des dem Berechtigten bisher zugestandenen Rechtes und der darüber ausgestellten Urkunden erwirken.

§. 1500. Das aus der Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht kann aber demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor der Einverleibung desselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht hat, zu keinem Nachtheile gereichen.

§. 1501. Auf die Verjährung ist, ohne Einwendung der Parteyen, von Amts wegen kein Bedacht zu nehmen.

Entsagung oder Verlängerung der Verjährung.

§. 1502. Der Verjährung kann weder im voraus entsagt, noch kann eine längere Verjährungsfrist, als durch die Gesetze bestimmt ist, bedungen werden.

 

1 Entfallen

 

2 Entfallen

 

3 Entfallen

 

4 Beachte BGBl 1921/Nr. 638, § 1.:

„Die im § 970, Absatz 1 und 3, a.b.G.B. den Gastwirten und Badeanstaltsbesitzern auferlegte Haftung wird bis auf weiteres auf den Höchstbetrag von 50.000 K beschränkt, es sei denn, daß die Sachen dem Unternehmer besonders zur Aufbewahrung übergeben worden sind oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet ist.

Auf die Haftung von Unternehmern, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen eingestellten Tiere und Fahrnisse und die auf diesen befindlichen Sachen (§ 970, Absatz 2, a.b.G.B.) findet die Vorschrift des Absatzes 1 keine Anwendung.“

 

5 Entfallen

 

6 Entfallen

 

7 Entfallen

 

8 Beachte BGBl 1951/Nr. 259, § 1.:

„Der im § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 16. November 1921, BGBl. Nr. 638, festgesetzte Höchstbetrag wird auf 3000 S, der im § 2 desselben Bundesgesetzes vorgesehene Höchstbetrag auf 1500 S erhöht.“